J 2. UrWErT BROUERNREN) Ir} al Varna neh PN RR i Y Mr Fre Ih we OR san aan“ v 4 RL DR ER, KIA Y KOENC, UNE ed ENT. NIC N \ OR RAN 6 Were * Bat OR ICRNR NEL NER y. Yv% ERROR a N hard a, e'yN AUS N Sn TU ER r IL BIC RN. RN) NR EHT RT PER Veinkaich ROCKEN) Ih EN Wer ET. X DR LICHT) Ve er ee re ET RER AT Kan rar REN wirt nee “. nee KNCETA ER DERART Ace herein BRRUR DR Curt » uhr vr Arte 4 Pe er a ua; EIZEENT EN Li ehe nr DH) Ä REN RD NY ERIC x ne EAN mannheim ge Na a “ kt Wr VE ed het u EI wen k DK ) nn ne ae N NK HR, Ri BEER EA ERNE AR ne [w\ as una +’ DKNER OR UTHAN Le ICE) W 1 u. ah IE () CHICKEN \R, n ARIIER EN | Ba vn Ward ee Ur ur In DRUCK NIEREN: RW ERIC N N . ANURLN \ ERICH IR 4 ANNIE ION TEN TORE EN) 1 ur 3 re iR, a An 1’ Ye 4 N Dec NEE [X MN ’ ER a I v. EINER “ ce en ha AR ARR NUM NS IRRE RL L ureh RR NEN vayıh “ iR » “u TE A LICH AERO CHIC je a ra Nie lu je [I u. 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EU RCA ENTER) Ar ul ea REIT Bunt DEE he a ie br SR NR DREH WLACE Fe ELISE ER IEEIE EN 3 366 sm 2 945 V v4 330 > n Wt. | D* H. G. BRONN’S Klassen und Ordnungen des THIER-REICHS, wissenschaftlich dargestellt in’Wort und Bild. ERSTER BAND. PROTOZOA. Von Dr. ©. Bütschli, Professor der Zoologie in Heidelberg Mit einem Beitrag: Palaeontologische Entwicklung der Rhizopoda von Ü. Schwager. I. Abtheilung: Sarkodina und Sporozoa. sowie 9 Holzschnitten. I — — — Leipzig\und Heidelberg. C. F. Winter’sche Verlagshandlung. 1880 — 82. (1880 p. 1-—— 224; 1881 p. 225 —320; 1882 p. 321 — 616.) HR an En - DEINER TTAH dee v MUNG ERER HER Er j- RW, F} % a . 0 ” y j * na ® r Ale "RR a n Ku = Er R ı] ukg: Re u HH »i: ae A - a .- RL pr an Ka i BLinniii a, BIETE" 15h 1 Dr. N Se - re ta 1 8 + Breuer Be er 0 aunl NET Bd h aotorandi Far ihn 3 = 3 lik.z win al ae IILERT 7 De en ee ee x ur —_ et SEE Pl Kst m ia Inhalt. Pag. ee 4 > anne. Be IX VI A. Klasse Sarkodina e I. Unterklasse Rhizopoda . Be. 3 1. Historische Entwicklung unserer Kenntnisse 3 Literatur. 10 2. Morphologische tnssung ud EN sowie eat gruppen 14 3. Schalenbanu. A. Materialien des Schalenbau’s . 15 ce. Chitinöse Schalen 19 ß. Kalkschalen : vn y. Fremdkörperschalen 25 d. Kieselige Schalen x 33 B. a ae der Schalen . 35 . Homaxone Schalen . 35 B. Monaxone, monothalame Sch: den 36 y. Polythalame Schalen 2 44 y1. Polythalame Imperforata . 46 y 2. Polythalame Perforata 58 Abnorme Schalenbildung 94 4. Der Weichkörper 2 95 «. Allgemeine Gestaltung . 95 ß- Beschaffenheit des Protonlasinas 97 y. Differenzirung in Regionen . 95 d. Färbung des Plasmas . 100 e. Einschlüsse des Plasmas . FE AR Rt e1. Nichteontractile Vacuolen, Gashlasen, Stoffwechselproducte 100 &2. Contractile Vacuolen 105 & 3. Nuclei u: 107 Allgemeines Vorkommen . 107 Gestalt und Bau der Kerne . £ y.% 112 &. Pseudopodienbildung, Bewegung und Kabrikeeiufahmg i 114 n. Gallertige Umhüllungen ; 124 5. Verhalten des Weichkörpers zur Hehale u nid de dk: Schale 125 6. Fortpflanzung, Koloniebildung und Encystirung 154 e. Fortpflanzung durch Theilung oder Knospung . 134 ?. Koloniebildung 143 y. Eneystirung f 148 d. Copulation und Oinkikaitbn ‘ 155 &. Angebliche geschlechtliche Wa hinzune 156 7. Biologische Verhältnisse . 161 «. Wohnort 161 P- Nahrung 169 y. Abhängigkeit der Örkanisnklon: von Vene äusseren Be atediningen en 170 Inhalt. 8. System &. Hielsginchis s ?-. Uebersicht des Bl " zu da Gallien. y. Anhang zum System, Eozoon Stromatoporida . Dratyloporida 9. Geographische Verbreitung N 10. Paläontologische Entwicklung. Von Ü. Schwager II, Unterklasse Heliozoa A 1. Historische ee unserer Kenntnisse Literatur. 2. Morphologische Kakteen RR RER sowie die ine gruppen : 3 STEH, 3. Der Weichkörper i ur 4. Pseudopodien; en senaun nu : 5. Skeletbildungen A. Gallertige Hüllen . B. Kieselige Skelete C. Fremdkörperskelete 6. Fortpflanzungserscheinungen. A. Einfache Theilung und Koloniählidußr: k B. Fortpflanzung durch ER und Schwärhefbilänne . 0. Eneystirung j Papa. x : eh D. Conjugation und Gonulstieh . System F e A. Allgemeine ER RT Ku tfisiene), B. Uebersicht des Systems 5 N 8. Vorkommen, geographische IRREIERTN , ‚bioloflueke Ver- hältnisse III. Unterklasse Radiolaria . 3 u, 1. Historische Entw ge unserer eenininen Literatur 2; a ldsieche Anffansung. es Bemsitune. sowie die Heupt- gruppen 3. Skeletbau A. RE B. ee Bau das TEA . Acanthometreen . ; B. Sphäroidskelete y. Phaeodarienskelete . d. Monopylarienskelete 4. Der Weichkörper z Die CGentralkapsel a 3. Intrakapsuläres Plasma ande seine Einschiness «. Das intrakapsuläre Plasma 2 ne mit Ausnahme der Nuclei . Nichtcontractile Vacuolen { Eiweisskugeln }. Oelkugeln . 4. Pigmente . ' 5. Öoncretionen und Kork Pag. 172 172 176 217 221 224 228 242 261 261 265 267 269 284 295 296 298 302 303 303 307 310 317 318 318 320 329 332 332 342 344 347 348 350 351 358 379 354 402 402 410 411 415 413 415 416 418 420 C. Extrakapsuläres Plasma, seine Ernkchinsne AR csengnldse D. Inhalt. y- Die Nuclei i 1. Lagerung im Körper od Zahl 2. Bau und Vermehrung a Das Plasma und die Gallerte . . Einschlüsse . i RER eesutnsiime und kung : I Pseudopodien e SE 2. Sarkodegeissel und are Fäden 3. Bewegung S » 4. Nahrungsaufnahme a Herakking überein 5. Fortpflanzung A. B. C. Theilung . Koloniebildung Schwärmerbildung. 6. Biologische Verhältnisse . A. B. C. D. E. Parasiten Regeneration / Missbildung und ekimation Verhalten bei Reizung Wohnortsverhältnisse T N Vorkommen B. Klasse Sporozoa na Historische Entwic ang unserer Kenntnisse Literatur I. Unterklasse Grerarinida 1. Morphologische und ae aa 3, Genauere Schilderung der Gestaltung 3. Einzelne Organisationselemente. A. B. C. D. E. Outicula . Ectoplasma . Entoplasma . Bewegung und nsrng Nuclei 4. Fortpflanzung : I. Fortpflanzung der NT suiekeellnlaten Gregeriniden A. Vorbereitende Erscheinungen, Conjugation B. Eneystirung ©. Gestalt der Cysten ar Boehafleniion De Hallen D. Sporulation . E. Weitere Ausbildung ar Bau det zeifen Ben F. Bildung sichelförmiger Keime HF G. Wiederentwicklung der Gregariniden aus ach Shrek. II. Fortpflanzung der sog. Coceidien. 5. System * Verbreitung und sh altnisae II. Unterklasse Myxosporidia . III, Unterklasse Sareosporidia . Anhang: Sog. Mihrokgeidfen (Peprinekörperchen) ao on vı a DO & © Oo vr or = oO DD © 1 VG Sr Ga a w > a man nn u © 1 nn Dr wa Ar u TR, AU ER ke ih er na de Bert: N re JE TR h Bine Er ! pl we u ® DT, ART - nl serid Wr un ; BHEREE Ku & ni Einleitung‘). Den Namen Protozoa gebrauchte zuerst Goldfuss (1820) für die auf der Stufenleiter des Systems den niedrigsten Rang einnehmende Abtheilung des grossen Tbierreichs. Erst 1841 verwendete Siebold diese Bezeichnung in dem Sinne, welchen sie im Wesentlichen jetzt noch besitzt, während Goldfuss (und Andere, die sich ihm anschlossen) nicht wenige der heutigen Metazo@n in ihren Protozo@n einbegriffen hatten. (Näheres hierüber siehe p. 1136 u. ff.). Die Siebold’schen Protozoän umfassten die Infusoria der älteren Forscher (0. F. Müller, Ehren- berg und Dujardin), nach Ausscheidung der Rotatorien und anderer, einst irrthümlich hierher gerechneter Metazoön, sowie derjenigen einfach- sten Organismen, welche in ihrem physiologischer Charakter den typischen Pflanzen nahe kamen. Genaueres über die allmäbliche Reinigung der Ani- maleula infusoria von nicht zugehörigen Formen, wie sie sich im Laufe der Jabrzehnte, von Müller bis auf Siebold vollzog, gibt der Abschnitt über die Geschichte der Infusorien, auf welchen wir verweisen. Dort wird auch eingehender erläutert, dass die Abtheilung gelegentlich noch andere Namen erhielt, wie Mieroscopica (Bory de St. Vincent), Zoophytes in- fusoires (Dujardin und Andere), Archezoa (Perty), Miero- zoaires (Frommentel und Andere). Auf gewisse andere Benennungen wird später noch hingewiesen werden. Siebold wurde jedoch nicht nur der Pathe der Gruppe, sondern er ermittelte auch zuerst den gemeinsamen Charakter, welcher die mannig- faltigen Formen derselben verbindet und von den übrigen Tbhieren trennt. *) Geschrieben März 1888. Meine ursprüngliche Absicht, in der Einleitung die Grunderscheinungen des einfachsten Lebens, Plasma, Kern, Zelle und ihre Lebensäusserungen zu behandeln, wird durch den Um- fang, welchen das Werk allmählich erreichte, vereitelt. Dem mehrfach geäusserten Wunsch: das Binden der ersten Theile des Werks zu ermöglichen, entgegenkommend, beschränke ich mich in den einleitenden Worten auf eine Besprechung der Protozoön- und Protistenfrage. Die baldige Vollendung der Infusorien erscheint mir wichtiger wie eine weitere Ausführung der Einleitung. Bronn, Klassen des Thier-Reichs. Protozon, Ä 11 Protozoa. Seine Definition der Protozoa lautete: „Thiere, in welchen die verschie- denen Systeme der Organe nicht scharf ausgeschieden sind, und deren unregelmässige Form und einfache Organisation sich auf eine Zelle redu- eiren lassen.“ Zu dieser scharfen Umgrenzung der Gruppe gelangte 8. hauptsächlich dadurch, dass er die Spongien nicht mit den Protozoön ver- einigte, wie es später längere Zeit geschah. Diese Gruppe fehlt seinem System überhaupt; er schloss sie also von dem Thierreich aus. Dass Siebold nicht ganz unvermittelt zu dieser Auffassung der Protozo@ön ge- langte, ihm vielmehr in der Rückführung der Protozo@norganisation auf das Zellenschema Vorläufer vorangingen — dass ferner die Hypothese vom einzelligen Bau der Protozo@n sich ihre Begründung erst in der kommen- den Zeit mühsam erkämpfen musste, bis sie endlich vor etwa einem De- cennium den Sieg erfocht — darüber gewähren die historischen Abschnitte der einzelnen Abtheilungen genauen Aufschluss. Um aber die Bedeutung der Siebold’schen Hypothese voll würdigen zu können, möge hier der An- sicht eines der grössten Biologen unseres Jahrhunderts, Joh. Müller’s, gedacht werden, welcher 1841 (s. Sporozoa Nr. 99 p. 493) bemerkte: dass die Existenz einzelliger Organismen zwar nicht als unmöglich und absurd zu verwerfen sei, eine solehe Annahme jedoch nach dem zeitigen Stand unserer Kenntnisse ganz unstatthaft erscheine. — Auch später nahm Müller, obgleich mehr indireet, an der Bekämpfung der Siebold’- schen Lehre lebhaften Antheil. Die von Letzterem aufgestellte Charakteristik der Protozoön kann noch heute ohne sehr wesentliche Veränderung gelten. Jetzt dürfen wir die Einzelligkeit in erster Linie betonen und etwa sagen: Als Pro- tozoön bezeichnen wir die Organismen, welche einfache Zellen oder Verbände gleichgebildeter, einfacher Zellen sind und sich in ihren physio- logischen Lebensäusserungen (Ernährung und Stoffwechsel überhaupt, Reizbarkeit und Beweglichkeit) den typischen mehrzelligen Thieren ähn- lich verhalten. Zwei Punkte dieser Charakteristik bedürfen etwas genauerer Erläute- rung. Einmal bemerkt dieselbe, dass wir nicht nur streng einzellige, sondern auch in ihrem erwachsenen Zustand mehrzellige Wesen den Protozoön beizählen. Dadurch wird die Grenze gegen die mehrzelligen Thiere etwas verwischt. Die sogenannten Gesellschaften und Kolonien, welche mehr- zellige Verbände darstellen, haben jedoch ein Recht unter den Protozoön eingereiht zu werden, so lange die constituirenden Zellen sämmtlich in jau und Leistungen übereinstimmen, so lange, um es anders auszu- drücken, eine mit Arbeitstheilung verknüpfte Differenzirung fehlt. Eine derartige Gesellschaft oder Kolonie bildet keinen einheitlichen vielzelligen Organismus wie der Leib der höheren Thiere, dessen einzelne Zelleon- stituenten nicht mehr selbstständig leben können, da sie ausser Stande sind, sämmtliche physiologischen Leistungen allein zu übernehmen. Ob- gleich nun die mehrzelligen Verbände der Protozo@n diesen gleichmässigen Charakter ihrer Constituenten fast durchgängig bewahren, begegnen wir Einleitung. 111 doch vereinzelten (Volvox, Zoothamnium), bei welchen dies nicht mehr völlig zutrifft, die vielmehr Anfänge der Differenzirung und damit eine Ausbildungsstufe erreichen, welche über die Protozo@nnatur hinausstrebt. Dies kann uns nicht überraschen, da ja die höheren, d. h. die mehrzelligen und heteroplastiden Organismen zweifellos aus einzelligen hervorgingen; scharfe Grenzen aber nach unserer Vorstellung über die Zusammenhänge der Lebewesen überhaupt nur auf Unkenntniss oder der Zerstörung der Bindeglieder beruhen werden. Dennoch erhebt sich die Frage, ob wir berechtigt sind, solche, eine gewisse Differenzirung ihrer Constituenten zeigende Kolonien den Protozo@n unterzuordnen. Dies wird meiner An- sicht nach erlaubt, ja nothwendig sein, so lange die Differenzen einen mässigen Grad der Complieation nicht überschreiten; wenn die betreffen- den Organismen ferner deutlichen Anschluss an sichere Protozoön zeigen und andererseits nieht zu typischen Heteroplastiden überführen, sondern isolirte Seitenzweige darstellen. Anders liegt die Sache, wenn solch ein selbstständiger Seitenzweig aus den Protozo@n heraus zu einem relativ hohen Grade der Complication, analog typischen Heteroplastiden sich entwickelt hätte. Dann erschiene es jedenfalls angezeigt, ihn nicht mit den Protozoön zu vereinigen, sondern als selbstständigen, den übrigen Heteroplastiden coordinirten Stamm zu betrachten. Ob derartige Vorkommnisse wahrscheinlich sind, soll später erörtert werden. Wie oben bemerkt wurde, bedarf noch ein zweiter Punkt unserer Charakteristik der Erläuterung. Derselbe bietet grössere Schwierigkeiten, und von seiner Erledigung wird es abhängen, ob die wie oben um- schriebene Abtheilung überhaupt als natürliche betrachtet werden darf. Siebold beginnt nämlich seine Charakteristik der Protozoön mit der Be- merkung, dass sie Thiere seien; auch in unserer Definition betont der Schlusssatz die Thierähnlichkeit ihrer Lebensäusserungen. Diese Einschränkung des Protozoönbegriffes ist eine physiologische, d. h. eine solche, welche sich nicht auf Bau und Structur des Organis- mus, sondern auf den Verlauf der Lebensprocesse und Lebensäusse- rungen bezieht. Im Allgemeinen hat man schon lange erkannt, dass physiologische Charaktere bei der Bildung natürlicher systematischer Gruppen möglichst zu vermeiden sind; dass vielmehr die morphologische Beschaffenheit ausschlaggebend ist. Dies stützt sich auf die wohlbegrün- dete Ueberzeugung, dass das natürliche System auf genealogischer Basis beruht und die Gruppenbildung das genealogisch Uebereinstimmende, d. h. das von demselben Ursprung Herkommende umgreifen soll. Da nun die Erfahrung häufig genug lehrt, dass gleiche Abstammung und daher Zu- sammengehörigkeit sich mit physiologisch differenten Leistungen sehr wohl verträgt, so ist die Einführung physiologischer Charaktere stets bedenk- lich, wenn auch von vornherein nicht ganz unzulässig. Dass nun gerade für die Umgrenzung der Protozo@n ein physiologi- scher Charakter nothwendig wurde, beruht auf dem Umstand, dass von A* IV Protozoa. allen Eigenthümlichkeiten der höheren Thierwelt nur die physiologischen verwerthbar erscheinen, um zwischen Lebewesen wie die Einzelligen — deren Organisation durch eine tiefe Kluft von jener der heteroplastiden Thiere geschieden, ja eigentlich mit derselben unvergleichbar ist — und jenen Höheren eine Vermittelung herzustellen. Dass dies geschah und man auf solcher Grundlage seit alter Zeit thierische und pflanzliche Einzellige zu unterscheiden suchte, basirt selbst wieder darauf, dass man bei der Begriffsbestimmung von Thier und Pflanze die physiologischen Leistungen stets in den Vordergrund stellte, dagegen die morphologische oder, sagen wir besser die genealogische Umgrenzung der beiden Reiche erst in zweiter Linie beachtete, diejenige, welche doch allein die naturgemässe sein kann. Während nun die mehrzelligen Pflanzen und Thiere fast ausnahmslos genügend morphologische Charaktere aufweisen, um mit Sicherheit dem einen oder dem anderen Reich zugetheilt zu werden, versagte dies Hülfsmittel natürlich auf dem Gebiet der Einzelligen. Hier entbrannte denn auch seit alter Zeit der Streit über die Grenze beider Reiche, über die Zurechnung der einzelnen Abtheilungen zu dem einen oder dem andern. Nach dem oben Bemerkten musste im Einzelfalle natürlich der Grad der thier- oder pflanzenähnlichen Leistungen der betreffenden Organismen bei der Entscheidung den Ausschlag geben. Früh genug hatte man sich überzeugt, dass das lang gesuchte absolute Kriterium zur Unter- scheidung beider Reiche nicht zu finden sei und dass soleh’ künstliche Versuche keine Beachtung verdienten, welche in der Gegenwart oder dem Mangel der Cellulose, der contractilen Vacuole oder sonstiger ein zelner Örganisationstheile, in der activen Bewegung oder deren Mangel, resp. in der Art der Bewegung und dergleichen mehr, absolute Unterschiede der beiden Reiche erblicken wollten. Entscheidenden Aufschluss in dieser Frage könnte nur die Erkennt- niss des genealogischen Zusammenhangs der Gruppen der Einzelligen unter einander und ihrer Verbindung mit den mehrzelligen Thieren und Pflanzen gewähren. Nur auf dieser Grundlage liesse sich, wenn auch als Wahr- scheinlichkeitsresultat, feststellen, ob die Unterscheidung einer Abthei- lung thierähnlicher Einzelligen berechtigt ist und ob dieselbe genea- logisch mit den typischen mehrzelligen Thieren zusammenhängt, und ob ferner den gewöhnlich mit den Pflanzen vereinigten Einzelligen eine solche Stellung naturgemäss ist. A priori lässt sich nicht bestreiten, dass die Differenzirung der beiden organischen Reiche schon auf tiefster Stufe der Einzelligen anheben konnte, ja dass die Vorläufer dieses Entwick- lungsprocesses vielleicht heutzutage gar nicht mehr existiren, demnach alle Organismen in eine der beiden genealogischen Reihen eingeschaltet werden könnten. Ein soleher Gedankengang scheint um so eher be- rechtigt, als thatsächlich alle Organismen nur zwei Hauptentwicklungs- richtungen des Lebens zustreben, der thierischen und der pflanzlichen; eine dritte, irgendwie bestimmt charakterisirte nicht zu erkennen ist Be: Einleitung. Vv Bevor wir eingehender untersuchen, welche Wahrscheinlichkeits- schlüsse unsere zeitigen Kenntnisse in dieser Hinsicht gestatten, scheint es angezeigt, die seitherigen Meinungen kurz zu charakterisiren, wobei uns natürlich die der Zoologen besonders beschäftigen müssen. Es ist nicht unsere Absicht, an dieser Stelle eine ausführliche historische Uebersicht der Erörterungen über die Grenzlinie beider Reiche im Gebiet der Einzelligen zu geben. Ein- gehenderes hierüber bieten die historischen Abschnitte, welche den einzelnen Protozo@ngruppen vorausgehen, speciell die über die Flagellaten und Infusorien. Ebensowenig verweilen wir bei den vielfach wiederholten Versuchen: einzelne Gruppen der Protozoön oder die ganze Abtheilung den höheren Thieren oder auch den Pflanzen einzureihen und so schliesslich die Abtheilung überhaupt zu streichen. Auch über diese schon frühzeitig auftretenden Versuche gewähren die historischen Ueberblicke der Einzelgruppen specielleren Aufschluss, namentlich möge wieder auf den Abschnitt über die Infusorien verwiesen werden. Erwähnt werde nur, dass von neueren Forschern besonders L. Agassiz*) und Milne-Edwards**) für die gänzliche Auflösung der Protozoön und ihre Vertheilung auf Pflanzen und Thiere oder gewisse Gruppen der höheren Thierwelt eintraten. Die Ansichten der Forscher über die Abgrenzung der beiden Reiche auf dem Gebiet der Einzelligen, resp. über die Stellung, welche den sog. Protozo@ön zu oder zwischen beiden Reichen anzuweisen sei, bewegten sich in zwei Richtungen. — Die meisten Biologen hielten daran fest, dass die Sonderung beider Reiche bis zur tiefsten Stufe der Lebewesen hinab durchführbar sei; sie vertraten daher im Allgemeinen die Ansicht, welche oben als eine mög- liche, wenn auch unerwiesene bezeichnet wurde. Dass die Annäherung beider Reiche eine sehr weitgehende sei, erkaunten zwar auch diese Forscher meist bereitwillig an, glaubten aber, dass bei allseitiger Berücksichtigung des Gesammtcharakters eines zweifelhaften Organismus eine Entscheidung über seine Stellung möglich sei. Es soll nicht näher er- örtert werden, inwiefern die Gründe, welche den einzelnen Gelehrten maassgebend schienen, mehr oder weniger künstlich oder natürlich waren. Wie gesagt, hatte diese Auffassung ent- schieden die Mehrzahl der Biologen für sich, unter denen wir hier nur Ehrenberg***), Dujardin, Siebold, Stein, Carusf), Clapar&de-Lachmann, Gegenbaur, Claus, Huxley, Kent und Künstler+F) ausser vielen Andern nennen, Nach der Art, wie die Sonderung der beiden Reiche durchgeführt werden sollte, trennten sich die Anhänger dieser Ansicht selbst wieder in zwei Gruppen. Fast Alie betrach- teten die physiologischen Leistungen als ausschlaggebend und beurtheilten danach die Stellung zweifelhafter Organismen. Nur Gegenbaurfff) vertrat eine andere Auffassung. Er hoffte auf morphologischer Grundlage zu einer naturgemässen Sonderung der beiden Reiche ge- langen zu können. Der Bau der Gewebe typischer Thiere, die innigere Vereinigung ihrer Zellen in Verbindung mit tiefer gehender Differenzirung derselben zu verschiedenartigen Leistungen, schien ihm den wesentlichen morphologischen Charakter der Thierheit zu bilden. Im Gegensatz dazu boten die pflanzlichen Organismen strengere Individualisation *) Siehe Näheres pag. 1156. Dort auch über ähnliche Versuche von anderer Seite. *#*) Legons s. la physiologie et l’anatomie compar&e. T. II. p. 13 u. T. V. p. 289 u. 328 Anm. *%*#*) Dass die Ansicht Ehrenberg’s über den Umfang des Thierreichs speciell auf dem Gebiet der Einzelligen von der der übrigen Forscher sehr abwich, kommt hier natürlich nicht “in Betracht. Um so entschiedener vertrat er, auf Grund seiner Meinungen, die absolute Diffe- renz zwischen den beiden Reichen. 7) System der thierischen Morphologie. Leipzig 1853. tr) Les origines de la vie. Journ. de Micrographie T. VIII. irf) De animalium plantarumque regni terminis et differentiis. Programma Jen. 1860. Auf die besondere Bedeutung der Verschiedenheit der Gewebe für die Charakterisirung der beiden Reiche hatte Gegenbaur schon 1858 in seinen Grundzügen der vergl. Anatomie hingewiesen, hier jedoch noch einzellige Thiere anerkannt. Für das Vorkommen solcher war namentlich auch J. V. Carus 1853 eingetreten (System der thierischen Morphologie). VI : Protozoa. (Sonderung) der constituirenden Zellen ihrer Gewebe, neben einer viel geringeren Differenzi- rung derselben. Auf diesem Wege, welcher unsere Anerkennung insofern verdient, als er von dem richtigen Gedanken ausging, dass die morphologischen Charaktere für die Abgrenzung natürlicher Gruppen vornehmlich maassgehend seien, entschied sich Gegenbaur dafür, dass überhaupt sämmtliche einzelligen Wesen dem Pflanzenreich überwiesen werden müssten. Zum besseren Verständniss dieser Ansicht muss betont werden, dass Gegenbaur die thierähn- lichsten Protozoön, wie Infusorien und Rhizopoden, für Complexe theilweis verschmolzener Zellen hielt und sie daher anstandslos seinem Thierreich unterordnete. — Dass G.'s Ansicht keinen Beifall fand — nur Häckel stimmte ihr 1862*) lebhaft zu — lag wohl darin, dass es in gewissem Grade willkürlich erschien: alle Einzelligen einfach zu Pflanzen zu stempeln. An und für sich wäre gegen die vorgeschlagene, morphologisch schärfere Umgrenzung einer typischen Thiergruppe in der Gegenbaur'schen Weise nichts einzuwenden gewesen: auch lebte dieselbe später ihrem Wesen nach in der Abtheilung der Metazo@n wieder auf. Es schien aber doch sehr fraglich: ob in Betracht der ausgesprochenen Thierähnlichkeit zahlreicher Ein- zelligen und der Zweifel, welche über die Ein- oder Mehrzelligkeit vieler sog. Protozo@n noch bestanden, der Stamm der typischen Thiere nicht noch tiefer abwärts ins Gebiet der Ein- zelligen zu verfolgen sei. Denn dass die mehrzelligen Thiere aus einzelligen Organismen ent- standen seien, war auch Gegenbaur’s Ansicht. Wäre aber der Stamm des Gegenbaur'schen Thierreichs bis auf zweifellos einzellige Organismen zu verfolgen, dann erschien es unnatür- lich, alle Einzelligen den Pflanzen zu überweisen. Ein solcher Gedankengang lag denn auch wohl der Kritik zu Grunde, welche vornehm- lich Olaus** an Gegenbaur’s Ansicht übte, obgleich mehr unbewusst; denn dass allein die genealogischen Beziehungen für die Entscheidung maassgebend sein könnten, wird in seiner Schrift nicht angedeutet. Dieselbe vertheidigt vielmehr hauptsächlich die Ansicht, dass auch Einzellige mit ausgesprochen physiologisch-thierischer Natur existiren dürften. Auf einem anderen Wege wurde endlich schon seit alter Zeit eine Lösung des Dilemma versucht, nämlich durch Aufstellung eines dritten oder Mittelreichs der Organismenwelt, dazu bestimmt, die niedrigsten und zweifelhaften Formen im Gegensatz zu den typischen Thieren und Pflanzen aufzunehmen. Wir übergehen hier die älteren Versuche in dieser Richtung. Schon Buffon, Münchhausen, Oken, später Bory de St. Vincent machten Vorschläge in dieser Hinsicht, über welche das Genauere in dem historischen Abschnitt über die Infu- sorien dargelegt wurde. Die meisten dieser Bemühungen waren schon deshalb hinfällig, weil sie in das Mittelreich mehr oder weniger willkürlich auch echte Thiere von pfianzen- ähnlichem Aeusseren zogen. Erst in neuerer Zeit erhoben sich wieder Stimmen, welche die Schwierigkeiten in ähnlicher Weise zu lösen versuchten. Soviel mir bekannt, ging diese Bewegung von Owen, dem verdienstvollen englischen Morphologen aus***). 18607) plädirte derselbe für eine grundsätzliche Gegenüberstellung der sog. Protozoa gegen die Reiche der Animalia und Vegetabilia. Die Protozo@n bildeten *) Die Radiolarien p. 163. Alles Einzellige gehöre zu den Pflanzen. Zweifelhaft in ihrer Stellung seien die Spongien, Gregarinen und Myxomyceten. Gleichzeitig er- achtete er es auch für wahrscheinlich, dass die bei den Thieren verbleibenden Protozoön später in mehrere Gruppen zerlegt werden müssten, dass namentlich die Infusorien und Rhizopoden gesondert zu werden verdienten, ähnlich wie dies s. Z. für Coelenterata und Echinodermata geschehen sei, Es handelte sich also um eine Auflösung des Typus, wie sie Carleer schon früher (Ann, des universitös de Belgique IL. s. I. 1858—59 p. 281) vorgeschlagen hatte, der den Protozo@öntypus in die Infusoria und Rhizopoda zerlegen wollte. Die ersteren seien mit den Polypen (= Coelenterata) in gewissem Zusammenhang; die letzteren bildeten eine Gruppe für sich, die unterste des ganzen Thierreichs. **), Olaus, Ö©., Ueber die Grenze des thierischen und pflanzlichen Lebens. Marburger Programm 1864. ***, Einige Erörterungen über die Möglichkeit eines Mittelreichs der Einzelligen finden sich zwar schon bei Carus (System der thierischen Morphologie 1853). 7) Palaeontology. 1. Auflage p. 4. u Einleitung. vn ein drittes Reich von Lebewesen indifferenter Natur. Er betonte namentlich, dass sie meist aus einfachen Zellen bestünden. Owen rechnete zu seinen Protozoön die Klassen der Amorphozoa (Spongia), Rhizopoda und „die meisten der Polygastrica Ehrenberg's“ (einschliesslich der Diatomeen und Desmidiaceen). — Ihm schloss sich J. Hogg (1861) *) an, ohne etwas Wesentliches zuzufügen; nur stiess er sich an dem Namen Protozoa, welchen Owen dem indilferenten Mittelreich belassen oder gegeben hatte, da es doch keine Thiere enthielte, und nannte dasselbe daher Protoctista (zruor« —= geschaffene Dinge). Owen fühlte später selbst das Bedürfniss einer andern Bezeichnung und verwendete daher in der 2. Auf- lage seiner Paläontologie (1861) den Namen Acrita (= Undilferenzirte, von xp, sondern). Auf directe Anregung durch Owen ist auch die Ansicht der Amerikaner Wilson und Cassin (1862)**) zurückzuführen. Auch sie hielten die Errichtung eines Mittelreiches, Primalia genannt, für nothwendig; sie glaubten, dass ihre drei Reiche scharf von einander geschieden seien. Ohne hier genauer auf W.s und C.’s Erörterungen einzugehen, werde nur betont, dass ihre Primalia sich durchaus nicht mit Owen’s Protozoa oder Acrita deckten; nach ihrer Aufzählung enthielten dieselben vielmehr als eigentlichen Stamm die- jenigen Pflanzen, welche jetzt als Thallophyta bezeichnet werden, daneben noch die Spongia. Jedenfalls rechneten sie dazu auch Owen’s Protozoa, doch äussern sie sich über die- selben nicht specieller. W.’s und C.’s Ansichten gingen daher weit über Owen und alles spätere hinaus; ihre Primalia waren unnatürlicher als alle ähnlichen Versuche, Seit 1866 vertrat Häckel die Errichtung eines neutralen Mittelreichs der Pro- tista mit besonderer Wärme. Man kann aber schwerlich behaupten, dass sein Ge- dankengang, wie er sich 1866 in der generellen Morphologie offenbart, ein zutreffen- der war. Von vornherein war H. überzeugt, dass die Hauptgruppen des Organismensysteis, die beiden oder die drei Reiche, welche er jetzt aufstellte, unnatürliche oder künstliche Ab- theilungen sein müssten. Er erachtete es damals für sehr wahrscheinlich, dass nicht nur die einzelnen Stämme oder Phylen seiner Pflanzen und Thiere, sondern auch die Hauptgruppen oder Stämme des Protistenreichs selbstständig und getrenntaus den niedersten Moneren entsprungen seien. Die Consequenz dieser Anschauung hätte naturgemäss zu einer Auflösung der beiden früheren Reiche und zur Errichtung einiger selbstständiger Stämme für die ver- meintlichen Protisten führen müssen, schwerlich aber zur Aufstellung eines dritten künstlichen Reiches neben zwei anderen, gleichfalls künstlichen. Hierzu lag um so weniger Nöthigung vor, als Häckel selbst anerkannte, dass man thierische und pflanzliche Protisten unterscheiden könne. Wenn daher die beiden Reiche der Pflanzen und Thiere künstliche sind, wie ange- nommen wurde, so hätten wohl auch die Protisten auf sie vertheilt werden können, ohne die Künstlichkeit besonders zu vermehren. Dieser Schluss scheint um so gerechtfertigter, als Häckel nicht versuchte, seine Protisten morphologisch schärfer zu charakterisiren, vielmehr nur die Einfachheit der Organisation und Fortpflanzung, sowie die häufige Unentschiedenheit des physiologischen Charakters als Eigenthümlichkeiten des Reiches hervorhob. Während Owen, obgleich nicht ganz consequent, die einzellige Natur seiner Protozoön betonte, that dies Häckel keineswegs, denn er überwies typisch einzellige Algen, wie die Protococcoi- deen und Desmidieen, dem Pflanzenreich, andererseits die Infusorien den Thieren, obgleich deren Mehrzelligkeit viel zweifelhafter schien wie die der Radiolaria (seiner damaligen Auf- fassung gemäss) oder gar die der Spongien. Demnach ermangelte das Protistenreich Häckel’s von 1866 (Moneres, sog. Protoplasta [Amöben und Gregarinen], Diatomea, Flagellata, Myxomycetes, Noctiluca, Rhizopoda und Spongiae) eines einheit- lichen morphologischen und daher auch genealogischen Charakters im Sinne des Gründers selbst. Für seine Errichtung war im Wesentlichen der unentschiedene physiologische Charakter der vereinigten Gruppen und die Einfachheit ihrer Organisation ausschlaggebend. Schien der physiologische Charakter entschiedener pflanzlich oder thierisch, so zögerte Häckel auch bei einfachster Organisation der betreffenden Organismen nicht, sie den beiden andern Reichen zu *), On the distinctions of a Plant and an Animal, and on a fourth kingdom of nature. Edinburgh n. philosph. journal N. s. Vol. XII. **), On a third kingdom of organized beings. Proceed. Acad. nat. science Philadelphia 1863. p. 113. VIII Protozoa. überweisen. Man wird es daher auch nicht ungerechtfertigt erachten, dass das Protistenreich nicht viele Anhänger fand. In der kommenden Zeit arbeitete Häckel fortgesetzt an der Ver- besserung des neuen Reichs, und es gelang ihm denn auch, dasselbe in mancher Hinsicht natürlicher zu gestalten und einer wirklichen morphologisch genealogischen Gruppe näher zu führen. Dennoch bildete der physiologische Charakter, resp. dessen angebliche Unentschieden- heit, welche für zahlreiche Protisten (man denke nur an die Infusorien) keineswegs zutrifft, stets maassgebend für Häckel’s Umgrenzung der Protisten. Auch in seinem letzten Protisten- system werden wie früher die einzelligen Algen ausgeschlossen. Bis zuletzt hielt er ferner den polyphyletischen Ursprung der Protisten für das Wahrscheinlichste und bezweifelte daher selbst ihre Bedeutung als genealöogische Gruppe; doch gelang es, sie wenigstens gegen die typischen Thiere schärfer abzugrenzen. Die 1868*) den Protisten zugerechneten sog. Phycochromaceae der Botaniker wurden später (1975) **) und 1878***) wieder aus- geschieden. Seit 1868 rechnete er dagegen sämmtliche Fungi zu den Protisten, wofür neben ‘dem thierähnlichen Stoffwechsel hauptsächlich die angebliche Kernlosigkeit und die vermeint- liche Verwandtschaft mit den Myxomyceten maassgebend schienen. Wie unsicher sich Häckel jedoch hinsichtlich der Fungi fühlte, geht daraus hervor, dass er sie 1875 wieder eliminirte, 1878 von neuem aufnahm. Diese Einreihung aller Pilze unter die Protisten beeinträchtigte unserer Ansicht nach die Natürlichkeit der Abtheilung sehr. Selbst wenn man zugibt, dass diese Gruppe direct aus einfachsten Moneren entsprungen sei, wäre wegen der eigenartigen, hohen Organisation, welche sie im Gegensatz zu allen übrigen Protisten erlangt, ihre Abtrennung und selbstständige Stellung angezeigt, um so mehr, als Häckel selbst den polyphyletischen Ursprung seiner Protisten vertheidigte. Dagegen vermissen wir noch 1875 (wie früher) unter den Protisten die Bacteriaceen. Die Spongien wurden seit ihrer Auf- fassung als Coelenteraten entfernt. Erst 1873 gesellten sich die Infusorien den Protisten zu, nachdem mit Aufstellung der Gastraeatheorie der sog. Metazo@n die Unhaltbarkeit der früheren Ansicht über die Stellung der Infusorien eclatanter hervorgetreten warf). Dazu hätte es aber wohl der Theorie der beiden Keimblätter der typischen Thiere nicht bedurft, denn die Fnrehung ihrer Eier war seit langer Zeit und die Erfahrungen über die angebliche Nicht- existenz dieser Erscheinung an den Eiern oder Keimen der Infusorien schon vor 1866 genügend bekannt. Gelegentlich gab Häckel zu, dass es ihm gleichgültig scheine, ob seine Protista als Protozoa bezeichnet und dem Thierreich einfach im Gegensatz zu den Metazoa einverleibt würden, oder ob sie als Protista die Rolle eines Mittelreichs weiterführtentf). Zwar wären theoretisch Protozo@ön (d. h. die genealogisch directen Vorläufer der typischen Thiere) von Protisten (die weder mit echten Thieren noch Pflanzen genealogisch verknüpft seien), zu unterscheiden, doch sei die Durchführung dieser Scheidung praktisch ganz unmöglich. Früher zwar hatte er mehrfach versucht, Protozoa im obigen Sinne aus den ehemaligen Protisten zu sondern -++}); als solche schienen die Infusorien und seltsamer Weise die Gregarinen gelten zu dürfen, welchen sich dann als Ovularia oder Eithiere diejenigen hypo- tlıetischen Moneren und Amöben zugesellten, durch welche der genealogische Stamm der Thiere zur Vielzelligkeit emporgestiegen sei. 1878 endlich nahm Häckel wieder die Protista im ganzen Umfange auf, bestehend aus den 14 Klassen der: Monera, Lobosa, Gregarinae, Flagellata, Catallacta, Ciliata, Acineta, Labyrinthulea, Bacillariae, Fungi, Myxomycetes, Tha- lamophora, Heliozoa und Radiolaria. Dabei betonte er nochmals, dass er der polyphy- letischen Entstehung der Protisten den Vorzug gäbe. *) Monographie der Moneren. IV. Begrenzung des Protistenreichs. Jen. Ztschr. IV. 1868, **) Natürliche Schöpfungsgeschichte 6. Auflage. 1875. ***), Das Protistenreich. 1878. 7) Morphologie der Infusorien. Jenaische Zeitschr. f. Naturw. Bd. VIII. 1873. if) Nachträge zur Gastracatheorie. Jen. Zeitschr. XI, 1877, +7) Morphologie der Infusorien und Schöpfungsgeschichte. 6. Aufl. Einleitung, IX Das Häckel'sche Protistenreich erwarb sich eine Reihe Anhänger, auf welche einzugehen unnötbig erscheint, da sie den weiteren Ausbau der Lehre nicht förderten. Fassen wir das über die Bestrebungen zur Gründung eines Mittel- oder Protistenreichs Bemerkte zusammen, - so fällt das Schwankende in der Umgrenzung der Gruppe auf, der bald einiges zugefügt, bald einiges weggenommen wurde. Zwar trat die ursprüngliche Ansicht: in den Protisten eine ganz künstliche, vorwiegend praktischer Bedürfnisse wegen vereinigte Gruppe aufzustellen, bald mehr in den Hintergrund; es wurde wenigstens die Möglichkeit zugegeben, dass die Pro- tisten selbst monophyletisch entstanden und daher einer genealogischen Gliederung und einer Abgrenzung gegen die beiden höhern Reiche zugänglich seien. Dass die Monophylese der typischen Pflanzen und Thiere die naturgemässere Hypothese sei, hatte Häckel seit Be- ginn der 70er Jahre gegen früher anerkannt. Das Schwankende in der Umgrenzung der Pro- tisten rührte wesentlich daher, dass nicht versucht wurde, sie morphologisch schärfer zu cha- rakterisiren.. Mit der Einreihung der Pilze unter die Protisten war dies unmöglich geworden; ebenso blieb eine morphologische Abgliederung gegen das Pflanzenreich unmöglich, denn die einzelligen Algen morphologisch von gewissen Abtheilungen der Protisten zu scheiden, war undurchführbar. — Wollte man aber andererseits, wie es Häckel gelegentlich auch bevor- zugte, die Stämme der Pflanzen und Thiere bis zu den niedersten einzelligen abwärts ver- folgen und daneben noch eine Reihe niederer Formen als neutrale Protisten festhalten, so durfte man fragen, mit welchem Recht dies geschehe? Warum die Rhizopoden neutrale Pro- tisten sein sollten, während die Amöben oder ihnen doch entsprechende in den genealogischen Stamm der Thiere gehörten? Wieso die Gregarinen dazu kamen, als Thiere zu fungiren, ja in die Ursprungslinie der Metazoön fielen? Darauf dürfte schwerlich eine genügende Antwort gegeben werden können. Wodurch sich die Monera animalia als Stammväter des Thierreichs von den Monera neutralia, den Eltern der neutralen Protisten unterscheiden, dürfte als ein un- lösbares Räthsel erscheinen. Dagegen wäre es jedenfalls besser erschienen, die beiden alten Reiche zu belassen und die Einzelligen nach ihren Charakteren auf dieselben zu vertheilen, so gut es eben ging; ähnlich wie dies seit alter Zeit gehalten worden war. Jedenfalls erforderte das Protistenreich so gut wie die beiden anderen Reiche einen ein- heitlichen morphologischen Charakter. Denn dass die beiden letzteren überhaupt von ihnen abgesondert wurden, beruhte wenigstens für die typischen Thiere darauf, dass ein solcher gemeinsamer und höherer Charakter der Organisation nachweisbar schien, Unserer Ueberzeugung gemäss, worin wir mit Häckel und den meisten Biologen übereinstimmen, ist die Frage nach der Grenze beider Reiche und die Stellung der Einzelligen zu denselben nur auf genealogischem Wege zu lösen. Inwiefern unsere heutigen Kenntnisse dazu ausreichend erscheinen, kann mit Recht bezweifelt werden. Dennoch muss der Ver- such gewagt werden, wollen wir anders nicht auf jede Lösung und eine Stellungnahme in der Angelegenheit verzichten. Die Möglichkeit eines polyphyletischen Ursprungs der Organismen kann nicht geleugnet werden. Irgend ein positiver Nachweis hierfür scheint aber ausgeschlossen. Zu einer solehen Annahme könnte demnach nur die erwiesene Unmöglichkeit eines monophyletischen Stammbaums der Organismenwelt führen. Für die typischen mehrzelligen Thiere und Pflanzen dürfte die Monophylese heutzutage mehr als wahrscheinlich sein; für die Einzelligen ist ihre Möglichkeit keineswegs von vornherein zu leugnen *). *) Ich bin mir wohl bewusst, dass gerade die entgegengesetzte Ansicht: nämlich der polyphyletische Ursprung der Organismen, und im Besonderen der der Einzelligen, von Bio- logen, welche viel und gut über diese Frage nachgedacht haben, vertheidigt, ja für die einzige wissenschaftliche Möglichkeit erklärt wurde. Abgesehen von Häckel geschah dies nament- lich von Nägeli (s. Mechanisch-physiologische Theorie der Abstammungslehre 1884). Ich > ar EEE Se x Protozoa. Ueberschauen wir dieselben im Lichte unserer heutigen Erfahrungen, so scheint sich vielmehr ein monophyletischer Zusammenhang der Gruppen glaube daher meinen abweichenden Standpunkt ein wenig näher darlegen zu sollen, um nicht Gefahr zu laufen, durch blossen Hinweis auf Nägeli’s Ansichten anscheinend wider- legt zu werden. N. (p. 464) erachtet allein die Annahme: dass die spontane Erzeugung ein- fachster Organismen zu allen Zeiten stattgefunden habe, für wissenschaftlich begründbar. Er bemerkt dann weiter: „Wenn einmal aus unorganischen Stoffen organische Verbindungen und Organismen entstehen konnten, so musste dies stets eintreten, wo und wann jene Bedingungen vorhanden waren.“ Dies klingt schr präcis und wäre es auch, wenn nicht das ganze Fun- dament des Schlusses völlig unbestimmt erschiene. Was wissen wir denn von den Bedingungen der spontanen Entstehung einfachster Organismen? Nägeli verweist uns zwar auf sein Kapitel über die Urzeugung, es bedarf aber wohl keines Nachweises, dass dasselbe von jenen Bedingungen durchaus nichts mittheilt, sondern nur einige ganz allgemeine Erwägungen dar- über anstellt, was man sich allenfalls bei dem ganz embryonalen Stand unserer diesbezüglichen physikalisch-chemischen Kenntnisse über eine Urzeugung denken könne, Da wir von diesen Bedingungen geradezu nichts wissen — höchstens berechtigt sind, die Möglichkeit des Ein- tretens geeigneter Bedingungen auf Grund unseres Wissens zuzugeben — so lässt sich auch vor- erst in keiner Weise entscheiden, ob diese Bedingungen in der Entwicklungsgeschichte unseres Planeten nur einmal, mehrmals oder ob sie gar stets statthatten. Da Nägeli letzteres annimmt, und seine mechanisch-physiologische Abstammungstheorie gleichzeitig eine fortwährende Weiter- bildung einmal entstandener Organismen zur Voraussetzung hat, einen Beharrungszustand der Organismen eigentlich ausschliesst, so führt ihn dies nothwendig zur Annahme, dass die Stämme der höchstentwickelten Organismen die ältesten sein müssten, die einfachsten dagegen, speciell die Einzelligen, relativ schr jungen Datums. Die Einfachheit letzterer ist eben nach seiner Ansicht eine Folge ihrer verhältnissinässig jugendlichen spontanen Entstehung. Im Be- sonderen entwickelt er diesen Gedanken für die Schizophyceen. Wie gesagt, scheint mir theoretisch keine Nöthigung zu einer solchen Annahme vorzuliegen; auch wäre wohl ein viel grösserer Reichthum an verschiedenen Stämmen zu erwarten, wenn die Sache einen solchen Verlauf genommen hätte. Wie verhalten sich aber dazu die paläontologischen Thatsachen, welche uns doch allein einen thatsächlichen Maassstab für das Alter der Stämme geben? Zunächst lehren dieselben auf das Bestimmteste, dass von dem Muss einer unbedingten Weiterbildung keine Rede sein kann. Die Beispiele der Brachiopoden, Gephalopoden und anderer Abtheilungen sind zu bekannt, um hier genauer ausgeführt zu werden, Vielleicht wird man aber einwerfen, dass dies Abthei- lungen seien, welche seit der Urzeit schon rückschritten. Wenden wir uns zu den Protozo&n selbst. Da finden wir denn, dass die beiden Abtheilungen der Rhizopoden und Radio- larien, über welche die Paläontologie Aufschluss geben kann, schon in den ältesten Ablagerungen unzweifelhaft vertreten sind. Wenn auch die Rhizopodenfauna der älteren pa- läozoischen Schichten noch immer etwas unsicher erscheint, so beweist doch die reiche Mannig- faltigkeit der Rhizopoden der Kohlenformation, unter welchen sich schon höchstentwickelte Formen finden, zweifellos, dass der Ursprung der beschalten Rhizopoden viel tiefer hinabreicht. — Für die Radiolarien, welche lange nicht über die Tertiärzeit zurückverfolgt werden konnten, wissen wir jetzt, dass sie in den ältesten paläozoischen, ja cambrischen Schichten vorkommen (vergl. Rüst, Palaeontographica Bd. 31, p. 271 und Häckel, die Radiolarien 2. Theil, 1887). Beide Gruppen lassen ferner erkennen, dass zwar im Allgemeinen während dieser langen Zeit ein gewisser Fortschritt stattgefunden hat, dass gewisse Formen erloschen, andere sich allmählich differenzirten und änderten, dass jedoch über den Typus der Abthei- lung hinaus keine Fortbildung geschah. Letzteres lässt sich mit aller Bestimmtheit behaupten, da heutzutage keine Organismen existiren, welche als entwickeltere auf diese Gruppen zurück- zuführen wären, Während eines Zeitraums also, in welchem die Ahnen der Säugethiere von einer fischähnlichen Stufo bis zum Menschen fortgeschritten sein müssen und zu dessen Beginn noch keine phanerogame Pflanze existirte, verharrten diese, wie viele andere Gruppen der Thier- E u a m Einleitung. X als wahrscheinlich zu ergeben und damit. auch eine monophyletische Ab- stammung der ganzen Organismenwelt*). Da eine Orientirung über die vermuthlichen genealogischen Zusammenhänge am kürzesten und präg- nantesten durch die Aufzeichnung eines Stammbaums geschieht, geben wir unseren Ideen in einem solchen Ausdruck, ohne damit zu verkennen, wie viele Schwierigkeiten der hypothetischen Begründung desselben zur Zeit noch entgegenstehen (s. den Holzschnitt auf d. folg. p.). Zur Erläuterung dieser Aufstellungen und der Schlussfolgerungen, welche denselben für unser Thema entspringen, diene das Nachstehende. Die Wurzel aller Einzelligen suchen wir nicht in amöbenartigen For- men, sondern wie es im Abschnitt über die Verwandtschaftsverhältnisse der Flagellaten schon früher dargelegt wurde, in Formen, welche durch ihre Eigenthümlichkeiten zwischen den Sarkodinen und den Masti- gsophoren vermittelten und sich vielleicht noch in der Gruppe der Rhizomastigoda am reinsten erhielten. Es scheint zur Zeit unnütz, darüber speeuliren zu wollen, ob diesen Formen noch einfachere voraus- gingen und welchen Bau dieselben eventuell besassen **). Dagegen bedarf die Frage nach der Berechtigung der sog. Moneren- abtheilung, welche Häckel stets als die primitivste aller Protisten be- welt auf wesentlich derselben Bildungsstufe. Beide Gruppen aber sind solche, welche in der Jetztwelt noch eine ganz bedeutende Rolle spielen, für welche keinerlei Anzeichen des Rück- schritts vorliegen. Ausser den Bacillariaceen gibt es keine weitere Gruppe der Einzelligen, welche fossil ausgiebig erhaltungsfähig ist. Die Bacillariaceen konnte man vorerst nicht sicher über die Jurazeit zurückverfolgen (vergl. Rüst 1. c.). Eine triasische Form (Bactryllum) ist zweifel- haft. Wenn es auch möglich ist, dass sie thatsächlich nicht älter sind, oder vielleicht von Ahnen abstammen, deren Zellhäute unverkieselt waren, so scheint es mir doch schr ge- rathen, weitere Untersuchungen abzuwarten, namentlich im Hinblick auf die neueren Erfah- rungen über die Radiolarien. Die paläontologischen Ergebnisse lehren demnach gerade das Entgegengesetzte wie Nägeli’s Theorie. Sie zeigen, dass Gruppen der Einzelligen sich seit uralter Zeit in wesentlich gleicher Bildung erhielten und zu keiner höhern Entwicklungsreihe führten. Dieselbe Möglichkeit ist demnach auch für die übrigen Gruppen nicht ausgeschlossen und die Erwägung eines monophyletischen Ursprungs wird dadurch näher gelegt. Ueberhaupt lehrt uns der Gesammtgang der paläontologischen Entwicklung, dass stets nur wenige Formen einer Gruppe (wenn überhaupt welche) einer aufsteigenden Entwicklung in erheblichem Maasse fähig waren, dass die grosse Masse dagegen nie mehr über den be- schränkten Typus ihres Zweiges hinausgelangte , wenn sie nicht überhaupt ausstarb. Worauf dies eventuell zurückführbar scheint, kann an dieser Stelle nieht untersucht werden. *) Ueber die Bedeutung der grossen Uebereinstimmung der Kerntheilungsvorgänge thie- rischer und pflanzlicher Zellen für die Monophylese vergl. meine, im Anschluss an Stras- burger geäusserten Bemerkungen in „Studien über die Entwicklung etc.