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ZEITSCHRIFT
FÜR
CELTISCHE PHILOLOGIE
HERAUSGEGEBEN
VOM
KUNO METER
XTL BAND
HALLE A. S.
MAX I7ISM£Y£R
LONDON W, C.
WILLIAMS & NOSGATE
U, HENRI TTA STREET COVENT GARDEN
NEW YORK
G. E. STECHEET & CO 151- IM WEsT 25th sTREET
1918
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Inhalt.
Seite
W. Greiner, Owein — Ivain 5
J. Hopfner, Verkleinerungsformen altkeltischer Flufsnamen . . . 185
J. Pokorny, Beiträge zur ältesten Geschichte Irlands 195
K. Meyer, Das Ende von Balle in Scäil 232
R. T hur neysen, Tuirill Bicrenn und seine Kinder 239
— , Tochmarc Cruiun ocus Macha 251
— , Neuir. gäl. niata 254
J. Pokorny, Der Priester-Mörder 255
R. Thur neysen, Zur keltischen Literatur und Grammatik . . . . 271
K.Meyer, Mitteilungen aus irischen Handschriften 290
J. Pokorny, Vennischtes ^ 298
K. Meyer, Eine Auseinandersetzung 307
J. Pokorny, Nachtrag zum Aufsatz : Beiträge zur ältesten Geschichte
Irlands 308
Carl Marstrander, Altir, ^iWae 309
J. Pokorny, Beiträge zur ältesten Geschichte Irlands (3. Erainn,
Ddri(n)ne und die Ivemi und Darini des Ptolomäus) . . . 323
K. Meyer, Mitteilungen aus irischen Handschriften (Fortsetzung) . 358
R. Thurneysen, Zu irischen Texten 398
— , Miszellen (1. Ursprüngliches dm im Altirischen; 2. Ir. alaile;
3. titacht 'kommen'; 4. Der Übergang von v- in /"- im Irischen;
5. Ogom Svaqquci] 6. cürsachad; 7. Kymr. y aus m;^ ; 8. Kymr. heb) 408
K. Meyer, Altir. imb-ad-ci- 414
— , Altir. tinds 414
J. Pokorny, Zur Chronologie der Umfärbung der Vokale im Altirischen 415
K. Meyer, Mittelir.f ic = fuc •/* *^^_ <5*.
J. Pokorny, Die Endungen der 2. Sing. Präsentis im Altirische^^ ^ ^
(^ fiienARyl
IV
K Meyer, mac toimfen 431
— , Miszellen (1. Zar Datierung des Gelben Buchs von Lecan ; 2. Altir. Gennaith; 3. Drei Menschenalter; 4. Cü Chorb and Echu Find Füath nAirt; 6. Kymr. nolff; 7. Altir. swirse ; 8. Delbnae Nödot; 9. Altir. wöi 'mein'; 10. Altir. daüA/enn ; 11. Zu O'Davorens Glossar; 12. Bisher unbelegte altir. Formen; 13. Altir. <o-/awc-) 432
Carl Marstrander, Einige Worte an Knno Meyer 442
Erschienene Schriften:
Revue Celtique XXXVI 3—4 445
A. G. van Hamel, Inleiding &c. . . 449
K. Meyer, An CrTnog 452
K. Meyer, Noch ein Kriegskuriosum 453
Nachträge und Berichtigungen 454
OWEIN — IVAIN.
Neue Beiträge zur Frage nach der Unabhängigkeit der cymriachen Mabinogion von den Romanen Chrestiens.
Eiuleituug und Vorbemerkung.
Die vorliegende Arbeit, die ihre Entstehung einer Anregung meines verehrten Lehrers Adolf Birch- Hirschfeld verdankt, spll einen Beitrag liefern zu der vielumstrittenen sogenannten Mabinogionfrage, zur Klärung des Verhältnisses der Vers- romane Chrestiens zu den entsprechenden wälschen Erzälilungen des Llyfr Goch o Bergest.
Diese Streitfrage ist nun in allerjüngster Zeit gerade wieder in den Vordergrund getreten, nachdem es vorher längere Zeit hindurch geschienen hatte, als sei die Untersuchung darüber, welche Stellung und welchen Wert man den drei Erzählungen von Peredur, Geraint und Owein zugestehen müsse, endgültig und unwiderruflich abgeschlossen. Die in den Einleitungen der trefflichen Ausgaben der Werke Chrestiens, die uns Wendel in Förster geschenkt hat, von ihm und in der im Jahre 1889 veröffentlichten Abhandlung von Othmer auf- ofestellten Behauptungen blieben längere Zeit hindurch fast unwidersprochen. Man schlofs sich im allgemeinen ihnen an, und so wurde die Förstersche Ansicht, die drei cymrischen Erzählungen seien unmittelbar von Chrestien abhängig, lange Zeit die herrschende, und durch sie wurde „der Weg zur richtigen Erkenntnis des Ursprungs der Artusepik ver- barrikadiert" (Zenker).
Der nun gegenwärtig mit erbitterter Schärfe wieder- aufgenommene Streit wurde veranlafst durch eine von Richard Edens vei-falste Rostocker Preisschrift über:
„Erec- Geraint. Der Chretiensche Versroman und das , wälsche Mabinogi." Schon in den vorhergehenden Jahren — Edens veröffentlichte seine Schrift im Jahre 1910 — hatten sich einzelne Stimmen
Zeitschrilt f. celt. Plülolotfie Xil, l. 1
2 WALTER GREINKR.
erhoben, die den Förster -Othmerschen Beweisführungen die zwingende Kraft absprachen. Doch gelang es Förster immer wieder in mehr oder minder sachlichen Entgegnungen sowie anderen Veröffentlichungen seine Ansicht, die er. von geringen Abweichungen abgesehen, im Ganzen unverändert aufrecht erhieltj zur Geltung zu bringen.
Von Edens an kann man nun von einem gewissen „Um- schwung der Lage" reden. An seine Schrift schlössen sich zahlreiche Veröffentlichungen an, die sich teils mit dem engeren Gebiete des Erec. teils aber auch mit der allgemeineren Frage befafsten. Ich erinnere hier nur an die Fehde zwischen Förster und Zenker- Edens im Literarischen Zentralblatt 1912, an Försters Entgegnung in der Behrensschen Zeitschrift (XXXVIIL 149—195), der Zenkers „Antikritik" folgte und endlich an Browns Abhandlung: On the independent character of the Welsh Owein. Windischs umfassende Schrift über das keltische Britannien und Zenkers Entgegnung im Literatur- blatt (1913, Nr. 5) fanden, da die Vollendung der Arbeit schon zu weit gefördert war, nur in den Hauptsachen Berück- sichtigung.
Es kann hier nicht der Zweck dieser Zeilen sein, all die Zahl der einschlägigen Werke und Aufsätze anzuführen. Eine „Geschichte der Mabinogionfrage", wenn man es so nennen will, findet sich kurz bei Förster im ersten Aufsatz aus dem oben erwähnten Streit (Spalte 1120). Libezug auf die früheren und frühesten Forschungen auf unserem Gebiete sei verwiesen auf die Zusammenstellungen bei Rauch und Othmer; einen Überblick über die Ergebnisse namentlich de ■ neueren und neuesten Arbeiten gibt Windisch in dem Ab- schnitt LH seiner Abhandlung, den er ., Gaston Paris, W. Förster und H. Zimmer" überschreibt (Seite 250 f.).
Der eigentlichen Behandlung der Grundfrage nach dem Verhältnis Ivain — Owein seien einige Worte über die so- genannten Mabinogion an sich vorausgeschickt.
Die Handschrift befindet sich im Jesus College zu Oxford und enthält nach den Angaben der Lady Guest, die zum ersten Male eine vollständige englische Übertragung im Jahre
owEiN — ivAiN. ;;
1849 veröifentlichte, 720 Folioseiteii. Die ihren Tnlialt bildenden wälscheu Erzählungen sind ilirem Stoffe nach wesentlich verschieden.
Man hatte sich nun daran gewöhnt, die zunächst nur den sogenannten „four branches" zukommende Bezeichnung mabinogi auch auf die drei Erzählungen von Owein, Peredur und Geraint zu übertragen, sie über sämtliche Geschichten der Sammlung auszudehnen und so den Inhalt des Koten Buches von Hergest als die Mabinogion schlechthin zu be- zeichnen. Dagegen wandte man sich mehrfach, zuletzt Wendelin Förster in dem schon oben erwähnten Aufsatz in der Zeit- sjihrift für rom. Phil. Sicherlich ist dem zuzustimmen, dafs sich hier eine ursprünglich unrichtige Bezeichnung eingebürgert hat. Wenn ich aber trotzdem im Folgenden für die uns besonders naheliegende Erzählung Jarlles y Ffynnawn (die Dame von der Quelle) den Namen ]V[abinogi gebrauche, .so geschieht dies lediglich in der Absiclit, mich mit der Mehr- zahl der einschlägigen Arbeiten in dieser Beziehung in Über- einstimmung zu setzen. Betreffs alles Weiteren kann ich auf Zenkers Anmerkung zu Seite 1 seiner „Antikritik'' verweisen. Das Wort mabinogi selbst ist nun auch Gegenstand mehr- facher Erörterungen gewesen. Die einen — Hughes und Rhys, auch Loth und Zimmer — verdeutschen es mit ^Lernstoft" des Barden" (mabinog = literary apprentice!). während Evans das AV'ort etwa mit dem uns aus der altfranzösischen Literatur- geschichte geläufigen enfances (Enfances Ogier. enfances Roland u. a. m.) aus dem lat. infantia bedeutungsgleich ansetzt. Ich möchte — im Hinblick auf die späteren Ergebnisse der Unter- suchung — in diesem Zusammenhange nicht verfehlen, auf den einen möglicherweise bestehenden Zusammenhang des Wortes mit Frau Mab, der Feenkönigin, hinzuweisen, die uns durch Shelleys Dichtung bekannt und durch Shakespeares berühmte Schilderung in Romeo und Julia vertraut geworden ist. Dort heilst es I, 4:
„Sie ist der Feen Traum -Entbinderin:
Sie kommt, nicht gröfser als der Edelstein
Am Zeigefinger eines Aldermanns,
Und fährt mit einem Spann von Sonnenstäubchen
Den Schlafenden quer auf der Nase hin.
WALTER GREINER.
— — — — ich rede Von Träumen, Kindern eines müfs'gen Hirns, Von nichts als eitler Phantasie erzeugt, Die aus so dünnem Stoff als Luft besteht Und flücht'ger wechselt, als der Wind, der bald Um die erfrorne Brust des Nordens buhlt. Und schnell erzürnt, hinweg von dannen schnaubend. Die Stirn zum taubeträuften Süden kehrt." Die walisische Sammlung, das in der vorliegenden Gestalt und Fassung aus dem 14. Jahrhundert stammende Red Book of Hergest (Llyfr Codi o Hergest), auf dessen Text — in der trefflichen französischen Übersetzung von Loth — die folgende Untersuchung ruht, ist nun keinesfalls die erste Niederschrift der cymrischen Erzählungen. Von Evans wurde 1909 der Text des White Book lierausgegeben, einer Hand- schrift, die, wie uns Windisch in seiner Abhandlung Seite 231 berichtet, bis nahe an die Zeit Chrestiens heranreicht.
Noch nicht allzulange ist es her, dafs man über die Ent- stehung des Red Book auch nur mit einiger Sicherheit ein klares Bild hatte. War man früher geneigt, aus den un- verkennbaren Spuren älterer Fassungen, mit denen wir uns im Verlauf der Untersuchung mehrfach zu beschäftigen haben werden, den Schlufs zu ziehen, dafs die cymrischen Erzählungen in der uns überlieferten Form älter seien als Chrestiens Werke, so gibt heute jeder Keltist zu, dafs die Handschrift des Roten Buches in der Zeit nach Chrestien entstanden ist. Auch Browns Untersuchung ,,0n the independent character of the Welsh Owein" fulst auf dieser Tatsache.
Das Verhältnis des Red Book zum White Book gestaltet sich nun nach Mary Rh. Williams, der auch Windisch zu- stimmt, so, dafs für beide Handschriften eine gemeinsame Quelle aus dem Jahrhundert Chrestiens anzusetzen ist.
Die Niederschrift der den französischen Romanen ent- sprechenden cymrischen Erzählungen zeitlich genau fest- zusetzen, ist bis jetzt noch nicht gelungen. Nach der einen Seite hin ergibt sich ja eine Begrenzung des Spielraumes mit voller Sicherheit: dafs die Erzählungen ihre gegenwärtige Form in der romanischen Zeit — also nach 1066 — erhalten haben.
OWEIN — IVAIN. 5
dafür zeugen die französischen Lehnwörter, deren Unter- suchung Windisch einen besonderen Abschnitt widmet. Die (Frenze nach der anderen Seite hin ist weniger scharf zu ziehen, obwohl der geistvollen und mühereichen Versuche, sie zu finden, — es sei nur erinnert an Evans, der eine Nieder- schrift der Mabinogion aus der ersten Hcälfte des 12. Jahr- hunderts, also aus der Zeit vor Chrestien erschiiefsen wollte — viele gemacht Avurden. Bestehen bleibt jedenfalls als grund- legend, dafs. wie Windisch, dem ich in diesen rein keltischen Fragen hauptsächlich gefolgt bin, feststellt (Seite 233) „die handschriftliche Aufzeichnung der cymrischen Erzählungen nicht mit voller Sicherheit bis in die Zeit vor Chrestien zurück verfolgt werden kann". Folgen wir Evans und Loth (Revue Celtique XXXII, 430), so haben sie ihre gegen- wärtige Gestalt in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erhalten.
So mag es denn auf den ersten Blick am einfachsten er- scheinen, die ganze Mabinogionfrage oder vielmehr die Kette von E]inzelf ragen, die noch mehr oder minder der Klärung harren, damit als gelöst zu betrachten, dafs man die den französischen Versromanen entsprechenden, uns in einer nach- weislich jüngeren Xiederschiift erhaltenen cj'mrischen Er- zählungen als von den ersteren abhängig, als stark gekürzte Wiedergaben der Werke Chrestiens ansieht. Dabei würden natürlich die zahlreichen echt keltischen Bestandteile, deren Vorhandensein niemand eigentlich geleugnet hat, lediglich als „Beiwerk" (Förster) zu gelten haben, oder, wie Othmer sich minder geschmackvoll ausdrückt, den Zweck verfolgen, „den Schmuggel der unechten Ware zu decken".
„So gibt es denn keinen Forscher (!) mehr, der die französische Abstammung dieser drei Erzählungen leugnete", lälst sich Ph. Aug. Becker im Januarheft 1913 des Literatur- blattes vernehmen. Man sieht, die Ansicht von der Ab- hängigkeit der Mabinogion wird heute mit einer Bestimmtheit geäufsert, die es dem L'nbefangenen redlich schwer macht, vorurteilsfrei an die ganze Frage heranzutreten und die keinesfalls so unerschütterlich fest gegründeten Ergebnisse dei' Forschungen auf gegnerischer Seite einer Prüfung zu unterziehen.
6 WALTER GREINER,
Försters gesamte Behauptungen und Beweisführungen gipfeln immer und immer wieder in dem einen Satze:
„Kristian ist eben und bleibt der grofse Meister, dessen Ruhm die Nachwelt nicht schmälern kann." (Einleitung zum Lancelot XCVIIT).
Chrestiens Dichterrulim — das ist der Anfang und das Ende, der eigentliche Hauptgrund der Veröffentlichungen Wendelin Försters. Und über einen jeden, der au des Franzosen Stellung in der Literatur und zu seinen Werken zu rütteln wagt, giefst er die volle Schale seines Grimmes aus.
Es wird im Folgenden gezeigt werden, dafs auch bei der Annahme der Unabhängigkeit der cymrischen P>zählungen Chrestiens Gestalt keinesfalls von ihrem Glänze, von ihrer Bedeutung verliert. Fern liegt es uns, ihn zu verkleinern; bleibt doch auch auf dem Boden unserer Ansicht Grund genug, ihm für Proben hoher dichterischer Gestaltungskraft und reichster Ausdrucksfähigkeit dankbar zu sein,
„Ehrliche Anerkennung dem Franzosen, der uns Kunstwerke hohen, unvergänglichen Wertes schuf — Ehre aber auch dem Kymren, der uns Kunde gab von alten, längst verschollenen Formen der Sage!-'
Und so mögen diese Zeilen zu einer gerechteren Würdigung des Verdienstes beider beitragen.
Erster Abschnitt. Eine Gegenüberstellung der beiden Fassungen.
Texte:
Wendelin Försters Teitau.sgabe des Löwenritters (Romanische Biblio- thek V). i. Aufl.. 1912.
Les Mabinogion tradnits eu francais etc. par .1. Loth. Tome II, p. 1—45- Edition euti^rement revne, corrigee et angmentee. Paris 1913.
Zum ersten Male wird auf den folgenden Seiten der Versuch gemacht, die französische und die cymrische Be- arbeitung des Ivainstoffes ihrem ganzen Vei-lauf nach Zeile für Zeile einander gegenüberzustellen. Es geschieht dies vor allem deshalb, um für die dann folgenden zusammenfassenden
OWEIN — IVAIN. 7
Ausführungen eine sichere Grundlage zu schaffen, dann auch zu dem Zwecke, einmal eine übersichtliche Darstellung des Gemeinsamen und des Trennenden, das beiden Werken eigen ist. zu geben.')
Chrestiens Roman beginnt mit der Schilderung des glän- zenden Hoftages zu Carduel. Für die Handlung selbst von keinerlei Bedeutung, läfst sicli dieses Stück völlig als ein- leitende Episode loslösen. Die Art dieser Eingangszeilen erscheint mir jedoch zu formelhaft,'-) — es war eben eine der durch die Mode und den literarischen Gesclimack des Publikums gebotenen Einführungen, wie wir sie in gleichzeitigen Werken mehrfach finden, — als dal's es sich der Mühe lohnte, den Quellen für das sich so völlig in den gewohnten Bahnen be- wegende Treiben der Ritter und Damen nachzugehen, wie liies Holland in seiner Ivainausgabe und San Marte (eben- dort angeführt) tun. Zudem erscheint es arg seltsam, das Vorhandensein einer derartigen Quelle für Chrestien notwendig vorauszusetzen; er, der ein echtes Kind seiner ritterlich galanten Zeit war, dessen „Sinnesart die der höfischen Zeit- genossen" war, dessen ..sittliche Anschauungen die seiner adligen Hörer" (Gröber) sind, er, der die Höfe von Champagne und Flandern aus eigner Anschauung kannte, war in dieser Hinsicht doch wirklich nicht auf fremde Vorbilder an- gewiesen. "»
Als beliebtes Modethema darf man wohl auch die Klage über den Verfall der „guten alten Zeit" auffassen (v. 17— 28), die uns zu wiederholten Malen in Dichtungen des gleichen Zeitabschnitts begegnet. Mit leiser Verachtung, die Chrestien wieder als echten, meisterhaften Interpreten höfischer An-
•) Zu der im Folgenden — auch in zitierten Stellen — durchgeführten Schreibung des Namens Ivain vergleiche man W. Förster. Der Löwenritter, 4. Aufl., 1912. S. V, Anm. 2.
») Wolfram von Escheubach macht sich sogar schon über diese stereotype Art der Eomaneiuleitung lustig:
Parz. 281. 16: „Artus, der meienbaere mau.
Swaz man von dem ie gesprach. Zeinen ptinxten daz geschach. Odr in des meien bluomenzit." Man vergleiche auch Försters Anmerkung zu V. 6 des Ivain.
8 WALTEli GKEINER.
scliauuiigen. höfischer Minneideen') zeigt, wendet er j»ich von den Minneverächtern, den Minneunkundigen, ab:
(25) ,,cil qui rien n'an santent,
Dient qu'il aimment, mes il mantent
Et eil fable et mansonge an fönt,
Qui s'an vantent et droit n'i ont." „Lafst uns lieber von einer Zeit reden, da es noch proesce und corteisie, da es noch höfische Tugenden gab!" fährt er fort und wendet sich dann über ein kurzes Loblied auf den ..unsterblichen — darin stimme er völlig mit den Bretonen überein — Artus", dem eigentlichen Thema des ersten Teiles zu: der Erzählung des Calogrenant.
Bei den nun folgenden Versen, die bei Chrestien etwa als Überleitung zu der Erzählung der abenteuerlichen Fahrt zu gelten haben, setzt auch der Bericht des Kymren ein. Da der Beginn beider Fassungen bemerkenswerte Abweichungen zeigt, folgen hier ('hrestiens und des Kymren Bericht übersichtlich nebeneinandergestellt, und zwar links Chrestien (die Zitate nach Försters kleiner Ausgabe), und rechts das Mabinogi, das in der französischen Übersetzung von J. Loth angeführt wird.
Chrestien. Mabinogi.
Gegenüber der leuchtenden Farbenpracht in der Schilde- rung des Franzosen fällt hier die patriarchalische Einfach- heit des Königshofes sofort ins Auge: „L'empereur Arthur se trouvait ä Kaer Llion sur Wysc. Or un jour il etait assis dans sa chambre en compagnie. . ." .Vor der Tür des Gemachs. Die nun genannten Ritter in welches sich der König entsprechen den bei ('hrestien zurückzieht, stehen Dodinel, aufgeführten, nur Gauvain
') So heilst's im Perceval: „Amors qui est si haute cliose Et <le si grant doucenr auclose Et precieuse chose et sainte. . .'•
OWEIN
IVAIN.
Sagremors, Ken, Gauvain und Ivain.
Das auffallende Verhalten des Königs nach der Festtafel — der Ton liegt in y. 45 auf a si grant feste, wie Kölbing
wird an diesei- Stelle nicht erwähnt; weiter befindet sich die Königin mit ihren Zofen im Gemach, alle mit Hand- arbeiten beschäftigt. Wohl sind Binsen gestreut, wie es bei festlicher Gelegenheit und auch sonst alt vertrauter Brauch war, aber von Pracht und Luxus, von dem märchenhaften Glänze der andere Schlösser — auch im späteren Verlaufe der Erzählung — umgibt, fehlt jede Spur. Anstelle der reichen Folge köstlicher Speisen, die wir aus den Schilderungen festlicher Mahle bei den alt- französischen Dichtern kennen, die auch in unserem Texte an späterer Stelle zu wiederholten Malen erwähnt werden, sind hier recht einfache, fast rohe Sitten dargestellt: „des tratt-> dies de viande, port^es par le Chevalier Kei et des cru- chons d"hydromel sont pour lui (den Kymren ) ce qu'il y a de plus delicat",sagt Piquet a.a.O S. 122. Diese — fast gesucht, erscheinende — Einfachheit am Königshofe im Gegensatz zu der feenhaften Schilderung an- derer Schlösser im Owein wird in einem späteren Abschnitt zu beleuchten sein.
Das Fehlen des Pförtners, wird (nach Lady Guest als ein Zeichen der gröfsten Gast- lichkeit) besonders erwähnt.
10
WALTER GREINER,
herA'orgehoben hat. [man ver- gleiche hierzu Char. 36 .,apres mangier ne se remut Li rois d'antre ses conpeignons"] — bietet den ängstlich mit Wah- rung des Hof Zeremoniells be- dachten Rittern — ihre Namen sind oben genannt — Gelegen- heit zu ausgiebigen Erörte- i'ungen: (44) „S'i ot de teus. cui mout
greva, Et qui mout grant parole an
firent Por ce, que onques mes nel
virent A si gi-ant feste an chanbre
antrer" Die vor der Tür des könig- lichen Gemachs stehenden Rit- ter lauschen einer — allerdings wenig rühmlichen — Erzäh- lung:
(59) ... „un conte,
Non de s'enor mes de sa honte^', wie Chrestien bezeichnender- weise gleich hinzusetzt, die Calogrenant begonnen hat.
Es folgt sodann der uner- wartete Eintritt der Königin, die vom Gemache aus die Unterhaltung verfolgt hat, weiter ihr plötzlicher, etwas seltsam anmutender Fall (den übrigens Hartmann von Aue wörtlich übernommen hat; bei ihm heilst es v. 104 „und viel enmitten under si.") Calogre- nant benutzt die Gelegenheit,
Der König selbst führt sich herzlich wenig vorteilhaft ein mit den Worten: „Hommes. si vous ne vous moquiez pas de moi, je dormirais volontiers en attendant mon repas." Loth4,7.
„Et l'empereur s'endormif, heifst es weiter; kein Mensch kümmert sich darum; die Rit- ter lassen sich von Kei be- wirten, und nach einigem Hin und Her beginnt Kynon (Calo- grenant) seinen abenteuer- lichen Bericht, dem die Worte vorausgehen:
4, 17 ... „ensuite nous te dirons le meiUeur recit que nous pouvous savoir.'^
•v:
OWETN
IVAIN.
11
der Königin ritterliche Hilfe zu leisten, was ihm aber gar seltsamen Lohn einträgt. Mit vollem Bezug auf die eben be- gonnene und doch wohl fast beendete F^rzählung spottet Ken über des (^efährten gegen- wärtig so grofsen Mut und feine corteisie und wird von der Königin sogleich in die Schranken zurückgewiesen, worauf ein längeres Wort- gefecht zwischen der Königin, Ken und rjalogrenant anhebt. Der letztere wird schliefslich veranlafst, seine Erzählung noch einmal zu beginnen. Er folgt dem Wunsche und läfst der Bitte um Gehör — ganz im Stile der kunstmäfsigen Sänger — einen Exkurs über die Aufmerksamkeit folgen.
Als Probe eines solchen Chrestienschcn Exkurses seien die in Frage kommenden Verse (150—174) in deutscher Über- tragung wiedergegeben.
„Leiht mir nun Ohren und auch das Herz! Denn was ihr hört, ist wertlos, wenn es nicht zugleich auch mit dem Herzen aufgenommen wird. Es gibt zwar Menschen, die das Gehörte nicht eigentlich innerlich in sich aufnehmen, es aber doch loben; diese haben davon doch nichts als den Schall, solange das Herz nicht mit dabei ist. Das Wort gelangt zum Ohr
12
WALTER GKEINER.
wie der Wind, der dahin fliegt; aber es bleibt dort nicht und hält sich nicht auf, sondern eilt schon nach sehr kurzer Zeit weiter, wenn das Herz nämlich nicht gerüstet und geneigt ist, den Sinn auf- zunehmen, indem es das Ctc- sprochene bei seinem Heran- kommen an sich zieht, ein- schliefst und bei sich zurück- behält.
Die Ohren bilden lediglich den Weg, gleichsam den Kanal, auf dem die Stimme zum Herzen gelangt, und das Herz nimmt dann im Leibe die Stimme, die durch die Ohren eingetreten ist, an sich.
Darum muls der, welcher mir jetzt zuhören will, Ohren und Herz mir zur Verfügung stellen, denn ich will nicht etwa von etwas reden, das mir im Traume erschienen ist, noch will ich Märchen oder bewufsteUnwahrheiten weiter- verbreiten, womit euch ja leider so viele andere immer abge- speist haben, — sondern ich werde euch berichten, was ich in Wirklichkeit gesehen und erlebt habe.'* |
Ks folgt nun in beiden Fassungen die abenteuerliche Erzählung des Zugs nach der r-rewitterquelle.
Der wälsche Text beginnt mW dem Versuch einer Cha-* rakteristik des Helden:
OWEIX
IVAIN.
IB
Vor sieben Jahren (die Zeit- angabe läfst sich nach Förster nicht mit v. 2089 vereinen, wo es heifst, dafs Laiidine ihren Gemahl vor noch nicht ganz sieben Jahren geheiratet liat. Man tut am besten, den Wider- sprüchen in zeitlichen und geo- graphischen Angaben, die sich bei Chrestien finden, keinerlei Bedeutung beizumessen) ist Calogrenant allein auf Aben- teuer ausgezogen; ohne ein bestimmtes Ziel zu haben, schlägt er auf gut Glück einen beliebigen Weg ein: (180) „Et trovai un chemin a
destre Parmi une forest espesse."
[Loth II, 5, 9] J'etais fils unique de pere et de mere; j'etais fougueux, d'une grande . presomption; je ne croyais pas qu'il y eüt au monde personne capable de me surpasser en n'importe quelle prouesse. Apres etre venu ä bout de toutes Celles que presentait mon pays, je fis mes preparatifs et me mis en marche vers les extremites du monde et les deserts."
