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Oräme nimmer dich um das was dir das gMorgen** bringt, Zeche du und liebe fort so lang* es währet hiert Das ist wahre Weisheit, die zu üben leicht gelingt. Und yertrau* auf Gottes Huld und Gnade für und für, Bis der letzte Athemzug sich aus der Brust dir ringt EINLEITUNG. Eines Tages befahl der Chaiife Hadi im Schlosse zu Bagdad einen Lustsaal herzurichten, die Wände soll- ten mit Mannorplatten verziert sein, worauf Inschrif- ten mit Gold und Lasur, den Boden sollten Teppiche schmücken und ringsumher Divane und Kissen zur Ruhe einladen. Der Befehl des Chalifen ward ohne Verzug in Ausführung gebracht und in diesem Lust- gemache verlebte der Beherrscher der Gläubigen einen vollen Mond mit seiner geliebten Sklavin Gadir. Da Hess er nun einst den Garten schmücken und die Bäume mit Brokat und Blumen behängen, dann sass er mit Gadir in dem Gartenhause nieder, die Fenster wurden geöffnet, die Kerzen angezündet, köst- liche Speisen und Weine vorgesetzt und zu Gadir gewendet, sagte der Chaiife: „Sprich, wer soll der Dritte in unserem Kreise sein?^ Sie enviderte: „0 Herr, ich vernahm, dass hier in Bagdad ein trefflicher Gesellschafter sich befinde, Ishak der Sänger wird er genannt, der, wünschte ich, soll uns Gesellschaft 1 leisten.'' — „Wahrlich, das war auch mein Gedanke/ entgegnete der Chalife. * Auf der Stelle ward nun ein Bote abgesandt, Ishak, den Sänger, vorzuladen. Ishak erschien alsbald und nachdem er vor dem Chalifen die Erde gekUsst, setzte er sich nieder, doch mit dem Rücken gegen die Sklavin gekehrt. Da sagte Hadi scherzend: „Ishak, ich habe dich nicht rufen lassen, dass du meiner Oadir den Rücken kehrest, sondern dass du ihren Gesang mit mir bewunderst: greife zu, iss und trink und dann höre.'' Ishak gehorchte und nachdem er sich erquickt, nahm er die Laute zur Hand, griff in die Saiten und sang: Nacht ist's und ich zähl' der Sterne Heer, Schlummer labt mein Auge nimmermehr ! Willst du meines Grames Ursach' wissen? „Liebessiechen fällt das Schlummern schwer." Ach, warum ist grausam der Geliebte, Ach, warum kennt kein Erbarmen er! Der Chalife war tief ergriffen, Gadir weinte vor Lust, fasste schnell die Laute und sang: Hört, Genossen, meinen Liebesgruss Bringet treulich dem Geliebten hin, Dem mein Herz voll Liebe pocht entgegen. Sollte ein Zefir vorüberzieh'n, Lispel' ihm er meinen Gniss in's Ohr, Sag' ihm, dass ich treu dem Bunde bin, Frag' ihn, wesshalb er so kalt und hart; Während ich so brennend liebe ihn. Kaum hatte sie vollendet, so rief Ishak: ^Bei Gott, o Beherrscher der Gläubigen, dieses Mädchen ist die Unvergleichliche unserer Zeiten und Ubertriffl; alles, was ich gehört: ich schwöre bei Gott, bei deinen reinen Ahnen und bei deiner Verwandtschaft mit dem Siegel der Profeten, dass ich nie solche Meisterschaft im Spiele, solches Gefühl im Vortrage gehört habe.^ So brachten die Drei die Nacht voll Lust und Freude zu. Zufällig blickte der Ghalife beim Fenster hinaus, sah die dichtbelaubten Bäume im Mondlichte glänzen, während die Springbrunnen Wasser sprudelten und sanfte Lüfte durch die Blätter säuselten. Da kam plötz- lich der Gedanke über ihn : weh, wie lange kann diese Herrlichkeit dauern, denn es muss ja alles vergehen und nichts kann ewig bestehen, ausser Gott dem Ewigen, Unvergleichlichen. Bekanntlich hatte Mehdi, der Vater des Chalifen Hadi zu dessen Nachfolger seinen zweiten Sohn Harun- er-Beschid bestimmt. Desshalb lebte Hadi in steter Angst, dass sich Harun nicht empöre und ihn vom Throne stürze : auch ein Traum soll ihn gewarnt haben. Wie dem nun sei, gerade in dieser Stunde lispelte ihm der Böse Versuchungen ins Ohr und Hadi, von plötzli- chem Misstrauen ergriffen, rief Mesrur den Scharfrichter seiner Rache und befahl ihm, auf der Stelle Harun^s Kopf ihm vor die FUsse zu legen. Mesrur, voll Bestürzung, eilte zur Frau Chaizuran, der ChaUfenmutter, die, seine verstörte Miene sehend, ihn frug, was er wolle, worauf er den Blutbefehl ihr kund gab. Da vergingen ihr schier die Sinne, aber schnell fasste sie sich und befahl Mesrur, ihren Sohn Harun zu rufen. Mesrur stürzte in dessen Schlafgemach, hiess ihn, schnell sich ankleiden und kehrte mit ihm in den Palast der Chalifenmutter Chaizuran zurück, welche Harun in ein Nebengemach sich begeben hiess und in Eile die Grossen des Reiches zu sich entbieten Hess. Als alle versammelt waren sprach sie hinter einem Vorhange stehend dieselben an und frug: „Ich beschwöre Euch bei Gott und seinem Profeten, antwortet offen, habt ihr gehört, dass Harun auf Empörung dachte oder seinen Bruder vom Throne stürzen will?^ Alle verneinten es — „warum dann, fuhr sie fort, erhess Hadi den Mordbefehl gegen ihn?*' Da nahm der Wezir Rebi' Ibn Fadl das Wort und sprach zu Mesrur : „Eile zum Beherrscher der Gläu- bigen und sage ihm, du hättest seinen Befehl nicht voll- ziehen können, weil Chaizuran dich gehindert liabe.^ Mesrur gehorchte und als er dem Chalifen die Botschaft berichtet, befahl dieser Ishak, dem Sänger, mit Gadir auf ihn zu warten, erhub sich und eilte schnellen Schrit- tes zum Pal aste Chaizuran's. Als der Chalife eintrat, beugte sie sich ehrfurchtsvollst und dessgleichen alle Grossen, er aber fuhr sie zornig Un : „Warum widersetzest du dich meinen Befehlen ?~ Sie entgegnete: „Bewahre Gott, dass ich deinen Befehlen mich widersetze, o Beherrscher der Gläubi- gen, nur die Ursache wollte ich wissen, die dich zum Morde deines Bruders treibt.^' — „So wisse denn, dass ich einen schrecklichen Traum hatte; ich sah meinen Bruder auf dem Throne an meiner Stelle sitzen und mit meiner Geliebten kosen, desshalb will ich ihn tödten, um dieses zu verhindernd' — ,,Das sind öde Hirngespinste, enviderte Chaizuran, wüste Träume, die von überfülltem Magen kommen; wann wäre je ein solcher Traum eingetroffen?^ Die Anwesenden meinten alle dasselbe, so dass Hadi von seinem Vorhaben abstand, den Refehl zurücknahm und zu seiner geliebten Gadir in's Gartenhaus zurück- kehrte , wo er sie mit Ishak gelassen hatte. Da sass er denn wieder guter Dinge nieder, trank und scherzte, bis er plötzlich einen Schmerz an der Fusssohle verspürte: es hatte sich daselbst ein kleines Geschwür gebildet, das schnelle zunahm; als es auf- braxjh , verschied der Chalife zur Stelle. Andere behaupten, Chaizuran hätte ihn in einem Becher Weines vergiftet. Mesrur brachte diese Kunde allsogleich zu Chai- zuran; sie stellte sich zwar, als wolle sie ihm nicht glauben, befahl ihm aber doch eilends, Harun zu rufen. Er ging zum zweiten Male in derselben Nacht, aber nun leichten Herzens zu Harun-er-Reschid, den er schon schlafend fand , und sprach zu ihm : „0 Herr, die Frau Chaizuran lässt dich rufen.^ Harun meinte: bei Gott, mir däucht, mein Bruder Hadi hat wieder Böses im Sinn. Mesrur erwiderte : „Komme ohne Säumen mit mir, dann sollst du freudige Kunde hören. ^ Da kleidete sich Harun und stand auf, aber Mesrur beeilte sich , vor ihm die Erde zu küssen und sprach: „Heil dir, o Beherr- scher der Gläubigen l^ Harun, voll Staunen, frug : „Bist du denn Von Sinnen, Mesrur, dass du mich einmal Harun, ein andermal Beherrscher der Gläubigen anredest?'' „Ö Herr, entgegnete Mesrur, alles hat seine Zeit, wisse, dass dein Bruder Hadi nicht mehr ist.'' Da efitfloh plötzlich aus Harun's Brust alle Furcht und Besorgniss. So ward Harun-er-Reschid, kaum dem Schwerte des Scharfrichters entronnen , Chalife und Beherrscher aller Gläubigen. Unumschränkt herrschte und waltete er als fünfter Chalife aus dem Geschlechte Abbas, als Nachfolger des Profeten ^üd Schatten Gottes auf Erden, über ein Reich, dessen^KUsteu im Westen der atlantische Ocean bespülte, während im Osten der Indus und Oxus seine Grenzen bildeten: In der Mitte dieser ungeheueren Ländermasse, die von einem Gesetze und einem Geiste durchdrungen war, lag Bagdad, vom Chalifen Mansur am Tigrisstrome gegründet, als grosser Stapelplatz des Welthandels, Völkerverkehrs und Gedankenaustausches. In fabel- hafter Schnelligkeit erhob sich die Stadt zu nie' geahnter Blüflie^ Hunderttausende von Menschen wimmelten durch die Strassen und Bazare , prachtvolle Gartenpaläste und Lusthäuser stiegen überall an den Ufern des Tigris empor. Gelehrte, Dichter, Schöngeister fanden in den Häusern der reichen und freigebigen Kaufmannschaft, aber noch viel mehr am Hofe genusssüchtiger und kunst- liebender Chalifen ftlrstliche Belohnungen. Die gewalti- gen Geldsummen , welche aus allen Theilen des Reiches, theils als Brandschatzungen neueroberter Provinzen, theils als regelmässige Abgaben in die Hauptstadt strömten, und daselbst mit vollen Händen von den Chalifen an Feldherren, Günstlinge, Hofmänner und Dichter vertheilt und in Vergnügungen, Prachtbauten verschwendet wurden, riefen einen allgemeinen Wohl- stand bis in die untersten Volksklassen hervor, zugleich aber ebenso Neigung für Belustigungen und heiteren Lebensgenuss. Es darf uns daher keineswegs Wunder nehmen, wenn morgenländische Schriftsteller und Dich- ter bis auf unsere Zeiten herab, Harun-er-Reschid als den grössten Herrscher des Morgenlandes, als den edelsten der Menschen loben und besingen und ihn als Muster aller Fürsten hinstellen, so dass bis jetzt noch sein Name sprichwörtlich im Munde des Volkes fortlebt und seine Zeit als die goldene der arabischen Weltherr- schaft gilt. Gründliche Geschichtforscher*) haben Harun der meisten der ihm von seinen Verehrern beigelegten Tugen- den entkleidet und ihn als Wüstling hingestellt, dessen Grausamkeit sich vielfach beweisen lässt und dessen frommer Sinn mehr in äusserer Form , als in der Tiefe des Gemüthes beruhte; allein Aeusserliehkeit bethört ja stets die Menge; wenn er sieben Male nach Mekka pilgerte und so oft er verhindert war, selbst die Wall- fahrt auszuführen, Hunderte von Theologen wallfahrten Hess — wafi sollte das Volk da noch für andere Beweise von Frömmigkeit gefordert haben? *) Neuestens Weil in seiner „Geschichte der Chalifen." 8 Wissenschaften und Künste blühten unter seiner Herrschaft und entwickelten sich unter seinem Sohne Mamun zu vollem Flor, allein auch dieser Umstand war keineswegs bloss Harun's Verdienst, sondern vielmehr nothwendige Folge des regen Völkerverkehres, und sicherlich trug auch das edle und von Harun so uner- bittlich grausam vernichtete Wezirgeschlecht der Ber- mekiden mehr als er dazu bei, durch die fürstliche Unterstützung, welche sie den Gelehrten und Dichtern angedeihen Hessen. Der Stammvater dieses in der Geschichte arabischer Literatur so hochberühmten Geschlechtes edler Gönner der Künste und Wissenschaften soll Barmak gewesen sein, ein Perser, der zu Balch in Chorasan am dortigen Feuertempel Mage oder Priester war. Er kam zur Zeit des Chalifen Abd-el-Melilc schon nach Damascus und seine Nachkommen schwangen sich unter verschiedenen Chalifen bald zu den höchsten Würden des Reiches empor. Unter dem Chalifen Melidi sehen wir Jahja Ibn Chalid, den Bermekiden, als Staatssekretär, und diesem vor allen verdankte Harun, dass Mehdi ihn nicht von der Thronfolge ausgeschlossen hatte. Leicht begreiflich ist es also, dass, sobald Harun ait$ den Thron kam, Jahja allsogleich Wezir und Siegelbewahrer ward und in dieser Eigenschaft das ganze Reich unumschränkt verwaltete. Mehr und mehr zog sich aber Jahja von den Geschäften zurück, übertrug sie seinen beiden Söh- nen Fadl und Dschafer, welche jedoch für einige Zeit 9 von dem ehrgeizigen Fadl Ibn Rebi' verdrängt wurden, der aber bald wieder dem Einflüsse der Bermekiden weichen miisste. Die verschiedenartigsten und wichtigsten Posten tibertrug nun Harun den Bermekiden, vor allem aber liebte er Dschafer, den Sohn Jahja's; Harun ward kei- ner Unterhaltung froh , wenn er nicht Dschafer zur Seite hatte, so dass Dschafer sogar den Gesellschaften, wo Harun's Frauen und Sklavinen anwesend waren, bei- wohnen musste : nicht minder aber, liebte Harun seine Schwester Abbase; um nun beide Gegenstünde seiner Liebe stets um sich zu haben, ohne zu sehr gegen das Gebot des Korans zu Verstössen, welches Weibern nur erlaubt, sich ihren Gatten und Brüdern zu zeigen, beschloss der Chalife, Dschafer mit Abbase zu vermäh- len , nahm aber beiden das Versprechen ab , sich nur in seiner Gegenwart zu sehen und keine andere Zusammen- kunft zu haben ; denn wie konnte der Chalife einstimmen, dass eine Tochter des Geschlechtes der Haschimiden , in deren Adern das edle Blut des Profeten floss, sich im Ernste mit dem Abkömmlinge eines persischen Magers vermähle? Allein bald wusste die Liebe Abbase's zu Dschafer dieses Versprechen zu umgehen und ein Sohn war die Frucht ihres verbotenen Verhältnisses. Harun erfuhr dies und mit einer Schnelligkeit, welche, ein Hauptzug im Charakter morgenländischer Völker ist, verwandelte sich seine Liebe zu den Bermekiden in glü- henden Hass und unersättliche Kachgier, die seinem Ge- schlechte widerfahrene Schmach mit Blut auszuwaschen. 