“ Abhandl. Senckenberg. Gesellsch. Bd. X. 1876 (p. 206—7 des $. A.'s). Die Schwierigkeit, welche da- ınals noch in der vermeintlichen spontanen Entstehung von Nuclei erblickt wurde, besteht natürlich heute nicht mehr. **) Speculationen hierüber findet man bei Nägeli: „Mechanisch-physiologische Theorie der Abstammungslehre‘‘ 1884, welcher ein besonderes Reich der Probien oder Urorganismen aufstellt, die einfachsten ursprünglichsten, jedoch bis jetzt noch ganz unbekannten. Mit dieser Erwähnung will ich jedoch keineswegs meine Uebereinstimmung mit der Nägeli’schen Specu- lation aussprechen. X Protozoa. trachtete, einer kurzen Erörterung. Wie die frtihern Abschnitte dieses Werkes schon zeigten, vermied ich die Aufstellung einer solchen Gruppe, da ich ihre Existenz von jeher bezweifelte. Bekanntlich bildet die Kern- losigkeit den einzigen Charakter der sog. Moneren, welche im Uebrigen bald mehr flagellatenartig, bald mehr sarkodinenartig erscheinen. Die Typ. Thiere Höhere (Meterzoa) Pflanzen ' . i | } Vielzellige Algen Spongiae | P 1 ee en 2 D- A PET ns ET Protococcoidea Sporoz Er Flagellat Bacillariacea e. weitere ein» \ Cystoflagellata ,”. -- sale Ay \ Euglenoidine : (Jraglich Desmi- ie \ " Dinoflag. die. u Zygnemacra\ s Infusoria Choanoflag. F . g $ j a S v Phytomastigoda S 'olaria Ay S. a Radiolaria \ | ER SE wi: At zzastigode N S E Ip x . : DE Heliozor: N ke astikıo DM Ta = & Op, ” Nıx Cm . , ? S Khizopode II Chytridiacsa,p.p. SQ Schizophycea Ri Bacteriacea 2 \>} A ec Errichtung der Gruppe fällt in eine Zeit, wo die Methoden der Kernnach- weisung sehr wenig ausgebildet waren, namentlich aber auch die That- sache kaum gewürdigt wurde, dass häufig statt eines einzigen an- sehnlichen Kernes zahlreich kleine und daher schwer nachweisbare vor- handen sein können. Die Erfahrungen auf botanischem wie zoologischem Gebiet, sowohl im Bereich der Viel- wie der Einzelligen haben seit dieser Zeit ergeben, dass die Kerne in den meisten Fällen, wo sie lange ver- misst wurden, thatsächlieh nicht fehlen. Wenn wir auf Gesetzmässigkeit in der Natur überhaupt bauen dürfen, so berechtigen die heutigen Er- fahrungen zum Schlusse, dass mit alleiniger Ausnahme der Gruppen der Schizophyceae und Bacteriaceae am allgemeinen Vorhanden- sein der Kerne nicht zu zweifeln ist. Ich hege denn auch die feste Ueberzeugung, dass bei allen angeblichen Moneren Häckels, sofern sie nicht diesen beiden Gruppen zugehören (allein die Baeterien zählt übrigens Häckel als Tachymonera der Monerengruppe zu) der angebliche a Einleitung. XUI Kernmangel nur auf ungenügender Erforschung beruht. Mir begegnete bei vielfachen Studien in der Welt der Einzelligen wenigstens niemals eine Protamoeba oder eine Protomonas, und anderen Beobachtern er- ging es ähnlich (s. Entz*); auch Schmitz**), der sich um den Nach- weis der Kerne niederer Pflanzen grosse Verdienste erwarb, spricht sich äbnlich aus). Wie es aber mit der anscheinenden Kernlosigkeit der Schizophy- ceen und Bacteriaceen steht, bedarf zweifellos weiterer Aufklärung. Die Untersuchung dieser Gruppen auf Nuclei oder ähnliche Einschlüsse wurde lange Zeit sehr vernachlässigt, da die Frage nach den Kernen von den Botanikern, welchen das Studium dieser Abtheilungen dem Herkom- men gemäss oblag, bis in die jüngste Zeit wenig beachtet wurde. Zwar wurden die Bacterien neuerdings der Gegenstand zahlloser Untersuchungen, die aber hauptsächlich von Gesichtspunkten ausgingen, welchen morpho- logische Fragen fern lagen und denen gleichzeitig ein weiterer Ausblick auf die Welt der verwandten niederen Organismen mangelte. Immerhin zeigten die Untersuchungen von Schmitz***), dass das Plasma der Schizophyceae stark färbbare kleinere oder grössere Körnchen in verschiedener Zahl enthält, die manchmal auch in einer Gruppe zusammenliegen. Zwar zweifelt Schmitz an der Kernnatur dieser Einschlüsse, obgleich er sie früher (1879) für echte Nuclei gehalten hatte. Ich erachte es aber doch für möglich, dass diese Körper Nuclei einfachster Art entsprechen, d. h. dichte Nucleinkörner sind. Auch sehr verdichtete kleine Kerne oder Kernfragmente unzweifelbafter Natur er- scheinen bei Infusorien ete. als kleine stark färbbare Körner. Auch für die Bacterien liegt die Frage keineswegs klar, was de Baryr) an- erkannte. Färbbare Körner sind im Plasma gewisser Bacterien nachweis- bar; ihre Bedeutung ist jedoch vorerst ähnlich unsicher, wie die der Öseillarien und Verwandten. Wir können aus dem Ermittelten nur schliessen, dass selbst für die beiden letzterwähnten Gruppen der Kern- mangel zweifelhaft ist. Daher scheint die Möglichkeit vorerst nicht aus- geschlossen, dass der Aufbau aus Plasma und geformter Kernsubstanz überhaupt eine Auszeichnung alles Lebenden ist. Bei diesem Stand der Forschung vermag ich eine Abtheilung der Monera als Ausgangspunkt der höheren Einzelligen nicht zu rechtfertigen. Unsere Gründe für die Ableitung der Gruppen der Bacterien, Schizophyceen, Sarkodinen, Myxomyceten und wahrscheinlich auch der Chytridiaceen (wenigstens z. Th.) wurden im Abschnitt über die Verwandtschaftsbeziehungen der Flagellaten eingehender darge- *), Entz, Studien über Protisten I, Th. Pesth 1888. p. 254—55. **), Schmitz, Resultate seiner Untersuch. über die Zellkerne der Thallophyten. Sitzber. der niederrh. Gesellsch. f. Nat. u. Heilk. 1879. ***) jbid. 1880 Untersuch. über die Structur des Protoplasmas u. d. Zellkerne der Pflanzen- zellen. f) Vorlesungen über Bacterien 1885 p. 3. XIV Protozoa. legt (s. p. 803 fl.). Sie hatten sich im Allgemeinen der Zustimmung eines unserer hervorragendsten Botaniker, de Bary’s zu erfreuen*). Dass die Myxomyceten wohl in directerer Beziehung zu dem Stamm der Sarko- dinen stehen, bedürfte heutzutage keiner besonderen Belege mehr, da die Ansicht über deren Nichtzusammenbang mit den eigentlichen Pilzen sich mehr und mehr befestigt. Auf die Frage nach der Beziehung und Ableitung der eigentlichen Pilze einzugehen vermag ich nicht. Weder meine Kenntniss dieser Gruppe berechtigt mich hierzu, noch dürfte es der Stand unserer Erfahrungen gestatten. Es bleibt daher competenterem Urtheil anheimgestellt, zu ent- scheiden, ob die höheren mehrzelligen Pilze ganz oder zum Theil von den Chytridiaceen abzuleiten sind. Aber auch zugegeben, dass dies so sei, so würde die Reihe der höheren Pilze als ein selbstständiger Zweig, der aus niederem Ursprung erwachsen ist, zu betrachten sein, der wegen der Höhe der Organisation, welche er erlangte, ein Recht besitzt, als besonderer Stamm von den Einzelligen getrennt zu werden. Ich glaube aber, die Botaniker werden für viele der höheren Pilze die Mög- lichkeit der Ableitung und des Anschlusses an typische Pflanzen natur- semässer erachten. Ueber die Herleitung des Mastigophorenstammes aus der an- gegebenen Wurzel werden schwerlich ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen, ebensowenig auch über seine Gliederung in die verschiedenen *, de Bary, Vergl. Morphologie und Biologie der Pilze, Mycetozoön und Bacterien. 1584, p. 477 If, und p. 513. Dass die Schizophyceen eine isolirte, mit höheren eigentlichen Pflanzen nicht in Verbindung stehende Gruppe sind, erkennt auch Nägeli an (Mechanisch- physiologische Abstammungslehre). Dass ein gewisses Maass von Zelldifferenzirung bei einem Theil dieser Gruppe zur Ausbildung gelangte, kann, da es einen mässigen Grad nicht über- schreitet, nicht wohl Veranlassung geben, sie vun den übrigen Einzelligen zu trennen. Dies wäre anders, wenn höhere Gruppen auf diese Wurzel rückführbar wären, was thatsächlich nicht der Fall zu sein scheint, Die schon früher und hier wieder besprochenen Beziehungen der Bacteriaceen zu den ursprünglicheren Flagellaten würden eine wichtige Bestätigung erhalten, wenn sich Künstler ’s Schilderung eines eigenthümlichen parasitischen Organismus, Bacterioidomonas spori- fera Kstl. bestätigte. Das im Blinddarm des Meerschweinchens gefundene Wesen nimmt nach K.’s Beschreibung sowohl durch seinen Bau wie wegen der endogenen Sporenbildung eine ver- mittelnde Stellung zwischen primitiven Flagellaten und endosporen Bacterien ein. Es soll aber einen deutlichen Nucleus besitzen und eine Länge von 0,024 erreichen (s. Journal de Micro- graphie T. VII. 1884 p. 376). Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich verwahren gegen die gelegentliche Besprechung de Bary’s und meiner Ansichten über die verwandtschaftlichen Be- ziehungen der Bacterien (s. Fisch im Biolog. Centralblatt Bd. V. 1885 p. 97), welche den Anschein erweckt, als hätten de Bary und ich gleichzeitig und unabhängig Aehnliches über diesen Gegenstand geäussert. Das Umgekehrte ist das Richtige. Wie de Bary selbst hervor- hebt, war ihm meine Erörterung in dem Abschnitt über die Flagellaten bekannt. Ob de Bary selbstständig zu ähnlichen Ansichten gelangte, wie die Form, in welcher er meiner gedenkt — er spricht davon, dass auch ich derartige Ansichten ausgesprochen hätte — anzudeuten scheint, ist an und für sich gleichgültig, da meine Publication vorlag, darf jedoch wohl be- zweifelt werden. Einleitung. XV Hauptzweige der Flagellata, Dinoflagellata, Choanoflagel- lata und Cystoflagellata. Unsicherer bleibt leider noch die Ableitung der Infusoriengruppe. Vermittelnde Formen, welche den Zusammenhang mit niederen Einzelligen herstellten, sind nicht bekannt. Genauer wird diese Schwierigkeit bei der Erörterung der verwandtschaftlichen Beziehungen der Infusorien dar- zulegen sein; jedenfalls deutet alles darauf hin, dass die Gruppe weder einem der differenzirteren Zweige der Mastigophoren, noch einem der tieferen Seitenzweige des Hauptstamms entsprossen ist. Die versuchte Herleitung aus dem Hauptstamm gründet sich daher mehr auf Exelusion wie auf den Nachweis direeter Beziehungen. Die Vorstellung, dass die Infusorien aus mastigophorenähnlichen Formen entstanden, welche zahl- reiche Geisselfäden auf der gesammten Körperoberfläche entwickelten, scheint vorerst die naturgemässeste. Immerhin bleibt die Abzweigungs- stelle des Infusorienstamms noch recht fraglich, da sie auch beträcht- lich tiefer gelegen sein könnte. Dagegen ist zweifellos, dass die Infu- soriengruppe isolirt ausläuft, dass höhere Formen an sie nicht anschliessen. Es verdient dies besondere Betonung im Hinblick auf die immer wieder- kehrenden Versuche, sie mit den Metazo@n in einen unnatürlichen Zu- sammenhbang zu bringen. Einzelne Zweige des Mastigophorenstamms führten ohne Zweifel zu neuen und bedeutungsvollsten Entwicklungsrichtungen. Als ein isolirter, in sich abgeschlossener und zu höheren Formen nicht aufsteigender Ast begegnen wir den Bacillariacea, deren vermuthliche Beziehung zu den Dinoflagellata bei diesen näher dargelegt wurde (s. p. 1001)*). Unsicher ist die Herleitung der Sporozoa, deren Beziehungen noch in tiefes Dunkel gehüllt sind. Im Abschnitt über die verwandtschaft- lichen Beziehungen der Flagellaten (p. 807) wurde die hier reprodueirte provisorische Ableitung etwas näher zu begründen versucht; wir verweisen daher auf das dort Bemerkte. Es ist aber keineswegs unmöglich, dass die Sporozoa sich schon viel früher von dem Hauptstamm abzweigten, etwa in der Gegend des Chytridiaceenastes. Auch gilt alles Bemerkte nur für die Gregariniden, da die Beziehungen der übrigen sog. Sporozoön- abtheilungen zu den ersteren selbst noch sehr zweifelhaft sind. Zweifellos ist dagegen der Zusammenhang der Protococcoidea mit den Phytomastigoda, welche ja von den Botanikern gewöhnlich mit den erstern vereinigt werden. Gleich sicher erscheint wohl auch die Ableitung des grossen Stamms der höhern mehrzelligen Pflanzen aus diesen Einzelligen. Zweifelhaft bleibt meines Erachtens vorerst die Beziehung der Conjugaten zu den Protococcoidea. Die Möglichkeit scheint nicht ausgeschlossen, dass diese Algen einen besonderen Ursprung aus *) Dass die Bacillariaceen ein isolirter Zweig sind, der mit höheren Gruppen keiner- lei Connex besitzt, wird von den Botanikern wohl allgemein anerkannt. So betont es z. B. auch Nägeli (Mechanisch-physiolog. Abstammungslehre 1584) bestimmt, XVI Protozoa. holophytischen Mastigophoren besitzen, doch wage ich in dieser Hinsicht kein bestimmtes Urtheil. Bei Besprechung der Choanoflagellata (s. p. 901) wurde dar- gelegt, dass uns die Beziehungen der Spongien zu dieser Gruppe zweifellos erscheinen; wie auch, dass die übrigen Metazoa eine selbst- ständige Entwicklung neben den Spongien genommen haben dürften. Dass der Ursprung derselben gleichfalls auf die Mastigophora zu führen scheint, wurde schon angedeutet. Dieser Schluss beruht gleichfalls mehr auf Ex- elusion als auf direeten Belegen durch Uebergangsformen, welche fehlen. Die Möglichkeit eines Zusammenhangs der Wurzel des Spongienzweiges mit den eigentlichen Metazoa soll nicht bestritten werden. Nähere Auf- klärungen über diese Frage kann ja doch nur die Zukunft bringen. Wie gestaltet sich aber auf Grund dieser Ergebnisse iiber die Genea- logie der Organismen die Frage nach dem Umfang der Protozo@ön in ihren Beziehungen zu den typischen Pflanzen und Thieren? Zunächst scheint klar, dass eine Zerlegung der Einzelligen in zwei von Beginn ge- trennte Stämme der thierischen und pflanzlichen undurehführbar ist, wenn nicht etwa am Beginn der Isomastigoden eine sehr künstliche Grenze er- richtet werden soll. Auch dann aber blieben jedenfalls die Euglenoidina mit zahlreichen holophytischen Formen bei den thierischen Einzelligen. Erweist sich also die Scheidung der Einzelligen nach ihrem thierischen oder pflanzlichen Charakter und ihrem genealogischen Zusammenhang mit den typischen Thieren und Pflanzen als unthunlich und ohne Zwang nieht durehführbar, so dürfte, wenn überhaupt nicht auf eine natürliche Gruppenbildung in der Örganismenwelt verzichtet wird, die Zusammen- fassung aller einzelligen Wesen zu einer Gesammtabtheilung im Gegensatz zu den typischen mehrzelligen Thieren und Pflanzen das naturgemässeste erscheinen. Ein consequentes Bestreben nach möglichst natürlicher, der Genea- logie entsprechender Gruppirung der Organismen führt uns so zur Aner- kennung des Mittelreiches, der Häckel’schen Protisten in modifieirtem Sinne. Obgleich ich überzeugt bin, dass in der Praxis auf nicht abseh- bare Zeit die Welt der Einzelligen je nach Bedürfniss und Herkommen zwischen Botanik und Zoologie getheilt werden wird, kann ich mich obiger Consequenz vom theoretischen Standpunkt aus doch nicht entziehen. Auch jeder Classification auf genealogischer Grundlage klebt insofern etwas Willkürliches an, als wir gezwungen sind, Gruppen beginnen zu lassen; wo dies geschehen soll, wird stets Sache des Uebereinkommens bleiben und um so willkürlicher erscheinen, je zahlreicher die Uebergangs- formen sich erhielten. Bei dem Bestreben, naturgemässe Grenzen der systematischen Gruppen zu finden, kann uns wohl nur der Grundsatz leiten, dem Inhalt jeder Gruppe ein einheitliches morphologisches Gepräge zu geben, d. h. nichts aufzunehmen, was in seinem Bau weit über die Organisation der Mehrzahl hinausgeht, ebenso aber auch nichts auszu- schliessen, was seiner morphologischen Entwicklung nach in den Rahmen e . Einleitung. XVII der Gruppe fällt. Diesem Grundsatz gemäss würde ich zu einem natür- liehen Reich der Urwesen oder Einzelligen auch diejenigen seither dem Pflanzenreich zugerechneten Organismen ziehen, welche sich in ihrer morphologischen Entwicklung nieht über die Einzelligen erheben, also vor allem die Protococcoidea und andere. Die Grenze gegen die typische Pflanzenwelt wäre dann erst da zu statuiren, wo eine Differenzirung der Zellverbände zu verschiedenartigen Leistungen anhebt, was sich zuerst darin ausspricht, dass nur gewisse Zellen die Fortpflanzung übernehmen, zu typischen Propagationszellen werden. Schon früher wurde betont, dass diese Differenzirung auch bei einzelnen Formen eintritt, welche wir von den übrigen Einzelligen nicht scheiden können, dass dies jedoch insofern ohne Belang ist, als diese Formen isolirte Ausläufer bilden, während sich an die echten mehrzelligen Pflanzen eine reiche Weiterentwieklung an- schliesst. | In diesem Punkt wäre ich demnach geneigt, den Umfang des Reiches der Einzelligen weiter zu ziehen als es Häckel thut, da ich die morpho- logische Uebereinstimmung der Einzelligkeit oder die homoplastide Aus- bildung als Grundeharakter der Gesammtheit betrachten muss. Dass sich jedoch eine solche Umgrenzung des Reiches in der Praxis Geltung er- werben dürfte, glaube ich nicht. Der Zusammenhang der Einzelligen von entschieden physiologisch pflanzlichem Charakter mit den echten mehr- zelligen heteroplastiden Pflanzen ist zu innig, als dass man sich bequemen wird, einer solchen Abgrenzung zuzustimmen, welche ja auch nur auf dem Bedürfniss beruht, eine Grenzmarke zu ziehen. Man wird daher in der Praxis wohl vorziehen, das Pflanzenreich mit denjenigen Einzelligen be- ginnen zu lassen, welche physiologisch den höheren Pflanzen entsprechen, d. h. holophytisch leben und während der längeren Periode ihres Lebens unbeweglich sind. Die Abgrenzung der Einzelligen gegen die hetero- plastiden Thiere ist dagegen scharf, da hier Uebergangsformen nicht mehr existiren oder doch unbekannt sind. Diejenigen Abtheilungen der Einzelligen aber, welche wir in diesem Werk als Protozo&@n beschreiben, haben kein Anrecht als eine na- 'türliche Gruppe zu gelten. Es sind die, ihres mehr physiologisch- thierischen Charakters wegen seither conventionell unter die Thiere auf- genommenen und beschriebenen Gruppen, von welchen aber nicht wenige Angehörige dem pflanzlichen Leben physiologisch sehr nahe treten. Diese Gruppen sind die Sarkodina, Mastigophora, Spo- r0ozoa und Infusoria. Es bleiben demnach zum mindesten die Ab- theilungen der Baeteriacea mit den sich höchst wahrscheinlich an- schliessenden Schizophycea, die Myxomycetes und Baecillaria- ceae, welche Anrecht auf Betrachtung hätten. Dass dies nicht ge- schehen, dass dies Werk nicht zu einem solchen über die einzelligen Urwesen, die Protisten überhaupt, erweitert wurde, dürfte keinen Anstoss erregen, da es nicht seine Aufgabe war, eine Reform durchzuführen, sondern die sog. Protozoön, wie sie im historischen Gange unserer Wissen- Bronn, Klassen des Thier-Reichs. Protozoa. B XVII Protozoa. schaft allmählich entstanden, soweit möglich, erschöpfend darzustellen. Wie wir uns aber deren Beziehungen zu den übrigen Einzelligen und den höheren Organismen denken dürfen, suchte diese Einleitung darzulegen. Mit dem Fortschreiten und der Klärung unseres Wissens von den genea- logischen Beziehungen der Gruppen dürfte die allseitige Anerkennung einer Reform nicht ausbleiben, wenn dieselbe sich auch zunächst auf die theoretische Ueberzeugung beschränken sollte, dass die seither beliebte Vertheilung der Einzelligen auf die beiden Reiche in der Natur nicht begründet ist. gie A. Abtheilung (Klasse, Subphylum). Sarkodina. In der Abtheilung der Sarkodina*) fassen wir die Gesammtheit der- jenigen Protozoön zusammen, welche während der Hauptperiode ihres thätigen (beweglichen) Daseins mittels einfachster Protoplasmabewegungen, also entweder durch einfaches Hinfliessen (Hinströmen) oder durch Ent- wicklung nicht schwingender, protoplasmatischer Fortsätze wechselnder Gestalt den Ortswechsel vollziehen, wobei dann ihr Körper mannigfachen Gestaltsveränderungen unterworfen ist. Auch die Nahrungsaufnahme wird mit Hülfe solcher Protoplasmabewegungen bewerkstelligt. Bezüglich ihrer Fortpflanzungsverhältnisse zeigen sie einfache Thei- lungs- oder Sprossungserscheinungen ohne Hervorbildung besonderer spo- rangienartiger Fortpflanzungskörper (wodurch eine Trennung von den in ihren beweglichen Zuständen in vieler Hinsicht sich ähnlich verhaltenden Myxomyceten gezogen wird, welche letzteren eben dieser Fortpflanzungs- erscheinungen wegen, den einfachsten pflanzlichen Organismen näher an- geschlossen werden). Die hier unter der Bezeichnung Sarkodina vereinigten Protozo&@n werden in neuerer Zeit gewöhnlich sämmtlich als Rhizopoda zu- sammengefasst, ein Verfahren, von dem hier Abstand genommen wurde, weil einerseits die mit der Bezeichnung Rhizopoda verknüpfte Vorstellung keineswegs mit den thatsächlichen Bauverhältnissen dieser Formen sich deckt, andrerseits der Name Rhizopoda von seinem Begründer (Dujardin) in einem viel beschränkteren Sinne gebraucht wurde und zwar in einer Ausdehnung, die auch hier mit einer kleinen Erweiterung An- wendung finden soll. Die Abtheilung der Sarkodina zerfällt ziemlich ungezwungen in 3 Unterabtheilungen oder Unterklassen, nämlich: *) Der Name Sarkodina ist schon früherhin, jedoch in anderem Sinne, von Hertwig und Lesser zur Bezeichnung unsrer Abtheilung der Rhizopoda (einschliesslich der Heliozoa) in Vor- schlag gebracht worden (vergl. 99). Die Anwendung, die wir hier von demselben machen, geht aus dem Folgenden hervor. Bronn, Klassen des 'Thier-Reiche. Protozoa. E 2 Rhizopoda. I. Rhizopoda. Nackte (hüllenlose) oder umhüllte (beschalte) Sarkodinen, die sich entweder durch einfaches Hinfliessen ihres protoplasmatischen Zellenleibes oder durch Aussenden mehr oder weniger bis sehr gestaltsveränderlicher, und häufig unter einander Verschmelzungen bildender Protoplasmafort- sätze (Pseudopodien) bewegen. Solche Pseudopodien können sowohl von der Gesammtoberfläche des Körpers, als auch nur von einem beschränk- ten Theil derselben entspringen. Die Gesammtgestalt des Körpers ist entweder sehr veränderlich, oder wo sie mit oder ohne Beihülfe einer Um- hüllung (Schale) eine grössere Constanz zeigt, offenbart sich an ihr sehr gewöhnlich eine Hinneigung zu einaxiger Gestaltung, indem entweder durch verschiedenartige Ausbildung entgegengesetzter Körperenden oder durch "eine Längsstreckung des Gesammtkörpers eine Hauptaxe zu deut- licher Entwicklung gelangt. (Nur wenige Formen weichen von dieser Regel ab und bewahrheiten dadurch nur die alte Erfahrung, von der Unmöglichkeit absolut scharfer Gruppentrennung in der Organismenwelt.) II. Heliozoa, Nackte oder umhüllte (von einem Kieselskelet umkleidete) Sarko- dinen, von meist nahezu regelmässiger kugliger Gestaltung (welche nur bei einer Anzahl wenig differenzirter Formen durch den Gestaltswechsel des Gesammtkörpers zeitweise beeinträchtigt wird). Pseudopodien fein, wenig gestaltsveränderlich und verhältnissmässig wenig zu Verschmel- zungen geneigt, von der Gesammtoberfläche des Körpers allseitig aus- strahlend. (Durch ihre einfacheren, wenig differenzirten und gestaltsveränder- lichen Formen zeigt diese Unterabtheilung innige Beziehungen zu den Rhizopoden, wie andrerseits die kuglig gestalteten Formen dieser letzte- ren sich zu den Heliozoen hinneigen. Die allgemeinen Gestaltsverhält- nisse und die Skeletentwicklung bringen ferner die Heliozoa in nähere Beziehung zu der folgenden und letzten Abtheilung der Radiolaria.) III. Radiolaria, Sarkodinen von homaxoner (kugliger) Grundgestalt, die jedoch durch anftretende Modificationen häufig in eine einaxige üibergeführt wird. Eine kuglige oder einaxig modifieirte Hüllbildung stets vorhanden, die je- doch von hervorgedrungnem Protoplasma äusserlich überzogen wird (ähnlich wie bei manchen Rhizopoden) und dadurch ins Innere des Proto- plasmakörpers eingelagert erscheint (sogenannte Centralkapsel). Hierzu gesellen sich gewöhnlich noch weitere Skelettheile. Pseudopodien allseitig von der Körperoberfläche ausstrahlend, fein und in mässigem Grade zur Verschmelzung geneigt. (Die Radiolaria zeigen, wie schon oben bemerkt, deutliche Beziehungen zu den Heliozoa, andrerseits jedoch auch solche zu den homaxonen For- men unter den Rhizopoda.) ee Geschichte. 3 I. Unterabtheilung (Unterklasse). Rhizopoda. 1. Uebersicht der historischen Entwicklung unsrer Kenntnisse von den Rhizopoden. Bei der verhältnissmässig sehr beträchtlichen Grösse, welche gewisse Rhizopoden erreichen und der Häufigkeit, in welcher ihre Schalenreste in gewissen Erdschichten aus vergangenen Epochen aufgespeichert sich vor- finden, konnten solche fossile Rhizopoden auch dem Alterthum nicht völlig verborgen bleiben, wie denn auch die Nummuliten schon bei Strabo*) er- wähnt werden. Eine wirklich wissenschaftliche Beschäftigung, wenn auch nur mit den Schalenresten der Rhizopoden, erforderte jedoch optische Hülfsmittel und eine besondere Hinlenkung des Beobachtungssinnes auf die Welt des Kleinen, wie sie hauptsächlich durch die Leeuwenhoek’schen Bestrebungen im 17. Jahrhundert erzeugt wurde. So lieferte denn auch schon die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts eine Anzahl Beobachtungen über die zahlreichen Schalenreste der Rhizopoden, wie sie sich sowohl im recenten Meeressand, als auch in den Ablagerungen der verschiedensten geologischen Formationen finden. Beecarius 1731 (1) und Breyn 1732 (2) gaben Beschreibungen recenter und fossiler Rhizopodenschalen und letz- terer gebrauchte für dieselben schon die Bezeichnung Polythalamia, welche auch jetzt noch häufig für eine Abtheilung derselben verwerthet wird. Plancus (Bianchi) veröffentlichte 1739 (3) zuerst Abbildungen derselben, ebenso wie Gualtieri 1743 (4) und Ledermüller 1763 (15). Die ursprüngliche Auffassuug dieser Schalenreste als Cephalopoden- gehäuse sollte noch lange Zeit die herrschende bleiben. Die 15 von Linne in der 12. Ausgabe seines Systema naturae aufgeführten und auf die Beobachtungen von Plancus, Gualtieri und Ledermüller gegründeten Arten wurden in die Geschlechter Nautilus (14) und Serpula (1) ver- theilt. Hierzu gesellte Gmelin noch weitere 8 Arten (7 Nautilus und 1 Serpula), die sich auf die mittlerweile erschienenen Mittheilungen von Spengler, Schröter und Gronovius basirten (8, 9 u. 10).**) Die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts lieferte noch einige wichtige Beiträge zur Kenntniss der Rhizopodenschalen. Während die früheren Beobachtungen wesentlich die Formen des Mittelmeeres betrafen, bildeten Boys und Walker (Beschreibungen von Jacob) eine Reihe von Arten der englischen Küste ab, die sie gleichfalls den Genera Nautilus, Serpula und eine sogar Echinus einverleibten.***) Batsch hingegen veröffent- lichte 1791 6 vorzüglich ausgeführte Kupfertafeln mit Abbildungen von 16 Rhizopodenarten, über deren Herkunft jedoch nichts mitgetheilt wurde. }) *) Vergl. hierüber bei D’Archiac et Haime, Descript. des anim. foss. d, groupe Num- mulitique de l’Inde, Paris 1853. **) Analyse der Arten bei Parker u. Jones 62 a. *%**) Analyse der Arten bei Parker u. Jones 62 b. +) Analyse der Arten bei Parker u. Jones 62 1. 4 a Rhizopoda. Bei weitem die hervorragendsten und ausgedehntesten Untersuchungen über unsern Gegenstand lieferte jedoch Soldani*) in zwei Werken, von denen das ältere 1780, das jüngere, die Testaceographia, 1789 bis 1798 erschien und von nicht weniger als 228 Kupfertafeln begleitet ist (7 u. 13). Sowohl die fossilen als die recenten Rhizopodenschalen Italiens und der ita- lischen Küste zog Soldani in den Bereich seiner Darstellungen. Eine Beein- trächtigung erlitten die Soldani’schen Werke durch die Nichtanwendung der binomischen Bezeichnung, jedoch basiren eine grosse Zahl später auf- gestellter Arten auf seinen Abbildungen. **) Auch die Beiträge, welche Fichtel und Moll in ihrem 1803 er- schienenen Werk (14) gaben, waren hauptsächlich wegen der Vorzüglich- keit der Abbildungen von nicht geringer Bedeutung. Eine beträchtliche Zahl von Arten wurden hier beschrieben und sämmtlich als Angehörige des Geschlechtes Nautilus betrachte. Mit Ausnahme einer Anzahl fos- siler Formen sind es Bewohner des Mittel- und rothen Meeres.***) Schon diesen beiden deutschen Beobachtern drängte sich die grosse Variabilität der von ihnen untersuchten Formen unwillkürlich auf und ähnlich sprach sich auch ein gleichzeitiger Beobachter der britischen Rhizopodenschalen, Montague (16), aus (1803—1808). — Von Wichtigkeit erscheinen ferner die Beiträge, die Lamarck seit 1801 zur Kenntniss der Rhizopodenschalen hauptsächlich durch seine Untersuchungen über die Fossilien des Pariser Grobkalkes lieferte. Zusammenfassungen der ihm bekannten Rhizopodenschalen gab er später in dem Tableau encyclop. et meth. 23. Th. 1816 und in der Hi- stoire nat. d. anim. sans vert. 1815—22. Er vertheilte unsre Formen unter Cephalopoden und Korallen, errichtete jedoch zu ihrer Aufnahme eine grössere Zahl selbständiger Geschlechter, die zum Theil noch heute Ver- wendung finden.) Weniger glücklich als Lamarek, in Bezug auf die systematische Gruppi- rung der Rhizopodenschalen, war Denys deMontfort (18), der 1808—1810 nicht weniger als 60 neue Genera aufstellte, von welchen nur eine ganz geringe Zahl von spätern Forschern festgehalten werden konnten. tr) — Auch Blainville und Defrance vermehrten durch eine Reihe von Arbeiten die Kenntniss unserer Formen und es mag hier noch besonders hervor- gehoben zu werden verdienen, dass der erstgenannte Forscher nach Beob- achtung einer lebenden Miliola seinen Zweifeln an der Cephalopodennatur dieser Wesen Ausdruck verlieh. Eine neue und bedeutsame Epoche in der Geschichte der Rhizopoden- kenntniss wurde durch die 1826 anhebenden Arbeiten Aleide d’Orbigny’s *, Mönch uud später Prof. der Mathematik zu Sienna, geb. 1736, gest. 1808, **) Siehe die Analyse der von d’Orbigny auf Soldani'sche Abbildungen gegründeter Arten bei Parker u. Jones 62 o. *#**) Analyse der Arten bei Parker u. J. 62 c. +) Siehe bei Parker u. J. 62 d. r}) Siehe bei Parker u. J. 62 e. cm al u Zu Geschichte. 5 begründet. Wie sehr auch die zahlreichen, im Laufe von 30 Jahren (1826—52) fortgesetzten Arbeiten d’Orbigny’s durch eine Reihe von nach- theiligen Einflüssen beeinträchtigt wurden, — so die ganz mangelhaften Erfahrungen, welche er von den thierischen Insassen, der von ihm so anhaltend untersuchten Schalen besass, ebenso wie seine ausschliessliche Beschränkung auf die marinen Formen, ferner die Zugrundelegung einer wenig natürlichen Klassifikationsweise und eine ausgesprochene Neigung zur Schaffung neuer, auf sehr geringfügige Unterschiede basirter Arten — so wird doch nie der hervorragende Einfluss und die grosse Bedeu- tung der d’Orbigny’schen Untersuchungen in Abrede gestellt werden können. Einmal ist die Gesammtmenge der Rhizopodenschalen, und zwar fos- siler wie lebender, weder vor noch nach ihm in so vollständiger Weise zusammengetragen und verarbeitet worden; ferner hat er sowohl die Zu- sammengehörigkeit der so zahlreichen Formen als besondere Gruppe zuerst hervorgehoben und schliesslich den Grund zu einer systematischen Gruppirung derselben gelegt, welche die Basis für alle weiteren Versuche auf diesem Gebiet wurde. D’Orbigny war anfänglich völlig von der Cephalopodennatur der thie- rischen Bewohner der Rhizopodenschalen überzeugt, ja glaubte sogar durch eigne Untersuchungen festgestellt zu haben, dass diese Schalen als innre (z. B. ähnlich Spirula) im hintern Körperende des Thieres ein- geschlossen seien. Demgemäss vereinigte er diese Schalenreste in einer besondern Ordnung unter dem Namen Foraminifera,*) im Gegensatz zu den übrigen mit gekammerter Schale versehenen Cephalopoden, die er als Ordnung der Siphonifera zusammenfasste. Späterer besserer Einsicht in den eigentlichen Bau des Weichkörpers unsrer Organismen konnte sich jedoch d’Orbigny nicht verschliessen; er erkannte 1839 die seitdem durch Dujardin festgestellte wahre Natur derselben an. Das 1826 erschienene Tableau method. d’Orbigny’s gab eine Ueber- sicht aller von ihm damals unterschiednen fossilen und recenten Formen, von denen jedoch ein grosser Theil (ca. 253) wegen der mangelnden Be- schreibungen niemals hat festgestellt werden können. Eine Anzahl dieser Arten wurde noch durch die von ihm 1825—26 hergestellten 4 Lieferungen von Modellen kenntlich gemacht; weitere durch seine späteren faunisti- schen und paläontologischen Arbeiten. 1839 beschrieb er die Foramini- feren von Cuba und den Canarischen Inseln, den Kisten Südamerika’s und der Pariser Kreide; 1846 die des Tertiärbeckens von Wien und 1852 veröffentlichte er noch eine Uebersicht der fossilen Genera (s. 23— 30, 34, 38 u. 44). *) Der Name Foraminifera bezieht sich keineswegs nach der ihm von d’Orbigny ge- gebnen Begründung auf die Perforation der Schalenwände bei der Abtheilung der Perforata, wie dies in neueren Schriften gewöhnlich dargestellt wird, sondern sollte der Durchbohrung der Scheidewände durch eine oder mehrere Oeflnungen bei gleichzeitigem Fehlen einer Sipho- bildung Ausdruck verleihen (s. d’Orbigny 22). 6 Rhizopoda. In Frankreich war es jedoch, wo zuerst das richtige Verständniss für die thierischen Körper, welche diese Schalen erbauten, angebahnt wurde. Im Jahre 1835 gelangte Fel. Dujardin (s. 24—26) durch wieder- holte Beobachtung lebender Formen zu der Ueberzeugung, dass es sich hier nicht um complieirt zusammengesetzte, sondern höchst einfach ge- baute Organismen handle, deren Körper aus einer einfachen thierischen Ursubstanz (Sarkode) bestehe und sich am besten den schon lange unter der Bezeichnung Proteus oder Amoeba aus süssem Wasser bekannten un- beschalten Formen vergleichen lasse. Den von ihm ursprünglich für die Foraminifera d’Orbigny’s vorge- schlagenen Namen Symplectomeres verliess er jedoch sofort, um hierfür die charakteristische, der Beschaffenheit der Bewegungsorgane entnommne Bezeichnung Rhizopoda zu substituiren, welcher Abtheilung er jedoch auch die ähnlichen Formen des Süsswassers zugesellte. Die zuerst von Dujardin erkannte enge Beziehung der Rhizopoden- schalen des Meeres zu gewissen, im Süsswasser einheimischen und schon lange im lebenden Zustand gekannten Formen, veranlasst uns hier, noch einen Blick auf die Geschichte unsrer Kenntniss dieser Formen zu werfen. Im Jahre 1755 hatte Rösel von Rosenhof*) die ersten Amöben entdeckt und unter dem Namen Proteus beschrieben. Gleichen und andre Forscher beobachteten ähnliche Formen und Bory de St. Vin- cent stellte 1822 den Namen Amoeba auf, den er jedoch auf sehr hetero- gene Organismen ausdehnte. Beschalte Süsswasserformen (Difflugia) wur- den zuerst von Leclerce 1815**) beschrieben und auch sehr richtig als Verwandte des Proteus gedeutet, während spätere Forscher, wie Lamarck, Oken und andre sie weit von diesem entfernen wollten. Weitere ansehn- liche Vermehrung erfuhr unsre Kenntniss der Süsswasserformen durch G. Ch. Ehrenberg, der neben der Gattung Difflugia noch’ eine weitere, Arcella, für von ihm gefundne beschalte Süsswasserrhizopoden aufstellte, die nahe Verwandtschaft dieser Formeu anerkannte und sie in seinem Hauptwerk, 1838, in zwei Familien der Amoebaea und der Arcellina neben einander stellte. Schon damals, jedoch noch weit bestimmter in späteren, gleich zu erwähnenden Arbeiten sprach er sich gegen die von Dujardin bezüglich der Verwandtschaft und Organisation der marinen Foramini- feren aufgestellten Ansichten aus, in welch letzteren er höchst wahrschein- lich kolonienbildende Formen und zwar Moosthierchen (Bryozoa) erkannt haben wollte. — Die eingehende Beschäftigung mit den fossilen Resten mikroskopischer Organismen, so zunächst hauptsächlich der der Kreide, führte Ehrenberg schon 1838 und 39 zu einem genaueren Studium der lebenden Foraminiferen, von welchen er einige Formen der Nordsee beob- achten konnte. Das Resultat dieser Untersuchungen bestärkte ihn jedoch nur noch mehr in seiner schon vorgetragenen Ansicht von der Bryozoen- *, Inseetenbelustigungen. IL. **) Ann. da Mus, d’hist, nat, II. 1815. Geschichte. 7 natur derselben (nach ihm Polythalamia). Ausser einem’ einfachen, röh- rigen Darmkanal, glaubte er auch Ovarien und zuweilen den Schalen äusserlich anhängende Eierbeutel beobachtet zu haben. Nach besonders missverständlich aufgefassten Eigenthümlichkeiten der Schale versuchte er ferner einfach lebende und koloniebildende Formen zu unterscheiden. — Die Kalkschale und deren zuweilen complicirter Bau bildete für Ehren- berg noch ein besonderes Moment zur Abtrennung dieser Formen von den Arcellinen des süssen Wassers. — Mit bekannter Hartnäckigkeit und Un- zugänglichkeit für Aufklärungen, die seine, durch vorgefasste Meinungen über den tbierischen Bau im Allgemeinen beeinflusste Ansichten zu ver- bessern im Stande gewesen wären, hielt Ehrenberg stets an seiner Deu- tung des Foraminiferenorganismus fest, ohne jedoch durch weitere Unter- suchungen lebenden Materials neue Belege hierfür beizubringen. Desto eifriger hingegen durchforschte er die Erdschichten der verschiedensten Epochen nach Schalenresten unsrer Thiere und gab eine Zusammen- stellung der hierbei erzielten Resultate in dem umfangreichen Werk „Mikrogeologie“ 1856. Ebenso nahmen die Foraminiferenreste der Tief- see seine Aufmerksamkeit in hohem Grade in Anspruch, worüber er gleichfalls die erzielten Resultate in einer grössern Abhandlung 1873 sammelte (97a). Auch in dem Luftstaub, den Ehrenberg lange fortgesetzt und aus den verschiedensten Gegenden untersuchte, fanden sich mancher- lei Schalenreste von Rhizopoden (hauptsächlich jedoch von Stsswasser- formen), worüber er 1871 eine übersichtliche Zusammenstellung publi- eirte (95). Obgleich in diesen letztgenannten Arbeiten Ehrenberg’s eine grosse Zabl von Formen abgebildet und beschrieben wurde, trugen dieselben doch zum allgemeinen Fortschritt unsrer Kenntnisse nur sehr wenig bei, was hauptsächlich darauf beruht, dass Ehrenberg ebenso hartnäckig wie an seinen Ansichten über die Organisation der Foraminiferen, auch an seiner eigenthümlichen und sich keiner Anerkennung seitens andrer For- scher erfreuenden systematischen Gruppirung derselben festhielt, in der Aufstellung der Arten ziemlich willkürlich verfuhr und dieselben wenig ausreichend charakterisirte und die systematischen Bestrebungen ande- rer Forscher bei ihm keine Berücksichtigung fanden. Ausserdem wird der Werth dieser Arbeiten noch dadurch sehr vermindert, dass die Unter- suchung der Formen fast stets an Canadabalsampräparaten im durch- fallenden Lichte vorgenommen und hiernach auch die Abbildungen ge- fertigt wurden, wesshalb die Wiedererkennung der Arten grosse Schwierig- keiten bereitet. Von hervorragender Bedeutung für die weitere Entwicklung unsrer Kenntniss der marinen Rhizopoden und hauptsächlich des feineren Bau’s ihrer Schalen wurden die Untersuchungen Williamson’s. Ursprünglich noch auf dem Standpunkte Ehrenberg’s bezüglich der Beurtheilung der Organisation der Rhizopoden stehend, gab er denselben doch bald auf und näherte sich dem Dujardin’s, wenngleich er in der Erforschung des 8 Rhizopoda. Weichkörpers im ganzen keine sehr erheblichen Resultate zu Tage för- derte. Bei weitem bedeutender waren seine Beobachtungen über den feineren Bau der Schalen, den er zum ersten Mal mit Hülfe von Dünnschliffen untersuchte, die denn auch sowohl Carpenter als ihn ziemlich gleich- zeitig zur Entdeckung des Kanalsystems führten (43, 46 u. 47). Schon früher 1848 betrieb er auch systematisch faunistische Studien auf diesem Gebiet, zunächst über die Gattung Lagena und krönte dieselben 1858 durch sein Werk tber die Foraminiferen der britischen Küsten (61). Diesen Beobachtungen von Williamson über die feinere Schalenstructur der Foraminiferen schlossen sich die von Carter (49) *) seit 1849 und die weiteren sehr wichtigen von Carpenter 1856 (59 und 60) an, weswegen dieselben gleich hier kurz erwähnt werden mögen. Durch diese ausge- dehnten und eingehenden Untersuchungen vorbereitet, konnte dann Car- penter 1862 dazu schreiten, unterstützt von Parker und Jones, eine Ge- sanımtdarstellung der Rhizopoden (wesentlich jedoch nur der Schalen- verhältnisse derselben) zu entwerfen, die wohl für lange Zeit das grund- legende Werk sowohl für die Kenntniss des Schalenbaues als der hierauf basirten Classification der Foraminiferen bleiben wird. Parker und Jones hatten sich seit 1857 hauptsächlich in faunistisch-systematischem Sinne mit der Erforschung der Foraminiferen beschäftigt, namentlich auch in einer Reihe fortgesetzter Arbeiten die so verwirrte Synonymie dieser Formen auf- zuklären versucht (62). Ihr Antheil an den „Introduction“ ist ein ganz er- heblicher. So bedeutend auch die Bestrebungen der genannten englischen For- scher auf dem Gebiete der Foraminiferenkunde erschienen, so wäre die gänzliche Vernachlässigung des Studiums des Weichkörpers doch eine sehr empfindliche Lücke geblieben, wenn nicht schon 1854 von einem deutschen Forscher, M. Schultze, in trefflicher Weise hierüber Licht ver- breitet worden wäre, so dass dessen Werk ‚Ueber den Organismus der Polythalamien“ in Bezug auf den Weichkörper dieselbe hohe Bedeutung beansprucht, wie die Untersuchungen Carpenter’s bezüglich des Schalen- baues. M. Schultze stellte zuerst den Bau des Weichkörpers, und da- durch auch die Stellung der Foraminiferen überhaupt, im Sinne Dujardin’s ganz sicher. Weniger glücklich war Schultze in seinen systematischen Bestrebungen. Dagegen hat ein anderer deutscher Foraminiferenforscher, Reuss, der in einer grossen Reihe von Arbeiten seit dem Beginn der 40 er Jahre sich die Erforschung der fossilen Reste der Foraminiferen zur Aufgabe machte, sich nicht unbedeutende Verdienste um die Systematik dieser Abtheilung errungen, die ihn 1861 (65) zur Aufstellung eines Systemes derselben führten, das sich in vieler Hinsicht dem unabhängig entstandenen der oben genannten englischen Forscher anschloss. *, Vergl. jedoch auch 42, sowie bei d. Gattungen Öperculina, Orbitolites, Alreolina, Patellina etc. nn en ——*. Geschichte. 9 Ueber die Fortpflanzungserscheinungen der Foraminiferen war im Ganzen nur wenig ermittelt worden; einer älteren Mittheilung von Gervais schlossen sich Untersuchungen von M. Schultze und Str. Wright an, ohne sehr erheblich die Frage zu fördern. Werfen wir nun, rückwärts schauend, einen Blick auf die seither ausser Auge gelassenen Sisswasserformen, so haben wir zunächst zu ver- zeichnen, dass Dujardin die Kenntniss derselben vielfach förderte, Ehren- berg dagegen mit der Aufstellung zahlreicher und meist sehr mangelhaft charakterisirter Arten im Ganzen wenig zum besseren Verständniss der- selben beitrug. Nicht unwichtige Beiträge lieferten Schlumberger 1845 *), Perty 1852 (48), M. Schultze 1854 (53) und namentlich auch Clapare&de und Lachmann 1858—59 (60). In England haben Carter seit 1856 (56), Wallich seit 1864 sich vielfach mit diesen Formen beschäftigt und in Deutschland wurden sehr namhafte Beiträge zur Kenntniss derselben von Greeff, R. Hertwig und Lesser, F. E. Schulze und andern geliefert, denen sich die Untersuchungen Archer’s in Irland und Cienkowsky’s in Russland würdig anreihen. Durch die Bestrebungen Häckel’s um die Erforschung der von ihm sogenannten Moneren wurden gleichfalls eine Reihe hierher gehöriger For- men aufgedeckt. In der Aufklärung der Bauverhältnisse des Weichkörpers der marinen Rhizopoden geschah ein sehr wesentlicher Schritt durch den von Hertwig und F. E. Schulze erbrachten Nachweis der Anwesenheit von Zellkernen im Plasmaleib derselben. Auch suchten beide Forscher das System nach ihren Erfahrungen und Anschauungen zu verbessern. Die wesentlichsten systematischen und faunistischen Bestrebungen der neuern Zeit bezüglich der marinen Formen behaupteten jedoch ihren Sitz in England und wurden namentlich von Parker, Jones und Brady gepflegt, die sich auch vielfach um die Kenntniss der fossilen Formen verdient machten. Die Erforschung der im fossilen Zustand aus früheren Epochen der Erdgeschichte uns aufbewahrten Rhizopodenreste hatte ausser den schon genannten Forschern, wie d’Orbigny, Ehrenberg, Reuss und Anderen noch die Aufmerksamkeit zahlreicher Paläontologen und Geologen in Anspruch genommen, unter denen hier hauptsächlich noch hervorgehoben werden mögen: Joly und Leymerie, d’Archiac und Haime, sowie Terquem in Frankreich, in Belgien van den Broeck und Miller, in Deutschland Geinitz, Römer, Czjzek, Richter, Hagenow, Gümbel, Karrer, Rütimeyer, von Schlicht, Bornemann und Schwager; in England und Nordamerika Hall, Young, Armstrong, Dawson und Andere, in Russland Fischer von Waldheim, Eichwald, Zborezewsky und neuerdings von Möller (116); in Italien Seguenza, Michelotti und Sismonda. Eine Zusammenfassung der Be- *) Ann. d. sc. nat. III. vol. 3. 1845. 10 Rhizopoda. strebungen auf dem Gebiet der fossilen Foraminiferenreste gab Zittel neuerdings in seinem vortrefflichen Handbuch der Paläontologie. In vieler Hinsicht fördernd griffen auch die in neurer Zeit schwung- haft betriebenen Tiefseeforschungen namentlich von englischer Seite in die Entwicklung unsrer Kenntniss von den marinen Rhizopoden ein und erwarben sich auf diesem Feld namentlich Wallich, W. Thomson und Murray ausser schon genannten englischen Forschern Verdienste. Ueberblieken wir zum Schluss noch einmal die in den vorher- gehenden Zeilen versuchte kurze Darstellung der geschichtlichen Entwick- lung unsrer Kenntnisse von den Rhizopoden, so müssen wir erkennen, dass die Erforschung derselben sich bis jetzt mit Vorliebe den zwar auch leichter zugänglichen Schalenresten zugewendet hat, dass hingegen das Studium des Weichkörpers mit Ausnahme der Süsswasserformen trotz der hervorragenden Bemühungen eines Max Schultze sehr zurückgeblieben ist. Es bildet daher die genauere Erforschung des Baues und der Lebens- erscheinungen, namentlich aber der Fortpflanzungsverhältnisse der marinen Rhizopoden noch eine bedeutsame der Zukunft gestellte Aufgabe, die hoffentlich in nicht zu langer Zeit einer entsprechenden Lösung entgegen- gehen wird. Uebersicht der Literatur.*) 1. Beccarius, De Bonnoniensi arena quodam 1731. Commentarii de Bonnon. seient. et art. instituto. T. I. p. 68. . Breyn, J. P., Dissert. physica de Polythalamiis, noya testac. classe. Gedani. 1732. . Plancus, Jan., De conchis minutis notis. 1. ed. Venetiis 1759. 2. edit. Romae 1760. . Gualtieri, Nic., Index Testar.-Conchyl. quae adversant. in mus. suo. Florentinae 1742. . Ledermüller, M. F.. Mikroskop. Augen- u. Gemüthsergötzungen. Nürnberg 1763. . Linne, Systema naturae etc., edit. XII, reform. Holmiae. 1766—68. T. I. . Soldani, Amb., Saggio orittografico overa osservazioni sopra le terre nautilitiche della Toscana. Sienae 1780. 8. Gronovius, L. 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Th. auch Familien, finden ihre Erwähnung später bei die- sen; hier sind zumeist nur diejenigen Arbeiten berücksichtigt, die von einer Anzahl verschie- dener Formen handel». Gleichzeitig ist an dieser Stelle auch schon die wichtigste faunisti- sche Literatur angegeben, ebenso wie die auch in allgemeiner Hinsicht wichtigeren Arbeiten über die fossilen Rhizopoden. Speciellere Angaben über die einzelnen Formationen folgen dann später bei dem Kapitel über die paläontologische Entwicklung der Rhizopoda. Die Voranstellung eines F in Klammern soll darauf hinweisen, dass die betreifende Sehrift aus- schliesslich oder doch vorzugsweise fossile Formen bespricht. Literatur. 11 . Montfort, Denis de, Histoire nat. gener. et partic. des Mollusques (Partie du Buffon de Sonnini). Paris 1802—5. T. IV. . Montague, G., Testacea brittanica. London 1803—8. Suppl. 1808. . (F) Lamarck, J. B. de, Suite des Memoires sur les coquilles fossiles des environs de Paris. Annales du Museum. Tom. V—IX. 1504— 1807. . 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Mereschkowsky, C. von, Studien über die Protozoön des nördl. Russlands. Arch. f. mikrosk. Anatomie Bd. 16. (Süsswasserformen.) 2. Kurzer Ueberblick der morphologischen Auffassung und Gestaltung der Rhizopoda, sowie der Hauptuntergruppen dieser Abtheilung, Die Rhizopoda begreifen nach unsrer schon oben kurz hervorgehobnen Definition sowohl nackte hüllenlose, als beschalte, umhüllte einzellige Sarkodinen, welche verhältnissmässig nur selten Neigung zur Bildung von organischen Verbänden mehrerer Individuen, zur Entwicklung echter Kolo- nien oder Stöcke zeigen. Wir bezeichnen hier die Rhizopodenindividuen durchaus als einzellig, da wir, wie in der Einleitung des genaueren aus- geführt ist, den Begriff der Zelle sowohl auf solche Elementorganismen oder Plastiden ausdehnen, welche kernlos als auch auf solche, die eine grössere Zahl von Kernen einschliessen und nicht nachweislich aus der Verschmel- zung ursprünglich getrennter einkerniger Zellen hervorgegangen sind. Wir behandeln daher unter den Rhizopoda sowohl kernlose Formen (sog. Moneren Häckel’s) als kernftihrende, und dies um so mehr, als die ne Einleitende Uebersicht. 