Diese letzte Wendung des Hinausziehens in weiteste Fernen findet sich in unserem Texte noch mehrmals; sie wird in dem der Stilistik des Mabi- nogi gewidmeten Abschnitt näher betrachtet werden.
Auf seinem Ritt geriet (tom- bai) auch er zu der Burg, die ihm gastliches Obdach ge- währt.
u
WALTER GREINER.
Auf mühsamen Pfaden (182) .,Mout i ot voie feienesse, De ronces es d'espines plainne". reitet Calogrenaiit bis zum Abend weiter, bis der Wald — sein Name ist Broceliande, heifst es v. 189 — sich lichtet und er vor sich in der Ebene eine Bui-g sieht.
Er reitet näher heran und grüfst den Schlofslierrn, der ihn sogleich bei der Hand er- greift und zum Bleiben und Übernachten einlädt.
Bemerkenswert sind im wäl- sclien Text die allgemein über- gangenen Worte: ä la iin, je tombai. . . (L II, 5, 16), sie sollen an späterer Stelle zur Untersuchung herangezogen werden. Zunächst gelangt der Ritter in ein paradiesisch schönes Tal:
..... un vallon le plus beau du monde, couvert d'arbres d'egale taille. . . (L II, 5, 16). Ein Fluls (une riviere aux eaux rapides) durcheilt das Tal, ein Pfad zieht sich am Ufer hin. Diesen verfolgt Kynon bis zum Mittag und reitet sodann am anderen Ufer des Flusses, den er durchreitet, weiter: ,,je le suivis jusqu'au milieu du jour et je continuai de l'autre cöte de la riviere jusqu'ä nones." [L. II, 5, 19 f.].
Er gelangt in die Ebene, an deren Ende (extremite [L II, 5, 22]) sich das prächtige funkelnde Schlofs, wohl eine Wasserburg (baigne par les flots 5, 23), erhebt.
Während nun die Erzählung von der Aufnahme im Schlofs bei Chrestien rein nichts des Wunderbaren enthält, ist die entsprechende Stelle des Ma- binogi gekennzeichnet durch all jene wunderbaren Bestand- teile, die uns als reine Märchen- züge und als echt keltische älteste Sagenbestandteile in
OWEIN — IVAIN. 1')
den späteren Abschnitten der Untersuchung wieder begegnen werden. Darum soll auf die hier überaus bezeichnenden Schilderungen auch schon an dieser Stelle etwas genauer eingegangen werden. Beim Nähei'kommen bemerkt K3-non zw^ei Jünglinge mit blondem Lockenhaar,
„deux jeunes gens aux che-
veux blonds frises, (5, 25), die
überaus kostbar und prächtig
gekleidet und ausgerüstet sind:
„portant chacun un diademe
d'or; leur robe etait de paile
jaune; des fermoirs d'or ser-
\ raieut leurs cous-de-pied; ils
I avaient ä la main un arc
d'ivoire; les cordes en etaient
de nerfs de cerf, leurs fleches
! dont les hampes etaient d'os
1 de cetaces avaient des barbes
i de plumes de paon; la tete
I des hampes etait en or; la
\ lame de leurs couteaux etait
\ aussi en or et le manche d'os
de cetace" (6, 11).
Sie sind mit Messerwerfen
\ beschäftigt. Bei ihnen befindet
; sich ein Mann, dessen Aus-
I sehen und Kleidung ebenfalls
i von märchenhaftem Glänze
umstrahlt ist:
„un homme aux cheveux
1 blonds frises, dans toute sa
1 force, la barbe fraichement
I rasee. II 6tait vetu d'une robe
; et d'un manteau de paile jaune;
16
WALTER GREINER.
Mit einem im Schlofsliofe aufgehängten Gong ruft der Gastgeber die Schlofsbewohner herbei, den Gast zu bedienen : (211) „ Anmi la cort au vavassor
(2U) Pandoit une table. Je cuit Qu'il n'i avoit ne fer ne fiist Ne rien, qui de cuivre ne fust".
Etwas merkwürdig nimmt sich in diesem Zusammeniiange in V. 220 das Wort anclos aus: „Cil qui amont ierent anclos Oirent la voiz et le son. , ."
Die Schlofsbewohner, von denen wir nichts Näheres er- fahren, gewähren nun dem ritterlichen Gaste all die Hand- reichungen und Bequemlich- keiten, die aus den höfischen Romanen geläufig sind.
Bei Chrestien tritt besonders ein iiübsches Fräulein hervor: (227) ,,üne pucele bele et jante;
(229) Ele fu longue et gresle et droite. De moi desarmer fu adroite". Als beide dann allein sind, gewährt sie ihm auch alsbald ein trautes Schäferstündchen:
un lisere de til d'or bordait le manteau. II avait aux pieds deux hauts souliers de coi'dwal bigarre, fermes chacun pai- nn bouton d'or" (6, 10).
Der Kitter ist überaus höflich und lädt Kynon sogleich ein, ihm ins Schlofs zu folgen.
„II n'y avait d'autres habi- tants que ceuxquise trouvaient dans la salle," heilst es ö, 20. Das heilst doch nichts anders, als dafs das Schlofs völlig un- bewohnt schien, bis auf die drei Männer vor dem Tor und die nun näher beschriebenen im Saale versammelten Mäd- chen. Diese sind ohne Aus- nahme von berückender Schön- heit und Anmut:
,,la plus laide d'entre elles etait plus belle que la jeune tiUe la plus belle que tu aies Jamals vue dans Tile de Bre- tagne; la moins belle etait plus charmante que Gwenhwy- var, femme d'Arthur, quand ! eile est la plus belle, le jour ! de Noei ou le jour de Päques. I pour la messe" (7, 3i? I Bei der Ankunft des Ritteis I legen sie ihre Arbeit — Seiden- I Stickerei — beiseite und leisten I ihm Willekommendienste. Die ! einen reinigen und putzen die i Waffen,
I „au point qu'on ne pouvait I rien voir de plus blanc" i (7. 12).
OWBIN
IVAIN.
17
(238) .,ele me mena seoir kl plus bei praelet del munde. ( 'los de bas mur a la reoude". ,.Dem Gliickliclieii schlägt keine Stunde" — sie dehnen beide das ungestörte Bei- sammensein, von dem der Ritter ganz entzückt ist (v. 241 — 246) so lange aus, dals der Wirt um die Stunde des Nacht- mahles sich höchst eigenhändig auf die Suche nach seinem Gast und dem schönen Fräu- lein machen mufs und sie zu beider lebhaftem Unwillen — (247) „Mes tant me fist la nuit de guerre Li vavassors, qu'il me vint
querre, Quant de soper f u tans et ore" — auch an dem verschwiegenen Platze findet. Die ganze Epi- sode ist ein kleines Meister- stück Chrestienscher Erzäh- lungskunst, eine köstliche Probe seines sonnigen Humors. Und dieser Umstand mag es entschuldigen, wenn diesen Versen an dieser Stelle ein etwas gröl'serer Raum zu- gesprochen wurde, als ihnen nach ihrer Bedeutung für den Fortgang der Handlung zu- kommt.
Die andern schirren das Pferd ab,
„d'une fagon irreprochable, aussi bien que les meilleurs ecuyers de l'ile de Bretagne" (8, 1).
Zeitschritt f. celt. Philologie XII, 1.
Auf das Wechseln der Klei- der und das Waschen — sil- berne Schüsseln und kostbare Leinentücher werden gereicht 8, 4 — folgt alsbald .das Mahl,
o
18
WALTER GREI3SER,
Calogrenant ist ganz ent- zückt von dem Mahle, wobei allerdings der Umstand, dafs die pucele an der Mahlzeit teil- nimmt, ein gewichtiges Wort mitsprechen mag: (253) „. . . il fu del tot a ma
devise. Des que devant moi fu assise La pucele. . .*'
So kommt auch bald eine angeregte Unterhaltung in Gang, und als sich der Gast am Abend verabschiedet, da er noch vor Tagesanbruch weiterreiten will, muls er ver- sprechen, bei der Heimkehr wieder im Schlofs des gast- lichen Vasallen einzukehren.
„. . .
boisson
an dem die Mädchen teil- nehmen, soweit sie nicht durch das Servieren in Anspruch ge- nommen .sind. Sowohl Geschirr als Speise und Trank sind vor- züglich:
„La table etait d'argent. et les linges de table, de toile fine; quant aux vases qui ser- vaient ä table, pas un qui ne füt d'or, d'argent ou de corne de boeuf sau vage . . ."
il n'y avait pas de ou de mets ä moi connu qui ne füt repreaente lä, avec cette difference que mets et boisson etaieut beau- coup mieux apipretes que par- tout ailleurs" (8, 9 f.).
Das Mahl wird schwei- gend eingenommen:
„Nous arrivämes a la moitie du repas sans que l'homme ou les pucelles m'eussent dit un mot" (8, 18).
Auf diesen Unistand, aus dem sich in einem späteren Abschnitt immerhin auch für das Ganze wichtige Schlüsse ziehen lassen, hat meines Wis- sens bisher noch niemand hin- gewiesen.
Kynon äulsert auch noch während des Mahles sein Be- fremden über die Schweigsam- keit seiner Tischgenossen, wor- auf der Schlofsherr mit einer ganz faden Ausrede erwidert:
„nous aurions cause avec
OVVEIN
IVAIN.
19
toi deja saus la crainte de te troiibler dans ton repas, noius allons le faire maintenant"'. (8, 25).
Kynon erzählt nun von dem Zweck und Ziel seines Aus- zuges. Der Schlofsherr verrät, dafs er wohl etwas in dieser Richtung wisse, es aber seine schweren Bedenken habe, da- von zu sprechen:
„Si je ne croyais qu'il düt t'en arriver trop de mal, je tindiquerais ce que tu cher- ches" (9, 4).
Bemerkenswert ist auch der Satz, der diesen Worten voran- geht:
„II me regarda et sourW'.
Die Vorstellung der Gefahr reizt natürlich Kynon un- gemein, und der Schlofsherr gibt endlich nach und berichtet folgendes :
Die Nacht soll Kynon hier im Schlosse zubringen und am folgenden Morgen ganz früh ausreiten. Nun folgt die Be- schreibung des Weges bis zum Waldschrat, die Chrestien be- kanntlich an dieser Stelle nicht hat. Sie kehrt im Verlaufe der cymrischen Erzählung noch mehrmals in dergleichen Weise — auch das ist ein nicht zu unterschätzender Zug —wieder.
Der Weg selbst ist nun nach der Angabe des Schlofs- herrn folgender:
2*
20
WALTER GREINER,
(180) „Et trovai un chemin a destre!"
„suis le chemin sur lequel tu te ti'ouves tont le long de cette vallee lä-bas jusqu'ä ce que tu arrives au bois que tu as traverse!" (9, 11).
Der Weg führt demnacli zunächst wieder ein Stück zurück, wenn man nicht an- nehmen will, was später, zu erörtern sein wird, dafs sich das Schlofs des gastlichen Ritters in einer rundgestaltigen weiten Lichtung des Waldes befindet.
Gar bald zweigt dann ein Pfad zur Rechten ab, der zu einer grofsen Lichtung führt (une grande^ clairi^re unie 9, 15).
Auf dem Hügel (tertre), der sich inmitten dieser Lichtung erhebt, wird er den Wald- schrat finden. Dieser wird nun beschrieben:
„tu verras un grand homme
noir, aussi grand au moins
que deux hommes de ce monde-
ci; il n'a qu'un pied' et un
seul üeil au milieu du front;
ä la main il porte une massue
de fer. et je te reponds qu'il
n'5' a pas deux hommes au
monde qui n'y trouvassent leur
! faix. Ce n'est pas que ce seit
un homme mechant, mais il
est laid" (9, 17 f.).
Auch über die Stellung des
j Waldmenschen weifs der Gast-
I geber Genaueres:
OWEIN
IVAIN.
?1
„C'est lui qui est le garde de la foret, et tu verras mille animaux sauvages paissant autour de lui'' (9, 21).
Von diesem Waldhüter wird dem Ritter weitere Kunde zu- teil werden. Allerdings darf er sich nicht von dem Un- willen des Eiesen abschrecken lassen:
„II se montrera bourru ä ton egard. . . " (9, 24). wird aber endlich doch das erfahren, wonach sein ritterliches Ver- langen geht.
Am andern Morgen in aller Frühe erfolgt nun — in beiden Fassungen — der Aufbruch.
Chrestien, der Höfische, hebt j den herzlichen Abschied von den gastlichen Freunden noch besonders hervor. Bemerkens- wert für die folgende Unter- suchung ist V. 278:
„L'ostel gueires esloigne n'oi, Quant je trovai an uns essarz Tors sau vages et espaarz".
Es ist die Lichtung, in der sich der Waldschrat (vilain) aufhält. Das erschreckliche Lärmen, das durch den Wald schallt, stammt von Stieren her, die, anscheinend wild und herrenlos, einander bekämpfen, weswegen auch Calogrenant vorzieht, sich in Sicherheit zu bringen :
(285) ... ,,de peor me tres arriere;
Besonders hinzuweisen ist hier auf eine mehrfach wieder- kehrende Wendung:
„mon böte m'avait dit qu'il etait grand; il etait bien plus grand que cela. La massue de fer qui, d'apres lui, aurait Charge deux hommes, je suis bien sür, Kei, que quatre hommes de guerre y eussent trouve leur faix" (10, 7).
22
WALTER fiKEINER,
Qne iiule beste n"est tant fiere Ne plus orgnellense de tor".
Auf einem Baumstumpf sieht er den Waldsclirat sitzen, der, als ein Ausbund von Häfs- lichkeit, für alle späteren Schilderungen typisch g-ewor- den ist. Er wird genauer be- schrieben als in der cymrischen Fassung; über 25 Verse hin- weg erstreckt sich die Auf- zählung seiner „Reize" (v. 288 — 313). Beim Herannahen des Ritters springt er auf und erwartet ihn schweigend, sodafs Calogrenant zunächst glaubt, dem Riesen — denn um einen solchen handelt es sich zweifel- los, wie aus v. 322 hervorgeht, „S'ot bieii dis et set piez de lonc' — sei die Gabe der Rede versagt. Auf die Frage des Ritters stellt er sich als gewöhnlicher Sterblicher
(330) „Je suis uns hon" und als Hüter der Stiere vor.
Als Calogrenant diesen An- gaben starke Zweifel entgegen- setzt, gibt der - Waldmensch alsbald weiteren Aufschlufs. Die Tiere stehen völlig unter seiner (Tewalt, der sie sich ganz beugen:
(344) ,,N'i a cell, qui s'ost movoir. Des qu'eles me voient venir. Car quant j'an puis une tenir, Si la destraing par les deux corz
„Je saluai riionime noir qui ne me repondit que d'une fagon bourrue" heilst es 10. 12.
Auf die Frage („quel pouvoir il avait surces aniniaux" [10,13] des Kynon hin erbietet er sich alsbald, eine Probe seiner Macht zu geben. Seine Anrede dem ., Menschenkind" gegen- über ist „petit homme" (10, 15).
Er schlägt mit der Keule einen der Hiist^he mit ge- waltigem Schlag nieder. Der Schmerzensschrei des Tieres lockt die übrigen herbei. Sie
OWEIN — IVAIN,
23
As poinz, que j'ai et durs et-
forz, Que les autres de peor traii-
blent (350) Et tot anviron nioi s'assan-
blent. Aussi coli por merci crier; Ne nus iie s'i porroit fier Fors moi,s'aiitr'eles s'estoitiiüs. Que maintenaut ne fast ocis. (355) Eiiisi siii de mes bestes
sire".
(855) „Einsi sui de mes bestes sire".
Nun mufs auch Calogienant über seine Person und das Ziel seines Wegs Auskunft geben. Auf die Bitte des Bitters. ilim doch zu einem Abenteuer zu verhelfen,
(364) ,,0r te pri et quier et
demant.
Se tu sez, que tu nie consoille
') Auch von den mehrfachen wörtlichen Übereinstimmungen wird in eiiieiii späteren Abschnitt die Rede sein.
kommen in so grofser Zahl und in so verschiedenen Arten, dals Kynon fürchtet, umge- rannt zu werden:
„des animaux en aussi grand nombre que les etoiles dans l'air au point que j'avais grand' peine ä me tenir debout au milieu d'eux dans la clairiere; ajoutez qu'il y avait des ser- pents, des viperes, toute Sorte d'animaux'" (10, 18 f.).
Auf einen Befehl des Hege- meisters hin gehen sie alle wieder auseinander:
„II jeta les yeux sur eux et leur ordonna d'aller paitre. Ils baisserent la tete et lui temoignerent le meme respect que des hommes soumis a leur seigneur" (10, 22).
Der Schlulssatz lautet fast wörtlich mit Chrestien über- einstimmend: i)
„Vois-tu petit homme, le pouvoir que j'ai sur ces ani- maux" (10. 25).
Kjmons Frage nach der Fort- setzung des Wegs bringt den Riesen in Wut: ,,Il se montra rüde, mais il me demanda neanmoins oü je voulais aller" (10, 28).
24
WALTER GKEINER.
Oll d'avanture ou de nier- voille".
Von einer „avanture" be- hauptet der Waldschrat nichts zu wissen:
(367) „ A ce. . . . faudras tu bien: D'„ avanture" ne sai je rien, N'onques mes n'an oi parier".
Seine Kenntnisse erstrecken sich nur auf „mervoille", er kennt das Geheimnis der Ge- witterquelle von Barenton.
Diese g:anze Stelle ist nun für die gesamte Untersuchung von grofser Bedeutung, da sie uns in der Figur des Wald- schrats eine tj-pische Märchen- gestalt, den „ Wegweiser "bezw. „Warner • wiedererkennen läfst.
Übergangen in dieser Hin- sicht wurde bisher Chrestiens V. 371
„Ci pres jusqu'ä une fon- tainne" und v. 374
„Ci pres troveras or androit Un santiei-, qui la te manra".
Der vilain warnt vor der
Gefährlichkeit des Abenteuers
(372) „N'an revandroies pas
sanz painne,
Se tu li randoies son droit".
Auch der Weg sei leicht zu verfehlen: (377) . . . „tost porroies des-
voiier. Qu'il i a dautres voies mout".
Kynon soll auf dem an- gegebenen Wege weiterziehen
„prends le cheinin au bout de la clairiere et marche dans la direction de cette colline rocheuse lä-haut" (11, 1).
OWEIN
IVAIN.
25
Nun folgt in beiden Fassungen die Beschreibung der Wunderquelle.
Der Gipfel des Hügels ist flach, dort befindet sich ein I freier Platz:
j „tu apercevras une plaine, ; une sorte de grande vallee I arosee" (11, 3).
Inmitten dieser Lichtung befindet sich nun die Gewitter-
Die Quelle scheint zu kochen, trotzdem ihr Wasser eiskalt ist. Über ihr breitet ein präch- tiger Baum seine weitschat- tenden Zweige aus (382) „Onbre li fet li plus biaus arbres, Qu'onques poist feire Xature. An toz tans la fuelle li dure, Qu'il ne la pert por nul iver"...
Wohl an dem Baume (denn „i" in V. 386 auf arbre allein zu beziehen, dürfte wohl am nächsten liegen) ist mit einer bis zur Quelle reichenden Kette ein Becken befestigt, über das wir im selben Abschnitt zwei sich wider- sprechende Angaben finden. V. 386 heilst es
„Et s'i pant uns bacins de fer", dagegen 419
„vi le bacin pandre Del plus fin or qui fust a vandre".
(Förster verweist in seiner Anmerkung zu dieser Stelle im Ivain auf einen Versuch von Oornu. den Widerspruch zu lösen.)
quelle unter einem grofsen Baume:
„l'extremite de ses branches est plus verte que le plus vert des sapins" (11, 5).
(Es sei hier wieder auf die noch mehrmals wiederkehrende superlativische Ausdrucks weise hingewiesen.)
Auf dem Rande der Quelle werde er eine Platte aus Mar- mor (dalle de marbre 11, 8), auf dieser ein an silberner Kette befestigtes Becken,
„de faQon qu'on ne puisse les separer-' (11. 9) finden.
26
WALTER GREINER
Der Stein ist nach des AYald- mensclien Beschreibung über- | aus prächtig:
(390) „Un perron tel, con tu , verras, ; Je ne te sai ä dire quel, Que je n'an vi onques nul tel". ;
Auf der anderen Seite er- ; hebe sich eine Kapelle. (393) . . . „une chapele
Petite, mes ele est mout bele", i deren Zweck zunächst nicht recht ersichtlich ist.
Das Wunder der Quelle \ selbst, um dessen willen sie ' den weitbekannten Namen i trägt, ist nun folgendes: i
Gielst man aus dem Becken Wasser aus der Quelle auf den Stein (perron). so erhebt sich alsbald ein gar furchtbares Unwetter, vor dem alle Tiere des Waldes
(399) „Chevriaus, ne dains. ne cers, ne pors. Nes li oisel'". . . entsetzt fliehen.
Wer das Unwetter, ohne grofsen Schaden zu nehmen, überstehe, könne wahrlich von Glück reden:
(404) .,se tu t'an puez departir Sanz grant enui et sanz pesance. Tu seras de meillor cheance Que Chevaliers, qui i fust onques".
Die letzte Zeile — der Hin- weis auf das Schicksal derer, die vorher das Abenteuer '
Kynon soll nun aus dem Becken Wasser auf den Stein giefsen :
„Prends la bassin et Jettes en plein d'eau sur la dalle (11. 10).
Dann weide alsbald ein furchtbares Unwetter los- brechen. Zunächst ein schreck- licher Donnerschlag, dann ein eisiger RegenguCs:
„c'est ä peine si tu pour- ras la suppoi'ter la vie sauve; ce sera une ondee de grele" (12, 3).
OWEIN — IVATX.
27
wagten, ist zusammen mit 367 f. für die schon oben angedeutete Stellung des Waldmenschen wieder bedeutsam.
Angefügt sei hier noch die Schilderung des Unwetters bei Chrestien:
(401) ... „tuverrassifoudroiier, Vanter et arbres pegoiier, PloYoir, toner et espartir". . .
M. führt nun die Schilde- rung noch ein gutes Stück weiter:
Nach dem Hagelwetter werde sich der Himmel wieder auf- hellen. An dem herrlichen Baume sei aber kein einziges Blatt mehr zu sehen:
„1\ n'y a pas sur l'arbre une feuille (lue l'ondee n'aura enlevee" (12, 5).
Dann werde sich ein Schwärm Vögel auf dem Baume niederlassen und einen herr- lichen Gesang anstimmen. Zu beachten ist wieder die Aus- drucksweise:
„Jamals tu n'as entendu dans ton pays (!) une musique comparable ä leur chant" (12,8).
Gar bald aber werde er in seinem Lauschen gestört werden; —
„au moment oü tu y prend- ras le plus de plaisir. . ." (12, 10).
Denn er werde ein Klagen und Stöhnen
„tu entendras venir vers toi
28
WALTER GREINER.
le long de la vallee gemisse- ments et plaintes" (12, 11) vernehmen. Das rühre von einem kohlschwarzen Ritter her, der alsbald erscheinen werde. So sei sein Aussehen: ,, . . . monte sur un cheval tout noir, vetu de paile tout noir; la lance ornee d'un gonfanon de teile fine tout noir" (12, 13).
Wie aus dem Folgenden im Bericht des Kj'mren klar hervorgellt, hat der schwarze Ritter die Aufgabe, den Gegner im Kampfe des Pferdes zu berauben.
„II t'attaquera le plus vite possible. Si tu fuis devant i lui,il t'atteindra; si tu l'attends, i de cavalier que tu es, il te j laissera pieton" (12, 15). I Bestehe er aber dies Aben- I teuer, dann sei es nutzlos, noch weiter herumzuziehen. Es sei hier nochmals Chr. „Si cette fois tu ne trouves V. 404f. gegenübergestellt: pas souffrance, il est inutile
„. . . se tu t'an puez departir que tu en cherches tant que Sanz grant enui et sanz pe- tu seras en vie" (12, 18).
sance. Tu seras de meillor cheance Que Chevaliers, qui i fust onques,,.
Mit diesem Bescheid bricht nun der abenteuerlustige Rittei" alsbald auf.
Der Weg nach der Quelle ist nun nicht mehr allzuweit. Chrestien bemifst ihn auf etwa
OWRIN — TVAIN.
29
drei Stunden; beim Aufbruch ist es 9 Uhr vormittags: (410) ,j^Espoir si fu tierce
passee Et pot estre pres de midi, Quant l'arbre et la chapele vi*'. Die Schönheit des Baumes wird mit den Worten gepriesen : (413) „Bien sai de l'arbre , (c'est la ftns), i Que ce estoit li plus biaus 1
pins, Qui onques sor terre ereilst. Ne cuit qu'onciues si fort pleüst, Que d'eve i passast une gote, Ein(^ois coloit par dessus tote".
Diese Stelle ist in mehr als , einer Beziehung merkwürdig. Förster gibt im Yvain eine Anmerkung dazu und sagt: „Der Baum war so dicht be- laubt, dafs beim stärksten Regen kein Tropfen (durch die Blätter) durchsickern konnte".
Wie aber stimmt dazu die Angabe, dafs es eine Fichte sei, bei der doch die beschrie- bene Erscheinung unmöglich ist?
Die weiteren Erörterungen — auch über den superlati- vischen Ausdruck — müssen in einen späteren Abschnitt verwiesen werden. Bemerkt sei nur noch, dafs die Un- klarheit dieser Stelle seiner Vorlage schon Hartmann ver- anlafste, austeile der Fichte
Kynon reitet auf den Gipfel des Hügels zu und ist alsbald Ziel: „. . . je suivis le
am
chemin jusqu'au somraet du tertre, d'oü j'apergus ce que m'avait annonce l'homme noir" (12, 21).
30
WALTER GRKINER.
des Franzosen eine breitästige Linde zu setzen, wie sich eine solche auch bei Siegfrieds Quelle (Nib. 913) findet.
Das Becken ist liier, — der Widerspruch,, in dem die Stelle mit y. 886 steht, wurde schon erwähnt.
(420) del plus fin or. qui fust a vandre. Onques ancor an nule foire". Nun wird der Stein näher beschrieben: es ist ein einziger Smaragd, der auf vierEubinen als Stützen getragen wird und durchbohrt (425) „Perciez aussi come une
boz", ist, damit, meint Förster, das daraufgegossene Wasser wieder abfliefsen kann. Settegast ist anderer Meinung. Er will für das unverständliche boz („Schlauch") ein ponce [aus i pumicem, cf. Gröber ALL. IV, i 452] setzen, sodals sich dann j das perciez auf die Porosität des Bimssteines beziehen würde. Die Rubine sind auch von strahlender Schönheit: (427) Plus flanboianz et plus vermauz, Que n'est au matin li solauz. Quant il apert an oriant".
Calogrenant ist nun begierig, das Abenteuer zu bestehen.
Er folgt also der Vorschrift, giefst Wasser auf den Stein — köstlich ist V. 439:
Kynon findet alles genau so, wie es der riesige Hüter be- schrieben hat.
I Nach dem Ausgiefsen des j Wassers erfüllt sich die Prophe- j zeiung des Waldmenschen: zu
OWEIN — IVAIN.
ai
,,]i[es trop an i versai, ce dot — " und ruft so das schreck- liche Unwetter hervor, dessen Wirkung furchtbar ist.
Der Ritter glaubt sein letztes Stündlein nahe (446), so wütet das Unwetter um ihn herum. Blitz folgt auf Blitz, ununter- brochen dröhnt heftigerDonner. Hagelschauer und Regengüsse lösen einander ab, und mancher Baum des ^^'aldes fällt dem Toben der Elemente zum Opfer (440—450).
Dankbaren Herzens begrüfst der Ritter das Aufhören des Gewitters. (451) „Mes Dens tant me ras-
seüra, Que li tans gueires ne dura Et tuit li vant se reposerent: Quant Deu ne plot, vanter n'oserent. Et quant je vi Ter der et pur, De joie fui toz a seür; Que joie, s'onques la conui, Fet tost oblier grant enui".
beachten ist die Steigerung im Ausdruck: „Voilä aussitOt le tonnerre et beaucoup plus fort que ne m'avait dit l'homme noir" (13, 1).