10 Das ganze Geschlecht der Bermekiden ward vernichtet, Dschafer enthauptet, selbst der alte Jahja, dem Harun alles verdankte, musste seine Tage im Gefangnisse enden. Abbase und ihre Frucht sollen lebendig begraben worden sein; nun kam Fadl Ibn Rebi' wieder an's Ruder, ward Wezir und erhielt sich in dieser gefährlichen Stelle unter Harun und dessen Nachfolgern Emin und Mamun. Die grosse geistige Regsamkeit, das rührige wissen- schaftliche Streben , welches unter Harun mächtig sich entwickelte, ward allerdings durch die Unterstützung angeeifert, welche der Chalife den Wissenschaften,, besonders den Gesetz- und Religionsstudien angedeihen, Hess; ebenso wirkten die edlen Bermekiden höchst wohlthätig auf die Förderung der geistigen Kultur ein : allein die unglaubliche Thätigkeit, welche die Araber unter Harun und seinen zwei Söhnen Emin und Mamun zeigten, hatte einen tiefer liegenden Beweggrund. Es hatten nämlich die Araber, welche bisher nur rohe Eroberer gewesen waren, sich nun zu Herren über einen grossen Theil des byzantinischen; Reiches und ganz Persien gemacht. Die Bewohner /des letztgenannten Landes hatten eich fast alle zum Islam bekehrt, theils gezwungen , theils freiwillig und dadurch schmolzen sie mit ihren arabischen Eroberern in ein Volk zusammen. Da aber die Perser bereits auf einer viel höheren Stufe > der Bildung standen als die Araber, so wurden die- Besiegten Lehrer ihrer Sieger und brachten in den star- ren, echt arabischen Islam einen ganz neuen Gährungs- stoff hinein, der bald die schönsten Früchte trieb. 11 Während der Chalife Omer, der zweite Nachfolger Mohammed's, noch als gemeiner Hirte lebt, der sich weder in Anzug, noch in Lebensweise von seinen Bedui- nen unterschied, sehen wir kaum anderthalb Jahrhun- derte später die Chalifen in einer Pracht schwelgen, die mit dem Aufwände der alten persischen Chosroen oder der römischen Caesaren gleichen Schritt hielt. Persischer Gesang, persische Sprache, Sitten und Feste wurden nun Mode am Hofe in Bagdad; durch freigeisterische Dich- ter, die meistens der Hof selbst begünstigte, ward dem starren Islam seine Spitze abgebrochen. Diess zeigte sich bald in dem erstaunlich schnellen Entstehen vieler ein- zelner Sekten, welche alle die Grundlehren des Korans verschieden auslegten und oft Begriffe fremder Religio- nen hineinmischten, wie zum Beispiele die Sekte der Ghorremije oder Mazdakije, welche die Verkörperung der Gottheit in den verschiedenen Imamen oder Reli- gionsvorstehern lehrt, und auf diese Art dem Islam indische Glaubenslehren einimpft. Nach Harun-er-Reschid's Tode im Jahre der Hidschre 193 f A. D. 809) gaben die fortdauernden Bürgerkriege diesen Sekten alle mögliche Gelegenheit, sich im Stillen weiter zu entwickeln; die beiden Gegenchalifen, Mamun in Chorasan und Emin in Bagdad, entsagten selbst den strengen mohammedanischen Religionsgrundsätzen, der erstere im Umgange mit den noch immer sehr an ihren alten Religionslehren hängenden Persern, der andere in steten Zechgelagen mit ausgelassenen Dichtern und Literaten, die so weit gingen, dass sie Koran und Gesetz 12 offen verspotteten, ohne Scheu Wein und Liebe als des Lebens höchste Güter priesen und keine bessere Weis- heit zu predigen wussten, als das Geniessen der flüch- tigen Zeit, ohne sich um das „Morgen^ zu kümmern. Unter Tanz, Gesang, Gelagen und Banketten, geist- reichen Gesprächen verbrachte Em in die Zeit in der Mitte seiner losen Zechgenossen und erwachte erst aus dem Taumel, als die chorasanischen Truppen seines Bruders Mamun vor den Thoren Bagdad's standen. Nach Emin's tragischem Ende befand sich Mamun im unbe- strittenen Besitze des ganzen Chalifenreiches und beför- derte aus allen Kräften die geistige Entwicklung der Araber durch Uebersetzungen aus dem Griechischen und Persischen, durch Begünstigung der Dichter und Gelehr- ten; seine Vorliebe für die Perser offen kund thuend, besetzte er die vorzüglichsten und wichtigsten Aemter mit ihnen und vermählte sich sogar mit Buran, der Tochter seines Wezires Hasan Ibn Sehl, eines Persers, bei welchem Beilager ein(5 Verschwendung und Pracht herrschte, die beispiellos in der Geschichte sind. In diesem Zeitabschnitte, dessen Umrisse wir eben flüchtig zu entwerfen versucht haben, dem wichtigsten der arabischen Geschichte sowohl vom literarischen als politischen Standpunkte, lebte unser Dichter Abu-Nuwas unter den drei Chalifen : Harun, Emin und Mamun, von allen geschätzt und bewundert, doch nur der unglück- liche Emin, auf dessen Tod unser Dichter eines seiner schönsten Klaglieder verfasste, war ihm nicht bloss Gön- ner, sondern auch aufrichtiger, inniger Freund. 13 Abu-Niiwas ist der wahre Sohn seiner Zeit, deren Verhältnisse sich treu in seinen Gedicliten, wie in einem magischen Glase wiederspiegeln; als glatter Hofmann weiss er PanegjTiken, Elegien und Satiren zu verfassen, aber Liebe und Wein sind die beiden Sterne, welche ihn durchs Leben leiten , sein Glaubensbekenntniss ist : geniesse so lange, als das Leben währt, denn was nach- her, ist ungewiss und zweifelhaft. Ohne Scheu verhöhnt er die mohammedanischen Glaubens vorschriften und ihre bigotten Befolger, predigt Irrglauben und Ketzerei, und fccheut sich nie, das auszusprechen, was er denkt; freilich lässt uns die cjnische Schamlosigheit, die in manchen seiner Gedichte herrscht, die Zoten und ün- iläthigkeiten, welche viele derselben verunstalten, einen Blick in die grenzenlose Sittenverderbniss und die tiefe moralische Entartung thun, welche eine Hauptfolge des Einreissens persischer Sitten war. Nach diesen vorausgeschickten Bemerkungen über die Zeit, in der unser Dichter lebte, und seinen Cha- rakter, in welchem sich der seines Zeitalters wicder- spiegelt, möge nun die Lebensbeschreibung selbst folgen. Abu-Nuwas, d. i. der Vater der Locken, welchen Bei- namen er schon als Knabe von seinem langen, wallenden Haupthaare erhielt, ward um das Jahr 145 der Hidschre, also in der Mitte des zweiten Jahrhunderts der moham- medanischen Zeitrechnung in einem Dorfe der jetzt per- sischen Provinz Chuzistan geboren. Sein Vater Hani war als Sekretär im Steuerdiwane angestellt und seine Mutter Dscholban soll aus Persien oder Indien gebürtig 14 gewesen sein. Mit ihr kam er im Alter von acht Jahren nach Bassra (BaÄSora), wo ihn der Dichter Wälibe-Ibn-al- Hubab, mit dem Beinamen Abu Usame, kennen lernte, zu sieh nahm, nach der Stadt Kufa führte und ihm Unter- richt in der Dichtkunst und den schönen Wissenschaften ertheilte. Dies ist aber fast alles, was arabische Schrift- steller über die Lebensumstände unseres Dichters über- liefern. Um das J. 199 (A. D. 815) starb er, kaum sechzig Jahre alt, am selben Tage mit dem berühmten Theosofen Kerchi, dessen Leichenzug mehr als dreihundert Men- schen begleiteten , während keiner dem desAbuNuwas folgen wollte. Da rief eine Stimme aus der Menge: ^War denn Abu-Nuwas nicht Muslim wie wir, dass niemand das Leichengebet über seiner Bahre verrichten will !^ und allsogleich schlössen sich alle, welche Kerchi zum Grabe begleitet hatten, dem Leichenzuge des Abu-Nuwas an und verrichteten für ihn das übliche Todtengebet. Er hatte befohlen, auf seinen Grabstein folgende Inscluift einzumeisseln : Es predigen die Gräber stumm, Die Zeiten gehen schweigend um: Du, dem geworden Wunsch und Erbe; Leb', wie es dir beliebt, dann sterbe! Nach einigen Angaben soll er auf Anstiftung des mächtigen Geschlechtes der Naubacht, auf welches er Spottgedichte verfasst hatte, ermordet worden sein. Anekdoten von Abu-Nuwas, Spässe und Schwanke, wo er die Hauptrolle spielt, geben die verschiedensten arabischen Schriftsteller in solcher Menge, dass wir 15 kaum einige hier anführen können. Bemerkenswerth ist es aber, dass der Name keines altarabischen Dichters selbst jetzt noch im Gedächtnisse des gemeinen Arabers in Syrien und Aegypten so frisch fortlebt, als der des Abu-Nuwas; man braucht nur seinen Namen auszu- sprechen, um gleich mit der Erzählung eines seiner lustigen Schwanke bewirthet zu werden. Alles, was possenhaft, komisch und witzig ist, hat die Yolkssage auf den Namen Abu-Nuwas zusammengehäuft, so dass er bei dem gemeinen Araber in dieser Beziehung die Stelle des Eulenspiegels der Deutschen oder des Chod- scha Nasir-ed-Din der Türken vertritt. Zahlreich sind die Aussprüche arabischer Eunst- riehter zu Gunsten des Abu-Nuwas; so sagte Otbi auf die Frage, wen er für den grössten Dichter hielte: „nach der Meinung der Menschen Imrul-Eais, nach meiner Abu-Nuwas.^ Abdallah Ibn-Mohammed-el-Arebi sagte, dass, wer schöne Literatur betreibe, und die Gedichte des Abu-Nuwas nicht gesehen, seine humanistischen Studien nicht vollendet habe. Nach dem allgemeinen Urtheile arabischer Kritiker war Abu-Nuwas der grösste Dichter nach , so wie Imrul-Eais vor Mohammed. , Wie gross der Einfluss gewesen sein muss, den Abu-Nuwas auf den Chalifen Harun-er-Reschid ausübte, ersehen wir daraus, dass er durch ein Paar Verse den Ausbruch des Zornes Harun's gegen die Bermekiden vertagen und beschwichtigen konntci Wenn auch die Nachricht einiger arabischer Schrift- steller, dass Abu-Nuwas mit dem Chalifen Harun zusam- 16 mengekommen sei , nicht verbürgt ist , so steht es doch sicher, dass er der stete Zechgenosse und innigste Freund des leichtsinnigen Chalifen Emin war, an dessen Hof er eine bedeutende Stelle einnahm, obwohl er ein paarmal in Ungnade fiel, eingekerkert ward, ja einmal sogar vor dem Scharfrichter auf der lilutnatte stand, als er den Zorn des Chalifen durch passende Verse zu besänftigen wusste. Dass die Gesetzgelehrten geschworne Feinde des freigeisteriöchcn Dichters waren, ist leicht erklärlich; sie klagten ihn sogar wegen einer Stelle in einem seiner Gedichte des Unglaubens an. Sie lautet : O Ahmed, angefleht in jeder bittren Kotli, Steh' auf, der Himmel Dränger lass, wie er auch droht! Der Dichter, vom Chalifen aufgefordert, sich zu rechtfertigen, antwortete: Bin ich ein Freigeist, weil ich sage, dass im Himmel ein Dränger ?^ Dränger (Dschebbar) ist nämlich im Arabischen einer der neun- undneunzig Namen Gottes. Wie vertraut das Verhältnlss des Dichters zum Beherrscher der Gläubigen war, mag folgende Erzäh- lung dartliun. Einst befand sich Abu-Nuwas in Gesellschaft des Chalifen Emin bei einem Zechgelage 5 alle lagen bald im tiefsten Rausche begraben; da erhub sich Abu- Nuwas, ging zum Lager des Chalifen, rüttelte ihn und sprach: „Es ist nicht billig, o Fürst der Gläubigen, dass wir andere trinken und du schläfst, komm' und 17 trink^ mit mir!'' — ^Weh' dir, entgegnete der Ghalife, bedarfst du denn niemals des Schlafes?^ — ^0 Herr und Gebieter! die Süssigkeit des Weines ersetzt mir den Oenuss des Schlafes.^ Dann sang er: Die Genossen lob' ich, die sich schämen, Wenn sie Abends ohne Räuschlein kämen. Als ich weckte mein Zeclibrüderlein, Schnell auf meine Worte stimmt' es ein; Nicht erst lange rufen musst' ich ihn, Nicht erfragen erst, was wünscht sein Sinn: Schenke ein nur, sprach ich, und er tliut es, Reicht den Becher mir des Rebenblutes. Hat versäumet das Mittagsgebet er, Nun so betet's er am Abend später. Er verachtet der Gebete Zeit, Beten ist für ihn gar herbes Leid. Das ist mein Mohammed, den ich lieb'. Für den ich mit Freud' mein Leben gib. (L Weingedicht im Divane.) ^Du hast Recht, bei Gott, sprach Mohammed (der Chalife Emin), he, Schatzmeister, zahle ihm für jeden Doppelvers tausend Drachmen aus.'' — „Sehr wohl, meinte Abu-Nuwas, das ist Ehrensold für meine Verse ; wo ist aber der Lohn dafür, dass ich Dir, o Fürst, im Zechen; Gesellschaft leistete?'' — „Nun, was verlangst 18 du?