15 Frage nach dem Vorhandensein oder dem Mangel von Kernen bis jetzt ın vielen Fällen noch nicht mit hinreichender Sicherheit entschieden ist. Auch der grössre oder geringre Grad von Differenzirung, welche der Proto- plasmakörper der Rhizopoden erreicht hat, kann nur in sehr bedingtem Maasse unsere Auffassung von dem Umfang der hier zu betrachtenden Gruppe beeinflussen. So sehen wir keinen Grund ein, Formen mit Diffe- renzirung in Eeto- und Entoplasma von solchen schärfer zu scheiden, bei welchen deiselbe fehlt; auch An- oder Abwesenheit einer schalenartigen - Umhüllung, oder die Ausbildung contraetiler Vacuolen scheint keineswegs hinreichend zur Trennung der hier vereinigten Formen in besondre Ab- theilungen. Alle hier als Rhizopoda vereinigten Formen schliessen sich, wenn wir von den soeben als nicht entscheidend zurückgewiesenen Charakteren absehen, unter einander so innig an und sind durch Uebergangsformen so innig verbunden, dass eine Auflösung derselben in getrennte Gruppen, wie dies mehrfach versucht wurde, keineswegs natürlich erscheinen kann. Schwieriger erscheint es hingegen, die Gesammtheit der Rhizopodenformen durch scharfe Angabe positiver Charaktere von den beiden andern hier noch unterschiednen Abtheilungen der Sarkodina, den Heliozoa und Radio- laria zu scheiden. Leichter geschieht dies in negativer Weise durch Her- vorhebung der für beide letztgenannten Abtheilungen charakteristischen Momente, welche den Rhizopoda abgehen. Versuchen wir es jedoch hier, die schon früher angedeuteten positiven Merkmale dieser Abtheilung noch etwas eingehender darzustellen und da- bei gleichzeitig einen Ueberblick über die morphologische Gestaltung des Rhizopodenkörpers zu gewinnen. Die morphologische Gestaltung des Rhizopodenkörpers ist, wenn nicht durch die Ausbildung einer Schalenumhüllung die Gestaltung eine be- stimmtere, eben durch die Schale bedingte, geworden ist, eine gewöhn- lich sehr veränderliche, indem das Plasma des Körpers mit oder ohne Bildung wahrer Pseudopodien mannigfachem Gestaltswechsel unter- liegt. Aber auch die wechselgestaltigen nackten Rhizopoden nehmen nicht selten zeitweise beim Eintritt von Ruhezuständen eine schärfer um- schriebene Gestaltung an, die sich dann gewöhnlich der kugligen, hom- axonen, nähert. Auch bei denjenigen wenigen Formen, die mit einer bestimm- teren bleibenden Körpergestalt den Mangel einer wirklichen Umhillung verbinden und bei welchen die Formveränderung, die Entwicklung von Pseudopodien, auf einen beschränkten Bezirk der Körperoberfläche be- grenzt ist, sind wir wohl berechtigt eine oberflächliche Verdichtung des Plasma’s anzunehmen, wenn dieselbe auch noch nieht bis zur Bildung einer wirklichen Schalenhaut geführt hat. Nur in seltnen Fällen sehen wir jedoch unter den Rhizopoden die bei Ruhezuständen nackter Formen gewöhnliche kuglige Gestaltung auch noch bei dauernder Bildung einer Hülle bewahrt, sondern die eben schon angedeutete monaxone Gestaltung dadurch zur Ausbildung gelangend, dass die Bildung der Schalenhaut an 16 Rhizopoda. einer, unter Umständen jedoch auch zwei entgegengesetzten Stellen der Körperoberfläche unterbleibt, wodurch demnach grössere Oeffnungen in der Schalenhaut, zur Communication des Plasmakörpers mit der Aussen welt entstehen. Auch die homaxone, kuglige und bleibende Schalenhaut erfordert je- doch geeignete Einrichtungen, welche eine Communication des Plasma- körpers mit .der Aussenwelt gestatten, die denn auch ohne die homaxone Gestaltung aufzuheben in der Weise zur Ausbildung gelangen, dass die Schalenhaut hier von mehr oder minder zahlreichen feinen Oeffnungen durchbrochen ist Wir erkennen in dieser Weise zugleich, dass die Rhizopoden, ab- gesehen von den unbeschalten, nackten Formen, sich in zwei Haupt- gruppen spalten, je nachdem die Communication des beschalten Weich- körpers mit der Aussenwelt sich durch eine oder zwei grössere Schalen- öffnungen oder durch eine grössere Zahl kleiner Oeffnungen vollzieht (Imperforata und Perforata). Da nun aber auch bei den allseitig von feinen Löchern durchbrochnen Schalen dieser Perforirten eine weitere Hauptöffnung gewöhnlich zur Ausbildung gelangt, so bietet auch die grosse Mehrzahl dieser Formen eine homaxone Gestaltung dar. Im weiteren morphologischen Verhalten zeigt der beschalte Rhizopoden- organismus sich namentlich darin noch different, dass das Wachsthum des Individuums entweder ein das ganze Leben hindurch gleichmässig fortschreitendes ist, was seinen Ausdruck in dem durchaus einheitlichen, keine Unterabtheilungen zeigenden Schalenbaue erhält (Einkammerige, Monothalamia), oder aber, dass das Wachsthum ein periodisch absetzen- des und anschwellendes ist, wobei der Schalenraum, den einzelnen Wachsthumsperioden entsprechend, in eine kleinere oder grössere Anzahl mehr oder weniger von einander geschiedner Abtheilungen zerlegt wird (Mehrkammerige, Polythalamia). In dieser Kammerbildung der beschalten Rhizopoden eine Wiederholung des Einzelindividuums, also eine Kolonie- bildung zu erblicken, wie dies wenigstens für einen Theil der Formen anfänglich sehr natürlich erscheint, hat sich durch die Untersuchung des Weichkörpers nicht ausreichend bewahrheitet und wird späterhin das Nä- here tiber diese Frage mitzutbeilen sein. Eine weitere hier vorläufig flüchtig zu berührende Eigenthümlichkeit der beschalten Rhizopoden betrifft die Natur des Materials der Schale, worin sich nicht unerhebliche Verschiedenheiten zeigen können. Gegen- über den beiden anderen Abtheilungen der Sarkodinen fällt hier die Seltenheit der Abscheidung von Kieselsäure als Material des Schalenbau’s auf. Wenn es sehr wahrscheinlich ist, dass Kieselsäure in einigen Fällen das Schalenmaterial bildet, so ist doch hierüber noch keine völlige Sicherheit erreicht. Fast sämmtliche Hüllbildungen der Rhizopoden sind entweder aus reiner chitinartiger Masse gebildet, oder aber durch secun- däre Imprägnation und Auflagerung von kohlensaurem Kalk zu Kalkschalen umgebildet; oder schliesslich aus dem Rhizopodenkörper ursprünglich = a u Zn DZ Einleitende Uebersicht. 17 fremden, von aussen her aufgenommenen festen Partikeln der verschieden- sten Art, unter Mitwirkung eines ebenfalls seiner Natur nach verschieden- artigen, von dem thierischen Körper gelieferten Bindemittels aufgebaut. Versuche, die Natur dieser verschiedenartigen zum Aufbau der Schalen verwertheten Substanzen zur Grundlage einer natürlichen Klassifikation derselben zu machen, haben sich, wie späterhin noch genauer zu erörtern sein wird, als trügerisch herausgestellt. Was schliesslich die Erscheinungen der Fortpflanzung der Rhizopoden in Beziehung zu ihrer morphologischen Auffassung und ihrer Stellung in der Klasse der Sarkodinen betrifft, so lässt sich bei der im Ganzen sehr spärlichen Erfahrung über diesen wichtigen Abschnitt ihrer Lebenserschei- nungen nur wenig Positives berichten. Die Fortpflanzungserscheinungen der Rhizopoden sind wie die der Protozoön überhaupt identisch mit denen der Zelle im Allgemeinen. Es sind die Erscheinungen der Thei- lung und die daraus abgeleiteten der einfachen und vielfachen Knospung oder Sprossung, zum Theil jedoch auch wohl die der simultanen Theilung in zahlreiche Tochterindividuen. Diese Vermehrungserscheinungen können sowohl am nackten Plasma der Rhizopoden auftreten, als auch seltner nach vorhergehender Umhüllung durch eine sogen. Cyste während eines Ruhezustandes. In wieweit ein durch eine Copulation oder Conjugation sich voll- ziehender Vermischungs- oder Verschmelzungsprocess des Plasmakörpers zweier oder mehrerer Individuen von Einfluss auf die oben hervorgehobe- nen Vermehrungsvorgänge der Rhizopoden ist, scheint bis jetzt noch sehr wenig festgestellt. Die durch die Theilung oder Knospung erzeugten neuen Individuen können entweder, und es scheint dies wohl in der Mehrzahl der Fälle sich zu ereignen, schon von Anfang an die Gestaltung des Mutterorganis- mus besitzen (abgesehen von etwa nachträglich erst eintretender Schalen- bildung), oder sie treten zuerst in einer von dem Mutterorganismus ab- weichenden Form flagellatenartiger Schwärmer auf. Letztere gehen bald in die Gestaltung des mütterlichen Organismus über und ihre Entwicklung verräth eine auch durch anderweitige Erfahrungen bestätigte Beziehung der Rhizopoden und Sarkodinen überhaupt zu den flagellatenartigen Wesen. Die vorstehende allgemeine Betrachtung der Rhizopoda hat uns gleichzeitig befähigt, die von uns unterschiednen Hauptunterabtheilungen dieses Formenkreises kurz zu charakterisiren, was noch hier bevor wir zu einer genaueren Betrachtung der Organisation im Einzelnen schrei- ten, geschehen soll. Die in der Einleitung schon hervorgehobnen Schwie- rigkeiten einer auf natürlichen und vor Allem genetischen Beziehungen basirten Klassifikation der Protozo@n überhaupt, wird jedoch auch in die- sem speciellen Falle den systematischen Versuchen zur Beurtheilung unter- zulegen sein. Wir bringen zunächst sämmtliche unbeschalten Formen in eine Ab- theilung der Amöbaea, denen die beschalten als Testacea gegenüber Bronn, Klassen des Thier-Reichs. Protozoa, 2 18 Rhizopoda. stehen, ohne dass jedoch diese Abtheilung der Testacea als eine ganz natürliche, auf gemeinsamem Ursprung beruhende, zu betrachten wäre. Die Testacea zerfällen wir in die zwei Gruppen der Imperforata und Perforata, welche sich auf den oben hervorgehobnen Unterschied in der feinern Beschaffenheit der Schalenwandungen gründen. In dem besonderen, der Systematik gewidmeten späteren Abschnitt wird diese Gruppirung und ihre Beziehungen zu anderweitigen Klassifika- tionsversuchen auf diesem Gebiet eine eingehendere Besprechung zu er- fahren haben. 3. Der Schalenbau der Rhizopoda. Indem wir unsre Aufmerksamkeit hier zunächst dem Schalenbau der Rhizopoda zuwenden, verlassen wir eigentlich den Gang einer natürlichen Betrachtung, indem wir statt des eigentlich Primären, des protoplasmati- tischen, die Schale erzeugenden Weichkörpers, diesem secundären Erzeug- niss des Rhizopodenkörpers die erste Stelle in unsrer Betrachtung ein- räumen. Da jedoch die grosse Mehrzahl der Rhizopoden eine Schale er- zeugt und diese für die Gestaltung des ganzen Organismus dann ge- wissermaassen bestimmend erscheint, wenn ja auch dieses Bestimmungs- verhältniss eigentlich umgekehrt liegt, so wird es aus Gründen der tiber- siehtlichen Darstellung gerechtfertigt erscheinen, mit der Besprechung des Schalenbaues zu beginnen. A. Materialien des Schalenbaus. Schon an einer früheren Stelle haben wir in Kürze die Natur der- jenigen Stoffe kennen gelernt, welche der Rhizopodenorganismus zum Auf- bau seiner Schale verwendet. Es ist dies zunächst eine organische, stick- stoffhaltige Substanz, die wir nach ihrem Verhalten gegenüber Reagentien wohl als Chitin, einen bei den wirbellosen Thieren so verbreiteten, zur Bil- dung der mannigfachsten Hüllen verwertheten Stoff, bezeichnen dürfen. Von jenen aus reiner Chitinmasse aufgebauten Schalen leiten sich ohne Zweifel die bei den marinen Formen so verbreiteten Kalkschalen ab, welche durch Imprägnation einer meist sehr spärlichen chitinösen Grund- lage mit mineralischen, hauptsächlich aus kohlensaurem Kalk bestehenden Substanzen gebildet werden. Eine weitere dritte Reihe von Schalen wird dadurch erzeugt, dass zur Verstärkung der Schalenwandungen mannigfache Fremdkörper aufgenommen werden und durch ein verschie- denartiges Cement zusammengekittet die Schale aufbauen. Je nach der Natur dieses Cements leiten sich solche Bildungen sowohl von rein chiti- nösen als kalkigen Schalen her, oder es können auch noch weitere che- mische Substanzen, so Eisenoxydsalze oder seltner Kieselsäure zur Ver- kittung der Fremdkörper verwerthet sein. Nur in seltnen, und bis jetzt noch nicht hinreichend sicher gestellten Fällen, scheint die Schale der Rhizopoden aus Kieselsäure zu bestehen und wird es später noch unsre Aufgabe sein, diese Fälle etwas genauer zu betrachten. he Schalenmaterial. 19 «. Chitinöse Schalen. Die Verwerthung reiner, von mineralischen Stoffen nicht imprägnirter Chitinmasse zum Schalenbau ist vorwiegend den Formen des süssen Wassers eigenthümlich, jedoch keineswegs ausschliesslich auf diese be- schränkt. Indem wir hier zunächst von den morphologischen Verhältnissen der Schalen absehen, beschäftigen wir uns mit den Eigenthümlich- keiten der diese Schalen aufbauenden chitinösen Substanz und dem fei- neren Bau der Schalenwände. Entsprechend dem chemischen Verhalten des Chitins widerstehen solche Schalen der Einwirkung verdünnter Mineralsäuren, lösen sich je- doch in eoncentrirten, namentlich eoncentrirter Schwefelsäure auf. Kausti- schen Alkalien widerstehen sie sogar gewöhnlich beim Erhitzen. Dennoch ist nach dem bis jetzt hierüber Ermittelten die Widerstandsfähigkeit der gemeinhin als chitinös bezeichneten Schalen gegenüber den oben genann- ten Reagentien keineswegs gleich ausgebildet. Ein derartiges chitinöses Schalenhäutchen kann nun in sehr verschie dener Stärke zur Entwicklung gelangen, z. Th. nur als ein äusserst zar- tes, schwer sichtbares Häutchen, der Oberfläche des Plasmakörpers dicht anliegend (so Lieberkühnia, Gromia z. Th., Pamphagus, Diplophrys, U. 16, 1lI. 6, 1)*), z. Th. eine ansehnlichere Stärke erreichend, jedoch noch eine biegsame elastische Beschaffenheit bewahrend und der Kör- peroberfläche dieht aufliegend (so Gromia z. Th., Leeythium), während sich bei stärkerer Entwicklung der Schalenhaut und einer mehr star- ren, weniger biegsamen Beschaffenheit derselben der Plasmakörper von der Schale gewöhnlich mehr oder weniger zurückzieht (so z. B. Pla- tovum, Hyalosphenia ete. II. 10, Ill. 17a). Alle die seither erwähn- ten Schalenbildungen bestehen aus ganz homogener, durchsichtiger, keine besonderen Structurverhältnisse zeigender Chitinmasse, die meist auch völlig farblos ist oder doch nur von leicht gelblicher Färbung. Eine wei- tere Reihe chitinöser Schalen zeigt jedoch eigenthümliche Structurverhält- nisse, die einer genaueren Erwähnung bedürfen. Die ersten Andeutungen solcher feineren Structuren an chitinösen Schalen treten uns entweder als eine Bedeckung der äusseren Schalenoberfläche mit feinen Höckerchen entgegen (Pyxidieula Ehrbg.) oder als eine zarte Strichelung der Schalen- oberfläche (Pleetophrys Entz.) oder auch als eine feine retieuläre oder areoläre Zeichnung der Aussenseite (so Pseudochlamys, einige sogen. Dif- flugien, triangulata Lang. und carinata Arch.). Von diesen feinen Structur- verhältnissen, welche, wie es scheint, auf die Schalenoberfläche beschränkt sind, leiten sich jedoch wohl die Einrichtungen einer Reihe weiterer Formen ab, bei welchen die Schale aus feinen Plättchen aufgebaut ist, die wohl den durch die erwähnten reticulären Zeichnungen umschriebnen Feldchen ent- sprechen dürften. Ueber die chemische Natur dieser Plättchen existiren bis *) Die Schwierigkeiten der sicheren Erkennung eines so zarten Häutchens machen es erklärlich. dass dessen Existenz bei manchen der hierherzurechnenden Formen noch streitig ist. 2% 20 Rhizopoda. jetzt noch mannigfache Zweifel und scheint es nach den vorliegenden Unter- suchungen nicht unwahrscheinlich, dass einestheils sowohl eine chitinöse Bildung, als eine Verkieselung derselben statthaben kann. Die Unsicher- heit, welche bis jetzt über diese Verhältnisse herrscht, im Zusammenhang mit der grossen morphologischen Aehnlichkeit dieser Plättchenformen untereinander, veranlasst uns diese Bauverhältnisse der Schalen hier im Zusammenhang zu betrachten *). Die erwähnten Plättchen treten entweder in rundlich scheibenförmiger Gestalt auf und setzen in dichter Zusammensetzung oder, indem sich ihre Ränder etwas über einander schieben, die Schalenwandung zusammen (so Cyphoderia, Difflugia bipes Cart., Euglypha und Trinema nach F. E. Schulze, s. IL. 13, 10, 12), oder sie besitzen einen mehr oder weniger regelmässig viereckigen bis mehreckigen Umriss, sich mit ihren Rändern aneinanderfügend (Quadrula mit vorzugsweise viereckigen Plättchen, T.U. 12, Euglypha nach Hertwig und Lesser mit sechseckigen Plättchen). Unter einander stehen diese Plättchen in mehr oder weniger fester Ver- bindung, so dass es z. Th. nicht unschwer gelingt, die Plättchen von ein- ander zu isoliren. Was ihre Anordnung betrifft, so ordnen sie sich gewöhn- lich in ziemlich regelmässigen Reihen, die entweder nach der Längs- und Querrichtung der Schale verlaufen (so Quadrula gewöhnlich) oder schief zur Schalenaxe stehen (Euglypha, Trinema, Cyphoderia). Besondere Auszeichnungen einzelner solcher Plättehen sind z. Th. vorhanden; so tragen die des Hinterendes zuweilen borsten- bis stachelartige Fortsätze (Euglypha III. 12a, Quadrula z. Th.) und bei ersterer Gattung können solche borstige Fortsätze auch über die ganze Schale verbreitet sein. Bei Euglypha zeigen gleichzeitig auch die die Mündung der Schale um. säumenden Plättchen eine abweichende Gestaltung, endigen fein zugespitzt und mit gezähnten Rändern, so dass hierdurch der Mündungsrand ge- wöhnlich eine gezackte Beschaffenheit erhält (III. 12a). Etwas abweichend von dem soeben erörterten Schalenbau, jedoch sich nahe anschliessend, erscheint der der Gattung Arcella. Die Schalen- wandung derselben zeichnet sich einmal dadurch aus, dass sie zwei über- einandergelagerte Schichten unterscheiden lässt (II. 9e), eine dünnere, innere, welche keine Structurverhältnisse zeigt und eine dickere äussere, welche von der Fläche betrachtet eine feine retieuläre Zeichnung erkennen lässt (II. 9b), deren einzelne hexagonale Feldehen in ihrer Anordnung die auf der Rückseite von Taschenuhren gewöhnlich angebrachte Zeichnung wiedergeben. Es rührt dieselbe davon her, dass in der äussern Schicht zahlreiche hexagonale prismatische (wohl mit Flüssigkeit gefüllte) Hohl- räume dicht zusammenstehen. Zuweilen lässt sich ein Zerfall der äussern Schicht in diesen Hohlräumchen entsprechende Prismen beobachten, wor- aus also eine Zusammensetzung der äussern Schicht der Arcellaschale aus zahlreichen kleinen hexagonalen, hohlen Prismen sich ergibt, welche *) Vgl. hierüber auch weiter unten im Abschnitt über kieseligeSchalenbildungen derRhizopoda, A j 4 4 { Schalenmaterial. 21 den Plättchen der seither besprochenen Formen wohl an die Seite gestellt werden dürfen *). Ausser den schon hier hervorgehobnen Structurverhältnissen mögen wohl noch eine Reihe von besonderen Bildungsverhältnissen sich finden, wie dies aus den zahlreichen von Ehrenberg (95) beschriebenen und ab- gebildeten Schalen von Arcellinen und Euglyphinen sich erschliessen lässt, die jedoch im Ganzen zu ungenau untersucht sind, als dass sich bezüglich ihrer feineren Schalenstructur eine sichere Angabe machen liesse. Ein beträchtlicher Theil der structurlosen wie der structurirten Chitin- schalen bleibt stets farblos, wasserhell, und in gleicher Weise tritt auch das Schalenhäutehen ursprünglich bei den im entwickelten Zustand ge- färbten Chitinschalen auf. Die bei letzteren auftretende Färbung ist eine mehr oder weniger intensiv gelbliche bis bräunliche (so Cochliopodium, Pseudochlamys, Pyxidicula, Ditrema, Gromia z. Th.), ja kann zuweilen ein gesättigtes Braun erreichen (Arcella). — ß. Die Kalkschalen. Bei weitem complieirtere Structurverhältnisse zeigen die Kalkschalen, welche bis jetzt ausschliesslich bei marinen Formen angetroffen wurden. Dass dieselben sich ursprünglich von chitinigen Schalenbildungen herleiten, geht einmal daraus hervor, dass sich nach Auflösung des Kalkgehaltes durch verdünnte Säuren eine aus einer organischen, wohl zweifellos ehitinigen Substanz bestehende Grundlage wohl constatiren lässt, wenn dieselbe auch nie in sehr erheblichem Grade entwickelt ist und dass fer- ner unter gewissen später noch näher zu bezeichnenden Bedingungen der Gehalt solcher Schalen an Kalk sich sehr verringern kann, ja die Schale eine rein chitinöse Beschaffenheit anzunehmen im Stande ist. Was zunächst die chemische Natur der zur Verstärkung in die Schalenwandungen aufgenommenen mineralischen Bestandtheile betrifft, so wird die Hauptmasse derselben aus kohlensaurem Kalk gebildet, neben dem jedoch M. Schultze bei Orbieulina und Polystomella auch geringe Mengen von phosphorsaurem Kalk nachzuweisen vermochte. Genaue Analysen der kalkigen Rhizopodenschalen liegen jedoch bis jetzt noch nicht vor. Ueber den Antheil, welchen die chitinöse organische Grundlage der Kalkschalen an deren Aufbau nimmt, sind die Ansichten der Beobachter etwas getheilt. M. Schultze und Carpenter folgern aus ihren Beobach- tungen eine durchgehende Imprägnation der kalkigen Schalenwandungen mit organischer Substanz, die daher nach vorsichtigem Auflösen der Kalk- salze durch verdünnte Säuren als zarter, etwas körniger oder faserig- flockiger Rest in der ganzen Dicke der Schalenwandungen erhalten bleibt. Auch ich muss mich nach mehrfachen Versuchen sowohl an Imperforaten als Perforaten dieser Auffassung im Gegensatz zu Kölliker anschliessen, *) S. hierüber hauptsächlich Nr. 99 u. Bütschli, Arch. f. m, An, XI. 22 Rhizopoda. der ausser dem gleich zu erwähnenden inneren und äusseren Schalen- häutehen kaum eine Spur von organischer Substanz nach Entfernung der Kalksalze angetroffen haben will. Die soeben erwähnten Schalenhäutchen bleiben nach der Behandlung mit Säuren als verdichtete, ohne Zweifel reichlicher mit organischer Substanz imprägnirte Grenzschichten der Schalenwandungen sowohl auf der inneren wie äusseren Oberfläche zurück, und da auch sämmtliche weiteren oder feineren, die Schalenwandungen durchsetzenden Oeffnungen oder Kanäle nach der Entkalkung ein der- artiges Häutchen als Auskleidung aufweisen, so stehen hierdurch das innere und äussere Häutchen in directer Verbindung (IX. 10). Schon Dujardin und Ehrenberg kannten das innere Schalenhäutchen und M. Schultze beschreibt es eingehend und hält es für unverkalkte chitinöse Substanz. Auch Kölliker ist geneigt, sich ihm in dieser Beziehung anzuschliessen ; er glaubt jenes innere Schalenhäutchen, das M. Schultze allein bekannt war, für die äussere Grenze des Thierleibes selbst halten zu dürfen. Im Gegensatz hierzu bezeichnet er das äussere Schalenhäutchen als verkalkt. Nach meinen Untersuchungen bin ich geneigt, die sehr scharfe und deut- liche, jedoch etwas unregelmässige Ausbildung, welche sowohl das innere wie äussere Schalenhäutchen häufig zeigen, vorzüglich auf vertrocknete Reste des protoplasmatischen Inhalts der Schalen oder eines äusserlichen Ueberzugs derselben zu beziehen, da nach sorgıältigem Auskochen der- selben in Kalilauge sowohl das äussere wie innere Häutchen gewöhnlich nur als wenig deutliche, etwas verdichtete Grenzschichten der organischen Grundlage der Schalenwandungen sich darstellen, die sogar meiner Auffassung nach kaum die Bezeichnung Schalenhäutchen oder Cuticula verdienen. Immer- hin scheint eine solche Grenzschicht der Sehalenwandungen gewöhnlich entwickelt zu werden, da man einmal bei Imperforaten die Grenze zwischen zwei sich aufeinanderlegenden Kammern oder Umgängen durch eine solche Schicht häufig sehr deutlich bezeichnet trifft, andrerseits dagegen die sehr deutliche Schichtung der Schalenwandungen zahlreicher Perforaten ihren Grund wohl ohne Zweifel in der Ausbildung derartiger etwas mehr ver- dichteter Grenzschichten besitzt, und sowohl das erste wie das letztge- nannte Verhalten sich bei vorsichtiger Entkalkung z. Th. noch recht wohl an den organischen Resten der Schalen nachweisen lässt. Eine weitere Frage ist, ob die Ausbildung einer sogen. inneren oder primären Schalenlamelle, wie sie sich nach Carpenter’s Untersuchungen bei zahlreichen Perforaten findet, und worüber weiter unten noch Näheres mitzutheilen sein wird, nicht durch ihr Verhalten nach der Entkalkung mehrfach als inneres Schalenhäutehen in Anspruch genommen werde. Was die feinere Beschaffenheit der verkalkten Schalenwandungen der Imperforaten betrifft, so erscheinen dieselben im auffallenden Licht stets weiss, opak, porcellauartig, was hauptsächlich bei solehen Formen noch deutlicher hervortritt, welche eine glänzend polirte Oberfläche besitzen. *) [cones zootomicae I. 186. Schalenmaterial. 93 Im durchfallenden Licht hingegen erscheinen sie selbst in Diünnschliffen ziemlich tiefbraun, was von M. Schultze-und Carpenter dem Gehalt an organischer Substanz zugeschrieben wird, eine Ansicht, die ich nicht für richtig halte, da nach Auflösen des Kalkes die rückbleibenden Reste höchstens eine schwach gelbliche Färbung zeigen. Die verkalkten Wan- dungen dieser Schalen sollen nach Carpenter ganz structurlos, homo- gen sein, was ich, wie schon früher Kölliker, nicht für ganz richtig halte, so zeigt wenigstens Orbitolites und ähnlich auch Alveolina bei starken Vergrösserungen ein sehr feinfaserig -körniges Wesen der Schalenmasse, was wohl nicht ohne Beziehung zu der bräunlichen Färbung der Schalen sein dürfte. Was die bei dieser Abtheilung nicht seltnen Verzierungen der äusseren Schalenoberfläche betrifft, so bestehen diese entweder in mehr oder weniger tiefen punktförmigen Eindrücken, die nicht mit den Porenkanälen der peiforirten Schalen verwechselt werden dürfen, oder aber indem derartige Eindrücke weiter und flacher werden, kann eine netzförmige, areoläre Zeichnung sich ausbilden. Sehr häufig begegnet man ferner auf der Oberfläche solcher Schalen einer Bildung erhabner Streifen mit dazwischen liegenden Furchen, und zwar meist parallel der Schalen- axe, seltner in zu dieser senkrechter Richtung. In der näheren Ausfüh- rung dieser Verzierungen zeigt sich eine grosse Mannigfaltigkeit. Im Gegensatz zu den soeben besprochenen Kalkschalen der Imper- foraten zeigen die der Perforata niemals eine so opake Beschaffenheit der Schalenwandungen, sondern im Gegentheil meist eine vollkommen durchsichtig glasartige, wo nicht die zahlreichen Porenkanäle eine Ver- änderung des optischen Verhaltens der Schalenwandungen bedingen. Es hängt die glasartig durchsichtige Beschaffenheit der Schalenwan- dungen dieser Formen ohne Zweifel damit zusammen, dass ihnen das feinfaserig körnige Wesen, welches wir bei den Imperforaten trafen, meist völlig abgeht. Deutlich tritt jedoch diese pellucide, glasartige Beschaffenheit nur bei solchen Geschlechtern der Perforaten hervor, welche mit relativ dünnen Wandungen ziemlich weite und nicht sehr dichtstehende Porenkanäle verbinden, wie z. B. bei gewissen Rotalinen. Wird hingegen die Dicke der Schalenwandungen beträchtlich, sind dieselben gleichzeitig von sehr dicht stehenden und engen Poren kanälchen durchsetzt, so wird hierdurch, bei der Erfüllung der Poren- kanälehen mit Luft oder einem andern in seinen Brechungsverhältnissen von den Schalenwandungen verschiednen Stoff, die Durchgängigkeit der letzteren für das Licht wegen der häufigen Reflexionen sehr alterirt und an Stelle der glasartig durchsichtigen Beschaffenheit der Schalenwan- dungen tritt eine getrübte, milchige, halbopake, wie dies bei den Nummu- liniden fast durchaus der Fall ist. Indem sich jedoch an derartigen halb- opaken Schalen der Perforaten häufig lokale Anhäufungen von solider, nicht mit feinen Porenkanälen oder doch nur von weiteren Kanälen durch, zogner Schalenmasse in Gestalt von Bändern, Tuberkeln, Kielen ete. bilden, 24 Rhizopoda. so trittauch an solchen Stellen die glasartige Beschaffenheit wieder deutlich hervor. Dasselbe ist natürlich auch der Fall an genügend dünnen Schliffen, die in geeigneter Richtung zu dem Verlauf der Porenkanäle geführt sind. Wenn nun auch eine solche glasartig durchsichtige Beschaffenheit eine fast allgemeine Verbreitung unter den Perforaten zu besitzen scheint, so sind doch zuweilen auch rein opake Schalen dieser Typen anzutreffen, so z. B. Calcarina, und nach Carpenter sollen die todten Schalen durch langes Liegen in Seewasser häufig durchaus weiss und opak werden. Was die Färbung der Schalenmasse der Perforaten anbetrifft, so fehlt eine solche gewöhnlich durchaus, sie ist ganz oder nahezu farblos; da- gegen findet sich bei Polytrema sehr gewöhnlich eine mehr oder weniger intensiv rothe Farbe derselben, wie sie ähnlich auch einer Anzahl Rota- linen eigen sein soll, wogegen M. Schultze die Färbung letztrer auf die der durchschimmernden Sarkode bezieht. Eine sehr schöne blaue Färbung zeigt die Schalenmasse der interessanten Carpenteria Raphido- dendron Möb. Der wichtigste Charakter im feineren Schalenbau der Perforaten liegt jedoch in der Perforation der Schalenwandungen durch mehr oder minder zahlreiche Porenkanäle, die fast stets in ziemlich gestrecktem Verlauf die innre Schalenfläche mit der äussern in Verbindung setzen. (Eine Reihe von bildlichen Darstellungen dieser Porenkanäle bieten die Tafeln VII— XII) Bezüglich ihrer feineren Ausbildungsverhältnisse zeigen diese Porenkanäle eine ziemliche Mannigfaltigkeit. Zunächst sind es die Grössen- verhältnisse derselben und ihre Vertheilung über die Schale, die hier unsre Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Die weitesten Porenkanäle finden sich bei den Globigeriniden, wo sie zwischen 0,0127—0,0025 Mm. Durchmesser schwanken, im Allgemeinen jedoch die gröberen Porenkanäle von ca. 0,0127—0,005 Mm. Durchmesser vorherrschen (VII. 28a, IX. 8). Relativ weite Porenkanäle von 0,017 Mm. finden sich bei Orbulina, hier jedoch, neben sehr feinen, so dass bei dieser Form sich gleichzeitig zweier- lei Porenkanäle vorfinden, wie es von Wallich auch für die nahver- wandte Globigerina (VII. 29c) und von M. Schultze für Discorbinia an- gegeben wird, so dass dieses Verhalten unter den Globigeriniden keines- wegs isolirt zu sein scheint *). Schon bei Rotalia und einigen weiteren Formen unter den Globige- riniden verfeinern sich jedoch die Porenkanäle sehr beträchtlich und das- selbe gilt nahezu durchaus von den Nummuliniden, bei letzteren Formen besitzen sie einen Durchmesser von ca. 0,0025 Mm. und erinnern durch ihre Feinheit und ihr diehtgedrängtes Beisammenstehen sehr an die Dentin- röhrchen bei den Wirbelthieren (X u. XII). Noch weiter jedoch geht *) Auch an der ansehnlichen kuglig angeschwollnen Endkammer gewisser Cymbaloporen sind ähnlich wie bei Orbulina grobe und feine Poren vorhanden. Schalenmaterial. 35 die Feinheit der Porenkanäle bei der Abtheilung der Lagenideen, wo ihr Durchmesser kaum noch nennbar ist und sie ungemein dicht zusammen- gedrängt stehen. Im Allgemeinen scheint daher die Feinheit der Röhr- chen und die Entfernung derselben von einander proportional zu sein. Im besondern zeigen die feineren Bauverhältnisse dieser Porenkanäle noch einige erwähnenswerthe Verhältnisse. Während sie gewöhnlich in ihrem ganzen Verlauf durchaus gleiche Weite besitzen, findet sich bei einigen Globigeriniden eine trichterförmige Erweiterung der Porenröhren nach der Aussenfläche der Schale zu (so namentlich bei Globigerina); andrerseits können sich jedoch auch die Porenkanälchen über die Ober- fläche der Schale hinaus zu kurzen Röhrchen verlängern, wie solches von verschiednen Gattungen der Globigeriniden, so hauptsächlich Bigenerina (Textularia) und Planorbulina bekannt ist. In ihrem Verlauf zeigen die Porenkanälchen sehr häufig eine quere Streifung, die mit der Schichtung der Schalenmasse im Zusammenhang steht, indem die Schichtengrenzen durch schwache Faltungen in den Porenkanalwandungen angedeutet sind (IX. 10). Auf der Schalenoberfläche lassen sich um die Mündungen der Poren bisweilen zarte, dieselben umziehende erhabne Kanten wahr- nehmen, die zusammen eine reticuläre Felderung bilden, so dass jede Porenöffnung in einem solchen Feldehen liegt, wie solches bei Globigerina und Orbulina häufig deutlich zu beobachten ist. Eine ähnliche, jedoch viel zärtere areoläre Zeichnung um die Porenöffnungen findet sich jedoch nach Carpenter auch bei Opereulina und da diese sich auch um den Querschnitt jedes Porenkanals auf Tangentialschliffen der Schale zeigt (X. 4d u. e), so liegt die Vermuthung nahe, dass sich die Schalen- masse hier aus sehr feinen senkrecht zur Oberfläche stehenden Kalk- prismen aufbaue, von welchen jedes von einem Porenkanal durchsetzt wird. Dasselbe hat Kölliker auch bei Heterostegina, Cyeloclypeus und Rotalia nachzuweisen vermocht und schliesst sich der Carpenter’schen Deutung an, während Carter bei einer Planorbulina-artigen Form (seiner Aphrosine) gleichfalls dieselbe Bildung. traf. Andrerseits ist für die äussere Schalenmasse bei Orbulina und Globigerina durch Wallich der Nachweis geführt worden, dass sie sich aus keilförmig nach aussen er- weiterten, an krystallinische Bildungen erinnernden Partikeln zusammensetze (VO. 2, 9a u. b), und eine ähnliche Structur wird auch für die ent- sprechende äussere Schalenmasse weiterer Perforaten angegeben, sowohl Lagenideen (z. B. Lagena) als Globigerinideen (z. B. Pulvinulina). Von Carter wurde schon früherhin versucht, eine Zusammensetzung gewisser späterhin näher zu erörternder Schalentheile einiger Perforaten aus zahlreichen feinen spieula-artigen Gebilden zu erweisen, wogegen späterhin hauptsächlich Carpenter zu zeigen versuchte, dass es sich hier um ein anderes, mit dem Verhalten und dem Verlauf des sogen. Kanalsystems in Zusammenhang stehendes Structurverhältniss handle. Neuerdings hat jedoch Carter bei einer als Rotalia bezeichneten Form (wohl Planorbulina) die Bildung der Schalenwandungen aus dielt zu- 26 Rhizopoda, sammenstehenden, doppelspitzigen Kalknadeln, welche durch ein fein- krystallinisches Kalkcement verbunden waren, beobachtet *), Das oben hervorgehobene Vorkommen einer sogen. äussern Schalen- masse führt uns noch auf einen weiteren eigenthümlichen Punkt in dem feineren Aufbau der Perforatenschalen. Bei den Imperforaten er- scheint die Schalenmasse durchaus gleichmässig und ohne Andeutung von Schichtung, bei den Perforaten hingegen lässt sich wohl durchgehend oder doch sehr gewöhnlich eine primäre innerste Schalenlage erkennen (der sogen. proper wall Carpenter’s), die gewöhnlich von geringer Dicke ist und ihre definitive Stärke frühzeitig zu erreichen scheint (VII. 29a u. ec, IX. 11b). Auf diese primäre Schalenschicht lagert sich eine weitere Schalenschicht ab (sogen. exogene Schalensubstanz auch Zwischen- oder supplementäres Skelet Carpenter’s), die entweder ganz wie die primäre Schalenschicht von den Porenkanälen gleichmässig durchbohrt sein kann, oder aber auch ganz solid und unperforirt auftritt, so dass durch ihre Auflagerung die gleichmässige Perforirung der Oberfläche der Schale be- einträchtigt wird. Es kann aber diese Auflagerungsmasse auch von wei- teren und von den gewöhnlichen Porenkanälen abweichenden Kanälen durchzogen sein, dem sogen. Zwischenkanalsystem Carpenter’s, neben dessen Entwicklung sich jedoch auch noch wahre Porenkanäle in dem aufgelagerten supplementären Skelet finden können. Nicht immer jedoch scheint der primäre Schalenwall von der aufgelagerten exogenen Schalen- masse scharf geschieden zu sein, wie dies hauptsächlich bei Nummuliniden der Fall ist, wo es zuweilen (so wenigstens bei Operculina) nicht mög- lich ist, zwischen einer primären Schalenschicht und einer aufgelagerten Schalenmasse eine Grenze zu ziehen, obgleich hier dasselbe, später noch genauer zu besprechende Kanalsystem sich findet, welches gewöhnlich eine Auszeichnung der Auflagerungsmasse bildet. Die Unterscheidung eines sogen. supplementären oder Zwischen- skelets von einer primären Schalenwandung, hat seit Carpenter’s Dar- stellung eine ziemlich allgemeine Aufnahme gefunden, ohne dass mir je- doch der Begriff einer solchen Zwischenskeletbildung, der in obigen Zeilen kurz zu entwickeln versucht worden ist, völlig klar und sicher gestellt scheint. Mir scheint der Unterschied zwischen einer primären Schalen- schicht und spätern seeundären Auflagerungsschichten keineswegs ein so fundamentaler, wie dies aus der Carpenter’schen Darstellung dieser Ver- hältnisse wohl erscheint, namentlich jedoch aus der Bezeichnung dieser secundären Auflagerungsschichten als supplementäres oder Zwischenskelet, eine Bezeichnungsweise, die ich einmal wegen des Ausdrucks Skelet in Verbindung mit Sehalenbildungen für wenig geeignet halte, ferner jedoch auch deshalb, weil sie einen sehr tiefgreifenden Unterschied und eine *) Dass es sich hier nicht um fremde von Aussen in die Schalenwandung aufgenom- mene Nadeln handelt, wird durch ihre successive, dem Wachsthum der Schale parallel gehende Grössenzunahme wohl unzweifelhaft dargethan, BEE Schalenmaterial. 27 scharfe Grenze dieser Auflagerungsschichten gegenüber der primären Schalenwand festzustellen scheint, während eine solche Grenze thatsäch- lich z. Th. nur sehr wenig ausgeprägt, z. Th. hingegen gar nicht festzu- stellen ist. Wir werden daher im Verlaufe dieser Darstellung unterschei- den zwischen einer primären Schalenlage (dem Carpenter’schen sogen. proper chamber-wall) und einer seeundären Schalenmasse, gleichgültig ob die letztere perforirt oder unperforirtt oder noch von einem besondern Kanalsystem durchzogen ist. Diese exogene Schalenmasse, welche bei einem beträchtlichen Theil der Perforirten die Hauptmasse der Schalenwandungen bildet, zeigt ge- wöhnlich sehr deutlich einen geschichteten Bau, worauf schon oben bei Gelegenheit der mit demselben in Zusammenhang stehenden queren Strei- fung der Porenkanälchen hingewiesen wurde. Wie bei den Imperforaten ist auch die Schalenoberfläche der Perfo- raten der Sitz mannigfaltiger Verzierungen, deren Entwicklung hier vor- zugsweise von der Ausbildung der secundären Schalenmasse abhängt. Indem diese bei den Lagenideen als imperforirte Auflagerungsmasse nur Theile der primären Schalenschicht überzieht, bildet sie je nach ihrer Anordnung die mannigfachsten, aus erhabnen Rippen, Kielen, Netzen und dergleichen gebildeten Zeichnungen (VII. 5—17). Auch borsten- und dornartige Bedeckungen der Schalenoberfläche werden wohl in dieser Weise gebildet sein. Wenn hingegen die secundären Auflagerungsschichten die gesammte Schalenoberfläche gleichmässig überziehen, wie dies bei den Globigeri- niden und den Nummuliniden der Fall ist, so entstehen Verzierungen der Oberfläche entweder einfach durch erhabne und vertiefte Zeichnungen, oder noch besonders dadurch, dass gewisse Stellen der Auflagerungs- schichten durch den Mangel der Perforirung sich auszeichnen und indem sie gleichzeitig gewöhnlich knopf- oder bandartig über die benachbarte Schalenoberfläche hervorspringen, als glasartig durchsichtige Knöpfe oder Bänder die Schalenoberfläche zieren. Bekanntlich sind eine Anzahl pelagisch lebender Perforatenformen, nämlich die so nahe verwandten Geschlechter Orbulina (VII, 30) und Globigerina mit einem Besatz sehr ansehnlicher, von der Schalenober- fläche ausstrahlender Stacheln ausgerüstet. Auch die wohl nur als Unter- geschlecht von Globigerina zu betrachtende Hastigerina (IX. 1) ist durch einen entsprechenden Stachelbesatz ausgezeichnet. Ob ein solcher Stachelbesatz sämmtlichen zu den erwähnten Geschlechtern gehörigen Arten zukommt, scheint bis jetzt noch fraglich, jedenfalls scheinen aber die pelagischen Formen stets mit demselben versehen zu sein. Diese sehr langen und dünnen Stacheln erheben sich entweder, wie bei Orbulina, von niedern Papillen der Schalenoberfläche, oder aber bei Glo- bigerina und Hastigerina von den Eckpunkten der erhabenen, die Poren- öffoungen umstehenden Netzkanten, die schon oben geschildert wurden. Die 4—5 Mal den Durchmesser der Schale messenden Kalkstacheln 28 Rhizopoda. sind etwas biegsam, aber doch sehr zerbrechlich. Im Querschnitt erschei- nen sie nicht rundlich, sondern mehrkantig (VI. 23b—e)*). Die Be- hauptung, dass es sich hier um hohle, für den Austritt der Pseudopodien die- nende Stachelbildungen handle, welche mehrfach aufgestellt wurde, scheint wenigstens für Globigerina und Hastigerina nach den übereinstimmenden Beobachtungen von Wallich, W. Thomson und Murray, sowie R. Hertwig nicht zutreffend zu sein, wogegen für Orbulina die Hohlheit der Stacheln noch von Thomson und Murray behauptet wird. y. Aus Fremdkörpern aufgebaute Rhizopodenschalen. Eine nicht unbeträchtliche Zahl von Rhizopoden bildet ihre Schale nicht allein aus vom Thierkörper selbst erzeugter Substanz, sei diese nun organischer oder unorganischer Natur, sondern verwerthet hierzu kleine aus der Umgebung aufgenommene feste Partikel verschiedener Art, welche durch einen von dem Plasmakörper ausgeschiednen Kitt zu einer mehr oder minder festen Schale vereinigt werden. Zwischen den seither be- sprochenen chitinösen und kalkigen Schalen und diesen jetzt noch etwas näher zu betrachtenden, aus Fremdkörpern aufgebauten, die entsprechend dem bei weitem am häufigsten verwertheten fremden Material gewöhnlich als sandige Schalen bezeichnet werden, existirt jedoch keineswegs eine scharfe Grenze. Es ist kein seltner Fall, dass der chitinösen Schale gewisser Süss- wasserformen fremde Partikel anhaften, oder auch mehr oder weniger fest mit derselben verkittet sind. Durch reichlichere Aufnahme solcher Fremdkörper und Verkittung derselben durch die ursprünglich chitinöse Grundlage der Schale entstehen die bei einer ganzen Anzahl Geschlech- tern der Süsswasserrhizopoden sich findenden Fremdkörperschalen. Andrer- seits nehmen jedoch auch eine nicht geringe Zahl kalkschaliger Meeres- formen Fremdkörper, vorzugsweise Sandkörner, in ihren Schalen auf, welche die Oberfläche derselben mehr oder weniger überziehen und ihr eine rauhe, sandige Beschaffenheit ertheilen. Es findet sich ein solches Verhalten sowohl unter den Imperforaten (so z. B. bei Nubecularia ganz gewöhnlich, auch zuweilen bei Quinque- loculina), als andrerseits bei gewissen Perforata. Unter letzteren treffen wir es sehr gewöhnlich bei Textularia und den verwandten Geschlechtern, wie bei Bulimina und andern. Von solehen nur wenig mit fremden Partikeln ausgestatteten kalkigen Schalen scheint jedoch ein ziemlich allmählicher Uebergang zu den speci- fisch sandigen Schalen sich zu finden, die von Carpenter, Parker und Jones in einer besondern Abtheilung der Lituolidae unter den Imperfo- raten vereinigt worden sind. Da nun, wie späterhin bei der eingehendern Betrachtung der systematischen Fragen noch näher zu erörtern sein wird, *) Vergl. hauptsächlich Wyw. Thomson und Murray Proc. roy. soc. 23 und Hertwig, Jenaische Zeitschr. XI, auch Wallich, Deep-sea res. on the biology of Globigerina Lond. 1876. ne See Schalenmaterial. 39 die Aufstellung einer solchen Abtheilung der Lituolidae sehr wenig natür- lich erscheint und die seither in derselben untergebrachten Formen mit sandiger Schale ihre natürlichen Beziehungen theils unter den Imperfo- raten, theils unter den Perforaten finden, indem sie sich den bekannten kalkschaligen Geschlechtern dieser grossen Gruppen zum Theil wenigstens näher anschliessen, so dürfte hieraus bervorzugehen, dass die Fähigkeit zur Aufnahme von Fremdkörpern in die Schale und der Uebergang zu völlig sandigen Schalen sowohl unter den Imperforaten als Perforaten in viel ausgedehnterem Maasse verbreitet ist, als dies nach der gewöhnlichen Auffassung der Fall scheint. Was zunächst die Natur der zum Aufbau der Schale verwendeten Fremdkörper betrifft, so herrscht hierin grosse Mannigfaltigkeit. Bei weitem am häufigsten sind es kleine Sandkörnchen und zwar vorwiegend Quarzkörnchen, sowohl bei Süsswasserformen (Difflugia, Pseudodifflugia ete.), als bei zahlreichen marinen Formen, aus denen sich die Schale auf- baut. Selten finden wir Kalksandkörnchen, Körnchen vulkanischen San- des ete. verwerthet. Auch in den Grössenverhältnissen der verwendeten Sandkörner zeigt sich eine weitgehende Verschiedenheit und häufig eine gewisse Auswahl von Seiten der Erbauer solcher Schalen, indem die eine Form nur grössere, die andre nur kleinere, die dritte hingegen Körnchen verschiedner Grösse verbaut. Gewisse Formen bedienen sich jedoch noch feineren Materials, sie bilden eine Schlammhülle von grössrer oder geringerer Festigkeit (so z. B. Astrorhiza limicola, Pelosina *). Als weiteres Material des Schalenbaus dienen sehr häufig die auf dem Meeresboden ja in so grosser Menge verbreiteten Schwammnadeln, und manche Formen scheinen zur Verwerthung derselben gerade eine be- sondre Neigung zubesitzen (so Haliphysema, die etwas zweifelhafte Marsi- pella Norm., Aschemonella Brdy.), gewöhnlich jedoch werden sie unter- mischt mit Sandkörnern verbaut. Von anderweitigen zum Schalenbau dienenden Fremdmaterialien sind bei den marinen Rhizopoden hauptsächlich noch zu erwähnen die Kalk- schalen kleinrer Formen, sowie die späterhin hinsichtlich ihrer Natur noch etwas eingehender zu besprechenden, unter der Bezeichnung Coccolithen und Cyatholithen bekannten und im Tiefseeschlamm so verbreiteten sehr kleinen Kalkgebilde. Seltner werden Fragmente von Molluskenschalen mit anderen Materialien in die Schalenwandungen aufgenommen. Die Süsswasserformen dagegen nehmen in ihre Schalen ausser den schon erwähnten gewöhnlichen Sandkörnern sehr häufig auch die Kiesel- hüllen der Baeillariaceen **) auf und bei gewissen Geschlechtern (haupt- sächlich Difflugia) finden sich zuweilen auch eigenthümliche Schalenmate- *). Vergl, T. III. Figg. 1—8, 11 u. 14, IV, 1 u. 3, V. 5—18. **) Auch Protococeuszellen sind von Archer bei Diaphoropodon als Schalenmaterial neben Diatomeen beobachet worden. 30 Rhizopoda. rialien, iiber deren Herkunft noch keine völlige Sicherheit erreicht ist, ja bezüglich deren noch nicht einmal sicher entschieden ist, ob sie als von Aussen in die Schale aufgenommne Fremdkörper, oder als von dem thie- rischen Körper selbst erzeugte Gebilde zu betrachten sind. So finden sich Difflugien, die in ihren allgemeinen Gestaltungsverhältnissen sich durch- aus an solche Formen anschliessen, deren Schalen deutlich aus Sand- körmern oder Diatomeenschalen erbaut sind, bei welchen die Schalen aus länglich ovalen, z. Th. Hinneigung zu hexagonalen Umrissen zeigenden Plättehen besteht; an diese schliessen sich weitere Formen an mit runden scheibenförmigen Plättchen, entweder von annähernd gleichen Grössen- verhältnissen oder grössere untermischt mit kleineren. Schliesslich reiht sich hier noch an die bei der kaum von Difflugia zu trennenden sogen. Eehinopyxis gewöhnlich (jedoch auch bei gewissen Difflugien) sich fin- dende Zusammensetzung der Schale aus kleinen ceylindrischen, geraden oder mannigfach gebognen stäbchenartigen Gebilden (II. 9). Wallich*), der diesen feineren Structurverhältnissen der Difflugienschalen eingehen- dere Aufmerksamkeit gewidmet hat, kommt zu dem Schluss, dass alle die soeben erwähnten Gebilde ursprünglich aus von Aussen aufgenommnen kieseligen Diatomeenschalen (hauptsächlich der Gattung Eunotia) hervorge- gangen seien, indem dieselben durch active Einwirkung des Plasma’s der Dif- flugien eine allmählich immer weiterschreitende Umgestaltung erlitten hätten, was wegen der ganz allmählichen Uebergänge, welche die erwähnten Schalenbestandtheile unter sich, andrerseits jedoch auch zu den Schalen der Eunotia zeigen sollen, nicht unwahrscheinlich klingt. Kaum glaublielı erscheint jedoch die von Wallich auch für die quadratischen regelmässigen Plättchen der Quadrula (vergl. S. 20) geltend gemachte gleiche Entstehung, wie denn überhaupt die hervorgehobnen besondern Structurverhältnisse gewis- ser Difflugienschalen weiterer Untersuchungen zu ihrer Aufklärung bedürfen. Die Vereinigung der die sandigen Schalen aufbauenden Partikelchen geschieht durch eine Kittsubstanz oder ein Cement sehr verschiedner Natur. Für die Fremdkörperschalen der Süsswasserrhizopoden wird die chi- tinöse Natur dieses Kittes ziemlich allgemein angenommen. Derselbe ver- bindet die Fremdpartikel loser (Diaphoropodon) oder fester mit einander. Das gelegentliche Auftreten solcher Formen mit häutiger von Fremd- körpern freier Schale — so z. B. der Difflugia spiralis nach Mereschkowsky (118), ähnlich auch nach Entz (110) — spricht für eine solche Auffassung der Kittsubstanz. Auch scheint bei der Mehrzahl dieser Schalen ur- sprünglich eine innerliche rein chitinöse Lamelle gebildet zu werden, wofür Wallich’s, Hertwig und Lesser’s und Entz’ Untersuchungen sprechen. Ob aber bei sämmtlichen Fremdkörperschalen der Süsswasserrhizo- ‚poden die Kittmasse ' eine chitinöse Beschaffenheit besitzt, ist fraglich, *) 8. Ann. mag, nat. hist, II. 13. Leidy hat für die birnförmigen, durch eine derartige Schalenstructur ausgezeichneten Difflugien neuerdings das Genus Nebela aufgestellt. Er ist geneigt, die betrell. Schalengebilde als Erzeugnisse des T'hierkörpers selbst zu betrachten. (Proc. Ac. Philad. 1876.) By Schalenmaterial. 