Niemand kann ein solches Unwetter lebend überstehen, heilst es:
.,ni homnie ni animal. surpris dehors par l'ondee, n'en echap- perait la vie sauve" (13, 4).
Nur mit grofser Anstrengung kann sich Kjiion vor Schaden schützen. Es sei hier auf die Übertreibung hingewiesen:
.,Pas un grelon n'etait arrete par la peau ni par la chair, il penetrait jusqu'ä l'os"'. (13. 6).
Auch der herrliche Baum hat Schaden gelitten:
„il n'y avait plus une feu- ille" (13, 12).
Von dieser vielumstrittenen Stelle wird später noch die Rede sein.
32
WALTER OUEINER.
Sobald wieder der Frieden ' in der Natur eingekehrt ist, kommen die gefiederten Sänger : herbei. Die ganze Stelle: (460) ,.Vi sor le pin tant
amassez , Oisiaus (s'est qui croire m'an |
vuelle), I Qu'il n'i paroit branche ne |
fuelle, Que tot ne fust covert d'oisiaus, S'an estoit li arbres plus biaus" ; erscheint mir nicht völlig klar. \ Es ist nicht recht einzusehen, ! auf welche Weise die Vögel das überaus dichte Laub (4 15 f.) und die Äste verdecken sollen. Eher hätte es sich doch um- gekehrt verhalten müssen. Es sei an dieser Stelle nur an- gedeutet, dafs Förster in diesen Zeilen, die er in M. als mils- verstanden nachweisen will, einen Hauptstützpunkt für seine Ansicht von der Ab- hängigkeit der cymrischen Erzählungen von Chrestien sieht.
Nun stimmen die Vögel ihren herrlichen Gesang an, ' den Calogrenant mit einem Oratorium vergleicht; jeder singt seine eigene Stimme, und doch klingt's zusammen in wunderbaren Akkorden: (465) „Et trestuit li oisel chan-
toient Si que mout bien s'antracor-
doient.
Der Gesang der Vögel über- trifft alles je Gehörte:
..je suis sür, Kei, de n'avoir Jamals entendu. ni avant, ni apres, de musique comparable ä celle-lä" (13, 14).
OWEIN
IVAIN.
33
^fes divers clianz ehantoit
chascuns ; Qu'onques ce. que ehantoit li
uns, A l'autre chanter n'i oi".
Der herrliche Genuls, — V. 472 steht für den Gesang der Vögel der Ausdruck ser- vise = Gottesdienst — dem sich der Ritter freudig hingibt (v. 470—478), wird jäh unter- brochen durch das lärmvolle Nahen des Verteidigers der Quelle:
(480) „Bien cuidai que 11 fus-
sent dis:
Tel noise et tel fraint deme-
noit Uns seus Chevaliers, qui venoit". Voller Unwillen reitet der Fremde eilends herbei: (486) . . . „come mautalantis Vint plus tost qu'uns alerions, Fiers par sanblant come lions". Mit weitschallender Stimme fordert er Calogrenant zum Kampfe heraus. Der Gedanken- gang der beiden Streitreden, der später zur Vergleichung mit herangezogen werden kann, sei hier in den wesentlichen Punkten wiedergegeben. Zu- nächst sei bemerkt, dals die Stelle bei Chrestien viel weiter ausgesponnen ist; den 25 Ver- sen (491 — 516) stehen im M. nur 5 Zeilen gegenüber.
Gleich der Anfang zeigt den höfischen Dichter:
Zeitschritt t. oelt. Piiilologrie XII. 1.
„Au moment oü je prenais le plus de plaisir ä les en- tendre, voilä des plaintes ve- nant vers moi. . ." (13, 16).
34
WALTER GREINER,
„Desfier me deiissiez vos" heifst es v. 493. Es wird Aufgabe eines späteren Ab- schnittes sein, nachzuweisen, dafs Chrestien, dessen Kompo- sitionsweise an dieser bisher noch nicht herangezogenen Stelle klar zutage liegt, eine ältere Fassung, die ihm un- verständlich geworden war, nach der ritterlich -höfischen Seite hin umarbeitete.
Schweren Schaden und schwere Kränkung habe ihm der Angrii? des Ritters ge- bracht: (500) „Anviron moi est li
garanz De mon bois, qui est abatuz".
Beachtenswert ist, dals Chrestien noch hervorhebt, dafs der fremde Ritter not- wendig zur Verteidigung er- scheinen muls: (504) . . . „vos m'avez de ma
meison Chacie a foudres et a pluie".
Zu dem oben Gesagten stimmt dann wieder, dafs er die Be- leidigung als ihm persönlich angetan auffafst: (506) „Fet m'avez chose qui m'enuie, Et dahez et, cui ce est bei".
Den Schlufs bildet der Racheschvvur, der schon in den Versen 497—99 enthalten war:
Schmerzvolles Klagen ist die Grundstimmung bei M.:
„Chevalier, que me voulais- tu? Quel mal t'ai-je fait pour que tu me fisses ä moi et ä mes sujets ce que tu m'as fait aujourd'hui? Ne sais-tu pas que l'ondee n'a laisse en vie ni creature humaine, ni bete qu'elle ait surprise dehors?" (14, 3 f.).
OWEIN — IVATN.
35
(515) ..Mes sachiez bien, que ! des or mes i N'avroiz de moi triuwes ne pes".
Ob man den Versen 520
— 525 besondere Bedeutung zusprechen soll, oder ob sie
— es sei erinnert an v. 59
... ,,un conte Non de s'enor mes de sa honte"
— lediglich als Entschuldigung für den für (,'alogrenant doch gar so unrühmlichen Ausgang des Kampfes gedacht sind, soll später entschieden werden.
Calogrenant berichtet, dals der Ritter ihm in jeder Be- ziehung überlegen gewesen sei; erwähnt sei: (520) „Li Chevaliers ot cheval
buen Et lance roide, et fu sanz dote Plus granz de moi la teste tote", sowie
(524) . . . „je f ui plus petiz de lui, Et ses chevaus plus forz del
mien" und endlich: (533) . . . „la soe (lance) remest
antiere, Qu'ele n'estoit mie legiere, Ainz pesoit plus au mien
cuidier, Que nule lance a Chevalier; Qu'ainz nule si grosse ne vi".
M. wiederholt hier zunächst die Beschreibung des Ver- teidigers der Quelle; die Worte sind dieselben wie oben (12, 13 f.). Alsbald beginnt dann der Kampf.
36
WALTER GREINER.
Calogrenaut erleidet eine schmähliche Niederlage; er wird aus dem Sattel gehoben, der Gegner bemächtigt sich seines Rosses. wie es Recht des Siegers ist, und reitet ohne weiteres von dannen. Die Verfolgung des Ritters gibt Calogrenant auf: (551) „Que folie feire dotasse", und beschlielst, zu seinem Gastfreund zurückzukehren. So schimpflich hatte er sich den Rückweg wohl kaum gedacht! (546, 7; 560).
Die Aufnahme im Schlols des vavassor ist wiederum überaus herzlich; er findet bei den Bewohnern Mitleid und Trost bei seinem Milsgeschick in der Kunde vom Schicksal seiner Vorgänger und Leidens- genossen. Kölbing (Ivens Saga) bemerkt zu dieser Stelle, dafs die logische Ungenauigkeit der Verse 752 f. — „denn wer getötet ist, kann eben nicht zurückkommen" — sich so- wohl in der Saga wie in der schwedischen Bearbeitung findet.
Unklar ist hier (U, 12) der ; Sinn des ..rnais": ' „Le choc fut rüde, mais je
fiis bientüt culbute'*. Der Gegner führt Kynons ; Pferd mit sich fort als einzige ' Kampfesbeute: ! „II ne me fit merae pas i l'honneur de me faire pri- I sonnier; il ue me depouilla
pas non plus" (14, 14).
Auf dem Heimwege muls Kynon noch den Spott des "Waldmenschen einstecken:
. . . „c'est merveille que je ne sois pas fondu de honte, en entendant les moqueries de l'homme noir" (14, 19).
Gern wird er im Schlofs wieder beherbergt:
,,0n s'y montra encore plus courtois que la nuit d'avant..." (14, 22).
Des unheilvollen Abenteuers wird mit keinem Wort Er- wähnung getan, und Kynon schweigt natürlich erst recht:
„Personne ne fit la moindre
allusion ä mon expedition ä
la fontaine. Je n'en soufflai
mot non plus ä personne".
' (15, 2).
OWEIN — IVAIN.
37
Im Schlulssatz seiner Er- zählung gibt Calogrenant noch einmal seiner Beschämung Ausdruck:
Beim Aufbruch am anderen Morgen erhält er ein präch- tiges Rofs geschenkt:
„un palefroi brun fonce, ä la criniöre toute rouge, aussi rouge que la pourpre, comple- tement equipe" (15,5), und weiter unten heilst es von dem Pferde:
„je ne le donnerais pas encore pour le meilleur pale- froi de l'ile de Bretagne" (15, 11).
Brown zieht in seiner Ab- handlung (On the independent I character usw.) aus dieser I Stelle den Schlufs, daXs dies als so schön beschriebene ! Pferd wohl auch dem Feen- I reiche (Otlier -World) ent- stamme. Ich halte diese An- nahme für gar zu wenig ge- ; stützt, da doch das dankbare I Gefühl, das Kynon beim Ge- ' denken an diese Geschehnisse I erfüllen mag, wahrlich Grund I genug für ihn sein sollte, das Geschenk des Gastfreundes teuer und in Ehren zu halten. Und dafs es von grofser Schönheit ist, spricht doch zunächst nur für den Edelsinn des Gebers. Ich kann also diesen Schlufs Browns nicht für unbedingt zwingend halten. Auch Kynon weist am Ende noch einmal auf den Charakter seines Abenteuers hin: „Dieu sait que personne n'a
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WALTER GRKINEE.
(577) .jEin^i alai. eiiisii reviug. Au i-evenir por fol me ting; Si vos ai conte come fos Ce qu'onques mes conter iie vos".
jamais avoue pour sun compte une aventure moins heureuse qne celle-lä" (15, 12).
i Im Anschlufs daran spricht er sein Erstaunen aus, dafs noch gar keiner von den Rit- tern jemals etwas von diesem Abenteuer, dessen Ort sich doch innerhalb des König- reichs befinde, gehört habe.
Damit schlielst in beiden Fassungen der Bericht von dem ersten — vergeblichen und unheilvollen — Zuge nach der Gewitterquelle.
Ivain tadelt nun Calogre- nant, dafs er ihm, dem leib- lichen Vetrer, sein Mifsgeschick so lange verheimlicht habe und erbietet sich, für ihn Rache zu nehmen und die Schmach zu tilgen.
Dieser plötzliche Entschlufs gibt dem ränkesüchtigen Keu wieder Gelegenheit zu hä- mischen Ausfällen. [Die Stelle 595,6:
„Apres mangier saus reniuer Va chascuns Noradin tuer" ist von Förster zur Chrono- logie der Werke Chrestiens herangezogen woiden.] Für Ivains impulsive Äufserung hat er nur Hohn und Spott: (6l0i ,.Et se vos anquenuit songiez Mauves songe, si remanez!"
Owein schlägt alsbald vor, nach dem Schauplätze des Abenteuers zu ziehen:
„Hommes, dit Owein, ne serait-il pas bien de chercher ä tomher sur cet endroit-lä?" (15,21) [Siehe oben Seite 14!]
Kei wirft Owein Maulhel- dentum vor:
... „ ce n'est pas la pre- miere fois que ta langue pro- pose ce que ton bras ne ferait pas^' (15, 24).
OWEIN — IVAIN.
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Mit schwerem Tadel weist ihn die Königin zurück: (615) „La vostre langue soit
honie. Qiie tant i a d'escamonie!" und auch Ivain selb.st fertigt j Keu alsbald ab: (646) „Ne vnel pas sanbler le ; gaignon, ; Qui se herice et regringne, , Quant autre mastins le re- | chingne". j
Unterdessen ist auch der König Artus aufgewacht, er tritt zu den Rittern, die ihn ehrfurchtsvoll begrüfsen (v.653 —655).
Die Königin ist erzürnt über Keis Lästerzunge:
. . . „raieux vaudrait te voir pendre, Kei, que tenir des propos aussi outrageants en- vers un homme comme Owein" (15, 26).
Im M. ergreift hier Kei nochmals das Wort:
„Par la main de mon ami, princesse, tu n'en as pas plus dit ä la louange d'Owein que je ne Tai fait moi-meme" (15, 3).
Artus wacht auf und ver- mutet, er habe wohl gar ein wenig geschlafen:
. . . „Arthur s'eveilla et demanda s'il avait dormi quelque temps. „Pas mal de temps, Seigneur", dit Owein" (16, 5).
M.S Charakterbild des Kö- nigs wird noch vervollständigt durch die folgenden ^Yorten Arturs:
„Est-il temps de se mettre ä table?'- — „II est temps^ Seigneur," dit Owein" (16, 8).
Darauf setzt man sich denn zum Mahle.
Von der Königin über das soeben von Calogrenant Er- zählte unterrichtet, beschliefst Artus alsbald, selbst das Aben- teuer zu erforschen: (662) ..Et fist trois seiremauz
antiers L'ame Uterpandragon son pere
^^^* WALTER GttEINEK.
Et la soll fil et la sa mere, Qu'il iroit veoir la fontainne". Und zwar soll der Aufbruch in Kürze erfolgen; in der Nacht vor Johannis (^68) . . . „la voille
Mou seignor saiiit Jehan Batiste", die ja allem, was mit der Wunder- und Geisterwelt zu- sammenhängt, so günstig ist (siehe Beneckes Anmerkg. zu Hartmanns v. 900), soll die Quelle bereits erreicht sein. Dieser Entschlufs des Königs und die .Mitteilung, dafs sich ; jeder an dem Zuge beteiligen könne (671, 2), weckt am Hofe i grölste Freude; — nur bei '■ einem nicht: Ivain, der mit Recht seine Pläne arg bedroht ; sieht. Schliefst er sich dem ; höfischen Zuge an, so wird ' der Kampf an der Quelle kaum ihm zufallen: Keu oder Gauvain würden ihm sicher zuvorkommen.
Darum bleibt nur eins: er mufs noch vor dem König auf- brechen und zur Quelle eilen: (691) ... „il ne les atandra mie, , Qu'il n'a soing de lor con- peignie, Ein^ois ira toz seus son vuel Ou a sa joie ou a son duel". Es folgt nun eine kurze Zusammenfassung des ge- | samten Abenteuers bis zum ^ Kampf (695 — 722).
OWEIN — IVAIN.
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Bemerkenswert ist der Schlufs seiner Gedankenreihe, der wieder den ritterlichen Ideenkreis vertritt: (719) . . . „nus nel savra Jusqu'a tant que il an avra Grant honte oii grant enor
eüe". Dem Entschlüsse folgt als- bald die Tat: der Aufbruch erfolgt noch in derselben Nacht. Ivain entfernt sich ganz heim- lich vom Königshofe, rüstet sich zum Auszuge und reitet von dannen, nachdem er sei- nen Leuten unverbrüchliches Schweigen auferlegt hat (723 —746).
Mühevoll und reich an Ge- fahren ist der Weg: (762) . . . (Ivains) ,,erra chascun
jor tant Par montaingnes et par valees Et par forez longues et lees, Par leus estranges et sauvages, Et passa mainz felons passages Et maint peril et raaint de-
stroit, Tant qu'il vint au santier tot
droit, Piain de ronces et d'oscurte."
„Le repas termine, Owein disparut" (16, 12).
Owein rüstet sich und bricht beim Morgengrauen auf. Be- merkenswert ist an dieser Stelle die schon oben ange- führte Redeweise:
(Owein) . . . „marche devant lui au bout du monde et vers les deserts des montagnes" (16, 15). und die Fortsetzung:
„A la fin, il tombe sur le vallon. . ."
M. geht nochmals auf den Weg genauer ein und ge- braucht dabei nahezu die gleichen Wendungen, die die erste Schilderung (S. 15f.) ent- hält. Beim Näherkoramen an das gastliche Schlofs geschieht alles, wie Kynon beschrieben hat. Neu ist die Angabe (17,2),
42
WALTER GREINER,
Die Nacht verbring-t er im gastlichen Schlols, das ihm an Vorzügen aller Art noch weit über die von Calogrenant ge- gebene Schilderung hinaus- zugehen scheint: (779) . . . „plus de Wen et plus
d'enor Trova assez el vavassor, Qu'aii ne li ot conte ne dit; Et an la pucele revit De San et de biaute gant tanz, Que n'ot conte Calogrenanz; Qu'an ne puet pas dire la some De buene dame et de prodome". Weiter unten heilst es dann sehr emphatisch: (789) . . . „langue ne porroit retreire Tant d'enor, con prodon set feire". |
dals die Mädchen auf goldenen Stühlen sitzen.
Das Schlofs nebst allem, was ihm dort begegnet, findet Owein noch viel schöner als ihm gesagt worden war:
„Owein les (die Mädchen) trouva beaucoup plus heiles et plus gracieuses encore que ne l'avait dit Kynon" und
„La chere parut encore meilleure ä Owein qu'äKvnon" (17, 3 f.).
Alles geschieht nun. wie
beschrieben. Der Waldschrat
erregt des Ritters Erstaunen
üb seiner abschreckenden Häfs- lichkeit:
(796) . . . „plus de qanit foiz se
seigna De la mervoille, que il ot,
I M. wiederholt hier noch. ei- nige Einzelheiten: das Schwei- gen Avährend des (ersten Teiles des) Mahles, Frage und Aus- kunfterteilung, das Lächeln des Gastgebers und endlich das Satteln des Bosses am Morgen durcli die Mädchen.
In der Lichtung des Wald- menschen ist er erstaunt über dessen Gröfse:
,,I1 chemiua jusqu'ä la clai- riere de l'homme noir, qui lui parut encore plus grand qu'ä Kynon" (17, 17).
OWEIN — IVAIN.
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Coniant Nature feire sot Oevre si leide et si vilainne". An der Quelle zaudert Ivain nicht länger, (802) „Sanz arester et sanz
seoir'* ruft er in der bekannten Weise das Unwetter hervor.
Nach dem Unwetter kommen die Vögel und stimmen ihren Gesang an. und noch während des Gesangs kommt der fremde Ritter, und der Kampf ent- brennt. Von einer Herausfor- derung findet sich an dieser Stelle — im Gegensatz zu 491 f. — nichts.
Es sei hier auf einen Vers hingewiesen, der bei allen bis- herigen Ivain-Uutersuchungen unberücksichtigt blieb und doch hier wenigstens angeführt,
Auf seine Frage hin erfährt er die Fortsetzung des Wegs. Er gelangt dann zur Quelle und gielst das Wasser auf den Stein.
Die schon mehrfach an- geführten Wendungen, die beim jedesmaligen Wieder- holen eines Ereignisses eine Steigerung der Wirkung oder des Eindrucks auf einen Be- teiligten ausdrücken, fehlen auch hier nicht:
„aprös le tonnerre, l'ondee, et les deux bien plus forts que ne l'avait dit Kvnon" (17, 24).
und einige Zeilen weiter wört- lich mit der ersten Beschrei- bung übereinstimmend:
„au moment, oü je prenais le plus de plaisir ä leur chant. . ." (17, 29).
Auch der entblätterte Baum ist wieder erwähnt: ..Lorsque Owein leva les yeux vers l'arbre, il n'y avait phis une feuille" (17, 26).
Von den Klagen, die nach Kynons Bericht das Tal er- füllen, hört Owein nichts:
... „il vit un Chevalier venii* le long de la vallee" (18, 1).
Alsbald entbrennt der hef- tige Kampf.
14 WALTER GREINER,
die eigentliche Erörterung wolle man an späterer Stelle finden — werden soll.
Es sei hier nur festgestellt, ; dafs in der entsprechenden I Stelle der mifsgliickten Aben- teuerfahrt des Calogrenant er- wähnt wird, dafs der fremde Ritter in jeder Beziehung dem (jegner überlegen gewesen sei. : Und im besonderen heifst es | in den schon oben angeführten | Vei-sen 532 f.: '
. . . „en pieces vola ma lance; Et la soe remest antiere, Qu'ele n'estoit mie legiere, Ainz pesoit plus au mien cui-
dier, Que nule lance a Chevalier; Qu'ainz nule si grosse ne vi". Dieser Zusatz, von dem sich im M. nichts findet, ist, wie schon oben gesagt, vom Fran- zosen im Hinblick auf den unrühmlichen Ausgang des Kampfes gedacht; an der jetzigen Stelle (818) ist er nach Lage der Verhältnisse zum mindesten unnötig; es heilst hier einfach: (818) „Chascuns ot lance roide
et fort". Der Verlauf des auf beiden Seiten mit gröfster Er- bitterung und höchster Kraftanwendung geführten Kampfes ist in beiden Fassungen bis in die Einzelheiten hinein genau übereinstimmend beschrieben. Der erste Anprall der Gegner ist so furchtbar, dafs die Lanzen zersplittern und der Kampf mit den blofsen Schwertern fortgesetzt werden mufs. Die Kampfesschilderung selbst ist nun bei Chrestien erheblich
OWEIN — TVAIN.
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lebendiger und weiter ausgeführt als beim Kymren. Endlich gelingt es Ivain, dem Gegner mit einem furchtbaren Hieb Helm und Kopf zu spalten und so die Entscheidung herbei- zuführen. Tödlich verwundet, wendet sich der Besiegte als- bald zur Flucht. Ivain folgt ihm auf dem Fulse, kann ihn aber doch nie mit dem Schwerte erreichen. So jagen sie beide in gröfster Eile dahin, bis der todwunde Ritter an der Schwelle seines Schlosses ankommt.
Ivain ist arg verstimmt, dals es ihm nicht gelingt, den Be- siegten — lebend oder tot — gefangen zu nehmen. Der beilsende Spott Keus wird ja sicherlich nicht ausbleiben, wenn er ohne eine Kampfes- beute an den Königshof zu- ; rückkehrt. Auch hat er ja ; sein dem Vetter gegebenes | Versprechen noch nicht er- i füllt, solange der Gegner noch ; lebt oder sich ihm nicht er- geben hat. Sie kommen bald M. hat hier die nicht gar dem Schlols näher. so unwichtige Angabe, die
später zur Behandlung mit herangezogen werden wird:
„Un graud chäteau brillant apparut" (18, 10).
Auf dem Ritte durch die Stralsen erblicken sie keinen
Menschen: '
(903) „N'ome ne fame ne tro-
verent Es rues, par ou il passerent".
Auf diesen eigentümlichen Zug, dafs das Schlols des Ritters in weiterem Umkreise menschenleer dargestellt wird, soll später hingewiesen werden. ;
Das Tor des Palas enthält :
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WALTER GRETNER,
eine verborgene Fallgatter- vorrichtung und ist so eng, dafs nicht zwei Personen zu gleicher Zeit hindurchreiten können. Der verwundete Ritter passiert das Tor ohne Schaden. Ivain aber, der mit der Ört- lichkeit nicht vertraut ist, löst unwillkürlich den Mechanis- mus aus. Die Tür (923) . . . „une porte colant De fer, esmolue et tranchant'', saust hernieder, und nur einem glücklichen Zufall verdankt Ivain seine Rettung. Da er sich gerade in dem kritischen Augenblick weit vorbeugt, um den Gegner am Sattelknopf zu fassen (935, 6), erreicht das Gatter ihn selbst nicht mehr. Sein Pferd aber wird dicht hinter ihm entzweigeschnitten, und Ivain selbst büfst noch die Sporen ein.
Eine zweite Falltür, die den Torraum nach innen ab- schliefst, senkt sich und bietet Ivain Halt. Der todwunde Ritter ist noch durch das Tor entflohen, aber Ivain ist im Torraum eingeschlossen.
M. hat hier nur die Angabe: „On laissa penetrer le Che- valier noir, mais on fit re- tomber sur Owein la herse" (18, 12).
Das Fallgatter saust herab, ohne Owein selbst Schaden zu tun, es streift grade noch den Sattel:
. . . „atteignit l'extrömite de la seile" (18, 13), trifft die Sporen und durch- schlägt das Eofs.
M. setzt noch hinzu: „Les molettes des eperons" — diese Stelle, bei der M. für die Sporen beim Franzosen die Sporenrädchen setzt, also die Spannung des Lesers steigert, dürfte zur Charakteristik des cymrischen Erzählers beitra- gen — „et un morceau du cheval resterent dehors, et Owein, avec l'autre tronqon, entre les deux portes" (18, 16).
So ist Owein ein Gefan- gener:
„La porte Interieure fut ferm^e, de sorte qu'Owein ne pouvait s'echapper'' (19, 1).
OWEIN
IVAIN.
47
Es fol^t nun eine Beschrei- bung des Torraumes, dessen Wände kostbar bemalt sind, und der überhaupt, wie aus späteren Stellen hervorgeht, sehr komfortabel eingerichtet ist. Förster (yvain) gibt zu dieser Stelle eine längere An- merkung, vermag aber doch die offensichtliche Unklarheit nicht zu beseitigen. Es sei hier nicht näher darauf ein- gegangen, da die ganze Vers- folge später genau zu be- handeln sein wird.
Ivain ist schwer bekümmert: ist es ihm doch nicht gelungen, seinen Sieg vollständig zu machen :
(9(53) ... „de rien si grant duel n'avoit, Con de ce, que il ne savoit, Quel part eil an estoit alez".
Ein schönes Fräulein (973) . . . „une dameisele Sole, mout avenanz et bele" kommt aus einem neben dem Torraum gelegenen Zimmer. Auch die Verse 976,7, in denen, wie Förster sagt, die Handschriften zwischen s'es- raaia und l'esmaia schwanken, (976) „Quant mon seignor Owein trova, Si l'esmaia ') mout de premiers".
„II etait dans le plus grand embarras". . . (19, 3).
Durch das Tor hindurch kann er auf eine Strafse sehen ; Häuser stehen auf bei- den Seiten, und ein liebliches Mädchen kommt auf ihn zu. Der typischen Bestandteile der Beschreibung halber — man vergleiche sie mit der der Jünglinge im gastlichen Schlofs! — sei diese hier an- geführt:
. . . „une jeune Alle aux cheveux blonds frises, la tete
») Im Gegensatz zu Förster, der sich in der 1. Auflage (1910) für s'esmaia entscheidet, stimme ich doch — aus dem im Folgenden dargelegten Grunde — für l'esmaia, übrigens die Fassung, die die Mehrzahl der Hand- schriften bietet.
48
WALTER GREINER.
scheinen nicht ganz klar zu sein, Sie, die ihm Hilfe bringt, braucht ja, wie Förster richtig sagt, nicht gerade zu er- schrecken; immerhin bleibt aber noch die Möglichkeit bestehen, dals Chrestien es dem Zufall überläfst, das Fräulein gerade in diesem Augenblicke herzuführen, oder dals sie vor dem grausigen Anblick des zerschmetterten Pferdes schaudert. Entscheidet man sich aber für die andere Lesart und bedenkt, dals Ivain noch öfters von seiner Bangigkeit an dieser Stelle spricht, dann liegt in dieser Stelle ein immerhin nicht zu unterschätzendes Beweis- mittel für die späteren Aus- fühiunsren.
ornee d'un bandeau d'or, vetue de paile jaune, les pieds chausses de deux brodequins de cordwal tachete*' (19, ß).
Sie teilt ihm mit, dafs ihm hier gi'ofse Gefahr drohe; der Schlofsherr sei seinen schweren Verletzungen erlegen und der furchtbare Grimm der Schlofs- bewohner richte sich gegen den Mörder.
Sie spricht ihm Trost zu und bietet ihm ihre Hilfe an als Ausdruck des Dankes für früher geleistete Ritterdienste,
Aber: „sie konnten zusam- men nicht kommen", — da weder ihr noch ihm der Mechanismus des Tores ver- traut war. So sprechen sie durch die Toröffnung hindurch. Owein erfährt von der ihm bevorstehenden Gefahr; sein Leben steht auf dem Spiel, denn die Rächer des Erschla- genen werden kurzen Prozefs machen.
Etwas merkwürdig nehmen sich die schon von Brown hervorgehobenen, ganz in den schon öfters erwähnten ty- pischen Ausdrücken gehal-
OWEIX — IVAIN.