^ — „Gleichen Sold wie für die Verse.'' — „Und was willst du damit machen?'* — „Ich will mich damit in dieser guten Lebensweise, von der ich einige Zeit gelassen habe, einnisten, will trinken und guter Dinge sein.'' — „Wohlan denn, Sehatzmeister, sprach der Chalife, gib ihm, was er verlangt, es gedeiht so nichts bei ihm." Seine Reise nach Aegypten zu dem durch Freige- bigkeit hochberühmten Chasib, Verwalter und Vorsteher des Steueramtes daselbst, gab ihm Anlass zu den schön- sten Lobgedichten auf denselben, welchen aber der leichtsinnige und wetterwendische Dichter schnell eben so viel Spotäieder entgegenstellte. Eine der schönsten Episoden in seiner Lebensge- schichte ist das Liebesverhältniss zu Dschinan, der eben so schönen als geistreichen Sklavin Abd-ol-Wehhab's, des Ueberlieferers. Die glühendsten seiner Minnelieder, welche die reinste Begeisterung und die innigste Wahr- heit athmen, sind an sie gerichtet; er unternahm mit ihr die Wallfahrt nach Mekka und war immer an ihrer Seite, so dass, als sie in derEaabe, der heiligen Moschee, des Islams den schwarzen Stein küsste, der von den Mo- hammedanern hoch verehrt wird, er ihn zugleich küsste und seine Wange die ihre berührte, was er in einem lieblichen Gedichtchen selbst erzählt. Seine Liebe zu Dschinan gibt uns einen Beweis von tiefer Innigkeit des Gefühles, deren wir sonst den so leichtfertigen Dichter kaum fUr fähig gehalten hätten. 19 Der Siegelring des Abu-Nuwas soll die für seinen Charakter ganz passende Inschrift getragen haben : Zwar gross, fürwahr, ist meiner Sünden Schuld; Doch grösser noch, o Gott, ist deine Huld. Mit den Dichtern, welche seine Zeitgenossen waren, lebte er in beständigem Sat3rrenkampf, ward aber selbst von ihnen als grösserer Dichter anerkannt und geehrt. Diess sind in Kürze die Umrisse der Lebensgeschichte des Abu-Nuwas, dessen Gedichte wir hier, zum ersten Male in das schlichte Gewand deutscher Rede umge- kleidet, europäischen Lesern vorlegen. Bei der bekannten Schwierigkeit, arabische Poesien in Übersetzung wiederzugeben , wolle man die Uneben- heiten und Härten der deutschen Bearbeitung gütigst entschuldigen; der Sinn des Textes wurde möglichst treu festgehalten. Die Übersetzung ist nach einer Hand- schrift in meinem Besitze verfasst, welche die Sammlung aller Gedichte des Abu-Nuwas enthält, kritisch gesichtet und geordnet von dem grossen Dichter Suli. Diese Hand- schrift, welche ich im Herbste 1849 in Aleppo erstand, ist meines Wissens die einzige, welche bisher nach Europa gekommen. Die Eintheilung der Gedichte, wie sie in der Handschrift besteht , wurde auch in der Über- setzung befolgt, mit der Ausnahme, dass die Minne- gedichte, welche im Originale unter zwei Rubriken erscheinen, in der Übersetzung in eine einzige ver- schmolzen sind. %* Möge dieser kleine Blüthenstrauss, gepflückt in dem Lußthain arabischer Poesie, die dem Übersetzer so manche trübe Stunde versüsst hat, ungeachtet des fremdartigen Duftes, von deutschen Lesern nicht ganz ungnädig aufgenommen werden. Alexandrien, am 19. Juli 1854. Der Übersetzer. I Weil« iii Tml.f@iteM$. c-Qj^Siya I. Der Siebter antwortet denen, die Um wegen leiner Heignng mm Trünke tadeln: 1. Stehe ab vom Tadlerwort, Tadel macht mich toller nur. 2. Da8, was Gift du nennest, gib es Keck mir ein, als Krankenkur: 3. Gold'nen Wein, der Sorg' und Pein Schnell verscheuchet aus dem Sinn; 4. Taumeln macht sein Trunk fürwahr Jedes Felsblocks Steinnatur; 5. Aus der Hand des Mädchens , einer Holden, minnevollen Schenkin, 6. Die vor Allen zweie liebet: Zecher und Verliebte nur. 7. Mit der Kanne stand sie da, Während draussen schwarz die Nacht; 8. Und ihr Antlitz, helle strahlt' es Licht hin auf des Hauses Flur. 9. Unvermischten, echten goss Aus der Kanne Halse sie, 10. Goss gar lang, es schien, als wand're Ihr Gedank' auf and'rer Spur; 11. Mischte wenig Wasser bei; Das ihr Antlitz wiederspiegelt; 12. Wenig mischt sie bei, dass ein Scheltwort keiner Lipp' entfuhr, 24 13. Gösse Glut sie in den Wein: Beide würden sich vereinen, 14. Und erzeugten mit einander Neue Glut und Lohen nur. 15. Sie umkreis'te eine Schaar, Denen willig dient die Zeit. 16. Das Geschick kennt schnell Gehorsam, Wenn's vernimmt ihr Drohen nur. 17. Solche Freundeschaar bewein* ich, Nie bewein' ich Hind und Asma, 18. Oder ihrer Zelten Spur: Jenen gilt mein Freundesschwur. 19. Spricli zu dem, der prahlt mit Log^ Und Filosofie: „Gar Manches 20. Hast erlernt, doch unbekannt Blieb dir manches Wissens Spur.^ 21. Wein verbiete nicht, wenn du Klugen Sinnes bist, denn wahrlich: 22. 's ist ein arger Gottverächter, Wer des Weins Genuss abschwur. Anmerkangeu. V. 15. Abu-Nuwas erinnert sich seiner Zechgenossen, die er längt schon verloren, und die wehmüthige Erinnerung an sie lässt ihn diesen elegischen Anklang seinem Weinliede beimischen. V. 18. u. f. Es ist stehende Sitte arabischer Dichter, mit Klagen um die entschwundene Geliebte ihre Gedichte zu beginnen und sich die jetzt schon längst vom Sand der Wflste be- deckte Stelle zu vergegenwärtigen, wo ihr Zelt einst stand; 80 sagt Antara Ibn Scheddad vom Stamme Abs in seiner Moallaka: Wo gibt es Trtlmmer, welche nicht umschweben Dichter- lieder? Du standest lang und zweifeltest, kennst die Wohnung wieder? 25 Wohnung Abla's in DschiwÄ, sag' mir ein Wort ver- borgen! O Wohnung Abla's, friedlich sei dein Abend und dein Morgen! Bfickeri. Dieses Brauches spottet nun Abu-Nuwas und sagt: ich weine um keine Asma oder Hind (Frauennamen), sondern um meine edlen Zechgenassen. 26 II. 1. Mosalla ist verödet, ach! und auch die Hügel alle Und Mirbedan ist leer, die grünen Wiesen sind verlassen, 2. Und die Moschee dazu, des hohen Ruhmes und der Ehre Erhabener Sammelplatz, die räumten Höfe und die Strassen, 3. Die Orte, die als Jüngling ich bewohnte, bis des Alters Hellweisse Blässen machten meinen Bart gar schnell er- blassen ; 4. Mit einer Freundeschaar, gar blank und hell wie blinke Schwerter, Von Jugendlust durch tobt, doch auch mit Bildung wohl- befassen: 5. Da trennte uns das neidische Geschick, zerstreute uns In gar verschiedene Lande, wie einst Saba's Völker- massen. 6. Weh' über mich, wie fremd und herbe ist doch ihr Geschick ! Nie mehr wird je die Zeit mir ihresgleichen hinterlassen ; 7. Und als ich nicht mehr zweifeln könnt', dass sie dahin- gegangen, Und dass mir's nimmer wohl gegönnt, sie nochmals zu umfassen : 8. Da waffnet' ich mich schnell mit Duldermuth , wie Nie- mand noch, Begann sogleich mich gar verschiedenen Dingen anzu- passen; 9. Denn trifft mich einst an meinem liebsten Bruder ein • Unglück: So ist's, als hätt' ich der Verwandtschaft Bande fallen. lassen. 27 10. Kotrobbol ist mein Haltplatz jetzt, um Kerch herum die Dörfer Mein Sitz; als Mutter mag die Reb' ich mir gefallen lassen, 11. Ihr Schatten kühlt mich, wenn die Mittagssonn' am Him- mel flammt; Sie säuget mich gar mütterlich mit ihrem süssen Nassen, 12. Und wenn die wanken Zweige auch bald her bald hin sich neigen : Sie sind so dicht, dass keinen Strahl sie je durchschiessen lassen. 13. Und mit den Tauben, die im Laube wohnen, weinte ich, Wie eine Wittib klagt, wenn ihren Sohn sie sah er- blassen, 14. Ihr Sehnen und ihr Girren klang mit meinem Weh, zu- sammen; Fast schien es da, als hätt' uns Alle gleiche Lust um- fassen. 15. Da stand ich auf und taumelte zur Säugung hin mit Gier, Dem Säugling gleichend, welcher will die Mutterbrust umfassen : 16. Bis endlich mir's gelungen, mit der hochbejahrten, alten. Der süssen Tochter einer vollen Tonn' zu prassen. 17. Den Schleier riss ich ihr herab in nächt'ger Finsterniss, Der Spinn' Gewebe war es, fein gewoben über Maassen, 18. Von dem Webstuhle der Zerreisserin, die weben kann. Auch ohne Pflock und ohne einen Strick zu spannen lassen. 19. Darauf durchbohrte ich die Dauben mit dem Heber ilugs. Und plötzlich quoll heraus, wie Glut, ein Strom des süssen Nassen. 20. Der Trunk vereinigte nun all' die Zecher insgesammt, 28 Das Blut der Traube floss wie Gold und Silber aus den Fassen; 21. Mit Gold und Silber kann ich es vergleichen wohl mit Recht : Doch welches sei das wahre Gold, wollt mich euch deu- ten lassen; 22. Das Traubenblut und Gold sind eins dem andern gleich an Werth; Doch dieses ist gefroren, jenes schmelzet in den Tassen 23. Und auch in Bechern, glatten, kunstvoll ausgemeisselten, D'rauf eingegraben, Mönchsgestalten oder Zechermassen. 24. Sie lesen das Indschtl und über ihrer Häupter Spitzen Ist Weines Himmel , dessen Stern', aufsteigend ohn' Ab- lassen, 25. Die Bläschen, Perlen gleichen, hingestreut von jungen Mädchen, Die unter heit'rer Spiele Lachen ihre Zeit vergassen. Anmerkungen. V. 1. Mosalla heisst eigentlich die Gebethalle der Moschee, hier scheint es der Name eines Ortes in Baghdad zu sein ; ebenso Mirbed, wovon Mirbedan der Dualis ist und eine Kameelhürde bedeutet. V. 5. Saba's Völkermassen. Sabä ist nach den arabischen Genealogen der Name des vierten jemenischen Königs, der eigentlich Abd-Schems, d. i. Sklave der Sonne, hiess; sein Reich und Volk war das der Sabäer im südlichen Arabien (Arabia felix, Jemen); die Hauptstadt dieses mächtigen Reiches war die Stadt Märeb, deren Reste neuerlich erst entdeckt wurden. Die Stadt ward durch den Dammbruch von Arim überschwemmt und vernichtet, so dass der grösste Theil des Volkes sich zerstreute und auswanderte. Von diesem Ereignisse, das in der arabischen Geschichte Epoche macht und kurz nach Christi Geburt vorfiel , schreibt sich das arabische Sprichwort her: Sie zerstreuten sich wie 29 Saba's Völker, welches so viel bedeutet, als: Sie zerstreuten sich so, dass keine Spur von ihnen übrig blieb. Im Koran schon wird auf dieses Ereig^niss der altarabi- schen Geschichte angespielt. (Sura 34.) Der erste, welcher den Dammbruch ahndete und aus- wanderte, war Amr-Ibn-Aamir Muzeikija, d. i. der Zer- reisser, desshalb so genannt, weil er täglich sein Kleid zerriss, vor Stolz, damit Niemand nach ihm es tragen könne. Er hatte Tarifat-el-Chair zur Frau, welche eine Seherin war. Einst sah sie im Traume eine Wolke, welche ihr Land bedeckte , wetterleuchtete und donnerte , dann Blitze ent- sendete, die Alles, was sie trafen, verbrannten. Da erschrack Tartfa gar sehr und sprach: Was ich heut' gesehen — macht mir den Schlaf vergehen, eine Wolke sah ich, die donnerte und Blitzstrahl entsandte — der alles, was er traf, verbrannte. Als ihr Gemahl ihren Schrecken gewahr ward, beruhigte er sie. Bald darauf begab sich Amr mit zwei Sklavinen in seinen Garten; Tarlfa, die dies vernommen, folgte ihm von einem Sklaven begleitet; doch wie sie aus dem Hause hinaustrat, stellten sich ihr drei Wiesel entgegen, die auf- recht auf ihren Hinterbeinen sassen und mit ihren Pfoten sich die Augen zuhielten. Tarlfa eilte fort und als sie an den Bach kam, der den Garten durchfloss, sprang eine Schildkröte heraus, die auf den Rücken fiel und mit allen Vieren arbeitete und die Erde aufkratzte, um sich umzu- kehren. Tarlfa sass nieder, bis die Schildkröte ins Wasser zurückgekrochen war, dann eilte sie weiter zu Amr; es war gerade die Mittagstunde, wo die Hitze am grössten ist, da sah sie, dass die Bäume sich neigten, ohne dass ein Lüft- chen wehte. Als Amr sie sah, schämte er sich und befahl den beiden Sklavinen sich zu entfernen, doch Tarlfa er- kannte da plötzlich die Zukunft und sprach: Bei dem Licht und dem Dunkel — bei der Erde und des Himmels Ge- funkel — die Bäume sah ich weh'n — wie vor Alters wird das Wasser wieder anschwellen zu Seen — . Amr frug er- schrocken: Woher erkennst du das? Sie entgegnete: Mir haben die Wiesel Jammerjahre gezeigt — wo Vater und Sohn erbleicht Als endlich, nachdem sie länger so ge- sprochen, Amr voll Schreck sie um einen Beweis der Wahr- heit ihrer Profezeiung frug, sprach sie: Gehe zum Damm, und wenn du siebest die Ratten den Damm mit ihren Pfoten 30 durchwühlen, und mit ihren Hinterfüssen