31 indem bei einem Theil möglicherweise ein protoplasmatisches oder gallertiges Bindemittel vorhanden sein könnte. Ich selbst habe bei Difflugia acumi- nata dasselbe in Carmin- sich lebhaft färben sehen und Carter schreibt demselben bei D. pyriformis eine glutinose (eiweissartige?) Beschaffenheit zu (75). In Beziehung hiermit liessen sich auch die Verhältnisse bei dem Diaphoropodon Archer’s bringen, wo zwischen den lose vereinigten Schalen- partikeln über die Gesammtoberfläche der Schale feine Pseudopodien hervortreten sollen, was sich wohl durch die Annahme eines protoplasma- tischen oder gallertartigen Bindemittels erklären liesse *). Bei dieser Gelegenheit sei jedoch noch erwähnt, dass auch Wallich zur Annahme geneigt ist, dass bei den Difflugien das Protoplasma des Thierkörpers aus feinen Löchern zwischen den Schalenpartikeln hervor- treten könne, während Carter sich von einem solchen Hervortreten von Pseudopodien aus dem Hinterende der Schale der Difflugien überzeugt haben will und Entz von seiner Pleurophrys Helix (einer zwischen Dif- flugia und Pseudodifflugia schwankenden Form (II. Fi11l), sowie der Pleurophrys sphaerica gleichfalls ähnliches berichtet. Andrerseits ist auch das Vorkommen eines kieseligen Cementes in den Fremdkörperschalen gewisser Süsswasserformen nicht unwahrschein- lich in Betracht der für gewisse Difflugienformen behaupteten grossen Widerstandsfähigkeit gegen starke Mineralsäuren **). Auch von den marinen Formen mit Fremdkörperschalen wird das Vorkommen des Chitins als Cement mehrfach berichtet, so hat Brady (89) gezeigt, dass die gewöhnlich durch kalkiges Cement ausgezeichneten Trochamminaformen im brackischen Wasser statt des Kalkes eine chitinöse, die Fremdkörper verkittende Schalenhaut zeigen. Auch gewisse Reophax- formen, sowie die noch etwas zweifelhafte Gattung Pelosina zeigen das gleiche Verhalten (117). Bei einer Anzahl weiterer Formen scheint da- gegen, ähnlich wie dies auch für gewisse Süsswasserformen bemerkt wurde, das organische Bindemittel keineswegs die vom Chitin bekannte Widerstandsfähigkeit gegen Säuren und Alkalien zu besitzen, wie solches z. B. von Bessels bei Astrorhiza limicola, von Brady bei der noch etwas unsicheren Gattung Rhizammina beobachtet wurde (117). Die Fähigkeit Pseudopodien zwischen den die Schale aufbauenden Partikeln auszusenden, die einer ziemlichen Reihe von marinen Sand- formen unzweifelhaft zukommt, mag bei losen Schalenbauten, wie z. B. denen der Astrorhiza vielleicht durch die Beschaffenheit des organischen Bindemittels ermöglicht werden, wogegen bei den festeren Schalen- bauten mit unorganischer Cementirung besondere feine Austrittswege, wohl in Gestalt unregelmässig zwischen den Partikeln verlaufender und daher schwer sichtbarer Porenkanäle, zu diesem Behuf vorhanden sein werden. *) Qu. journ. ın. sc. IX. **) Vergl. Schneider Z. f. w. Z. Bd, 21. 32 Rhizopoda. Zahlreiche marine, sandige Rhizopodenschalen scheinen jedoch ein kalkiges Cement aufzuweisen, wie dies, in Betracht ihrer nahen Be- ziehungen zu den rein kalkschaligen Formen, natürlich erscheint. Doch muss bemerkt werden, dass über die Natur des Cementes viel Unsicher- heit in den Schriften über die sandigen Formen sich findet, und diese Frage bis jetzt keineswegs hinreichend genau untersucht scheint. Als mit Kalk- cement versehen darf jedenfalls die jetzt mit Recht zu den Perforaten ge- zogene Gattung Valvulina bezeichnet werden; auch von den sogen. Tro- chamminaformen der englischen Forscher scheinen nach Brady zahlreiche ein solches Cement zu besitzen, während Carpenter denselben ein dichtes, eisenschüssiges Cement von ockerartigem Aussehen zuschreibt. Im Allgemeinen scheint ein Gehalt an Eisenoxyd überhaupt für das Schalencement mannigfacher Sandrhizopoden charakteristisch zu sein So wird von Carpenter auch das Cement der Rhabdammina als eisenschüssig erwähnt und neuerdings den Lituolaformen eine aus phosphorsaurem Eisenoxyd bestehende Kittsubstanz zugeschrieben, während in der „Intro- duction“ bezüglich dieses Punktes nichts sicheres angegeben wird (abge- sehen von der Angabe, dass das Cement in sehr geringer Quantität vor- handen sein soll). Die rothe bis braune Färbung, welche die Sand- schalen gewisser Rhizopoden häufig zeigen, wird gewöhnlich einem Ge- halt an Eisenoxyd zugeschrieben, ohne dass jedoch meist genauere che- mische Untersuchungen über die Natur dieser Färbung vorliegen. Zwei Analysen von Sandschalen, die Brady bekannt gemacht hat (Hyperammina und Cyelammina 117), zeigen einen auffallend geringen Kalk- gehalt (2—3 Proe.), wogegen das Eisenoxyd (einschliesslich etwas Thon- erde) bei der ersteren Form 2, bei der letzteren sogar 8,9 Proc. betrug. Hiernach scheint also Eisenoxyd wirklich eine Rolle im Cement der marinen Sandschalen zu spielen, wobei jedoch beachtenswerth erscheint, dass es sich in den erwähnten beiden Fällen weder als Silicat noch als Phosphat, sondern als unverbundenes Oxyd gefunden haben soll. Neben kalkiger und eisenoxydhaltiger Kittsubstanz scheint jedoch nach neue- ren Erfahrungen von Brady (117) auch Kieselsäure als Bindemittel auf- treten zu können, insofern nämlich aus der vollständigen Unveränder- lichkeit der Schalen gewisser Ammodisceus- und Reophaxformen in Säu- ren ein solcher Schluss gezogen werden darf. Weitere Verschiedenheiten lassen die Sandschalen der marinen Rhizo- poden in der feineren Ausbildung ihrer Schalenwände erkennen. Bei einer Anzahl von Formen sind die kleinen Fremdkörper (hauptsächlich Sandkörner) vollständig- in das in ziemlich reichlicher Quantität vorhandne Cement eingebettet, so dass sowohl die äusseren wie die inneren Flächen der Schale glatt, ja z. Th. sogar wie polirt erscheinen. Dieser Charakter zeichnet hauptsächlich die sogen. Trochamminen der englischen For- scher aus, ja bildet eigentlich den einzigen bezeichnenden Charakter dieses Gewirres von Formen. Aehnliches zeigen eine Anzahl weiterer von Schalenmaterial. 33 F. E. Schulze und Brady neuerdings beschriebener Gattungen, namentlich die Glättung der inneren Schalenfläche (so Psammosphaera, Stortosphaera, Marsipella). Aus grösseren Sandkörnern oder anderweitigen grösseren Fremdkörpern erbaute Schalen zeigen hingegen unregelmässige, durch die vorspringenden Partikel rauhe Flächen, welche von dem nur in ge- ringerer Quantität vorhandenen Cement nicht geglättet werden. Dieser Charakter wurde von Carpenter und seinen Mitarbeitern Parker und Jones für so wichtig erachtet, dass sie einen weiten Formenkreis, wesentlich auf diese Beschaffenheit der Schale hin, zu einer Gattung Lituola ver- einigten. Die späteren Forschungen haben jedoch noch zahlreiche weitere For- men solcher rauhschaligen Sandrhizopoden kennen gelehrt und auch die Gattung Lituola in verschiedene Formreihen zerlegt. Eine besondere Eigenthümlichkeit zeigt nicht selten die innere Schalen- fläche solcher rauhen Formen, indem die ursprüngliche Rauhigkeit all- mählich zur Bildung unregelmässiger netzartiger oder labyrinthisch verwirr- ter Einwüchse der Wandung in die Höhlung der Schale überführt, woraus schliesslich eine mehr oder weniger vollständige Ausfüllung der Schalen- höhlung durch solche Einwüchse hervorgehen kann. Hinsichtlich ihres Aufbaues zeigen diese Einwüchse ganz dieselbe Bildung aus Fremdpar- tikeln, wie die eigentlichen Schalenwandungen (vergl. bezüglich dieses Verhaltens hauptsächlich die Gattungen Lituola, Haplostiche, Botellina, Cyelammina, Bdelloidina; in geringerer Ausbildung findet sich Aehnliches noch bei einer Anzahl weiterer Formen). ö. Aus Kieselsäure bestehende Schalenbildungen der Rhizopoden. Die gelegentlichen Mittheilungen älterer Rhizopodenforscher über das Vorkommen kieseliger Schalen haben sich zum grössern Theil als irr- thümliche herausgestellt, es waren kieselsandige Schalen, die solche An- gaben veranlassten. Dies gilt von der von M. Schultze (53) beschriebenen Polymorphina silicea (nach Parker und Jones — Verneuilina polystropha) und ähnlich dürfte es sich auch mit der von Ehrenberg beschriebenen kieselschaligen Spirillina verhalten. Auch den aus Kieselsandstückchen ihre Schale aufbauen- den Ditflugien ist mehrfach das Vermögen der Kieselsäureabscheidung zu- geschrieben worden; so hat M. Schultze in Berücksichtigung seiner irr- thümlichen Untersuchungen über die Kieselschaligkeit der oben angeführ- ten sogen. Polymorphina auch den Difflugien die Fähigkeit der Kiesel- säuresecretion zugeschrieben. Auch A. Schneider*) bemühte sich nachzu- weisen, dass die Schale der Difflugien ganz allgemein eine direete Aus- scheidung des Thierkörpers sei und Entz sprach sich neuerdings in dem- selben Sinne für Difflugia und Pseudodifflugia aus. *) Ztschr. f. w. Z. Bd. 21. Bronn, Klassen des Thier-Reichs. Protozoa. 3 34 Rhizopoda. Angesichts der ganz unbezweifelbaren Aufnahme von Fremdkörpern in die Schale dieser und anderer Süsswasserformen scheint zum mindesten die Behauptung, dass die Schalen dieser Formen ganz allgemein eine di. recte thierische Abscheidung darstellten, ganz ungerechtfertigt. Andrer- seits kann jedoch, wie auch schon oben angedeutet worden, das Vor- kommen kieseliger Ausscheidungen bei den Difflugien und eine ähn- liche Schalenstruetur zeigenden Formen des süssen Wassers nicht un- bedingt zurückgewiesen werden, da kieselige Abscheidungen ja den Rhi- zopoden nicht durchaus fehlen und die speciellen Structurverhältnisse mancher Difflugien noch nicht recht aufgeklärt sind. Dass in jener Beziehung vorschnelles Verallgemeinern zu irrthüm- lichen Behauptungen wohl führen kann, geht deutlich aus den Erfahrungen der neueren Zeit hervor, die eine kieselige Schalenbildung sowohl bei gewissen Süsswasser- als Meeres-Rhizopoden ziemlich sicher erwiesen haben. Was zunächst die Süsswasserformen betrifft, so blieb Hertwig zweifel- haft, ob nieht doch die Schale von Mierogromia ihre grosse Widerstands- fähigkeit einem Gehalt an Kieselsäure verdanke. Unzweifelhaft kieseliger Natur scheinen die Plättchen der Euglypha zu sein, wogegen die ähn- lichen der Cyphoderia nach F. E. Schulze einen rein chitinösen Charakter besitzen. Bei einer Reihe verwandter Formen liegen keine sicheren Be- obachtungen über die chemische Natur ihres Schalenmaterials vor. Was die marinen Formen anbetrifft, so wurde schon oben auf das wahrscheinlich kieselige Cement gewisser Fremdkörperschalen hingewiesen und hieran schliesst sich die eigenthümliche Beobachtung Brady’s (117), der eine kleine Miliola mit ganz homogener durchsichtiger Schale beob- achtet hat, die sich bei weiterer Untersuchung als kieselig herausstellte. — Im Jahr 1856 wurde durch Bailey *) eine marine, Cadium, genannte Rhizo- podenform entdeckt, die auch von Ehrenberg**) bei seinen Tiefseestudien wieder beobachtet, als kieselschalig erkannt, und zu seiner Familie der Arcellinen gestellt wurde. Später hat Wallich ***) ausser der schon be- kannten noch eine weitere Form beobachtet und durch die Challenger- expedition ist auf das Vorkommen einer sehr mannigfaltigen Gruppe kieselschaliger, rbizopodenartiger Organismen in den Tiefgründen des paeifischen Oceans (hauptsächlich in dem an gewissen Stellen aufgefun- denen Radiolarienschlamm) hingewiesen worden). Es scheint mir ziemlich sicher, dass die ältere unter dem Namen Cadium beschriebne Form ein Mitglied dieser von W. Thomson und Murray „Challengeridae“ getauften kieselschaligen, rhizopodenartigen Or- ganismen bildet. Die von E. Häckel unternommene genauere Untersuchung *) Sillim. Americ. journ. sc. a. arts 1856 p. 3. **) M. B. d. Berl. Ak. 1860. "##) A.:m.n,.h. I. 18, +) Proc. Toy, soc. 24, -_ m en Schalengestaltung. (Homaxone Formen.) 35 dieser „Challengeridae“, über welche erstwährend des Druckes dieses Bogens durch eine vorläufige Mittheilung weiteren Kreisen Nachricht zukommt, *) scheint mit Sicherheit zu ergeben, dass diese Formengruppe zu den Ra- diolarien zu rechnen ist, wodurch denn auch die erwähnte G. Cadium von den Rhizopoda wohl definitiv abgetrennt erscheinen dürfte. B. Der morphologische Aufbau der Rhizopoden- schalen. «. Homaxone Schalenbildungen. Wie schon bei der Besprechung der allgemeinen morphologischen Verhältnisse der Rhizopoden erörtert wurde, ist die Schalengestaltung der- selben fast durchaus eine einaxige. Dennoch findet sich eine geringe Anzahl von Formen, welche als homaxone bezeichnet werden müssen und und die wegen. dieses Verhaltens einen Anschluss an die Heliozoön ver- mitteln. Diese homaxon gestalteten Formen gehören zu den Perforaten und sind vorwiegend marine, wogegen nur eine wohl hierhergehörige Form des süssen Wassers bekannt ist. Jene letzterwähnte Form, die Gattung Mierocometes (IV. 5) besitzt eine kuglige, chitinöse Schale von sehr unbedeutender Grösse, die von 1—5 kreisförmigen ziemlich engen Porenöffnungen (0) zum Durchtritt der Pseudopodien durchbrochen wird. Die Variabilität in der Zahl der Porenöffnungen bei dieser, wohl un- zweifelhaft als homaxon zu bezeichnenden Form verräth innige Be- ziehungen zu den monaxon gebauten Schalen und wenn es nicht ein zu unsicheres Unternehmen wäre, einen natürlichen Stammbaum der Rhizo- poden entwerfen zu wollen, so dürfte eine solche Gestalt wohl als Aus- gangspunkt der beschalten Rhizopoden überhaupt aufgestellt werden. Die marinen homaxonen Formen sind theils kalkschalige, theils san- dige. Von erstern gehört allein die meist exquisit homaxone Gattung Orbulina (VII. 30) hierher, deren ganz sphärische, bestachelte Schale von dicht stehenden, sehr feinen Porenkanälen und weiter gestellten, sröberen Poren allseitig durchbohrt wird. Obgleich nun hier eine rein homaxone Form vorzuliegen scheint, so bietet dieselbe doch ebenfalls wieder innige Beziehungen zur monaxonen Gestaltung dar, indem sich nicht selten eine einfache weitere Schalenöffnung finden soll, die durch besondere Erweiterung eines der grossen Porenkanäle entstanden gedacht werden darf und wodurch dann der erste Schritt zur monaxonen Gestal- tung geschehen ist. (Vergl. hierüber Carpenter 74 und Wallich D. sea research. on Globigerina, sowie Brady 117. II.) In mehr oder weniger innigem Anschluss an die homaxone kalkschalige Orbulinaform scheinen *) Häckel, E., Ueber die Phaeodarien, eine neue Gruppe kieselschaliger mariner Rhizopoden. Sitzb. d. Jen. G. f. Med. u. Naturw. Jahrg. 1879. 3* 36 Rhizopoda. eine Anzahl in neuerer Zeit durch F. E. Schulze (103) und Brady (117. I) bekannt gewordner sandiger mariner Rhizopoden zu stehen, nämlich die Gat- tungen Psammosphaera(V.6),Sorosphaera, Stortosphaeraund Thu- rammina (V.5). Es sind dies entweder freie oder auch aufgewachsene, sand- schalige Rhizopoden mit sphärischer oder nahezu sphärischer Schale. Bei der freien Psammosphaera findet sich keinerlei Oeffnung an der Schale, so dass die Pseudopodien wohl ihren Austritt zwischen den die Wan- dungen aufbauenden Partikeln nehmen müssen*). Aehnlich verhält sich auch Sorosphaera. Bei Stortosphaera finden wir die freie kuglige Schale äusserlich von kurzen zackenartigen Fortsätzen bedeckt, ohne jedoch eine Mündungsöffnung zu beobachten, wogegen Thurammina (V. 5) sich noch am nächsten an Orbulina anschliesst, indem die gewöhnlich sphäri- sche Schale eine grössere Zahl auf vorspringenden Tuberkeln gelegener Porenöffnungen zeigt, denen sich jedoch sehr gewöhnlich noch eine von einem kurzen röhrenförmigen Hals getragne Hauptöffnung zugesellt, so dass also auch bei dieser sandschaligen Form die gleiche Hinneigung zur Monaxonie auftritt, die wir schon bei Orbulina bemerkten. ß. Monaxone, monothalame Schalenbildungen. Von der grossen Zahl der restirenden monaxonen beschalten Rhizopoden würden sich zunächst die einaxigen und gleichpoligen Formen hier an- schliessen, die nach dem Vorschlag von Hertwig und Lesser (99) gewöhnlich als besondere Gruppe der Amphistomata unter den Imperforaten aufge- führt werden. Es sind dies Süsswasserformen mit ellipsoidischer, mehr oder weniger langgestreckter, entweder ehitinöser (Diplophrys IV. 2a und Ditrema) oder sandiger Schale (Amphitrema IV. 3), welche an beiden Polen mit ziemlich weiter Mündung zum Austritt der Pseudopodien versehen ist. So natürlich eine solche Gruppe der doppelmündigen Formen unter den übrigen einkammerigen Imperforaten auch auf den ersten Blick er- scheint, so kann doch wohl, wegen des interessanten Verhaltens gewisser einkammeriger und einmündiger perforirter Formen der Gattung Lagena, die scharfe Scheidung solcher doppelmündiger Formen von den einmün- digen kaum streng durchgeführt werden. Bei dieser kalkschaligen, sehr *) Bei dem heutigen Stand unserer Kenntnisse der Sarkodinen ist es kaum möglich, eine scharfe Grenze zwischen den Gruppen derselben zu ziehen. Es wird daher in gewissen Fällen schwierig, eine Form der einen oder der andern Abtheilung zuzuweisen. Die von Entz (110) beschriebene Gattung Örbulinella (IV. 4) macht diese Schwierigkeit sehr fühlbar. Sie bietet einerseits Beziehungen zu den erwähnten homaxonen Rhizopoden dar, wie sie anderer- seits auch den Helizoön sich sehr nähert. Da sie jedoch ein kieseliges Skelet besitzt, so glaube ich, dass ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zunächst nicht auf die kalkschalige (Gattung Orbulina, sondern auf die kieselschalige Gattung Clathrulina der Heliozo@ön hindeuten. Wie wenig scharf sich jedoch zwischen homaxonen Rhizopoden und Heliozoön eine Grenze wird ziehen lassen, geht auch noch daraus hervor, dass es auch heliozoönartige Formen gibt, die sich mit einer aus Fremdkörpern erbauten Hülle umkleiden, was bei der Erörterung der verwandtschaftlichen Beziehungen der oben aufgeführten, im ganzen bis jetzt sehr wenig ge- kannten homaxonen Sandforaminifera nicht aus dem Auge zu lassen ist. Schalengestaltung. (Monaxone Monothalamien.) 37 artenreichen Gattung treten nämlich neben typischen einmündigen Formen auch eine kleine Anzahl doppelmündiger auf, die in ihren Gestaltsver- hältnissen sich innigst an die erwähnten Amphistomen anschliessen, in ihrem übrigen Verhalten jedoch so nahe mit den einmündigen Lagenen übereinstimmen, dass eine generische Trennung von diesen nicht wohl gerechtfertigt erscheint. (Vergl. Lagena distoma P. u. J., Lyelli Segu. und gracillima Segu. VII. 20.) Bei den übrigen Rhizopodenschalen sehen wir den monaxonen und ungleichpoligen Schalenbau entweder an der ausgebildeten Schale aufs deutlichste ausgeprägt oder, da durch die mannigfachen mit der Kammer- bildung Hand in Hand gehenden Modificationen die Gesammtgestalt der ausgebildeten Schale eine sehr wechselnde, bis ganz unregelmässige wer- den kann, diesen Charakter doch noch an dem jugendlichen Anfangstheil derselben oder der sogen. Embryonalkammer ausgeprägt. Betrachten wir hier zunächst die einkammerigen, monaxonen und ungleichpoligen Schalen, die sowohl in der Abtheilung der Imperforata als der Perforata vertreten sind und in beiden Gruppen, abgesehen von dem feineren Bau der Schalenwandungen, sehr ähnliche Gestaltungsver- hältnisse und parallel laufende Modificationen zeigen, wie denn auch in beiden Gruppen sandschalige Vertreter dieses Formtypus sich finden. Zunächst gehört von den Imperforaten hierher die ganze Reihe der beschalten Süsswasserformen (mit Ausnahme der schon erwähnten wenigen abweichenden Gattungen). Die bei weitem vorherrschendste Gestaltung dieser chitinösen, kieseligen oder sandigen Schalen, mit deren feinerer Structur wir uns schon früher beschäftigt haben, ist im Allgemeinen eine sack- bis eiförmige, die jedoch nicht selten durch etwas röhrige Verlänge- rung des die Mündung tragenden Pols eine mehr flaschenförmige wird (z. B. bei Mikrogromia III. 15, Platoum III. 17a, Leceythium ete.). Durch starke Verkürzung der Längsaxe und scharfe Absetzung einer abgeflachten, die Mündung tragenden Oralfläche von einer kuglig gewölb- ten Aboralfläche geht die bekannte Schalengestalt der Arcella hervor (II. 9a), die sich ähnlich auch bei den als Pyxidieula und Pseudochlamys (II. 8) unterschiednen Formen findet, wo jedoch die Oralfläche der Schale entweder nur als dünne Haut oder als schmaler Saum ausgebildet ist, der zuweilen auch völlig fehlt *). Gewöhnlich ist die Gestalt der hier zunächst zu erörternden Arcellinen, Euglyphinen und Gromiinen eine drehrunde, also ohne Hervortreten be- sondrer Queraxen, zuweilen bilden sich jedoch durch Abplattung der Schale in einer der Längsaxe parallelen Ebene zwei solcher Queraxen deutlich aus und die Schalengestaltung wird dadurch eine zweistrahlige. Sehr deutlich tritt dies unter den Arcellinen bei den Gattungen Hyalo- sphenia (II. 10) und Quadrula hervor (II. 12), z. Th. jedoch auch bei *) Ueber die wahrscheinlichen Beziehungen dieser beiden Gattungen zu Arcella vergl, im system. Abschnitt. 38 Rhizopoda. Difflugia. Die Abplattung kann sich bei gewissen, wohl zu Hyalosphenia gehörigen Formen so vermehren, dass der Schalenrand zu einem zuge- schärften Kiel ausgezogen erscheint (vergl. die sogen. Difflugia carinata *), auch bei einer gewissen Form des Leidy’schen Genus Nebela soll sich eine ähnliche Kielbildung finden. Auch bei Angehörigen der Gattung Euglypha tritt eine solche Abplattung z. Th. sehr ausgeprägt hervor (so E. com- pressa Cart.) und fehlt ferner nicht gewissen Gromiinen, ja es kann die Gesammtgestalt des Körpers hier zuweilen platt schildförmig werden (vergl. Gromia [Plagiophrys] scutiformis H. u. L., III. 18). Durch eintretende Excentrieität der Mündungsöffnung kann die Schalen- gestalt jedoch auch in eine bilateral-symmetrische übergehen, wie solches mehr oder weniger deutlich in jeder der 3 genannten Abtheilungen der beschalten Sisswasserrhizopoden hervortrit. Ein derartiges Verhalten finden wir zunächst bei einer ganzen Anzahl Difflugiaformen (so z. B. D. aculeata Ehbg. III. 4, marsupiformis Wall. III. 2, 3, cassis Wall.). In- dem sich zu solcher Excentrieität der Mündung bei der Difflugia spiralis (III. 9) noch eine spiralige Einkrümmung der Schalenhauptaxe gesellt, zeigt sich die erste Hinneigung zu spiraliger Einrollung der bilateral-sym- metrischen Schale, eine Eigenthümlichkeit, die in so grosser Verbreitung den marinen Formen zukommt. Unter den Süsswasserformen bilden die erwähnte Art und die etwas zweifelhafte Pleurophrys (?) Helix Entz (III. 11) die einzigen bis jetzt bekannten Beispiele spiraliger Einrollung, jedoch erreicht dieselbe hier höchstens '/;, Umgang. Die Excentrieität der Mündung ist unter den Euglyphinen charakte- ristisch für die G. Trinema, deren Schalengestaltung sehr an die ähnlich ausgezeichneten Difflugien erinnert, wogegen bei der G. Cyphoderia eine bilaterale Gestaltung durch die schiefe Neigung des die Mündung tragen- den Halses hervortreten kann (C. margaritacea III. 13). Auch für eine Anzahl Genera der Gromiinen ist eine geringe Excen- trieität der Mündung charakteristisch, so z. B. deutlich ausgeprägt bei Lieberkühnia (III. 16), Mikrogromia (III. 15), Platoum (III. 17) und Pseudodifflugia zum Theil. Es geht aus dieser Betrachtung hervor, dass eine Hinneigung zu bi- lateraler Schalengestaltung unter den erwähnten Süsswasserformen sehr verbreitet ist und ihr gelegentliches Auftreten nicht einmal immer zur Charakteristik bestimmter Genera geeignet erscheint. Ganz ähnliche Gestaltungsformen zeigen uns auch die monothalamen marinen Rhizopoden, seien dies nun kalkschalige oder mit Fremdkörper- schalen versehene. . In sehr regelmässig monaxoner Bildungsweise und sehr mannigfaltiger Entwicklung tritt uns zunächst die Gattung Lagena unter den kalkschali- gen Perforaten entgegen (VII. 2—17). *) Archer, Qu. j. mier. sc. VIL . a4 ee see BERN Schalengestaltung. (Monaxone Monothalamia.) 39 Hier finden wir meist einen sehr regelmässig drehrunden, ei- bis spindelförmig längsgestreckten Körper, der an einem Pol in einen mehr oder minder verlängerten, halsartigen Fortsatz ausgezogen ist, auf dessen etwas knopfartig angeschwollenem Ende die, meist von strahligen Furchen oder Rippen umstellte Mündung liegt. Die drehrunde Gestalt kann jedoch durch Entwicklung von Längsrippen in eine auf dem Querschnitt poly- gonale übergehen, oder die Schale ist mehr oder minder comprimirt, wo- bei der Rand ebenfalls sehr gewöhnlich als Kiel vorspringt, ja es kann dieser Randkiel zu einer ansehnlichen Lamelle auswachsen, die wie ein Hof die Schale umzieht (II. 14). Auch die sonst rundliche Schalenmündung wird bei den comprimirten Formen häufig spaltartig ausgezogen (Fissu- rina Rss.). Eine besondere Eigenthümlichkeit dieser comprimirten Lagenaformen mag hier noch kurz erwähnt werden. Bei einer grossen Reihe von in allen übrigen Beziehungen mit den ebengeschilderten übereinstimmenden Formen (VII. 13) findet sich nämlich keine halsartige Verlängerung der Schale, dagegen ist eine von der äusseren, einfachen Mündung in die Schalenhöhlang, z. Th. bis zum Grunde derselben, hineinreichende, an ihrem Ende offne Röhre (gewissermaassen der umgestülpte Hals) vorhan- den (Entosolenia Ehbg ). Auch sandige, an Lagena sich wohl anschliessende Formen sind neuerdings von Brady aufgefunden und mit anderen nodosariaartig ge- stalteten Formen unter dem Namen Hormosina (V. 8) beschrieben worden. Unter den kalkschaligen marinen Imperforaten tritt die regulär mon- axone Gestaltung nicht deutlich hervor, sondern sie sind entweder stets ent- schieden bilateral entwickelt oder unregelmässig ausgebildet, wie dies bei der M. Schultze’schen Squammulina der Fall ist, einer etwa linsenförmig gestalteten kleinen, mit der einen abgeflachten Seite festgehefteten Schale (IV. 7), die auf der convexen Oberseite eine excentrisch gelegene, ziem- lich weite Mündung zeigt. Sehr wohl entwickelt tritt jedoch die regulär monaxone und monothalame Bildung bei einem Theil der gewöhnlich zu den Imperforaten gestellten *), sandigen marinen Rhizopoden hervor und bedürfen diese Formen daher hier noch einer kurzen Erwähnung. Die Gestaltung ihrer Schalen ist entweder eine mehr kuglige bis ei- förmige, mit an einem Pol hervortretender Mündungsöffnung, die häufig auch auf einer halsartigen verlängerten Röhre sich findet (so z. Th. bei Pelosina [V. 7], Webbina) oder aber die Schale ist länger gestreckt kegel- bis stabförmig, auch pokalförmig (Haliphysema), wobei das erweiterte Ende die gewöhnlich weit geöffnete Mündung darstellt (so Hyperammina z. Th., Jacullela, Botellina, Rhabdopleura). Dabei sind die Formen ent- *) Die Zutheilung dieser Formen zu den Imperforata ist bis jetzt keineswegs gesichert, wenigstens können sich darunter recht wohl perforirte Formen befinden. Der kleinste Theil derselben ist bis jetzt im lebenden Zustand beobachtet worden, meist sind es nur leere Schalen, die bekannt geworden sind und über deren Zugehörigkeit zu den Rhizopoden sogar in einigen Fällen die Acten noch nicht geschlossen erscheinen, 40 Rhizopoda. weder frei, oder mit dem aboralen Ende aufgewachsen (Haliphysema, Bo- tellina wahrscheinlich), oder auch ähnlich der schon beschriebnen Squam- mulina mit einer Flachseite, die dann häufig nur unvollständig ausgebildet ist, befestigt (so Webbina zum Theil). Die hals- oder röhrenartige, die Mündung tragende Schalenverlänge- rung kann ihre einfache Bildung mit einer verästelten vertauschen (so Hyperammina z. Th.), wobei dann statt der einfachen Mündungsöffnung mehrere an den Zweigenden der verästelten Röhre auftreten, eine Er- scheinung, die auch unter den kalkschaligen Monothalamen, wenn auch selten hervortritt, indem bei gewissen abweichenden Lagenaformen accesso- rische Mündungen, die selbst wieder auf kurzen Röhren sich finden, an dem Schalenhals auftreten können. Auch bei der schon erwähnten sand- schaligen Haliphysema tritt eine Verästelung der Schale zuweilen auf (H. ramulosa Cart.). Andrerseits tritt bei einer Reihe sich hier anschliessender Sandschalen eine Mündungsbildung auch am anderen Pol der Schale auf, so dass die- selbe hierdurch den amphistomen Charakter annehmen, womit jedoch ebensowenig wie bei Lagena eine schärfere Abgrenzung derselben von den monostomen Formen angezeigt scheint. Die Gestalt wird in diesem Falle bei langgestreckten Schalen etwa eine spindelförmige mit etwas ver- diekter Mittelregion (Marsipella V. 10) oder die beiden Mündungen liegen auf röhrenförmigen Verlängerungen einer mehr kugligen oder scheiben- förmigen Schale (Rhabdammina zum Theil). Die Zahl der Mündungsöffnungen kann aber bei den hier zu be- sprechenden Formen noch eine weitere Vermehrung erfahren. So können bei der eben erwähnten Rhabdammina an Stelle zweier sich 3—5 mit endständigen Mündungen versehene armartige Röhren entwickeln, so dass, da diese Arme sich gewöhnlich nur in einer Ebene ausbreiten, eine rad- oder sternförmige Gestalt entsteht. Die Entwicklung dieser Arme kann so weit gehen, dass von einem scheibenförmigen Centraltheil der Schale nichts mehr übrig bleibt. In noch beträchtlicherer Zabl können solche Arme aus dem scheibenförmigen Centraltheil der Schale bei der Gattung Astrorhiza sich entwickeln, wobei die Arme entweder unverzweigt bleiben, und die Centralscheibe einen ansehnlichen Durchmesser erreicht (V. 11) oder die Arme verzweigen sich geweihartig und die Centralscheibe redu- cirt sich sehr oder ist kaum angedeutet. Während bei den eben erwähnten Formen die die Mündungen tra- genden Arme gewöhnlich nur in einer Ebene an den Scheibenrändern hervortreten, strahlen bei einer weiteren, gleichfalls zu Astrorhiza gestell- ten Form (A. catenata) von dem etwa eiförmigen Centraltheil allseitig ähn- liche armartige Fortsätze aus und schliesslich bilden sich auch ganz röhrige, unregelmässig verzweigte Formen. Im Gegensatz zu den ebenerwähnten interessanten Gattungen Rhabdammina und Astrorhiza ist die nahver- wandte Dendrophrya mit der Centralscheibe der Schale aufgewachsen und Te A Schalengestaltung. (Spirale Monothalamien.) 41 von ihr entspringen wie bei Astrorhiza eine grössre Zahl geweihartig ver- ästelter Röhren, die an ihren Enden geöffnet, den Pseudopodien Durch- tritt gewähren. Schliesslich können dann hier noch einige Formen angereiht werden, die vielfach verästelte, entweder freie (Rhizammina) oder auf einer Unter- lage aufgewachsene Röhren bilden (Sagenella V. 16), wobei die einzelnen Zweige entweder frei ohne gegenseitige Verbindung bleiben können oder aber mit einander Anastomosen zu bilden vermögen (Sagenella), so dass die Gesammtbildung dann gewissermaassen an ein Plasmodium erinnert, das sich allseitig mit sandiger Hülle umkleidet hat, ausgenommen die freien Enden seiner Zweige. Wenden wir uns nach dieser Betrachtung der sandigen monothalamen Formen von eigenthümlichem Bau nun wieder zu den kalkschaligen Mono- thalamien mit ausgeprägter Bilateralität. Eine solehe Bildung wird bei den marinen Formen sehr gewöhnlich dadurch hervorgerufen, dass die Schalenhauptaxe ihre gerade Streckung aufgibt und sich spiralig einkrümmt. Die Einrollung erfolgt bei den bi- lateral gebildeten Schalen natürlich in einer Ebene, die als die Windungs- ebene bezeichnet wird und die Medianebene der Schale repräsentirt. Der- artige Schalenformen sind sowohl unter den Imperforaten, wie Perforaten verbreitet und auch durch sandschalige Formen vertreten. Da die spiralig eingerollten Schalen sowohl unter den Monothalamen wie den Polythalamen eine so hervorragende Rolle spielen, wird es hier gerechtfertigt erscheinen, über eine Anzahl technischer Ausdrücke, die zur Verständigung über die Eigenthümlichkeiten solcher Schalenformen von Nutzen sind, noch vorläufig kurz zu berichten. Schon oben wurde der Windungsebene gedacht; eine auf dieser Ebene in dem Anfangs- punkt der spiralig gekrümmten Längsaxe errichtete Senkrechte wäre als Windungsaxe zu bezeichnen, während die spiralig eingerollte Längsaxe wohl am besten als Spiralaxe bezeichnet wird. Den, einem vollständigen Umlauf dieser Spiralaxe entsprechenden Schalentheil bezeichnen wir als einen Umgang und messen demnach auch die Spiralaxe nach der Zahl ihrer Umgänge. Der Abstand der beiden Punkte, in welchen ein Radius der Spiralaxe die innere und äussere Oberfläche eines Umgangs schneidet, wird Umgangshöhe genannt. In gleicher Weise, wie für die ähnlich spiral aufgerollten Schalen der Cephalopoden und Gastropoden eine mathematisch gesetzmässige Bildung der Spiralität hauptsächlich durch Naumann nachgewiesen wurde, konnte auch in neuerer Zeit das Gleiche für die entsprechenden Rhizopodenschalen durch v. Möller bestätigt werden (116). Es hat sich ergeben, dass eine sehr auffallende Uebereinstimmung der spiral gewundenen Rhizopo- den- und Cephalopodenschalen existirt. Zur genaueren Untersuchung der der spiralen Aufrollung zu Grunde liegenden mathematischen Ge- setzmässigkeit betrachtet man gewöhnlich die sogen. Rückenspirale, d. h. die spiralige Durchschnittslinie der peripherischen Wandung der 42 Rhizopoda. Schalenwindungen mit der Windungsebene. Ein tieferes Eingehen auf die von Möller für eine Reihe von Geschlechtern der Nummuliniden festgestellten mathematischen Gesetze der spiralen Aufrollung glau- ben wir hier unterlassen zu können, namentlich auch deshalb, weil, so interessant diese Erscheinungen auch an und für sich und vorzüglich im Vergleich mit den spiral gewundnen Cephalopoden erscheinen, bis jetzt doch alle Anhaltspunkte fehlen, um diese Regelmässigkeiten mit ander- weitigen Organisations- und Wachsthumsverhältnissen in Beziehung zu setzen und eventuell hierdurch zu einer Erklärung derselben zu gelangen. Nach welchen Gesetzen sich die Spirale bei den Monothalamen, die uns hier zunächst interessiren, aufbaut, ist bis jetzt noch nicht ermittelt, die später erst genauer zu erörternden gekammerten Formen sind hin- gegen fast durchaus nach der sogen. eyelocentrischen Conchospirale Nau- mann’s gewunden, d. h. einer Conchospirale, deren Mittelpunkt sich ge- wissermaassen zu einem Kreis erweitert hat. Letztres hängt damit zu- sammen, dass bei diesen gekammerten Formen stets eine im Median- schnitt nahezu kreisförmige sogen. Central- oder Embryonalkammer sich findet, auf welche erst die spiralige Einrollung der Schalenwände folgt. Der Charakter der sogen. Conchospirale ist dadurch bestimmt, dass bei ihr nur die sich entsprechenden Windungsabstände (also die auf einem Radius liegenden) in geometrischer Progression zunehmen, während bei der logarithmischen Spirale (die nur einen besondern Fall der Concho- spirale darstellt) auch die Durchmesser und Halbmesser in geometrischer Progression wachsen. Aber auch der Speeialfall der logarithmischen Spi- rale wird nach den Untersuchungen Möller’'s von einem Theil der ge- kammerten Formen repräsentirt. Zur Bestimmung der Gleichung einer gewissen eyclocentrischen Conchospirale ist erforderlich die Kenntniss des Radius desjenigen Kreises, auf dessen Peripherie der Anfangspunkt der Spirale liegt. Dieser sogen. Archiradius («) ist also nach dem oben bemerkten gleich dem Halbmesser der Centralkammer. Ferner wird noch erfordert der sogen. Parameter (a), die absolute Höhe der ersten Windung an ihrem Endpunkt und schliess- lich der sogen. Windungsquotient (p), d. h. das Verhältniss zwischen zwei aufeinanderfolgenden, entsprechenden Windungshöhen. Aus diesen Grössen ergibt sich die Grösse des Radius (r) der Spirale für einen beliebigen Umlaufswinkel desselben (v) zu \ a In u + ei) Die logarithmische Spirale ist derjenige bestimmte Fall dieser eyclo- centrischen Conchospirale, in welchem der Archiradius « = en wird, woraus für dieselbe die entsprechende Gleichung r — ir p 3 sich er- giebt. Wie jedoch von Naumann schon für die spiralgewundenen Schalen der Mollusken gezeigt wurde, erfolgt auch für die ähnlichen der Rhizo- Schalengestaltung. (Spirale Monothalamia.) 43 poden häufig die spirale Aufrollung nicht durchaus nach derselben Concho- spirale, sondern durch plötzliche Aenderung des Windungsquotienten und zwar sowohl Vergrösserung als Verkleinerung desselben, kann plötzlich die spirale Aufrollung nach einer eycelocentrischen Conchospirale von an- derer Gleichung weitergehen, für welche der Abstand des Anfangspunktes (Aenderungspunktes) vom dem Centrum den sogen. Archiradius bildet. Es finden sich also auch hier bei den Rhizopoden die zusammengesetzten sogen. Pleospiralen Naumann’s wieder und lassen sich im speciellen Fall als Diplo-, Triplospiralen und so fort bezeichnen. Da die Veränderung des Windungsquotienten hierbei sowohl in einer Vergrösserung als Ver- kleinerung gegenüber der Anfangsspirale bestehen kann, so lassen sich auch hier exostehne und entostehne Pleospiralen unterscheiden. Noch eine weitere Eigenthümlichkeit der spiralen Aufrollung der Rhizopodenschalen wurde hauptsächlich durch von Möller aufgedeckt, nämlich der unter den Nummuliniden häufige Uebergang der letzten Win- dung aus dem spiralen in ein kreisförmiges Wachsthum. Hiermit muss natürlich schliesslich eine Berührung der letzten Windung mit der äusse- ren Oberfläche der vorletzten und damit ein Verschluss und Abschluss der Schale eintreten. Dieser Fall tritt natürlich dann ein, wenn der Windungs- quotient der Spirale plötzlich gleich Null wird. Im Gegensatz hierzu ist es jedoch bei den spiralgewundnen Rhizo- poden eine nicht seltene Erscheinung, dass die spirale Einrollung allmäh- lich in gerade gestrecktes Wachsthum übergeht, so dass ein spiral auf- gerollter Anfangstheil von einem geradlinigen Endtheil zu unterscheiden ist. Ausserdem treten jedoch mannigfache weitere Unregelmässigkeiten in der spiraligen Aufrollung noch hervor, die späterhin eingehender zu erörtern sein werden. Nach dieser allgemeinen Betrachtung der mathematischen Gesetz- mässigkeiten, die sich im spiralen Aufbau der Rhizopodenschalen erkennen lassen, gehen wir jetzt wieder über zur Besprechung des morphologischen Aufbau’s der einkammerigen spiralgewundenen Formen. Es finden sich solche sowohl unter den Imperforata wie Perforata und werden auch durch sandige Formen repräsentirt. Die einfachsten Gestaltungsverhältnisse erkennen wir unter den Imperforata bei der Gat- tung Cornuspira (IV. 8), unter den Perforata bei der ganz ähnlich ge- bauten Spirillina (VII. 1), unter den Formen mit sandiger Schale bei Ammodiscus (V. 20—22). Bei diesen sämmtlichen Formen berühren sich die mehr oder minder zahlreichen Windungen der Schale nur, ohne sich zu umgreifen, und die Umgangshöhe wächst entweder in Zusammenhang mit einer Abplattung der Umgänge (parallel der Windungsebene) rasch an (Cornuspira) oder nur sehr allmählich (Spirillina und Ammodiseus). Während bei Cornuspira die spiralige Aufrollung eine ganz regelmässig symmetrische ist, treten dagegen bei Spirillina auch asymmetrische For- men auf, bei welchen die Aufrollung nicht mehr in einer Ebene, sondern niedrig schraubenspiralig erfolgt (Brady 117, II) und noch weit unregel- 44 Rhizopoda. mässiger erfolgt z. Th. die Aufrollung bei der sandschaligen Gattung Ammodiscus. Hier finden sich neben ganz regelmässig symmetrisch spi- raligen Formen auch solche, bei denen die Aufwindung nicht mehr nur in einer Ebene erfolgt, sondern eine ganz unregelmässige, knäuelförmige wird (V. 21 u. 22), ein Uebergang zu unregelmässigem Wachsthum, wie ihn auch andere Rhizopodengattungen noch zeigen. Auch ein Aufgeben der spiraligen Einrollung und Weiterwachsthum in gestreckter Linie ist hier z. Th. schon zu bemerken. Im Gegensatz zu diesen eben erwähnten Formen mit sich nur berüh- renden, äusserlich wohl sichtbaren Umgängen stehen zwei im Grunde sehr ähnlich gebaute perforate Gattungen: Involutina (IX. 12) und Archaeo- diseus (IX. 13), bei welchen sich zwar die Hohlräume der aufeinander- folgenden Umgänge nur wenig umfassen, wo jedoch die die Wandungen der jüngern Umgänge bildende Schalenmasse über die älteren successive sich ausdehnt, so dass also dennoch eine Umwachsung der älteren durch die jüngeren Umgänge vorliegt. Hierbei kommt denn weder eine nabel- artige Vertiefung zur Ausbildung, noch ist äusserlich von den einzelnen Umgängen etwas zu erkennen, sondern die Schale besitzt eine einfach linsen- bis scheibenförmige Gestaltung. Während bei Involutina die Aufrollung regelmässig in einer Ebene vor sich geht, verläuft dieselbe hingegen bei Archaeodiseus, ähnlich wie dies schon für gewisse Am- modiscen hervorgehoben wurde, etwas unregelmässig (s. den Querschnitt IX. 13b), indem die Windungsebene im Verlaufe des Wachsthums sich mehrfach ändert. y. Mehrkammerige (polythalame) Schalenbildungen. Weitaus die meisten marinen Rhizopoden bilden durch periodische Unterbrechungen und darauf folgende besondere Intensität des Wachs- thums Schalen, welehe mehr oder weniger deutlich diese Wachsthums- perioden durch ihre Zusammensetzung aus einer mit dem Alter des Thiers sich erhöhenden Zahl von Abschnitten, sogen. Kammern, verrathen. Wie wir jedoch die mannigfaltigen Gestaltsbildungen der monothalamen Schalen durch sehr allmähliche Uebergänge mit einander verbunden sahen, so stehen auch die mehrkammerigen keineswegs unvermittelt den ersteren gegenüber, sondern sind durch Zwischenbildungen mit denselben ver- knüpft. Schon bei gewissen spiralgewundenen monothalamen Geschlechtern, so Cormuspira und Ammodiseus, verräth sich zuweilen eine Hinneigung zur Bildung einer Anzahl Abschnitte durch seichte in unregelmässigen Ab- ständen die Umgänge umziehende Einschnürungen der Schalenwandung, die nur wenig tiefer greifen und in regelmässigerer Folge auftreten müss- ten, um die monothalame Schale in eine polythalame überzuführen. Die Bildung regelmässig sich wiederholender Kammerabschnitte findet sich in ganz entsprechender Weise durchgeführt sowohl bei Imperforata als Per- Schalengestaltung. (Polythalamia.) 45 forata und wie wir nach den Beziehungen der sandigen Formen er- warten dürfen, auch bei diesen. Ihre innigen Beziehungen und ihre ursprüngliche Herleitung von mono- thalamen Formen, verrathen jedoch die polythalamen, spiralig auf- gerollten Schalenbildungen auch noch dadurch, dass sie ihr Wachsthum stets mit einer kugeligen oder eiförmigen Anfangskammer beginnen, die monaxon gebildet ist und durch diesen Bau verräth, dass auch diese For- men sich ursprünglich von gestreckten, monaxonen Gestalten herleiten, die erst späterkin zu einem spiralen Wachsthum übergingen. Die Art der Kammerbildung bei den polythalamen Formen ist etwas verschieden, was hauptsächlich von der Bildungsweise der Kammern selbst herzurühren scheint. Sind dieselben ungefähr röhrenförmig mit weite- rer, wenig verengter Mündung, so lagert sich jede folgende Kammer so an die vorhergehende an, dass zwischen beiden nur eine wenig scharfe Grenzmarke sich findet, meist als eine Einschnürung auf der Grenze bei- der Kammern, die von der etwas verengten Mündung der ältern Kammer herrührt. Sind hingegen die Mündungsöffnungen der Kammern sehr ver- engt, so lagert sich jede neue Kammer gewöhnlich in der Weise, die Mün- dung überdeckend auf die vorhergehende auf, dass der überdeckte Theil der Wand der vorhergehenden Kammer nun eine Scheidewand zwischen den Höhlungen der beiden aneinandergelagerten Kammern bildet. In den meisten Fällen wird diese Scheidewand in der geschilderten Weise nur von einer einfachen Schalenlamelle, nämlich der Fortsetzung der Wand der älteren Kammer gebildet, indem nämlich derjenige Abschnitt der neuen Kammer, der sich an die alte anlehnt, keine besondere neue Wand er- bält, sondern einfach durch die Wand der vorhergehenden Kammer ver- vollständigt wird. So ist das Verhalten wenigstens durchweg bei den poly- thalamen Imperforaten und einem grossen Theil der einfacheren Perforaten. Bei den höher entwickelten Formen dieser letzten Abtheilung hingegen erhält die Scheidewand jedoch noch eine Verstärkung dadurch, dass sich an ihrer Bildung auch die Wand der neuen Kammer betheiligt. In dieser Weise wird demnach bei jenen letzterwähnten Formen jede Scheidewand aus zwei Lamellen aufgebaut, die sich entweder dicht aufeinanderlegen oder Lückenräume zwischen sich lassen, welche zur Bildung eines sogen. Kanalsystems der Schale beitragen. Die genauere Besprechung der ver- schiedenen Bildungsvorgänge der polythalamen Schalen wird die eben an- gedeuteten Verschiedenheiten klarer darlegen und werden wir in der fol- genden Darstellung dieser höchst mannigfaltigen und zum Theil sehr com- plieirten Schalenbildungen uns weniger von allgemeinen morphologischen Gesichtspunkten, die bei den verschiedenen Unterabtheilungen z. Th. in recht ähnlicher Weise zur Ausbildung gelangen, leiten lassen, als weit mehr von dem genetischen Zusammenhang der Formen unter einander, der ein sehr inniger ist, und beginnen daher naturgemäss mit den ein- facheren Imperforata. 46 Rhizopoda. y.‘ Imperforate Polythalamia. Als ein Beispiel sehr unvollständiger Sonderung der aufeinander- folgenden Kammern einer polythalamen Imperforaten verdient hier zu- nächst die sehr eigenthümliche Gattung Nubeceularia hervorgehoben zu werden (IV. 9). Ausser durch den eben erwähnten Charakter wird dieses Geschlecht noch durch seine grosse Mannigfaltigkeit und meist auch Unregelmässigkeit der Gestaltung ausgezeichnet, welche letztere Eigenthümlichkeit ohne Zweifel in Zusammenhang mit der festsitzenden Lebensweise steht. Wir haben es hier mit einem der nicht seltnen pro- teisch vielgestaltigen Formenkreise zu thun, wie sie gerade die aufge- wachsenen marinen Rhizopoden mehrfach darbieten. Das Wachsthum der Schale ist ursprünglich ein spiralig aufgerolltes (9 c), ähnlich etwa dem von Cornuspira, jedoch ein polythalames, wenngleich die einzelnen Kammer- abschnitte nicht durch wohl ausgebildete Scheidewände von einander ge- schieden werden, sondern ihre Sonderung nur durch eine Verengerung des Endtheils der Kammern, und eine beträchtliche Erweiterung des hin- tern Abschnittes der folgenden Kammer zu Stande kommt. In der Art wird eine Scheidewand zwischen den aufeinanderfolgenden Kammern nur durch eine schwache Einfaltung der Kammerwand angedeutet. Da die Schale mit einer der Windungsebene parallelen und abgeplatteten Fläche aufgewachsen ist, ist eine symmetrische Ausbildung der Spiralschale hier nicht möglich und diese asymmetrische Bildung wird dadurch noch er- heblich vermehrt, dass die Schalenwand der aufgewachsenen Seite ent- weder nur sehr dünn oder, was noch häufiger, überhaupt nicht entwickelt ist, so dass also der als Unterlage dienende Fremdkörper den Ab- schluss der Schalenwandung bildet. Dagegen besitzt die freie Seite sehr dicke, starke Kalkwände, welche meist so sehr verdickt sind, dass äusser- lich eine Unterscheidung der einzelnen Kammerabschnitte und ihrer An- ordnung nicht mehr möglich ist. Nur sehr selten bleibt jedoch das regu- lär spiralige Wachsthum während der ganzen Lebensdauer erhalten, sehr häufig geht es nach einiger Zeit in ein geradliniges, ebenso häufig jedoch auch in mehr oder weniger unregelmässig hin- und hergebogenes über, ja es finden sich auch solche geradlinig oder unregelmässig entwickelte For- men, welchen ein spiraliger Anfangstheil ganz abgeht. Auch Verzwei- gungen der einfachen Kammerreihe sind zu beobachten, wo dann mehrere neben einander hinlaufende Reihen sich finden können, und durch vielfache, hier nicht näher zu erörternde Formbildungen hindurchgehend, treffen wir schliesslich auch auf ganz unregelmässig neben- und tüberein- ander gehäufte Kammermassen (9a), die nur durch Berücksichtigung aller der Mittelstufen und der Schalentextur ete. als in diesen Formenkreis gehörig erkannt werden können. Eine Abweichung nach anderer Richtung muss hier noch kurz erwähnt werden, es besteht dieselbe nämlich in beträcht- licher Verbreiterung der Kammern, so dass diese bei ihrer geringen Höhe eine bandartig ausgedehnte Form annehmen (9b). Hiermit ist jedoch Schalengestaltung. (Nubeeularia etc., Miliolina.) 