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deren sie sich noch gern er- innert. Bei der Erzählung ihrer ersten Begegnung mit Ivain mögen die folgenden Verse für Chrestiens Charak- terisierungskunst sprechen: (1004) „Une foiz a la cort le roi M'anvoia ma dame an message. Espoir si ne fui pas si sage, Si cortoise ne de tel estre, Come pucele deüst estre; Mes onques Chevalier n'i ot, Qu'a moi deignast parier un mot, Fors vos tot seul, qui estes ci; Mes vos, la vostre grant merci, M'i enorastes et servistes".
Sie gibt ihm einen unsichtbar machenden Zauberring: (1024) ... „s'il vos plest, sei me randroiz, Quant je vos avrai delivre".
Die Wirkungsweise des Rin- ges ist nun die folgende: (1027) „Si li dist qu'il avoit tel f orce, Come a dessor le fust l'escorce, Qui le cuevre, qu'an n'an voit
point; Mes 11 covient que l'an l'an-
point, Si qu'el poing soit la pierre anclose, Puls n'a garde de nule chose Cil, qui l'anel an son doi a; Que ja veoir ne le porra Nus hon, tant et les iauz overz".
Das hilfsbereite Fräulein sorgt auch für Speise und Trank und — was die Stelle
Zeitschrift f. celt. Philologrie XII, 1.
tenen Reden des Mädchens aus:
..C'est vraiment grande pi- tie,. qu'on ne puisse te delivrer. Ce serait le devoir d'une femme de te rendre Service. Je n'ai jamais vu assurement jeune homme meilleur que tai pour une femme. Si tu avais une amie, tu serais bien le meilleur des amis pour eile; si tu avais une maitresse, il n'y aurait pas meilleur amant que toi" (19, 12 f.).
Darum will sie ihm auch helfen und zwar mit dem Tarnring:
„Tiens cet anneau et mets- le ä ton doigt, Tourne le chaton ä l'interieur de ta main dessus. Tant que tu le cacheras, il te cachera toi-meme" (19,20).
50
WALTER GREINER,
bei Chrestien ganz verworren macht, — für Schlafgelegen- heit:
(1040) „Sei mena seoir an unlit Covert d'une coute si riche, Qu'ains n'ot tel li dus d'Oste- riche". Schon wird das Näherkom- men der Schlofsmannschaft hörbar. Die Mannen fahnden nach dem Mörder ihres Herrn. Das Mädchen zieht sich zurück und läfst ihren Schützling allein, nachdem sie ihm noch Verhaltungsmalsregeln gege- ben hat:
(1066) „Se de cest lit ne vos movez", werde alles Suchen der Krieger vergeblich sein. Etwas merk- würdig vom Standpunkte des höfischen Dichters aus sind die Verse 1072 f. j
„Si vos comanceront a querre ' Et dessoz bans et dessoz liz. Ce seroit solaz et deliz A home, qui peor n'avroit, Que jant si avugl6 verroit; Qu'il seront tuit si avugle, Si desconflt, si desjuglö, Que il esrageront tuit d'ire". Man sollte doch meinen, dem Ivain sei gerade nicht lächer- lich zumute. Oder sollte hier ! ein Rest einer früheren Form der Erzählung vorliegen, in der Lunete durch ihre beson- dere Stellung zu solchen — uns in diesem Zusammenhange
Das Mädchen geht und gibt vorher dem Ritter die Wei- sung:
. . . „je serai sur le montoir de pierre lä-bas ä t'attendre. Tu me verras sans que je te voie. Accours et mets ta main sur mon epaule; je saurai ainsi que tu es lä. Suis-moi alors oü j'irai" (20, 4).
OWEIN — IVAIN.
51
etwas frivol anmutenden — Worten ein Recht hätte? Davon später!
Kaum ist das Fräulein ge- gangen, da kommt auch schon die Schar der Bewaffneten hereingestürzt, um den Mörder ihres Herrn zu suchen. Sie finden aber nur die Sporen und die vor dem Tore liegende Hälfte des Pferdes: (1093) „Et virent del cheval tranchie Devant la porte la meitie".
Als sie aber im Torraum selbst nur den Rest des Pferdes finden, packt sie Verzweiflung und sinnlose Wut. Auf die Verse Hilf.:
„Et disoient: Ce que puet estre? Que ceanz n'a huis ne fenestre,
(Widerspruch!) Par ou riens nule s'an alast, Se ce n'iere oisiaus, qui volast, Ou escuriaus ou cisemus, Ou beste aussi petite ou plus; Que les fenestres sont ferrees Et les portes furent fermees", usw. soll später eingegangen werden. Ratlos stehen sie beieinander; ein neues Suchen beginnt, und ihr Grimm stei- gert sich ins Ungemeine.
Die Schlolsbewohner müssen bald ihr Suchen als vergeblich aufgeben:
„Les hommes de la cour vinrent en effet chercherOwein ponr le mettre ä mort, mais ils ne trouverent que la moitie du cheval, ce qui les mit en grande fureur" (20, 10).
Hier verändert M. zunächst den Schauplatz der Handlung:
„Ovvein s'öchappa du milieu d'eux, alla ä la pucelle et lui mit la main sur l'ßpaule" (20, 13).
52
WALTEB GREINER.
Das Mädchen führt ihn als- bald zu einem grolsen und schönen Zimmer, das, seiner Beschreibung nach, dem bei Chrestien an der widerspruchs- vollen Stelle V. 963 f. entspricht: „Owein promena ses regards sur tout l'appartement: il n'y avait pas un clou qui ne füt peint de riche couleur, pas un panneau qui ne füt decore de diverses figures dorees"
(20, 17 f.). Auf die wörtliche Überein- stimmung an dieser Stelle sei später hingewiesen.
Die nun folgenden näheren Angaben verdienen wieder vom stilistischen Standpunkte aus Beachtung: Alles, was mit Owein in Berührung kommt, ist überaus kostbar:
„La pucelle alluma un feu de charbon, prit un bassin d'argent avec de l'eau, et une Serviette de flne toile blanche sur l'epaule, . . .
. . . eile plaga devant lui une table d'argent dorö, cou- verte d'une nappe de fine toile jaune et lui apporta k souper" (21, 4 f.).
Nun kommen die aus frü- heren Anführungen geläufigen superlativischen Schilderun- gen:
„II n'y avait pas de mets connu d'Owein dont il ne vit lä abondance, avec cette diffe-
OWEIN — IVAIN. 53
rence que les mets qu'il voyait etaient beaucoup mieux pre- pares qu'ailleurs.
Nulle part il n'avait vii
offrir autant de mets ou de
boissons excellentes que lä.
Pas un väse de service qui
ne füt d'or ou d'argent" (2 1,9 f.).
Da schmaust und trinkt denn
i Owein bis in den Nachmittag
! hinein:
; „Owein mangea et but ' jusqu'ä une heure avancee du temps de nones" (21, 15). Zu dieser Zeit erhebt sich ' ein grofser Lärm im Schlosse, und Owein erfährt auf seine I Frage, dafs man dem Edel- I mann die letzte Ölung gebe. Owein legt sich zur Ruhe. I Bei der nun folgenden Be- schreibung des Lagers finden sich wieder die gewohnten Ausdrücke: I „II eüt ete digne d'Arthur, i tellement il etait bon, le lit 1 que lui fit la pucelle, de tissus d'ecarlate, de paile, de cendal j et de toile fine" (21, 21).
Der folgende Abschnitt, ein Meisterstück Chrestienscher Stil- und Gedankenkunst, behandelt nun den so vielumstrittenen Höhepunkt des ersten Teiles: Wie Ivain die Liebe der ver- witweten Schlofsherrin gewinnt. Die vergleichende Gegen- überstellung beider Fassungen schliefst sich hier in der Reihen- folge der Geschehnisse, die bei beiden Verfassern starke Abweichungen zeigt, an des Franzosen Gedicht an und setzt die entsprechenden Abschnitte des Kymren zunächst ohne Rücksicht auf ihre Reihenfolge, der ein späteres Wort vor- behalten bleiben mag, daneben.
54
WALTER GREINER.
Der Schauplatz der Hand- lung bei Chrestien ist — im CTegensatz zu M. — immer noch der Saalbau, in dem Ivain gefangen wurde. Noch während die Mannen mit verzweifeltem Suchen beschäftigt sind, kommt die Schlofsherrin: (1146) ... „une des plus beles
dam es, Qu'onques veist riens teriiene. De si tres bele crestiiene Ne fu onques plez ne parole". Furchtbar sind die Aus- brüche ihres Schmerzes: (1150) . . . „de duel feire estoit
si fole, Qu'a po qu'ele ne s'ocioit. A lä foiiee s'escrioit Si haut, qu'ele ne pooit plus, Et recheoit pasmee jus. Et quant ele estoit relevee, Aussi come fame desvee Se comangoit a descirer Et ses chevos a detirer*'.
Durch den Torraum hindurch wird nun auch die Leiche des Schlofsherrn getragen. Dem Zuge voran geht die Geist- lichkeit:
Die Beschreibung der Schlofs- lierrin (23, 3 f.):
. . . „une femme aux cheveux blonds, flottant sur les deux epaules, souilles ä leur extre- mite de sang provenant de meurtrissures. vetue d'habits de paile jaune en lambeaux, les pieds chausses de brode- quins de cordwal bigarre [fast wörtliche — etwas erweiterte — Wiederholung der Beschrei- bung der Lunete S. 47]. I Sie ist zudem von grofser Schönheit:
;.I1 etait impossible de voir
! une aussi belle femme, Owein
' en etait bien persuade, si eile
avait eu son aspect habituel"
(23, 10). Auch ihre Schmerzens-
i rufe sind unaufhörlich:
i „C'etait merveille que le
i bout de ses doigts ne fiit
' ecorche, tant eile frappait avec
violence ses deux mains Tune
contre Tautre" (23, 8) und:
„Ses cris dominaient ceux des
gens et le son des trompettes
de la troupe" (23, 12).
E.s sei hier erinnert an 21, 17: ,,X ce moment, ils entendirent de grands cris dans le chäteau'*.
OWEIN — IVAIN.
(1160) „L'eve beneoite et la
croiz Et li cierge aloient devaut Avuec les dames d'un covant, Et li texte et li an^ansier Et li clerCj qui sont despansier De feire la haute despanse, A quoi la cheitive ame panse'*. Der Schmerz der Dame stei- gert sich ins üngemessene beim Anblick der Bahre.
Da das Sachen nach dem Mörder vergeblich war, schrei- tet man jetzt zur Bahrprobe: (1178) ... „anmi la sale amassa Autor la biere uns granz toauz; Que li sanz chauz, clers et
vermauz Rissi au mort parmi la plaie, Et ce fu provance veraie, Qu'ancore estoit leanz sanz
faille Cil, qui feite avoit la bataille, Et qui Tavoit mort et conquis".
Das Mädchen gibt ihm, wie schon oben erwähnt, die Aus- kunft:
„On donne l'extreme onction au maitre du chäteau" (21, 19).
In der Nacht, während der ihm das Mädchen Gesellschaft leistet (siehe oben 21, 19), beginnt ein zweiter Lärm. Zu beachten ist die Steigerung im Beiwort:
„Vers minuit, ils entendirent des cris pergants^' (21, 24).
„Der Schlofsherr ist ge- storben," sagt das Mädchen.
Uud nach Tagesanbruch wiederholt sich das Schreien zum dritten Male:
„Un peu aprös le jour retentirent des cris et des lamentations d'une violence in- exprimable" (Abermalige Stei- gerung des Ausdrucks!) 22,3.
Es ist die Stunde der Bei- setzung des Ritters, deren Be- schreibung unmittelbar folgt.
56 WALTER GREINER,
Ks beginnt nunmehr ein nochmaliges Suchen. Wie die Wilden schlagen sie mit Stöcken um sich, und Ivain. der ja noch auf dem Bett liegt, bekommt ein gut Teil von den Schlägen ab: (1192) „Si fu mout feruz et ; botez I Mes sire Yvains la, ou il jut, I N'onques por ce ne se remut'* — während er doch das erste j Mal leer ausgegangen war: | (1134) . . . „parmi les paroiz | feroient ! Et parmi liz et parmi bans; | Mes des cos fu quites et frans Li liz, ou il s'estoit couchiez, Qu'il n'i fu feruz ne tochiez".
Die Mannen stehen ratlos: da muls der Teufel seine Hand \ im Spiele haben! (1202) „Ce est mervoille et deablie!" \
Nun bricht die Dame in ein : Jammern tiefsten Schmerzes \ aus; ihr wilder Grimm richtet i sich in einer Verfluchung gegen | den feigen Mörder. Sie flucht ■ dem Himmel; alles das könne 1 doch nicht mit rechten Dingen zugehen :
(1218) „Bien puis dire, quant ■ je nel voi, i Que antre nos s'est ceanz mis i Ou fantosmes ou anemis. j
S'an sui anfantosmee tote".
Oder sollte er gar feige sein? ' Dem Gatten gegenüber zeigte \
OWEIN — IVAIN.
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er doch auch Mut! Hätte dieser, der unvergleichliche Held, gegen einen sichtbaren Gegner gekämpft, dann wäre wohl der Ausgang anders ge- wesen !
Nun schreitet man zum Begräbnis des Ritters, das in aller Form (bei Chrestien nur angedeutet) vollzogen wird.
Das Fräulein nimmt an alledem nicht teil; sie kommt wieder zu Ivain, — den sie ja nach Übergabe des Zauber- rings hatte verlassen müssen — und erfüllt nach einem kurzen Gespräch, in dem Ivain seine Angst offen bekennt (1262—1270), seinen Wunsch, doch ein wenig dem Leichen- zug zuschauen zu dürfen:
„Ob ihm wirklich an dem Anblick der Prozession so viel gelegen war", meint Chrestien, „oder ob er: (1280) . . . „por la dame de la
vile, Que il voloit veoir, le dist?"
Sie führt ihn zu einem Fensterchen, von dem aus er alles beobachten kann.
[Es sei hier noch einmal die Szenerie vergegenwärtigt: Die Nacht ist herum, und am frühen Morgen erschallt das dritte Jammergeschrei.]
„Owein se leva, s'habilla, ouvrit la fenßtre et regarda du cote du chäteau" (22, 8).
Dafs diese Stellung des Helden beim Leichenbegängnis eine weit glücklichere ist als bei Chrestien, wo Ivain, der noch im Torraum auf dem Bett liegt, die Prozession ver- folgt, soll an späterer Stelle Erörterung finden.
WALTER GREINER,
Das Begräbnis selber wird ; mit gewaltigem Pomp voll- I zogen; die Menge der Teil- i nelimer ist gar nicht zu über- sehen (22, 10 f.):
.,11 ne Vit ni commencement ni fin aiix troupes qui rem- plissaient les nies, toutes completement armees; il y avait aussi beaucoup de fem- mes" — Browns Versuch, hier- aus in einer älteren Form eine Feenschar zu konstruieren, dürfte doch wohl zu kühn sein — „ä pied et ä cheval, et tous les gens d'eglise de la cite etaient lä chantant. II semblait ä Owein que le ciel resonnait sous la violence des cris, du son des trompettes et des chants des hommes d'eglise".
Nun folgt die Beschreibung der Bahre selbst, die, wie ganz besonders der letzte Satz zeigt, in den bekannten Stil- formen sich hält:
„Au milieu de la foule etait la biere, recouverte d'un drap de toile blanche, portee par des hommes dont le moindre etait un baron puissant.
Owein n'avait jamais vu assurement une suite aussi brillante que celle-lä avec ses habits de paile. de soie et de cendal".
Ivain hört vom Fenster aus die Totenklage der schönen
OWEIN — IVAIN.
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Witwe. Die Worte, die sie jetzt zum Ausbruch ihres Schmerzes findet, sind auf : einen erheblicli milderen Ton ! gestimmt (v. 1288—1299).
Gleich darauf aber gebärdet , sie sich wiederum — dieser i Stimmungsumschlag erscheint i mir nicht besonders glücklich | gewählt — wie wahnsinnig, j zerreifst die Kleider und mifs- j handelt ihren Körper, so dafs | Ivain sich nur mit Mühe zu- | rückhalten kann: !
(1302) ,.A mout grant painne 1
se detient Mes sire Ivain s, a quoi que tort, Que les mains tenir ne li cort". Aber das Fräulein rät ihm warnend, ja keine Unvor- sichtigkeit zu begehen und an dem sicheren Platze ruhig auszuharren (1305 — 1338).
Darauf verläfst sie ihn, und Ivain bleibt allein zurück, von Zweifeln geplagt. Ein hef- tiger Widerwillen packt ihn gegen den sicherlich nicht aus- bleibenden Spott Keus, dem er doch bei dem Bericht von seinem wundersamen und siegreichen Abenteuer keinen sichtbaren Beweis bringen kann.
Doch diesen Kummer ver-
süfst ihm die Liebe:
(1354) „Celes ranposnes a sejor
Li sont el euer batanz et
fresches,
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WALTER GREINER,
Mes de son gucre et de ses bresches Li radoucist novele Amors, Qui par sa terre a fet sou cors".
I Reflexionen und Seelenana- lysen sind nicht die Sache des I Kymren. Er konstatiert le- j diglich die Tatsache: j „En la voyant, Owein s'en- I flamraa de son amour au point j qu'il en etait entierement j penetre" (23, 14). j Owein erkundigt sich nach I ihr und erfährt, sie sei die j durch vielerlei Vorzüge aus- gezeichnete ,.Dame von der Quelle": . „On peut en verite te dire", ' repondit-elle, „que c'est la plus ' belle des femmes, la plus ge- ; nereuse, la plus sage et la ! plus noble; c'est ma dame; : on l'appelle la Dame de la Fontaine, c'est la femme de I l'homme que tu as tu6 hier" (23, 16).
Als Owein dem Mädchen seine Liebe zu der Trauernden gesteht, sagt sie verheifsungs- voll:
„Dieu sait qu'elle ne t'aime ni peu ne point" (24, 2).
Es soll einem späteren Ab- schnitt vorbehalten bleiben, zu untersuchen, welche Be- deutung die Worte der Zofe Lunete für die Handlung selbst haben.
OWEIN — IVAIN.
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Die Liebeswunde, die immer schlimmer wird, je näher die- jenige Person ist, die sie allein heilen kann — (1373) „Et la plaie d' Amors
anpire, Quant ele est plus pres de son mire. Cele plaie a mes sire Ivains, Don il ne sera ja mes sains" — ist wahrlich hinreichend Rache für die tödlichen Wun- den des Ritters von der Quelle. In farbenreichen und leben- digen Worten wird nun der Zustand des Helden beschrie- ben. Die Verse 1356—1405 sind ein Preislied auf die Liebe, die in gemütswarmen Tönen und edler Sprache gefeiert wird.
„Die Liebe", so heilst es einmal, „hat all ihre gerin- geren Stätten verlassen und sich ganz über Ivain ergossen". Dabei versäumt aber Ivain nicht, seine Blicke unverwandt nach der Dame zu richten. Das Begräbnis ist vorüber, die Menge zerstreut sich, und nur die Herrin bleibt zurück. Und wieder übermannt sie der Schmerz: (1412) . . . „sovant se prant a
la gole Et tort ses poinz et bat ses paumes Et list an un sautier ses saumes, Anlumine a letres d'or".
WALTER GBEINER,
Ivain verfolgt jede Bewe- i guiig; seine Leidenschaft wird ! immer glühender, sie bringt | ihn der Verzweiflung nahe. ! Ist's denn nicht überhaupt j Wahnsinn, was er begehrt? j Ist das Gefühl der Eache, die sie ganz erfüllt, vereinbar mit der Leidenschaft, die er ihr entgegenbringt?
„Mag sie mich jetzt auch hassen, die Zeit wird Wandel schaffen; wer kennt nicht die Wandelbarkeit des Frauen- herzens?
(1436) . . . „Fame a plus de mil corages. Celui corage, qu'ele a ore, Espoir Changera ele ancore".
Bis dahin heilst es sich in
Geduld fassen. Und nun folgt
ein weiteres prächtiges Preis- lied der Frauenschönheit:
„Eine Schönre als sie, die von
Gottes Hand geschaffen, sah
ich nie!" (1462—1506). Er ist dankbar für die
Gelegenheit, die Geliebte un- bemerkt sehen zu können, und sein Gefängnis wird ihm darum gar köstlicher Besitz.
Er sieht, dafs die beiden Tore, zwischen denen er einst eingeschlossen war, offen ste- hen, d. h. aufgezogen sind, — aber er will sein Gefängnis nicht ohne die Verzeihung der Herrin verlassen:
OWEIN
IVAIN.
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(1525) „II ne s'an alast mie
certes, |
Se eles li fussent overtes, |
Ne se la dame li donast |
Congie et si li pardonast j La mort son seignor buene-
mant". i
Ja, selbst den Tod wird er | lieber erleiden als ohne ihre Vergebung fliehen: (1540) „Morir viaut ainz que il s'an aut". Da kommt auch das Fräu- lein zurück und ist aufs höchste erstaunt, Ivain bei so guter Laune zu finden. Noch mehr wundert sie sich, als der Ritter ihre Befreiungs- voi-schläge zurückweist. Ivain aber entgegnet ihr voll frohen Vertrauens auf die Allgewalt der Liebe:
(1572) „Je n'istrai de ceste semainne An larrecin ne an anblee. Quant la janz iert tote assan-
blee Parmi ces rues la defors, Plus a enor m'an istrai lors, Que je ne feroie nuitantre".
Das Fräulein bedient ihn auch weiterhin in gleich vor- trefflicher Weise.
Merkwürdig nehmen sich die Verse 1584 f., die Schluls- worte des Gesprächs zwischen ihr und Ivain, aus, die zu den bisher geschilderten Empfin-
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WALTER GREINER.
diing-en doch in grellstem Widerspruch stehen : (1584) . . . „bien li sovint De ce que il li avoit dit, Que mout li plot ce que il vit, Quant par la sale le queroient Cil qui ocirre le voloient".
Die folgendenZeilen(v.l589f.) geben uns Aufschlufs über das Verhältnis der beiden Frauen- gestalten zueinander, über die Stellung des Fräuleins zur Schlolsherrin : (1589) „La dameisele estoit si
'bien De sa dame, que nule rien A dire ne li redotast, A quoi que la chose montast; Qu'ele estoit sa mestre et sa garde". Die Herrin ist des Lebens überdrüssig, und alle Trost- sprüche des Fräuleins ver- fehlen ihre Wirkung. Der tote Gatte war ohne Gleichen, nie wird ihr ein Ersatz möglich sein.
Hier schiebt M. die bei Chrestien v. 1881 f. stehende und dort eingehender zu be- handelnde Wasch- und Putz- szene ein. Das Mädchen begibt sich dann ins Schlofs zu ihrer Herrin :
„Elle ny trouva que tris- tesse et soucis. La comtesse etait dans sa chambre, ne pouvant, dans sa tristesse, supporter la vue de personne" (24, 19).
Arg merkwürdig nehmen sich die ersten Worte des Fräuleins aus, die sie an die Dame richtet, als diese, schmerzgebeugt, ihren Gruls nicht beachtet:
„La pucelle se fächa et lui dit: „Que t'est-il arrive, que tu ne repondes ä personne aujourd'hui?" (24, 23).
Die Herrin beklagt sich in herben Worten über die Teil- nahmslosigkeit des Mädchens — ein Zug, der bei Chrestien völlig fehlt, trotzdem v. 1258 1 der Zofe Fernbleiben von der ! Leichenfeier besonders er- wähnt wird — und gibt dabei eine allerdings ziemlich nichts-
OWEIN — IVAIN.
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„Wohl wird ein Ersatz mög- lich sein", entgegnet die Zofe, „vielleicht gar ein besserer!" (1610) „Meillor, se vos le volez prandre, Vos randra il (Dieu!), sei pro- verai". Dies weist die Dame ent- rüstet zurück.
(1612) „Fui, tes, ja voir nel troverai".
i sagende Auskunft über des
i Fräuleins Stellung:
' „C'est moi qui t'ai faite
I riche" (24, 28).
Das Mädchen schlägt der
; Trauernden vor, doch anstelle des mülsigen Jammerns lieber nach einem Ersatz des Gatten zu suchen. Hier folgen ihre — wohl einen etwas gefühl- losen Eindruck machenden — Worte:
. . . „je n'ai jamais pense que tu eusses si peu de sens. II vaudrait mieux pour toi chercher ä reparer la perte de ce seigneur que de t'occu- per d'une chose irreparable" (24, 30).
Aber die Herrin ist un- tröstlich; nichts wird ihr den Verlust ersetzen können. Die Entgegnung des Mädchens:
„Tu pourrais epouser qui le vaudrait bien ou peut- etre mieux" (25, 5). bringt sie in heftige Erregung. Viel wilder als beim Franzo- sen schlagen hier die Wogen ihres Grimmes:
„Par moi et Dieu, s'il ne me repugnait de faire perir une personne que j'ai elevee, je te ferais mettre ä mort, pour faire en ma prösence des comparaisons aussi injustes. Je t'exilerai en tout cas" (25, 7). Nun ist die Reihe des Ent-
Zeitschrift f. celt. Philologrie XU, l.
66
WALTER GBEINER.
Die Zofe schlägt alsdann einen anderen Weg ein, die Sinnesart der Dame umzu- stimmen: sie weist auf den bevorstehenden Zug des Königs Artus hin, dessen Ziel ja die Gewitterquelle ist. „Was soll werden? — "
Die „Dameisele Sauvage" ist die Übermittlerin dieser Unglücksbotschaft (1619 f.)
Auf die Besatzung des Schlosses sei kein sicherer Verlals, darum werde Artus das Land ohne jeden Wider- stand erobern. Als sie aber mit ihrem Rate eine schroffe Zurückweisung erfährt, ver- lälst auch sie ihre Herrin.
Im Verlaufe der Zeit greift auch bei der Dame eine ruhigere Überlegung Platz. Sie läfst sich auch von den weiteren Ausführungen der schlauen Zofe überzeugen:
Der Einwurf, ihr Gatte sei unersetzlich, sei nicht richtig.
rüstetseins am Fräulein, sie verläfst alsbald die Herrin. Diese geht der Gekränkten bis zur Zimmertür nach und hustet, die Zofe kommt auf ihre Aufforderung zurück:
„Par moi et Dieu", dit la dame, „tu as mauvais ca- ractöre (!), mais puisque c'est mon interet que tu veux m'enseigner, dis-moi comment cela se pourrait" (25, 20).
Die Zofe steckt den „mau- vais caract^re" ohne weiteres ein und beginnt auf die Not- wendigkeit einer Verteidigung der Quelle hinzuweisen:
„Tu sais-qu'on ne peut maintenir ta domination que par vaillance et armes. Cherche donc au plus tot quelqu'un qui la conserve" (25, 23).
IVAIN — OWEIN.
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die echten Ritter seien doch mit ihm nicht ausgestorben: (1674) „Cuidiez vos, que tote proesce Seit morte avnec vostre seig-
nor?
Qant aussi buen et §ant meillor | An sont reraes parmi le monde". | Sie solle gleich einen nennen, | fordert die Herrin. Die Zofe | aber versichert sich erst der l Zusage, dals die Dame beim j Folgenden nicht in Zorn gegen | sie gerate.
So beginnt denn das rede- | gewandte Fräulein die Ein- | führung Ivains vorzubereiten: „Wenn zwei Ritter sich im Kampfe messen, ist dann der Sieger nicht besser und hel- denhafter als der Überwun- dene? Darum
(1705) ... „miauz vaut icil, qui conquist Vostre seignor, que il ne flst. II le conquist et sei chaga Par hardemant an jusque ga, Si qu'il l'anclost an sa meison". In harten Worten schilt nun die erzürnte Witwe die Zofe. Diese, unwillig über den Bruch des gegebenen Versprechens, geht und benutzt die Zeit, nach ihrem Schützling Ivain zu sehen.
Während der Nacht bereits quälen Gewissensbisse die Herrin, sie fühlt Reue ihrer unzeitigen Schroffheit wegen.
5*
68
WALTER GREINER.