die festesten Steine rollen, dann wisse, dass die üeberschwemmung droht, und dass eintraf arge Noth. Da eilte Amr zum Damm hin und, siehe da, es rollten die Ratten mit ihren Beinen Blöcke, welche fünfzig Männer nicht zu bewegen im Stande waren. Als er dieses sah , kehrte er zu Tarifa zurück und sprach die Verse : Ich sah ein Ding, das mich mit Schmerz erfüllt, Dass Fieber mir durch meine Adern quillt. Die Ratten stark , wie Eber gross und wild, Feist wie der Heerd' Leithammel im Gefild; Es schleppt ein jeder von Arim*s Felsrücken Mit scharfen Zähnen und auch Klauen , dicken, Vergisst kein Bröckelein von Dammesstücken. Da sprach Tartfa: Ein weiterer Beweis dessen, was ich sage, ist: dass du vor dich eine Flasche stellest, und wenn der Wind sie mit dem Staub und Sand des Tiefgrundes des Thaies füllt, so wisse, dass die Gärten bald keine Sonne mehr bescheinen und kein Wind sie durchwehen wird. Amr that dies und in kurzer Zeit war die Flasche mit dem Sande des Tiefgrundes angefüllt. Nun frug er Tartfa, wann der Damm zu Grunde gehen würde; sie antwortete: Zwi- schen jetzt und sieben Jahren. Amr selbst sah dann im Traume den Dammbnich von Arim voraus, und es ward ihm geoifenbaret, das Anzeichen dieses Ereignisses sei dieses , dass man Kieselsteine an den Kronen der Palmen sehe. Als auch dieses Anzeichen eintraf, suchte Amr nach einer List, ohne Aufsehen seine liegenden Güter verkaufen und auswandern zu können. Er befahl daher einem seiner Söhne, in öffentlicher Versammlung sich ungeberdig zu benehmen, und wenn er ihn dann schlüge, ihm den Schlag zurückzugeben : Als ihm nun sein Sohn einen Schlag zurückversetzt hat, rief er: welche Schmach für mich, von einem Knaben beschimpft zu werden ! und nahm dies zum Anlass zu sagen, er wolle nicht an einem Orte ver- weilen, wo ihm solches widerfahren. Er verkaufte nun seine Güter und wanderte aus; bald aber verlautete die wahre Ursache, und es verkauften Leute vom Stamme £zd ihre Gründe, doch je mehr Verkäufer sich fanden, desto mehr auch sanken die Preise. Zuletzt, als Amr alle seine Habe an sich gezogen hatte, theilte er den Leuten die Kunde 31 vom Strome von Arim mit. Eine grosse Menschenmenge zog schon mit Amr fort, und nach ihm die übrigen, so dass das Volk Sabft sich in alle Lande zerstreute. Der Damm von Mareb soll nach einigen von Lokman, dem Sohn des Aad, erbaut worden sein, nach anderen von einem himjarischen Könige. Folgende Verse des altarabischen Dichters Aascha be- ziehen sich auf diesen Dammbruch, dem, obwohl er kurz nach Mohammed's Auftreten lebte, dieses Ereigniss noch im klaren Andenken gewesen zu sein scheint: Trost gibt dem Trostbedürft'gen diese Kund' Und Mareb das der Arim niederstiess ; Wenn auch von Marmor, ein Bau der Himjaren, Ohn' End' ist es, wenn durch sein Wasser riss; Zertheilt man es. so tränket Saat und Heerden Es weit und breit mit frischem Trunk gewiss: Jetzt bieten keinem abgewöhnten Säugling Mehr einen Schluck der Labe seine Flüss'. (Siehe Dozy: Commentaire d'lbn Bedroun.) V. 9. Der Sinn dieses Verses ist: Wenn das ungünstige Ge- schick mir selbst meinen Bruder raubt, so trage ich doch diesen Schlag mit solcher Fassung, dass es fast scheint, als wäre er nie mein Bruder gewesen. V. 10. Kotrobbol ist ein Dorf in der Nähe von Baghdad, wo trefflicher Wein gedeiht, ebenso Kerch. V. 16. Alten Wein, der lang im Fasse ruhte. V. 17. Der Vergleich wird durchgeführt und das Spinnen- gewebe, welches das alte Fass umhüllt, dem Schleier ver- glichen, der die Braut bedeckt. V. 18. Zerreisserin (Charkä) ist im Arabischen ein Beiname der Spinne. V. 23. Der Dichter geht nun zur Beschreibung der Becher über, auf denen Mönchsgestalten, die das Evangelium lesen, eingegpraben. Zu Abu-Nuwas Zeit wurden solche Becher wahrscheinlich ans Byzanz in die luxusreiche Hauptstadt der Chalifen gebracht, woher dieses Bild zu erklären ist 1. M r 2. r I- 3. i> I! 4. M. V. 5. I» l 7. I 8. 1 9. : 82 III. Wein und Gesang. 1. Den Weinschlauch schleppte ich herbei, er sträubte sich mit Macht, So dass er eine Furche in den Boden wohl gemacht 2. Die Lust erregt gar viel , doch gar nichts mehr als eine Flöte, Mit ihr die helle Harf einklingend, girrend leis und sacht 3. Darum vertheile ich niemals den Wein , wenn nicht ein Sänger Anwesend ist, der mit Gesängen kürzt die lange Nacht 4. Und mit Weinhändlem zanke ich mich niemals: denn. es ist mir Kein Preis zu hoch, wenn nur für laut'ren, echten Wein gemacht. 5. Dann lasse ich die Leier hell erklingen , allzulange Schwieg sie*, so lang sie schweigt, zeigt Frohsinn nimmer seine Pracht. 33 IV. 1. Holla! Bmder, gib mir Wein und spreche: ^Das ist Wein.« Heimlich schenk' ihn mir nicht ein, wenn*s öffentlich kann sein. 2. Schmach nur ist es dann für mich, wenn ich mich nüch- tern zeige: Herrlicher Gewinn, wenn ich erhasch' ein Räuschelein. 3. Liebchens Namen magst du offen nennen, lass' bei Seite Titel, trüb sind Freuden, die verheimlicht müssen sein. 4. Einst stört' ich aus erstem Schlummer eine Weinver- käuf'rin, Als schon Orion sank, der Aar nur glänzt' am Himmels- rain. 5. „Nächt'ge Schwärmer, wer seid ihr?« Wir sprachen: „Eine Schaar Mit geleerten Krügen, die verlangt von dir nur Wein.** 6. lyWoUt' ihr golden funkelnden mit süssen Aeugelein?« Sprachen: „Bring' ihn ohne Zaudern, denn um solche Wonne 7. Zu gemessen, setzten Vater wir und Mutter ein.« Und den Wein bringt sie, er strahlet wie der Mond voll Licht: 8. Wahrheit war es und kein blosser eitler Zauberschein; Nun erhub sich Einer nach dem Andern und wir sechten, 3 34 9. Lösend unser Fasten dergestalt mit sttssem Wein, Brachten so die Kacht durch; Gott nur sah die freche Schaar, 10. Schleifend der Wollust Schleppkleide, ruhmlos und gemein. Anmerkung. y. 4. Der Orion und der Aar sind zwei Sternbilder. 35 V. Ber Dichter lobt dai Selilemmerlebea der Städter im Vergleich mit der nüchternen Lebeniweise der Beduinen. 1. üeber längst verlassener Zelten Spuren lass' Südwinde kehren, Üeber Wiesengründe lasse Sturm und Regen sich ent- leeren, 2. Lass' dem Reiter du der Zuchtkameelin das Revier der Wüsten, Wo auf edlen Stuten trabt der Reiter alten Stamms voll Ehren, 3. Ein Gebiet wo Diestel nur und domige Akazien blühen. Wo die Jägermänner nach Schakalen nur und Wölfen gehren: 4. Denn ihr Leben gleichet einem Hungerjahre, freuden- leeren. Lasse ihnen ihre Milch, denn nimmer tränken sie dieselbe, 5. Wenn sie von des Lebens feinerem Genuss nicht kundlos wären. Ich dafür lob' mir hoch über alles reinen, kühlen Wein, 6. Wo ein holder Schenke kreiset dem Verlangen zu ge- währen : Wie der Mönch, wenn er vor dem Altare die Gebete murmelt, 7. So däucht's mir, wenn ich den jungen Wein im Fasse höre gähren. Es kredenzen ihn die Hände eines Knaben, hold und lieblich, 3 ♦ 36 8. Gleich 'ner Antilope, die's gelang im Hause gross zu n&hren. duTadler stehe ab von deinem Tadeln und Ermahnen: 9. Denn nutzloses Unterfangen ist's, mein Herzen zu be- kehren. Und ich frag' dich: kennst du einen Menschen, einen sündenleeren? 10. Wer auf meine Besserung hofft, ist schlecht berathen und ich sage : ^Lasse meiner Bess'rung Hoffnung, sonst droh' ich mich zu bekehren. ** Anmerkung, V. 8. Vergleiche Horaz: Vitas hinnuleo me similis Chlo€. L. L XXTTT. L 87 VI. 1. Den Lüsten liess ich immerhin die Zügel frendig schiessen, Und des Vermfensten hab* sorglos ich mich stets beflissen. 2. Die liebsten Kächte waren immer mir die kommerlosen, Die mir des Saitenspieles holde Melodien versüssen. 3. Wo mir die Sängerin nach Willen singt und mich er- innert An Zeiten, wo bei Di-Tulnh wir unter Zelten siessen. 4. O Freund, geniesse du die Jugend doch so lang' sie währet*, Lass* mit dem Morgentrunk den Abendtrunk zusammen- fliessen, 5. Und von dem flammensprühenden, der langsam, wie des Geizigen Mildthaten fliesst, lass' dir schnell einen Becher voll ein- giessen *, 6. Dem Perserkönig schenkte solchen Wein schon sein Hof- schenke; Durch Farbe und Geruch gibt doppelt er dir zu gemessen. 7. O siehst du nicht, dass ich die Seele unbedacht verpfände Für Wein und für des Liebchens Lippen, ihre holden, süssen; 8. Denn wohl weiss ich und zweifle nicht, dass ehestens die Seele Von diesem morschen Leib für immer wohl wird scheiden müssen. Anmerkangen. y. 3. Di-Tuluh ist der Name eines Ortes in der Wüste. y. 6. Der Perserkönig ; im Texte steht «Kisra,^ welches dem 88 persischen Cliosru entspriclit und der allgemeine Käme aller persischen Herrsclier bei den Arabern ist Schon bei den Römern war das Wohlleben der Perser« könige sprichwörtlich geworden; Horaz sagt: Persarom vigni rege beatior. L. m. es:. 4. 39 VII. 1. Im n&cht'gen Dunkel, vor des HorgenlieroldB Ruf, der Freunde Schaar Tränkt' ick mit rötklich braunem, der im Fasse lang* gezeitigt war, 2. Gealtert an der Jahre Busen, vor der Zeit Beginn gezeugt, Der schnelle dir die Brust von jedem Kummer machet rein und klar 3. Erkauft hatt* ich von einem Juden ihn, mit Gelde wohl versehen. Wir tranken dann wie Leute, die gedurstet manches, manches Jahr; i. In Lauben, wo auf Säulen lag der Blätter Last, da standen Krüge Voll Weins in Schichten und auf Jedem auch das Jahr, das ihn gebar, 5. Hit Lanzen bohrte man sie an voll Uebermuth, wie Wasser- schläuche, Dann stürzten sie darauf, wie auf ein Emtefeld Heu- schreckenschaar. 6. Und schnelle taumelten sie dann hin, schlaftrunken der Bestimmung baar. 40 Vlll. 1. Tränk micli und tränke Dufäfe, o Edler mit Wein, Tränke mich mit dem Erreger der Lust und der Freude, 2. Auf das zukünftige Glück soll dies Beckerlein sein, Voll von belebendem seelenberauschenden Trank, 3. Frei von jedweder Vermischung bewahret und rein. Andere mögen ihn hassen, um das Paradies 4. Sich zu erringen, und fürchtend die ewige Pein; Reiche ihn mir ohne Sorge und Furcht und vergiss 5. Frömmlergered' und Verbote: das sind Fabeleien. Glaub' mir, o Freund, in Verachtung und Schande ver- sinkt, 6. Wer zu verpönen gewaget den göttlichen Wein, Wie in Verachtung hinsank der Chalifen Gewalt, 7. Seit der gerechte Harun sich enthob ihren Reih'n. Anmerkung. V. 7. Harun-ar-Reschid, der fünfte Chalife aus der Dynastie der Abbasiden , unter dem das arabische Weltreich den höchsten Punkt seiner Entwicklung und Blüthe erreicht hatte. Er herrschte von 170 der Hidschre, d. i. n. Gh. 786—193 der Hidschre, d. i. n. Chr. 809. 41 IX. 1. Siehst du niclit, dass schon die Sonne in des Widders Zeichen steht, Dass der Zeiten Wag' nach keiner Seite sinkt, noch sich erhöht, 2. Und die Vögel air, nachdem sie lang geschwiegen, zwit- schern neu. Während schon der Rebe Saft der Zeitig^ing entgegen- geht. 3. Und die Erde kleidet sich mit ihrem Schmuck so herrlich grün, Dass für Teppiche du anseh'n könntest wohl ihr Blumen- beet. 4. Desshalb trinke an der Zukunft Rand ein volles Gläschen aus, W&hrend dir die Gegenwart zulächelt, noch ist's nicht zu . spät; 5. Edlen Weins von Kerch, der dir des Lebens Langeweile kürzt. Und mit frischer Ho£^ung freudig dein gramvolles Herz durchweht 6. Wie in dürren Wüsten der Sirftb den Reisenden verlockt: So der Wein auch, wenn er Perlen in die vollen Gläser sä't. — 7. Echte Zechgenossen sagen immer: „schenke rein ihn ein;* Während nur der Stümper, welche Schmach, gemischten sich erfleht 42 Anmerkung« y. 6. Der Sirftb (mirage) ist eine in Sandwfisten sehr häufig zu beobachtende Ersdieinung, wo bei grosser Hitze die nahe am Boden befindlichen Luftschichten eine zitternde Bewegung anzunehmen scheinen, so dass die Flfiche aus der Feme einem Teiche oder See ähnlich sieht; solche Luft- spiegelungen leiten oft die Reisenden vom Wege ab. 43 X. Erinnerung an die entschwundene Jugend. 1. Der ToUheit Saamross war wohl meine Jugendzeit, Die Freundin des Gelächters und der Lustbarkeit ^ 2. Sie war's, die mich verschönt', als ihr Gewand idi trug, Sie Hess stolz mich einhergeh'n voll Entschlossenheit, 3. Sie machte meine Zunge gar wohlredend sprechen, Dass aller Ohren lauscheten, dem was sie beut, 4. Sie liess mich das erringen, was ich wünschte, stets, Sie gab dem Pfeil zum Ziele sicheres Geleit, 5. Sie war es, die mich trieb, wenn all' im Schlummer lagen. Zu thun beim Weibchen des Gemales Schuldigkeit, 6. Sie war's, die mir gebot, sobald die Seele gehrte, Dass zu der That die Hand war allsogleich bereit, 7. Doch jetzt steh' ich schon nahe meinem £nd' und lade Ab meiner Jahre Last am Thor der Ewigkeit. 