47 eine etwas vollständigere Ausbildung der Scheidewände zwischen den Kammern verknüpft, indem die einfache weite Verbindungsöffnung zwi- schen den aufeinanderfolgenden Kammern durch einwachsende Brücken in eine grössere Zahl secundärer Oeffnungen zerlegt wird. Durch der- artige Wachsthumsmodificationen können sogar Formen entstehen, die eine gewisse morphologische Aehnlichkeit mit den später zu schildern- den Geschlechtern Peneroplis und Orbitolites aufweisen. Wie zahlreiche andere Geschlechter der kalkschaligen marinen Rhizo- poden zeigt auch die Gattung Nubeeularia eine ziemlich ausgesprochene Neigung (wenigstens in gewissen Modificationen ihrer Bildung) Sand zur Verstärkung in die Schalenwandungen aufzunehmen. Es erscheint dieses Verhalten gerade hier nicht uninteressant, da sich auch unter den rein sandigschaligen marinen Rhizopoden eine Anzahl Formen finden, welche eine ziemliche morphologische Aehnlichkeit im Schalenbau mit der soeben beschriebenen Gattung aufweisen. Dies gilt hauptsächlich von der d’Or- bigny’'schen Gattung Placopsilina, welche von den englischen Forschern gewöhnlich in ihrem sehr erweiterten Genus Lituola eingeschlossen wird. Wir haben es hier mit äusserlich rauhen sandigschaligen Formen zu thun, die ähnlich wie bei Nubecularia gewöhnlich einen deutlich spiraligen Wachsthumsbeginn zeigen, ja meist deutlicher als bei dieser kalkschaligen Gattung. Mit der einen Seite sind sie aufgewachsen und ähnlich Nube- cularia ist dann die Wandung dieser aufgewachsenen Seite häufig nur sehr unvollständig ausgebildet. Gewöhnlich wird das spiralige Wachs- thum nicht bis zu Ende fortgesetzt, sondern geht in gerades bis unregel- mässiges über; auch Verzweigungen treten ähnlich wie bei Nubecularia auf, wie denn auch aus ganz unregelmässig zusammengehäuften Kammern gebildete Formen hier nicht fehlen. Einen nur geringen Grad der Sonderung der Kammern von einander zeigen auch die hier zunächst sich anschliessenden Miliolinen. Durch die Gattung Spiroloeulina reihen dieselben sich recht innig an die früher er- wähnte monothalame Cornuspira an. Mit einer nahezu kugeligen Anfangs- kammer beginnend wächst die Schalenröhre in spiralig sich aufrollenden, sich berührenden Umgängen symmetrisch weiter (IV. 10), wobei nach Car- penter der innere Abschluss jedes neuen Umgangs gar nicht von besonderen Wandungen, sondern von der peripherischen Wand des vorhergehenden Umgangs gebildet wird, eine Regel, die wenigstens für Spiroloculina nach meinen Erfahrungen nicht durchaus richtig ist. Indem die Schalenröhre am Ende jedes halben Umgangs eine Einsehnürung erhält, die ohne Zweifel eine Wachsthumspause ver- räth, während welcher die Einschnürungsstelle als häufig noch durch be- sondere Eigenthümlichkeiten ausgezeichnete Mündungsöffnung fungirt, wird eine vielkammerige Schale gebildet, deren einzelne Kammern je einen halben Umgang Ausdehnung besitzen. Sämmtliche Einschnürungsstellen einer solchen Schale liegen, wie aus obiger Schilderung hervorgeht, in 48 Rhizopoda. einer geraden Linie, die wohl auch die ursprüngliche Hauptaxe der durch excentrische Verlagerung der Mündungsöffnung symmetrisch bilateral ge- wordenen Embryonalkammer darstellt. In der Richtung dieser Hauptaxe zeigen die Angehörigen der Gattung Spiroloculina sowohl als die übrigen |Miliolinen gewöhnlich eine Längsstreckung, wodurch die regulär spira- lige Aufrollung etwas alterirt wird. Eine weitere Abweichung zeigen die übrigen Miliolinen dadurch, dass die bei Spiroloculina sich nur berührenden, daher auf beiden Seitenflächen der Schale völlig sichtbaren Umgänge (oder die sie constituirenden Kammerabschnitte) sich bei den übrigen mehr oder minder umfassen, so dass jeder neue Umgang den vorhergehenden entweder nur zum Theil (Quinque- loeulina) oder gänzlich (Biloculina) verdeckt. Bei Quinqueloculina (IV. 11) wird die Schale durch abwechselnde ungleiche Umfassung auf den beiden Seitenflächen gleichzeitig asymmetrisch (s. den nebenstehenden Holzschnitt a), so dass gewöhnlich auf der einen Seitenfläche der Schale 4, auf der entgegengesetzten durch stärkere Umfassung hingegen nur 3 Kammerabsehnitte sichtbar bleiben. *) Biloeulina (IV. 12 u. 13) hingegen ist durch völlige und symmetrische Involubilität ausgezeichnet, so dass hier stets nur die beiden jüngsten Kammerabschnitte sichtbar bleiben (vergl. auch den Querschnitt der ent- sprechend gebauten Fabularia IV. 21). Bedeutsamer erscheint die Abweichung a. von der den Ausgangspunkt unserer Be- >I- trachtung bildenden Spiroloeulina bei der (GEDI) Gattung Trilo sulias, die äusserlich nur 3 um die Längsaxe regelmässig gruppirte Kaınmerabschnitte bemerken lässt (VIII. 3). Es lässt sich diese Form entweder so deu- ten, dass hier die Windungsebene nach je- 7 dem halben Umgang sich um 120° um die Längsaxe verschiebt, oder aber auch durch 7 eine besondere Art der gegenseitigen Um- ie wachsung der einzelnen Kammerabscbnitte 7. in der Weise, dass während der 2. (vergl. a. Idenler Querschnitt von Quinqueloculina, Nebenstehenden Holzschnitt b)sich nach bei- ee den Seitenflächen hin gleichmässig aus- dehnt, der 3. hingegen hauptsächlich über die linke, der 4. über die rechte Seitenfläche hinwächst u. 8. f. Von besondrem Interesse ist noch eine sehr gewöhnliche Auszeich- nung der Mündungsöffnung der besprochnen Miliolinen, indem in dieselbe ein zungenartiger, bei den einzelnen Formen recht mannigfach gestalteter Vorsprung von der Aussenwand des vorhergehenden Umgangs hineinragt *) Doch herrscht bezüglich der Zahlenverhältnisse der sichtbaren Kammern ziemliche Variabilität, un I Monothalame Imperforata. (Miliolina, Peneroplina.) 49 (IV. 13, 14 u. 15), eine Einrichtung, die vielleicht mit der bei verwandten Formen auf der Grenze der Kammern auftretenden Scheidewandbildung in Verbindung gebracht werden darf. Letzteres scheint um so mehr ge- stattet, da zuweilen (Quinqueloceulina saxorum) durch diese vorspringende Zunge und noch weitere hierzu sich gesellende rippenartige Vor. sprünge der innern Mündungsränder, welche mit jener verwachsen, die Mündung bis auf eine Anzahl Durchlassporen ganz verschlossen werden kann. Wie schon oben im Allgemeinen hervorgehoben wurde, ist es eine unter den spiralgewundnen Rhizopoden sehr verbreitete Erscheinung, dass nach einer Anzahl von Umläufen die spiralige Krümmung allmählich ge- ringer wird und schliesslich in ein geradliniges Wachsthum übergeht. Diese Erscheinung tritt auch bei dem zunächst mit den Miliolinen ver- wandten Genus Vertebralina hervor, wie bei der gleichfalls nahe verwandten Peneroplis. Bei Vertebralina (IV. 17) ist der ältere Anfangs- theil der Schale in miliolinenartiger Weise spiralig eingerollt, so jedoch, dass gewöhnlich 3—4 Kammerabschnitte einen Umgang bilden, worauf dann die Schale ihr Wachsthum in gerader Linie mehr oder weniger lang fortsetzt. Auch hier sind zwischen den einzelnen Kammern Scheidewände noch kaum gebildet, sondern jede folgende Kammer ist auf die gewöhnlich etwas erweiterte Mündung der vorhergehenden aufgesetzt. Gelegentliches Fehlen des geradlinigen Endtheils der Schale schliesst diese Formreihe noch näher an die Miliolinen an, wie jedoch andrerseits auch der gerad- linig gestreckte Schalentheil bei weitem überwiegen kann, so dass schliesslich ein spiralig eingerollter Anfangstheil ganz unterdrückt wird (Unterg. Artieulina d’Orb. IV. 18). Sehr ähnlich dem spiralig aufgerollten Anfangstheil der Vertebralina- schale ist auch hinsichtlich ihrer allgemeinen Configuration die Gattung Hauerina (IV. 20), welche von Carpenter zu Miliola gezogen wird. Sie beginnt ganz miliolartig, setzt jedoch ihr weiteres Wachsthum mit 3 bis 4 Kammern auf den Umgang fort. Der vorzugsweise hervorstechende Charakter dieser Form ist jedoch die Umbildung der Mündung zu einer siebförmig von Poren durchbrochnen Platte (IV. 20b, ähnlich der er- wähnten Quinqueloc. saxorum), so dass füglich hier auch die aufeinander- folgenden Kammern durch solche von Poren durchsetzte Scheidewände geschieden werden. In nahem Anschluss an die soeben erwähnten Formen steht die Gruppe der Peneropliden (IV. 22, V.1, VIII. 12) mit der Hauptgattung Peneroplis. Wir haben es hier mit symmetrisch-spiralig aufgerollten Formen zu thun, die jedoch schon von Beginn eine ziemlich beträchtliche Zahl von Kammern in den Umgängen aufweisen. Es ist nämlich die Länge jeder Kammer nur eine geringe, dagegen die Höhe meist recht beträchtlich. Gewöhnlich sind die Umgänge parallel der Medianebene sehr comprimirt, wodurch, in Zusammenhang mit der beträchtlichen Kammerhöhe, die Mündungsfläche, sowie die entsprechenden Septalflächen, Bronn, Klassen des Thier-Reichs. Protozoa. 50 Rhizopoda. hoch und schmal werden. Die Septalflächen sind hier durch eine Ein- faltung der Kammerwand zum grösseren Theil geschlossen, so dass also wohlgebildete Scheidewände und eine entsprechende Mündungswand sich finden, die entweder von einer langgestreckten spaltartigen und dendritisch verzweigten Mündungs- oder Septalöffnung durchsetzt werden (Dendritina IV. 24), oder nur eine, bei breiterer Gestaltung der Septalflächen jedoch auch zwei Reihen von Porenöffnungen aufweisen (Peneroplis V.1). Letzteres Verhalten leitet sich wohl von der Auflösung der dendritisch verzweigten Mündungsspalte in eine grössere Zahl von Poren her (eine Art Uebergangs- bildung siehe IV. 25). Die Zahl dieser Poren der Scheidewände vermehrt sich successive, die älteste weist nur einen Porus auf, in den folgenden nimmt ihre Zahl stetig zu. Eine weitere Mannigfaltigkeit dieser Formen- reihe wird noch dadurch erreicht, dass die sich gewöhnlich nur berührenden Umgänge sich mehr umfassen, ein Verhalten, das namentlich häufig an der jüngeren Hälfte des letzten Umgangs hervortritt, sich jedoch auf die gesammten Umgänge ausdehnen kann, so dass die Schale hierdurch ziemlich involut wird (Dendritina) und die Septalflächen eine mehr hul- eisenförmige Gestaltung annehmen. Auch Uebergang in geradliniges Wachsthum tritt sehr häufig bei Peneroplis wie Dendritina hervor. Von besonderem Interesse ist ferner noch, dass in Verbindung hiermit bei Peneroplis sehr gewöhnlich die letzten Kammern besonders in der Rich- tung der Umgangshöhe, also senkrecht auf die Längsaxe (Spiralaxe) auswachsen, wobei gleichzeitig die Kammerlänge sehr gering wird (V.1). Indem in dieser Weise die letzten Kammern sich successive sehr rasch senkrecht zur Längsaxe, verbreitern, nimmt so der Endtheil der Schale eine fächerartig ausgebreitete Gestalt an und werden die Septalflächen sehr lang und stark gekrümmt. Indem sie sich mit ihren Enden stark nach den älteren Schalentheilen zurückbiegen, kann die Ausdehnung der Mündungsfläche schliesslich nahezu °/, des ganzen Schalenumfanges be- tragen. In solcher Weise ist hier schon eine Hinneigung zum Uebergang in das sogen. eyklische Wachsthum gegeben, wie es bei den später zu besprechenden ÖOrbieulina- und Orbitolitesformen in hoher Ausbildung hervortritt, wo die einzelnen Kammern sich bis zur Bildung geschlossener Ringe zurückbiegen. Auch die früher erwähnte Gattung Vertebralina zeigt schon eine ähnliche Modifikation ihres Wachsthums in den als Renulites bezeichneten fossilen Formen (IV. 19). In allgemein morphologischer Hinsicht scheinen die mit sandiger Schale versehenen Gattungen Lituola Lmek. und Haplophragmium Rss. in ziemlich naher Beziehung zu den eben geschilderten Formen der Pene- ropliden zu stehen (fraglich bleibt jedoch bis jetzt, ob eine solche An- näherung auch in genetischer Beziehung gerechtfertigt ist). Es sind dies freie Formen mit symmetrisch spiraliger Schale, deren Umgänge gewöhnlich einen ziemlich hohen Grad von Involubilität zeigen und entweder ihr ganzes Wachsthum in der begonnenen spiraligen Aufrollung fortsetzen (so dass die Gesammtgestalt der Schale dann von einem Dendritina-artigen en ee Polythalame Imperforata. (Lituola, Orbitolitina.) 51 Habitus ist [V. 17]) oder es gehen, ähnlich wie bei den als Spirolina be- zeichneten Modifikationen von Dendritina, die letzten Kammern in ein geradliniges Wachsthum über und wird die Gesammtform der Schale hierdurch eine bischofstabförmige (V. 18a). Die Mündungsbeschaffenheit dieser sandigen Formen ist eine etwas verschiedenartige; entweder sind die Kammerscheidewände von einer einfachen, jedoch häufig unregel- mässigen Oeffnung durehbrochen, die auch ähnlich wie bei Dendritina eine dendritisch verzweigte Beschaffenheit besitzen kann, oder es finden sich bei Lituola statt der einfachen Mündung zuweilen auch mehrere Durehbrechungen der Scheidewände, die Mündung nimmt eine zusammen- gesetzte Beschaffenheit an, ja die Scheidewände werden z. Th. siebartig (V. 18b). Letztere Eigenthümlichkeit steht ‘wohl ohne Zweifel in Zu- sammenhang mit den labyrinthischen Auswüchsen, die hier von den innern Flächen der Kammerwände entspringen und, wie dies früher schon im All- gemeinen als für einen Theil der sandigschaligen Formen charakteristisch geschildert wurde, die Kammerhöhlungen in ein Maschenwerk von zahl- reichen unregelmässigen Kämmerchen theilen. Zu den interessantesten morphologischen Wachsthumsverhältnissen der polythalamen Schalen der marinen Rhizopoden gehört die eigenthüm- liche Umwandlung des spiralig symmetrischen Wachsthums in das sogen. eyklische, wie wir solches unter den Imperforaten bei den Geschlechtern Orbieulina und Orbitolites, unter den Perforaten hingegen bei Heterostegina, Cyeloelypeus und Orbitoides antreffen. In beiden morphologischen Reihen, welche durch diese besonderen Wachsthumsverhältnisse charakterisirt werden, tritt noch eine weitere Eigenthümlichkeit, die wohl nicht ausser Zusammen- hang mit der ersteren steht, hervor, nämlich eine Unterabtheilung der ursprünglichen Kammerräume durch secundäre, in senkrechter Richtung zu den primären verlaufende Scheidewände in eine mehr oder minder grosse Zahl seeundärer Kammern oder Kämmerchen (chamberlets, Carpenter). Dieselbe Erscheinung fanden wir, wenngleich von viel unregelmässigerer Ausbildung, schon bei den sandschaligen Rhizopoden und letzthin speciell bei der Gattung Lituola. Obwohl es sich hier um ganz unregelmässige Untertheilungen der Kammerräume handelt, so unterliegt es doch wohl keinem Zweifel, dass in beiden Fällen im Prineip dieselbe Erscheinung vorliegt. Das beste Verständniss für die Herleitung dieses eyklischen Wachs- thums aus dem einfach spiraligen bietet die imperforate Gattung Orbieulina dar (VI. 2) und indem wir die Betrachtung der durch ähnliche Wachthums- vorgänge ausgezeichneten, jedoch ohne Zweifel genetisch nicht hierher gehörigen Gattungen der Perforata auf später verschieben, beschäftigen wir uns zunächst mit den eyklischen Imperforata und zwar der erwähnten Gattung Orbiculina. Diese Form lässt sich am natürlichsten herleiten von gewissen Modi- fikationen der schon früher geschilderten Peneroplis und es unterliegt 4* 52 Rhizopoda. wohl auch keinem Zweifel, dass es sich hier um einen wirklich genetischen Zusammenhang handelt. Die hier in Betracht kommenden Peneroplis- formen sind die schon erwähnten, bei welchen die jüngsten Kammern, indem sie ihr spiraliges Wachsthum aufgeben, sich sehr rasch verbreitern, so dass die Gesammtgestalt der Schale hierdurch eine fächerförmige wird. Denkt man sich diese Verbreiterung rasch noch mehr anwachsen, indem die Kammerenden sich dabei mehr und mehr um den spiraligen Anfangs- theil der Schale herumlegen (VI. 2A), so dass schliesslich die Enden einer gewissen Kammer sich trefien und zu einer kreisförmig geschlossenen verschmelzen (VI. 2B), so erhält man eine ungefähre Vorstellung davon, in welcher Weise aus den in spiraliger Anordnung aufeinanderfolgen- den Kammern schliesslich kreisförmig geschlossene hervorgehen und das Weiterwachsthum dann durch peripherische Neubildung soleher kreis- förmiger Kammern eyklisch vor sich geht. Eine etwas eingehendere Darstellung der Bauverhältnisse von Orbi- eulina wird diese Wachsthumsvorgänge noch deutlicher machen. Mit einer oder mehreren ziemlich ansehnlichen Embryonalkammern beginnend, geht diese Form dann in ein symmetrisch spiraliges Wachsthum über, das sie in regelmässiger Weise mehrere Umgänge hindurch verfolgt (VI. 2C). Diese spiraligen Umgänge werden ähnlich wie bei Peneroplis von zahlreichen, sehr schmalen Kammern gebildet, die sich rasch ver- breitern, da die Umganghöhe schnell zunimmt. Diese spiraligen Umgänge umbiüllen sich völlig und es besitzt daher die junge Schale oder der spiralige Anfangstbeil älterer Schalen eine nahezu kuglige Gestaltung. Die die Kammern scheidenden Septen sind sehr stark nach vorn convex gekrümmt und die Kammerräume, wie schon erwähnt, durch auf den pri- mären Septen senkrecht aufstehende secundäre in zahlreiche Kämmerchen getheilt, deren Zahl sich natürlich mit der Verbreiterung der Kammern (entsprechend der Zunahme der Umgangshöhe) rasch vermehrt. Unter sich stehen alle diese Kämmerchen eines Kammerabschnitts durch eine, oder bei bedeutenderer Höhe der Seceundärsepten (die Höhe hier parallel zur Windungsaxe genommen) durch mehrere Verbindungskanäle in Com- munication. Ebenso stehen auch die Kämmerchen der aufeinanderfolgenden Kammerabschnitte durch Porenkanäle in Verbindung, die in Zahl ähnlichen Schwankungen unterliegen, wie die zuvor geschilderten, und die nicht von den Kämmerchen selbst ausgehen, sondern von den oben geschilderten Verbindungskanälen zwischen den benachbarten Kämmerchen eines Kammerabsehnittes (vergl. die ähnliche Bildung bei Orbitolites VI. 1A, e). Diese letzterwähnten Porenkanäle sind es dann natürlich auch, die, indem sie auf der Septalfläche der jüngsten Kammer münden, die Verbindung mit der Aussenwelt herstellen (VI. 2D). — Aehnlich wie bei Peneroplis fungiren daher statt einer einfachen Mündung hier eine oder mehrere Reihen von Poren auf der Mündungsfläche (VI. 2E). — Die stark convexe Vorwärtsbiegung der Primärsepten macht, dass, im Zusammenhang mit der bedeutenden Höhe der Umgänge, die Septalflächen rasch zu sehr Polythalame Imperforata. (Orbitolitina.) 53 ansehnlicher Ausdehnung gelangen, so dass sie bald etwa '/, der ge- sammten Schalenperipherie bilden. Das Weiterwachsthum vollzieht sich nun in etwas verschiedener Weise. Entweder indem das spiralige Wachs- thum in ein geradliniges übergeht und der periphere Schalenrand in einer ziemlich geraden Linie weiterwächst (VI. 2C*), so dass demnach hier die Kammerenden in gerader Linie übereinander aufgestapelt sind, während im Gegensatz zu diesem Halt, der den peripheren Kammerenden hier ge- setzt ist, die Kammern sehr rasch nach der entgegengesetzten freien Seite auswachsen, indem sie sich, sich immer mehr und mehr vergrössernd, um den spiraligen Theil der Schale allmählich völlig herumziehen. Endlich legen sie sich bei fortdauernder Neubildung und Vergrösserung um den oben erwähnten geradlinig fortgewachsenen peripheren Schalenrand herum, bis schliesslich eine der Kammern mit dem Ende ihrer eyklisch um die älteren Theile herumgelagerten Partie wieder auf ihren peripherischen Anfangstheil stösst, und so die erste völlig kreisförmig abgeschlossene Kammer gebildet worden ist (VI. 2B). Durch weitere Neubildung solcher kreisförmiger Kammern kann dann auch der Gesammtumriss der Schale sich der Kreisgestalt mehr und mehr nähern, jedoch wird dieselbe in diesem Falle gewöhnlich nicht völlig erreicht, da der geradlinig fort- gewachsene peripherische Rand sich noch durch eine Einbiegung oder Abstumpfung der Peripherie merklich macht. Bei der zweiten Art des Uebergangs ins ceyklische Wachsthum bildet sich dagegen eine ziemlich reguläre Kreisform aus, indem hier das rasche Auswachsen der Kammer- enden beim Uebergang ins geradlinige Wachsthum gleichmässig nach dem peripherischen wie nach dem centralen Kammerende hin geschieht. Es lagern sich daher hier die Enden der Kammern allmählich von beiden Seiten um den. spiraligen Anfangstheil der Schale herum (VI. 2A), und das Zusammenstossen derselben zur Bildung der ersten eyklischen Kam- mer vollzieht sich also in der Verlängerung der Axe des geradlinigen Wachsthums. Mit der Neubildung von eyklischen Kammern wird hier die ursprünglich noch vorhandene Einschnürung- rasch ausgeglichen und der Umriss der Schale nahezu kreisförmig. Noch ist zu erwähnen, dass mit dem Uebergang des ursprünglich spiraligen Wachsthums ins geradlinige die Umfassung der früheren Windungen durch die neugebildeten Kammern allmählich gänzlich aufhört, womit sich gleichzeitig auch die Höhe der neugebildeten Kammern (im Sinne der Windungsaxe) verringert, so dass die Schale nach dem Rande hin dünner wird und die Porenreihen auf den Scheidewänden sich verringern, während der spiralige Anfangstheil der Schale knopfartig hervorsteht, In noch viel vorzüglicherer, jedoch jedenfalls prineipiell überein- stimmender Weise tritt das cyklische Wachsthum bei der nächstver- wandten Gattung Orbitolites hervor (VI. 1). Das wichtigste Charakte- ristikum dieser Gattung gegenüber Orbieulina besteht in der sehr früh- zeitigen Ausbildung der cyklischen Wachsthumsweise, indem hier bei Orbitolites gewöhnlich auf eine recht ansehnliche Embryonal- 54 Rhizopoda. kammer (VI. 1E, a), die von einer dieselbe zur Hälfte oder nahezu völlig umfassenden, ansehnlichen und nur zuweilen durch eine senkrechte Scheidewand theilweis untergetheilten zweiten Kammer umgeben wird (b), sogleich die kreisförmig geschlossenen Reihen von kleinen Orbieulina- artigen Kämmerchen folgen. Indem sich zahlreiche weitere derartige Cyklen von Kämmerchen beim Weiterwachsthum ausbilden, wird die Schalengestaltung sehr bald eine scheibenförmige mit ganz regulär kreisförmigem Umriss (VI. 1A). Da ferner im Gegensatz zu Orbiculina die jüngeren Cyklen allmählich an Höhe (im Sinne der Windungsaxe) zunehmen, so verdickt sich die Scheibe nach den Rändern zu mehr oder minder regelmässig, so dass die Flachseiten der Scheibe schwach concav ausgehöhlt erscheinen (VI. 1, B—D), oder doch wenigstens im Centrum eine derartige concave Aushöhlung und starke Verdünnung der Scheibe aufweisen (im Gegensatz zu der knopfartigen Verdickung bei Orbiculina). Die ursprüngliche Herleitung dieser cyklischen Wachsthumsweise aus der spiraligen lässt sich jedoch zuweilen noch, wenn auch nicht so charakteristisch wie bei Orbieulina, bei gewissen fossilen Orbitoliten nach- weisen (auch bei dem recenten Orb. tenuissimus*) soll sich dieses Ver- halten zum Theil zeigen), indem die ersten Kämmerchenreihen nicht als geschlossene Cyklen hervortreten, sondern sich wie bei Orbieulina auf die Untertheilung von spiralig angeordneten primären Kammern zurück- führen lassen, welche jedoch hier sehr bald in das cyklische Wachsthum übergehen. Die feineren Bauverhältnisse der kreisförmigen Kämmerchen- reihen zeigen auch bei Örbitolites eine ziemliche Mannigfaltigkeit der Bildung, die zur Unterscheidung von einfachen und complieirt gebauten Formen geführt hat. Bei den ersteren (VI. 1, A u. B) besitzen die Kämmerchen die einfache Bildung wie bei Orbieulina und eine verhältniss- mässig geringe Höhe; jedes der Kämmerchen steht mit den benachbarten desselben Cyklus durch eine Verbindungsröhre in Communication, während die Verbindung der Kämmerchen der aufeinanderfolgenden Cyklen durch radiale Röhrchen, die von jenen erstgenannten Verbindungsröhrchen ent- springen und in die alternirend gestellten Kämmerchen des nächst jüngeren Cyklus münden, vermittelt wird (VI. 1, A, c). Auf der peripherischen Randfläche der Scheibe tritt so eine Reihe von Mündungsporen hervor, welche die Ausmündungsstellen solcher radialen Röhrchen darstellen und über denen sich in der Folge die Kämmerchen eines neuen Cyklus bilden werden (VI. 1, A, d). Bei den complieirter gebauten Formen hingegen (VI. 1, C u. D) beginnen die eyklischen Kämmerchenkreise im Centrum der Scheibe in ähnlich einfacher Weise, gehen jedoch, indem die Höhe der Kämmerchen rasch zunimmt, früher oder später in complieirtere Bildungsverhältnisse über. Zunächst nämlich treten statt der einfachen eirkulären Verbindungsröhren zwischen den Kämmerchen der einzelnen Cyklen zwei solcher Verbindungsröhren auf, die nahe an die Ober- und *) Carpenter etc. Proc. roy. soc. XVII. u. Brady 115 UI. Polythalame Imperforata. (Orbitolites.) 55 Unterfläche der Scheibe rücken (V.4,h!ht). Gleichzeitig sondern sich hiermit die jenseits dieser eirkulären Verbindungsröhren den Scheibenflächen anlie- genden Theile der Kämmerchen von dem mittleren Abschnitt ab, so dass durch diese Sonderung die peripherischen Scheibentheile wie aus 3 Kämmerchenlagen zusammengesetzt erscheinen: nämlich einer mittleren, die nach aussen rasch an Höhe anwächst und zwei oberflächlichen (ct), die sich auf der gesammten Scheibe nahezu in gleicher Höhe erhalten (VI. 1D). Unter sich stehen die jedem Cyklus entsprechenden 3 Kämmerchen- lagen (wenigstens bei den typischen Exemplaren) in Verbindung durch Vermittlung der beiden eirkulären Verbindungsröhren jedes Cyklus, indem sich die Kämmerchen der mittleren Lage direct (gewissermaassen wie Communikationskanäle) zwischen den beiden eirkulären Röhren ausdehnen, wogegen die oberflächlichen Kämmerchen so geordnet sind, dass sich ein Cyklus von ihnen zwischen zwei aufeinanderfolgende eirkuläre Verbindungs- röhren einschiebt und jedes der oberflächlichen Kämmerchen sich durch je ein feines Verbindungsröhrchen mit diesen beiden eirkulären Verbindungs- röhren in Communikation setzt. Die hohen Kämmerchen der mittleren Lage sind wie die der einfachen Formen alternirend gestellt in den aufeinander- folgenden Cyklen (V. 4, e) und es stehen auch die der benachbarten Cyklen in Communikation durch feine Verbindungsröhren, die von jedem Kämmer- chen der mittleren Lage in verschiedener, meist jedoch recht beträchtlicher Zahl (je nach der Höhe derselben) alternirend nach rechts und links hin entspringen und sich zuden beiden alternirend gestellten Kämmerchen des folgenden Cyklus begeben (e u. e'). Auf dem peripherischen Rand der Scheibe münden die entsprechenden Verbindungsröhrchen des letzten Cyklus der mittleren Lage in Gestalt zahlreicher in mehr oder weniger regelmässigen senkrechten Reihen neben einander gestellter Poren aus (f). Ueberhaupt ist jedoch die Regelmässigkeit in der Bildung‘ der mittleren Kämmerchen keine sehr grosse; häufig nehmen sie zum Theil eine recht unregelmässige Gestaltung an und in Verbindung hiermit bilden sich accesorische, zum Theil gleichfalls recht unregelmässig beschaffene Communikationen zwischen den benachbarten Kämmerchen aus. Im Gegensatz hierzu stehen die Kämmerchen der oberflächlichen Lagen unter einander in keiner direeten Communikation und die der aufeinanderfolgenden Cyklen alterniren auch nieht mit einander. In Betreff der Zahlenverhältnisse besteht keine Be- ziehung zwischen den Kämmerchen der mittleren und der oberflächlichen Lagen, stets jedoch sind die letzteren an Zahl viel reichlicher wie die ersteren, so dass ca. 3—4 in jeder oberflächlichen Lage auf 1 Kämmerchen der mittleren Lage kommen. Aus dieser Schilderung der Bauweise der complieirten Formen dürfte hervorgehen, dass eine so direete Ableitung derselben von den ein- fachen, wie sie oben der Einfachheit der Darstellung wegen gegeben worden ist und wie sie Carpenter darzustellen versucht, in der Natur nicht begründet erscheint. Die Herleitung der eomplieirten Formen aus den einfachen scheint sich vielmehr in der Weise vollzogen zu haben, 56 Rhizopoda. dass sich allmählich die mittlere Kämmerchenlage zwischen die beiden Hälften der ursprünglich einfachen Kammern eingeschaltet hat und im wesentlichen darauf zu beruhen, dass sich mit der Ausbildung der zwei gesonderten eirkularen Verbindungsröhren und ihrer weiten Trennung von einander ein System von Verbindungsröhren (die Kämmerchen der mitt- leren Lage) entwickelt hat. Hiernach würden also die oberflächlichen Kammerlagen eigentlich den Kämmerchen der einfachen Form entsprechen, jedoch zeigen sie durch ihre abweichenden Stellungsverhältnisse (nicht alternirend in den aufeinanderfolgenden Cyklen) sich gleichfalls etwas verschieden von dem Verhalten bei den einfach gebauten Formen. Nach Carpenter sollen sich jedoch zahlreiche Uebergangsformen zwischen dem einfachen und dem complieirten Typus finden, die hier näher zu schildern der Raum gebrieht, so dass gleichwohl eine nähere Beziehung zwischen diesen beiden zu existiren scheint, wenn auch durch die bis jetzt vor- liegenden Schilderungen der morphologische Zusammenhang derselben keineswegs völlig aufgeklärt scheint. Von Interesse erscheinen einige morphologische Besonderheiten im Schalenbau gewisser Orbitoliten. So wird zuweilen (namentlich bei ge- wissen fossilen durch Gümbel*) näher bekannt gewordenen Formen) das Diekenwachsthum der Randzone ein abnorm starkes, so dass die- selbe zu einem dicken ringförmigen Wulst auswächst (Orbitolites eireum- valvata Gmb.). Auf ähnliche abnorme Wachsthumsvorgänge in der Rand- region der Scheibe dürfen auch die recenten Formen des eomplieirten Typus zurückgeführt werden, bei welchen die Randpartie der Scheibe eine krausenartige Faltung zeigt und woran sich dann schliesslich die eigenthümlichsten Formen anreihen, wo sich von der Höhe dieser Falten, hauptsächlich auf der einen Seite der Scheibe, senkrechte leistenartige Auswüchse von ziemlicher Höhe entwickeln (V. 5); indem sich die Enden dieser Leisten brückenförmig zusammenneigen, können sie schliesslich mit einander verwachsen und der Art durch weitergehende Entwicklung in dieser Richtung ein netzartiges durchbrochnes Dach über der einen Seiten- fläche der Scheibe bilden. Einen besondern Typus der morphologischen Entwickelung weist noch unter den Imperforaten die Gattung Alveolina auf (V. 2a—b), die in gewisser Hinsicht, nämlich durch die Untertheilung der pri- mären Kammerräume, an die soeben genauer geschilderten Formen sich anschliesst, dagegen in dem allgemein morphologischen Typus ihres Schalenbaues unter den Imperforaten kein eigentliches Ebenbild hat. Dagegen finden sich unter den Perforaten und zwar in der Abtheilung der Nummuliniden eine Anzahl um die Gattung Fusulina sich gruppirender Formen, die in Bezug auf die allgemeinen Gestaltsverhältnisse am meisten an den jetzt zu besprechenden Typus der Imperforaten sich anschliessen, wenn auch die feineren Bauverhältnisse hier ebenso wenig an eine *) Jahrb, f, Mineral. u. Geol. 1872. Imperforate Polythalamia. (Alveolina.) 57 genetische Zusammengehörigkeit denken lassen, als dies bezüglich der nach ceyklischem Wachsthum sich entwickelnden Formen der Imperforaten und der Perforaten der Fall ist. Die zunächst ins Auge fallende Eigenthümlichkeit dieses Genus, welche dasselbe auch mit den soeben erwähnten Fusuliniden unter den Perforaten gemein hat, ist die meist langgestreckte, etwa ei- bis spindel- förmige Gestaltung, welche in beiden Fällen auf den gleichen Bedingungen beruht. Wir haben es hier nämlich mit symmetrisch spiralig aufgerollten Schalen von völliger Involubilität zu thun, bei welchen die Umgangshöhe im Allgemeinen eine recht geringe ist und auch nur sehr allmählich zunimmt (siehe den Querschnitt V. 2b). Besonders ansehnlich stark sind dieselben hingegen in der Richtung der Windungsaxe verlängert, sodass bei Alveolina die Länge der Windungsaxe wenigstens dem Durchmesser der Schale (in der Windungsebene gleichkommt, und die Gestalt der ganzen Schale der Art nahezu oder völlig kugelförmig wird; gewöhnlich übertrifft jedoch die Länge der Windungsaxe den erwähnten Durchmesser sehr beträchtlich und damit wird die Schalengestalt eine verlängert eiförmige bis spindel- förmige, ja sogar ceylindrische (V. 2a). Die feineren Verhältnisse der inneren Organisation zeigen auch bei diesem Formtypus einen verschiednen Grad von Complication, ähnlich wie wir solches schon von Orbitolites kennen gelernt haben. Bei den einfacheren, fossilen Formen wird jeder Umgang durch eine Anzahl primärer Septen, die jedoch im Ganzen wenig entwickelt sind, in eine mässige Zahl von primären Kammern getheilt. Dieselben haben im Zusammenhang mit der allgemeinen Configuration der Schale eine niedere, jedoch in der Richtung der Windungsaxe sehr ver- längerte bandförmige Gestalt. Die Septalflächen und die Endfläche der letzten Kammer haben natürlich eine entsprechende Gestaltung; sie besitzen nur eine sehr geringe Höhe, dagegen eine Länge, die von dem einen Pol der Schale bis zu dem andern reicht. Jede Primärkammer wird durch eine grosse Anzahl secundärer, senkrecht zur Windungsaxe verlau- fender Septen in zahlreiche ziemlich schmale, langgestreckte secundäre Kämmerchen getheilt, jedoch bleiben an ihrem Hinterende sämmtliche secundäre Kämmerchen durch einen parallel der Windungsaxe in jedem primären Kammerabschnitt ziehenden, dicht unter der äussern Oberfläche verlaufenden Kanal in Verbindung. Auf der Endfläche der letzten Kammer münden, wie zu erwarten, die secundären Kämmerchen je durch einen Mündungsporus aus, so dass die Gesammtheit dieser Poren in einer Reihe etwa längs der Mittellinie der Mündungsfläche hinzieht. Zuweilen tritt jedoch auch hier schon eine Vermehrung der Mündungs- poren jedes Kämmerchens zu zweien auf und eine noch reichere Ver- mehrung dieser Poren in Zusammenhang mit weiteren inneren Com- plieirungen charakterisirt nun die complieirter gebauten recenten Alveolinen (V. 2). Bei diesen letzteren finden wir, dass jedes der secundären Kämmerchen der einfachen Form durch das Auftreten von Septen 3. Ord- nung (V. 2° d—d,), die in der 2—5 Zahl vorhanden sein können (jedoch 58 Rlızopoda. gewöhnlich in der Dreizahl jedes Kämmerchen durchziehen) in weitere und zwar röhrige Kämmerchen 3. Ordnung zerlegt wird (e—e,), von denen nun jedes auf der Septal- oder Mündungsfläche durch einen besonderen Porus nach Aussen mündet, so dass sich hier auf der Mündungsfläche zahlreiche vertikale Reihen von gewöhnlich je 4 Poren neben einander finden (V. 2a). Diese tertiären Septen theilen jedoch die Kämmerchen 2. Ordnung nicht völlig, sondern lassen in jedem den hintersten Abschnitt ungetheilt (2b, f), durch welchen, wie durch eine radiale Verbindungs- röhre, die 4—5 Kämmerchen 3. Ordnung in Verbindung stehen. Unter sich stehen jedoch diese hintern Reste der secundären Kämmerchen jeder Primärkammer gewöhnlich durch 2 longitudinal, parallel der Windungsaxe, verlaufende Kanäle (2b, e u. b) in Communikation. Zu bemerken dürfte noch sein, dass die oberflächlichsten Kämmerchen 3. Ordnung in viel grösserer Zahl neben einander in jeder Primärkammer zu finden sind, wie die tiefer liegenden, wodurch die oben gegebene und im Interesse des leichteren Verständnisses gewählte Art der Ableitung dieser eomplieirten Formen von den einfachen ähnlich wie bei Orbitolites etwas unsicher wird. Es erinnert aber gerade diese Kleinheit und die entsprechende grössere Zahl der oberflächlichen Kämmerchen an ähnliche Verhältnisse bei Orbitolites.*) Neuerdings wurde von v. Möller (116) eine fossile Foraminiferengattung unter dem Namen Fusulinella aus dem Kohlenkalk beschrieben, die sich in allen ihren Bauverhältnissen auf das innigste an die schon erwähnten perforirten Fusuliniden anschliesst, unter anderem auch ein sogen. Kanalsystem aufweist, wie solches bei keiner Gattung der Imperforaten bis jetzt gefunden wurde. Nach v. Möller soll jedoch diese Gattung Fusulinella sich durch die fehlende Perforirung der Schalenwände von den eigentlichen Fusuliniden unterscheiden und daher zu den Imperforata zu rechnen sein. "Trotz der Güte der v. Möller'schen Untersuchungen können wir doch unsere Zweifel an der Richtigkeit seiner Beobachtung nicht unterdrücken, um so mehr, als auch die Zugehörigkeit der übrigen Fusuliniden zu deu Perforaten erst sehr allmählich festgestellt wurde. Wir werden daher erst späterhin bei der Besprechung der Fusuliniden auf die Besonderheiten dieses Genus zurückkommen. y.” Morphologische Verhältnisse der hauptsächlichsten Typen der poly- thalamen Perforata. Während uns die Betrachtung der Formtypen der Imperforaten mehr- fach Gelegenheit gegeben hat, den Uebergang des ursprünglich spiraligen Wachsthums in das geradlinig gestreckte zu verfolgen, bieten uns die *) Carpenter (74, p. 104) glaubt zwischen den Örbiculinen und Alveolinen eine nahe Verwandtschaft annehmen zu dürfen, indem sich die letztern aus den erstern durch ent- sprechende Aenderung der allgemeinen Gestaltung leicht ableiten liessen. Gegen diese Be- ziehung dürften sich jedoch gegründete Bedenken erheben lassen, da die secundären Septen der Örbiculinen mit denen der einfachen Formen der Alveolinen, die doch hier zunächst in Betracht kommen, der Lage nach gar nicht übereinstimmen, wie sich solches durch einige Ueberlegung leicht ergibt. Während diese secundären Septen bei Orbiculina parallel zur Windungsaxe gestellt sind, verlaufen sie dagegen, wie oben hervorgehoben, bei Alveolina senk- recht zu dieser, womit meiner Ansicht nach ein recht principieller Unterschied zwischen beiden Formen gegeben ist. Perforate Polythalamia. (Nodosarien.) 59 jetzt zunächst in Betrachtung zu ziehenden einfachsten morphologischen Bildungsverhältnisse der Perforata, die wir in der Abtheilung der Lagenida, jedoch auch z. Th. ähnlich in der der Globigerinida antreffen, Gelegenheit, uns davon zu überzeugen, dass auch die morphologischen Umbildungs- verhältnisse in umgekehrter Weise ihren Verlauf nehmen können, dass nämlich ein ursprünglich gestreckt geradliniges Wachsthum durch Ein- krümmung in ein spiraliges sehr allmählich überführen kann. Aus den uns früher schon bekannt gewordenen einfachsten monothalamen Formen der Perforaten, die in der Gattung Lagena (einschliesslich Entosolenia) zusammen- gefasst werden, gehen nämlich in sehr natürlicher und einfacher Weise eine Reihe sehr nahe mit einander verwandter polythalamer Formen her- vor, die von Carpenter sämmtlich dem Genus Nodosarina eingereiht werden. Im Allgemeinen vollzieht sich die Bildung solcher polythalamer Formen, ausgehend von der monothalamen Lagena, in der uns schon von den Imperforaten her bekannten Weise, indem sich nämlich über die Mün- dung einer einfachen Kammer eine neue aufsetzt, so dass die hintere nieht mit eigenen Schalenwandungen versehene Partie dieser neuen Kammer durch den überdeckten Theil der alten ihren Abschluss erhält und die Mündungsöffnung der ersten Kammer in den Hohlraum der zweiten führt. Der von der neuen Kammer überdeckte Theil der Wandung der ersten fungirt nun als Scheidewand zwischen beiden Kammern. Dass die Ab- leitung solcher polythalamen Formen von dem monothalamen Geschlecht Lagena gerechtfertigt ist, ergibt sich aus gelegentlich bei gewissen Formen des letztern auftretenden Doppelbildungen, die ganz einen solchen Typus der Kammervermehrung darstellen. In dieser Weise können sich eine mehr oder minder grosse Anzahl von Kammern zur Bildung einer derartigen polythalamen Form aneinanderreihen, jedoch bieten sich im speciellen zahlreiche, durch besondere Wachsthumsbedingungen und Ge- staltungsverhältnisse hervorgerufene Modifikationen dar. Die einfachsten Verhältnisse treffen wir zunächst bei einer Reihe von Formen an, bei welcher die Kammern so aufeinander aufgesetzt sind, dass die Axen sämmtlicher monaxoner Einzelkammern zusammen eine gerade Linie, nämlich die Hauptaxe der ganzen polythalamen Schale bilden. Im All- gemeinen wird die Gestalt einer solchen Schale, als deren typischer Ver- treter die Gattung Nodosaria (in weiterem Sinne) zu betrachten ist, eine ge- streckte, stabförmige sein (VIII. 14), jedoch geht dieselbe häufig über in eine mehr kegelförmige, wenn nämlich die jüngeren Kammern an Grösse mehr zunehmen; und durch besondere Gestaltungsverhältnisse der einzelnen Kam- mern, sowie ihr gegenseitiges Verhalten, werden noch eine grosse Zahl spe- eieller Modifikationen hervorgerufen. Bleiben die Einzelkammern nahezu kugelig, indem sie sich gegenseitig nur wenig umfassen, so dass die Gren- zen oder Nähte zwischen ihnen ziemlich vertieft erscheinen, so sehen wir die wesentlichsten Eigenthümlichkeiten der Gattung Nodosaria vor uns. Natürlich ist bei der regulären Gestaltung der Einzelkammern hier die Mündung auch eine rundliche und genau axial gelegene (VIII. 14e). 60 Rhizopoda. Variationen in der Form sind hier hauptsächlich durch innigeres Zusammen- rücken der einzelnen Kammern oder aber durch Auseinanderrücken der- selben gegeben, was in der Weise zu Stande kommt, dass, ähnlich wie dies bei der monothalamen Lagena gewöhnlich, jede Einzelkammer eine die Mündung tragende halsartige Röhre entwickelt und die folgenden Kammern nur auf diese Halsröhren aufgesetzt sind, so dass demnach die Gesammtgestalt einer solchen Nodosaria ein perlschnurartiges Aussehen darbietet. Durch einfache Modifikation der Gestaltung der Einzelkammern sehen wir aus Nodosaria die als Lingulina bezeichneten Formen hervor- gehen (VII. 23), indem nämlich die Kammern ihre kugelige Form mit einer parallel der Hauptaxe comprimirten vertauschen und gleichzeitig auch die axenständige Mündung entsprechend der Comprimirung der Schale eine in die Länge gezogene, schlitzförmige wird (VII. 23b). Rücken die Kammern inniger aufeinander als dies bei Nodosaria der Fall ist, so dass jede jüngere ungefähr die Mündungshälfte der nächst ältern umfasst, so entstehen kürzere, mehr oder weniger eiförmige Gestalten, indem die umfassenden jüngeren Kammern verhältnissmässig rasch anwachsen müssen (VII. 25). Für solehe Formen wurde von d’Orbigny der Name Glandulina aufgestellt. Bei der Gattung Frondicularia umfassen sich hingegen die Kammern nahezu völlig oder völlig und die eigenthümliche Form dieser Gattung wird noch weiter durch eine sehr starke Compri- mirung parallel der Hauptaxe bestimmt, wodurch die Gesammtgestalt blattartig wird (VII. 26). Auch eine vier- oder dreiseitig- prismatische Gestaltung der einzelnen Kammern ist bei der Gattung Orthocerina d’Orb. anzutreffen und da die Kammern sehr dicht zusammengerückt sind, wird die Gesammtgestalt der Schale hier eine drei- bis vierseitig pyra- midale. Bemerkenswerthere Modifikationen des allgemeinen Typus entstehen jedoch dadurch, dass die Hauptaxe, längs welcher die Kammern gruppirt sind, ihren geradlinigen Verlauf aufgiebt und eine mehr oder minder aus- geprägte Einkrümmung aufweist, welche schliesslich bis zu regulär spiraliger Einrollung führt. Die ersten Anfänge einer solchen Einkrüm- mung sehen wir in dem Genus Dentalina realisirt, dessen Formen sich im Allgemeinen aufs innigste an Nodosaria anschliessen, im wesent- lichen nur durch eine schwache, bogenförmige Krümmung der Hauptaxe unterschieden. In Verbindung hiermit steht die fast stets excentrische Lage der Mündung, die der ceoncaven Einkrümmungsseite der Schale genähert ist. Achnlich wie seitlich comprimirte nodosariaartige Formen sich finden (Lingulina), sehen wir auch solche von Dentalina-artigem Bau auftreten, sie sind durch die Benennung Vaginulina d’Orb. ausgezeichnet worden. Ist mit einer solehen Vaginulina-artigen Gestaltung eine sehr langgestreckte über einen ansehnlichen Theil der eonvexen Schalen- seite sich hinziehende, schlitzförmige Mündung verbunden, so gilt die Bezeichnung Rimulina d’Orb. (VII. 24). Polythalame Perforata. (Nodosarien.) 61 Geht die Einkrümmung der Hauptaxe in völlig spiralige Aufrollung über, so entsteht das Genus Cristellaria (VII. 27; VIII. 10). Jedoch scheint dies nicht unmittelbar aus den seither beschriebenen Formen her- vorzugehen, sondern durch Einschaltung einer vermittelnden Uebergangs- stufe, welche durch das Geschlecht Marginulina repräsentirt wird. Bei letzterem sehen wir die ältesten Kammern spiralig eingerollt oder doch stark eingekrümmt, während die jüngeren in ein schwach gebogenes, Dentalina-artiges Wachsthum übergehen. Eine starke seitliche Compri- mirung zeichnet diese Form wie die völlig spiralige Cristellaria aus und macht die bilaterale Bildung der Sehale, die sich schon in der Einkrüm- mung ausspricht, noch hervorstechender. Wie bei Dentalina treffen wir auch hier die Mündungen nieht mehr central, axenständig auf den Einzelkammern (speciell der letzten Kammer, wo sie frei hervortritt) an, sondern excentrisch. Jedoch zeichnet sich die Mehrzahl der hierher- gehörigen Formen durch eine entgegengesetzte Verschiebung der Mündung aus; dieselbe ist nämlich hier bei Marginulina wie Cristellaria an die con- vexe Krümmungsseite der Schale verschoben, wo sie meist etwas zu- gespitzt hervortritt (VIII. 10, 0). Wie bei Dentalina und Cristellaria ver- laufen auch bei Marginulina die Kammernähte (oder Septalgrenzen) sehr schief zur Hauptaxe (resp. Spiralaxe bei Cristellaria), ein Umstand, der wohl mit der excentrischen Verlagerung der Mündung im Zusammenhang steht. Wie gesagt, ist bei Cristellaria die spiralige Einrollung eine völlige geworden; die einzelnen Umgänge sind verhältnissmässig stark involut (VII. 27). Charakteristisch ist die schon erwähnte Lagerung der kleinen gewöhnlich rundlichen Mündung. Obgleich meist rundlich gestaltet, nimmt sie doch z. Th. auch die Form eines Schlitzes an, ja wird auch läng- lich dreieckig (eine Mündungsform, die den wesentlichsten Charakter des Untergenus Robulina darstellt, das jedoch kaum von den eigentlichen Cristellarien mit einiger Schärfe zu scheiden ist). Die mannigfachen Modifikationen der Cristellariagestalt, die sich durch sehr wechselnde äussere Verzierungen (VII. 27) und dergleichen entwickeln, können hier nicht Gegenstand unserer Betrachtung sein. Doch auch in anderen der oben kurz charakterisirten nodosaria- artigen Formtypen macht sich z. Th. eine Marginulina-ähnliche Neigung zur spiraligen Einrollung des Anfangstheiles der Schale geltend; so unter- scheidet Reuss einen sogen. Mischtypus Lingulinopsis, der sich von der oben erwähnten Form Lingulina durch cristellaria-artige Einrollung der Anfangskammern herleitet, und in ähnlicher Weise verhält sich die d’Orbigny’sche Gattung Flabellina (VII. 26) zu der schon charakterisirten Frondieularia. Nach ihrer Bauweise schliessen sich den nodosaria-artig entwickelten Formen jedoch auch eine Anzahl, z. Th. erst in neuerer Zeit bekannt gewordener Rhizopoden mit sandiger Schale an, die früher wenigstens theilweise den Geschlechtern Lituola und Trochammina zugesellt wurden und auch jetzt gewöhnlich noch in näheren Anschluss an dieselben ge- 62 Rhizopoda. bracht werden. Ueber ihre Zugehörigkeit zu den Imperforaten oder Per- foraten scheint mit Sicherheit noch keine Entscheidung gegeben werden zu können, obgleich sie, wie erwähnt, gewöhnlich als imperforirt be- trachtet werden. Von ganz nodosaria-artigem Bau erscheinen die Ge- schlechter Reophax Montf. (emmend. Brady 117 1.), Haplostiche Reuss und Hormosina Brady (V.14, 15). Die beiden erst erwähnten Geschlechter besitzen äusserlich eine rauhe, sandige Oberfläche und werden daher von den englischen Forschern dem Genus Lituola näher angeschlossen, während Hormosina wegen ihrer geglätteten Schalenoberfläche dem proteischen Genus Trochammina P. u. J. angereiht wird. Haplostiche unterscheidet sich von Reophax durch eine labyrinthische Kämmerchenbildung in den Hauptkammern in ähnlicher Art, wie sich die früher erwähnte Gattung Lituola von Haplophragmium unterschied. In ähnlicher Weise wird denn auch die bei Reophax einfache Mündung bei Haplostiche häufig dendritisch bis zusammengesetzt. Auch die bis jetzt nur fossil gefundene sandige Gattung Nodosinella Brady (105) zeigt eine ziemliche Aehnlichkeit in ihren Wachsthumsverhältnissen, ist jedoch bis jetzt noch sehr wenig genau bekannt. Schliesslich dürften ihrer Bauweise nach (abgesehen von ihrer wahren systematischen Stellung) hier auch noch angereiht werden die polythalamen Formen des Genus Saccammina Sars (V.13b), die aus einer Anzahl von spindel- bis birnförmigen Kammern bestehen, welche kurze Röhrehen mit einander in Verbindung setzen (ähnlich wie dies auch bei gewissen Nodosarien der Fall ist), und eine gerade oder wenig gebogene polythalame, perlschnurartige Schale bilden. Es darf wohl mit Recht vermuthet werden, obgleich hierüber die bis jetzt vorliegenden Unter- suchungen der Sacc. Carteri und Schwageri, die nach diesem Typus gebaut sind, keinen Aufschluss geben, dass die Schale auch hier ibr Wachsthum mit einer einmündigen Kammer ähnlich Nodosaria beginnt, und die gewöhnlich gefundenen doppelmündigen Einzelkammern (13a) nur von dem Zerfall der vielkammerigen Schalen herrühren. Im Anschluss an die nodosaria-artig gebauten Schalen sei hier kurz noch einiger sehr eigenthümlicher Formtypen gedacht, die sich bis zu einem gewissen Grade hier anzureihen scheinen, obgleich über ihre wahren Beziehungen durch die Besprechung an diesem Ort kein Urtheil abgegeben werden soll. Zunächst ist es die nur fossil bekannte Gattung Ellipsoi- dina Segu., deren wir hier zu gedenken haben und deren noch nicht völlig aufgeklärter Bau sich vielleicht in der Weise kurz versinnlichen lässt, dass man eine Anzahl an Grösse ziemlich rasch zunehmender eiförmiger, lagena- artiger Kammern sich vollständig successive einhüllend denkt, so dass die aboralen Polflächen der in einander steckenden Kammern ziemlich dicht bis zur Berührung aneinander gelagert sind, wogegen die vorderen durch weitere Abstände getrennt werden. Unter einander stehen jedoch die Vorderenden der Kammern durch eine axial verlaufende, säulenartige Bildung in Verbindung, die sich nicht etwa als Homologon der röhren- fürmig ausgezogenen Mündung der Lagenen und gewisser Nodosarien - Polythalame Perforata. (Chilostomella, Uvigerina.) 