Als ob der Ritter vor ihr stände, beginnt sie jetzt ein förmliches Verhör, dessen Er- gebnis die Überzeugung ist, dals der Sieger im ehrlichen Kampfe doch eigentlich schuld- los ist:
(1768) „Donc n'as tu rien vers
moi mespris,
Ne vers lui n'eüs tu nul tort".
Als nun die Zofe am anderen Morgen wiederkehrt und ihre Kunst — „son latin" 1787 — fortsetzt, ist die Sinnesände- rung der Dame vollendet. Sie bittet die Zofe um Auskunft über den künftigen Schützer ihres Landes. Ist er ihrer würdig, dann will sie ihn zu ihrem und der Quelle Herren machen. Aber ihr guter Ruf darf keinesfalls darunter lei- den: (1807) „Mes il le covandra si
feire, Qu'an ne puisse de moi retreire Ne dire: „C'est cele qui prist Celui, qui son seignor ocist".
(Diese letzten Worte stellt Förster als Motto des ganzen Ivain seiner Einleitung zum yvain' und * voran.)
Das Fräulein kann mit ihren Antworten alle Bedenken zer- streuen. Der Name Ivain, der guten Klang hat, ist ihrer Herrin wohl bekannt: (1816) „Par foi, eist n'est mie vilains,
Nur ein Ritter vom Artus- hofe kann hier in Frage kom- men:
. . . ,,il ne peut y avoir d'autre homme ä defendre la fontaine que quelqu'un de la cour d'Arthur" (25, 28).
IVAIN
OWEIN.
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Aiuz est mout fraus, je le sai
bien, Si est fiz au roi Uriien". ;
So wird denn die HeiTin , von Ungeduld gepackt; die \ fünf Tage, die sich das Frau- | lein als Frist ausgebeten hat ', (1821), sind ihrer Sehnsucht j viel zu lang. Noch heute oder i spätestens morgen soll er da j sein ! |
Unmöglich! ;
(1824) „Dame, ne cuit que nus i
oisiaus Poist an un jor tant voler".
Der schnellste Bote soll so- fort sich nach dem Königshofe begeben, um die Ankunft des Ritters in möglichst kurzer Zeit zu bewirken. '
Die Ungeduld der Herrin möchte ihm Flügel anheften: (1836) . . . ,,se bien esforcier se \
viaut, Fera de deus jornees une. Et anquenuit luira la lune, Si reface de la nuit jor".
Sein Lohn wird reichlich sein!
Unterdessen soll die Witwe mit ihren Vasallen Rat ab- halten, was nun geschehen solle: (1848) „Por la costume main-
tenir De vostre fontainne deffandre, Vos covandroit buen consoil prandre".
Die Zofe selbst erbietet sich, einen Ritter vom Königshofe zu holen:
,,J'irai doiic ä la cour, et honte ä moi, si je n'en reviens avec uu guerrier qui gardera la fontaine aussi bien ou mieux que celui qui l'a fait avant" (25, 30).
ro
WALTER GREINER.
Sie solle (h\ü Eingehen einer neuen Ehe als zwingende Not- wendigkeit hinstellen, und mit dieser Lösung werde sie all- gemeine Zustimmung finden, denn jeder werde froh sein, die eigne Haut nicht zu Markte tragen zu müssen: (1865) „Car, qui peor a de son
onbre, S'il puet, volantiers se des-
conbre D'ancontre de lance ou de dart; Car c'est mauves jeus a coart".
Wieder mahnt die Dame zur Eile; die Zofe bricht, scheinbar zur Befolgung des Befehles, auf und geht wieder zu Ivain:
(1879) „Et cele faint, qu'ele
anvoit querre
Mon seignor Ivain an sa terre".
Dieser wird nun für die bevorstehende Vorstellung auf- geputzt. Unter hilfreichem Beistand des Fräuleins wird er gebadet, wie es der Sitte entsprach , wohl gepflegt, mit prächtigen Kleidern ge- schmückt (1881—93) und mit kostbarem Schmuck angetan, sodafs er einen gar stattlichen Eindruck macht.
Das Mädchen scheidet von der Dame, um ihren Auftrag scheinbar auszuführen. Sie geht aber geradeswegs zu Owein.
Es sei hier der entsprechende — bei M. an etwas früherer Stelle eingefügte — Abschnitt gegenübergestellt und be- sonders wieder auf die regel- mälsig wiederkehrenden An- gaben über die Kostbarkeit all des Verwendeten hinge- wiesen:
„La pucelle se leva et al- luma un feu de charbon, remplit une marmite d'eau et la fit chauffer. Puis eile prit une Serviette de toile blanche et la mit autour du cou d'Owein. Elle prit un gobelet d'os d'elephant, un bassin d'argent, le remplit d'eau chaade et lava la tete d'Owein. Puis eile ouvrit un coffret de
IVAIN — OWEIN.
71
Nun eilt die Zofe — nach- dem alles vorbereitet ist — zur Herrin, ihr die Rückkehr des Boten zu melden. Diese harrt des Retters voller Sehnsucht; als sie von seiner Anwesenheit hört, ist ihre Ungeduld nicht mehr zu zügeln: (1899) „Ceanz est il? — Vaing- ne donc tost!"
Aber ohne Zeugen soll die
Unterredung stattfinden:
(1902) „Gardez que n'an i
vaingne plus;
Que je harroie mout le quart'*.
Die Zofe kehrt zu Ivain zurück. Sie hält ihm zunächst ihre Freude noch verborgen
bois, en tira un rasoir au manche d'ivoire, dont la lame avait deux rainures dorees" (24,31).
Das nun aufgetragene Mahl ist überaus kostbar:
„Owein n'avait jamais eu de comparable ä celui-lä, ni d'un Service plus irreprochable" (24, 14).
Diese gesamten superlati- vischen Stellen, die sich durch die ganze Erzählung ziehen und — wie zu zeigen sein wird — sich an manchen Punkten häufen, sollen später im Zusammenhang behandelt werden.
Das Mädchen wartet mit Owein den Ablauf der ge- bührenden Zeit ab, dann eilt sie zur Gräfin, die sie freudig bewegt begrülst (26, 10, „qui la reQut avec joie"), bringt sie doch gute Kunde! (26, 12). Am folgenden Tage soll die Unterredung stattfinden. Die Herrin will dafür sorgen, dafs keine Zeugen da sind:
„Je ferai debarrasser la maison en vue d'un entretien particulier" (26, 16).
Die Unterredung in der Darstellung des Kymren ist auf einen erheblich kühleren Ton gestimmt.
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WALTKK ftREINEK.
und bericlitet ihm. dafs die Herrin sie wegen der ihm geleisteten Hilfe arg gescholten liabe. Dennoch habe sie er- laubt, ihn zu ihr zu führen: (1922) „Avoir vos viaut an sa
prison, Et s'i viaut si avoir le cors, Que nes li cuers n'an soit de- fors'", Ivain ist alsbald bereit, mit ihr zur Dame zu gehen (Wortspiel mit dem prison.)
Voller Zagen betritt nun Tvain an der Hand des Fräu- leins das Zimmer der Dame, i die durch ihr Schweigen die Verwirrung des Ritters nur noch mehr steigert. Die Zofe macht ihm lieftige Vorwürfe wegen seiner Blödigkeit; köst- lich ist für die Charakteri- sierung des Mädchens v. 1 966/7: !
. . . ., Chevaliers I et peor n'aiiez De ma dame, qu'ele vos morde'-.
P'r soll sie um Vergebung bitten, und Ivain ergibt sich ihr alsbald auf Leben und Tod.
Auf die Frage, was ihn denn bewege, sich ihr völlig
Als am andern Tage die verabredete Stunde naht, wird Owein prächtig gekleidet. Die Beschreibung der Gewänder enthält wieder die typischen Schilderungen:
„Owein revetit une robe, un surcot et un manteau de paile jaune, rehausse d'un large orfrei de lil d'or; ses pieds etaient chausses de bro- dequins de cordwal bigarre, fermes par une figure de Hon en or" (26, 18).
(Der Schuhschnalle in Löwen- gestalt dürfte in diesem Zu- sammenhang noch keine tiefere Bedeutung beizumessen sein.)
Die anfängliche Freund- lichkeit der Dame (. .. „qui les accueillit d'aimable fa^on" 26, 23) schwindet gar schnell, als sie den Eintretenden näher ansieht :
... „ce seigneur n'a pas l'air de quelqu'un qui a voyage. Par Dieu et moi, ce n'est pas un autre que lui qui a fait sortir l'äme du corps de mon seigneur" (26. 27).
Darauf setzt das Mädchen von neuem mit ihren (Über- redungskünsten ein :
„Tant mieux pour toi, prin- cesse, s'il n'avait pas 6t6 plus fort que lui, il ne lui eüt pas
IVAIN
OWEIN.
73.
zu ergeben, bekennt er nach einer Rechtfertigung seine glühende Leidenschaft in be- geisterten Worten.
Die rein geschäftliche Frage nach der Quelle beantwortet Ivain in günstigem Sinne, und der Vertrag wird gleich ge- schlossen:
(2036) „Sachiez donc, bien acorde somes".
Daran schliefst sich un- mittelbar die Vasallenver- sammlung. Alles ist schon vorbereitet, die Schlofsbewoh- nei- sind schon von der Not- lage ihrer Herrin, die immer wieder betont Avird, unter- richtet:
(2045) . . . ,,jel ferai yor le besoing: Ci meismes a vos me doing; Qu'a seignor refuser ne doi Buen Chevalier et ftl de roi".
Da Ivain einen überaus günstigen Eindruck auf die Versammlung macht, fallen die Worte des Seneschalls, der zur Zustimmung rät, auf fruchtbaren Boden.
Nach einem hohen Lobe auf Ivains Heldenehre wird denn auch beschlossen, die Hochzeit unmittelbar folgen zu lassen. Die Hochzeitsfeierlichkeiten Ivains mit Laudine (ihr Name wird 2151 genannt: „Laudine de Landuc, La dame, qui fu fiUe au duc
euleve l'äme du corps; on n'y peut plus rien, c'est une chose faite" (26, 29).
Die Herrin will erst Rat ihrer Leute hören.
den
Die Dame weist auf die notwendige Verteidigung der Quelle hin und stellt ihre Leute vor die Wahl, entweder solle einer von ihnen der Nach- folger ihres Gemahls werden, oder ihr solle die freie Wahl eines Ersatzes bleiben. Man entschliefst sich für den letz- teren Weg.
74
WALTER GKEINER,
Laudunet, dont an note un lai". Über diese Stelle wird im Zusammenhang mit anderen Quellenangaben, deren Vor- handensein im Ivain Förster bekanntlich leugnet, später zu handeln sein) beginnen als- bald; ihre Schilderung er- streckt sich von v. 2151—2169.
Die Hochzeit wird alsbald gefeiert, und Ivain ist nun Verteidiger der Quelle. M. hat hier noch ein Nachwort, auf das wir später zurück- kommen werden, ganz eigen- tümlichen Charakters:
„Owein garda la fontaine avec lance et epee, voici comme: tout Chevalier qui y venait, il le vendait pour toute sa valeur. Le produit, il le partageait entre ses barons et ses Chevaliers; aussi n'y avait-il personne au monde plus aime de ses stijets que lui. II fut ainsi pendant trois annees" (27, 15).
An dieser Stelle hat M. einen gröfseren Zeitabschnitt gewissermalsen als Pause ein- geschoben. Bemerkt sei noch, dafs nach Windisch sich an dieser Stelle — wie auch Brown a. a. 0. bemerkt, — ein deutlicher Absatz in der Niederschrift sich findet.
OWEIN — IVAIN. iO
Eines Tages findet Gwalch- mei den König in sehr übler Laune, die den Verlust Oweins zur Ursache hat. Als ob eine völlig neue Geschichte be- ginne, fährt der Bericht an dieser Stelle fort:
„Un jour que Gwalchmei
se promenait avec l'empereur
Arthur, il jeta les yeux sur
lui et le vit triste et soucieux.
Gwalchmei fut tres peine de
le voir dans cet etat. . ." (28, 3).
: Artus meint, die Erzählung
des Kynon sei sicherlich schuld
an Oweins Verschwinden, das
er nicht länger ertragen könne:
. . . ,,si je suis encore une
quatriöme (annee) sans le voir,
mon äme ne restera pas dans
I mon Corps" (28, 9).
Auf Gwalchmeis Rat hin, der ein Aufgebot der gesamten Truppenmacht — von dem eigentlich nie die Rede gewesen war — für unnötig hält, zieht der König mit seinem Gefolge selbst aus. Zweck der Ex- pedition ist bei M. lediglich < der, Owein aufzusuchen.
. . . „venger Owein s'il est tue, le delivrer s'il est pri- sonnier, et l'emmener avec toi s'il est en vie" (28, 16). Ein stattlicher Zug wird I alsbald zusammengestellt: I „Ils etaient au nombre de I trois mille sans compter les j subordonnes" (28, 21).
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WALTER GREINER.
Kynon ist natürlicli Führer. Im gastliclien Schlofs, dessen Anblick in den typischen Ausdrücken geschildert wird, nächtigen alle. Die folgenden Zeilen:
„Malgre leur grand iiombre on ne s'apercevait pas de leur presence dans le chäteau" (28, 28)
wolle man wegen ihrer Be- deutung für die spätere Unter- suchung im Auge behalten.
Pracht und Luxus sind über- all, me schon an den früheren Stellen:
„Eis n'avaient jamais vu auparavant de Service irre- prochable en comparaison de celui des femmes. Le Service pour les valets des chevaux, cette nuit-lä, ne se üt pas plus mal que pour Arthur lui-meme dans sa propre cour" (29, 1).
Der Weg geht weiter über die Lichtung des Waldmen- schen. Auf die stete Stei- gerung des Ausdrucks soll auch hier noch einmal hin- gewiesen werden:
„Ils arriverent aupres de l'homme noir; sa stature parut encore beaucoup plus forte k Arthur qu'on ne le lui avait dit" (29, 7).
Dann gelangt der Zug — der Weg wird noch einmal, wenn auch gegen die vor-
OWEIN — IVAIN.
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Artus hat seinen versproche- nen Zug nach der Quelle, die hier wie auch öfter als „mer- voille" bezeichnet wird, aus- geführt. Ken verleumdet wie- derum mit scharfer Zunge den „Helden'' Ivain, wird aber von Gauvain energisch zurück- gewiesen.
Der König selbst ruft das Unwetter hervor, und Ivain kommt eilends herbei.
herigen Stellen etwas gekürzt, beschrieben — zur Gewitter- quelle.
Kei bittet den König um den Vortritt bei den bevor- stehenden Kämpfen; er wird ihm gewährt, und sogleich schreitet der Seneschall zum Hervorrufen des Unwetters, das noch einmal beschrieben
wird:
. . . „Jamals ils n'avaient entendubruit ni ondee pareille"
(29,19). ,
Bemerkenswert ist die fol- gende Angabe:
„Beaucoup d'hommes de rang inferieur (warum gerade diese?) de la suite d' Arthur furent tues par l'ondee" (29, 20).
Auch der entblätterte Baum:
„Lorsqu'ils lev^rent les yeux vers l'arbre, ils n'y apergu- rent plus une feuille" (29, 22), weiter das Erscheinen der Vö- gel wird nochmals beschrieben :
. . . „Jamals, assurement, ils n'avaient entendu musique comparable ä leur chant" (29, 25).
78
WALTER GREINER.
Keu, den der selbst uner- kannt bleibende Ivain sofort an den Waffen (2243) erkennt, rüstet sich zum Kampf. Beim ersten Anprall zersplittern die Lanzen, dann gelingt es Ivain, den Gegner aus dem Sattel zu heben. „Damit begnügt sich sein edler Sinn": (2258) „Plus d'enui feire ne li
quiert" hebt Chrestien besonders her- vor. Ivain nimmt Kens Pferd an sich, das er dem Könige übergibt. Der Verlauf des Kampfes hat vielen Freude bereitet: (2261) „S'an fu mout bei a
tes i ot. Et fu assez, qui dire sot: „Ahi, ahi! come or gisiez Vos, qui les autres despisiez".
Dann kommt Owein in der gleichen Ausrüstung wie einst der frühere Quellenverteidiger :
. . . „monte sur un clieval tout noir, vetu de paile tout noir, venant d'une allure ar- dente" (29, 27).
Kei reitet dem Ankommen- den entgegen, und der Kampf beginnt. Nach kurzem Kampfe lieart Kei besiegt am Boden.
[In der Erzählung des Kym- ren nimmt nun die folgende Handlung einen wesentlich abweichenden Verlauf. Die Kämpfe werden in den fol- genden Tagen fortgesetzt und finden ihr Ende erst in dem Zweikampf zwischen Owein und Gwalchmei (Gauvain!), der ja bei Chrestien, an viel
OWBIN — IVAIN..
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späterer Stelle eingefügt, den Gipfelpunkt einer ganz an- deren Abenteuerreihe bildet. Über die Vor- und Nachteile der einen oder der anderen Fassung soll hier nicht ge- rechtet werden; dies bleibe für später; im Folgenden soll vielmehr — anschliefsend an den Gang der Handlung bei M. — lediglich eine Gegenüber- stellung der beiden Darstel- lungen des Zweikampfes der Freunde gegeben werden.]
Nach dem für Kei gar so unrühmlichen Ausgange des Kampfes zieht man sich auf beiden Seiten zur Nachtruhe zurück.
Am anderen Morgen wagt Kei mit des Königs Erlaubnis einen zweiten Kampf mit dem Ritter, der den gleichen Ver- lauf nimmt. Nur schlägt dies- mal Owein schon kräftiger zu: . . , „il jeta un coup d'oeil sur lui; et, hü donnant du pied de sa lance sur le front, il entama heaume, coiffe, peau et meme chair jusqu'ä l'os, de I toute la largeur du bout de ' la hampe" (30, 10).
Zum zweitenmale kehrt Kei als Unterlegener zu den Seinen zui'ück, und das gleiche Los ereilt auch all die übrigen Ritter, die nacheinander den Kampf wagen. So bleiben zuletzt nur noch Artus und
80
WALTER GREINER.
Gwalchmei übrig. Der König rüstet sich schon, lälst aber dem Gefährten den Vortritt. Dieser ist so gerüstet, dafs er Owein gegenüber uner- kannt bleibt: . . . „comme il etait revetu ' d'une couverture de paile qiie ■ lui avait envoyee la fille du comte d'Anjou, lui et son cheval, personne de l'armee ne le reconnaissait" (30, 21).
Der Zweikampf der beiden Freunde. Mit furchtbarer Wucht stür- men die Gegner aufeinander :
los, sie schlagen einander schwere "Wunden, die Lanzen zersplittern, und selbst als sich beide mit den Schwertern zu Leibe gehen, will keine Entscheidung fallen.
Nach einer kurzen Pause, die durch Versöhnungsversuche (zwischen den um das Erbe streitenden Schwestern) aus- gefüllt wird, entbrennt der Kampf von neuem. Blutüber- strömt schlagen die beiden Ritter aufeinander los, bis des Abends Dämmern zugleich mit der völligen Erschöpfung der wackeren Streiter zur Unter- brechung zwingt.
Der Kampf wogt mit er- bitterter Schärfe lange Zeit unentschieden hin und her, bis die hereinbrechende Nacht Einhalt bietet.
Am anderen Morgen nimmt der Zweikampf seinen Fort- gang. Mächtige Lanzen („des lances epaisses", 31, 5) sind jetzt beider Streitwaffen, aber auch dieser Tag bringt keine Entscheidung. Am dritten Tage wählen beide noch schwerere Waffen:
„ils allerent au combat avec des lances solides, grosses et epaisses" (31, 6).
Bis zum Mittag vermag jeder den Angriff des Gegners abzuwehren. Dann reifsen von dem furchtbaren Anprall die Gurte beider Pferde, die Ritter
OWEIN
IVAIN.
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Ivaiii schlägt dem Gegner einen Waffenstillstand vor, der doch für beide nichts Un- ritterliches in sich schliefse: (6238) ,,Ja ne cuit, blasme ne reproche J aiiens, se nuiz nos depart"' und zollt seiner grofsen Tapfer- keit herzliche Worte aufrich- tiger Bewunderung. Hierauf gibt sich Gauvain zu erkennen. Ivain wird von furchtbarem Schrecken ergriffen, nach ver- zweifelten Klagen über sein Mifsgeschick nennt auch er seinen Namen und verspricht reiche Entschädigung für die Wunden des Kampfes.
Jeder schreibt dem andern den Sieg zu, jeder preist die ausgezeichnete Tapferkeit des Gegners; sie fallen sich voller Rührung um den Hals (6311).
Der König tritt mit seinem Gefolge zu den beiden Rittern, die noch , immer, jeder für seinen Teil, ablehnen, den Gegner überwunden zu haben.
Zeitschritt f. celt. Philologrie XII, 1.
fallen zu Boden, erheben sich aber alsbald, um den Kampf wiederum zu Fuls weiter- zuführen.
„Jamals, de l'avis des spec- tateurs, on n'avait vu deux hommes aussi vaillants, ni si forts. S'il y avait eu nuit noire, eile eüt ete eclairee par le feu qui jaillissait de leurs armes" (31, 14).
Gwalchmei verliert infolge eines heftigen Schlages des Gegners den Schutz des Visiers, so dafs sein Gesicht vor Owein offen daliegt.
Oweins Worte sind sehr kühl gehalten:
„Sire Gwalchmei", dit alors Owein, „je ne te reconnaissais pas ä cause de ta couverture; tu es mon consin germain" (31, 20).
Keiner will Siegel* sein. Owein fährt fort: „Tiens mon ep6e et mes armes.'* — „C'est toi qui es le maitre, Owein," repondit Gwalchmei, „c'est toi qui as vaincu; prends donc mon epee." (32, 2).
Schlielslich kommt der König herzu, dem Streit der beiden Freunde ein Ende zu machen. 6
82
WALTER GREINER,
Schliefslich schlichtet er ihren (und der Schwestern) Streit.
Wir hatten Chrestiens Dar- stellung verlassen an der Stelle, wo Schadenfreude über die Niederlage Keus alle be- herrscht. Ivain führt dem König das Pferd des Besiegten zu und gibt sich auf des Herrschers Wunsch hin zu erkennen. Die Nennung seines Namens löst bei allen helle Freude aus, aulser bei Keu.
Nach einer Erzählung seiner Abenteuer lädt Ivain den König samt seinem Gefolge zu sich ins Schlofs ein. Der König sagt gern zu: (2308) „Li feroit huit jorz toz
antiers Enor et joie et eonpaignie".
Noch immer weigert sich jeder, als des anderen Überwinder zu gelten. Sie fügen sich endlich dem Urteilsspruche des Königs:
„Donnez-moi vos epees", dit Arthur, „et ainsi aucun de vous n'aura vaincu l'autre" (32, 11).
Owein begrülst den König auf das herzlichste, und alle nehmen gern an der Freude teil:
„L'armee accourut vers eux. II eut tant de presse et de häte pour voir Owein et l'em- brasser, que peu s'en fallut, qu'il n'y eüt des morts. Ils passörent la nuit dans leurs Pavillons" (32. 14).
Als Artus die Absicht kund- gibt, weiter zu ziehen, bittet ihn Owein, seinem Schlofs einen Besuch abzustatten:
„II y a aujourd'hui trois ans que je t'ai quitte, et que cette terre m'appartient. De- puis ce temps jusqu'ä au-
OWEIN
IVAIN.
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Ein Bote wird vorange- schickt, um die Festvorberei- tiingen im Schlosse zu ver- anlassen.
Einen beträchtlichen Raum nehmen bei Chrestien die lebensvollen Schilderungen des festlichen Empfangs ein. Grofser Jubel herrscht über- all, und eine unaufhörliche Reihe glänzender höfischer Feste beginnt, der ritterlichen Minne ganzer Glanz geht von dem Leben im Schlofs aus. Aus der ganzen Schilderungs- reihe — die nichts des Aufser- gewölinlichen bietet — heraus sei nur auf ein Bild hinge- wiesen, das in der späteren Untersuchung wiederkehren wird. V. 2395 — 241.') werden Gauvain und die Zofe, die ja Lunete heilst, mit Sol und Luna verglichen, und dieser Umstand wird in Settegasts Abhandlung eingehend er- örtert.
Als die für das Königsfest angesetzte Zeit sich ihrem Ende nähert, bemühen sich die Ritter, Ivain zum Mit- ziehen zu veranlassen. Gauvain, der Sprecher der Ritterschaft, richtet an ihn ernste Worte über die Gefahr des „Verlie- gens":
jourd'hui, je pi'epare un ban- quet pour toi. Je savais que tu irais ä ma recherche. Tu viendras donc avec moi pour te debarrasser de ta fatigue, toi et tes hommes. Vous aurez des bains" (32, 20).
M. findet sich mit dem Königsbesuch sehr schnell ab:
... „le festin qu'on avait mis trois ans ä preparer, ils en vinrent ä bout eu trois mois de suite. Jamals banquet ne leur parut plus confortable ni meilleur" (32. 27).
Artus will Owein mit sich führen, um ihn an den Höfen vorzustellen:
„Arthur songea alors au depart, et envoya des messa- gers ä. la dame pour lui de- mander de laisser Owein venir avec lui, afin de le montrer aux gentils hommes et aux 6*
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WALTER GREINER,
(2484) „Comant? Seroiz vos or
de gaus/,
Ce disoit mes sire Gauvains,
,,Qui por lor fames valent
mains? Honiz soit de sainte Marie, Qui por anpii'ier se marie!"
Den ununterbrochenen dring- lichen Mahnungen der Freunde kann sich Ivain doch nicht verschliefsen, er verlangt Ur- laub von seiner Dame, der ihm auch bewilligt wird. Aber nach Verlauf eines Jahres solle er wieder zurückkehren, oder: (2564) . . . „l'amors devandra
haine, Que j'ai a vos, seürs soiiez, Certes, se vos trespassiez Le terrae, que je vos dirai". Ivain scheidet in grofsem Schmerze; trostlos lang er- scheint ihm die Zeit der Tren- nung. Beim Abschied gibt ihm Laudine noch einen wunderkräftigen Ring: (2604) „Prison ne tient ne sanc
ne pert Nus amanz verais et leaus, Ne avenir ne li puet maus, Mes qu'il le port et chier le
taingne, Et de s'araie li sovaingne EiuQois devient plus durs que
fers. Cil vos iert escuz et haubers". Schmerzliche Szenen spielen sich beim Abschied ab. Ivain
dames de l'ile de Bretagne" (32, 30 f.).
Die Dauer des Urlaubs be- trägt bei M. nur drei Monate.
Nur ungern gibt die Gräfin Owein frei:
„La dame le permit malgre la peine qu'elle en eprouvait" (33, 5).
[Es sei schon hier darauf hingewiesen, dafs der Ring
\ bei M. an dieser Stelle gar nicht erwähnt wird, trotzdem aber im späteren Verlauf der Handlung auf einmal auf-
; taucht.]
OWETN — IVAIN.
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kann sich nicht trennen. Nur widerwillig zieht er mit: der König hat es wohl vermocht, den Leib mitzunehmen, aber das Herz bleibt bei Laudine. (2640-2666).
Der stillen Hoffnung Ivains, man werde bald zurückkehren, gibt Gauvain wenig Nahrung; er führt Ivain von einem Turnier zum anderen: (2670) „Car as tornois s'an vont
andui Par toz les leus, ou l'an tornoie". Längst schon ist das eine ausbedungene Jahr des Ur- laubs verflossen, es geht schon stark ins zweite hinein. Aber immer wieder treibt Gauvain zu neuen Taten, zu neuen Tur- nieren, aus denen Ivain stets ruhmvoll hervorgeht (2684). So kommen sie nach Cestre, wo der König Hof hält. Etwas merk- würdig erscheint hier Chrestien die Angabe seiner Quelle über den Besuch des Königs: (2685) „Et dist li contes, ce me
sanble,
Que li dui conpaignon ansanble
Ne vostrent an vile desQandre,
Ainz flrent lor paveillon tandre
Fors de la vile et cort i
tindrent;
Qu'onques a cort de roi ne
vindrent,
EinQois vint li rois a la lor".