8. Der Wein allein ist meine Lieb' und schadet er Auch dem Erwerb, und mindert meine Ehrbarkeit. Anmerkungen. Diesem Gedicht folgen im Arabischen noch einige Verse, die wir für unterschoben halten und desshalb getrennt folgen lassen. Sie sind in Hammer-Purgstall's „Literatur- geschichte der Araber** unter dem Artikel Ebu Kuwas anders übersetzt, wahrscheinlich in Folge verderbter Hand- 44 Schriften; unsere Yerdeutsclinng stützt sich auf den Com- mentar des berühmten Dichters Sult. Das Gedicht selbst scheint uns auf die Art, wie wir es gegeben haben, voll- kommen abgeschlossen und wir halten daher folgende Verse für späteren Znsatz. Die Verse lauten : 1. Vor Adam schuf schon Gott den Wein, als köstlich Kleinod, Und gab's ihm , dass er*s ehV als älter an der Zeit, 2. Dem Geiste, dem Verstand allein gelinget es Ganz zu verstehen des Weines wahre Wesenheit; 3. D'ran weidet sich das Aug\ dem hell winkt sein Fläche, Die unvermischtes Gold im Glas dem Blicke beut, 4. Und geuss'st du Wasser darauf, so streut er Perlen aus. Wie Schellen ^ , hangend an der Mädchen Fussgeschmeid, 5. Und wenn er mit dem Wasser sich versöhnt, da kräuselt Sich seine Fläch', wie Amsenspur auf sandiger Haid', 6. Wie einer Schrift verschlungene Zug*, in deren Wirren Kein Ruhezeichen, keine Mark Erklärung beut. 7. Entschuldige du meiner Rede Sinn, gewöhnt Bin ich schon, dass mich Tadel trifft von jeder Seit\ *) Die Araberinen tragen Fussringe um den Knöchel, welche meistens von Silber und mit Schellen behangen sind; diesen vergleicht der Dichter die im Weine auf- steigenden Bläschen. 45 XI. Trinkerregel. 1. Ich sprach zu meinem Bruder und Dschebrtl am Fass: .lyDen Wein lieb' ich.* Er sprach: »Tod bringt das üeber- maass.* 2. Da sagte ich, „entscheide,* und er sprach fürbass: „Vierfach ist immer die Natur der Körpermasse, 3. Vier passt auf vier, dr'um rath' ich dir, trink' stets vier Maass.* Anmerkungen. Y. 1. Im Texte steht: Zu meinem Bruder Abu Isa. y. % Die arabischen Aerzte behaupten, die Natur aller Körper sei vierfach: warm oder kalt, feucht oder trocken; darnach thellen sie auch die Hedizinalien in warme oder kalte u. s. w. ein. 46 XII. 1. Ich rief ihn auf, als schon die Sterne untergehen,' Und als der Hahn den Morgen schon ausrief mit Kräh*n, 2. Ich sagte, als der Morgen schon verklärt die Kacht, Und seine weissen Zähne zeigend hell auflacht; 3. Ahmed, angefleht in jeder bittVen Noth, Steh* auf, der Himmel Dränger lass*, wie er auch droht, 4. Sieh hier den Trank, den unvermischten, feurig reinen. Von Hit und Aanat's Fluren hergebrachten, scheinen 5. Sieh ich ergötze mich mit seinem Feuerbrand, Besänftigend mich, erregend, wie ich*s passend fand, 6. Bis auch die Säng'rin singet und die Dreie kreisen. In süsser Art und holden, wonnevoUen Weisen. Anmerkung. V. 4. Hit und Aanat, zwei Orte in Irak, berühmt wegen des trefflichen Weines, der daselbst gedeiht. 47 XIII. 1. Auf! ihr Brüder, auf! der Morgen dämmert schon und graut, Schon erschallet überall der Vögel Weise laut, 2. Auf, ergreifet doch den Becher voll von Wein zumal. Schon verklagt er bei dem Kruge die Langschläfer all. 3. Reinen Wein schenkt ein, der, wie der Zecher Hand ihn / hebt. Mit Vergnügen und mit Freude Jedes Herz belebt*, 4. So dass selbst der Schüchterne, der Sanfte freudetrunken. Tobend sich bewegt und schon von seinem Sitz gesunken; 5. Lange den Pokal an Ahmed, ihm magst du ihn reichen, Denn er ist ein Zecher, nimmer fand* ich seinesgleichen 6. Sein Anblick allein ist^s, der zum Zechen schon bewegt, So wie dich zum Lachen schnell ein guter Witz erregt Anmerkung. V. 3. Horaz schon singt: fortes, peioraque passi Maecum saepe viri , nunc vino pellite curas. L. L VIL 30. 48 XIV. 1. Tadler mein, der micli abmalint von Wein, Nicht tadl* ob meinem sttssen Schwesterlein, 2. Mich tadle nicht, denn sie hat mich berückt, Was schmählich mir einst schien, das jetzt entzückt; 3. Ein Trank, der Wahres falsch dir scheinen macht. Der Falsches kleidet in der Wahrheit Pracht, 4. Für den spend* ich mein Gut mit voller Hand, und jag* ihm gierig nach durch alle Land\ 49 XV. 1. Zum Frühtrank las8\ o Malik, dir Schon hellen Feuerwein gedeihen, 2. Und steigt er auch im Preise hoch : Du schachere nicht, uud stimme ein. 3. Wie manchen Kneipenwirthen , dem Das Haupthaar ist ergrauet schon, 4. Dess Schnurrbart schwarz von Pech, als er Weinschläuchen, leeren, Luft blies ein: 5. Erschreckte ich mit lautem Rufen, Wenn er im ersten Schlummer lag, 6. Das Haupt gesenkt auf seinen Arm, Im stillen, nächtigen Kämmerlein. 7. Gehorchend meinem Ruf erhob Er sich, stand bebend auf und zitternd, 8. Schnell zündet er die Lampe an. Auf dass er sah' bei ihrem Schein, ' 9. Und als ihr Strahl mein Antlitz traf: Begrüsst' er mich mit freudigem GrusB, 10. Wie sich Verliebte grüssen, und Lud mich gar höflich bittend ein; 11. Und tausend Drachmen drückte ich Ihm in die Rechte, ohne viel 12. Zu schachern und zu feilschen da, Für eines Monats Werth an Wein. 13. Dann weilV ich wonnetrunkenen Sinns Am Fasse, einem Bräutigam gleich, 14. Der holde Jungfrau'n, von hochaltem Geschlecht und Adel sinnt zu frei'n. 4 50 15. So bringe ich mein Leben hin, Und stehe nimmer ab von dem, 16. Und sollte selbst mein Glaube und Mein Geld des Weines Opfer sein. Amnerkaag. y. 4. Die Araber pflegen den Wein in Schläuchen aufzube- wahren, die mit Pech verklebt werden; 'beyor man sie füllt, pflegt man ihnen Luft einzublasen, um 'ZuncOien, ob sie stichhaltig sind. 51 XVI. 1. Trftnke mich mit Wein, denn heute iBt des Festes frend'ger Tag; ^ UnddB6Ettd;yonlt&m,e8aoUjft Enden stete mit Zechgelag. 3. Fliessen soU da edler Wein, Süsser als des Liebchens Blick, 4. Wenn es lächelt dem Gelieibten, Und ihm Wonne strahlt znrüok: 5. Wein, der nicht abstumpft den Sinn, Nicht yerdummet die Natur, 6. Öden Witzen gleich, die dich Immer fast erzürnen nur; 7. Eines Fasses zehenjähr'ges Töchterlein, gar süss und rein, 6. Das in dunkler Nacht sogar. Ausströmt hellen Feuerschein. 9. Zechen lasst uns fort und fort, In frischgrünen Frühlingauen, 10. Wo befruchtend kühle Wolken Segen auf die Triften thauen, 11. Wo mit bunten Blumen sich Alle Gründe festlich zieren, 12. Wo, vereinzelt und in Buschen, Pflanzen blühen in den Revieren ; 13. Wie Neumonde wanken drinnen. Kannst die Zecherschaar erblicken, 14. Die mit Kennerzunge prüfet Perserweine, voll Entzücken, 4 ♦ 52 15. Chrysanthemen haben ein*ge Gar gepflücket und damit, 16. An des Schreibzeugs Ort sie steckend, Zierten sie des Gürtels Mitt'. Anmerkangen. y. 2. RÄm ist ein persisches Wort, welches den eintindzwan- zigsten Tag jedes Monates bezeichnet, der bei den Persem geheiligt war*, zur Zeit des Abu-Nuwas waren persische Sitten und Sprache Mode am Hofe der Chalifen, wie aas ▼ielen seiner Gedichte hervorgeht, die von persischen Aus- drücken strotzen: so scheint auch die Feier des Tages Räm Sitte in Baghdad geworden zu sein. T. 16. Die Orientalen haben meist tragbare Schreibzeuge, welche sie in den Gürtel stecken. 53 XVII. 1. Spötter, höline nicht, frei iflt Mein Antlitz von dem Staub der SchmacUi % Und feil ist meine Ehre nicht Jedwedem, der d'raof bieten mag. 3. Es neret mich vor allen Männern Der stolie Sinn , der nicht ertragt, 4 Das man mich höhn' und der zugleich Von aaderen niditB schlechtes sagt 5. Spötter, der dn höhnisch grinsest, Wdl schäbig scheint mein Mantel schon : 6l Vcigeae nicht, das in drm Mantel Steckt «aca edlen Staamee &f »hu ! 7. Die liebe snd mfnn .Sellift toI^ Olttk, Ton CMM if^amm fdia IX & Äö ür >..r-r. «.. r^ r liWjt ^*- !•» r^ I-Otr-Ä #-.• .* AS -*• I 54 15. Den rief ich an in nächtiger Stunde: „He Brüderlein ! steh* auf, bring* Wein, 16. Es steigen ja schon hoch der Sterne Geschwader an des Himmels Rain ! 17. Thust du mir den Gefallen, so Sei dein die Seele mein für immer, 18. und meine Ohm* und Mukmen selbst^ Dir Opfer' ich sie obendrein.* 19. Da stand er auf, und ich dahinter, Zwei Zechgenossen , lustumfangen, 20. Erhoben wir uns alle zwei, Die Nacht vermehrte das Verlangen, 21. Den Weinschlauch schleppte rüstig leb Und er wankt nach mit mattem Tritt, 22. Schlaftrunken schwankend jetzt, und jetzt Ermannend den unstäten Schritt. 22. Den Zechgenossen frage, was Ein Trunk davon für Wonnen brachte, 23. Befrag* ihn, was ein Schluck davon Zur Nacht ihm Freudensonnen brachte. 55 XVIII. 1. schenk' mir ein der Fässer Sohn, Ich schenke dir der Wässer Sohn: 2. Doch alten , lange ansgegohr'nen, Tor Adam längstens schon gebomen, 3. Der schon im Fasse mächtig gohr, Als Erd' nnd Himmel trat hervor, 4. Der schon die Jahr' anfangen schaute, Bis selbst das Haupt der Zeit ergraute. 5. Er ist des Geistes rein' Essenze, Kennt keines Körpers enge Gränze. 6. Schenk' ein und singe mir dabei Ein Ferserliedchen, süss und neu, 7. Nur keine Trauerklage wähle, Mit Frömmeleien mich nicht quäle! Anmerkung. V. 1. Der Wässer Sohn, d. i. ein Trunk Wasser. 56 XIX. 1. Fülle mir, o Wirth, nur allemal, €K)ld*xien Weines Fluth in den Pokal, 2. Fülle bis zum Rand' ihn immerhin, . Lass* mich dann in Jugendlast erglüh'n, 3. Traue, ein edler Trunk ist es, ein echter. Der vergessen macht die Schicksalswfichter, 4. Qohi in einer Kanne manches Jahr, Die gebrechlich, wie mein Glaube war. 5. Siehe doch, wie er liebäugelnd blinket, Wie er dir zum Euss einladend winket, 6. Wie aus goldener Saat Zahlperlen sprossen, Für und für vom Grund emporgestossen. 7. Es kredenzt ein holder Sckenke ihn. Den umhüllt ein E^leidchen von Jasmin, 8. Während funkeln an den Wangen hold, Feuerrosen zwei, wie rothes Gold. 9. Niemands Schönheit kann sich ihm vergleichen, Niemand ihn an Frohsinn je erreichen. Anmerkangen. V. 1. Horaz sagt: Oblivioso levia Massico Ciboria exple: L. n. vn. 21. 22, y. 3. Die beiden Schicksalswächter sind Tag und Nacht, welche abwechselnd das Leben des Menschen kürzen, bis die vom Geschick bestimmte Stunde gekommen ist. 57 XX. 1. Saleiman, sing' mir und bringe Wein, Und tränke mich mit sclinell bereiter Hand. 2. Siehst du denn nicht des Morgens gold'nen Schein, Der schon annäht in seinem Lichtgewand? 3. Die Flasche stelle du mir gleich herein, Ergreif sie, fülle mir das Glas zum Rand; 4. Den Mueddin zum Beten lasse schreien, Und gib zum Trost den Becher mir zur Hand. 5. Ich trinke offen Wein, mir däuchfs nicht Schand, Und heimlich treib' ich ärg're Schelmereien. Anmerkung. y. 4. Der Becher soll mir Trost sein gegen das misstönende Geschrei des Mueddin, der zum Gebete ruft. Bekanntlich ist nach mohammedanischer Religionsvorschrift das täg- liche fünfmalige Gebet heilige Pflicht; diese Gebete finden statt bei Tagesanbruch, um Mittag, Kachmittags zwischen drei und vier Uhr, bei Sonnenuntergang und bei Anbruch der Nacht; wenn die Zeit zum Gebete naht, so besteigt der Mueddin oder Gebetausrufer den Minaret und lässt seinen lauten Ruf zum Gebete erschallen. 58 XXI. 1« Willst du denn nicht pilgern, spracli Einst ein arger Thor zu mir. 2. Ja, sagt' ich, wenn Baghdad's Wonnen Einst versiegt sein werden schier. 3. Auf der langen Pilgerfahrt, Sprich, was sollte ich dort wollen? 4. Wenn ich hier kann fröhlich zechen, Oder in Bordellen stroUen. 5. Wenn du mich entführest auch Aus Baghdadens Schlemmerleben, 6. Denke doch , wie könnt' ich je WiDig Timabad aufgeben. Anmerkangr* V. 5. Timabad ist ein Ort in der Umgegend von Baghdad, wo besonders guter Wein gedeiht. Die Pilgerfahrt nach Mekka ist bekanntlich heilige Pflicht jedes Mohammedaners. 59 XXII. 1. Möge Gott mit kühlem Thau Stets beglttcken Baghdad's Gau, 2. Wo wir nns're Zeiten weih'n, Den GentLssen, die uns freu'n, 3. Und mit uns der Freunde Schaar, Wie des Himmels Sterne klar. 4. Jeden Tag verprassen sie, Magere Kost, die hassen sie, 5. Edler Sinn ist ihre Zier; Macht sie nicht der Weindunst irr: 6. Ist auch Grossmuth ihnen eigen, Können hohen Sinn sie zeigen. 7. Und so weit ihr Auge reicht, Alles ist da grün bezweigt, 8« In dem Haine, dessen Pracht Keine Zung' zu schildern wagt. 9. Dort tränkt ihre Zecherrunde Eine Maid mit süssem Munde, 10. Um die Wangen schwarze Locken Und die Augen zum Verlocken. 