63 betrachten lässt, sondern als ein besonderer, häufig wenig solider Ein- wuchs des oralen Pols der respeetiven Kammern. An der Basis jedes zwischen zwei Kammern ausgespannten Säulenstücks findet sich ein diese Basis halbkreisförmig umgreifender Mündungsschlitz, der häufig noch durch zwischen seinen Rändern sich ausspannende Querbrücken in eine Anzahl von secundären Oeffnungen getheilt wird. Auch die erst in neuerer Zeit auch im recenten Zustand gefundene Gattung Chilostomella Reuss besteht aus einer Anzahl eiförmiger, sich völlig einhüllender und mit ihren Axen nahezu oder völlig zusammen- fallender Kammern. Jede neue Kammer wächst hier mit ihrem Mündungs- ende so an dem aboralen Pol der vorhergehenden fest, dass eine gewisse, ziemlich schief umschriebene Fläche dieses Pols der älteren Kammer unbedeckt bleibt. Die Mündung ist ein halbkreisförmig die Schale umfassender Sehlitz an jener Verwachsungsstelle, der eben dadurch entsteht, dass hier keine Verwachsung der Wand der jüngeren Kammer mit der der älteren stattfindet. Aus den geschilderten Wachsthumsvorgängen der Schale ergibt sich natürlich, dass ähnlich, wie wir dies bei den Miliolinen unter den Imperforaten gesehen haben, die Mündung der auf- einanderfolgenden Kammern abwechselnd nach dem einen und dem andern Pol der Axe schauen, wie denn überhaupt die allgemeinen Bildungs- verhältnisse dieser Perforaten sich sehr innig an die für das angebliche Miliolidengenus Uniloeulina*) geltend gemachten anschliessen. Etwas modifieirt erscheint dieselbe Bauweise in dem nächst ver- wandten Geschlecht Allomorphina Reuss, hier bleibt die Umfassung der Kammern unvollständig, so dass äusserlich die 3 jüngsten, ähnlich wie bei Triloeulina, siehtbar sind; wie denn überhaupt die allgemeine Kammer- anordnung dieser Gattung ebenso Triloculina zu entsprechen scheint, wie für Chilostomella eine derartige Analogie zu Uniloeulina wahrscheinlich wurde. In naher Beziehung zu den früher besprochenen Nodosarinen und daher von Carpenter und den übrigen englischen Forschern mit denselben in der Abtheilung der Lagenideen vereinigt, steben zwei Gattungen, die uns zum ersten Male einen weiteren Formtypus der polythalamen Schalen- bildung vorführen, nämlich die Aufrollung der Kammern nicht in einer symmetrischen, sondern in einer asymmetrischen Spirale oder, besser aus- gediückt, in einer schraubenförmigen Spirallinie. Es sind dies die haupt- sächlich wegen der feineren Bauverhältnisse ihrer Schalenwände, sowie ihrer Mündung als Verwandte der Nodosarinen zu erkennenden Gattungen Uvigerina und Polymorphina (VI. 31, VII. 4). Bei beiden sind die Kammern in einer hohen Schraubenspirale aufgerollt, so dass die Gesammt: gestalt eine gewöhnlich ziemlich langgestreckt kegelförmige bis ovoide wird. Stets bleibt die Zahl der auf einen Umgang kommenden Kammern eine nur geringe, Bei Uvigerina (VII. 31) treffen wir gewöhnlich 3 ziem- lieh kugelige, nodosaria-artige Kammern in einem Umgang an, so dass, *) Vergl. hierüber den system. Abschn. 8 Y 64 Rhizopoda. da die entsprechenden Kammern der aufeinanderfolgenden Umgänge sich reihenweis übereinander ordnen, eine mehr oder. minder regelmässige dreizeilige Anordnung resultirt. Die nahe Beziehung dieser Formen zu den Nodosarien ergibt sich auch aus den nicht seltenen Uebergängen zu zweizeiliger und einzeiliger Anordnung der jüngeren Kammern (gewöhn- lich als Sagrina d’Orb. bezeichnete Formen). Bei Polymorphina (VIII. 4), einem äusserst formenreichen und viel- gestaltigen Geschlecht, ist die Anordnung der ziemlich schief zur Schrauben- axe gestellten Kammern gewöhnlich eine mehr oder minder deutlich zwei- zeilige. Die Kammern sind bald ziemlich stark blasig angeschwollen und dann äusserlich schärfer gegen einander abgesetzt, oder indem die Einzel- kammern sich nur wenig scharf von einander absetzen, bleibt die äussere Schalenfläche abgerundet ohne Septalfurchen. Die jüngeren Kammern greifen in verschiedenem Grad nach hinten auf die älteren tiber und zwar geschieht dieses Uebergreifen gewöhnlich in beiden Kammerreihen in verschiedenem Maasse, wodurch die ganze Schale etwas asymmetrisch wird; ja es kann die Umhüllung der älteren Kammern so weit gehen, dass nur die beiden jüngsten äusserlich sichtbar bleiben. — Von morphologischem Interesse ist ein bei gewissen Formen von Polymorphina zu beobachtendes excessives Wachsthum der letzten Kammer. Bei Polym. concava Williamson wächst dieses keine Mündung zeigende letzte Segment in Gestalt einer ringförmigen ansehnlichen Scheibe um die ganze Schale in der Ebene der beiden Kammerreihen herum, so dass die nach gewöhnlichem Typus gebauten jüngeren Kammern gleichsam im Centrum dieser Scheibe eingelagert erscheinen. Bei Polym. d’Orbignyi Zborz.*) (VII. 37) hingegen entwickeln sich von der Mündungsgegend des letzten Segmentes röhrige Auswüchse, die nach hinten zu die Schale mehr oder minder völlig überwachsen und von denen, oder auch direet von dem letzten Segment mehr oder minder zahlreiche, sich frei erhebende, häufig sehr reichlich verästelte, dünnwandige Röhrchen entspringen. Bei reichlicher Entwickelung solcher verzweigter Röhrchen, welche die Schale mehr oder weniger umwachsen haben, erscheint dieselbe wie mit hirsch- geweihartigen Auswüchsen bedeckt. Die Mündung des letzten Segmentes wird nicht selten durch solche Auswüchse ganz geschlossen, wogegen die frei sich erhebenden Röhrchen an ihren Enden z. Th. geöffnet und daher die Function der Mündung zu übernehmen im Stande sind, wenngleich es zwar den Anschein hat, dass sie ursprünglich blind geschlossen sich bilden und ihre Oeffnungen durch Zerbrechen der Enden entstehen. Eigen- thiimlich ist ferner, dass sich in den von den röhrigen Auswüchsen überzoge- nen Wänden der älteren Kammern Durchlöcherungen, zuweilen von ziemlicher Weite finden, die wohl ohne Zweifel durch nachträgliche Resorption der *) Jedoch nur ein Sammelname für in ähnlicher Weise variirende Modifikationen zahl- reicher Polymorphina-Arten, Vergl. hierüber Brady, P. u, J., Monogr. of the g. Polymor- phina (s. unt. b. Polymorphina),. Polythalame Perforata. (Textulariden.) 65 Kalkwände erzeugt werden. (Derartige Lochbildungen sind auch in den Wänden anderer Polymorphinen gar nicht sehr selten.) Auch die die einzelnen Kammern scheidenden Septen des Schaleninneren zeigen sich nicht selten stark rückgebildet bis fast gänzlich geschwunden, was wohl gleichfalls nur auf nachträgliche Resorption zurückzuführen sein dürfte. *) Wie wir schon bei Uvigerina die ursprüngliche Anordnung zuweilen in eine einreihige übergehen sahen, so tritt dieser Fall auch bei poly- morphina-artigen Formen auf, welche auf Grund dieses Verhaltens zu einem besonderen Geschlecht Dimorphina erhoben worden sind. Ganz entsprechenden Wachsthumsverhältnissen und Schalengestal- tungen, wie wir sie soeben bei den Gattungen Polymorpbina und Uvigerina kennen gelernt haben, treten uns auch in einer grossen Mannigfaltigkeit der Ausführung bei der Gruppe der Textulariden unter; der Abtheilung der Globigeriniden entgegen. Auch hier finden wir im Allgemeinen ein hoch schraubenspiraliges Wachsthum, was im Zusammenhang mit der Grössenzunahme der jüngeren Kammern den Schalen im Ganzen ein spitz kegelförmiges Aussehen gibt; und wie bei den letzthin besprochenen Geschlechtern der Lagenideen variirt die Zahl der auf jedem Umgang sich findenden Kammern in ziemlicher Ausdehnung, so dass wir zwei- zeilige, dreizeilige und schliesslich auch eine mehr oder minder regelmässige schraubenspiralige Anordnung, ohne den Ausdruck einer Reihenordnung der Kammern, antreffen. Die Gestaltungsverhältnisse zeigen sogar in den einzelnen Geschlechtern einen ziemlichen Spiel- raum für Modifikationen, so dass es meist eigentlich untergeordnet er- scheinende Eigenthümlichkeiten, so namentlich die Gestaltungsverhält- nisse der Mündung, sind, durch welche die einzelnen Formkreise gesondert werden. Eine regulär zweizeilige und alternirende Anordnung der Kammern herrscht in dem Genus Textularia (im engeren Sinne); indem die Kammern ziemlich stetig anwachsen, wird die Gestalt der Gesammtschale eine kegel- oder keilförmige (VIII. 5), da sehr häufig die Schale in der Ebene der beiden Kammerreihen stark abgeplattet ist. Die Mündung hat eine für dieses und die verwandten Geschlechter ziemlich charakteristische Lagerung, sie ist nämlich nach der Schalenaxe gewendet und liegt dem Nahtrand an, welchen die zwei aufeinanderfolgenden Kammern der beiden Reihen bilden (VII. 5a u. b). Indem sie diesem Nahtrand meist aut eine gewisse Ausdehnung folgt, zeigt sie gewöhnlich eine halbkreis- bis schlitzförmige Beschaffenheit. (In seltneren Fällen sehen wir sie jedoch auch auf die nach vorn gerichteten Endflächen der Kammern hinaufrücken, *) Vergl. über diese Verhältnisse Alcock, Quart. journ. of mierosc. sc. T. VII. p. 237, und Mem, of the litter. and philos. soc. of Manchester 1868 III. p. 241, sowie Brady, P. a. J., Transact. of Linn, soc. Vol. 27. p. 244. Bronn, Klassen des Thier-Reichs. Protozoa, 5 66 Rhizopoda. ja sogar etwas röhrenförmig ausgezogen; auch eine labyrinthische und zusammengesetzte Beschaffenheit derselben wird z. Th. angegeben.) Wie wir schon früher zu erwähnen Gelegenheit hatten, nehmen die Textularia-Arten sehr häufig Sand in ihre Schalenwände auf (wie dies überhaupt für die gesammte Gruppe dieser Formen mehr oder weniger gültig zu sein scheint). Ganz sandschalige Formen, von Textularia entspre- chender Bauweise, hat Reuss durch den Namen Plecanium ausgezeichnet. An die eigentlichen Textularien schliessen sich aufs innigste Formen an, welche die ursprünglich zweireihige Anordnung der Kammern später mit einer einreihigen vertauschen; rein kalkschalige derartige Formen werden unter der Bezeichnung Gemmulina d’Orb. beschrieben, während die Mehr- zahl der hierhergehörigen Formen eine ziemlich sandige Schale besitzen und als Bigenerina d’Orb. zusammengefasst werden. Auch eine sehr alte Form der Kohlenformation, die von Brady (105) den Namen Climacimma erhalten hat, zeigt einen sehr ähnlichen Bau, soll jedoch angeblich im- perforirt sein. In die Reihe dieser sich an Textularia zunächst an- schliessenden Formen gehören auch einige mit abweichend gebauter Mün- dung, so zunächst die Gattung Grammostomum Ehrbg., welche eine sehr stark comprimirte Textularia mit sehr schief zur Längsaxe gestellten Kammern darstellt, deren Mündung ein auf dem Vorderende der Kammern befindlicher und parallel der Compressionsebene laufender Schlitz ist. Etwas abweichender gestaltet sich der Bau bei der Gat- tung Pavonina (VIII. 13), deren Zugehörigkeit zu der hier besprochenen Gruppe erst neuerdings durch Brady (117 II.) festgestellt wurde. Wir haben hier eine bigenerina-artige Schale, deren Anfangskammern deutlich alternirend zweizeilig geordnet sind, während die sehr rasch in die Breite anwachsenden jüngeren Kammern in eine einzeilige Anordnung übergehen; gleichzeitig ist die Schale sehr stark textularia-artig comprimirt, so dass die Gesammtgestalt eine fächerartige wird. Statt einer einfachen Mündung finden wir auf der lang bandförmigen Endfläche der jüngsten Kammer eine Reihe von grossen Poren (13b). In Bezug auf die allgemeineren Gestaltsverhältnisse und die Beschaffenheit der Mündung schliesst sich die d’Orbigny’sche Gattung Cuneolina sehr nahe an die eben erwähnte Pavo- nina an, obgleich ihr allgemeines Gestaltungsprincip ein wesentlich ver- schiedenes ist, indem wir es hier mit einer Textulariaform zu thun haben, die nieht im Sinne der gewöhnlichen Formen comprimirt ist, sondern in einer hierzu senkrechten Ebene, so dass demnach bei dieser breit fächer- förmigen Cuneolina jede der Breitseiten von einer der Kammerreihen gebildet wird. In nächster Beziehung zu den typischen Textularien stehen nun jedoch noch Formen, die statt einer zweizeiligen eine dreizeilige Anordnung der Kammern zeigen, es sind dies die zur Gattung Verneuilina d’Orb. gerechneten Formen, welche jedoch leicht in solche tibergehen, bei welchen die jüngeren Kammern eine zweizeilige (Gaudryina d’Orb.) und sogar eine einzeilige Anordnung annehmen (Clavulina d’Orb. p. p.). Polythalame Perforata. (Bulimina, Valvulina etc.) 67 Ihren allgemeinen Formverhältnissen nach reiht sich die Gattung Buli- mina (VII. 32) mit ihren Untergeschlechtern aufs innigste hier an und wird vorzugsweise durch Eigenthümlichkeiten der Mündung von den ähnliche Wachsthumsverhältnisse zeigenden textularia-artigen Formen unterschieden. Es sind hoch schraubenspiralige Formen, bei welchen eine 2—3 zeilige Anordnung der Kammern meist nur wenig deutlich ausgeprägt ist (Buli- mina im engeren Sinne) oder aber eine zweizeilige Textularia-artige An- ordnung ziemlich deutlich hervortritt (Virgulina d’Orb. und Bolivina d’Orb.). Wie gesagt, liegt das Hauptcharakteristikum in der Gestaltung der Mün- dung. Dieselbe ist wie bei den typischen Textularien auf der nach der Schalenaxe schauenden Fläche der Kammern angebracht und entweder rundlich oder meist schlitzförmig in der Richtung der Axe oder etwas schief za ihr in die Länge gezogen. Dabei ist ihr vorderes Ende meist rundlich erweitert, so dass sie das Aussehen eines Komma’s erhält. Die Mündungsränder, welche gewöhnlich etwas lippenförmig aufgeworfen sind, schieben sich mit ihren hinteren Abschnitten etwas übereinander, was gleichfalls für recht charakteristisch gelten darf. Bei den zur Gattung Bulimina (im engeren Sinne) gehörigen Formen macht sich zuweilen eine ziemliche Involubilität der Umgänge geltend, indem die abgeflachten hinteren Ränder der Kammern über die früheren Umgänge mehr oder weniger nach hinten sich hinüberlegen oder in stachelartige Fortsätze auswachsen. Aehnliche allgemeine Formverhältuisse, jedoch in noch grösserer Breite schwankend, bietet auch die Gattung Valvulina dar (VII. 34. 35), die wegen ihrer im Alter stets sandigen Schalenbeschaffenheit früher zu den Lituolida Carpenter’s gerechnet wurde. Hoch schraubenspiralige Formen von mehr bulimina-artigem Aussehen reichen sich hier die Hand mit niedergedrückten kreiselförmigen und den wesentlich verbindenden Charakter derselben bildet die Gestaltung der Mündung, die einen bogenförmigen Schlitz darstellt, dessen einer Rand mehr oder minder zungenförmig gegen den anderen vorspringt. Auch solche Formen können in einreihiges Wachsthum übergehen (VII. 36) und sind von d’Orbigny dann seinem Genus Clavulina zugerechnet worden. Ein weiterer sehr eigenthümlicher Formtypus lässt sich von der Gattung Textularia herleiten, indem die Axe, um welche die Kammern zweizeilig alternirend geordnet sind, ihre gerade Streekung aufgibt und sich selbst spiralig oder flach schraubenspiralig einrollt. In dieser Weise gebildet sind die Genera Cassidulina d’Orb. (VIII. 6) und Ehrenbergina Reuss. (VII. 33), von welchen sich das letztere dadurch auszeichnet, dass bei ihm die spiralige Einrollung nur auf den älteren Schalentheil be- schränkt ist, während der jüngere in gestrecktes Wachsthum übergeht. Auch die zahlreichen übrigen Formen der Abtheilung der Globigerinida sind fast sämmtlich nach dem jetzt schon vielfach erörterten Schema der Sehraubenspirale gebaut, jedoch dadurch von den seither besprochenen Formen abweichend, dass unter ihnen die niedere, flache Entwicklung ra 9” 68 Rhizopoda. der Schraubenspirale herrscht, während die seither besprochenen Formen sich fast durchaus durch eine sehr hohe Form derselben auszeichneten. Im Zusammenhang hiermit steht dann ferner die Eigenthümlichkeit, dass die jetzt zu besprechenden Formen gewöhnlich eine grössere Zahl von Kammern in einem Umgang bilden, also die Entwicklung zwei- und drei- zeiliger Formen nicht mehr zu verfolgen ist. Zunächst ist es die Gattung Globigerina selbst, die unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt, und auch ein erhöhtes Interesse verdient, weil sie sich durch eine ziemliche Variabilität ihrer Gestaltung bemerkbar macht. Die typische Form der- selben wird eben durch eine flache schraubenspiralige Anordnung ihrer kugeligen oder nahezu kugeligen und nur wenig innig mit einander ver- bundnen Kammern charakterisirt (VIII. 9). Indem die jüngeren Kammern sich nur mässig vergrössern, bleibt auf der basalen Seite der Schale eine ziemlich weite nabelartige Höhlung frei, um die sich die Kammern herum- legen und in diese sogen. Nabelhöhle öffnen sich dann auch die gewöhnlich halbmondförmigen Mündungen der einzelnen Kammern. Diese letztere Eigenthümlichkeit verräth noch besonders die, auch schon aus der ge- sammten Anordnung hervorgegangene, relative Selbständigkeit der einzelnen Kammern. Daneben finden sich jedoch auch Globigerinaformen, bei welchen die jüngeren Kammern so ansehnlich wachsen und anschwellen, dass sie in der Schraubenaxe zusammenstossen und so eine Nabelhöhle nicht mehr zur Ausbildung kommt. Auf der apicalen Seite sind hier sämmtliche Kammern in ihrer schraubenspiraligen Anordnung zu bemerken, auf der basalen Seite hingegen nur einige (3, 4) der jüngsten (VIH. 9). Gleich- zeitig tritt jedoch bei den hierhergehörigen Formen (deren Typus Glob. inflata d’Orb. bildet) nur an der jüingsten Kammer noch eine freie, an- sehnliche Mündung auf, während die Mündungen der älteren durch die Jüngeren überdeckt worden sind. Hierzu gesellt sich dann drittens noch eine Reihe von Formen, welche sich in ihrem allgemeinen Bau ziemlich nahe an die Letztbesprochenen anschliessen, bei denen jedoch die Mündung der jüngsten Kammer klein bleibt. Dagegen entwickeln sich nun aber hier (nach den Beobachtungen von van den Broeck [102] und Brady [117 IL.]) auf der apicalen Seite der Schale an einer ganzen Reihe von Kammern accessorische und ziemliche weite Oeffnungen (z. Th. sogar in Zweizahl auf einer Kammer). Interessant ist jedoch, dass auch die schraubenspiralige Anordnung der Kammern in eine symmetrisch spiralige übergehen kann, wie wir dies unter den echten Globigerinen bei einer Form (Glob. aequilateralis Brdy. 117 II) antreffen, fernerhin jedoch auch in dem Globigerina sehr nahe verwandten Genus Hastigerina Wyw. Thoms. sehen (IX. 1), welche Form sich noch durch völlige Involubilität der Umgänge und eine einzige ansehnliche Mündung auf der Endfläche der jüngsten Kammer auszeichnet. In einer eigenthümlichen und noch keineswegs völlig aufgeklärten Beziehung zu der besprochenen Gattung Globigerina steht die schon früher unter den monothalamen Formen erwähnte Orbulina, welche ohne Zweifel Polythalame Perforata. (Globigerina, Cymbalopora.) 69 zunächst mit Globigerina verwandt ist. Es hat sich nämlich durch eine Reihe Untersuchungen von Pourtalös*), M. Schultze und Krohn**), Reuss ***), Major Owen 7) und Aleock fr) herausgestellt, dass die kugelige Schale zahlreicher Orbulinen eine kleine, häufig sogar bestachelte Globigerina im Innern einschliesse (VII. 30). Es ist dieses Verhalten in verschiedener Weise beurtbeilt worden, entweder, wie späterhin bei der Besprechung der Fortpflanzung noch genauer zu erörtern sein wird, als ein Fortpflauzungsakt, so von Pourtal&s, M. Schultze und Reuss, indem man sich die Orbulinen als losgelöste Endkammern von Globigerinen dachte, die nun, als Brutkammer fungirend, eine junge Glohigerina in sich erzeugten, oder sich die Globigerinen enthaltenden Orbulinen durch be- sondere Wachsthumsvorgänge aus gewöhnlichen Globigerinen hervor- gegangen dachte. Letztere Betrachtungsweise, die zuerst von Major Owen aufgestellt und neuerdings von Brady adoptirt wurde, erklärt sich die Entstehung dieser globigerinenhaltigen Orbulinen in der Weise, dass von einer gewöhnlichen Globigerina eine excessiv grosse, sämmtliche früheren Kammern einschliessende, sphärische Endkammer gebildet werde. So wahrscheinlich auch letztere Bildungsweise der globigerinenbaltigen Orbulinen erscheint, so wird doch daraus noch nicht nothwendig folgen, dass die Gattung Orbulina überhaupt gestrichen oder doch nur als Unter- genus von Globigerina betrachtet werden müsse, wie dies Brady (und vor ihm schon S. Owen) will, da bekanntlich, worauf namentlich Carpenter (74) hingewiesen hat, keineswegs sämmtliche Orbulinen den Globigerina- einschluss aufweisen. Wollte man auch letztere Formen in der von Owen und Brady vermutheten Weise entstanden sein lassen, so müsste man zur Erklärung eine spätere Resorption der eingeschlossenen Globigerinaschale zu Hilfe nehmen. In ziemlich naher morphologischer Beziehung zu Globigerina scheint die Gattung Cymbalopora Hagen. zu stehen (IX. 4). Wir haben hier eine etwa flach kegelförmige Schale, die ihr Wachsthum in deutlich schraubig spiraliger Anordnung der niedrigen Kammern beginnt, wobei, ähnlich gewissen Globigerinaformen, eine axiale Nabelhöhle auf der Basalseite offen bleibt. Bald jedoch geht dieses schraubenspiralige Wachsthum in ein cyklisches über, indem Ringe von Kammern, von all- mählich sich vergrösserndem Durchmesser, an den schraubenspiraligen Anfangstheil sich ansetzend untereinanderlagern. Wie bei den erwähnten Globigerinaformen öffnet sich jede Kammer mit einer auf einem röhren- förmigen Hälschen gelegenen Mündung in die gemeinsame Nabelhöhle, soll jedoch nach Carpenter jederseits noch eine grosse gelippte Oeffnung besitzen, vermittels welcher die benachbarten Kammern in Communikation *) Silliim. Americ. j. 1858. XXVI. *%*) Arch. f. Naturgesch. 1860. I. *#*) Sitzungsb. der k. böhm. G. d. W, 1861. -r) Journ. Linn, soc. Zool. IX, -r) Mem. of the litterar. and philos. soc. Manchester 1868, IIT. 70 Rhizopoda, treten (ohne dass jedoch diese Communikation eine directe wäre). Es scheint von Interesse, namentlich im Hinblick auf die verwandtschaft- lichen Beziehungen dieser Form zu Globigerina, dass eine ihrer Arten (€. bulloides d’Orb.) sich durch die Bildung einer abnorm grossen orbulina- artigen Endkammer auszeichnet, welche die Nabelhöhle erfüllt und sich wie Orbulina durch den Besitz weiterer Porenöffnungen neben feineren (bei mangelnder grösser Mündungsöffnung) auszeichnet. Eine noch eigenthümlichere Modifikation des globigerina- artigen Baues, wie wir sie soeben bei Cymbalopora kennen gelernt haben, treffen wir bei der aufgewachsenen Gattung Carpenteria an (IX. 2). Hier tritt einmal mit der Festheftung eine gewisse und zum Theil sogar recht unregelmässige Bildungsweise ein, wie solches ja bei festsitzenden Formen von uns schon mehrfach beobachtet wurde, andererseits dagegen zeigt diese Gattung auch Spuren einer höheren Ausbildung, wie wir sie in besserer Entwickelung in der zunächst zu besprechenden Abtheilung der Rotalinen antreffen werden. Im Allgemeinen können wir uns die Bauweise der Carpenteria in der Art kurz versipnlichen, dass wir uns eine in flacher Schraubenspirale aufgerollte Globigerina mit dem Apex der Spirale, also den ältesten und kleinsten Kammern, auf eine Unterlage aufgewachsen denken; gleichzeitig jedoch auch die einzelnen Kammern so innig mit einander verbunden, dass sie äusserlich nur noch sehr wenig von einander geschieden erscheinen und die Gesammtschale etwa die Gestaltung eines Kegels erhält, der auf der Spitze eine Oeffnung (a) zeigt. Diese Oeffnung und die durch sie ausmündende, ziemlich vertikal in die Schale hinabsteigende Höhlung (2b, a) entspricht der uns von Globigerina und Cymbalopora her bekannten Nabelhöhle und wie bei jenen Formen, so münden auch hier sämmtliche Kammern (k, K‘, k“) in diese Central- höhle. Die Mündungsöffnung der gemeinsamen Centralhöhle auf der Spitze des Kegels ist häufig noch der Sitz einer besonderen Entwickelung, wie sie nur selten bei den Foraminiferen uns entgegentritt. Sie wächst nämlich bei gewissen Formen röhrenförmig aus, ja verästelt sich dann baumförmig (wie dies namentlich durch Carter*) und dann weiterhin dureh Möbius**) bei einer sehr interessanten neuen und durch sehr unregel- mässige Kammeranordnung sich auszeichnenden Form, ©. raphidodendron, nachgewiesen wurde), wobei jedes der häufig zahlreichen Aestchen dieser Mündungsröhre eine Oefinung zur Ausstrahlung der Pseudopodien auf- weist. Abgesehen von ‚untergeordneten morphologischen Bauverhält- nissen, wie eine mehr oder minder vollständige Unterabtheilung der ursprünglichen Kammern durch secundäre Septen, sehen wir, wie schon oben angedeutet, eine höhere Entwickelungsstufe im Schalenbau dieser Gattung noch darin ausgeprägt, dass die Scheidewände zwischen den *) Ann, mn. bh. 4,..AX. *#*) Palacontographica XXV. Polythalame Perforata. (Rotalinen.) 71 Kammern in ihrer feineren Beschaffenheit sich von den äusseren Kammer- wandungen differenzirt haben. Während nämlich die letzteren die grobe Perforation der Globigerinen zeigen, sind die ersteren imperforirt und aus zwei Lamellen zusammengesetzt (26, d—d°). — Indem letztere jedoch nicht überall vollkommen bis zu völliger Berührung aufeinander gelagert sind, bleiben zwischen ihnen hier und da kanalartige Lücken übrig, die, indem sie sämmtliche Septen (auch die unvollständigen, secundären) zusammenhängend durchziehen, ein sogenanntes Kanalsystem formiren (2b, g, g!), das uns hier zum ersten Mal begegnet, welches wir jedoch bald bei den höher entwickelten Typen in seiner ganzen reichen Ausbildung kennen lernen werden. Noch einmal tritt uns der flach schraubenspiralige Typus des Schalenbaues in einer sehr reichen und z. Th. sehr eigenthümlichen Entfaltung in der grossen und mannigfaltigen Abtheilung der Rota- linen entgegen. Die ziemlich beträchtliche Zahl von Gattungstypen, welche in dieser Abtheilung, bei verhältnissmässig hohem Grad von Ueber- einstimmung in den allgemeinen Bauverhältnissen, unterschieden werden (welche also im wesentlichen durch Charaktere von secundärer Bedeutung gekennzeichnet sind), veranlasst uns, bei Gelegenheit dieser morphologi- schen Uebersicht, die zahlreichen Formen nur im Allgemeinen und im Hinblick auf ihre mehr gemeinsamen morphologischen Charaktere zu verfolgen. Die einfacheren Formen der Rotalinen bieten uns im Allgemeinen eine ähnliche Gestaltungsweise dar, wie wir sie schon bei den schrauben- spiraligen Globigerinen. kennen gelernt haben, wie sich denn auch durch die grob perforirte Beschaffenheit der Schalenwandungen (Dis- corbina und Planorbulina) noch eine nähere Beziehung zu den Globi- gerinen ergibt. Wie gesagt, ist die Höhe der Schraubenaxe stets nur wenig beträchtlich, so dass die steilsten Formen gewöhnlich eine mässig hohe kegelförmige Gestaltung nicht überschreiten; meist jedoch die Erhebung der Schalenaxe eine noch geringere bleibt. Die Gesammtgestalt der Schale ist dann eine kreisel- bis flach scheiben- förmige (IX. 3, 6). Natürlich sind, wie dies sich aus der morpho- logischen Bildungsweise dieser flachen scheibenförmigen Schalen ergibt, auch bei ihnen die beiden Flachseiten verschieden gebaut und die Gesammt- schale daher asymmetrisch. Wir bezeichnen diejenige Seite, auf welcher sich die Spitze (Apex) der Schraubenspirale, also die älteste und kleinste Kammer findet, als die apicale, die entgegengesetzte Seite hingegen, welche durch die ansehnlichsten jüngsten Kammern ausgezeichnet wird, als die basale. Die Verschiedenheit dieser beiden Seiten der Schale wird noch dadurch erhöht, dass auf der apicalen Seite die meist recht zahl- reichen Umgänge sämmtlich zu sehen sind (3a), da jeder folgende durch einen etwas grösseren Durchmesser über den vorhergehenden randlich ein wenig hervorragt. Auf der basalen Seite bleibt hingegen gewöhn- lich nur der letzte oder doch wenig mehr als dieser Umgang sichtbar, indem 72 Rhizopoda. die Kammern der jüngeren Umgärge sich nach der Schraubenaxe zu so ansehnlich erweitern, dass jeder folgende Umgang den vorhergehenden völlig oder doch nahezu völlig auf der Basalseite bedeckt. Ausserdem ist die meist nicht sehr ansehnliche axiale Nabelhöhle, welche sich z. Th. erhält, meist noch durch secundäre Auflagerung von Schalenmasse aus- gefüllt, so dass in ihr nichts von den älteren Umgängen sichtbar bleibt. Mit der asymmetrischen Entwickelung dieser Rotalinenschalen steht im Zusammenhang, dass dieselben häufig mit einer Seite aufgewachsen sind (Planorbulina, Truncatulina) oder doch die lebenden Thiere sich mit einer ihrer Seiten anheften. Je nach der speciellen morphologischen Gestaltung kann diese zur Befestigung dienende Seite bald die apicale, bald hin- gegen die basale sein, da nämlich die Befestigung gewöhnlich mit der flacheren Seite geschieht und in dieser Hinsicht die beiden Seiten sehr varliren. So sehen wir z. Th. eine ziemlich gleichmässige Wölbung beider Seitenflächen bei der Gattung Rotalia (abgesehen natürlich von der sonstigen Verschiedenheit dieser beiden Seiten, welche diese ziemlich biconvexen Schalen dennoch zu asymmetrischen stempelt), oder aber es erhebt sich die apicale Seite convex bis kegelförmig, während die basale flach convex oder abgeplattet bleibt und zur Befestigung dient, wie dies namentlich auch in den Gattungen Discorbina und Pulvinulina deutlich hervortritt. Der umgekehrte Fall dagegen ist bei den Gattungen Plan- orbulina und Truncatulina anzutreffen; hier bleibt die apicale Seite flach oder ist sogar etwas concav ausgehöhlt, und dient daher zur Befestigung, die basale hingegen wölbt sich convex bis kegelförmig hervor, so dass hier die gesammte Schalengestaltung gewissermaassen umgekehrt ist. Bei diesen letztgeannten Formen ist denn eigentlich auch von einer schrauben- spiraligen Aufwindung nicht mehr die Rede, sondern man kann sich die Schalengestaltung besser in der Weise entstanden denken, dass die Um- gänge sich in regulär spiraliger Weise aufrollen, jedoch in sehr asym- metrischer Weise nach den beiden Seiten der Spiralaxe sich entwickeln; auf derjenigen Seite der Spiralaxe, auf welcher ihre Entwickelung gering bleibt, sind sie sämmtlich sichtbar (apicale Seite) und diese Seite bleibt flach, auf der entgegengesetzten aber schwellen die Umgänge rasch sehr an, so dass die jüngeren die älteren überdecken und nur der letzte sichtbar bleibt, die ganze Seite aber eine convex hervorgewölbte Beschaffen- heit erhält. Auch bei der oben schon erwähnten Gattung Rotalia tritt häufig in ähnlicher Weise die basale Seite gegenüber der apicalen durch stärkere Wölbung hervor. Die soeben gegebene Auffassung des Schalenbaues der Gattungen Planorbulina und Truncatulina lässt jetzt auch leicht verstehen, dass in nahem Anschluss an dieselben sich auch gewisse Formen finden, welche eine nahezu symmetrisch-spiralige Bildung aufweisen, wie wir ja auch schon bei den Globigerinen solche symmetrisch-spiralige Formen kennen gelernt haben. (Hierher gehören die sehr flach scheibenartigen Planorbulina- u Polythalame Perforata, (Rotalinen.) 73 Arten und die Anomalinen d’Orbigny’s, doch zeigt auch die Gattung Discorbina z. Th. eine Hinneigung zu regulär spiraliger Ausbildung.) Die Zahl der auf einen Umgang kommenden Kammern ist gewöhnlich ziemlich beträchtlich. Entweder treten diese Kammern äusserlich blasig kugelig hervor (wie dies bei Discorbina gewöhnlich (IX. 6), z. Th. jedoch auch bei Planorbulina der Fall ist), oder aber sie sind innig zusammen- gepresst, so dass die Oberfläche der Schale mehr oder weniger eben wird und die Grenzen der Kammern nur noch als Nähte hervortreten. Häufig sind diese Nähte noch besonders ausgezeichnet durch Auflagerung von unperforirter secundärer Schalensubstanz, die dann besondere Nahtbänder bildet und gleichzeitig noch in verschiedener, bier nicht näher zu be- sprechender Weise, Verzierungen auf der Oberfläche der Schale hervorruft. Unter einander stehen die Kammern durch Septalöffnungen in Ver- bindung, welche sich an der Basis der Septen, also da, wo die letzteren auf den vorhergehenden Umgang sich aufsetzen, befinden. Im Allgemeinen stellen sich diese Oeffnungen als etwa halbmondförmige Schlitze dar; im speciellen hingegen zeigen sie bei den einzelnen Gattungen ziemliche Verschiedenheiten, sowohl in ihrer Gestaltung als Lagerung. Bei den oben erwähnten spiralig symmetrischen Formen lagern sich die Septal- öffnungen gleichfalls symmetrisch. Bei den übrigen Formen dagegen ist auch ihre Lagerung eine asymmetrische. So sind sie bei Discorbina und Pulvinulina ganz auf die basale Seite gerückt, während sich bei der Gattung Rotalia meist nur eine geringere Asymmetrie der mässig grossen Mündungsöffnung durch Verschiebung nach der Basalseite findet. Etwas eigenthümlich ist die Lage der Mündung bei der Gattung Truncatulina; auch bier dehnt sie sich mit ihrem Haupttheil auf der basalen, hervor- gewölbten Seite der Schale lang schlitzartig aus, erstreckt sich jedoch auch auf die abgeflachte Oberseite, wo sie sich längs der Naht, welche die betreffende Kammer mit dem vorhergehenden Umgang bildet, hin- erstreckt. Da dieser letzterwähnte Theil der Mündungsöffnung auf der abgeflachten Oberseite bei der Bildung der folgenden Kammer nicht um- schlossen und verdeckt wird, so zeigt sich demnach hier die Eigenthüm- lichkeit, dass wenigstens noch eine Anzahl der jüngsten Kammern durch besondere Oeffnungen nach aussen münden; an den älteren Kammern hingegen wird dieser frei bleibende Theil der Mündung durch Auflagerung secundärer Schalensubstanz geschlossen. In der Beschaffenheit der Septen zeigt sich in bei weitem den meisten Fällen noch das einfachste Bildungsverhältniss, indem dieselben nur aus einer einfachen Lamelle durch Einfaltung der Vorderwand jeder Kammer gebildet werden, und meist auch in derselben Weise wie die übrigen Schalenwände perforirt sind. In letzterer Beziehung macht sich jedoch schon hier und da eine höhere Ausbildungsstufe geltend, indem sich die ‘gewöhnliche Perforation der Scheidewände verliert und die letzteren nur von einer geringen Anzahl gröberer Poren durchbohrt werden. 74 Rhizopoda. Dagegen schliesst sich die Gattung Rotalia in Betreff der Entwickelung der Scheidewände an die höheren Ausbildungszustände der Nummuliniden an, indem sie, ähnlich wie wir das schon bei Carpenteria fanden, Septen besitzt, die aus zwei Lamellen bestehen, von welchen die hintere durch Einfaltung der Wand der hinteren Kammer, die vordere durch eine ent- sprechende Einfaltung der Wand der vorderen Kammer hervorgegangen ist. In gleicher Weise wie bei Carpenteria, bleibt zwischen diesen beiden Septallamellen, indem sie nicht völlig zusammenschliessen, ein Interseptal- raum librig, der auf Längsschnitten des Septums ein kanalartiges Ansehen darbietet, sich jedoch spaltartig fast durch das ganze Septum erstreckt (IX. 3b). Längs der Kammernähte, auf der äusseren Oberfläche der Schale, münden jederseits eine Reihe von Kanälchen durch Poren aus, welche von dem entsprechenden Interseptalraum ihren Ursprung nehmen. Indem sich nun die Interseptalräume der jtingeren Umläufe durch diese Poren und die zu ihnen führenden Kanälchen mit den Interseptalräumen der früheren Umgänge in Verbindung setzen, steht das gesammte sogen. Kanalsystem der Schale in organischem Zusammenhang und gibt uns schon eine ungefähre Vorstellung von der Entwickelung der entsprechenden Einrichtung bei den höheren Nummuliniden. Zum Beschluss unserer Betrachtung der Morphologie der Rotalinen- schalen müssen wir noch auf gewisse Unregelmässigkeiten und Ab- weichungen im Wachsthum hinweisen, die wir ja schon mehrfach und namentlich bei festgewachsenen Rhizopoden eine nicht unbedeutende Rolle spielen sahen. — So geht zunächst die typische Gattung Planorbulina in ihrem entwickelteren Zustand gewöhnlich in das ceyklische Wachsthum über (IX. 8), indem in der von uns schon mehrfach, zuletzt wieder bei der Gattung Cymbalopora, angetroffenen Weise von dem letzten spiraligen Umgang randlich allseitig Kammern hervorsprossen, die einen ersten Cyklus bilden, auf dem nun in ähnlicher Weise eine grössere oder klei- nere Zahl weiterer Cyklen folgt. Jede Kammer dieser Cyklen besitzt statt der früheren einfachen Oeffnung deren zwei, welche seitlich und nach Aussen schauend angebracht sind und sich gewöhnlich mit den zwei alternirend gestellten benachbarten Kammern des folgenden Cyklus in Verbindung setzen. Diese meist etwas lippenförmig aufgeworfenen Mün- dungen können sich zuweilen auch hals- bis röhrenförmig ausziehen und die durch sie in Verbindung gesetzten Cyklen von Kammern, sowie die einzelnen Kammern selbst, auseinanderrücken, so dass in dieser Art ein flach ausgebreitetes reticuläres Werk von Kammern und Verbindungs- röhrehen entsteht. Jedoch sehen wir auch die Gattung Planorbulina (und ähnlich verhalten sich zuweilen auch die jüngsten Kammern anderer Gattungen) in ein ganz unregelmässig zusammengehäuftes Wachsthum übergehen, das, nachdem M. Schultze eine hierhergehörige Form unter der Bezeichnung Acervulina beschrieben hat (VIII. 17), gewöhnlich als acer- vuline Bildungsweise oder acervulines Wachsthum unterschieden wird. Eine sehr merkwürdige Modifikation bietet noch die Gattung Pulvinulina Perforate Polythalamia. (Calcarina.) 75 dar (IX. 5), indem sie durch starke Abflachung in eine scheibenförmig entwickelte Form übergeht, deren Kammern sich allmählich sehr ver- längern, so dass schliesslich nur wenige, bis zwei, auf den Umgang kom- men, was auch hier schliesslich in eirkuläre Anordnung überführt. Ja es treten in diesem Fall sogar Ringe auf, welche nur aus einer einzigen in sich zurückkehrenden Kammer bestehen (Pulvin. vermieulata d’Orb. sp.). Eine besonders eigenthümliche Entwickelung erreicht der Rotalinen- typus in der Gattung Calcarina und zwar nicht durch beson- dere morphologische Anordnungs- und Wachsthumsverhältnisse der Kammern, sondern durch die ungemein reichliche Entwickelung secundär aufgelagerter Schalenmasse, wie wir sie ja auch schon bei den seither besprochenen Rotalinen fanden. Dieser besonderen Bildungsverhältnisse wegen verdient die genannte Gattung hier noch eine kurze Besprechung. Bezüglich der allgemeinen Anordnungsverhältnisse der Kammern verhalten sich die hierhergehörigen Formen (IX. 7) wie die meisten übrigen Rota- linen, es bilden die Kammern eine flache Schraubenspirale, die jedoch hier, da die Umgänge nur ziemlich allmählich an Breite zunehmen und mit ihren axialen Rändern weit von der Schraubenaxe entfernt bleiben, eine weite Nabelhöhle aufweisen würde, wenn nicht schon seit dem ersten Beginn der Schalenbildung eine dicke Lage von secundärer Schalenmasse (sogen. supplementäres Skelet Carpenter’s d, d‘) auf die primären Kammer- wände allseitig aufgelagert würde. Durch diese Auflagerung wird die ‚weite Nabelhöhle völlig ausgefüllt. Es bildet demnach diese secundäre Schalenmasse hier eine dieke Auflagerungsschicht über die ganze Schale und lässt äusserlich keine Unterscheidung der Kammern mit Ausnahme der jüngsten zu. Es ruhen daher auch hier die primären Wandungen der jüngeren Umgänge nicht auf den entsprechenden der älteren direet auf, sondern auf der seeundären Schalenmasse, welche diese älteren Um- gänge tiberdeckt (7, d’, d‘). Diese secundäre Schalenmasse entwickelt jedoch hier noch einen besonderen, in geringerem Grad auch bei gewissen Rotalinen ausgeprägten Charakter, indem sie, schon von dem ersten Um- gang aus, und so fort von den übrigen, am peripherischen Rand in ziem- lich ansehnliche Stacheln auswächst (7, f, f). Zahl, Länge und Gestaltung dieser Stacheln, welche die äussere Erscheinung der Schale hier vorzugs- weise bestimmen, variiren sehr; bald sind sie einfach, bald an ihren Enden verzweigt, meist jedoch stumpf abgerundet. Während die dünnen primären Schalenwandungen grob perforirt erscheinen, wird dagegen die gesammte secundäre Schalensubstanz von zahlreichen, im Allgemeinen radiär nach der Oberfläche der Schale strah- lenden, unter einander jedoch vielfach anastomosirenden Kanälen durch- zogen, die auf der Schalenoberfläche ausmünden. Indem jedoch gewisse gleichfalls radial ziehende Partien von solchen Kanälen frei bleiben, bilden sie zapfenähnliche solide, in der kanalisirten Masse steckende Partien (7, e'‘, e'), die auf der Oberfläche tuberkelartig vorspringen (7, e). Carpenter bezeichnet das die secundäre Schalensubstanz durehziehende Kanalwerk 76 Rhizopoda. auch hier als Kanalsystem und stellt es in eine Kategorie mit dem oben beschriebenen Kanalsystem der Carpenteria, Rotalia und dem noch weiter- hin zu besprechenden der Nummuliniden. Ich kann hingegen eine Bildung, ähnlich dem Kanalsystem der erwähnten übrigen Formen, hier nicht er- kennen, da ihm der wichtige Charakter desselben, nämlich aus Inter- septalräumen wenigstens zum Theil hervorgegangen zu sein, abgeht. Die Septen der Calcarina sind einfach und enthalten keine Kanalräume. Auch in der Bildung der Septalöffnung zeigt sich bei Calcarina eine Abweichung von den eigentlichen Rotalinen; statt einer einfachen findet _ sich hier am basalen Rand des Septums eine Reihe porenartiger Oeff- nungen; im Uebrigen sind die Scheidewände hier imperforirt. *) Die höchste Ausbildungsstufe erreicht der Schalenbau der Rhizopoden, wie schon mehrfach angedeutet wurde, in der Abtheilung der Nummuli- niden; wo, wie dies ja ein überhaupt in der Thierwelt mehr oder minder gültiges Gesetz zu sein scheint, mit der höheren Stufe der Entwickelung im Allgemeinen auch eine ansehnliche Grösse verbunden ist. Innerhalb dieser Abtheilung begegnen wir aber dennoch einfacheren, ja verhältniss- mässig sehr einfach gebauten Formen neben den complieirten, und sind im Stande, eine mehr oder minder zusammenhängende Reihe von allmählich fortschreitenden Ausbildungszuständen nachzuweisen, von den einfachsten ausgehend, bis zu den höchst entwickelten fortschreitend. Was die gemeinsamen morphologischen Charaktere der hier zusammen- gefassten Formen betrifft, so können wir die fast durchweg regulär spi- ralige Aufrollung hervorheben, welche in seltenen Fällen etwas zur asym- metrisch schraubenförmigen hinneigt und bei den höchstentwickelten Formen in ähnlicher Weise den Uebergang ins eyklische Wachsthum darbietet, wie wir dies auch schon in der Reihe der Imperforaten gesehen haben. Fast durchaus ist fernerhin diese regulärspiralige Schale durch einen hohen Grad von Involubilität ausgezeichnet, obgleich in dieser Hin- sicht auch Modifikationen sich finden. Die höher entwickelten Formen zeichnen sich durch die sehr vollständige Ausbildung eines, von uns schon in geringeren Entwickelungsstufen besprochenen, sogen. Kanalsystems aus und als weiteren Charakter, der uns zwar hier nicht näher berührt, dürfen wir noch die fast durchaus sehr feine Perforirung der Schalen- wände hervorheben. Als einfachste hierhergehörige Form können wir, indem wir absehen von gewissen schon kurz besprochenen monothalamen, durch engere Ver- wandtschaftsbande sich hier wahrscheinlich anschliessenden Typen (wie Involutina und Archaeodiscus), die Gattung Pullenia P. u. J. betrachten *) Unter den sandschaligen und angeblich imperforaten Formen des, wie schon mehrfach bemerkt, eine grosse Zahl sehr verschiedenartiger Gestalten umschliessenden Genus Trocham- mina P. u. J. finden sich auch eine Anzahl Arten, die sich in ihrer allgemeinen Bauweise sehr nahe an die Rotalinen anschliessen. Es erscheint daher wohl nicht unmöglich, dass sich durch genauere Untersuchungen für diese Formen ein näherer Anschluss an die eben betrach- tete Gruppe der Globigeriniden herausstellen dürfte. “ tee Perforate Polythalamia. (Pullenia, Sphaeroidina etc.) ir (IX. 14). Dieselbe wird zwar gewöhnlich in die Nähe der Globigerinen gestellt, mit deren symmetrisch spiraligen Formen sie wohl auch durch verwandtschaftliche Beziehungen verknüpft sein dürfte, doch scheinen ihre Beziehungen zu den Nummuliniden, hauptsächlich bei Berücksichtigung erst in neuerer Zeit aufgefundener Zwischenstufen, recht innige. Diese nur durch wenige Modifikationen vertretene kleine Form bietet uns das Bild einer symmetrisch spiraligen Schale mit nahezu oder völlig involuten Umgängen, die sich aus einer geringen Anzahl (4—5) . verhältnissmässig sehr rasch an Grösse zunehmender Kammern zusammen- setzen. Die verhältnissmässig geringe Höhe der Kammern in Verbindung mit ihrer ansehnlichen Breite macht die Gesammtgestalt der Schale zu einer nahezu kugeligen. Die Septalöffnung ist ein sehr breiter und niedriger Schlitz an der Basis der Septen. Letztere sind, so weit die vorliegenden Untersuehungen hierüber Aufschluss verleihen, einfach und von derselben feineren Structur wie die übrigen Theile der Kammer- wandung. Als nahe verwandt mit der soeben kurz beschriebenen Form wird gewöhnlich die Gattung Sphaeroidina (IX. 15) betrachtet, der wir daher hier noch einige wenige Worte widmen wollen. In vieler Hinsicht an Pullenia sich anschliessend, weicht sie von dieser durch die etwas asymmetrische schraubenspiralige Aufrollung ab, ist gleichfalls ganz involut, so dass äusserlich meist nur die 3 letzten Kammern sichtbar sind. Am abweichendsten verhält sich die Mündung, welche sich dureh Kleinheit und asymmetrische Lage sehr von der von Pullenia unterscheidet. Möglicherweise dürfte sich eine neuerdings von Wallich*) beschriebene, jedoch noch nicht ausreichend bekannte Gattung (Rupertia) ebenfalls näher an Pullenia anschliessen. Es ist dies eine Form, welehe namentlich durch einen nur selten bei den kalkschaligen Rhizopoden beobachteten Charakter sich auszeichnet. Sie erhebt sich nämlich auf einem, jedenfalls durch Aus- scheidung secundärer, nichtperforirter Schalenmasse gebildeten Stiele. Auf diesem ziemlich dicken Stiel ist eine an Pullenia, hauptsächlich durch die ähnlich gestaltete Mündung, erinnernde Schale aufgewachsen, welche jedoch eine viel unregelmässigere Bildung besitzt und daher auch in mancher Beziehung an gewisse Rotalinen, so namentlich die Gattung Planorbulina, erinnert. Wir erlauben uns an dieser Stelle einzuschalten, dass schon früher gelegentlich durch Macdonald (59) eine ähnliche, wenngleich nicht ganz sichere, Stielbildung bei einer zu den Rotalinen gehörigen und von Parker und Jones als Calcarina Spengleri gedeuteten Form beschrieben wurde, auch bei einer Nummulites ähnlichen, jedoch nicht näher zu bestimmenden Form will er eine solche Stielbildung beobachtet haben (wogegen die übrigen von ihm als Stielbildungen beschriebenen Verlängerungen nichts 2A. min. h. 4, XX. 78 Rhizopoda. weiter wie die bekanntlich bei gewissen Formen röhrenförmig ausgezogenen Schalenmündungen sind). In nahem Anschluss an die jetzt noch lebende Gattung Pullenia scheinen mir eine Anzahl fossiler, erst in neuerer Zeit, vorzüglich durch Brady (105) und v. Möller (116), näher bekannt gewordener Gat- tungen zu stehen, welche jedoch wenigstens zum Theil schon auf einer höheren Ausbildungsstufe stehen. In ihrer allgemeinen Gestaltung nähern sich diese, hauptsächlich durch Endothyra Phill. (IX. 16) und Bradyina v. Möll. (IX. 17) vertretenen Formen der Gattung Pullenia recht sehr, unterscheiden sich jedoch durch eine, wenngleich sehr geringe, schraubig spiralige Aufrollung der Umgänge, welche zwar bei der völligen Involu- bilität der Umgänge nur wenig hervortritt, aber doch eine etwas asym- metrische Gestaltung der Schale bedingt. Die Zahl der Kammern in den Umgängen ist auch hier im Ganzen gering und ihr Wachsthum in die Breite rasch, wodurch eben, im Zusammenhang mit den schon hervor- gehobenen Charakteren, die allgemeine Aehnlichkeit mit Pullenia wesentlich bedingt wird. Bei Endotbyra sehen wir denn auch dieselbe weite Mündung wie bei Pullenia die einfachen und in ihrer feinporösen Beschaffenheit sich nicht von den übrigen Kammerwandungen unterscheidenden Septen durch- setzen. Sehr eigenthümlich gestalten sich hingegen die Mündungsverhältnisse bei der Gattung Bradyina und der nahe verwandten Cribrospira; hier soll nach den Möller’schen Untersuchungen jedes Septum anfänglich völlig geschlossen gebildet werden, so dass also das jüngste Septum oder die Endfläche der jüngsten Kammer keine Mündung aufweist. Nach Bildung einer weiteren Kammer wird der dünne Basaltheil des Septums zerstört und damit eine ähnliche weite