T)a erinnert sich denn Ivain
mit o-rofsem Schmerze seines
Auf einen wesentlich ab- weichenden Ton ist die ent- sprechende Stelle in M. ge- stimmt; nichts von all dem tiefen Weh, das des Franzosen Schilderungen durchzieht:
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WALTER GREINER.
gegebenen Versprechens, das er nun treulos gebrochen liat. (2701) . . . ..trespassez estoit li termes; A grant paiiine tenoit ses
1er m es, Mes honte li feisoit tenir".
Ivain wird erst aus seinem Brüten aufgeschreckt durch die Ankunft einer Botin, die geradeswegs auf ihn zureitet. Die Verse 2709/10: „Ne nus ne fu a son des(;andre, Ne nus n'ala son cheval
prandre", erinnern lebhaft an die in V. 1009 beschriebenen Er- lebnisse am Königshofe. Sie entbietet allen höfischen Gruls. aufser Ivain, dem Wort- brüchigen:
(2719) „Le desleal, le tra'itor, Le mangongier, le jeingieor".
Chrestien schiebt hier — als Worte der Zofe gedacht — einen Exkurs über die wahre Liebe ein, von der Ivains „leeres Gerede'- (2722) gar so weit entfernt sei. (2722 -2761).
Darauf wird Ivain im Namen der Herrin als Wortbrüchiger verurteilt und verstofsen.
Die Botin fordert von Ivain die Rückgabe des vvunder- kräftigen Ringes, und Ivain fügt sich — wie in einem schweren Traume (2775) — ihrem Verlangen.
„Owein alla avec Arthur dans nie de Bretagne. TJne fois arrive au railieu de ses compatriotes et de ses com- pagnons de festins, il resta trois annees au lieu de trois mois" (33, 6).
Macht schon die oben aus diesem Grunde wörtlich an- geführte Schilderung des Wort- bruches Oweins den Eindruck, als solle an dieser Stelle ein deutlicher Abschnitt gemacht werden, so wird dieser Ein- druck nur verstärkt, wenn man die Worte näher be- ti-achtet, die die Fortführung des Berichtes einleiten:
..Owein se trouvait, un jour, ä table a Kaer Llion sur Wysc, . . r (38, 10).
Die Beschreibung der Botin sei, der vielen charakteristi- schen Züge halber, auch hier wiedergegeben:
. . . „une jeune ftUe se pres- sen ta, montee sur un cheval brun, ä la criniere frisee; eile le tenait par la criniere. Elle etait vetue de paile jaune. La bride et tout ce qu'on apercevait de la seile etait d'or'" (33. 11).
Sie geht auf Owein zu und nimmt ihm den — wie oben angedeutet an der ersten Stelle bei M. nicht erwähnten — Ring ab mit den Worten:
OWEIN — IVAIN.
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Chrestieu betont an dieser Stelle wieder — wie auch bei der Ankunft des Fräuleins — das höfische Zeremoniell; die Botin bricht alsbald auf: (2778) „Puis si comande a Deu
le roi Et toz les autres fors celui Cui ele leisse an grant enui".
IvaAn, der erst nach und nach gleichsam aus einer Er- starrung wieder zu sich kommt, wird von tiefer Reue und grofsem Schmerz ergiiffen; ihm steigen Fluchtgedanken auf. Verzweiflung packt ihn, er fürchtet, in der Gesellschaft der Menschen seinen Verstand zu verlieren und stürzt — von niemand aufgehalten — aus ihrer Mitte hinweg. Bald liegen die Zelte weit hinter dem Flüchtling, da bricht der Wahnsinn aus: (2804) „Lors li monta uns tor-
beillons El Chief si granz, que il forsane". . .
In diesem Zustand zerreifst er seine Kleider und flieht immer weiter in die Einöde, sodals alles Suchen seitens der Ritter vergeblich bleibt.
Einem jungen Burschen, der im Walde nach Wild schielst, nimm'^ er die Waffen ab, um sich mit ihrer Hilfe seinen
„C'est ainsi qu'on traite", dit-elle, ,,un trompeur, un traitre sans parole: honte sur ta barbe!« (33, 17).
Darauf reitet sie schnur- stracks von dannen.
Nach dem Scheiden der Botin übermannt der Schmerz Owein:
„Le Souvenir de son expe- dition revint ä Owein, et il fut pris de tristesse" (33, 19).
Voller Zagen und Sorgen bringt er die Nacht zu, und am anderen Morgen reift der Entschlufs in ihm, die Ein- samkeit zu suchen. M. bringt hier wieder den schon mehr- fach angeführten Ausdruck:
. . . „il alla aux extremites du monde et aux montagnes desertes" (34, 2).
Hier verwildert er voll- ständig — von dem eigent- lichen Wahnsinn erwähnt M. nichts :
. . . „il continua ainsi jusqu'ä ce que ses habits fureut uses, et son Corps pour ainsi dire aussi; de longs poils lui pous- serent par tout le corps" (34, 3).
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WALTER GREINER.
Lebensuuterlialr zu erwerben. So führt er ein fast tierisches Leben im Walde, seine Kleider zerreilsen bei dem unaufhör- lichen, planlosen, nur vom Erhaltung^strieb geleiteten Um- herstreifen, südai's er, als die erste menschliche Woh- nung ihm auf seiner Irrfahrt begegnet, fast nackt ist.
Er kommt zufällig an eine Einsiedlerhütte, deren Be- wohner vor Furcht und Ent- setzen sich in seine Wohnung einschliefst, dem Flüchtling aber doch aus ^Mitleid Speise und 'l'rank durch ein kleines Fenster zukommen läfst. Die schlichte Nahrung schmeckt Ivain köstlich. Hunger ist ja der beste Koch: (2854) ... „a toz mangiei's est sausse fains".
Es bildet sich zwischen beiden ein förmlicher still- schweigender Vertrag heraus: Ivain bringt dem Einsiedler das Wild, das dieser dann zubereitet.
Wesentlich mehr ins Mär- chenhafte geht die gleiche Stelle bei M.:
,.I1 fit sa compagnie des animaux sauvages, il se nourrit avec eux, si bien qu'ils devin- rent familiers avec lui" (34-, G).
Das unruhvolle und un- stete Leben reibt natürlich seine Kräfte gar bald völlig auf:
„Mais il finit par s'affaiblir au point de ne pouvoir les suivre" (34. 8).
Da verläfst er denn aus freiem Entschlufs seine selbst- gewollte Verbannung und nä- hert sich wieder menschlichen Stätten. Er kommt zu einem märchenhaft schönen Garten:
„II descendit de lamontagne ä la vallee, et se dirigea vers un parc, le plus beau du monde, qui appartenait k une comtesse veuve" (34, 9).
OWEIX — IVAIN.
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Eine Dame in Begleitung zweier Mädchen findet ihn eines Tages, als sie den Wald betreten, schlafend. Sie suchen lange nach einem Erkennungs- zeichen, bis endlich eine Narbe im Gesicht die Gewifsheit gibt, dafs der nackte Schläfer und der vielgerühmte Ivain eine Person sind. Mit dem Staunen über Ivains traurigen Zustand verbindet sich bei ihnen der Wunsch, der Held möge doch recht bald wiederhergestellt werden, um der Dame seine Hilfe aus arger Bedrängnis leisten zu können.
Die drei Frauen eilen so- gleich nach dem Schlosse, um die wunderkräftige Salbe zu holen. [Die Verwendung einer Salbe zur Heilung des Irrsinns als eines inneren Leidens steht, wie schon Hertel a. a. 0. S. 46 erwähnt, an dieser Stelle in der altfranzösischen Literatur, die sonst mehrfach Heilsalben kennt, einzig da.] Über die
Die Beschreibung des Parkes wird vom Kymren — man sieht nicht recht ein zu welchem Zwecke — weiter ausge- sponuen:
. „ün jour, la comtesse et ses suivantes allerent se pro- mener au bord de l'etang qui etait dans le parc, jusqu'ä la hauteur du milieu de l'eau" (34, 12).
Der Eindruck, den Owein auf die Frauen macht, wird bei M. als schrecklich ge- schildert:
. . , „elles aper^urent comme une forme et une iigure d'homme. Elles en congurent quelque crainte, mais, nöau- moins, elles approcherent de lui, le täterent et l'exami- nörent" (34, 15).
Da sein Zustand gar so be- klagenswert erscheint, soll ihm schnell Hilfe werden:
„ Elles virent qu'il 6tait tout couvert de teignes, et qu'il se dessechait au soleil" (34, 18).
Die Dame geht ins Schlofs zurück und gibt dem einen Mädchen die Salbe („une fiole d'un onguent precieux" 34,21), auch Kleider für den Ritter, sowie ein Rofs.
00
WALTER GREINER,
Herkunft der Salbe sehe man die Worte der Dame v. 29521: „Card'un oignemant me sovient, Que me dona Morgue, la sage. Et si me dist, que nule rage N'est an teste, que il n'an ost".
Das Fräulein führt auch ein prächtiges Rofs mit sich, auf welches man kostbare Ge- wänder für Owein geladen hat.
Mit, der Salbe soll sie dem Schlafenden die Schläfen ein- reiben
(2970) „Les tanples solement
l'an oingne
Et le remenant bien li gart;
Qu' 11 n'a point de mal autre
part Fors que solement el cervel".
Die Zofe begibt sich zu Ivain, verbraucht aber, dem Gebor, der Herrin zuwider, die ganze Salbe:
(3000) „Les tanples et le front l'an froie Et tot le cors jusqu'a Tartoil. Tant li froia au chaut soleil Les tanples et trestot le cors, Que del cervel li issi fors La rage et la raelancolie".
Hierauf verbirgt sie sich, um das Erwachen Ivains ab- zuwarten.
Alsbald erfolgt nun Ivains Heilung vom Wahnsinn: er erwacht und erkennt mit Schrecken und Scham seinen traurigen Zustand:
Die Dame gibt dann dem Mädchen Verhaltungsmafsre- geln:
„Frotte-le avec cet onguent dans la direction de son coeur. S'il y a encore de la vie en Uli, cet onguent le fera lever. Epie ce qu'il fera" (35, 3).
Das Mädchen geht nun zu dem schlafenden Owein und handelt nach dem Gebot ihrer Herrin, nur verstreicht sie den ganzen Vorrat der Salbe.
Sie zieht s^ich damit zurück, bringt das Pferd mit den Klei- dern in seine Reichweite und beobachtet das Kommende.
Gar bald gibt Owein Le- benszeichen von sich:
... „eile le vit se gratter les bras, se relever et regarder sa peau. II eut grande honte,
OWEIN — IVAIN.
9t
(3020) „Mes nuz se voit come
un ivoire,
S'a grant honte, et plus grant
eüst, Se il s'avanture seilst; Mes n'an set plus, que nuz se trueve". Der Versuch, sich zu er- heben, um sich zu bekleiden, scheitert an seiner grofsen Schwäche. Die Fiifse versagen ihm den Dienst, sodafs das Fräulein endlich zur Hilfe- leistung hei'beieilt. Sie führt ihm ein Pferd zu, und beide reiten nach dem Schlosse, wo er freundliche Aufnahme finden soll.
tellement son aspect etait re- poussant" (35, 9).
Unterwegs wirft das Fräu- lein von einer Brücke aus die leere Salbenbüchse ins Wasser, um sich den Vorwürfen ihrer Herrin wegen ihrerVerschwen- dung zu entziehen: (3094) . , . „eile dira que au passer
Mit Aufgebot aller seiner Kräfte schleppt er sich zu dem Pferde hin und zieht die i Kleider an. Kaum gelingt es ihm, in den Sattel zu kom- men. Da nähert sich das Mädchen zu Oweins grofser Freude :
„II se montia joyeux vis- ä-vis d'elle. . ." (35, 16).
Auf dem Wege zum Schlofs erfährt Owein Näheres über das umliegende Land und seine Besitzerin :
„C'est ä une comtesse veuve. qu'appartient ce chäteau fort lä-bas. Son mari, en raourant, lui avait laisse deux comtes, et aujourd'hui, eile n'a plus d'autre bien que cette demeure: tout le reste lui a ete enlev^ par un jeune comte, son voisin, parce qu'elle n'a pas voulu devenir sa femme" (35, 17).
Oweins Entgegnung ist le- diglich: „C'est triste" (35,23).
02
WALTER GREINER,
Del pont einsi li meschai, Que la boiste en l'eve cha'i". Im Schlofs wird Ivain von der Herrin freundlich auf- g-enommen, das Fräulein aber, nach dem Verbleib der Salbe gefragt, bringt unter vier Augen ihre Lüge an. Die Dame ist allerdings arg er- zürnt über den Verlust der Salbe, die unersetzlich sei: (3124) „Si ai perdu de mon
avoir Tot le meillor et le plus chier".
Dennoch soll Ivain nichts an guter Aufnahme und Be- handlung vermissen, da er ja eigentlich unschuldig ist: (3129)... ,,ce seroit trop vilains
jeus, Qui d'un domage feroit deus". So schreitet denn Ivains Besserung unter sorgsamster Pflege stetig fort: (3134) „Sei baingnent et son
Chief 11 levent Et le fönt rere et reoigner; Car l'an li poist anpoignier La barbe a piain poing sor
la face. Ne viaut chose, qu'an ne li
face".
Owein bekommt die Herrin gar nicht zu sehen:
. . . „la jeune fille le mena ä une chambre confortable, alluma du feu, et le laissa" (35, 26).
Dann begibt sie sich zur Herrin, die sie auf ihr Ge- ständnis hin nur mit leisem Vorwurf straft:
„II m'est difficile de te faire des reproches ä ce sujet. Ce- pendant il etait inutile pour moi de depenser en onguent precieux la valeur de cent vingt livres pour je ne sais qui" (36, 3).
Owein aber, befiehlt die Dame, soll dafür nicht hülsen, er soll gut verpflegt werden.
Das tut denn das Mädchen auch:
„eile le pourvut de nourri- ture, boisson, feu, lit, bains. jusqu'ä ce qu'il füt retabli" (36, 8).
Stilistisch bemeritenswert ist der Schlulssatz:
„Les poils s'en allerent de dessus son corps par touffes ecailleuses. Cela dura trois mois, et sa peau devint plus blanche qu'elle ne l'avait ete" (36, 10).
OWEIN -
In die Zeit des Aufenthaltes Ivains fällt ein Augriff des Grafen Alier auf das Schlofs. Die Bewohner eilen zu den Waffen, um das Besitztum der Herrin vor Plünderung und Zerstörung zu schützen.
IVAIN.
93
Ganz ähnlich wie an einer früheren Stelle (21, 24 und später) leitet M. die Alier- Episode ein:
..Un jour, Owein entendit du tumulte dans le chäteau, et un bruit d'armes ä l'in- terieur" (36, U).
Darauf heifst es wieder — genau wie oben:
„II demanda k la pucelle ce que signifiait ce tumulte" (36, 16).
Owein, der hier im Gegen- satz zu der französischen Fassung selbst die Initiative ergreift, bittet um ein Pferd, I das ihm auch bewilligt wird. I [. . . „les meilleures (cheval et j armes) du monde", heifst es wieder.] Ein weiterer Paralle- ! lismus mit der schon hier i mehrmals herangezogenen Stelle aus der Quellenfahrt findet sich in den folgenden Worten. Wie der Herr des gastlichen Schlosses lächelt,
„II me regarda et sourit" (9, 3), als Kynon seinen Plan vorträgt, so lacht auch die Gräfin:
„La comtesse se mit ä rire" (36, 27) als sie von Oweins Kampfesmut hört.
Schlielslich könnte man in diesem Sinne auch noch die Beschreibung des Pferdes m beiden Fassungen anführen. Hier wie dort erhält der Ritter
94
WALTEE GREINER.
— an der erstereii Stelle allerdings als Trost für sein Mifsgeschick — ein prächtiges Rofs, dessen Schönheit jV'de.s- mal über alles bisher Da- gewesene hinaus erhoben wird : . . . ,,je ne le donnerais pas encore pour le meilleur pa- lefroi de l'ile de Bretagne- (15, 11) und
... ,,il n'en a, assurement, Jamals eu en sa possession de pareils" (36, 29).
Owein erhält nun das Rofs. Vielleicht darf man in den Worten der Gräfin —
„J'aime mieux qu'il les prenne que de les voir devenir la proie de mes ennemis, I demain, malgre moi, et cepen- dant je ne sais ce qu'il veut en faire- (36, 30) — die sonst nicht recht ver- ständlich sind, da doch die Zofe von den Kampfesabsichten Oweins berichtet hat (36,26), eine weitere Parallele sehen und zwar zu den Worten des gastlichen Ritters:
. • • „si je ne croyais qu'il düt t'en arriver trop de mal, je t'indiquerais ce que tu cherches" (9, 4).
Und endlich f^ei noch das Aussehen des Pferdes selbst in beiden Stellen herangezogen, womit dieseGegenüberstellung. auf die zurückzukommen später Gelegenheit sein wird, beendet
OWEIN
IVAIN.
95
sei. Die beiden Stellen lauten: . . . „un palefroi brun fonce, k la criniere tonte rouge, aussi rouge que la pourpre, com- pletement eqnipe" (15, 5) und . . . „un gascon noir, parfait, portant une seile de hetre, et une armure complete pour cheval et cavalier" (37, 4).
Mit zwei Knappen als Be- gleitern bricht Owein nach dem feindlichen Heer auf, dessen Gröfse ganz aufser- ordentlich ist:
„En arrivant devant Tarmee du comte, ils ne lui virent ni commencement ni fin" (37, 8). [Man vergleiche hierzu die schon oben angeführte Stelle: „II ne Vit ni commencement ni fin aux troupes qui rem- plissaient les rues" (22, 9)].
Owein läfst sich den Stand- ort des Grafen bezeichnen, schickt die Knappen zurück und stürmt zum Angriff vor.
Ivain, dessen Kräfte unter der vorzüglichen Pflege zurück- gekehrt sind, vollbringt im Kampfe, an dem er sogleich teilnimmt, Wunder der Tapfer- keit, die die Dame vom Turm aus mit Bewunderung verfolgt:
(3235) „Onques ne fist de Du- randart Rolanz des Turs si grant essart An Roncevaus ne an Es- paingne".
Ö6
WALTER GREINER,
Aliers Leute werden zuiück- gescblageu, dieser selbst, der sich zur Flucht wendet, wird in der Nähe seines Herren- hauses (recet 3277) gefangen genommen.
Er mufs versprechen, sich in die Gefangenschaft der „dame de Noroison" (3287) zu begeben, dann führt ihn Ivain der Schlofsherrin zu.
Der Graf verpflichtet sich, von weiteren Angriffen auf das Land abzustehen, zudem den an ihrem Eigentum Ge- schädigten vollen Ersatz zu- kommen zu lassen. Damit gibt sich denn Ivain zufrieden und bricht auf.
Die Herrin ist über sein plötzliches Scheiden sehr er- zürnt, hat sie doch den treff- lichen Helden sich zum Gemahl ersehen; ihre bewundernde Zuneigung wandelt sich in Hafs, als sich Ivain durch nichts von seinem Entschlüsse abbringen läfst. Er reitet als- bald fort.
In einem Walde wird Ivain durch ein lautes Schmerzens- geschrei aus seinen Gedanken aufgeschreckt.
Der Gegner wird von Owein alsbald aus dem Sattel gehoben, dann als Besiegter zum Schlofs gebracht:
„En depit de toutes les difficultes, il arriva avec le comte au portail, aupres des ecuyers" (37, 19).
Owein übergibt seinen Ge- fangenen der Herrin mit den Worten:
„Tiens, voici, l'equivalent de ton onguent beni" (37, 22).
Nachdem dieser noch reich- liche Bufse versprochen hat:
„Pour avoir la vie sauve, le comte rendit ä la dame ses deux comtes; pour avoir la liberte, il lui donua la moitie de ses domaines ä lui, et tont son or, son argeut, ses joyaux et des otages en outre ainsi que tous ses vassaux"(37,24f.).
Dann scheidet Owein vom Hofe der Dame.
Diese bittet ihn, zu bleiben und bietet ihm Hand und Herrschaft an — alles ist ver- geblich. Owein reitet fort. Der Ausdruck ist wieder der schon mehrfach angeführte:
(Owein) ... „se dirigea vers les extremites du monde et la solitude" (37. 30).
Owein hört einen Schrei, der sich noch zweimal wiederiiolt:
... „il entendit un cri de douleur dans un bois, pnis un
OWEIN
IVAIN.
97
In einer Schlucht |
(3342) . . . „une parfonde gau- :
dine" findet er einen gar seltenen Kampf: eine Schlange ringt mit einem Löwen: (3348) „Vit un lion an un
essart Et un serpant, qui le tenoit Par la coe et si li ardoit Trestoz les rains de flame ardant". Nach kurzem Überlegen, wem er helfen solle, dem be- drängten Löwen oder der feuerspeienden Schlange, zieht er sein Schwert und geht dem Reptil zu Leibe, das er bald völlig zerstückelt; leider büfst der Löwe ein Stück seines Schweifes ein.
Nun erwartet Ivain den Angriff des Löwen, dem er doch neuen Schmerz bereitet hat, aber es geschieht ein Wunder:
(3392) „Oez, que fist li lions
donques!"
Der Löwe kommt auf Ivain
Zeitschrift 1. celt. Philologie Xu. 1.
second. puis un troisieme" (38, 2).'
Der Ursache nachgehend findet er
„une eminence rocailleuse au milieu du bois, (also wieder eine clairiere, ein tertre, wie später zu erörtern sein wird) et un rocher grisätre sur le penchant de la colline" (38, 4).
In einer Felsspalte „dans une fente du rocher" liegt eine Schlange mit einem Löwen im Kampfe.
Hervorgehoben sei hier noch, dafs M. die Farbe des Löwen als schwarz angibt (un lion tout noir 38, 8).
„Chaque fois que le lion essayait de s'echapper, le ser- pent s'elangait sur lui et le mordait" (38, 8).
Owein schlägt mit furcht- barem Hieb die Schlange mit- ten entzwei, dann reinigt er l sein Schwert.
98
WALTER GREINER,
ZU, dem er sich unter Tränen der Rührung ergibt: (3400) . . . „tote sa face moilloit De lermes par humilite"
Ivain trocknet sein Scliwert und zieht weiter.
Der Löwe begleitet ihn ständig und sorgt durch Er- jagen von Wild für Lebens- unterhalt. So führen beide ein gemeinsames Leben, der Löwe erhält von Ivain seine Nahrung und bewacht Ritter und Rofs zur Nachtzeit.
So ziehen sie umher und kommen eines Tages durch Zufall an die Gewitterquelle, (3490) „Tant qu'avanture a la
fontainne Dessoz le pin les amena", die natürlich in Ivain all den Jammer über sein Geschick Wiederaufleben läfst; er zieht sich, als er vor Schmerz zu- sammenbricht, durch einen un- glücklichen Zufall eine "Wunde mit seinem Schwerte zu.
Der treue Löwe mag nach diesem vermeintlichen Selbst- mord seines Herrn nicht weiter- leben, sein alsbald unternom- mener Versuch, auch sein Leben zu enden, wird noch im letzten Augenblicke durch Ivains Erwachen aus der Ohn- macht vereitelt. Ivain bricht nun in verzweifelte Klagen aus über sein verpfuschtes Leben (—3562).
Beim Weiterziehen sieht er, wie der Löwe nicht von seiner Seite weicht:
... ,,il vit le lion le suivre et jouer autour de lui comme un levrier qu'il aurait eleve lui-meme" (38, 14).
Owein läfst den Löwen an der herbeigeschafften Nahrung teilnehmen, sodals sich zwi- schen beiden ein förmlicher Vertrag herausbildet.
OWEIN — IVAIN.
99
Von der nahen Kapelle aus, die ja schon bei der früheren Beschreibung der Quelle er- wähnt wurde (v.393, 4), hat eine arme Gefangene Ivains Klagen mit angehört und ruft ihn nun an:
(3573) „Je sui", fet ele, „une cheitive, La plus dolante riens qui vive". Sie klagen nun beide um die Wette; jeder nimmt das gröfsere Leid für sich in An- spruch. Das Fräulein berichtet von ihrem traurigen Los: (3595) . . . „demain serai ceanz
prise Et livree a mortel juise".
Noch immer setzt Chrestien das Kunstmittel des Streites der beiden um das traurigste Geschick fort und läfst so die Gefangene ihre ganze Lei- densgeschichte nach und nach aufrollen. Der Grund ihrer Einkerkerung sei, dafs man sie des Verrates bezichtigt habe. Die Hoffnung, die ihr der Ritter bezüglich ihrer möglichen Befreiung macht,
Die Weiterführung der Er- zählung des Kymren wird nun mit einer überaus bezeichnen- den Stelle eingeleitet:
„Pendant qu'il etait ainsi occupe, il entendit un grand gemissement, puis un second, puis un troisieme, tout pres de lui" (39, 1).
Auf Oweins Fragen gibt sich die — eine nähere An- gabe über den Ort ihrer Ein- schliefsung fehlt völlig — Ge- fangene alsbald zu erkennen:
„Je suis Lunet, la suivante de la dame de la Fontaine" (39, 5).
100
WALTER GREINER.
weist sie zurück: Menschen gibt es, helfen können: (3625) „Li uns
nur zwei die ihr
est mes sire Gauvains, Li autre est mes sire Ivains", und gerade um diesen letz- teren dulde sie eigentlich so Schweres. Da gibt sich denn Ivain zu erkennen und ver- mutet mit Recht in der Ge- fangenen die hilfreiche Lunete. Sie erzählt nun ihr Schicksal seit Ivains Fortzug:
Sein Wortbruch hatte die Herrin in argen Zorn und glühenden Hals versetzt.
Der Seneschall, der ihr schon längst die Vertrauensstellung bei der Herrin nicht gönnte, erreichte durch Intriguen leicht ihre Gefangennahme. Findet sie innerhalb der gestellten Frist keinen Verteidiger, so soll sie den Tod erleiden.
Schuld an allem trage nur der Ritter, der vom Artushofe her gekommen sei, ihre Herrin geheiratet und dann treulos verlassen habe. Ihrem An- denken ist er noch heute teuer:
„C'etait pour moi un ami, celui que j'aimais le plus au monde" (39, 11).
Als sie den Ritter eines Tages gegen die Verleumdun- gen zweier Kammerdiener ver- teidigt habe, sei sie der Frei- heit beraubt worden. Wenn nicht der Ritter, der alles verschuldet habe, am fest- gesetzten Tage selbst zu ihrer Verteidigung erscheine, sei ihr Leben verwirkt. Ihre Hoffnung ist gering, da sie niemand hat, Owein zu suchen. Aber ihr Vertrauen auf ihn ist uner- schütterlich:
„Es-tu süre que si ce Cheva- lier le savait. il viendrait te
OWEIN
IVAIN.
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All ihr Suchen ist bisher vergeblich gewesen, auch am Artushofe habe man ihr nicht helfen können, da Gauvain nach der entführten Königin fahnde.
Unter der Bedingung, dafs er unerkannt bleibt, sichert ihr Ivain seinen Beistand zu, und die Zofe entlälst ihn mit herzlichen Wünschen für das Gelingen des Rettungswerkes.
defendre? — „J'en suis süre par moi et Dieu" (39, 21).
Tvain bricht nun mit dem Lö\v«Mi auf und gelangt zu einem befestigten Haus. Die
Owein teilt sein Mahl mit der Zofe, und sie plaudern bis zum Morgen. Auf seine Frage hin weist ihm das Mädchen den Weg nach einem Quartier. Die Beschreibung des Weges, der wieder von der Quelle ausgeht, sei hier, der Ähnlichkeit mit den ent- sprechenden Stellen in Kynons und Oweins Quellenfahrt we- gen, angeführt:
... „va lä, ä la traverse, suis le chemin le long de la riviere, et, au bout de peu de temps, tu verras un grand chäteau surmonte de nom- breuses tours. Le comte ä qui appartient le chäteau est le meilleur homme du monde pour ce qui est du manger" (40,1 f.).
Während der Nacht hat der Löwe treulich Wacht gehalten:
„Jamais guetteur ne veilla aussi bien son seigneur que ne fit le Hon pour Owein, cette nuit-lä" (40, 7).
Der Weisung des Mädchens folgend, gelangt Owein zum Schlofs.