11. Bald gemischten schenkt sie ein, Bald auch schlürft sie reinen Wein; 12. Bis der Rausch im Aug* ihr glüht. Und den Schleier ihr abzieht. 13. Dann ein Liedchen sie anhebt, Ohne dass sie schüchtern bebt, 14. Nutz*, o Freud, des Lebens Werth Du, so lang es immer währt. 60 15. Und erfreue dich der Zeit, Du , so lang Genuss sie beut. Anmcrkanfip. , y. 14. Vergleiche das Horazieche Wort: Quid Sit futurum cras, fuge querere: et Quem Fors dierum cumque dabit, lucro ^ Adpone Horat. L. L IX. 13. 14. 15. n. JagdgedkMe. c^-Qj^syti 63 I. Auf den Jagdhund Serjäh. 1. Im Morgenzwielicfat stehet er schon auf Der wohlgenährte, windschnell in dem Lauf 2. Mit Sieg und Beute vielfach auch bewährte, Den der Kameelin Euter kräftig nährte. B. Behend und flink ist er und scharf bezahnt, Den bis zum Abend Mattigkeit nicht mahnt. 4. Den Kecken freuet der Schakale Heulen, So lang als Blitze durch die Wolken eilen. 5. Kein Stern fällt schneller von des Himmels Höh*n, Kein Krug kann eiFger in die Tiefe geh*n, 6. Den durst'ge Hand senkt in des Brunnens Grund \ Windschneller nicht, als Serijäh, mein Hund. 7. Macht Ruhe ihn zu übermUthig eben. So scheint's, als woir er durch die Lfifte schweben. 8. Lugt in die Fem' er Beute zu erspäh'n : So zeigt wie Lanzenspitz' er seine Zahn'. 9. Wie manchem Bock mit seiner Hörner Zier, Wie manch* weissfleckiger Gazelle schier 10. Zerriss die Weich' er, dass sie musst' vergeh'n. Anmerkungen. Unter dem Titel : Jagdgedichte „Tardijjät^^ enthält der Divan des Abu Nuwas eine grosse Anzahl von Gedichten, deren meiste der Beschreibung von Jagdhunden, Geparden, Fal- ken, Reihern u. dgl. gewidmet sind; die eigenthümliche Färbung dieser Gedichte, so wie die Unzahl der darin 64 vorkommenden, theils arabischen, theils persischen Waid- mannsansdrücke machen die Uebersetzung fast unmöglich ; nm dem Leser eine Probe von dieser der arabischen Dicht- kunst eigenen Art von Gedichten zu geben , habe ich hier zwei aus dem Divan unseres Dichters übersetzt. y. 2. Die Beduinen pflegen noch heutigen Tages ihre Jagd- hunde, die sie gross und stark machen wollen, mit Kameel- milch zu nähren. So wird besonders die schöne Grattung von Windspielen, die vom Dschebel - Barkai in Nubien kommt, blos mit Milch genährt. y. 4. So lange Blitze durch die Wolken eilen, will sagen: immerwährend , so lange es überhaupt Blitze und Wolken noch gibt ; solcher yergleiche bedienen sich die arabischen Dichter sehr oft , um die Fortdauer auszudrücken. 65 IL Auf einen Jagdpanther. 1. Auszog er als der Dämmerung Schleier niederwallten, Bevor der Morgen ihre Hüllen noch gespalten, 2. Gleich einem alten Schwert, das blitzend niederf&hrt; Windschnellen Laufs, die Lefzen von Begier verzerrt; 3. Von drallem Bau, den Rücken knochig, felsenhart. Gekrümmt die Weichen nach maad'scher Schwerter Art, 4. Von grimmen Anblick, runzelig sind seine Wangen, Und schwarze Rachenwinkel, die ihm abwärts hangen. 5. Ein dräu'nder, baktrian^scher, wuthentbrennender, Grosstatziger, dickhals'ger, windschnell rennender. 6. Traun, einem Leuen gleichet er, von fem geseh'n, Nur dass im Fell ihm schwarze Tigerflecken steh'n. 7. Nachdem er in die Wüst' hinausgelugt gar lange, Erschaut' er zwei Gasellenrudel am Berghange. 8. Vom Sattel, wo er an des Jägers Seite lauert, Sprang er und kroch am Boden hin zusammgekauert, 9. In Staub verhüllet bald und bald sich niederdrückend, Wie eine Schlange kreuchet sacht, die Beut' berückend, 10. Die langsam windend sich verbirgt im tiefen Sand; Und als er endlich nah am Ziele sich befand, 11. Da riss er die Gaselle hin zum stein'gen Boden, In einem Sprung, zu dem er alle Kraft entboten; 13. Nachdem vor Gier nach Blut und Zorn schon lang ent- brannt* er: So loV ich mir die Jagd mit einem guten Panther. 5 66 Amnerkmigen. Gasellenjagden mit zahmen Panthern sind noch jetzt in In- dien übüch. y. 4. Nach maad^scher Schwerter Art; d. i. eingefallen die Weichen, so dass der Bauch, wie ein altarabisches Schwert eingekrümmt ist Maadd ist ein allgemeiner Stammname, ganz Arabien mit Ausnahme von Jemen bezeichnend. m. ILi&greiieMi. cL^rc^ »• 69 I. Auf den Chalifen Harun-er-Reschld. 1. Preis und Lob ihm, der die Welt mit Allmaclit fort regiert, und Harun vor allen mit des Ruhmes Glanz geziert. H. Von dem Pfade nicht abirren können wir des Rechtes, Wenn ein Fürst die Welt beherrscht, so edelen Ge* schlechtes ; 3. Ein Chalife, gottesfürchtig und von frommem Brauch, Der am Morgen Gott anflehet und am Abend auch. 4. Hohen Muthes reicht sein Arm bis in die fernste Feme, Seinem Schwerte folgt des Sieges Fahne freudig gerne. 70 II. Auf den Chalifen Emin. 1. Auf dem Delfine schwamm der Vollmond glühend, Hin durch die Wasserfluthen flüchtig fliehend. 2. Von seinem Glänze blitzt des Tigris Strom, Die beiden Ufer sind vor Freude blühend. 3. Kein Auge sah ein schöner Schiff als dies, Geankert oder durch die Fluthen ziehend. 4. Sobald die mächtigen Ruder es antreiben, Braust durch die Wasser hin es, Schaum aufsprühend. 5. Gott schenkte es in seiner Gnad' Emin, Auf dessen Stirn die Krone thronet glühend. Annierkaiig. Der Chalife Emin hatte ein Prachtschiff in der Gestalt eines Delfines gebaut, in dem er Lustfahrten auf dem Tigris zu unternehmen pflegte, bei solchem Anlasse dichtete Abu Nuwas diese Verse. 71 III. Auf Chasib, den Statthalter von Ägypten. 1. Wenn nicht das Land, wo rahmvoll herrscht Chasib, Wohin sag' eilten wir, wenn nicht Chasib? 2. Ein Mann, der Dichterlob aufwiegt mit Gold, Für Missgeschick entschädigt er gar hold. 3. Die wahre Grossmnth übt nnr er allein, Grossmuth folgt, wo er geht, dem Schritte sein. 4. Nie sah ich einen Recken je wie ihn. Den Sieg zwingt er mit seinem Schwert zu ziehen. 5. Die Reiche all* erbeben schon vor ihm, und fürchten seines Zornes Ungestüm. 6. Die Scheu'n besuchst in ihrer Klause du. Dein Edelsinn führt sie beglückt dir zu. 7. Wer meinem Wort nicht glauben will, der frage Selbst den Chalifen, er weiss was ich sage. 8. Als Jüngling hast mit weisem Rath erbaut. Bis jetzt, wo lange dir der Bart schon graut 9. Du hilfst wenn der Chalif in schwerer Sorge, Und zeigest, wo man sich're Hülf erborge. — 10. Es tragen uns zu dir Kameele nun, Leichtfüssige, wo obend'rauf wir ruh'n. 11. Auf ihnen reisten von Akrkuf aus wir. Bis in dem Morgenglanz wir sah'n Schehir. 12. Es schritten uns're Thiere ohne Rast, Bis an dem Quell* übdgh die Sonn' erblasst. 13. Ein Trunk aus einem Felsenspalt erquickte. Als schon die Zeit des Hahnenschreies anrückte. 72 14. Gen Morgen mussten sie uns weiter tragen, Wo Tadmor^s Kirchen am Berg Modchan ragen. 15. Zur Ghuta eilten sie hinan, als hätten Blutrachen sie zu thun an jenen Stätten. 16. Ihr Huf zerstiebt die Felsen im Dschaulan, Und immer treiben wir sie weiter an. 17. Sie wachten eine Nacht durch bei Beisan, Wo spät erst sich der Morgen kundgethan. 18. Am Morgen schritten sie durch den Futrus, Abwendend von Jerusalem den Fuss. 19. Die Reiter brachten schnell nach Ghazze sie Und Ferma, wo auf sie harrt neue Müh' ! 20. Und endlich langten sie in Cairo an. Wo schützet sie und uns ein edler Mann, 21. Vom hohen Stamme des Bessftm entsprossen, Ist seine Stirn vom Ruhmesglanz umflossen. 22. Chasib! im Kriege bist du Schwert und Lanz*, Im Frieden Thrones und der Kanzel Glanz. Anmerkangen. Chasib, den Abu Nuwas als Statthalter von Ägypten in mehreren Gedichten preiset, war eigentlich oberster Steuer- Intendant (Sahib-Diwan-el-Charadsch). V. 10. Von lüer an beginnt der Dichter seine mühevolle Reise aus Irak nach Ägypten zu beschreiben. V. 11. Akrkuf und Schehir, zwei Orte in Irak, ersterer sechs Stunden von Baghdad. V. 12. Die Quelle übägh ist in der syrischen Wüste. An die- ser Quelle fiel die in der arabischen Geschichte berühmte Schlacht vor , in welcher der König von Hire Mondir III von dem ghassanidischen Könige Haris-Ibn-Dschebele be- siegt wurde. V. 14. Tadmor ist Palmyra, und unter dem Ausdruck Kir- chen sind dessen Tempel zu verstehen. 73 V. 15. Die Ghuta ist die Ebene von Damascus, welche von den Orientalen als eines der vier irdischen Paradiese auf- gezählt wird. T. 16. Deschaulan, ein Landstrich in S3rrien, das alte Gau- lanitis. V. 17. Beisan, eine Stadt am Jordanufer zwischen Tiberias und Jerusalem. V. 18. Futrus ein Fluss in Pal&stina. V. 19. Ghazze, Gränzstadt zwischen Syrien und Ägypten an der Meeresküste. V. 20. Ferma, ägyptische Gränzstadt gegen Syrien hin. 74 IV. Auf Osman Ibn Osman Ibn Nehik. 1. Osman, du Edelster der Menschen aller, Sei'n sie von Maad nun oder von Jeman. 2. Traun, dein Edelsinn und Htllfisbedürftige, Nie an einem Ort die zwei noch traf man an. 3. Es Yemichtet Reichthum wohl des Schicksals Neid: Doch Yermind'rung greift nie deine Grrossmuth an. 4. Deine Ahnen sind die Tugenden und Ruhm: D'rum hast darin jedem du's zuvorgethan. Anmerkang. y. 1. Maad ist der gemeinschaftliche Name für alle nord- arabischen Stämme im Gegensatze zu den südarabischen: Jeman. 75 V. Auf den Chalifen Emin. 1. Du herrschest über uns Emin mit Glück und Segen, Der Thron ereilte dich noch auf der Jugend Stegen. 2. Durch dich, Mohammed, wird die Welt uns werth und theuer. Das Leben ward uns süss und süsser deinetwegen. 3. Wärest du nicht, Sohn Haruns, Emin du Edelsinn'ger : Nie würde diese Welt ihr Trauerkleid ablegen. 4. Mohammed löste der Gefangenen schwere Ketten, Furchtsame schützt er in der Sicherheit Gehegen. 5. Wie wir dich loben auch und preisen immerhin. Unmöglich ist^s dein Lob gebührend darzulegen. 6. Wo immer eine Stimme Lobgesänge singt: Dir schallen sie alleine, o Emin, entgegen! Anmerkung, y. 2. Der vollständige Name des Chalifen ist Mohammed-el- Emin, d. i. Mohammed der zutrauenswerthe; daher spricht ihn der Dichter bald als Mohammed bald als Emin an. 76 VI. Auf Fadl-Ibn-er-Rebl. Der Biohter dankt ihm f&r die dnroh denen weise Ermahnngen an ihm herrors^rafene Bekehrung von leinem früheren ani- gelaiienen Leben. 1. Zu frommem Wandel hast, o Fadl, du mich bewogen: Die Tugend selbst wird durch Gewohnheit ja erzogen. 2. Die Lüste flohen, Tugend kehrte ein bei mir, Die Gottesfurcht zog ein und Weltentsagung hier. 3. Du hieltest mich für Hasan-el-Basri, den Reinen, Selbst für Katade oder der Asceten einen, 4. Vor lauter Demuth und des Leibes Magerkeit. Gelb ward die Wange mir vor bitt'rer Sorg' und Leid, 5. Am Arme hängen Rosenkränze immer mir, Der Koran auf der Brust, statt gold'ner Ketten Zier. 6. Willst du ein wahres, grosses Wunder einmal sehen. Das staunend ist, belehrend und noch nie geschehen: 7. So lass' mich rufen, edler Herr, den Gott beschützt, Und sehe dann, wie mein Bet-Teppich abgenützt 8. Wenn ihn ein Heuchler sah', er kaufte ihn zur Stelle, Dass er, als seinen, ihn der Welt zur Schau ausstelle. 9. Die Stirn' zeigt des Gebetes Spur noch unverrückt, Wie ich anbetend sie im Staube hingedrückt 10. Lang' sträubte ich mich gar starrsinnig und entschieden, Bis deine Hand mir gab den wahren Seelenfrieden. Anmerkniigeii. Fadl-Ibn-Rebl, schon Wesir des Chalifen Mansur, war einer der Hauptfeinde des Wesirgeschlechtes der Bermekiden, 77 die er durch den Chalifen Hanin-er-Rescliid stürzte, kam dann selbst wieder an's Ruder, bemächtigte sich nach Ha- run's Tode der Reichsinsignien, des Profetenmantels, Herr- scherstabes und Ringes, und tiberbrachte sie dem Emin, dessen Wesir er ward. Nach dessen Tode gelang es ihm mit seltenem Glücke nicht nur begnadigt, sondern als Wesir bestätigt zu werden. Ihn lobte Abu-Nuwas in yielen Ge- dichten. V. 3. Hasan-el-Basri, ein durch seine Frömmigkeit berühmter mohammedanischer Heiliger oder Ascete, starb im Jahre d. H. 115, ebenso Katade, starb im Jahre d. H. 117 zu Wasit in Irak. y . 9. Die Mohammedaner pflegen bei ihren Gebeten die Stime verschiedene Male in den Staub zu drücken; Heuchler und Frömmler lassen die Spur des Staubes an der Stime, ohne sie wegzuwischen, damit gleich alle Welt sähe, dass sie ihr Gebet verrichtet haben; darauf spielt der Dichter an. 78 VII. Auf den Chalifen Emin. 1. Wenn dem unerbittlichen Geschick Der Im&m als Opfer musste fallen, 2. Als des Todes sichVen Unglückspfeil Es von seinem Bogen machte prallen: 4. So erstand doch neuer Trost in dem, Der ihm folgte in der Herrschermacht. 