Communikationsöffnung zwischen den Kammern hergestellt wie bei Endothyra und Pullenia. Während bei der genannten Cribrospira die Septen noch einfach gebaut, jedoch von grösseren Poren wie die übrigen Schalenwandungen durchbrochen werden, stehen dagegen die Septen von Bradyina auf einer höheren Ausbildungsstufe, indem sie von zwei Lamellen zusammengesetzt werden, zwischen welchen eine Anzahl radiär verlaufender Interseptal- kanäle frei bleiben, die auf der Oberfläche der Schale längs der Kammer- nähte in ziemlich ansehnlichen Poren ausmünden. Andererseits münden jedoch diese Interseptalkanäle auch frei in die Kammerhöhlungen aus und zwar sowohl auf der centralen freien Schneide der Septen wie auch auf deren vorderer und hinterer Fläche. Im Prineip gestaltet sich daher das Kanalsystem hier recht ähnlich dem schon früher bei Rotalia kennen gelernten und schliesst sich an die noch weiter bei den Nummuliniden auftretenden höheren Ausbildungsstufen desselben an. Sehr nahe Beziehungen zu den seither besprochenen Formen scheint mir die Gattung Amphistegina d’Orb. (X. 1—3) aufzuweisen, wenngleich dieselbe auch von neueren Forschern gelegentlich zu den Rotalinen gezogen wurde. An die letztbesprochenen Genera schliesst sich Ampbhistegina Perforate Polythalamia. (Amphistegina, Nonionina etc.) 79 speciell dadurch näher an, dass ihre ganz involute Schale eine ziemlich bedeutende Asymmetrie der beiden Seitenflächen aufweist (X. 3). Es lässt sich diese Asymmetrie entweder auf eine schwach schraubenspiralige Anordnung oder, wie es hier auf dem Durchschnitt der Schale eigentlich mehr. den Anschein hat, nur auf eine stärkere, asymmetrische Ausbildung der einen Seite zurückführen. Diese durch stärkeres, etwa stumpf- kegeliges Hervorspringen ausgezeichnete Seite (X. 3,b!) wird, da die Septalöffnungen ähnlich wie bei den asymmetrischen Rotalinen sämmtlich auf diese Schalenseite verschoben sind (3, f), als die Unterseite bezeichnet. Im Gegensatz zu den seither besprochenen Formen sehen wir hier die Umgangshöhe nur sehr allmählich anwachsen und da gleichzeitig die Umgänge auch in der Richtung der Windungsaxe nur mässig zunehmen, besitzt die Gesammtgestalt hier nicht das kugelige Aussehen der letzt- besprochenen Formen, sondern nähert sich mehr einer biconvexen Gestal- tung (X. le). Die Zahl der auf einen Umgang kommenden Kammern ist sehr ansehnlich, die die Kammern scheidenden Septen sind sehr schief zur Spiralaxe gestellt und zeigen noch eine besondere, auf der Unterseite hervortretende Eigenthümlichkeit, welche für unsere Gattung vorzugsweise bemerkenswerth ist. Auf der Oberseite der Schale reprä- sentiren sich die zahlreichen Kammernähte als stark nach vorn geknickte Linien (X. 1a); auf der Unterseite dagegen sehen wir anscheinend zwei concentrisch umeinander gelagerte Kämmerchenspiralen (X. 1b). Und in der That ist eiwas derartiges hier auch wirklich zur Ausbildung gelangt. Es hat sich nämlich auf der Unterseite die flügelartig nach der Axe hin um die früheren Umgänge herumlegende Verlängerung der Kammern durch eine secundäre Scheidewand von dem peripherischen Kammertheil abgesondert und diese beiden Theile jeder Kammerhälfte der Unterseite stehen nur noch durch eine meist enge Communikationsöffnung in Ver- bindung, was sich namentlich gut an Steinkernen fossiler Schalen nach- weisen lässt (X. 2, a). Die Septen selbst sind von einfacher Bildung und ausser der basal und auf der Unterseite der Schale gelegenen ziemlich ansehnlichen Septalöffnung weisen sie gewöhnlich nur noch eine Anzahl grober Poren auf. Wie wir ähnliches auch noch bei den weiterhin zu besprechenden Formen finden werden, sehen wir auch hier die um die Windungsaxe gelagerte Schalenpartie (X. 3, b, b') aus dichter, nicht perforirter Schalensubstanz aufgebaut und ein Streif ähnlicher nicht per- forirter Substanz bildet ferner ein durch den Verlauf der Rückenspirale bezeichnetes Band in den Umgangswandungen, das man seiner Lage nach den Dorsalstrang nennt (3, c?, c?). Ein Kanalsystem ist bei der eben kurz geschilderten Form nicht angedeutet. Eine hohe, ja die höchste Entwickelungsstufe erreicht hingegen das Kanalsystem bei den beiden in sehr naher Beziehung zu einander stehen- den Gattungen Nonionina und Polystomella, zwischen welchen, da sie durch zahlreiche Uebergangsformen mit einander verknüpft scheinen, eine scharfe Grenzlinie nicht zu ziehen ist. 30 Rhizopoda. Die bei weitem einfacheren Formen umschliesst die Gattung Nonio- nina, die in ihren allgemeinen Gestaltsverhältnissen sich z. Th. noch sehr nahe an Pullenia und Endothyra anreiht. Im Gegensatz zu letzterer Gattung jedoch haben wir hier fast durchaus regulär-symmetrisch gestal- tete Formen von gewöhnlich sehr bedeutender, bis völliger Involubilität. Die Zahl der auf einen Umgang kommenden Kammern ist meist ziem- lich beträchtlich und die Zunahme der Umgangshöhe nicht sehr be- deutend. Zuweilen jedoch wächst der letzte Umgang recht beträchtlich in die Höhe und es nähert sich damit die ganze Gestaltung der nahe verwandten Gattung Opereulina. Die weniger involuten Formen können jederseits eine recht deutliche Nabelhöhle aufweisen, meist jedoch wird dieselbe durch secundäre Schalenmasse völlig ausgefüllt und die Ablagerung derselben erstreckt sich zuweilen strahlenartig von dem Nabel aus auf die Kammernähte, so dass hierdurch eine sternartige Figur auf den Seiten der Schale gebildet wird. Die ziemlich senkreeht zur Spiralaxe verlaufenden Septen werden von einer basalen schlitzartigen Mündung durchbohrt. Sie sind nicht perforirt wie die Kammerwandungen, aus zwei Lamellen zusammengesetzt, zwischen welchen sich ein Kanalsystem entwickelt. Wie sich die Ent- faltung dieses Kanalsystems speciell bei den Nonioninen gestaltet, scheint noch wenig sicher bekannt zu sein. Nach den Angaben von Parker und Jones ist es häufig sehr wenig ausgebildet oder soll sogar gänzlich fehlen. Wir schildern hier die Ausbildung des Kanalsystems bei den Nonionina so nahestehenden Polystomellen (nach den Untersuchungen Carpenter’s), welchen sich in dieser Hinsicht auch die Nonioninen, wenigstens in ihren höher entwickelten Formen, anschliessen werden. Jederseits bemerkt man hier in jedem Septum einen Interseptalkanal, der dieht unterhalb der äusseren Schalenoberfläche verläuft und an der Rückenseite des Septums in den der andern Seite übergeht (X. 6c, d). Von jedem dieser Kanäle entspringen vorn und hinten, nach der Schalenoberfläche zu, zahlreiche secundäre Kanälchen (6e, f), die wie bei Rotalia auf der Oberfläche der Kammern längs der Kammernähte in je einer vordern und hintern Reihe von Poren ausmünden. Die Interseptalkanäle jeder Seite nehmen ihren Ursprung von einem jederseits der Schale verlaufenden Spiralkanal (X. 6e, e; 6b, e u. e!), der in der Gegend der Embryonalkammer aus einer Art lakunären Lückenwerks, wie es häufig scheint, beginnend, die nach der Windungsaxe schauenden Ränder der Umgänge begleitet. Die Bildung dieser Spiralkanäle kann man sich in der Weise vor sich gehend denken, dass, bei der Auflagerung jedes neuen Umgangs auf den vorhergehenden, ein solcher spiraliger Kanal zwischen der Oberfläche des vorhergehenden Umgangs und der sich auflagernden Wandung des folgenden frei gelassen wird. Von diesen Spiralkanälen entspringen dann noch bei denjenigen Formen, bei welchen der Nabel von einer seeundären Auflagerungsmasse ausgefüllt wird, zahlreiche letztere durchsetzende Kanälchen, welche in ne Polythalame Perforata. (Polystomella, Operculina.) si ziemlich gestreckter Richtung nach der Schalenoberfläche aufsteigen und hier ausmünden (X. 6b). Wie gesagt, besitzt dieses Kanalsystem seine höchste, eben geschil- derte Ausbildung bei der Gattung Polystomella; jedoch sind es noch einige nicht uninteressante morphologische Eigenthümlichkeiten, welche letztere weiterhin charakterisiren. Schon bei eigentlichen Nonioninen zeigt sich nicht selten eine Hinneigung zum Zerfall der schlitzartigen Septal- - öffnung in eine grössere Anzahl secundärer, porenartiger Oeffnungen. Letzteres Verhalten ist dann für die eigentlichen Polystomellen typisch geworden; es findet sich also hier statt einer einfachen Septalöffnung eine Reihe längs des ganzen Basalrandes des Septums hinziehender Poren (6b u. 6c, s). Ausserdem bilden sich jedoch hier weiterhin am periphe- rischen Rand der Septen eigenthümliche, dicht unter der Schalenoberfläche sich entwieckelnde und entweder in die hintergelegene Kammer hinein- ragende, sackartige Ausstülpungen, oder röhrenförmig in die äussere Kammerwandung sich erstreckende Fortsetzungen. Auch auf die Con- figuration der Schalenoberfläche sind diese Bildungen von Einfluss, indem entweder bei der letzterwähnten Ausbildungsform derselben längs dem hinteren Rand jeder Kammer grubenförmige, je zwischen zwei der Septal- röhrchen gelegene Einsenkungen sich finden (XI. 2g), oder aber bei der erstgenannten Ausbildungsform eine Längsfurchenbildung, welche haupt- sächlich auf dem jüngsten Umgang hervortritt (X. 6a), von jener eigen- thümlichen Beschaffenheit der Septen äusserlich Zeugniss gibt. Wie wir schon öfter den innigen Zusammenhang von kalk- und sandschaligen Formen zu constatiren hatten, so sehen wir denn auch sandschalige Rhizopoden auftreten, die sich in ihrer Gestaltung so nahe an Nonionina anschliessen, dass ich ihre Hierhergehörigkeit nicht bezweifeln kann. Eine solche Form ist z. B. von Brady (117 1.) als Angehörige der Gattung Trochammina (Tr. trulissata Brdy.) geschildert worden, eine andere, wohl gleichfalls sich hier anschliessende, sandschalige Form ist noch deshalb von besonderem Interesse, weil. Carter*) bei ihr die Per- foration der Wände sehr wahrscheinlich gemacht hat. Es ist dies die von Brady (117 I.) zum besonderen Geschlecht erhobene Cyelammina, bei welcher sich nach letzterem Beobachter der von Sandrhizopoden schon vielfach hervorgehobene Charakter auch wieder zeigen soll, nämlich die z. Th. völlige Erfüllung der Kammerhöhlungen durch Auswüchse der Wände, In sehr inniger Beziehung zu einander stehen die beiden Gattungen Opereculina (X.4) und Nummulites (XII. 1—10), so dass es eigentlich nur gewisse Wachsthumsverhältnisse sind, welche dieselben unterscheiden. Andererseits schliessen sie sich auch recht innig an die letztbesprochenen Formen, Nonionina und Polystomella, an. Wir haben hier gleichfalls wieder (mit seltenen kleinen Abweichungen) die regulär spiralische Aufrollung, welche zwischen völliger und geringer *) A. m. n. h. 4. XIX. Bronn, Klassen des Thier-Reichs. Protozoa, [9 82 Rhizopoda. Involubilität schwanken kann. Da jedoch bei den wenig involuten Formen (wie z. B. Opereulina und den in der Untergattung Assilina zusammen- gefassten Formen von Nummulites), wenn auch die Kammerhöhlungen der jüngeren Umgänge nicht bis zu völliger Umfassung der früheren Umgänge sich ausdehnen, doch die Schalenwandang der jüngeren Umgänge sich verstärkend auf die vorhergehenden überlegt, so darf hier dennoch, wie dies auch bei einem Theil der Polystomellen der Fall ist, von völliger Involubilität gesprochen werden. Die auf allgemeinen Wachsthumsverhältnissen beruhenden Unterschiede beider Gattungen sind hauptsächlich: das verhältnissmässig sehr rasche Anwachsen der Umgangshöhe bei Opereulina (X. 4a u. b), was sich namentlich in der raschen Höhenzunahme des letzten Umgangs ausspricht und mit der geringen Ausdehnung in der Richtung der Windungsaxe eine meist sehr abgeflachte, scheibenförmige Gestalt der Schale bedingt. Bei Nummulites hingegen wachsen die meist sehr zahlreichen Umgänge nur sehr allmählich, häufig nahezu unmerklich in die Höhe (XII. 1, 2, 6) und eine opereulina-artige Erhöhung des letzten Umgangs tritt nie auf, sondern die ausgewachsene Schale scheint sich im Gegentheil ziemlich allgemein, wie dies schon früher angedeutet wurde, durch Uebergang der spiraligen Aufrollung in eine kreisförmige zu schliessen. Bei beiden Gattungen sehen wir zahlreiche ziemlich genau radiale und nach vorn etwas convex hervorgewölbte Septen die einzelnen Kammern scheiden, zwischen welchen an der Basis der Septen gelegene, spaltartige Oeffnungen die Communikation herstellen (X. 4b, e uud XI. 8, e). Gemeinsam für beide ist fernerhin die Ausbildung eines aus nicht per- forirter Schalensubstanz bestehenden sogen. Dorsalstrangs (X. 4b, a—a? u. XII. 6 u. 8, a—a!), wie wir ihn ähnlich auch schon bei der Gattung Amphistegina angetroffen haben. Hier zeichnet sich derselbe durch seine bei Opereulina sehr deutliche Zusammensetzung aus parallel der Spiral- axe gelagerten Kalkspieula aus*), fernerhin jedoch noch durch die ihn der Längsrichtung nach durchziehenden zahlreichen Kanäle, welche unter sich vielfach anastomosiren und einen Abschnitt des hochausgebil- deten Kanalsystems darstellen, den wir bei Polystomella sammt dem Dorsalstrang vermissten. Bei Nummulites treten unter den Längskanälen des Dorsalstrangs hauptsächlich zwei Paar ansehnlich hervor (XII. 8, a). Das übrige Kanalsystem wird auch hier durch dasselbe Paar ansehnlicber Spiralkanäle gebildet (X. 4b, 4c, h, XII. 8), welche wir auch schon bei Polystomella angetroffen haben, jedoch ist ihre Lage hier eine etwas andere, indem sie einander näher gerückt sind, zu beiden Seiten des Dorsalstrangs und demselben aufgelagert hinziehen, also die Septen jeder- seits dicht neben den seitlichen Enden der spaltartigen Septalöffnung durchsetzen. Zwischen die beiden Lamellen jedes Septums schickt der *) Gegenüber Carpenter muss ich, nach eigner Untersuchung, die von Carter an- gegebene Zusammensetzung des Dorsalstrangs aus Kalkspicula bestätigen. Polythalame Perforata. (Nummulites.) s3 Spiralkanal jeder Seite einen nach dem Dorsalstrang aufsteigenden Inter- septalkanal (X. 4b, 4e, g; u. X. 8f, 10b), der sich während seines Ver- laufs meist vielfach verzweigt und indem die Zweige jeder Seite unter sich, häufig jedoch auch mit denen der gegenüberliegenden Seite anasto- mosenartige Verbindungen eingehen, entsteht ein netzartiges Kanalwerk von mehr oder minder regulärer Ausbildung. Von dem in der Dorsal- partie des Septums gelegenen Theil dieses Gefässwerkes nehmen denn auch die den Dorsalstrang durchziehenden Gefässe ihren Ursprung (X, 4c, al). Bei Nummulites wenigstens ist ferner der Zusammenhang der Kanäle des Dorsalstrangs mit den beiden ihm aufliegenden Spiralkanälen des folgenden Umgangs sichergestellt, so dass also in dieser Weise das Kanalsystem der aufeinanderfolgenden Umgänge und schliesslich das der ganzen Schale in Zusammenhang steht. Wie bei Polystomella sehen wir fernerhin auch bei Opereulina von den Interseptalkanälen jedes Septums zahlreiche Aestchen nach der äusseren Schalenoberfläche dringen und hier jederseits der durch imperforirte Schalenmasse ausgezeichneten Kammer- naht in je einer Porenreihe ausmünden (X. 4b, b). Etwas anders hin- gegen gestalten sich diese Verhältnisse bei Nummulites, indem hier jene nach aussen führenden Aestchen nicht gleichmässig längs jeder Kammer- naht sich erstrecken (wie denn hier auch die Kammernähte nieht wie bei ÖOpereulina durch einen fortlaufenden Streif imperforirter Substanz aus- gezeichnet sind), sondern es dringen sowohl von den Interseptalkanälen, als auch direct von den Spiralkanälen, Bündel feiner nach aussen führender Zweigkanälchen in zapfenartige nach der Schalenoberfläche sich erweiternde und über den Septen die feintubulirten Schalenwände durchsetzende Par- tien imperforirter Substanz ein (XII. 8e), um auf der tuberkelartig vor- springenden Aussenfläche dieser Zapfen oder Pfeiler auszumünden (XI. 6, e, 9e). Wenn nun, wie dies bei den involuten Nummuliten gewöhn- lich der Fall ist, derartige Zapfen nicht perforirter, jedoch von Zweigen des Kanalsystems durchzogener Schalensubstanz der übereinandergelagerten Umgänge- aufeinandertreffen, so setzen sie sich direct ineinander fort (XL. 2, 9e). Wir begegnen dann auf den Durchschnitten solcher Schalen sehr häufig derartigen Pfeilern, welche durch mehrere, ja durch sämmtliche Umgänge hindurch sich fortsetzen. Die Septen werden ausser von der Septalöffnung noch von einer Anzahl gröberer Poren durchbrochen, welche auch z. Th. eine Communikation der Interseptalkanäle mit den Kammer- räumen herstellen. Im übrigen sind wenigstens bei Opereulina die Septen imperforirt, wogegen für Nummulites (z. Th.) von v. Möller (116), wie früher auch schon von d’Archiac und Haime, eine perforirte Beschaffenheit der Septen angegeben wird. Besondere Eigenthümlichkeiten zeigen sich noch im gegenseitigen Verhalten und der Anordnung der Septen bei Nummulites, wo eine be- deutende Mannigfaltigkeit in dieser Hinsicht angetroffen wird. Wie schon oben bemerkt wurde, ist ein Theil der Nummuliten sehr wenig involut, wenigstens in dem Sinne, dass die eigentlichen Kammerhöhlungen der 6* 54 Rhizopoda. aufeinanderfolgenden Umgänge sich ähnlich wie bei Opereulina nur wenig umfassen (XII. 4a, 5). Bei den involuten Formen dagegen, bei welchen die Kammerhöhlungen die vorhergehenden Umgänge seitlich, flügelartig ausgezogen, bis zur Windungsaxe überdecken (XII. 2, 6), findet sich ent- weder ein einfach strahlenartig radiärer Verlauf der Septen bis zur Windungsaxe hin (XI. 3), oder diese nach der Windungsaxe jederseits sich erstreckenden Seitentheile der Septen zeigen einen mehr oder weniger unregelmässig hin- und hergewundenen Verlauf. Bei weiterer Entwicke- lung dieses Verhaltens treffen die Ausbuchtungen dieser seitlichen Flügel- theile der aufeinanderfolgenden Septen verschmelzend aufeinander (XII. 7 b?), Durch diese eigenthümlichen Wachsthumserscheinungen werden die ur- sprünglich einfachen Seitenflügel der Kammern in zahlreiche secundäre Kämmerchen zerlegt (XII. 6). Ein in der Windungsaxe geführter Durch- schnitt eines solehen Nummuliten bietet daher in der Medianlinie eine Reihe grösserer Kammern (XU. 9, b), d. h. die centralen Kammertheile dar, welche seitlich von einer ganzen Anzahl Schichten sehr niederer Kämmerchen überdeckt werden (XII. 9d); es sind dies eben die aus der Umbildung der Seitenflügel der Kammern hervorgegangenen Kämmerchen. Eine eigenthümliche Parallelgruppe zu der von uns schon früher be- sprochenen imperforaten Gattung Alveolina bilden unter den Nummuliniden die sogen. Fusuliniden (X. 11—15) mit der Hauptgattung Fusulina. In mancher Hinsicht schliessen dieselben sich gerade der Gattung Nummulites an, von der sie sich jedoch durch eine im allgemeinen viel einfachere Bildungsweise wieder entfernen. Der hauptsächlichste morphologische Charakter dieser Formen, welcher dieselben gleichzeitig den Alveolinen nähert, ist die völlige Involubilität; die Umgänge umhüllen sich hier völlig (XII. 15), so dass jeder neue Umgangsraum allseitig den vorher- gehenden umfasst. Aeusserlich ist daher von den früberen Umgängen absolut nichts sichtbar. Gleichzeitig ist jedoch die Gesammtschale in der Richtung der Windungsaxe sehr verlängert (XII. 11, 12, 13, 15); wes- halb, da die Umgangshöhe nur sehr allmählich anwächst, die Gesammt- gestalt der Schale derjenigen von Alveolina sehr ähnlich wird. Bei ge- ringerer Streckung der Windungsaxe erscheint sie demnach etwa kugelig (Schwagerina), bei grösserer Streckung hingegen spindelförmig bis eylin- drisch (Fusulina und Hemifusulina). Die Umgänge werden wie bei Nummulites durch zahlreiche Septa in Kammern zerlegt (XII. 14), die unter einander durch spaltartige, am Innenrand der Septa gelegene Oeff- nungen in Verbindung stehen (XIL. 11m). Aehnlich wie wir jedoch die seitlichen Theile der Septen bei gewissen Formen von Nummulites in sehr eigenthümlicher Weise gefältelt und damit die Erzeugung secundärer Kämmerchen verbunden sahen, finden wir solches auch bei den Fusu- linen. Bei der Gattung Schwagerina sind die Septen in ihrer grössten Ausdehnung von regelmässig ebenem Verlauf, an den Polen der Schale jedoch, wo sie sich der Windungsaxe nähern, gehen sie plötzlich in I Ü En zu Polythalame Perforata. (Fusuliniden, Loftusia.) 85 wellenförmig gebogenen Verlauf über, verzweigen sich auch und indem die hier zusammenkommenden zahlreichen Septen eines Umgangs — und, wie es scheint, sogar der aufeinanderfolgenden Umgänge — mit ihren Ver- zweigungen und Hin- und Herbiegungen vielfach anastomosiren, bildet sich in der Windungsaxe ein ganz unregelmässiges, labyrinthisches Fach- werk (XII. 15n) kleiner Kämmerchen aus (sogen. filet cloisonnaire, nach der Bezeichnung von d’Archiae und Haime für das in mancher Hinsicht ähnliche Verhalten der seitlichen Septentheile der oben beschriebenen Nummuliten). Anders hingegen ist das Verhalten bei den Gattungen Fusulina und Hemifusulina. Hier sind die Septen durchaus wellenförmig . gefältelt, parallel dem medianen Durchmesser der Schale (XI. 11s, 13), jedoch verliert sich diese Fältelung etwa in !/, bis */, der Höhe der Septen, so dass sich letztere in gestrecktem, geradem Verlauf an die äussere Schalenwandung anheften. Indem nun die sich gegenüberstehenden Ausbiegungen der aufeinanderfolgenden Septen mit einander verschmelzen, wird jeder Kammerraum in eine grosse Zahl secundärer Kämmerchen getheilt, welche jedoch sämmtlich mit ihren äusserlichen Theilen unter einander in Verbindung stehen, da ja hier, wie erwähnt, die Fältelung der Septen fehlt. Die einfachere Bauweise, gegenüber Nummulites ete., zeigt sich in dem völligen Mangel eines Kanalsystems bei Fusulina und Schwagerina, womit denn auch die Einfachheit der nichtperforirten Septen in Verbin- dung steht. Bei der Gattung Hemifusulina dagegen, die sich in allge- mein morphologischer Beziehung genau an Fusulina anschliesst, ist mit dem Auftreten einer doppelten Septenwand auch ein, wenn auch sehr mangelhaft ausgebildetes, Kanalsystem verbunden. Wir glauben, im Anschluss an die Fusuliniden, an eine sehr eigen- thümliche, von ihrem Monographen Brady (88) für eine sandschalige Form erklärte Rhizopode erinnern zu dürfen, über deren Stellung sich bis jetzt mit Sicherheit nur wenig bemerken lässt. Es ist dies die auch durch ihre Grösse bemerkenswerthe Gattung Loftusia (VII. 1), welche zuerst tertiär, neuerdings jedoch auch in der Kohlenformation nachgewiesen wurde. Wie die sandschaligen Formen überhaupt, wird auch die Loftusia von Brady für eine Imperforate gehalten, wogegen viel für ihre Zugehörig- keit zu den Perforaten zu sprechen scheint und auch die angebliche Zu- sammensetzung ihrer Schale aus Kalksand scheint etwas fraglich, da wir neuerdings durch v. Möller (116) erfahren haben, dass eine Reihe fossiler, angeblich kalksandschaliger Formen als echt kalkschalige zu betrachten sind, welche durch den Fossilisationsprocess eigenthümlich verändert wurden. In ihren allgemeinen morphologischen Bauverhältnissen nähert sich Loftusia in mancher Hinsicht den besprochenen Fusuliniden; sie ist gleichfalls eine völlig involute und in ihrer Windungsaxe sehr ver- längerte, daher ei- bis spindelförmige Form, die jedoch in ihrem feineren, inneren Bau mannigfache sehr eigenthümliche Verhältnisse darbietet. Auf der Innenfläche einer die Umgänge äusserlich bildenden, verhältnissmässig s6 Rhizopoda. dünnen Schalenlamelle hat sich nämlich eine ziemlich beträchtliche Menge einer secundären, eigenthümlich reticulären, bis labyrinthischen Schalen- masse abgelagert (1, e), welche auch die ellipsoidische Centralkammer vollständig erfüll. Von dieser Auskleidungsmasse entspringen zahlreiche sehr schief zur Spiralaxe die Umgangshöhlungen durchsetzende Septen, die keine regulären Communikationsöffnungen besitzen, jedoch, da sie aus der gleichen labyrinthisch retieulären Masse gebildet sind, vielfache Com- munikationen zwischen den durch sie geschiedenen Kammern gestatten. Ausserdem erstrecken sich jedoch noch zahlreiche, hohle säulenartige Auswüchse zwischen den benachbarten Septen, durch welche der Kammer- raum vielfach unregelmässig untergetheilt wird. Wie gesagt, ist der eigenthümliche Bau dieser Gattung (deren Rhizopodennatur sogar von Carter,*) jedoch, wie ich glaube, mit Unrecht bezweifelt wird) bis jetzt in keine sichere Beziehung zu anderen Formen zu bringen, doch dürften die allgemeinen Bauverhältnisse den vorläufigen Anschluss an die Fusu- liniden wohl rechtfertigen. Schon früher wurde bei Betrachtung der Imperforata darauf hin- gewiesen, dass ein ganz ähnlicher Uebergang zur ceyklischen Aus- bildungsweise, wie er von Peneroplis durch Orbieulina zu Orbitolites zu verfolgen ist, auch bei den Perforaten angetroffen wird. Hier wird dieser Uebergang durch die Gattung Heterostegina (X. 5) bewerkstelligt und zwar schliesst sich diese zunächst an Operculina an. Wie bei letzterer haben wir auch bei Heterostegina ein ursprünglich vollständig oder nahezu vollständig involutes Wachsthum, das jedoch mit dem raschen Höhen- wachsthum der Umgänge schliesslich in ein nur wenig involutes übergeht, indem sich wie bei Opereulina der letzte Umgang sehr rasch bedeutend erhöht und in der Richtung der Windungsaxe entsprechend abflacht. Eine sehr grosse Anzahl nach vorn eonvexer und ziemlich schief zur Spiralaxe verlaufender Septen theilt die Umgänge in zahlreiche und nur sehr kurze Kammern, während dieselben natürlich sehr rasch an Höhe wachsen und so bei der Betrachtung von der Seite eine etwa bandförmige Gestalt zeigen. An der Basis jedes Septums existirt wie bei den meisten seither besprochenen Nummuliniden eine Communikationsöffnung zwischen den Kammern. Diese bandförmigen Kammern werden jedoch ähnlich wie bei Orbieulina durch zahlreiche secundäre Scheidewände, welche senkrecht auf die primären aufgesetzt sind, in secundäre Kämmerchen getheilt. Unter sich stehen diese secundären Kämmerchen jeder Kammer in keiner direeten Verbindung, dagegen communieiren die alternirend gestellten der aufeinanderfolgenden Kammern in ganz ähnlicher Weise, wie wir dies schon mehrfach unter entsprechenden Verhältnissen fanden, indem jedes Kämmerchen sowohl mit den zwei benachbarten der vorhergehenden wie der folgenden Kammer durch schiefe Communikationsöffnungen in Ver- bindung steht. Sowohl die primären wie die secundären Scheidewände ' *, A. m. n.h. 4. XVIL Polythalame Perforata. (Cycloclypeus, Orbitoides.) 87 werden von zwei Lamellen zusammengesetzt, zwischen welchen ein Inter- Kanalsystem verläuft, das sich wie bei der nahe verwandten Opereculina mit einem in einem Dorsalstrang zur Ausbildung kommenden Theil in Verbindung setzt. Das regulär-cyklische Wachsthum, wie wir es unter den Im- perforaten schon bei Orbitolites antrafen, finden wir unter den Perforaten bei 2 Gattungen, Cycloclypeus (VL 3) und Orbitoides (XII. 17—21) ver- treten, von welchen die erstere, als die einfacher gebaute, hier zunächst unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen wird. Wie bei der einfachen Form von Orbitolites sehen wir hier um eine ansehnliche Centralkammer zahlreiche, in einer Ebene ausgebreitete Kämmerchencyklen, die scheiben- förmige Schale bilden (VI. 3 B). Zwischen den Kämmerchen jedes Cyklus existirt auch hier keine directe Verbindung, dagegen stehen die alternirend gestellten der aufeinanderfolgenden Cyklen durch mehrfache übereinander- gelegene, schiefe Communikationen, ähnlich wie bei der eomplieirten Form von Orbitolites, in Verbindung (3, D, ce, f). An jedem Kämmerchen lässt sich eine primäre innerste Schalenlamelle unterscheiden, welche jedoch auf den Seitenflächen der Schale von einer dicken Lage geschichteter, secundärer Schalensubstanz überlagert wird (3 D a), während gleichzeitig auch die aneinanderstossenden primären Schalenlamellen der benachbarten Kämmerchen durch eine Zwischenlagerung ähnlicher, jedoch, wie die Scheidewände überhaupt, nicht perforirter Substanz gesondert werden. In dieser Zwischensubstanz der Scheidewände breitet sich nun ein hoch ent- wickeltes Interkanalsystem aus (5 D, ec), das sich im wesentlichen aus zahlreichen radiären (3 C, g), die secundären Septen, und eirkulären (3 C, h, h!), die primären Septen durchziehenden Kanälen zusammensetzt. Aestchen, welche von den Kanälen der secundären Septen abgehen, münden in die Kämmerchenhöhlungen ein (3 C, g), während andere, in der Diekenrichtung der Schale von den radialen und eirkulären Kanälen aufsteigende Aestchen durch die nichtperforirte Schalensubstanz, welche die Fortsetzung der Septen durch die perforirten Auflagerungen der Seiten- flächen bildet, hindurchtretend (3 D, e), auf der Oberfläche der Schale in feine Poren ausmünden. Ueber den Kanten, welche durch die zu- sammenstossenden Wände benachbarter Kämmerchen gebildet werden; verdicken sich, namentlich im centralen Gebiet der Scheibe, diese aus nichtperforirter Substanz bestehenden Fortsetzungen der Septen zu nach der Schalenoberfläche zu kegelartig sich verbreiternden Pfeilern (3 D, e, c, d). Aehnliche Bildungen haben wir bei verwandten Formen schon mehrfach angetroffen und wie dort sind sie auch hier von Ausläufern des Kanalsystems durchzogen. Von der einfacher gebauten Gattung Cyelo- elypeus unterscheidet sich der complieirtere Orbitoides (XII. 17—21) hauptsächlich durch die Eigenthümlichkeit, dass hier zwischen den zahl- reichen aufeinandergeschichteten Lamellen, welche wie bei Cyeloclypeus die seitlichen Flächen der medianen Kämmerchenschicht überlagern, zahl- reiche Schichten secundärer und sehr niedriger Kämmerchen eingeschaltet 85 Rhizopoda, sind (21b, 20d), demnach in einer mehr oder minder dicken Lage jeder- seits die mediane Hauptkammerschicht (a) überkleiden. Da auch hier wie bei Cyeloclypeus die seitlichen Auflagerungsmassen am stärksten in der centralen Partie der Scheibe entwickelt sind, so tritt diese einmal gewöhnlich knopfförmig hervor und weist ferner zahlreichere überein- andergestapelte Schichten von Nebenkämmerchen auf, als dies in den peripherischen Theilen der Scheibe der Fall ist. Zwischen den grösseren Mediankammern der aufeinanderfolgenden, häufig jedoch z. Th. nicht ganz vollständigen, Cyklen existiren ähnliche Communikationen (22, a b), wie bei Cyeloelypeus; dagegen sollen hier gewöhnlich auch die Kämmerchen jedes Cyklus durch eine die secundären Septen durchsetzende Oefinung (22 a') in directer Verbindung stehen. Aber auch die Nebenkämmerchen der übereinandergeschichteten Lagen stehen durch Communikationskanäle in Verbindung (20d), indem jedes derselben sich durch schief von ihm auf- und absteigende Kanäle mit den 2 benachbarten, jedoch alternirend gestellten der iber- und untergelagerten Schicht in Communikation setzt. Auf der Scheibenoberfläche treten die nichtperforirten Scheidewände zwischen den Nebenkämmerchen gewöhnlich etwas leistenartig hervor (20) und die Gesammtheit dieser Leisten bildet eine erhabene netzartige Zeich- nung. Achnlich wie bei Cycloclypeus entwickeln sich jedoch auch hier in den zusammenstossenden Kanten der Scheidewände der Nebenkämmer- chen kegelartige Pfeiler (20e) von nichtperforirter Masse, welche in den Knotenpunkten des oberflächlichen Leistenwerks warzig vorspringen. In ähnlicher Weise wie bei Cycloclypeus ist ferner hier auch ein Kanalsystem (20h, 22) entwickelt, das jedoch im Ganzen weniger genau bekannt ist. In Kürze mag noch erwähnt werden, dass sich in dem hierhergehörigen Formenkreis eine reiche Mannigfaltigkeit der äusseren Gestaltung kundgibt, welche jedoch durch gewisse Modifikationen aus der typisch scheibenförmigen ohne Schwierigkeit abgeleitet werden kann. Durch besondere Mächtigkeit der seitlichen Auflagerungen von Neben- kämmerchenschichten geht die allgemeine Gestaltung in eine linsenförmige, Ja nahezu kugelförmige, über. Durch besonders ansehnliche Entwiekelung der Mediankammern in gewissen Radien der Scheibe bilden sich auf der Oberfläche hervorspringende Rippen (19), die gleichzeitig auch eine be- sondere randliche Verlängerung eingehen können, so dass der Umriss der Scheibe eine polygonale (17) oder, bei noch stärkerem Vorspringen dieser Rippen, sogar eine sternförmige Gestaltung (18) annehmen kann. In ziemlich naher Beziehung zu Orbitoides scheint mir in allgemein morphologischer Hinsicht die gewöhnlich zu den Rotalinen gerechnete Gattung Tinoporus (XIII. 2—3) zu stehen und zwar wenigstens mit der unter dem Namen T. baculatus bekannten Art (3). Im Hinblick auf die soeben kurz beschriebenen Orbitoidesformen können wir die haupt- sächlichsten morphologischen Besonderheiten dieses T. baculatus in der Weise charakterisiren, dass wir ihn als einen Orbitoides bezeichnen, bei welchem es nicht zur Ausbildung der medianen Kämmerchenlage ge- Polytlıalame Perforata. (Tinoporus.) 89 kommen ist, oder bei welchem sich dieselbe nicht von den übrigen Kämmerchen unterscheidet. Der Wachsthumsanfang des Tinoporus wird jedoch an Stelle der ansehnlichen, bei Orbitoides sich findenden Central- kammern durch eine Anzahl deutlich spiralig aufgerollter Kammern be- zeichnet, die man wohl als die sehr reducirte Medianlage des Orbitoides betrachten dürfte. Dies scheint um so mehr gestattet, als sich auch bei gewissen Orbitoidesformen eine so erhebliche Entwickelung der Neben- kammern findet, dass dagegen die mediane Kämmerchenlage sehr zurück- tritt und namentlich die beiden seitlichen Nebenkammerlagen, um den peripherischen Rand der Medianlage herumgreifend, in einander übergehen, wobei natürlich das Weiterwachsthum) der medianen Lage gänzlich sistirt. Es liesse sich der Bau von Tinoporus im Anschluss hieran in der Weise deuten, dass bei ihm die mediane Kammerlage durch sehr frühzeitiges allseitiges Herumwachsen der Nebenkämmerchen nur eine sehr geringe Ausbildung erreicht, wogegen aber die Nebenkämmerchenlagen sich sehr entwickeln und in allseitig kugelig umfassenden Schichten weiter- wachsen. Gleichzeitig ordnen sich die Kämmerchen in radialen, ziemlich regelmässigen Reihen, wie ja solches auch bei Orbitoides hervortritt. In dieser Weise wird, da auf der einen Seite der spiraligen Anfangs- kammerlage die Entwickelung der Kämmerchenlagen eine etwas reich- lichere ist als auf der entgegengesetzten Seite, eine Gesammtschale von etwas asymmetrischer, brodförmiger oder bei dem Tinoporus vesieularis (XIII. 2a) stumpf kegelförmiger Gestalt, mit abgeplatteter Unterfläche, erzeugt. Unter sich stehen die Kämmerchen in ganz ähnlicher Verbindung wie die Nebenkämmerchen bei Orbitoides, und zwar in der Art, dass jedes der Kämmerchen einer radialen Reihe durch Communikations- öffnungen (2b) mit den zwei weiter nach aussen und ebenso den zwei weiter nach dem Centrum zu alternirend gestellten der beiden benach- barten Radialreihen in Verbindung steht. Während die parallel der Oberfläche verlaufenden Böden der Kämmerchen perforirt sind, wie dies gleichfalls bei Orbitoides der Fall, sind hingegen die seitlichen Wände solid. Wie bei Orbitoides entwickeln sich jedoch auch hier längs der Kanten, in welchen die Radialreihen von Kämmerchen zusammenstossen, kegelförmige Zapfen von solider Schalensubstanz, die auf der Schalen- oberfläche warzig hervorspriogen, wie denn auch auf der Oberfläche eine ähnliche Netzzeichnung sichtbar ist, die von den vorspringenden Septen der oberflächlichsten Kämmerchenschicht herrührt. Ausser diesen Kegelzapfen von nichtperforirter Schalensubstanz (sogen. supplementäres Skelet Carpenter’s) bilden sich jedoch hier (T. baculatus) noch weit ansehnlichere und zum grössten Theil in die Ebene der anfänglichen Kämmerchenspirale fallende Ansammlungen von nicht perforirter Schalen- substanz, die sich radiär stachelartig (3), ähnlich wie die Stacheln bei Calcarina, über die Peripherie der Schale hinaus erstrecken und ziemlich zugespitzt in mehr oder minder ansehnlicher Längenentwickelung endigen. Ein reichlich entwickeltes Kanalsystem durchzieht diese Stacheln, um auf 90 Rhizopoda. ihrer freien Aussenfläche zu münden, und setzt sich andererseits auch mit den anliegenden Kämmerchenhöhlungen in Verbindung. Auch in die Kämmerchenwandungen soll sich nach Carpenter dieses Kanalsystem erstrecken. Weit einfacher gestaltet sich der Bau bei dem Tinoporus vesi- eularis, dessen allgemeine Gestalt schon oben erwähnt wurde. Hier fehlt mit der Ausbildung besonderer Züge unperforirter Substanz auch die Entwickelung eines Kanalsystems. Carter*) will daher diese Art gar nicht als hierher gehörig gelten lassen, sondern erhebt sie sammt einer von ihm beobachteten Form, die flache, melobesia-artige Ueberzüge auf Korallen ete. bildet, zu einer besonderen Gattung Gypsina. Einen eigenthiimlichen Formtypus, Patellina Williams., glauben wir hier, des leichteren Verständnisses wegen, gleichfalls im Anschluss an die Gattung Orbitoides besprechen zu dürfen, obgleich die näheren verwandt- schaftlichen Beziehungen dieser im Ganzen bis jetzt nur unzureichend erkannten Formen, noch keineswegs als sicher gestellt betrachtet werden dürfen. Die einfacheren Ausbildungszustände zeigen Bauverhältnisse, die in ziemlich hohem Grade für einen Anschluss an gewisse Rotalinen sprechen, wohin denn auch die Gattung Patellina von den meisten Forschern gestellt wird. Die äussere Gestaltung ist im Ganzen charak- teristisch für unsere Gattung, indem dieselbe stets eine höher oder flacher kegelförmige ist (IX. 9a—b). Bei der einfachst gebauten Form findet sich auf der Spitze dieses Kegels eine Embryonalkammer, um die sich eine spiralig-schraubig geordnete Kammerlage herumlagert, welche jedoch bald, ganz ähnlich wie dies bei der früher erwähnten Pulvinulina vermi- culata geschieht, in Umgänge übergeht, welche nur aus zwei schmalen bandförmigen Kammern bestehen. Diese letzteren Kammern lagern sich mehr oder weniger regelmässig alternirend um einander. Der von dieser eben geschilderten !einfachen Kammerlage gebildete dünne Mantel des Kegels umschliesst eine weite axiale oder Nabelhöhle, die von einer Ablagerung secundärer Schalensubstanz mehr oder weniger ausgefüllt wird. Die beschriebenen halbkreisförmigen Kammern lassen unter sich keinerlei deutliche Communikationen wahrnehmen und ihre Hohlräume werden mehr oder minder vollständig, jedoch nie gänzlich, durch von der Aussenwand hereinwachsende secundäre Septen in Kämmerchen getheilt. Bei einer sich hieran anschliessenden, wie die eben erwähnte, gleichfalls recenten Form (IX. 9), ist die Theilung der Kammern in Kämmerchen eine völlige, so dass sich zwischen den einzelnen Kämmerchen keine Communikationen mehr auffinden lassen, und dies um so mehr, als die seeundären Septen solid sind, während die äussere Wandung jedes Kämmerchens von einer geringen Zahl von Poren durchbrochen wird. Weiterhin hat sich jedoch bei dieser Form ein völlig ceyklisches Wachsthum der Kammern ausgebildet, so dass auf die verhältnissmässig BA.‘ D. Polythalame Perforata. (Patellina.) 91 grosse Embryonalkammer der Kegelspitze sogleich völlig eyklisch geschlossene Kammern folgen, welche in die erwähnten Kämmerchen untergetheilt sind. Auch die Ausfüllungsmasse der Nabelhöhle (9b) zeigt hier eine Weiterbildung, da sie von einem lacunenartigen Netzwerk secundärer Kämmerchen durchzogen wird. Es lässt sich daher die letzt- besprochene Form auch wohl mit einem Orbitoides vergleichen, dessen Mediankammerlage, statt scheibenförmig in einer Ebene ausgebreitet zu sein, eine kegelmantelartige Entwickelung genommen hat und bei welchem die Ablagerung secundärer Schalenmasse, sowie die von ihr bedingte Bildung secundärer Kämmerchen, nur auf einer und zwar der Unterseite der Hauptkammerlage stattgefunden hat. Noch mehr Uebereinstimmung mit der Ausbildung der accessorischen Nebenkämmerchenschichten bei Orbitoides scheint die Ablagerung der Nabelhöhle bei gewissen fossilen, bedeutend grossen Patellinen zu besitzen. Hier sind zunächst diese zahl- reichen Schichten von Nebenkämmerchen so geordnet, dass wie bei Orbitoides oder Tinoporus die Kämmerchen der verschiedenen Schichten in vertikalen Reihen übereinandergelagert sind. Auch tritt wenigstens bei einem Theil der hierhergehörigen Formen auf der Kegelbasis eine ähn- liche netzartige Zeichnung hervor, wie wir sie oben bei Orbitoides und Tinoporus kennen gelernt haben, wie denn auch die zwischen den senk- rechten Reihen von Nebenkämmerchen sich findenden soliden Pfeiler, die mit ihren Breitenden tuberkelartig über die Oberfläche der Kegelbasis hervorragen, sich hier wiederfinden. Etwas abweichend verhält sich bei letzteren Formen z. Th. die den Kegelmantel bildende Lage der Hauptkämmerchen. Dieselben können näm- lich nochmals durch tertiäre, nicht völlig die Kammerräume durchsetzende Scheidewände in Kämmerchen tertiärer Ordnung getheilt sein, oder aber es kann das eyklische Wachsthum in dieser Kämmerchenlage unterbleiben, so dass dieselbe sich in Form einer regulär schraubenspiraligen Röhre darstellt, welche durch zahlreiche Scheidewände in Kämmerchen getheilt ist, so dass also in letzterem Fall eine Ausprägung der primären Kammer- abschnitte, wie wir sie bei den seither besprochenen Formen kennen gelernt haben, sich nicht zu finden scheint. Den Abschluss unserer Betrachtung der morphologischen Eigenthüm- lichkeiten des Schalenbaues der Rhizopoden möge ein, wie es scheint, sehr eigenthümlicher Typus bilden, der gewöhnlich den Rotalinen näher angeschlossen wird, welche Anreihung mir jedoch im Ganzen wenig gesichert erscheint; es ist dies die Gattung Polytrema (IX. 11a—b). Unter den jetzt Lebenden steht dieselbe sehr vereinzelt, wogegen sie mit gewissen fossilen, aber ihrer Natur nach noch nicht völlig sicher- gestellten Formen eine Anzahl Structureigenthümlichkeiten theilt. Wir meinen hier einmal die so eigenthümliche, nach Carpenter und Brady eine sandschalige Foraminifere darstellende Parkeria und dann die palaeozoische Gruppe der Stromatoporidae, in deren Nähe zuweilen auch das zweifel- hafte Eozoon gebracht wird. 92 Rhizopoda. Wie bemerkt, ist allein die recente Gattung Polytrema allseitig als Rhizopode anerkannt, obgleich ihr Aeusseres sehr abweichend von den meisten seither besprochenen Formen ist und weit mehr das Bild eines kleinen Korallenskelets (Edelkoralle), als das einer Rhizopodenschale dar- bietet (11a). Mit einigen Worten müssen wir daher hier zunächst des Gesammt- habitus gedenken. Von einem mehr oder weniger dicken, stammartigen und mässig hohen, festgewachsenen Basalstock erheben sich eine Anzahl mehr oder minder entwickelter, verzweigter oder unverzweigter Aeste, deren Enden geöffnet sind, wenn man auch im Ganzen nur selten noch intakte Astenden trifft. Was den feineren Bau betrifft, so bemerkt man zunächst an der Basis eine Anzahl unregelmässig gehäufter bis spiralig angeordneter Anfangskammern, deren äussere Schalenwandung feinperforirt ist, wogegen die Septen solid sind. Das Weiterwachsthum vollzieht sich durch eine ziemlich unregelmässige Aufeinanderhäufung von Kammern, die sich rasch lamellenartig in die Breite ausdehnen und sehr nieder werden. Zugleich bildet sich an diesen Kammern ein sehr eigenthümlicher Charakter aus. In mehr oder weniger regelmässigen Abständen senkt sich nämlich die Schalenwandung, indem sie gleichzeitig ihre Perforation verliert, zu hohlen Pfeilern nach Innen ein (11b 1s), die sich auf die Aussenfläche der unterliegenden Kammer aufsetzen. In Höhe, Dicke und Weite des Lumens unterscheiden sich diese Pfeiler beträchtlich und z. Th. werden sie auch durch Öbliteration ihrer Lumina solid. Die Lumina der hohlen Pfeiler führen natürlich durch eine porenartige Oeffnung auf der Aussenfläche der Kammerwand in den Hohlraum der aufliegenden Kammer oder, wo solche fehlt, nach aussen. Durch diese hohlen Pfeiler wird jedoch gleichzeitig eine Communikation der Kammerräume unter einander und mit der Aussenwelt hergestellt, indem die Pfeiler an der Basis sehr gewöhnlich (ob immer?) eine ziemlich ansebnliche Oeffnung besitzen (11b, 0). Die Bauweise der Aeste ist noch nicht ganz sicher ermittelt, scheint jedoch im Prineip in der Weise sich zu gestalten, dass eine oder mehrere über einander gelagerte Kammerlamellen in einen astartigen hohlen Fortsatz aus- wachsen, wobei sich die Pfeiler in der innersten Kammerröhre eines solchen Astes nicht mehr gegen eine unterliegende Wandung, sondern gegen ein- ander stützen. An den Enden sind, wie schon gesagt, die Zweige geöffnet. Weiter im Inneren des basalen Stammes zuweilen sich findende grössere Räume werden von Carter*) durch nachträgliche Resorption erklärt, wo- gegen es mir eher scheinen will, dass dieselben davon herrühren, dass bei fortgesetztem Wachsthum die ursprünglich freien Basen der Zweige mit ihren weiteren Höhlen in den Stamm eingeschlossen wurden. In Kürze möge denn hier noch eine Darstellung der Hauptzüge der Bauweise jener oben schon erwähnten fossilen und zweifelhaften Parkeria folgen, wodurch die bis zu einem gewissen Grade vorhandene Aehnlich- *, A.m.n. h. 4. XVII. a oe ee bee Polythalame Perforata. (Parkeria.) 93 keit mit dem geschilderten Bau von Polytrema erhellen dürfte. Diese bis zu 2 englischen Zoll im Durchmesser erreichende, gewöhnlich ziem- lich regulär kugelige Form (V. 23) soll nach Carpenter und Brady (88) eine kalksandschalige Imperforate sein, jedoch dürften bezüglich des einen wie des anderen Charakters noch einige Zweifel erlaubt sein, wie wir sie oben schon für die ähnlich geschilderte Loftusia geltend machten. Eigenthümlich ist der Bau der von Carpenter geschilderten Central- kammern bei Parkeria, welche in grösserer Zahl in gerader Linie und in einem Radius der kugeligen Schale angeordnet sein sollen (23, &,—e,), so dass die älteste und kleinste am meisten peripherisch, die jüngste und grösste hingegen im Centrum der Kugel gelegen ist. Carter*) bestreitet jedoch die Natur dieser vermeintlichen Centralkammern, und hält sie für einen Fremdkörper, welcher von der Parkeria überwachsen wurde. Nach ihm sollen verschiedenartige Bruchstücke von Cephalopodenschalen oder auch Aggregate von kleineren Rhizopodenschalen und Schwammnadeln die Stelle dieser vermeintlichen Centralkammern vertreten können. Um diesen Centraltheil lagern sich nun zahlreiche kugelige Schalen- lamellen (l,—1,) herum, welche dürch Zwischenräume, die etwa primären Kammerräumen der Rhizopoden gleichzustellen wären, von einander getrennt werden. Jede dieser Lamellen besteht aus zwei Schichten, einer inneren dünneren und angeblich soliden und einer äusseren dickeren labyrinthisch röhrigen, die sich, wie die Schalensubstanz überhaupt, aus verkitteten Sandkörnchen aufbauen soll. Zwischen den einzelnen Schalenlagen wird die Verbindung durch pfeilerartige oder kegelförmige hohle Radialbalken hergestellt (23b, rp, 23a D, A,B). In den Centraltheilen der Schale sollen diese Pfeiler fast nur von der soliden Innenlamelle gebildet werden, während sie in den äusseren Theilen eine sehr ansehnliche Umhüllung von der labyrinthischen Aussenschicht erhalten (23b, ıp). Auf der Aussen- fläche jeder Schalenlage öffnen sich die Hohlräume der sie stützenden Pfeiler in den nächstfolgenden Kammerraum. Ausserdem setzen sich jedoch auch die Hohlräume der labyrinthischen Schichten je zweier auf- einanderfolgender Schalenlagen durch die Vermittelung der Pfeiler in directe Verbindung. Wir erkennen aus diesem Verhalten, dass hauptsächlich durch die hohlen Pfeiler und ihre Beziehung zu den von ihnen in Verbindung ge- setzten Schalenlagen zwischen Parkeria und der früher geschilderten Polytrema eine gewisse Aehnlichkeit hergestellt wird. Auf ähnliche Verhältnisse gründen sich auch die von einer Reihe von Forschern betonten Beziehungen zwischen der Gattung Polytrema (und den Rhizopoden überhaupt) und der eigenthümlichen Abtheilung der sogen. Stomatoporiden. **) *) A. m. n. h. 4. XIX. **) Vergl. über diese zweifelhafte Gruppe, sowie über das Eozoon den systemat. Abschnitt, 94 Rhizopoda. Abnorme Schalenbildungsverhältnisse. Unter den mannigfachen Abnormitäten und Missbildungen der Schalen unserer Rhizopoda, die gelegentlich zur Beobachtung gekommen sind, sind hauptsächlich die eigenthümlichen Doppelbildungen von Interesse, welche sowohl bei monothalamen wie polythalamen Schalen sich zuweilen finden. Bei den monothalamen Süsswasserbewohnern sind derartige Fälle bis jetzt nur sehr selten beobachtet worden, jedoch zeigt eine Beobachtung von Hertwig und Lesser an Trinema, dass sie auch hier nicht völlig fehlen. Bei letzterer Form beobachteten H. und L. ein Monstrum, das sich etwa wie 2 Einzelindividuen darstellte, die mit ihren .vorderen Enden verschmolzen und in einem Winkel von etwa 100° zusammengestellt waren; auch eine eigenthümliche, fast wie in Theilung sich repräsentirende Arcella vulgaris, die vom Verf. gelegentlich beschrieben wurde, darf zu der Kategorie dieser Bildungsabweichungen gezählt werden. Gar nicht sehr selten scheinen sich derartige Doppelbildungen dagegen bei der monothalamen Gattung Lagena zu finden und hierhergehörige Exemplare sind schon von Williamson (61), Parker und Jones (79), Aleock (86) und Anderen beschrieben worden. Sie repräsentiren sich in Ge- stalt von flaschenförmigen Lagenagehäusen, die an ihrem Hinterende durch eine mehr oder weniger tiefgreifende Einfurchung in zwei Lappen getheilt sind (VII. 22) oder erscheinen wie zwei Lagenen, die mit ihren Hinterenden verschmolzen sind (VII. 18). Andersartig dagegen sind die auch gar nicht so selten bei dieser Gattung anzutreffenden Doppelbildungen, welche den Uebergang zu den polythalamen Nodosarinen vermitteln. Hier ist seitlich oder auf das Mündungsende einer Lagena eine zweite Kammer mehr oder minder regelmässig aufgesetzt (X. 21). Wie gesagt, sind derartige Doppelbildungen jedoch auch bei Poly- thalamen gelegentlich beobachtet worden und während ihre Bildungsweise bei Lagena und anderweitigen Monothalamen im Ganzen ohne grosse Schwierigkeit verständlich wird, dürfte sich für die zu erwähnenden Poly- thalamien die Frage nach der Bildung solcher Vorkommnisse etwas schwieriger gestalten. Da bis jetzt genauere Untersuchungen des feineren Schalenbaues nicht vorliegen, so lässt sich auch vermuthungsweise nur wenig in dieser Richtung äussern. Speciell die Gattung Polystomella unter den Nummuliniden scheint eine Neigung zu derartigen Missbildungen zu besitzen. M. Schultze hat solche von Polystomella strigilata beschrieben, hei welchen sich der letzte Umgang in zwei neben einander herlaufende Umgänge spaltet, so dass die Schale Aehnlichkeit mit einem Verwachsungs- zwilling erhält. Entsprechende Vorkommnisse haben weiterhin Parker und Jones von P. striatopunetata bekannt gemacht. *) Sehr bemerkenswerth sind fernerhin die eigenthümlichen Abnormitäten, *) Beschreibungen weiterer Monstrositäten von Nodosaria und Marginulina sollen sich bei Reuss (Die Verstein. d. böhm. Kreideform, 1. Abth. 1845) finden. Gestaltung des Weichkörpers. - 95 ® welche die Gattung Orbitolites zuweilen darbietet und die gleichfalls der Kategorie der eben besprochenen Bildungen wohl angereiht werden dürfen.