102
WALTER GKEINER,
Knappen, die ihm zum Empfang entgegeneilen, weichen ent- setzt vor dem Löwen zurück. Ihr Verlangen, der Ritter möge doch das Tier draufsen lassen, schlägt Ivain mit der Zusicherung völliger Harm- losigkeit des Löwen ab. Die Begriifsung seitens derSchlofs- bewolmer ist überaus herzlich, und für einige Zeit herrscht eitel Jubel und Freude.
Doch bald tritt der Aus- druck schweren Kummers an die Stelle des Jubels; die Furcht vor einem unmittelbar bevorstehenden Schrecknis bannt schnell alle Fröhlichkeit: (3826) ... „d'une avanture s'e.s- maient, Qu'il atandent a l'andemain".
Der Löwe folgt ihm zahm, doch erweckt er überall Furcht:
„Le lion alla se coucher ä l'ecurie du cheval; aussi per- sonne de la cour n'osa ap- procher de celui-ci" (40, U).
Owein wird sehr gut auf- genommen:
„On soigna parfaitement son cheval, et on mit de la nourri- j ture an abondance devant lui" I (40, 12).
I Bei der Beschreibung des I Mahles fehlen nicht die ty- I pischen Worte:
„Nulle part, assurement, Owein n'avait vu un service aussi bien fait que la (40, 16). Unsägliche Traurigkeit la- gert aber auf allen Gesichtern: „Mais chacun des habitants etait aussi triste que la mort" (40, 17).
Am Mahle nimmt derSchlofs- herr nebst seiner schönen Tochter teil:
„Jamals Owein n'avait vu une personne plus accomplie qu'elle" (40, 20).
Der Löwe legt sich während des Mahles zu Oweins Füfsen und bekommt ebenfalls seinen Anteil.
Das einzig Störende ist die Leichenbittermiene der Tisch- genossen:
OWEIN — IVAIN.
m
Ivain erhält auf seine teil- nehmende Frage nach dem Grunde der Bestürzung als- bald den folgenden Bescheid:
Die schwere Bedrängnis rührt her von einem Riesen, Harpin de la Montaingne, der des Schlolsherrn schöne Toch- ter begehrt und diesem als Rache für deren Verweigerung ständig schweren Schaden zu- fügt. Auch die sechs Söhne des Schlolsherrn j die in der Blüte ihrer Jugend stehen — (3863) ... „ sis fiz Chevaliers
avoie, Plus biaus el monde ne savoie" — hat er geraubt; zwei haben schon den Tod von ihm emp- fangen, und die übrigen werden morgen ihr Leben lassen müs- sen, wenn nicht ein Vertei- diger sich findet oder wenh nicht ihre Freiheit mit der Preisgabe der Tochter erkauft wird. Keinen Tag sind sie bis- her vor dem Wüten des Riesen (jaianz 3856) sicher gewesen.
„Le seul defaut qu'Owein trouva lä, ce fut la tristesse des habitants" (40, 24).
Auch hier schweigt man wieder" bis zur Mitte des Mahles, wie schon an den früheren Stellen (8, 18 und 17, 7):
„Au milieu du repas, le comte souliaita la bienvenue ä Owein" (40, 25).
Owein fordert zum Froh- sinn auf:
„II est temps pour toi" dit Owein, „d'etre joyeux" (40, 26) und erhält sogleich einen Bericht über die Ursache des Schreckens:
Ein Ungeheuer
[. . . „un monstre, qui tue les hommes et les mange". . . (41, 2).
„II a figure d'un homme, mais pour la taille, c'est un geant" (41, 6).]
aus dem Gebirge habe seine beiden Söhne auf der Jagd geraubt und drohe mit deren Ermordung vor den Augen des Vaters, wenn nicht ihm die Tochter ausgeliefert werde.
Owein hat auf alles dies nur wieder (man vergleiche die Erwiderung auf die Schil- derung von der Notlage der verwitweten Gräfin 35, 23) die Antwort:
„C'est. as.sur6ment. triste". (41, 7).
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WALTER GREINER.
Auf Ivains Vorwürfe, warum er sich denn nicht an des Königs Artus Hof gewandt habe, erwidert der Schlofsherr, dal's ja niemand wisse, wo der treffliche Gauvain sei, der den Entführer der Königin suche. Ivain, der ja, wie wir wissen, am gleichen Tage noch eine grolse Waffen tat vorhat, ver- spricht Hilfe zu leisten und hält sein Wort auch der Mutter (einerSch westerGauvains 3983) und der Tochter gegenüber. Zur Charakteristik seines — schon mehrfach angedeuteten — ritterlichen Sinnes dienen die Verse 3978 f., in denen er den Dank der Unglücklichen ablehnt. Da kehrt denn wieder Hoffnung und Freude ins Schlofs ein; es folgt die Nacht- ruhe. Bezeichnend für den höfischen Dichter ist der Ex- kurs 40001, in dem erörtert wird, dafs Ivain doch nichts Unmögliches versprochen hat,
Auf die Frage, wofür er sich denn nun entscheiden wolle, entgegnet der Schlofs- herr, dafs er lieber die Söhne opfere als die Tochter ge- schändet sehe:
„Je trouve, en verite, plus digne de lui laisser detruire mes fils qu'il a eus malgre moi, que de lui livrer, de ma main, ma fiUe pour la souiller et la tuer'^ (41, 9).
Etwas unvermittelt — da doch Owein noch gar nicht sich zur Hilfeleistung ver- pflichtet hat — kommen mir die Worte vor:
„Et ils s'entretinrent d'autres sujets" (41, 12).
Owein bleibt die Nacht im Schlofs.
OWEIN — IVAIN.
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wie es zunächst scheinen mag. Denn wenn der Riese früh am Morgen kommt, bleibt dem Helden noch Zeit genug, die Rettung der Lunete auszu- führen.
Am anderen Morgen warten sie lange vergeblich auf das Erscheinen des Riesen; als die Zeit der Messe und des Kirchen- gebetes vorbei ist, teilt Ivain den Schlofsbewohnern seinen unerschütterlichen EntschluTs zum Weiterzug mit; eine ernste Pflicht rufe ihn weg. Diese Nachricht weckt natürlich bei allen neue Bestürzung, wieder dringen sie in ihn, und Ivain steht in furchtbarem Seelen- kampfe unentschlossen da, aus dem er erst durch das plötz- liche Erscheinen des Riesen erlöst wird,
Chrestien gibt — bei M. fin- det sich nichts dergleichen — eine nähere Beschreibung des grälslichen Zuges.
Der Riese führt die Jüng- linge mit sich, die er grausam milshandelt: (4092) . . . „a son col un pel
tenoit Grant et quarre, agu devant, Dont il les botoit mout sovant".
Diese selbst sitzen, elend bekleidet, auf Schandmähren, und ein tückischer Zwerg fol- tert sie unaufhörlich:
Am andern Morgen kündet schreckliches Getöse das Nahen des Riesen (man vergleiche wieder den typischen Aus- druck!):
.,Le lendemain, ils enten- dirent un bruit incroyable: c'etait le g^ant qui venait avec les deux jeunes gens" (41, 14).
106
WALTER GREINER,
(4106) „N'onques ne les finoit
de batre
D'une corgiee a quatre neuz,
Don mout cuidoit faire que
preuz ; Si les batoit si qu'il seignoient". Vor der Burg angekommen, wiederholt der Riese seine grausamen Bedingungen, die den unglücklichen Vater in hellen Grimm und furchtbare Klagen ausbrechen lassen. Ivain bereitet sich zum Kampf und zieht unter den Segens- wünschen aller hinaus. Auf die hohnvollen Schmähreden des Gegners läfst sich Ivain gar nicht ein; er schlägt dem Gegner schlimme Wunden, bricht aber selbst unter den schrecklichen Streichen des Riesen zusammen. Da greift der Löwe in den Kampf ein, um seinem Herrn zu helfen!
Owein bricht mit dem treuen Löwen zum Streite auf.
Der Löwe beteiligt sich von Anfang an am Ringen, und zwar, wie es heifst:
„Le lion se battait avec lui avec plus de succes qu'Owein" (41, 21).
Auf das voller Hohn ge- äulserte Verlangen des Riesen sperrt Owein den Löwen ins Schlols ein und begibt sich alsbald zur Fortsetzung des Kampfes, die vom treuen Tiere, das den Verlauf beobachten kann, mit wütendem Gebrüll begleitet wird. Als der Löwe seinen Herrn in furchtbarer Bedrängnis sieht, überspringt er die trennenden Mauern und eilt ihm zu Hilfe.
OWEIN — IVAIN.
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Schwere Wunden bringt er dem Riesen bei, und ein mit übermenschlicher Kraft ge- führter Hieb Ivains lälst ihn endlich tot zusammenbrechen. Durch das Getöse seines Falles erschreckt, eilen die Burg- bewohner herbei, und eitel Freude herrscht über den glücklichen Ausgang. Ivain fordert, die Geretteten sollen sich mit dem tückischen Zwerg als Beute Gauvain vorstellen: (4280) „Car per neant fet la
bonte, Qui ne viaut qu'ele soit seüe", und auf die Frage nach seinem Namen nennt er sich den „Löwenritter":
(4291) . . . „li Chevaliers au Liou Vos dis, que je avoie non".
Nun gibt es für Ivain keinen Aufenthalt mehr; trotz aller Bitten eilt er fort, die Zofe zu retten. Das Anerbieten des Schlolsherrn, die Söhne als Waffengenossen mit sich zu nehmen, lehnt er ab, allein mit seinem Löwen macht er sich auf den Weg.
Er kommt gerade im Augen- blicke höchster Not an. Der Richtprozefs ist bereits im Gange; man hat die Gefan- gene schon aus der Kapelle herausgeführt, entkleidet und gefesselt, um sie den Flammen zu übergeben.
Das Vertrauen auf seine gute
Den mächtigen Streichen des Löwen erliegt der Gegner bald; er sinkt tot zu Boden.
Nun gibt 0 wein dem Schlols- herrn seine Söhne wieder.
Owein weist alle Bitten, I doch noch zu bleiben, zurück I und eilt zur Befreiung der Lunete.
Bei seiner Ankunft an der Richtstätte ist der Scheiter- haufen bereits entzündet, eben schleppt man das Opfer herbei:
. . . „deux beaux valets bruns, aux cheveux frises, amenaient la pucelle pour l'y jeter" (42, 7).
lOS
WALTER GREINEB,
Sache gibt ihm Mut, er stürzt eilends vorwärts und erhebt mit lauter Stimme Einspruch gegen die Ungerechtigkeit. Er sieht Lunete, die bereits ganz in ihr trauriges Los ergeben ist, und fragt sie nach den Anklägern, Diese sind Keu und seine beiden Brüder, auf deren höhnische Reden hin Ivain die Verteidigung der Zofe alsbald übernimmt. Der von Keu gestellten Bedingung, der Löwe dürfe nicht am Kampfe teilnehmen, unterwirft sich Ivain sogleich.
In sinnloser Wut stürmen die drei Gegner auf Ivain los, in blindem Eifer zersplittern sie ihre Lanzen. Dem beson- neneren Ivain gelingt es, den Seneschall durch einen mäch- tigen Stols mit der Lanze zu Boden zu werfen, wo er re- gungslos liegen bleibt. Noch immer hat sich Ivain der wütenden Streiche der beiden anderen Gegner zu erwehren, und als dann noch derSeneschall, der sich von seiner Betäubung erholt hat, wieder in den
Auf die Frage Ivains berufen sie sich auf den bestehenden Vertrag; die Frist sei abge- laufen und der Retter Owein nicht erschienen. Oweins An- trag, für den Fehlenden ein- treten zu dürfen, wird an- genommen.
So beginnt denn der Kampf; Owein hat schweren Stand gegen die beiden Gegner, so dafs der Löwe wieder ein- greift. Auf ihr Verlangen sperrt er das Tier in die Kapelle ein, deren Ausgang er mit Steinen verrammelt.
IVAIN — OWEIN.
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Kampf eingreift, scheint der Retter zum grolsen Schmerz der Umstehenden verloren.
Da verläfst der Löwe sein Gefängnis und stürzt sich zu- nächst auf Keu, der bald mit tödlichen Wunden am Boden liegt. Der treue Löwe, dem die beiden Überlebenden schwere Wunden zufügen, wird wieder von Ivain unterstützt, und die Gegner eigeben sich.
[Auf einen Parallelismus möchte ich aber an dieser Stelle doch noch aufmerksam machen. Es handelt sich um die Beschreibung der Wunden, die der Löwe schlägt. Die ent- sprechende Stelle bei M. ist dem unmittelbar vorhergehen- den Kampfe mit dem Riesen entnommen :
(Der Löwe) (4526) „Fet del hauberc volar les mailies, Et contre val si fort le sache, Que de l'espaule li esrache Le tandron atot le coste. Quanqu'il ataint l'an a oste Si que les antrailles li perent".]
Nicht nur der wackre Strei- ter selbst, auch der Löwe hat schwere Wunden erlitten, aber Lunete ist frei: (4576) „Ore est Lunete bau- de et liee, Quant a sa dame est acordee.
Owein gerät trotz tapfer- sten Wehrens durch die Über- macht der Gegner in arge Bedrängnis, sodafs der den Kampf wiederum beobachtende Löwe seinen Kerker abermals sprengt, um Hilfe zu leisten. In kurzer Zeit liegen die Gegner von des Löwen Streichen niedergestreckt, am Boden.
(Le lion) „donna, sur l'epaule du grand homme, un tel coup de griffe, qu'il le dechira jusqu'ä la jointure des deux hanches, et qu'on voyait les entrailles lui sortir du corps" (41, 30 f.).
M. leitet hier den Abschluls des Abenteuers ein:
110
WALTER GREINER,
Si ont tel joie demenee. Que nule janz si grant ne firent". Die beiden Gegner Ivains werden zum Feuertode ver- urteilt, „und das mit Recht!" sagt Chrestien: (4572) „Car ce est reisons de
justise, Que eil, qui autrui juge a tort, Doit de cele meisme mort Morir que il li a jugiee".
C'est ainsi qu'ils sauv^rent Lunet du feu" (43, 2).
Bei M. schliefst hier die eigentliche Handlung, und die \ folgenden Zeilen sind ganz — ihrer Form und ihrem Inhalt nach — auf den Ton gestimmt, in den die meisten unserer Volksmärchen ausklingen:
„Owein et Lunet allerent ensemble aux domaines de la Dame de la Fontaine; et quand Owein en sortit, il emmena la dame avec lui ä la cour d' Arthur, et eile resta sa femme tant qu'elle vecut"(43,3).
Auf das Schicksal der — nun doch verwaisten — Quelle wird mit keinem Worte Bezug genommen. Dieser Umstand wird für die Beweisführung mit heranzuziehen sein.
Mit diesem Abenteuer, nach dem also Owein die Versöh- nung mit seiner Dame erlangt, schliefst die eigentliche Hand- lung der kymrischen Erzäh- lung. Die noch folgende — dem Chrestienschen „Pesme
IVAIN — OWEIN.
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Avanture" entsprechende — Schilderung von Abenteuern ist durch die oben angeführten Schlufsworte deutlich als Epi- sode gekennzeichnet. Von ihr und über Vor- und Nachteile einer jeden der beiden Fassun- gen wird an späterer Stelle zu handeln sein.
Eitel Jubel und Freude herrscht nun über das Gelin- gen des Rettungswerkes, wieder wird der gefeierte Held zum Verweilen eingeladen. Alles lehnt er ab; er kennt nur das eine Ziel: Die Versöhnung mit Laudine.
Um nun die weitere Aus- spinnung der Handlung zu rechtfertigen, greift Chrestien zu einem Kunstmittel. Laudine selbst, die den Retter der Zofe, der sich „der Löwen- ritter" nennt, nicht erkennt, bittet ihn, zu bleiben. Seine Strafe sei doch nun verbüfst, meint sie. Aber alles ist ver- gebens, und so lälst sie denn Ivain weiterziehen, der ihr im Augenblick des Scheidens noch eine ziemlich deutliche An- spielung auf beider Verhältnis zuruft: (4632) „Dame, vos an portez
la clef, Et la serre et l'escrin avez, Ou ma joie est, se nel savez".
In gi'ofser Besorgnis scheidet Ivain vom Hofe; Lunete. die
112
WALTER GREINER,
ihn ja allein kennt, muXs Schweigen geloben. Grolse Sorge bereiten Ivain die Wun- den des Löwen, die das wackere Tier so geschwächt haben, dals er es — weich gebettet auf seinem Schild — tragen muXs.
Das nun folgende Abenteuer, das die Entscheidung des Erb- streits der beiden Schwestern (der Töchter des Herrn de la Noire Espine) zum Gegenstand und den schon oben der kym- rischen Fassung gegenüber- gestellten — Zweikampf Ivains mit Gauvain zum dramatischen Höhepunkt hat, ist nun aus- schlielsliches Eigentum des Romans. Ihm entspricht im Mabinogi rein nichts. Die Handlung sei in den folgenden Zeilen in grolsen Zügen um- rissen. Bemerkt sei noch, dals in den Rahmen dieses Aben- teuers Chrestien die schon oben erwähnte — vom Kymren als völlig losgelöste Episode behandelte — Geschichte vom „Chastel de Pesme Avanture" eingefügt hat.
Voraus geht Ivains Unter- kunft in dem Schlosse eines gastfreien Ritters, wo seinen und des Löwen Wunden die sorgsamste Pflege zuteil wird.
Dann (4703 f.) beginnt die Schilderung des eigentlichen Abenteuers, die sich über 400 Verse erstreckt.
OWEIN
IVAIN.
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Nach dem Tode des „Herrn vom Schwarzen Dorn" ist ein wilder Streit um Nachfolge und Erbe zwischen den beiden Töchtern entbrannt. Die ältere sucht am Königshofe Schutz und Beistand und findet Gau- vain, der inzwischen zurück- gekehrt ist, als Streiter für ihre Sache, die andere macht sich auf die Suche nach dem „Löwenritter", dessen Ruhm die ganze Welt erfülle und den zu finden ihr nach vielen Mühen endlich auch mit Hilfe der Lunete gelingt.
Auf dem Wege — Ivain ist alsbald zur Hilfeleistung be- reit — gelangen sie an das grausige Schlofs, das „Chas- tel de Pesme Avanture".
Ein sonderbarer Empfang wird ihnen hier zuteil: alle Leute, denen sie begegnen, warnen ängstlich vor dem Be- treten des Schlosses, besonders eindringlich sind die Mahn- worte einer alten Dame, die ihm von der schlimmen „co- stume" berichtet. Doch alle Warnungen sind vergeblich; Ivain und der Löwe folgen dem Pförtner ins Schlofs.
Ivain gelangt in einen wei- ten Saal,^ die Arbeitsstätte der Seidenweberinnen, die — nahezu dreihundert an der Zahl (5194) — mit kostbarer Arbeit beschäftigt sind.
Zeitschrift f. celt. PLüologie XII, 1.
M. leitet seinen Bericht mit einer kurzen Zusammenfassung des Ganzen ein:
„Alors il (Owein) prit le chemin de la cour de Du Traws (le Noir Oppresseur), et se battit avec lui. Le lion ne quitta pas Owein avant qu'il ne l'eüt vaincu" (43, 8).
Im Saale des Schlosses sieht Owein 24 Frauen von be- rückender Schönheit:
„vingt-quatre femmes, les plus accomplies qu'il eüt jamais vues" (43, 12).
114
WALTER GREINER.
In ihrem Äufseren bieten sie den Anblick ärgster Dürf- tigkeit: (5199) . . . „desliees et des-
Qaintes An i ot de povrete maintes, Et as memeles et as cotes Estoient lor cotes derotes Et les chemises as cos sales".
Hunger und Not stehen auf ihren Gesichtern geschrieben, und der Anblick Ivains lälst sie alsbald in Tränen und Klagen ausbrechen.
Der Pförtner schilt und bedroht Ivain' heftig; da er ablehnt, auf des Ritters Frage hin nähere Auskunft über das Schicksal der Mädchen zu geben, sucht Ivain selbst sich Klarheit zu verschaffen. Er wendet sich an die Arbeite- rinnen selbst und erhält fol- genden Bescheid:
(5256 f.) Vor langen Jahren sei einmal der König der Jung- fraueninsel auf einer For- i schungsreise auch zu diesem i Schlofs gekommen. Den Kampf i mit den das Schlofs bewoh- i nenden Teufelssöhnen — (5271) . . . „deus fiz de deable, Si nel tenez vos mie a fable!" fürchtend, erklärt sich der tölpelhafte König zu jedem Tribut bereit. Man einigt sich nun auf dreilsig Jungfrauen während jedes Jahres der Lebensdauer der beiden Un-
Aber ihr Aussehen ist über- aus ärmlich und spricht von bitterer Not:
„Elles n'avaient pas, sur elles toutes, pour vingt-quatre sous d'argent, et elles etaient aussi tristes que la mort" (43, 13).
Auf seine Frage nach dem Grund ihres Schmerzes be- richten sie ihm:
Sie sind mit ihren Männern einst hierhergekommen und freundlich aufgenommen wor- den. Dann, während man sie in einen Zustand der Bewufst- losigkeit versetzt habe, seien ihre Gatten getötet, sie selbst aber all ihrer Habseligkeiten beraubt worden. Die Leichen der Gemordeten aber finden sich mit vielen anderen Op- fern zusammen noch im Schlofs,
OWEIN — IVAIN.
its
getüme. Am selben Tage, an dem diese den Tod erleiden, ist auch die Stunde ihrer (der Mädchen) Befreiung gekom- men. Aber ihre Hoffnung ist fast geschwunden. Die beiden Ungetüme knechten sie schwer, kläglich ist der Lohn ihrer Arbeit. Und stets packt sie neuer Schmerz, wenn ein neues Opfer das Schleis betritt, denn noch keinem der zahlreichen j Ritter ist es geglückt, den Kampf mit den Ungetümen lebend oder gar als Sieger zu überstehen.
Alles das hat sich auf einem Hof (prael 5191, 5228) ab- gespielt; die Burg selbst — ein vielleicht nicht zu unter- schätzender Zug — ist voll- ständig menschenleer: (5347) „Lors va tant, qu'il vint an la sale, N'i trueve jant buene ne male". Hierauf gelangt Ivain in einen Garten, sein „Gefolge" — (5360) „Mes sire Ivains el vergier antre Et apres lui tote sa rote", womit doch eigentlich nur das Fräulein und der Löwe ge- meint sein können — mit ihm. Hier bietet sich seinen Augen ein liebliches Bild, ein Idyll nach all dem Traurigen. Ein liebreizendes Mädchen sitzt im Garten und liest den Eltern vor. Beim Nahen Ivains sprin-
und auch Owein, so fürchten sie, wird deren Zahl nur ver- mehren.
Owein trifft mit dem Noii' Oppresseur zusammen, der ihn freundlich begrüfst:
„II Vit venir ä lui un Che- valier qui l'accueillit avec autant de courtoisie et d'af- fection qu'un frere: c'etait le •Noir Oppresseur" (44, 7).
116
WALTER GREINER.
gen alle auf und begrüfsen ihn auf das herzlichste, bieten ihm auch, als der Abend naht, ein gutes Quartier.
Am andern Morgen — nach der Messe (5457) — will Ivain weiterziehen, was ihm aber vom Herrn des Schlosses ver- wehrt wird. Erst muls er sich der strengen Satzung des Schlosses unterwerfen. Er muf s gegen die beiden Ungetüme kämpfen, denen sich jeder Besucher des unheimlichen Schlosses entgegenzustellen hat. Der Preis des Siegers ist die schöne Tochter des Schlolsherrn. Ivains Weige- rung, um diesen Lohn zu kämpfen, versetzt den Ritter in argen Grimm, er vergiXst sich so weit, dem Löwenritter Feigheit vorzuwerfen. Um diese Beleidigung von sich abzu- wehren, greift Ivain zu den Waffen und bereitet sich zum Kampf gegen die herankom- menden Ungetüme — „Li fil au netun" werden sie 5513 genannt (über ihre Ableitung sehe man Settegasts Ivain- studie). Ihr Anblick ist so schaudervoll, dals selbst der Löwe sich mit Grausen wen- det (5525—5535); er gerät in furchtbare Erregung und Kampfeswut. Auf Verlangen der Gegner muls Ivain ihn einsperren.
OWEiy
IVATN.
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Dem überaus heftigen und wilden Anstunn der Böse- wichter vermag Ivain nicht zu widerstehen; furchtbar sind die Hiebe, die sie mit ihren- Keulen austeilen.
Der Löwe, der von seinem Gelals aus die Bedrängnis seines Herrn sieht, bricht aus und eilt ihm zu Hilfe. Der eine der Gegner wird getötet, der andere bittet um Gnade.
Nach diesem glücklichen Ausgange eilen alle Schlofs- bewohner herbei, ihre Freude kundzugeben. Die Hand des schönen Fräuleins muXs Ivain leider zurückweisen, er erbittet sich dafür die Befreiung der armen Mädchen, die ihm auch gern bewilligt wird. Auf eine nochmalige Weigerung Ivains hin, die Hand der Tochter zu nehmen, gerät der Schlols- herr, der sich schwer belei- digt glaubt, in heftigen Zorn und wird nur mit Mühe durch das Versprechen Ivains be- sänftigt, er werde nächstens wiederkommen und um die Hand des Fräuleins anhalten.
Unter dieser Bedingung darf Ivain endlich weiter- ziehen, mit ihm gehen die befreiten Arbeiterinnen , die ihren Retter aus Dankbarkeit ein Stück geleiten.
Der Begegnung folgt un- mittelbar Herausforderung und Kampf.
Owein bleibt Sieger, und der Ritter ergibt sich und bittet um Schonung seines Lebens.
Bemerkenswert ist der erste Satz seiner Rede, auf den später wieder zu verweisen sein wird:
„Seigneur Owein, il 6tait predit que tu viendrais ici pour me soumettre. Tu es venu et tu l'as fait" (44, 17).
Um das Leben zu retten, verspricht er, sein schändliches Treiben aufzugeben:
„J'ai ete en ces lieux un spoliateur, et ma maison a ete une maison de depouilles; donne- moi la vie, et je deviendrai I hospitalier, et ma maison sera un hospice pour faible et fort,
■ tant que je vivrai, pour le : salut de ton äme" (44, 19).
I Am anderen Morgen bricht ! Owein mit den armen Ge- ' fangenen auf:
; . • . „il emmena avec lui les
'. vingt-quatre f emmes avec leui*s
chevaux, leurs habits, tout ce
qu'elles avaient apporte de
■ biens et de joyaux" (44, 24 f.)
118
WALTER aKEINER.
Unterwegs trennen sie sich; die Frauen suchen ihre Heimat auf, und Ivain zieht weiter, den Erbstreit der Schwestern zu schlichten.
Im Folgenden sei nun der Abschlufs der Handlung beim französischen Roman kurz skizziert. Ivain kommt mit dem Fräulein und der hilfe- suchenden Tochter des „Herrn
Er bringt sie zum Artus- hofe, wo sie gastlich auf- genommen werden und von wo aus sie zum Teil ihrer Heimat zustreben. Grofse Freude herrscht über Oweins Wiedererscheinen :
„Si Arthur s'etait raontre joyeux vis-ä-vis de lui au- paravant, apres sa premiere disparition, il le fut encore plus cette fois" (45, 3).
Auf die Schlufs Worte des kyinrischen Berichtes, die Spu- ren eines weiteren Abenteuers enthalten,
— „Owein resta, ä partir de lä, k la cour d' Arthur, comme Penteulu, tres aime d' Arthur, jusqu'ä ce qu'il retourna vers ses vassaux, c'est-ä-dire les trois Cents epees de la tribu de Kynvarch et la troupe des corbeaux. Partout oü il allait avec eux. il etait vainqueur" (45, 8) -
wird an späterer Stelle zurück- zukommen sein.
Damit schliefst der Text des Kjinren:
„ Cette histoire s'appelle l'histoire de la Dame de la Fontaine" (45, 14).
IVAIN — OWEIN.
119
vom Schwarzen Dorn" endlich am Königshofe an; den Löwen hat Ivain im letzten Quartier zurückgelassen, da er an dem ritterlichen Kampfe nicht teil- nehmen darf.
So stehen denn gar bald die beiden Freunde, die einan- der nicht erkennen, sich als grimme Feinde auf dem weiten Kampfplan gegenüber: „so wohnen Liebe und Hafs dicht nebeneinander", sagt Chrestien in einer längeren Betrachtung.