5. Traun, Emin ist in der Zeiten herben Nöthen, unser Trost und Schützer allen, 6. Sündigt gegen seinen Schatz beständig. Seinen Reichthum theilt er reichlich aus, 7. Und um dieser Welt Bewohner all' Lftsst er seiner Grossmuth Segen wallen. 8. Möge ihm der höchste Herr der Welt Frische Lebenskraft verleihen, so lang 9. Als die Mutter ihren Säugling herzet Und im Walde Turteln girrend schallen. Anmerkangen. y. 1. Derlm&m, d^i. das geistliche Oberhaupt aller Muslimen, der Chalife Harun-er-I^chid, dem Emin folgte. y. 6. Die yerschwendung Emin's ist bekannt, sie war eine der vielen Ursachen seines schnellen Sturzes. IV. (r^>>£Vt) 81 I. Auf den Stamm Nizar , rühmt sich selbst Kahtanisehen Stammes za sein. 1. Ich bin aus keinem Zelt geboren, dessen Spur Verschwand, dass Winde wehen über seine Flur. 2. Nein, Nä'it' heisset meines Stammes festes Schloss Und San'ä, dessen Hallen Moschusduft durchfloss. 3. Dahhäk entspross von uns, den Dschinnen flehten an; Es bebt vor ihm das Wild in grüner Waldesbahn, 4. Und uns'ren Königsahnen schuldet Arm sowohl Als Reich, die Menschen all, des Dankes vollen Zoll. 5. Als mit Behram die Perser rangen — uns're Ahnen, Sie waren's, die da besiegten ihren Mersubanen; 6. Eroberten sein Ahnenreich für ihn zurück. Ein Land, dess Reiterschaaren zählt kein Blick. 7. Kabus selbst schmachtete in unsem harten Banden, Bis sieben trübe Jahre er so überstanden. 8. Am Schlachttag von Sätld, da schlugen wir das Heer Der Griechen, stürzend hin sie in des Todes Meer; 9. Da floh zu uns Berwan, gar zagend, ohne Muth; Wir molken aus des Krieges Euter rothes Blut. 10. Der Stamm Kabisa schützte ihn mit seinen Pfeilen, Lässt furchtlos Blitze von den scharfen Klingen eilen. 11. Sei stolz, dass du dem Stamme Kahtan bist entsprossen, Dem Stamm, der Hatim Taiji zählt als Stammgenossen. 12. Den Mann gibt's nicht, der uns're Recken überbeut, Wenn Häupter sie vom Rumpfe trennen in dem Streit. 6 82 13. Amru und Kais und auch die beiden Ascliteran Und Zeid-el-Cheil — Leu'n sind sie auf des Kampfes Bahn. Anmerkangen. Nizar, Sohn des Maadd, Sohn des Adnan ist der Stammvater vieler nordarabischer Stämme, welche alle unter Zelten lebend, blosse Nomaden waren, während die südarabischen Stämme, die von Kahtan abstammten und von welchen Abu Nuwas sein Geschlecht herleitet, mächtige Reiche gründeten, und in festen Burgen und Schlössern wohnten. V. 3. NÄ*it' ist nach dem Kamus, ein Berg im Gebiete von Sana&, worauf sich eine V este befindet, die gleichen Namen führt. V. 3. Dahhak, oder wie die Perser ansprechen, Zohak, ward nach dem Tode Dschemschid's von den Persern zum Könige erwählt; er herrschte früher in Jemen, verübte in Persien fürchterliche Grausamkeiten und ward endlich durch Feridun mit Beihülfe des tapferen Schmiedes Kawe, dessen Söhne Zohak getödtet hatte, gestürzt. Kawe's Schurzfell und seine ochsenköpfige Keule blieben nun fortan Persiens Reichsinsignien , und wurden, von den Arabern in der Schlacht vonKadisije erbeutet. Dschemschidwar der vierte Herrscher der ersten und ältesten persischen Dynastie der Pischdadier. (Siehe Schahname Firdusi's.) V. 4. Im arabischen Texte steht der Ausdruck Adw&una, d. i. unsre Du, nämlich unsre Könige, deren Namen alle mit Du, d. i. Besitzer, anfangen als: Du-Nuwas, Du-Ru'ain, Du-1-Menär, Du-Nefer, Du-Jezen, Du-Säs, Du-Dscheden u. 8. w. lauter Namen alter südarabischer Könige. V. 5. Behram, besser unter dem Namen Behramgur bekannt, ist der Sohn des Jezdedscherd, des Sassanidenherrschers, welcher ihn dem König von Hira, Numan, zur Erziehung übergab, der nach dem Tode des Jezdedscherd seinem Schützling mit den Waffen beistand, um ihn auf den Thron seiner Ahnen zu setzen-, da die Könige von Hire südarabi- schen Stammes waren, so rühmt sich der Dichter dieser edlen That seiner Stammgenossen. V. 7. Dieser Vers scheint sich auf folgendes geschichtliches I 83 Ereigniss zu beziehen. Im Jalire A. D. 589 (nach Caussin de Perceval) sandte der König von Hire ein Heer unter Be- fehl seines Sohnes Kabus gegen den Stamm Beni-Jarbu, welche aber das Heer schlugen und Kabus gefangen nahmen. Vergleiche die Verse von Dscherir, die Ibn-Koteibe mit- theilt: Am Tag als Kabus anzog gaben wir ihm nicht was er ge- wünscht, Doch spalteten die Helme wir, bis sie die Flucht ergriffen. T". 8. Am Schlachttag von Satid. Nach einer meiner Hand- schrift beigefügten Randglosse ist Satid ein Fluss in der Nähe der Stadt Erzen in Armenien. Der persische König Perwiz hatte Ijäs Ibn Kabisa gegen die Griechen entsendet, der sie daselbst in die Flucht schlug. V. 9. Berwan ist nach allem Anschein Perwis , der persische König, welcher besiegt von Behram Tschubin im J. 590 n. Ch. mit Unterstützung der Familie Kabisa sich durch die Flucht rettete. (Siehe Caussin de Perceval: Essai sur rhistoire des Arabes t. II. p. 154.) Daraus geht auch her- vor, dass der Stamm Kabisa von Kahtan abstammte, also zu den südarabischen gehörte. V. 11. Hatim Taiji, der freigebigste der Araber, vom süd- arabischen Stamme Tai. V. 13. Amr, welcher hier genannt wird, ist Amr Ibn Madi- Kerib aus dem südarabischen Stamme Zobeid, einer der gefürchtetsten arabischen Helden, sein Schwert Samsame ist eines der berühmten fünf Schwerter, welche der Sage aufolge die Königin von Saba, Balkis, dem Könige Salomo zum Geschenk machte. Amr bekehrte sich zum Islam und machte die ersten Eroberungszüge der Araber nach Irak mit, wo er sich auch in der grossen Schlacht von Kadisije Auszeichnete. Der hier genannte Kais ist Kais Ibn Abd laghus Ibn Mekschuh vom Stamme Murad. — Als im neunten Jahre der Hidschre in Südarabien sich drei angebliche Profeten gegen Mohammed erhoben, nämlich Aswad-el-Ansi, Mo- «eüeme und Tuleiha, schloss sich Kais dem ersten an, ward oberster Befehlshaber aller Truppen, empörte sich aber zu- letzt gegen Aswad. Fast zur selben Zeit starb Mohammed, 84 dem Abu-Bekr als Chalife folgte; auch gegen diesen fuhr Kais fort sich feindlich zu benehmen ; sein Ehrgeiz wollte Abu-Bekr zwingen, ihn zum Statthalter über Jemen (Ara- bia felix) zu ernennen; da er sich aber in dieser Hoffnung getäuscht sah, empörte er sich offen gegen Abu-Bekr's Herrschaft, und machte sich durch einen Handstreich zum Herren von Sanaa, der grössten nnd wichtigsten Stadt Je- men's. Bald aber ward er von Muhadschir, dem Feldherrn des Chalifen aus der Stadt getrieben, gefangen genommen und nach Medine gebracht, wo der Chalife ihn begnadigte und nachdem er den Eid der Treue ihm abgenommen , die Rückkehr zu seinem Stamme gestattete. Unter den Eschteran, d. i. die beiden Eschter, sind Malik Ibn-Haris-el-Eschter vom südlichen Stamme Kacha* und dessen Sohn Ibrahim zu verstehen*, ersterer war ein (renosse des Chalifen Ali und zeichnete sich durch Dichter- sinn und Tapferkeit aus. Zeid-el-Cheil, der Sohn Mohelhirs, der Held des Stam- mes Tai , leitete sein Geschlechtsregister bis auf den Pro- feten Hud zurück , auch er war ein namhafter Dichter. 85 11. Auf den geizigen Said Ibn Seim. 1. Ein Laib Brot's ist werther ihm und theurer als die Seele, Er liebäugelt ihn so sehr den Laib von feinem Mehle. 2. Aber, wenn ein armer Hülfsbediirftiger ihm naht, Dessen Mutter starb und der zum Freund hat keine Seele: 3. Den befiehlt er fortzujagen mit Stockstreichen hart, Bricht die Glieder ihm, zerzaust ihm seinen Bart zur SteHe. 86 III. Auf Chasib , den StettereinxLehmer von Ägypten. 1. Emin, der Gläubiger Beherrscher, tugendreich, Von allen den Chalifen ist dir keiner gleich! 2. Sag^ an, da du so weis, wie konntest du Chasib Doch zum Verwalter machen von Ägyptens Reich? 87 IV. Auf Musa-n-Nacchäs. 1. Wenn du Musa's Sängerinnen nie gehört, Traun dess' sollst du freuen dich, 's ist freuenswerth, 21 Käfer sind sie, die an Lauten sitzen stets. Lange machen sie den Tag, der kurz nur währt. 3. Jeder ihrer Einklang klingt wie Todtensang, Dass es eisigkalt dir Mark und Bein durchfährt, 4. Und wenn du am Fesstag selber ihn besuchst*, Macht er bitter ihn dir und gar widerwärt. Anmerkang. V. 4. Am Fesstag-, im Original steht am Tage Hormuz, wel- ches ein persischer Festtag ist. 88 V. Auf Chajjar, den Schreiber. 1. Hilf mir, o Mohammed, Sohn Zoheir's, Hilfereicher, Der du strenge tadelst alle Dieb' und Graunerwichte: 2. Diebe stehlen wohl gewöhnlich nur zur Zeit der Nacht, Aber er stahl mein Gredicht schamlos am Tageslichte, 3. So gelangte zum Gredichte mein der Dieb Chajjar. — Was verführte ihn zur That? — „Selbstmangel der Ge- dichte.« 89 VI. Auf Ghalib, der einen Freund des Dichters beleidig hatte. 1. Was, wenn ich auf Ghalib nicht Einst verfasst mein Spottgedicht, 3. Hätte Namen ihm verschafft, Hätt* bekannt gemacht den Wicht? 4. Er beklagt sich noch und sagt: „Allzusehr beschimpfst du mich, 5. Während doch mein scharfer Hohn Ihm Ansehen gab und Gewicht. 6. Ghalib du wirst niemals fassen Je in dich des Ruhmes Mal, 7. Ruf verlieh dir mein Spottlied, Dies genügt und mehr such* nicht ! 8. Unbekannt und namenlos Wärst du , doch durch meine Verse 9. Lernte alle Welt dich kennen. Schätzen in dem wahren Licht. 10. Ich bin nicht genöthigt dir Lob' zu streuen und brauch' nicht Sold : 11. Doch ich rathe dir: gen meinen Freund erkühne frech dich nicht. 90 VII. Auf Chasib. 1. Chasib igt ein Gemisch von Trug Und seine Rede ist nur Lug. 2. Selbst seine Kleider schämen sich, Dass solch' ein arger Hund sie trug. V. (ModaUar und Hoennes.) a<5>>^^ 93 I. (Mr.) 1. Der Liebe Flammen hast du angefacht und dann von aller Schuld dich losgemacht, 2. Bis in der Liebe Meer ich untersank Und seine Woge mich bestürmt mit Macht, 3. Kund gabst du meinen Gram, vergiessest mich, Hast nimmer an Gerechtigkeit gedacht. 4. Gewähre du doch meinem Flehen, kennst Du denn nicht Gottes strafende Allmacht? 94 IL Auf Dschinan. (Hs.) 1. du, der von Dschinan mir bringt so gute Kunde, Nochmals verkünde mir die frohe Kund' zur Stunde. 2. Es sprach der Bote: die du liebest sagte mir: „Warum verfolgt er meine Spur auf jeder Runde, 3. „Und richtet wo ich geh' und stehe stets den Blick „Auf mich, so dass ich schäme mich im Herzensgrunde 4. „Und wenn ich stehen bleib' in öder Strass' erwartend, „Dass er mich sprach' erstummt das Wort ihm in dem Munde." 95 111. Auf Dschinan. (Hs.) 1. Dschinan war stets in jenem* karge sehr, Was meine Seele gehrt, dass sie gewähr'. 2. Ich sagte d^rum der Welt gar bald Lebwohl, Und sehnte mich, dass schnell im Grab' ich war'. 3. Ich duckte mich, wenn mich ihr Auge sah. Verbarg' mein Weh, dass es sie nicht beschwer' 4. Und nicht ihr Antlitz angstvoll sich umwölke, Nicht meines Kummers Trauertöne hör'. 96 IV. Auf Dschinan. (Hs.) 1. Dschinan! dein Antlitz ist des Gartens Zier, Aller Duft und Schmuck vereinigt sich in Dir; 2. Seine Pracht ist allen Blicken preisgegeben : Doch verwehrt ist's, Frucht zu pflücken im Revier: 3. Ich geniesse nichts als des Anblickes Wonne, Und auch diese theilt jedweder leicht mit mir. 97 V. (Mr.) 1. O du gen die Verehrer dein dich stets empörend, Selbst liebend, die dich liebend suchen, streng abwehrend, 2. Gen mich gar grausam warst du über alle Maassen, Und grenzlos unerbittlich meinen Gram vermehrend. 3. Ich schrieb dir klagend meine bitt'ren Liebesqualen, Du wirfst zurück den Brief, mit Hohn mich nur be- scheerend. 4. Ich sieche fem von dir, es endet die Geduld mir. So wie der treue Sklave siecht des Herrn entbehrend. 5. O du an Schönheit einzige, du mondesgleiche. Die schlanker als ein Zweig und stets den Blick abkeh- rend — 6. Die Gluth verberge ich im Busen, doch die Zähren Verkünden sie jedwedem , meine Qual erklärend. 98 VI. (Kl.) 1. Wenn auch das Ziel man niemals kann erreichen: Doch die Be^er will nie vom Herzen weichen. 2. Die Welt umkehrte ich in meinem Schmerz, Kein Mittel fand ich je zu ihrem Herz. 3. Die Wünsche aller zielen nur auf sie Doch der Verliebten Flehn erhört sie nie, 4. Verzweifeln sah ich ausser mir noch viel', Es fahrte zur Vernichtung sie ihr Ziel; 5. Hein Leib erlag fast ganz den Liebesharmen Und dennoch kennet sie noch kein Erbarmen, 6. So lang' im Leibe bleibet die Bewegung, So lang* vom Leben da ist eine B«gung. 99 VII. (Mi.) 1. Wenn wir im Traum der Nacht in Liebe uns vereinen: Da kehrt zurück die seFge Zeit, die wir beweinen. H. O Wonne meines Aug's! sag' an, wie kömmt's: im Wachst Sind elend stets wir, während Träum' uns selig machen? 