Der Verlauf des Kampfes | — er endet unentschieden — wurde ja schon an früherer Stelle dem entsprechenden Berichte des Kymren gegen- übergestellt. Durch Ausgleichs- versuche des Hofes, die aber alle an dem Starrsinn der erbgierigen Schwestern schei- tern, zeitweilig unterbrochen, setzt sich der Kampf lange Zeit immer wieder unent- schieden bleibend fort, und erst die Erkennungsszene macht ihm ein Ende. Der Erbstreit der Schwester wird schlielslich durch eine „forma- listische Überrumpelung" der älteren seitens des Königs geschlichtet. Nach Beendigung des Kampfes findet sich auch der Löwe wieder bei seinem Heri-n ein.
Nun strebt die Handlung mit Macht dem Ende zu. Ivain
120 WALTER GBEINER,
fafst den Entschluls — was er eigentlich nach Lage der Verhältnisse schon längst hätte tun können und sollen — die Dame von der Quelle, die un- versöhnliche Laudine, zur Nachgiebigkeit zu zwingen. Sein Plan ist der: er will zur Gewitterquelle ziehen und von dort aus durch unaufhörliche Angriffe den Starrsinn der Herrin beugen.
Wieder ist es Lunete, die schlaue Zofe, die endlich die Versöhnung in die Wege leitet. Wieder spielt ihre List, die ja von jeher ihr hervortre- tender Charakterzug im Ver- laufe der Handlung war, eine grolse Rolle. Die letzten Verse des Romans bringen uns noch gleichsam ein „Moment der letzten Spannung" : noch ganz kurz vor dem Gelingen des Versöhnungswerkes scheint alles wiederum an der Hart- näckigkeit der Herrin zu scheitern, bis sie endlich, um das der Zofe gegebene Ver- sprechen nicht zu brechen — die ganze Handlung zeigt in ihrer Anlage viel Ähnlichkeit mit den Szenen, die die Wer- bung Ivains um Laudine schil- dern — ihren und Ivains Bitten sich geneigt zeigt und Ivain wieder unter aller Jubel und Freude in sein Heim einzieht.
OWEIN — IVAIN. 121
Zweiter Abschnitt. Untersuchungen über den Stilcharakter beider Werke.
Es wird sich auf den nun folgenden Seiten zunächst lediglich um eine Feststellung von Tatsachen handeln, — um eine (sit venia verbo!) „Aufnahme des Tatbestandes" unter Zugrundelegung der vorhergehenden Gegenüberstellung.
Um einmal in dem bereits gewählten Bilde zu bleiben: Vielgestaltig und gar heftig sind — wie schon in der Ein- leitung hervorgehoben wurde — die Vorwürfe, die man dem Kymren machte und die man noch heute von der gleichen Seite her — teilweise etwas verändert, teilweise aber noch in der ursprünglichen Form — aufrechterhält. Mehr oder minder scharf in ihrer jeweiligen Fassung, haben sie doch alle einen gemeinsamen Kernpunkt: die Behauptung, der Kymre habe den französischen Roman einfach übertragen. Wie man sich dann bei der Verfechtung dieser Ansicht mit den nicht wegzuleugnenden echt keltischen Bestandteilen abzufinden weifs, die, wie zu erörtern sein wird, an das innerste Gefüge des Stoffes heranreichen, dafür soll an späterer Stelle ein bezeichnendes Beispiel gebracht werden.
Knüpfen wir an an ein Wort Ph. Aug. Beckers aus der schon mehrfach erwähnten „Besprechung" (lucus a non lucendo!) des Zenkerschen Werkes im Literaturblatt 1913, Heft 1. Dort ist von einem „grofsartigen Parallelismus" der französischen und der cymrischen Fassung die Rede, der sich bis zu dem Punkte der Handlung erstrecken soll, an dem der Löwe in den Gang der Geschehnisse eingreift.
Wird diese Behauptung durch die wirkliche Sachlage gerechtfertigt? — Dieser Frage sei zuerst nähergetreten.
Ich möchte nun in meiner Stellungnahme zu Beckers Ansicht fast noch weiter gehen als Zenker und nicht lediglich die „Grolsartigkeit" dieses Parallelismus, soweit man von einem solchen im strengen Sinne eigentlich reden kann, in Frage stellen. Dafs er — selbst wenn er in vollstem Mafse vorhanden wäre — an sich nicht beweiskräftig ist, dafs die Inhaltsgleichheit oder gar nur Ähnlichkeit zweier Werke aus sich selbst heraus keinesfalls den Schlufs rechtfertigt, das
122 WALTER GREINER,
eine sei vom anderen abhängig, ist ja schon des öfteren dar- getan worden.
Der Beckerschen Behauptung nun im besonderen, dieser Parallelismus ziehe sich durch die Handlung beider "Werke bis zum Eingreifen des Löwen, sei hier auf Grund der eben durchgeführten Gegenüberstellung beider Fassungen, die in dieser erweiterten Form erst in letzter Stunde der Arbeit eingefügt wurde, entschieden entgegengetreten. Gleich die ersten Blätter unserer Texte zeigen in vielen Punkten — nicht lediglich des von den Gegnern so oft angeführten „äulsereu Beiwerks", sondern auch des innersten psycho- logischen Gefüges — eine teils geringere, teils erhebliche Abweichung.
Hätte sich wohl der Kymre, der den Roman des Franzosen überträgt und zur Unterhaltung seiner Landsleute zurecht- stutzt, die farbenprächtigen, lebensvollen Schilderungen z.B. des glänzenden Hoftages entgehen lassen? Dafs er Sinn für dergleichen hat, zeigt doch deutlich genug seine im Gegen- satz zu Chrestien weiter ausgesponnene Beschreibung des prunkvollen Leichenbegängnisses, von der noch im Verlauf dieses Abschnittes Proben gegeben werden sollen. Wohl finden wir auch im Mabinogi Berichte von schimmernder Pracht und von Luxus, von Gold, Silber und köstlichem Geschmeide, — aber, wie zu zeigen sein wird, gerade nicht am Königshofe, sondern an anderen Stätten, die dadurch einen gar eignen Glanz gewinnen.
Wie schon Brown in seiner mehrfach angeführten Ab- handlung (On the independent character of the Welsh Owein) ausdrücklich hervorhebt, ist aus diesem Abschnitt allein, der ja lediglich die Ergebnisse der Gegenüberstellung vereinen soll, eine endgültige Lösung der gesamten Frage logischer- weise nicht zu erwarten: „Within the limitations of this method a thorough settlement of the question is perhaps impossible."
Damit dürfte auch die von Becker aus dem Parallelismus gezogene Schlufsfolgerung gerichtet sein.
Nichtsdestoweniger ergeben sich doch schon hier .eine Reihe wesentlicher Punkte, die als eine wichtige Stütze des Folgenden nun zunächst behandelt werden sollen.
OWETN — TVAIN. 123
Es sei hierbei mit der am meisten auffallenden Er- scheinung begonnen.
Das Mabinogi bleibt an Umfang ganz erheblich hinter dem Romane Chrestiens zurück. Das ist eine bekannte Tat- sache, die auch in der Mehrzahl der einschlägigen Schriften Erwähnung findet.
Geht man nun den Ursachen dieses auffallenden Unter- schiedes im Umfange nach, so ergeben sich deren haupt- sächlich zwei:
1. Die kymrische Fassung lälst ganze Stücke, ja stellen- weise ganze Abenteuer vermissen, die bei dem Franzosen mehr oder minder weit ausgeführt sind.
2. Das Tempo der Erzählung, des Fortschreitens der Handlung, ist in der wälschen Erzählung ein völlig anderes — ein im Ganzen wesentlich strafferes, zielbewufsteres.
In den Einzelheiten werden beide Punkte noch an späterer Stelle genauer zu behandeln sein.
Und eine weitere Beobachtung ergibt sich hier: Wie schon Othmer seinerzeit für das Verhältnis des kymrischen Gereint zum französischen Erec fand, ist das Mafs der Kürzung nicht in allen Teilen — durch den gesamten Verlauf der beiden Werken gemeinsamen Handlung hindurch — das gleiche. Wie in grolsen Zügen bereits der vorangehenden Gegenüber- stellung Owein-Ivain zu entnehmen ist, laufen im Anfang — in der Exposition der Handlung — beide Fassungen in engerer Berührung nebeneinander her als in den späteren Teilen, doch geht — es sei dies hier noch einmal hervorgehoben — die Beckersche Annahme eines „grolsartigen Parallelismus" selbst inbezug auf diesen ~ einleitenden — Teil der Erzählung noch zu weit.
Edens hat in seiner Schrift (Seite 50 f.) ein ganz über- sichtliches Schema aufgestellt, das zeigen soll, wie sich die einzelnen Teile des Chrestienschen Erec inbezug lediglich auf den Umfang zu den ihnen inhaltlich entsprechenden Stücken des Mabinogi verhelten.
Zu diesem Zwecke hat er eine rein äulserliche Zer- gliederung des französischen Textes in Abschnitte von je 500 Versen vorgenommen. Auf Grund einer Umfangsver- gleichung dieser Abschnitte mit den entsprechenden Stücken
124 WALTER GREINER,
des kymrischen Textes gelaugt Edens zu dem Ergebnis, dals wohl gegen das Ende hin bei beiden Werken sich weiter- gehende Abweichungen feststellen lassen, dafs aber von einer stetigen Divergenz, von einer planmäfsig oder gleichartig zu- nehmenden Kürzung des Romans seitens des Kymren keine Rede sein könne.
Es dürfte an dieser Stelle genügen, lediglich darauf hinzu- weisen, dals die Behauptung der steten Divergenz beider Werke von Othmer stammt, — sie findet sich allerdings auch mehrfach bei Förster. Othmer war schnell bei der Hand, sie auf Rechnung einer ständig zunehmenden Unlust des wälschen Kompilators am Stoff oder einer sich dauernd steigernden Nachlässigkeit zu setzen, was natürlich nicht ohne Weiteres gerechtfertigt erscheint.
Ich habe nun die gleiche Zusammenstellung für das Ver- hältnis Owein-Ivain vorgenommen und dabei — der Einfach- heit halber und weil der Umfang der einzelnen Teilstücke gar nicht von Bedeutung für das Ergebnis ist — die von Edens eingeführten Abschnitte von je 500 Versen beibehalten. Bei einer Umfangsvergleichung der so gewonnenen Teile mit den ihnen inhaltlich entsprechenden des Mabinogi ergibt sich die nachstehende Reihenfolge, zu der bemerkt sei, dals — wie auch bei Edens — die am wenigsten gekürzten Stücke am Anfang stehen.
I, II, VII, III (enthält bei M. den Zweikampf zwischen Owein und Gwalchmei) IV, VIII, V, VI, IX, XI, XII, X. Abschnitt XIII und XIV (also bei Chrestien Vers 6001-6818) haben im Mabinogi nicht Entsprechendes.
Es liegt also im Wesentlichen das Verhältnis ganz ähnlich wie bei Erec- Geraint, und die von Edens begründete Auf- fassung, dals von einer planmäfsig sich steigernden Kürzung des Chrestienschen Werkes durch den Kymren nicht die Rede sein könne, ist auch für den Ivain giltig.
Die von Edens gezogene Schlufsfolgerung, dafs die beim Franzosen sich allein findenden Stücke auch dem Bestreben des höfischen Dichters, die einmal üblich gewordene Länge des Abenteuerromans zu erreichen, ihren Ui-sprung verdanken können, möchte ich an dieser Stelle — es wird später auf diesen Punkt zurückzukommen sein — durch einige Worte
IVAIN — OWEIN. 125
Wendelin Försters unterstreichen. Sie finden sich auf Seite XVII der Cliges- Einleitung und lauten:
„Allein um dem Roman die richtige Länge zu geben, greift der Dichter zu einem bereits früher (im Erec!) be- handelten Thema, dem Verliegen des Ritters, das er diesmal (mit E. verglichen) auf den Kopf stellt . . ."
Auch Windisch hat sich in seiner den neuesten Stand des keltistischen Teiles der Frage darstellenden Abhandlung über „Das keltische Britannien" (Abh. d. kgl. sächs. Ges. d. Wiss.; phil. bist. Kl. 1912) zu der Frage der „Divergenz" geäuTsert. Auch er wendet sich gegen Othmers voreilige Schlulsfolgerung und schliefst sich dem oben ausgeführten Gedankengange mit den Worten an:
„Wenn zwei Versionen derselben Geschichte zu Anfang genauer übereinstimmen als gegen Ende, so kann das auf gedächtnismäfsige Überlieferung hindeuten. Gegen Ende wird das Gedächtnis schwächer. Daher stellen sich am Ende die Variationen am ehesten und am stärksten ein. Auch die Zu- fügung von neuen Stücken geschieht am einfachsten am Ende."
Zum Schlufs dieses ersten Punktes sei nun noch einmal der Gedanke herangezogen, der diese Ausführungen einleitete. Es war von den zahlreichen Abweichungen beider Fassungen die Rede, die hier lediglich festgestellt, später aber näher herangezogen werden. Der Wert des Trennenden in beiden Bearbeitungen ist für die Untersuchung ihres Verhältnisses überaus wichtig; sie bedient sich der aus der Erörterung der Eigenheiten des Kymren gewonnenen Erkenntnisse als der Grundlage. So nähert sich der letzte Teil der Arbeit der von Becker aufgestellten Forderung: festzustellen,
„welche von den beiden Fassungen, der kymrischen oder der Chrestienschen, im einzelnen Falle logischer, natürlicher, widerspruchsfreier, verständlicher, sinngemälser und mithin ursprünglicher ist."
Gleich im folgenden Satze sagt Becker: „Das ist die un- sichere (?) Basis, auf der operiert werden muls, weil es keine andere gibt."
Dafs man aber schon früher das Wesensungleiche in beiden Werken erkannte, möge durch zwei Belege erhärtet werden, zuerst des zeitlich älteren Holland Äulserung:
126 WALTER GREIN ER,
„Durchgehende Übereinstimmung- mit dem französischen Gedicht bietet übrigens das Mabinogi nicht dar."
Bei weitem entschiedener spricht sich William H. Carruth in einem Artikel aus, der 1889 in den Modern Language Notes erschien und der Veröffentlichung der Försterschen Ivain- Ausgabe auf dem Fufse folgte. Dort heilst es:
„Any one who reads the two works without prejudice will certainly question the correctness of the assertation that they bear a close resemblance one to the other."
Der zweite der allgemeinen — sich über das gesamte Gefüge der Handlung erstreckenden — Beobachtungen wird sich wesentlich auf dem stilistischen Gebiete bewegen.
Es wurde schon mehrfach im Verlaufe der Gegenüber- stellung auf besondere stilistische Eigentümlichkeiten des kymrischen Textes hingewiesen, die nun hier näher betrachtet werden sollen.
Zunächst eine kurze Bemerkung über die wörtlichen Übereinstimmungen, denen ja Othmer in seiner Arbeit so überaus grolse Beweiskraft und Bedeutung zuspricht. Auch in unseren beiden Texten fehlen sie nicht, wie aus den folgenden Beispielen hervorgeht. Die ersten drei Stellen wurden schon von Rauch in seiner Dissertation (Die wälische, französische und deutsche Bearbeitung der Ivainsage; Berlin 1869) herangezogen; da sie dem genannten Werke unverändert entnommen wurden, ist der keltische Text nach der Ausgabe der Lady Guest angeführt, in der sich unsere Geschichte im ersten Bande findet.
j Chrestien 549 (nach d. Ausg.
Mab. I, 49,50. | V.Holland; bei Förster 543.)
. . . „and he did not even ] „Qu'onques puis ne me regarda,
bestow so much notice on me ! Mon cheval prist et moi leissa."
as to imprison me." i
|. Chr. 560:
M. 1,50. (Holland; = Förster 562)
. . . „and that night I came i „Quant je ving la nuit a Tostel, to the same Castle where I had | Trovai mon oste tot autel,
OWEIN — IVAIN.
127
been the night preceeding. And I was more agreeably entertaiued tliat night than I had been the night before . . .
. . , and none of the inmates alluded to my expedition to the fountain,"
M. I, 57.
„The couch, which the
maidens had prepared for him,
was meet to Arthur himself,
it was of scarlet and für. ..^
Aus(s)i lie et aus(s)i cortois, Come il avoit fet eingois."
(Rauch möchte an dieser Stelle die Lesart des Vatikans vorziehen:
„Onques de rien ne m'aparcui, Ne de sa fiUe ne de lui Que moins volentiers me
veissent . . . Come il avoient fet l'autre nuit")
Chr. 1040: (Holland, = Foerster 1040) Sei mena seoir an un lit Covert d'une coute si riebe Qu 'ainz n'ot tel li dus d'Osteriche."
Diesen Stellen seien nun noch die folgenden hinzugefügt. Bemerkt sei, dafs der keltische Text wieder nach Loths trefflicher Übertragung gegeben wird.
Loth II, 17,22. „Owein prit le bassin et en jeta plein d'eau sur la dalle."
Loth 17,3. „Owein les (die Mädchen im Schlofs des gastlichen Ritters) trouva beaucoup plus heiles
Chr. 803. „Versa sor le perron de piain De l'eve le bacin tot piain."
Chr. 782. ... „an la pucele revit De san et de biaute gant tanz, Que n'ot conte' Calogrenanz."
») Die nach der Ausgabe der Lady Guest zitierten Stellen lauten bei Loth (1913): II; 14,14 „II ne me fit meme pas l'honneur de me faire prisonnier".
14,22 „J'arrivai cette nuit au chäteau oü javais passe la nuit prece- dente. On s'y montra encore plus courtois que la nuit d'avant. . . Personne ne fit la moindre allusion ä mon expedition a la fontaine". 21,21 „II eüt ete digne d' Arthur lui-m€me, tellement il etait bon, le lit que lui fit la pucelle, de tissus d'ecarlate, de paile. . ."
128
WALTER GREINBR,
et plus gracieuses encore que ne l'avait dit Kynon."
Loth 12, 18. „Si cette fois tu ne trouves pas souffrance, il est inutile que tu en clierches tant que tu seras en vie."
Loth 20, 17. „Owein promena ses regards sur tout Tappartement: il n'yavait pas un clou qui ne füt peint de riebe couleur, pas un panneau qui ne füt decore de diverses figures dorees."
Loth 41, 30.
... (le lion) „donna, sur l'epaule du grand homme, un tel coup de griffe qu'il le dechira jusqu'ä la join- ture des deux hanches, et qu'on voyait les entrailles lui sortir du Corps."
Loth. 12, 5. „D n'ya pas sur l'arbre une feuille que l'ondee n'aura enlevee."
Chr. 404.
... „se tu t'an puez departir
Sanz grant enui et sanz pesance,
Tu seras de meillor cheance
Que Chevaliers, qui i fust
onques."
Chr. 963. (Ivain) „Kernest dedanz la sale anclos Qui tote estoit cielee a clos Dorez et paintes les meisieres De buene oevre et de colors chieres."
Chr. 4526.
(le lion) „Fet del hauberc voler les
mailies Et contre val si fort le sache, Que de Tespaule li esrache Le tandron atot le coste', Quanqu'il ateint, an a oste', Si que les antrailles li perent."
Chr. 460. „Vi sor le pin tant amassez Oisiaus (c'est qui croire m'an vuelle), Qu'il n'iparoit brauche ne fuelle, Que tot ne fust covert d'oisiaus.„
Was ist von diesen wörtlichen Übereinstimmungen — die sich teilweise über den Ausdruck eines ganzen Gedankens erstrecken, teilweise aber nur auf einem einzelnen Worte beruhen — zu halten?
Zunächst eine kurze Bemerkung über die Bewertung ihrer Beweiskraft für die Abhängigkeit des einen Werkes vom andern.
OWEIN — IVAIN. 129
In Beckers Darlegungen füllen sie den Punkt V (Spalte 20). Es wird an dieser Stelle eine Äulserung von Gaston Paris angeführt, der durch eben diese Erscheinung — inbezug anfänglich auf Erec- Geraint — an sich zur Annahme der UnWahrscheinlichkeit der Unabhängigkeit M's geführt worden sei. Sie steht in dem im 20. Bande der Romania veröffentlichten Aufsatz und heilst:
„II y a des coincidences textuelles, dans des details qui ne tiennent pas au fond du recit, qui ne sauraient etre fortuites".
Dals, wie gleich weiter auszuführen sein wird, gelegentliche wörtliche Übereinstimmungen zweier Werke nicht notwendig die Abhängigkeit des einen vom andern beweisen, dals viel- mehr zu einem direkten Abhängigkeitsverhältnis wesentlich mehr gehört, findet sich bei Edens auf Seite 36 seiner Unter- suchung ausgesprochen:
„Wörtliche Übereinstimmungen beweisen nur dann die direkte Abhängigkeit eines Werkes von einem andern, wenn sie als dem Stil des letzteren eigentümlich zu erkennen sind".
Auf zwei der oben angeführten Stellen soll näher ein- gegangen werden. Zunächst sei Mab. 20,17 = Chr. 963 f. besprochen, bekanntlich die Beschreibung des Torraumes zwischen den beiden Fallgattern, der dem Ivain zum Kerker wird. Wohl klingen hier die Worte zusammen — wie auch bei der später ausführlich zu betrachtenden Stelle M. 12, 5 f. = Chr. 460 (die Vögel auf dem Baume), — aber der ihnen zugrundeliegende Sinn ist — hier wie dort — völlig verschieden. Chrestien läfst in seiner Schilderung ein künstliches Himmels- gewölbe den Raum überspannen; wie die Wände, so ist auch die Decke reich bemalt, und über die dunkle Bläue sind — den funkelnden Sternen vergleichbar — Goldnägel gesät. Wichtig hierzu ist noch die Anmerkung, die Wendelin Förster im yvain3 zu cielee gibt. Es heilst dort, dafs die an dieser Stelle bei Chrestien beschriebene Art der Deckenverzierung, die im Mittelalter gewöhnliche sei. Belege von Schilderungen ähnlicher Art wolle man z. B. bei Borsdorf (Die Burg im Claris und Laris und im Escanor. Diss. Berlin 1890) nachlesen.
Und nun nehme man des Kymren Bericht, der von diesem — doch sicherlich äulserst wirksamen — Motiv nichts hat. Von einer künstlerisch ausgeschmückten Decke, gar einer
Zeitschrift f. celt. Philologie Xu, i. y
130 WALTER GREINER,
solchen, die die Illusion des Himmelsgewölbes erwecken soll, ist hier mit keinem Worte die Rede. Die buntbemalten — nicht einmal vergoldeten — Nägel, über die jede Angabe fehlt, sind einfach die zur Festigung des Balkenwerks und der Falltüren eingefügten Schrauben, sodals also hinter der zu- fälligen Gleichheit der Worte sich ein ganz anderer Sinn verbirgt.
Die zweite der hier näher zu betrachtenden Überein- stimmungen (es handelt sich um M. 17, 3 f. = Chr. 782) ist schon von Edens herangezogen worden. Bei Chrestien wie bei dem Kymren findet sich eine superlativische Ausdrucks- weise bei der Schilderung der Reize der bezw. des Mädchens: „Ihre Schönheit war tausendmal gröfser, als ich nach der Beschreibung erwarten konnte."
Gehen wir von der oben zitierten — gewifs völlig einwandfreien — Edensschen Behauptung aus, so verlieren diese eben angeführten Stellen erheblich an der ihnen zu- gesprochenen Bedeutung. Es möge in diesem Zusammenhange genügen, das zusammenfassende Urteil Windischs anzufügen:
„Ich habe bis jetzt keine Stelle gefunden, an der ein kymrischer Ausdruck und eine kymrische Konstruktion die genaue Wiedergabe des französischen Ausdrucks und der französischen Konstruktion wäre."
Betrachtet man im Besonderen die zuletzt besprochene — bei Chrestien nur an zwei Stellen gebrauchte Ausdrucksweise — schlielslich gehört Mab. (Lady Guest) I, 57 [in Loths Ausgabe (1913) 11,21,21] = Chr. 1040 dem Sinne nach auch hierher — so ergibt sich, dafs sie im kymrischen Text noch erheblich öfter auftritt als Edens angab. Und sie ist nicht etwa ein besonderes Merkmal der Geschichte Jarlles y Ffynnawn an sich, sondern findet sich — mehr oder minder zahlreich — auch in den anderen Stücken der Sammlung, wofür Belege leicht beizubringen sind.
Bei einer Durchsicht der Geschichte von der Dame von der Quelle nach dieser Richtung hin habe ich etwa 60 Stellen gefunden, an denen gleichartige Wendungen wiederkehren, sie sind also dem Kompilator von M. in Fleisch und Blut übergegangen. Sie seien im folgenden angeführt; auf die jeweilige besondere Bedeutung einzelner Stellen für die
OWEIN — IVAIN. 131
Komposition des Ganzen hinzuweisen . bleibe - für später vor- behalten. Die Reihenfolge der Stellen im kymrischen Text war auch im allgemeinen mafsgebend für ihre Anordnung in der folgenden Aufstellung. Eine Ausnahme wurde nur gelegentlich zum Zwecke der Ermöglichung einer besseren Übersicht über sachlich zusammengehörige Stellen gemacht. Die Zitate sind nach Loth gegeben (Ausgabe v. 1913).
4, 17 ... „ensuite nous te dirons le meilleur recit que nous pouvons savoir."
5,6 „Commence. toi, par ce que tu sais de plus remar- quable."
5, 10 ... „je ne croyais pas qu'il y eüt au monde personne capable de me surpasser en n'importe quelle prouesse."
5,12 „Apres etre venu ä bout de toutes Celles (aventures) que presentait mon pays'* . . .
7, 3 ... „la plus laide d'entre elles etait plus belle que la jeune fille la plus belle que tu aies jamais vue dans l'ile de Bretagne; la moins belle etait plus char- mante que Gwenhwyvar, femme d' Arthur, quand eile est le plus belle, le jour de Noel ou le jour de Päques pour la messe." Dazu vergleiche man aus Kulhwch et Olwen, 191, 10: [Ausgabe von 1899] (le coursier) „etait plus prompt que la chute de la premiere goutte de rosee de la pointe du roseau sur le sol au moment oü eile est le plus abondante au mois de juin."
7, 10 ... six autres prirent mes armes et les laverent dans un bassin au point qu'on ne pouvait rien voir de plus blanc.
7, 21 (Die sechs Mädchen) . . . .,le (das Pferd) debarrasse- rent de tout son equipement d'une fagon iiTeprochable, aussi bien que les meilleurs ecuyers de l'ile de Bretagne."
8, 14 ... il n'y avait pas de boisson ou de mets connu ä moi qui ne füt represente lä; avec cette difference que mets et boisson etaient beaucoup mieux appretes que partout ailleurs.
132 WALTER GREINER,
10. 4 . . . il me sembla bien voir lä au moins trois fois plus d'animaux sauvages que ne m'avait dit mon böte.
10. 7 ... mon böte m'avait dit qu'il (der Waldscbiat!) etait grand: il etait bien plus grand que cela.
17, 17 H (Owein) chemina jusqu'ä la clairiere de Thomme noir, qui lui parut encore plus grand qu'ä Kynon.
29. 8 . . . sa stature (des Waldschrats) parut encore beau- coup plus forte ä Arthur qu'on ne le lui avait dit.
10, 8 La massue de fer qui, d'apr^s lui, aurait Charge deux hommes, je suis bien sür, Kei, que quatre hommes de guerre y eussent trouve lern* faix.
11. 5 ... l'extremite de ses branches (des Baumes an der Quelle!) est plus verte que le plus vert des sapins.
12, 5 . . . il n'y a pas sur l'arbre une feuille que l'ondee n'aura enlevee.
12, 8 ... Jamals tu n'as entendu dans ton pays (!) une musique comparable ä, leur chant.
13.14 ... je suis sür de n'avoir jamais entendu, ni avant, ni apres, de musique comparable ä celle-lä.
29, 25 . . . jamais, assurement, ils n'avaient entendu musique comparable ä leur chant.
12. 15 II t'attaquera le plus vite possible.
13,1 Voilä aussitot le tonnerre et beaucoup plus fort que ne m'avait dit l'horäme noir.
17, 24 . .