3. O woll' im Wachen doch ausfähren deine That, Die mich im Traum' so wonnevoU entzücket hat. 4. O Liebende, die ihr im Traume euch beglückt, Im Wachen aber zürnend auf einander blickt: 5. Wohl Schäume sind die Träume, täuschen ganz und gar. Doch manchmal sind sie auch — o welche Wonne — wahrl 100 VIII. (Kr.) 1. In den Hain hinaus zog ich, Zu zerstreuen meinen Gram: 2. Doch der Hain freut nimmer michv Schien zu spotten , dass ich kam, 3. Es erfreut' mein Auge sich Keiner Blume in dem Garten, 4. Ausser wenn sie dir nur glich, In der Blttthe Schmuck, dem zarten. 101 IX. Auf ein Christenmädchen. 1. Jenem Schelmenaug', dem lieben, Sag' von mir du diese Worte, H, Jenem Schalkgesichtchen drüben. Das gern zürnte, wenn es könnte, 3. Dessen Schönheit alle Herzen Eilends zwinget es zu lieben : 4. „Einem schwanken Rohre gleichst du, „Das im Winde wankend dasteht, •5. „Auf der sand'gen Halde, wo die „Lüfte hin und her es trieben.^ 6. du Seelenwonne mein, mein Herzenswunsch, du holde, 7. Du bist meines Herzens Pein, Heilung bringt mir nur dein Mund. 6. Beim Gazellenauge dein. Strahlend in der Wimpern Schrein, 9. Üeberfroh bin ich, wenn auf Meinen Gruss du stimmest ein: 10. Nahst du mir, so stehe stille; Dann küss' mich, o Liebchen meinl 102 .V. (Mr.) 1. Versunken ist in Gram mein Sinn, Weil stets sie unerbittlich bleibt. 2. Gar bittVen Schmerz nahm ich schon hin^ Ertrug mehr, als das Wort beschreibt, 3. Sie stösst zurück mich immerhin, Vergisst, was ihr mein Brieflein schreibt. 4. Traun ! sie vergiesst gar schnelle ihn. Der ferne ihrem Auge bleibt. 103 XL Auf Dschinan. (Ms.) 1. Mit Gram erfülltest du mein armes Herze, Und Liebesschmerz durchzuckte meine Sehnen, 2. Den Augen mein hast du gelehrt das Weinen, Von dir erlernte mein GemtLth das Sehnen. 3. Kein Ambraduft umwallet deine Glieder, Den du nicht rosenähnlich tLberduftest. 4. All meine Tugenden und Manneszierden Vergisst du, scheinest Laster sie zu wähnen. 5. Die Zähren strömen und verkünden allen. Was tief in meinem Busen lag verborgen ] 6. Du aber lachst und spottest meiner Klage Und heisser, heisser fliessen meine Thränen. 7. Die Gluthen, die in meinem Herzen lohen, Du hast zum hellen Brande sie entfachet 8. Herr, wann jemals — wann wird die Gazelle Mit ihrem treuen Sklaven sich versöhnen, 9. Wann meinen heissen Bitten sich ergeben, Wann wird sie gerne meine Nähe suchen? 10. Dschinan, mein Augenlicht, wie lange soll denn Mein Körper solchen herben Qualen fröhnen? 104 11. Du willst, daM er von meiner Seele scheide^ Dass er vor Kummer ganz nnd gar vergehe ; 12. Schon weilt mein Herz beständig ja bei dir nnr. Magst du mich auch selbst noch so ferne wähnen. 105 XII. Liebesqual. (Hr.) 1. Mein Körper lebet wohl; Doch todt ist seine Seele. 2. Nachtwachen kennt mein Auge; Doch Schlummer ist ihm scheele, 3. Und mein Gewand umhüllet Nur hohler Knochen Ecken, 4. Die nimmer ruVn und doch Zu schwach sind sich zu recken. 106 XIII. (Mr.) 1. Die Verliebten , die verstehen's wohl Zu verbergen ihre Liebesqualen 2. Doch mein Herzgeheimniss ist sogleich Kund und offenbar den Menschen allen. 3. Scheines doch , dass mein eigenes Auge für sie Stets ausspioniret jedes Schrittchen, 4. Dass für sie von meinem Herzen sei Jede Hüll* und Decke abgefallen. 5. Kaum hab* ich vollendet eine That, Müssen schier der Häuser Wände selber 6. Schnell die frische Nachricht in des Feinds Missgunstvoile Lauscherohren hallen, 7. Windschnell nun geht diese neue Kund' Von dem Mund zum Munde in der Rund', 8. Und von einem Ohr zum anderen, mit Blitzesschnelle ist^s bekannt gleich allen, 9. Und wie sehr ich meine Leidenschaft Zu verbergen mich bestrebe immer, 10. Däucht's doch wahrlich mir, dass aller Welt Blicke voll Neugierde auf mich fallen. 11. List nützt mir nichts gegen solche Noth, Denn ich bin von jeher schon ein Jüngling, 107 12. Dem abhold sich zeigte das Geschick, Das unfehlbar trifft ihn allzumalen. 13. Doch das Liebchen, das so heiss ich lieb*, Schön nnd anmuthsvoU ist's über Maassen. 14. Wahrlich es verdienet keinen Spott, Der dem solch ein Liebchen hat gefallen. 108 XIV. (Ml.) 1. Scliaaren der Verliebten ihr Auf meine Freudenbotschaft hört ! 2. Die treue Liebe ward belohnet, Die Liebste hat mich nun erhört 3. Die Herrin mein sie fügte sich, Nach langem Harren, meinem Flehen. 4. So könnt ihr hoffen alle nun, Dass endlich euch auch wird gewährt 5. Den Arm schlang' ich um eine Perl', unendlich schön und anmuthvoll, 6. und niemand macht sie streitig mir Und hätte mir sie noch verwehrt. 7. und als ich so in vollem Zug Genuss einschliirfte, ward mir wohl; 8. Nun schien die ganze weite Welt Mir femer keinen Pfennig werth. 109 XV- (Ml.) 1. dass die Nacht doch nimmer ende! lasst den Morgen nimmer nahn ! 2. dass die Nacht, wenn sie entfliehet, Verfehle ihre alte Bahn! 3. Warum, o Liebchen, mit der Trennung Schmerz strafest du so herbe mich? 4. Bei Gott, das Band der Treue löste Ich nicht, d*rum nimm mein Flehen an. 5. Ich schnitt nicht durch der Liebe Ketten, Ob ferne du, ob nahe weilst 6. Mein Sehnen ward nicht minder jemals. Wenn du auch nie mich willst empfah'n. 7. Ich hoffte Labungstrost von dir, weh! was musste ich erleben, 8. weh ! was wollte ich erstreben, weh! welch frecher Thorenwahnl 110 XVI. (Mm,) 1. Liebchen, deren Auge skorpionengleich Jedem, den es trifFt, versetzt den Todesstreich, 2. Du, anf deren Wange eine Sonne strahlt Fort und fort an Reiz und Schönheit überreich; 3. Herrin meiner Seele, die so hold mir warst, Bleibe, bleibe nahe mir und nicht entweich*. — . 4. Ach! in Kälte wandelt* sich die Liebe um. Kein Willkommen grüsst mich beim Eintritte gleichl VI. ;@beripdkM@, c-QJ<£>^ 113 I. Inschrift auf dem Hause des Dichters. 1. Wer dieses Haus betritt sei sorgenlos, Nur Küsse muss er dulden und Gekos. — 2. Sie sprach: „Wir kamen dieses Umstands wegen." — Nun denn, so tretet ein mit Glück und Segen! S 114 IL 1. Du zeigtest mir der Rettung 8icli*reii Weg, Als ob ich wüsate nicht der Tugend Steg 2. Und sprachst: „Zu alt bist du für Liebelefn, „Die Jahre könnten dir Entschuldigung sein : 3. „Wie lange willst du treiben Liebesspiele, „Dich wälzen in der Wollust Staubgewühle. 4. „Schnell wechseln Tag und Nacht, vom Schicksalsbogen Stets kommen Pfeil' aufs Leben hergeflogen. ^ 5. „Ich weiss,** sprach ich, „mein Thun und all mein Wissen," „Verwend' ich nur zum Läugpien des Grewissen.** 6. Dass ich nach Reichthum strebe, tadle nicht, Dass ich nach Kräften lebe, tadle nicht; 7. Doch zu solidem Leben hat's noch Zeit, Bis meinen Bart das Alter erst beschneiet 8. War' mir ein Ziel gestecket zu erjagen; So sähest du, wie würdig mein Betragen: 9. Doch lieb' ich heit're Scherze allzusehre, Leichtfert'ges Wort, das höhnet fremde Ehre, 10. Wie soll von der Gaselle ich abstehen. Die mit dem Blick vertheilet Todeswehen, 11. Dem holden Mädchen, das so wunderschön, Dass aller Blicke nur auf sie hinseh'n. 12. Aus ihrer Wange Rosenbeete schicket Sie Pfeile jedem, den sie nur anblicket; 13. Mich würde Paradieseslust beglücken, Dürft' ein einz'ges Küss'chen d'raus ich pflücken. 115 III. :!. Man sprach zu mir: „es nahet schon die Mittagsstunde „Zur Waschung gehen schon die Becken in der Rund.^ t^. Ich sprach: „Kann sein, dass ich auch bet*, wenn's mir gef&Ut." Man sprach: „Wer sein Gebet versäumt, hat arg gefehlt** 3. Ich d'rauf: „für mich ist's ärger, dass mein LieV mich misse, „Mein Mädchen, das von Herzen gern ich herz* und küsse. ^ 4. Da stund' ich auf und ging und fand mein süsses Liebchen nicht, Und schnell erlosch in meiner Brust des Frohsinns Licht; .5. Zu beten braucht nicht, „wer wie ich verrufen schon: Steh' ab vom Tadel, deinem Tadel Sprech' ich Hohn! Anmerkang;. V. 1. Vor dem Gebet pflegen die Muhammedaner ihre Waschungen zu verrichten. 8 * 116 IV. 1. Ab vom einförmigen Alltagswege lenke, Ein zu dem heiteren Lustgehege schwenke, 2w Ein lock'rer GlanV erst macht das Leben süss: D*rum lockere deinen Glauben in der Schenke. 3. Der Feuerpein stell' deine Seel* anheim, Und offen treibe Possen du und Schwanke. vn. TttetoiteM©. a<3^rc)^ 119 I. 1. Zorücke ziehe von den Menschen dich ; Zurückgezogenheit ist wahres Glück. 2. Wie mancher Freund vor Liebe ganz zerfloss, So lang' bankrott ihn Hess sein Missgeschick: 3. Hätt* ich gespendet ihm von meinen Gaben, Würd' er auf Händen mich getragen haben; 4. Doch als er nicht erreichte, was er wollt', Und das Gewünschte ihm nicht ward zu Theil; 5. Zerhieb der Freundschaft Band er mit der Axt, Nicht scharf genug schien ihm zu sein ein Beil. 120 1. Preist den Herren , dass je mehr man ^lenschen Kennen lernt, man um so mehr sie hasst. 2. Sie zu lieben hüthe sich dein Herze, Unglück nennen sie verdiente Last; 3. Weil mit Duldermuth ich trug das Unglück, Schl> aufs Haupt ein jeder mich in Hast 121 1. Sprich zum Chalifen: komm*, auf dass Ich unter allen Menschen einen 2. Dir zeige, der Abu Nuwas Ersetzt, wenn diesen du einkerkerst. — 3. Hast ihn geurtheilt und vergessen, Der dir doch stets im Sinne sass, 4. Und hättest du nach Recht entschieden; So hätte nie gedroht mir das. Anmerkung;. Diese Verse machte der Dichter, als ihn der Chalife Emin. hatte einkerkern lassen. 122 IV. Auf Abbän den Dichter , der latyrisehe Oodiohto auf Um Toxfaift liatte. 1. He Abbftn die Feindschaft Gegen mich beseitige. 2. Mich zu schmähen ist dir Süsse Mühe, freudige; 3. Doch ermahn* ich dich: Nimmer mich beleidige, 4. Sonst gibt's Schmähgedichte. vm. ligfsMiisr, CMSVö^ ^ 125 I. Auf den Tod seines Lehrers und Freundes Walibe. 1. Um Walibe weint fort mein Blick und fort Und sein Verlust warf mich in herben Gram. 2. Es gellt der Klagefrauen Trauerwort Um diesen Theueren in jedem Stamm, 3. Sie zählen seine Tugenden dir auf, Nicht überfltiss'ge Lobeshudelei'n. 4. Die Beni Esed schrei'n vor Gram schier auf. Der Stamm Nizar auch fühlt nicht mindVe Pein: 5. Denn ihren Redner traf des Tod^s Geschoss Und ihren Schirmer in jedweder Noth. 6. Doch klag* nicht um Abu Usame's Loos, Denn unabwendbar jedem ist der Tod. 7. Und jeden trifft sein unheilvoller Pfeil, Der niemals je sein sicheres Ziel verfehlt. 8. Bestimmt isf s , dass der Mensch vergeh' in Eil, Und nichts bestehe fort in dieser Welt. 9. Wie manchen Bruder traf dir das Geschick, Von dem das Bild nie aus dem Sinn dir weicht; 10. Du ahntest wohl kein anderes Unglück Als dass dich selbst der kalte Tod erreicht Anmerkungen. T. 4. Walibe, mit dem Beinamen Abu üsftme, stammte rem 126 Geschlechte der Ben! Esed und war also auch dem gemein- samen Stamme Nizar entsprossen. y. 10. Du glaubtest in deiner Sicherheit, du hättest nichts anderes zu besorgen, als dass der Tod dich selbst treffe, und siehe, da traf er deinen theueren Freund. 127 Auf den Chalifen Emin, des Dicliterf Gönner und Freqnd. 1. Der Liebe Band, das mit Emin micli einte, Schnitt durch zu schnell des Todes grause Hand, 2. Und was das Schicksal einmal durchgeschnitten. Das heilet zu kein anderer Verband. 3. Nichts kann als bittVe Thränen ich ihm weihen, Die reichlich strömen aus den Augen mein*, 4. Gedenke ich der edlen Freundesseele, Für die der Tod kein Mittleid je empfand. 5. Ich hatte nie was anderes besorget Für ihn, als nur des Todes grimmes Nah*n: 6. Nichts bleibet nun mir weiter zu besorgen, Da das besorgte wirklich ein sich fand. 7. Die Häuser derer, welche uns verhasset, Erfüllen mit Bewohnern schnelle sich, 8. Und jene, denen uns're Liebe folget. Bevölkern flugs der Gräber Trauerland. 128 111. Auf den Chalifen Harun-er-Reschid, 1. Zwischen Lust und Trauer schwindet Hin des Lebens Unbestand, 2. Und auf manchem, der^s nicht ahnet, Ruhet schon des Todes Hand, 3. Und noch mancher freuH sich fürder An der Welt und ihrem Tand, 4. Selbst als Harun der Gerechte Längst schon Ruh^ im Grabe fand. IX. l©MÄsi @©dlkMi. (rrrektur des zweiten Theiles selbst zu besorgen in der Lage war. — Gf(5)S9'^