*) So sind zuweilen Exemplare von Orbitolites gefunden worden, bei welchen die eine Hälfte der Scheibe von regulärem Bau war, während die entgegenstehende Hälfte sich in zwei unter mehr oder minder grossem Winkel von einander abstehende Scheiben spaltete. Eine derartige Monstrosität lässt sich wohl in ähnlicher Weise als eine Art von Doppel- bildung betrachten, wie die früher geschilderten von Polystomella. Etwas abweichender, wenn auch im Prineip wohl auf entsprechende Bil- dungsvorgänge zurückführbar, sind die gleichfalls nicht gar seltenen Exemplare von Orbitolites, bei welchen aus einer regulär gebauten Scheibe sich einseitig eine vertikal aufgesetzte halbe Scheibe erhebt, die entweder von gleichem Durchmesser wie die Hauptscheibe ist, oder aber nur die Hälfte dieser erreicht, in welch letzterem Fall sie sich dann über einem Radius der Hauptscheibe erhebt. Andererseits reihen sich hier dann noch weitere Formen an, bei denen eine oder mehrere, jedoch weniger voll- ständige Scheiben sich von der Hauptscheibe zu erheben vermögen, die häufig nur peripherisch zur Ausbildung gelangen und durch welche Formen der Anschluss an die früher schon kurz erwähnten gefalteten und mit radialen Auswüchsen versehenen grossen Formen vermittelt zu werden scheint. 4. Der Bau des Weichkörpers der Rhizopoda, «@. Allgemeine Gestaltsverhältnisse des Weichkörpers. Die Gestalt des protoplasmatischen Weichkörpers der beschalten Rhizopoda wird natürlich von der Gestaltung der Schale, sei diese nun völlig oder nur z. Th. von demselben erfüllt, bestimmt. Bei der grossen Mehrzahl der unbeschalten Rhizopoda hingegen ist die Gestalt des Weich- körpers eine mehr oder minder unregelmässig wechselnde, wie es die in sehr verschiedener Weise sich entwickelnden Pseudopodien während des beweglichen Zustandes bedingen. Dennoch lässt sich bei einer Reihe von Formen, trotz der wechselnden Gestaltungszustände, eine gewisse Grund- gestalt mehr oder minder deutlich erkennen. Im Allgemeinen scheint wenigstens für eine beträchtliche Zahl dieser nackten Rhizopoden eine allseitig abgerundete, kugelige Gestaltung als Grundform des Körpers festgehalten werden zu dürfen, da wir sehen, dass unter gewissen Verhältnissen, die eine Unterbrechung der Bewegung und der Pseudopodienentwickelung hervorrufen — so bei dem Uebergang in den Ruhezustand (bei der Encystirung), fernerhin bei der Einwirkung von Inductionsschlägen, sowie z. Th. auch chem. Reagentien — der betreffende Rhizopodenkörper sich der Kugelgestalt nähert. Wie bemerkt, *) Vergl. bei Carpenter (74). 96 Rhizopoda, bewahren aber auch eine Reihe von Formen eine gewisse Grundgestalt ihres Weichkörpers trotz reichlicher und wechselnder Pseudopodienbildung ziemlich dauernd bei. Zunächst haben wir hier Formen zu erwähnen, bei welehen es überhaupt nicht zur Entwicklung eigentlicher Pseudopodien kommt, sondern wo sich der Rhizopodenkörper ohne tiefgreifende äussere Gestaltveränderungen, so zu sagen, fliessend fortbewegt, gewissermaassen ein einziges Pseudopodium darstellend. Als Beispiele dieser Art können wir zunächst die bekannte Amoeba Guttula Duj. (II. 3) (in deren Nähe jedenfalls auch die Gattung Hyalodiscus H. u. L. gehört) aufführen. Wir finden hier einen scheibenförmig abgeflachten Körper, von nahezu kreis- runder bis ovaler Gestalt, der tropfenartig und sehr anhaltend in einer und derselben Richtung hinfliesst, ohne seine Gesammtgestaltung namhaft zu ändern. Aehnlich sehen wir bei der Amoeba Limax Duj. (II. 2) und einigen Verwandten eine mehr bandartig gestreckte Form fast ohne Pseudopodienentwickelung hingleiten. Auch die Formen mit reichlicher Entwickelung von Pseudopodien, seien letztere nun von einfacher stumpfer, bis zarter und verästelter Gestaltung, lassen gewöhnlich eine gewisse Grundgestalt des Pseudopodien aussendenden Weichkörpers erkennen und zwar. nähert sich derselbe gleichfalls entweder mehr der kugeligen bis scheibenförmigen oder der in einer Richtung ausgezogenen, bandförmigen Gestalt. Ob eine dauernde, bestimmte Gestaltung des Weichkörpers sich bei einem völlig nackten Rhizopoden findet, ist eine Frage, welche keineswegs sicher entschieden scheint, wenngleich jedenfalls für eine Anzahl Formen von monaxonem Bau die Schalenhaut, wenn sie überhaupt entwickelt ist, eine so zarte Beschaffenheit besitzt, dass die dauernde und bestimmte Gestaltung des Körpers bei der Schmiegsamkeit der Membran ohne Zweifel vorzugsweise von der Formbeständigkeit des Weichkörpers bedingt wird. Als hierhergehörige Beispiele dürfen aufgeführt werden der nach Clapar&de und Lachmann schalenlose Petalopus (II. 13) mit etwa ovalem, vorn abgestutztem Körper, von welchem abgestutzten Körperende die eigenthümlichen Pseudopodien entspringen. Auch die im Allgemeinen durch ähnliche Gestaltung sich auszeichnende Gattung Plagiophrys ist nach ihren Entdeckern Claparede und Lachmann schalenlos und F. E. Schulze konnte sich bei den von ihm beobachteten hierhergehörigen Formen eben- falls nicht von der Existenz einer Schalenhaut überzeugen. Zweifelhaft in dieser Hinsicht erscheint ferner noch die Gattung Diplophrys mit ihren von beiden Polen des ovalen Körpers entspringenden Pseudopodien- büscheln. Uebrigens ist ja die Schwierigkeit des Nachweises zarter Schalenhäutehen genugsam bekannt und andererseits eine, wenn auch nur zeitweise, Formbeständigkeit des Weichkörpers der Rhizopoda, bei der Regularität der von ihm erzeugten Schalenbildungen, nicht wohl zu be- zweifeln. 3 2 c 4 $ i ü 1 ü ö i ö E Allgemeines über das Protoplasma. 97 8. Beschaffenheit des Protoplasmas des Rhizopodenkörpers im Allgemeinen. Im Ganzen haben wir in diesem Abschnitt nur wenige Bemerkungen beizubringen, da die Schilderung der allgemeinen Eigenschaften und des Verhaltens des Protoplasmas der Protozoön, die wir in der allgemeinen Einleitung zum Gegenstand unserer Betrachtung erwählt haben, auch für die Rhizopoden im Besonderen ihre Gültigkeit besitzt. Die physikalischen Erscheinungen des Rhizopodenprotoplasmas können beträchtlichen Schwankungen unterworfen sein. Schon das optische Ver- halten lässt in manchen Fällen einen Schluss auf die bei verschiedenen Formen sehr verschiedene Consistenz zu. Ein geringeres Lichtbrechungs- vermögen deutet im Allgemeinen auf eine geringere Consistenz, auf eine flüssigere Beschaffenheit hin, umgekehrt ein stärkeres auf einen geringeren Grad von Verflüssigung. In gleicher Weise lässt sich aus der Art der Bewegung ein Schluss in dieser Hinsicht ziehen, da eine rascher strömende Bewegung und Verschiebung der Plasmatheilchen gegeneinander gleichfalls eine mehr flüssige Beschaffenheit des betreffenden Plasmas anzuzeigen scheint, wie trägere Bewegungsvorgänge das Gegentheil wohl vermuthen, jedoch nicht mit Bestimmtheit voraussetzen lassen. In wie weit die später noch zu besprechenden Gestaltsverschiedenheiten der Pseudopodien mit der verschiedenen Consistenz des Protoplasmas im Zusammenhang stehen und daher einen Rückschluss auf die Protoplasmaconsistenz gestatten mögen (wie dies zuweilen angenommen worden ist; vergl. bei Mereschkowsky [118]), scheint sehr wenig sicher. Jedenfalls scheint es nicht zulässig, die Ent- wickelung feiner, zarter Pseudopodien in einen directen Zusammenhang mit einer mehr schwerflüssigen Beschaffenheit des Protoplasmas zu bringen und umgekehrt, da ja häufig gerade sehr zarte Pseudopodien durch ihre sehr lebhaften Strömungserscheinungen auf eine mehr flüssige Beschaffen- heit ihres Protoplasmas hindeuten. Als Beispiele protoplasmatischer Rhizopodenkörper von dichterer, srösserer Consistenz darf hier wohl an die grossen in der Erde lebenden Amöben erinnert werden, bei welchen wenigstens die peripherische Körper- partie eine solche hohe Consistenz zu besitzen scheint, wogegen zahl- reiche kleinere Amöben sich durch sehr leicht fliessende Beschaffenheit ihres Plasmas auszeichnen. *) Im Allgemeinen scheint auch für die zahl- reichen in süssem Wasser lebenden, einkammerigen Formen mit spitzigen und im Ganzen wenig verästelten und wenig anastomosirenden Pseudopodien eine zähere Consistenz des Plasmas gegenüber den marinen Retieulaten, mit ihrer gewöhnlich so lebhaften Körnchenströmung der Pseudopodien, fest- gehalten werden zu dürfen. Im Speciellen dürfte jedoch der Consistenz- grad bei einer und derselben Form zu verschiedenen Lebenszeiten wechselnd *) Die sich zuweilen bei Amöben, wie auch der grossen Pelomyxa, durch lebhafte Mole- kularbewegung der feinkörnigen Einschlüsse des Endoplasmas ausspricht, Bronn, Klassen des Thier-Reichs. Protozoa, 7 98 Rhizopoda. sein, wie sich dies z. B. mit einiger Berechtigung aus dem verschie- denen Verhalten der Amoeba radiosa (jedoch auch zahlreicher anderer in bald trägeren, bald rasch beweglichen Zuständen sich findender Formen) wird entnehmen lassen. Erstgenannte Form sehen wir ziemlich plötzlich aus einem starren, mit langen, wenig beweglichen Pseudopodien aus- serüsteten Zustand in einen recht beweglichen, durch stumpfe, breite Fort- sätze fortschreitenden, übergehen, was wohl mit einer Veränderung in der Consistenz des Plasmas verknüpft sein dürfte. Eine dichtere Beschaffenheit scheint das Plasma ferner nicht selten bei dem Uebergang in den encystirten Zustand anzunehmen, indem hier- mit, wie wir später noch genauer zu betrachten haben werden, nicht selten eine Volumverminderung verbunden ist und sich auch eine dichtere Beschaffenheit schon durch die erhöhte Lichtbrechung des encystirten Plasmakörpers kundgibt. Was die Structurverhältnisse betrifft, so müssen wir zunächst das Vorkommen ganz structurlosen, hyalinen Plasmas anerkennen, möge dies nun, wie dies z. Th. bei gewissen Formen der Fall ist, den ganzen Weichkörper bilden oder nur eine äusserliche Zone desselben. In den meisten Fällen jedoch bietet das Plasma eine äusserst fein- körnige Beschaffenheit dar, und es unterliegt wohl keiner Frage, dass wir in dieser gleichmässig durch das ganze Plasma, oder doch einen bestimmten, von dem übrigen in dieser Hinsicht differenzirten Theil, sich erstreckenden Granulation ein bestimmtes Structurverhältniss zu erkennen haben; wiewohl häufig die feine Granulation, welche wir hier im Sinne haben, von den verschiedenen Forschern nicht hinreichend scharf von körnigen Einschlüssen, wie sie in sehr manrigfacher Ausbildung anzu- treffen sind, unterschieden wurde. Weitere Structurverhältnisse scheinen nur selten zur Ausbildung zu kommen, beschrieben wird zwar z. Th. eine netzförmig-faserige Structur gewisser Amöben,*) jedoch könnte diese Erscheinung sich wohl, wie unten noch gezeigt werden wird, auf eine allgemeine Vacuolisation zurückführen lassen. Eine eigenthümliche faserige Struetur des Plasmas wurde von mir bei einer grossen Amöbe beob- achtet (II. 4).**) y,. Differenzirung des Plasmas in besondere Zonen oder Regionen. Wie schon mehrfach hervorgehoben, wird bei einer sehr grossen Zahl von Rhizopoden der gesammte Weichkörper von durchaus gleichmässiger Plasmamasse gebildet. Hierher gehört vor Allem die grosse Zahl der marinen Rhizopoden, die Perforata also durchaus und von den Imperfo- rata ein grosser Theil. Von nackten Formen gehört hierher ein Theil der Amöben (einschliesslich Protamoeba); auch bei der ansehnlichen Pelomyxa lässt sich kaum von einem ständig differenzirten Aussenplasma *) S. bei Heitzmann, Sitzungsb. d. Wien. Akad. 1973. III Abth. **) Ztschr. f. w. Z. Bd. 30. Differenzirung des Plasmas. (Ecto- und Entoplasma.) 99 reden. Auch die marinen Monerenformen Protomyxa, Myxodyetium und Protogenes, welche wir gleichfalls unter die Rhizopoden (in unserem Sinne) einreihen, zeigen keinerlei Unterscheidung von besonderen Plasmaregionen. Ebenso ist bei den beschalten Süsswasserformen im Allgemeinen nicht viel von der Differenzirung einer besonderen Rindenschicht wahrnehmbar, wenn sich auch die oberflächlichste Schicht des Weichkörpers häufig etwas freier von körnigen Einschlüssen zeigt. Dennoch erkennt man bei letzteren Formen eine Hinneigung zur Sonderung des Plasmas, indem die Pseudopodien gewöhnlich eine hyaline, von körnigen Einschlüssen wenigstens ganz freie Beschaffenheit zeigen, ihre Bildung demnach durch lokales Zusammenströmen reinen, von Einschlüssen freien Plasmas geschehen muss. Eine mehr oder minder scharf ausgeprägte Sonderung des Plasmas in eine oberflächliche Rinden- und eine Marksubstanz (Eetosark und Ento- sark, Eetoplasma und Entoplasma) zeigt sich hingegen bei einem Theil der nackten Formen. Zahlreiche Amöben und amöbenartige Organismen (wie die Gattungen Hyalodiscus H. u. L., Dactylosphaera H. u. L., Gloi- dium Sorok., Plakopus F. E. Sch.) zeigen eine oberflächliche, mehr oder weniger dicke, aus hyalinem Protoplasma gebildete Rindenschicht (I. 11, 12; II. 1, 5, 6), welche ein körniges Entoplasma umschliesst. Beson- dere Strueturverhältnisse dieses Ectoplasmas, wie sie uns bei anderen Protozoön noch begegnen werden, sind hier, soweit bekannt, niemals vorhanden. Eine scharfe Grenze existirt natürlich zwischen dem hyalinen Ecto- und dem körnigen Entoplasma nicht, wie auch schon daraus her- vorgeht, dass bei gewissen Amöben und auch Pelomyxa, wo für gewöhnlich ein Ectoplasma sich nicht unterscheiden lässt, unter gewissen Verhältnissen eine solche hyaline, äussere Plasmalage auftritt, die sich demnach hier in gleicher Weise aus dem körnigen Plasma hervorgebildet haben muss, wie sich, lokal begrenzt, ein hyalines Pseudopodium aus einem aus körnigem Plasma bestehenden Rhizopodenkörper entwickelt. *) Eine Differenzirung gewisser Körperregionen kann sich jedoch auch noch in anderer Weise an dem Leibe gerade soleher Rhizopoden hervor- bilden, welchen die oben schon geschilderte Unterscheidung von Ecto- und Endoplasma abgeht. Bei einer Reihe von Euglyphinen und Gromiinen lassen sich 2, auch 3 hintereinander gelegene Abschnitte des monaxonen Körpers dadurch untercheiden, dass sich die später noch genauer zu erwähnenden, körnigen Einschlüsse vorzugsweise in der mittleren Körperregion anhäufen (III. *) In neuerer Zeit wurde von zwei italienischen Forschern, Maggi und Cattaneo, bei der eigenthümlichen amöbenartigen Gattung Podostoma Clp. u. L. (vergl. hierüber den systemat. Abschnitt), weiterhin jedoch auch bei Arcella, noch eine dritte, zwischen Ecto- und Entoplasma sich einschiebende Region als „Mesoplasma‘“ unterschieden. Diese Mesoplasmaregion soll hauptsächlich durch die Einlagerung der contractilen Vacuolen charakterisirt sein. Bis jetzt scheint mir, die Berechtigung zur Unterscheidung eines solchen Mesoplasma noch nicht ge- nügend begründet zu sein. (Vergl. Rendie. R. Ist. Lomb, 2, IX; Atti soc. ital. d, sc. n. XXI). 7* 100 Rhizopoda. 12a, 17a), während die vordere wie auch die hintere, den Kern ein- schliessende Region homogen bleiben; häufig dehnt sich jedoch die körnige Erfüllung auf die gesammte vordere Körperhälfte aus, so dass dann nur zwei Abschnitte hervortreten (so Euglypha, Trinema, Lecythium, Platoum). Auch das umgekehrte Verhalten wird angetroffen, so bei Cyphoderia, wo der hintere, kernhaltige Abschnitt sich durch seinen Körnerreichthum von dem vorderen unterscheidet (III. 13). Natürlich ist in solchen Fällen die Scheidung dieser Regionen noch weniger scharf als in den gewöhnlichen Fällen der Differenzirung in Eeto- und Entoplasma. Eine, an die soeben erwähnte erinnernde, Regionenbildung wird auch gewöhnlich, doch ohne scharfe Scheidung in einzelne Regionen, im Körper der polythalamen marinen Rhizopoden durch die Vertheilung des fast regelmässig vorhandenen, feinkörnigen Farbstoffes hervorgerufen. Die grösste Anhäufung desselben findet sich in den ältesten Kammern, wogegen sich seine Menge in den jüngeren successive verringert, so dass das Protoplasma der jüngsten oder auch noch das mehrerer vorletzten Kammern nahezu oder völlig farblos erscheint. öd. Färbung des Protoplasmas. In den allermeisten Fällen besitzt das Plasma der Rhizopoden keine besondere Färbung, sondern zeigt die bekannte, schwach bläulich-grüne, zuweilen auch mehr gelbliche Färbung, welche dem Protoplasma unter dem Mikroskop überhaupt eigenthümlich ist. Es scheint überhaupt fraglich, ob jemals eine intensivere eigenthümliche Färbung des Plasmas sich findet; es dürften sich vielmehr die wenigen Fälle, in welchen eine Fär- bung des Plasmas selbst angegeben worden ist, doch vielleicht auch als zu der gewöhnlichen Kategorie gehörig herausstellen, wo nämlich die scheinbar diffuse Färbung durch sehr fein vertheilten Farbstoff bedingt wird. So gibt z. B. Häckel für seine Protomyxa aurantiaca auch neben dem Vorhandensein eines röthlichen bis orangerothen Farbstoffs eine gelb- röthliche Färbung des Protoplasmas selbst an. So erwähnen ferner Carpenter, Jeffreys und Thomson*) eines Rhizopoden mit olivengrüner Sarkode. gs. Besondere Einschlüsse des Protoplasmas. sg!. Nichteontractile Vacuolen, Gasblasen und eigenthümliche Producte des Stoffwechsels. Nichteontraetile Flüssigkeitsräume (Vaeuolen) sind eine sehr gewöhnliche Erscheinung im Protoplasma der Rhizopoden und treten in sehr verschiedener Grösse und Zahl auf (I. 1a). Gewöhnlich finden sie sich vereinzelter im Weichkörper, und wo derselbe eine Sonderung in Eeto- und Entoplasma zeigt, in diesem letzteren zerstreut; seltener hingegen wird *) Proc. roy. soc. XVII. Gasblasen, Nahrungsvacuolen, Farbstoff’bläschen. 101 ihre Zahl so beträchtlich, dass das sie trennende Plasma nur noch ein Maschenwerk von Scheidewänden zwischen ihnen herstellt, das Plasma eine schaumige oder alveoläre Beschaffenheit annimmt. Ein derartiges Verhalten begegnet uns z. B. gewöhnlich bei Pelomyxa (II. 6g), auch bei gewissen Amöben tritt ähnliches mehr oder weniger deutlich hervor (so z. B. bei der von Mereschkowsky [118] beschriebenen A. alveolata und der neuerdings von R. Lankester aufgestellten Gattung Lithamoeba *); auch bei Plakopus ruber ist nach F. E. Schulze eine schaumige Beschaffenheit eines Theils des Körpers ziemlich häufig). Der Betrachtung der contractilen Vacuolen werden wir einen beson- deren Abschnitt widmen. Eine sehr eigenthümliche Erscheinung im Protoplasma gewisser Süss- wasserrhizopoden bildet das zeitweilige Auftreten von Gasvacuolen. Zuerst wurde dieses Phänomen von Perty bei Arcella beobachtet**), bei welcher Gattung dasselbe auch späterhin am häufigsten studirt wurde; weitere Beobachtungen hierüber rühren von Engelmann, Bütschli, Entz und du Plessis ***) her, die das Vorkommen solcher Gasblasen auch bei Difflugia und Amoeba constatirt haben. Wie schon der erste Beobachter derselben richtig fand, dienen sie den betreffenden Organismen gewissermaassen als Schwimmblasen zur Erhebung und zum Schwimmen im Wasser, oder auch nur, wie dies z. B. bei Arcella beobachtet wurde, zur Veränderung der Lage des Thieres, Aufrichtung oder Umkehrung desselben. Die Entwicke- lung des Gases geschieht nach Engelmann bei Arcella sehr plötzlich und wachsen die Blasen in etwa 5—20 Minuten zu ihrer häufig recht be- trächtlichen Maximalgrösse heran. Ihre Zahl ist sehr verschieden; wäh- rend bei Arcella gewöhnlich 2—5, zuweilen jedoch auch bis 14, beobachtet wurden, scheint bei Difflugia gewöhnlich nur eine einzige, dafür jedoch desto ansehnlichere, zur Ausbildung zu kommen. Auch bei Amoeba wurden von Entz mehrere Blasen beobachtet. Im Ganzen scheinen sie, wie sie rasch entstanden, auch rasch wieder zu vergehen. In 5—10 Minuten, oder auch noch kürzerer Zeit, können sie vom umgebenden Protoplasma wieder völlig absorbirt werden. Ueber die Natur des entwickelten Gases liegen bis jetzt kaum Beobachtungen vor, Bütschli glaubt, wegen der raschen Absorption desselben durch Kalilauge, auf CO, schliessen zu dürfen. Wie bei den Protozo@ön sehr gewöhnlich, wird auch bei den Rhizo- poden die in den Körper eingeführte Nahrung häufig von Flüssigkeit um- geben, in Vacuolen eingeschlossen, so dass wir also auch hier Nahrungs- vacuolen antreffen, über deren Bildung dann später noch Weiteres zu be- *) (Ju. journ. micr. sc. XIX, *%*) Perty, M., Eine physiol. Eigenthümlichkeit der Rhizopodensippe Arcella. Mittheil. der naturf. Gesellsch. zu Bern, 1849. *#*) Engelmann, Arch. neerland. sciences exactes et nat. T. IV., Zoolög. Anzeiger Jahrg. I. — Bütschli, Archiv f. mikrosk, Anatomie Bd. XI. — Entz, Zoolog. Anzeiger Jahrg. I, — Du Plessis, Bull. soc. Vaudoise sc. nat. Vol. 15. 102 Rhizopoda. richten sein wird. Möglicherweise sind die bei den marinen Rhizopoden mehrfach erwähnten grösseren Farbstoffbläschen z. Th. auf solche Nahrungsvacuolen zurückzuführen, deren Flüssigkeit bei der Veränderung der aufgenommenen, pigmentirten Nahrung durch aufgelöste Farbstoffe sich färbt, was auch schon Carpenter vermuthete.*) Wir sehen wenigstens ähnliches bei gewissen Infusorien vor sich gehen. Die Färbung solcher Bläschen ist dieselbe, wie die des noch zu besprechenden, körnigen Pigments, also gewöhnlich eine rothe bis bräunliche. An die besprochenen Farbstoffbläschen von wahrscheinlich vacuolärer Natur schliessen sich nun die feinkörnigen und anderweitigen Pigmente an, welche sehr gewöhnlich im Protoplasma der Rhizopoden und in dem der marinen fast durchaus verbreitet sind. Unter diesen Pigmenten sind namentlich die feinkörnigen, intensiv rothen bis gelblichrothen und gelb- braunen bei den marinen Rhizopoden ungemein verbreitet und verleihen, wie schon oben bemerkt wurde, durch ihre reichliche Anhäufung diesen Formen meist eine mehr oder minder intensive Färbung. Schon oben wurde ihrer besonders reichlichen Anhäufung in den älteren Kammern der Polythalamen gedacht. Die genauere Untersuchung dieses Farbstoffs, sowie der oben schon erwähnten Farbstoffbläschen, bei Polystomella und Gromia durch M. Schultze (53) ergab, dass es sich hier um einen dem Diatomin entsprechenden Körper handelt, weshalb M. Schultze nicht anstand, denselben von der vorzugsweise aus Diatomeen bestehen- den Nahrung herzuleiten. Die Richtigkeit dieser Auffassung ergab sich auch noch daraus, dass sich in hungernden Polystomellen der Farbstoff sehr verminderte, wogegen reichliche Fütterung ihn bald wieder vermehrte. Aber auch die Süsswasserformen weisen Pigmente ähnlicher Art nicht selten auf. So findet sich ein ähnliches diatomin-artiges Pigment häufig bei Pseudochlamys patella. Ein tiefviolettes, feinkörniges Pigment findet sich bei der Amphizonella violacea Greeff. Ein zinnoberrothes, zuweilen ins braunrothe und grünliche gehendes, ist charakteristisch für den Plakopus ruber F. E. Schulze’s und soll wahrscheinlich aus dem Chlorophyll der aufgenommenen Nahrung hervorgehen, wie ja ähnliche Umwandelungen gefressener Chlorophyllmassen zu gelben bis braungelben Massen auch schon anderweitig, so z. B. von Auerbach bei dem Cochliöpodium bilim- bosum beobachtet wurden. **) Chlorophyll selbst, als endogenes Erzeugniss des Rhizopodenkörpers, ist mit Sicherheit kaum bekannt, es scheint sich hier fast durchaus, um als Nahrung aufgenommenes Chlorophyll zu handeln. Doch ist eine der beschriebenen Varietäten der Dactylosphaera vitreum H. u. L. mit grünen Körnern reichlich gefüllt, während die andere Varietät ähnliche gelbe Körner zeigt. Zahlreiche Chlorophylikörner enthalten fernerhin auch eine Art oder Varietät von Cochliopodium, sowie sehr *) Grössere Nahrungsbestandtheile, wie Diatomeen, scheinen jedoch bei den marinen Rhizopoden gewöhnlich nicht in besondere Nahrungsvacuolen eingeschlossen zu werden, 22) 2.8. w; 2. VII. Pigmente, Chlorophyll, Fettkörnchen, Excretkörnchen. 103 häufig die Difflugien.*) Reingelbes Pigment findet sich auch noch bei einigen weiteren Formen; so sind die Spindelzellen einer Art der, in ihren Beziehungen zu den Rbizopoden zwar noch etwas zweifelhaften Laby rinthula Cienkowsky’s von feinkörnigem, gelbem Pigment erfüllt, während bei der eigenthümlichen Diplophrys sich ein oder mehrere gelbe bis orange- farbene, oder sogar rubinrothe und zuweilen recht ansehnliche Kugeln finden (zuweilen sind sie jedoch auch farblos) (IV. 2a, a). Hier handelt es sich jedoch, wie das Verhalten zu Chloroform und Alkohol ausweist, wohl sicher um einen festen, gefärbten, fettartigen Körper, also kein eigentliches Pigment. Ausser gefärbten, körnigen oder tröpfcehenförmigen Einschlüssen des Rhizopodenprotoplasmas finden sich jedoch auch sehr gewöhnlich un- gefärbte vor, deren Natur keineswegs immer ganz sicher gestellt scheint. Häufig mögen diese z. Th. sehr kleinen, stark lichtbrechenden Körnchen und Tröpfchen mit Recht als Fett betrachtet werden. So sind sehr kleine derartige Fetttröpfehen, jedoch auch gewöhnlich untermischt mit etwas grösseren (bis zu 0,001—0,002'), im Protoplasma der marinen Rhizopoden durchaus verbreitet; auch bei den Süsswasserrhizopoden sind, wie soeben schon gelegentlich von Diplophrys erwähnt wurde, zuweilen Fettkugeln vorhanden; so haben ferner die Untersuchungen Hertwig’s die fettige Natur der im Protoplasma der Mikrogromia zerstreuten, feinen Körnchen wegen ihres Verhaltens zu Osmiumsäure sehr wahrscheinlich gemacht. Eine grosse Zahl der im Protoplasma der Süsswasserrhizopoden sehr verbreiteten und wohl in Zusammenhang mit den Stoffwechselverhältnissen zu gewissen Zeiten in grösserer Menge angehäuften, stark lichtbrechenden Körner sind jedoch häufig unrichtig als Fettkörner beansprucht wor- den.**) Es sind dies Körnchen von äusserster Kleinheit bis zu ziem- lieh ansehnlichen Dimensionen, so dass die grössten derselben sich als coneretionenartige Einschlüsse darstellen. ***) Ihre Färbung ist gewöhnlich etwas dunkel, mit einem Stich ins gelblichbraune oder olivenfarbige. Meist bieten sie ziemlich wechselnde, unregelmässige Formen dar (s. II. 11; II. 12a, 17a), doch ist für ihre Beurtheilung noch besonders charak- teristisch, dass sie gar nicht selten auch in krystallinischer Gestaltung auftreten können, und zwar scheinen sie rhombisch zu krystallisiren, vorzugsweise in Pyramiden oder Combinationen, in welchen eine Pyramide vorherrscht (vergl. hierüber haupts. bei Auerbach})). Ihre Unlöslichkeit in Alkohol und Aether, sowie verdünnten Mineralsäuren, ihre Löslichkeit dagegen in concentrirten Säuren und Alkalien schliesst ihre Fettnatur aus; Auerbach vergleicht sie den Dotterplättchen des Fischeies, ich *) S, haupts. Carter A. m. n. h. 3. XIII. *%) Bei Carter erscheinen sie unter der Bezeichnung „granules“. . ###) Wie sie z. B. neuerdings in sehr hervorragender Grösse und Zahl von Ray Lankester in seiner Lithamoeba discus angetroflen worden sind (Quart. journ. Micr. sc. N. 5. T. XIX.) +) Z. £. w. Z. Bd. VII. 104 Rhizopoda. halte es hingegen, wie ich das auch schon früher ausgesprochen habe, *) für das Wahrscheinlichste, dass wir es hier mit einem Endproduct des Stoffwechsels zu tbun haben. Da die chemische Natur dieser, bei den Protozo@ön überhaupt sehr verbreiteten Körperchen mit Sicherheit noch nicht festgestellt ist, so bleibt es bis jetzt nur Vermuthung, in ihnen, wie ich geihan, ein oxalsaures oder, wie Entz will, ein harnsaures Salz anzunehmen. Ihre bei Infusorien häufig sehr eigenthümliche, büschelig krystallinische Beschaffenheit bat mich, hauptsächlich im Hinblick auf ähn- liche Krystallbildungen oxalsaurer Salze, zu der ausgesprochenen Ver- muthung veranlasst. Die grosse Verbreitung dieser von mir mit dem Namen Secretkörnehen (wohl besser Exeretkörnchen) belegten Ein- schlüsse bei den Protozoön überhaupt, lässt auch wohl mit Recht ver- muthen, dass sie bei den marinen Rhizopoden ebenso häufig sein werden, wie bei den Süsswasserformen. Eigenthümlich ist ferner noch, dass es hauptsächlich diese Exeret- körnchen zu sein scheinen, welche, durch ihre Anhäufung in gewissen Körpergegenden, die oben schon bei einer Anzahl Süsswasserformen be- tonte Unterscheidung bestimmter Regionen ermöglicht. Es scheint hier- nach, dass die Abscheidung solcher Exeretkörnchen bei den betreffenden Formen vorzugsweise auf gewisse Körperregionen lokalisirt ist. Das Vorkommen von Stärkemehlkörnern, als endogener Erzeugnisse der Sarkode des Rhizopodenkörpers, scheint bis jetzt mit Sicherheit in keinem Fall erwiesen zu sein. Auerbach**) erwähnt zwar z.B. des Vor- kommens zahlreicher kleiner Amylumkörnchen in der oberflächlichen Plasmaschicht seines Cochliopodium bilimbosum, jedoch ist derartiges von andern Untersuchern dieser und: nahe verwandter Formen bis jetzt nicht wieder gesehen worden. Stärkekörner werden nach Carter***) auch im Protoplasma gewisser Difflugien reichlich angetroffen und sollen sich nach demselben Forscher auch im Plasma seiner Operculina arabica, also einer marinen Form, gefunden haben.) Ob die Beobachtung Cien- kowsky’s, ff) dass die Spindelzellen der in ihrer Stellung noch zweifelhaften Labyrinthula sich durch Jod blau färben, hierhergezogen werden darf, scheint sehr zweifelhaft, da diese Bläuung bei vorheriger Behandlung der Spindeln mit Alkohol nicht eintreten soll. Wir haben dann noch einer Reihe von Inhaltskörpern zweifelhafter Natur zu gedenken, die sich z. Th. verbreiteter, z. Th. hingegen nur bei gewissen Formen im Protoplasma gefunden haben. Hierher gehören zu- nächst blasse Bläschen mit homogenem oder feingranulirtem Inhalt und einem Durchmesser von etwa 0,002—0,003, die M. Schultze sehr ver- breitet bei den marinen Rhizopoden getroffen hat und die durch Einwir- ZT WM AR: 2) 77, Tower VI: FFF\ A. m, n,. DLS.EXL. m, +) A. m. n. h. 3. VII. r+r) Arch. fm. A. II Stärkemehlkörner, Glanzkörper etc. 105 kung von Essigsäure oder verdünnter Kalilauge bis zum Verschwinden erblassen sollen. Ihre Natur dürfte nach diesen Angaben schwer zu beurtheilen sein. Zweifelhafter Natur sind auch die bräunlichen und z. Th. sehr unregelmässig gestalteten Körperchen, welche nach den Unter- suchungen von M. Schultze der Gromia Dujardini ihre braune Färbung verleihen. Ihre Resistenz gegen starke Alkalien und Mineralsäuren und die schwärzlichviolette Färbung durch Jod und Schwefelsäure machen eine Beziehung zu Cellulose noch am wahrscheinlichsten, obgleich ihre Unlös- lichkeit in eoncentrirter Schwefelsäure hiermit nicht übereinstimmt. Von besonderem Interesse erscheinen noch eigenthümliche Einschlüsse, welche die, auch in anderer Beziehung so interessante Pelomyxa gewöhn- lich enthält.*) Zunächst sind die sogenannten Glanzkörper Greefl’s zu erwähnen (II. 6d—f, 6g, f), die wir am besten hier besprechen werden, da ihre Natur bis jetzt noch nicht hinreichend aufgeklärt werden konnte, wenn auch einige Beobachtungen für ihren Zusammenhang mit der Fort- pflanzung der Pelomyxa zu sprechen scheinen. Die Hauptauszeichnung dieser Körper besteht in ihrer homogenen, glänzenden Beschaffenheit, doch lässt sich auf der Oberfläche eine kapselartige, feste, glänzende Hüllschicht nachweisen. In Bezug auf Gestalt und Grössenverhältnisse sind sie sehr verschieden, wenn auch die kugelige Form meist vorherrscht; daneben finden sich jedoch auch ovale bis völlig unregelmässige Gestalten. Gegen verdünnte Essigsäure verhalten sie sich resistent, concentrirte jedoch macht sie zusammenfallen und granulirt und Jod färbt sie stark braun. Greeff ver- muthet eine selbständige Vermehrung dieser Körper durch Theilung, jedoch darf dies wohl noch als zweifelhaft betrachtet werden, da directe Theilung nicht verfolgt, sondern nur aus bisquitförmigen Gestaltungen erschlossen wurde (6f). In gleicher Weise ist das von Greeff vermuthete Hervorgehen dieser Glanzkörper aus den frei gewordenen Kernkörperchen der zahlreichen Nuclei bis jetzt noch keineswegs hinreichend erwiesen oder auch nur sehr wahrscheinlich. Neben diesen Glanzkörpern birgt nun das Protoplasma der Pelomyxa gewöhnlich noch zahlreiche eigenthümliche, kleine, stäbchenförmige Kör- perchen,**) die häufig dadurch in eine nähere Beziehung zu den Glanz- körpern treten, dass sie dieselben äusserlich dicht umhiüllen (II. 6b). Die Stäbchen, welche aus organischer Substanz gebildet sind, erscheinen hyalin und erreichen bis zu 0,008 Mm. Länge; von einer feineren Struetur ist an ihnen kaum etwas mit Sicherheit zu bemerken. D} &°. Contractile Vacuolen. Die Bildung eontractiler Vaeuolen kommt nur einem Theil der Rhizo- poden zu und scheint sogar der grossen Mehrzahl derselben, nämlich den *) Vergl. Greefl, Arch. f. m A.X. *#*) Archer (Qu. journ. mier. sc. 1871 p. 101) hat bei den von ihm untersuchten Pelo- ınyxen diese Stäbchen vermisst, so dass es sich hier doch vielleicht um nicht constante Gebilde handelt. 106 Rhizopoda. marinen Formen, abzugehen. Ob jedoch letztere dieser Gebilde durchaus entbehren, scheint zur Zeit noch keineswegs sicher gestellt und bedarf es neuer Untersuchungen, um über diesen Punkt ins Klare zu kommen. Mit Sicherheit ist das Fehlen contractiler Vacuolen für eine Anzahl Siisswasserformen festgestellt, so fehlen sie den Protamöben, wie auch bei der viel höher differenzirten Pelomyxa keine besonderen contractilen Vaeuolen sich finden sollen. Bei den kernlosen Myxodietyum und Protogenes Häckel’s sind überhaupt keinerlei Vacuolen im Plasma beob- achtet worden. Doch auch beschalten Süsswasserformen fehlen contractile Vaeuolen z. Th.; so sind sie vermisst worden bei Leceythium und Plagio- phrys, wie ja auch für die nahe verwandten Gromien von den meisten Forschern das Fehlen der Vacuolen behauptet wird, während sie neuer- dings von Wallich sowohl bei marinen als Süsswasser-Gromien angegeben worden sind. Mit Sicherheit fehlen sie jedoch wieder der sehr nahe- stehenden Lieberkühnia.*) Bei gewissen Formen, so nach Häckel’s Angabe bei der Protomyxa, scheint sich kaum eine Scheidung zwischen contractilen und nicht con- tractilen Vacuolen ziehen zu lassen, da sich die zahlreich vorhandenen Vacuolen hier sämmtlich sebr langsam zu contrahiren scheinen. Die Zahl der contractilen Vacuolen der zahlreichen Süsswasserformen, wo solche deutlich entwickelt sind, ist sehr verschieden und scheint auch bei einer und derselben Form kaum jemals völlig constant zu sein. Neben solchen, die gewöhnlich nur eine zeigen, wie dies z. B. bei zahlreichen Amöben der Fall ist, treffen wir andere mit 2, 3 und mehr, bis über ein Dutzend bei Arcella z. B.; Claparede und Lachmann (60) haben Amöben mit bis zu 20 contractilen Vacuolen beobachtet. Auch die Lage der contractilen Vacuolen im Körperprotoplasma ist mannigfachen Verschiedenheiten unterworfen. Während bei den proteischen Amöben auch die contractile Vacuole im Allgemeinen ihre Lage stets wechselt, zeigt sich doch bei zahlreichen eine Neigung zu constanter Lagerung derselben in dem hinteren, bei der Bewegung nachfolgenden Körperende, und bei einer Anzahl von Formen, wie A. Limax und Guttula (II. 2, 3), aber auch verrucosa (Ehrbg.) Duj. (= quadrilatera Carter), ist diese Einlagerung der Vacuole in das Hinterende ganz constant geworden. Bei den monaxonen, beschalten Formen ist ihre Lage recht verschieden, jedoch finden sie sich bei Anwesenheit mehrerer gewöhnlich ziemlich nahe beisammen. So sehen wir die bei Euglypha (Ill. 12a) und Trinema meist in mehrfacher Zahl (gewöhnlich bis zu 3) vorhandenen Vacuolen in einer mittleren Zone, auf der Grenze zwischen der körnigen Region und der hinteren homogenen versammelt, und ähnlich verhält es sich auch bei gewissen Gromiinen, wie Platoum (III. 17a). Auch bei Arcella (II. 9a) ist dasselbe Verhalten zu constatiren, indem hier die Vacuolen ringförmig im peripherischen Rand des abgeplatteten Körpers zusammengestellt sind, *) S, Cienkowsky, 104a, Gromia paludosa = Lieberkühnia Clap. Lachm. Contractile Vacuolen, Nuclei. 107 welcher Rand ja etwa der Aequatorialzone der gestreckten Formen ent- spricht. Bei anderen Formen treffen wir sie jedoch bald mehr in den vorderen, bald in den hinteren Körperabschnitt verlagert. Das erstere Verhalten gilt für Cyphoderia (III. 13, ev) und Mikrogromia (Ill. 15b, e), während sie bei Hyalosphenia und Quadrula mehr ins hintere Körperende gerückt sind (II. 10a u. 12 ev). Stets jedoch scheinen die Vaeuolen, wenigstens kurz vor und während ihrer Contraktion, dicht unter die Körperoberfläche zu rücken, ja zuweilen auch die Oberfläche buckelartig hervorzutreiben (vergl. Platoum stercoreum Cienkowsky, Diaphoropodon Arch. [IV. 1, v] und Amoeba Blattae Bütschli). Deshalb darf, im Hinblick auf die Erfahrungen über ihre Entleerung bei anderen Protozoönabtheilungen, wohl auch hier diese Entleerung nach Aussen angenommen werden. Durch direete Beobachtung ist jedoch dieser Vorgang bei den Rhizopoden bis jetzt noch kaum festgestellt worden; auch sind keinerlei vorgebildete Oeffinungen oder Ausführgänge zur Ent- leerung der Vacuolen gesehen worden. Die Contraktion selbst erfolgt mit sehr verschiedener Schnelligkeit. In gleicher Weise liegen auch nur sehr wenige Erfahrungen über die Neubildung der an Stelle der contrahirten tretenden Vacuole vor. Im Allgemeinen scheint einfach eine kleine, allmählich heranwachsende Va- cuole an Stelle der geschwundenen zu entstehen, doch liegen auch Beobachtungen vor, welche eine Entstehung der Vacuole durch den Zusammenfluss mehrerer kleiner erweisen, wie solches ja bei anderen Protozo@nabtheilungen sehr gewöhnlich ist. Ein solches Verhalten hat Greeff bei seiner Amoeba terricola*) eonstatirt und Verf. später gleich- falls bestätigt gefunden. Hier entstehen an Stelle der contrahirten, in mehrfacher Anzahl vorhandenen und mit den Strömungen des Plasmas hin- und hergeschobenen Vaeuolen zahlreiche äusserst kleine, welche sich rasch zu einer Anzahl grösserer vereinigen, die nun ihren weiteren Zusammenfluss langsam weiter fortsetzen, oder durch die Strömungen des Plasma’s von einander fortgetrieben werden, um dann erst allmählich bei ihrer Begegnung weiter zu verschmelzen. Von den in dieser Weise entstandenen, grösseren Vacuolen wird dann zuweilen eine nach der Ober- fläche getrieben, worauf ihre Contraktion eintritt. **) 3 &°. Nuclei der Rhizopoden. Allgemeines Vorkommen der Rhizopodennuclei. Wie schon mehrfach hervorgehoben wurde, ist die Anwesenheit von Nuclei im Protoplasma der Rhizopoda, in dem Umfang, den wir dieser *) Arch. f. mikr. A. II. *#) Ganz ähnlich schildert Lieberkühn die Heryorbildung der contractilen Vacuole bei einer von ihm beobachteten Amöbe (nach der Beschreibung sehr ähnlich A. Guttula Duj.). Hier vereinigen sich die neu entstandenen, zahlreichen kleinen Vacuolen successive zu einer einzigen grossen, die hierauf stets ans Hinterende geschoben wird, wo ihre Contraction sich vollzieht. (Schrft. d. Ges. z. Bef. d. ges. Naturw. zu Marburg IX. p. 371.) 108 Rhizopoda, Abtheilung geben, keineswegs eine allgemeine. Sie geht den häufig mit den übrigen kernlosen Protozoön als Moneren zusammengefassten Formen ab. Wir haben schon früher unsere Gründe angegeben, weshalb wir kernlose sowohl als kernhaltige Formen in näheren Zusammenhang bringen und es vorziehen, ihre verwandtschaftlichen Beziehungen naclı ihrem gesammten körperlichen Erscheinen zu bestimmen. Wir werden hierzu hauptsächlich auch noch dadurch bestimmt, dass der Nachweis der Kerne zuweilen keine geringen Schwierigkeiten hat, die häufig noch dadurch erhöht werden mögen, dass, wie sich dies nament- lich durch neuere Untersuchungen herausstellte, statt des früher meist gesuchten einen ansehnlichen Kernes häufig mehr oder weniger zahlreiche kleine vorhanden sind, welche der Beobachtung (namentlich, wenn dieselbe nicht durch Färbungsversuche unterstützt wird) leicht entgehen können. Es wird daher wohl nieht als eine unbegründete Vermuthung bezeichnet werden dürfen, wenn wir hier den Glauben aussprechen, dass mannig- fache im Laufe der Zeit beschriebene monere Rhizopoden sich doch noch als kernhaltig herausstellen dürften. Wir persönlich haben bis jetzt noch nicht Gelegenheit gehabt, uns bei unseren mannigfachen Untersuchungen mit einer unzweifelhaft kernlosen Süsswasserform bekannt zu machen. Immerhin liegt kein ausreichender Grund vor, die Existenz kernloser Formen überhaupt bezweifeln zu wollen. Als solche kernlose Formen sind zunächst amöbenartige Süsswasser- und Meeresrhizopoden beschrieben worden, die als Protamoeba oder Gloidium zu besonderen Gattungen erhoben wurden. Weiterhin rechnen wir hierher die Häckel’schen Moneren Protomyxa, Myxodyetium und Protogenes. Von beschalten Formen wird das Fehlen des Kernes durch Claparede und Lachmann von Lieberkühnia berichtet und von einem auf diesem Gebiet so erfahrenen Beobachter wie Cienkowsky bestätigt. Von mancher anderen Form ist bis jetzt die Kern- haltigkeit noch nicht mit Sicherheit erwiesen, wenn auch das Vorhanden- sein von Nuclei bei nahen Verwandten dieselbe sehr wahrscheinlich macht. Was die marinen Rhizopoden betrifft, so war für diese bis in die neueste Zeit die Annahme ihrer Kernlosigkeit eine allgemeine, bis, wie dies schon früher durch M. Schultze und Wallich für Gromia festgestellt worden war, durch R. Hertwig und F. E. Schulze auch für eine, bis jetzt zwar ziemlich beschränkte Anzahl mono- und polythalamer Formen die Gegenwart eines oder mehrerer Kerne erwiesen wurde. Wie schon aus den eben gemachten Bemerkungen hervorgeht, ist die Zahl der vorhandenen Kerne bedeutenden Schwankungen unterworfen, so dass wir von einem, und dann gewöhnlich auch durch beträchtliche Grösse sich auszeichnenden Kern Uebergänge bis zu sehr hohen Zahlen, 100 und mehr, finden, in welchen Fällen dann die Kerne naturgemäss eine relativ sehr geringe Grösse zeigen. Wenn wir einerseits derartige weite Schwankungen in der Kernzahl durch eine Reihe verschiedener Formen hindurch zu verfolgen vermögen, so begegnen wir andererseits zuweilen ähnlichen Schwankungen in gleich weitem Spielraum bei einer Pe Nuclei. (Zahlenverhältnisse.) 109 und derselben Form, wenn auch für gewöhnlich die Differenzen in der Zahl der vorhandenen Kerne sich in engeren Grenzen bewegen. Nach solchen Erfahrungen dürfte es überhaupt fraglich erscheinen, ob sich die Einkernigkeit bei einem Rhizopoden das gesammte Leben hindurch erhält und ob nicht derartige mehrkernige Zustände zu gewissen Zeiten den Rhizopoden durchaus eigenthümlich sind. Letztere Vermuthung wird noch durch die Auffassung der mehrkernigen Zustände überhaupt gestützt, denn es kommt diesen ohne Zweifel eine nicht un- wichtige Bedeutung im Leben unserer Organismen zu, und werden wir dieselbe wohl, ohne fehlzugehen, auf dem Gebiete der Fortpflanzung zn suchen haben. Zunächst machen wir uns hier mit den einschlägigen Verhält- nissen etwas näher bekannt. Eine geringe Zahl von Kernen ist gewöhnlich den Amöben eigenthümlich ; einer (II. 1—5 n), zuweilen jedoch auch 2 und 3 finden sich hier zumeist, doch zeigt sich gerade bei gewissen hierhergehörigen Formen eine aufallende Vermehrung der Kerne bei bestimmten Individuen. So hat Bütschli*) bei der Am. princeps neben einkernigen, durch einen recht ansehnlichen Kern ausgezeichneten Individuen häufig auch solche gefunden, welche eine grössere bis sehr grosse Zahl (100—200) Kerne enthielten, so dass sich alle Uebergangsstufen bezüglich der Kernzahl nachweisen liessen, wie solches auch durch frühere Untersuchungen von Stein, Wallich**) und Carter***) wahrscheinlich gemacht worden war, wenn auch die beiden letzteren Forscher die zahlreichen kleinen Kerne fälschlich (Carter z. B. als Fortpflanzungszellen) deuteten. Während wir so bei Amoeba (ähnlich verhält sich nach Bütschli auch die A. Blattae) zuweilen eine sehr hohe Kernzahl antreffen, hat sich ein solches Verhalten bis jetzt bei der wohl nahe verwandten, grossen Pelomyxa durchaus gezeigt; die Zahl der hier vorhandenen Kerne ist stets eine sehr grosse und steht in Beziehung zu der Grösse des Thieres, so dass sehr grosse Exemplare gewiss mehrere Hundert solcher Zellkerne einschliessen (U. 6g, e). Obgleich eine ziemliche Zahl der beschalten Monothalamen des süssen Wassers bis jetzt nur in Besitz eines oder doch nur weniger Zellkerne getroffen wurde, zeigen andere ganz ähnliche Verhältnisse wie die eben erwähnten Amöben, und gerade von solchen, wie z. B. Arcella und Difflugia, sind die grossen Schwankungen in der Kernzahl schon ver- hältnissmässig lange bekannt. Bei Arcella finden sich fast durchaus mehrere Kerne (II. 9a,n) und ihre Zahl ist grossen Differenzen unterworfen, während gewöhnlich etwa 3—6 vorhanden sind, hat doch schon Auerbach Individuen mit etwa 40 Kernen beobachtet. Aehnliches treffen wir auch bei der nahe verwandten Gattung Difflugia. Hier findet sich gewöhnlich im hinteren Abschnitt des Körpers ein Kern, jedoch hat neuerdings *) Abh. d. Senckenb. naturf. Gesellsch. X. p. 164 (d. Sep.-Abdr.). Zr AUE m... h. 3.9: XU. „es An: m. 0. h. 9.8. ZI, 110 Rhizopoda. R. Hertwig*) auch Individuen der Difflugia proteiformis untersucht, die bis zu 40 Kernen enthielten und gleiches wurde auch schon früher von M. Schultze berichtet. Diese Erfahrungen machen es nicht unwahrschein- lich, dass die von Carter bei mehreren Gelegenheiten beschriebenen sogen. Fortpflanzungszellen der Difflugia pyriformis und eompressa in gleicher Weise, wie dies oben bezüglich der sogen. Fortpflanzungszellen der Amöben angedeutet wurde, als solche in grösserer Menge vorhandene kleine Nuclei betrachtet werden dürfen. (Wir werden späterhin bei Er- örterung der Fortpflanzung nochmals auf diese Angelegenheit zurück- zukommen haben.) Auch für einen marinen Rhizopoden, nämlich die Gromia oviformis, wurden schon vor längerer Zeit durch M. Schultze**) ganz gleiche Ver- hältnisse eonstatirt. Bei jungen Thieren findet sich hier ein Kern, wie das unter den seither beschriebenen Formen auch für Arcella nachgewiesen wurde. Bei den älteren Exemplaren hingegen war die Zahl der Kerne stets vermehrt (IV. 6n), so dass sich eine grosse Mannigfaltigkeit ver- schiedener Kernzahlen, von 2 bis zu 60 auffinden liessen. Im letzteren Fall fand sich jedoch neben den zahlreichen kleinen noch ein etwas grösserer. (Auch M. Schultze wurde durch diese Beobachtungen über die zahlreichen kleinen Kerne der Gromien auf die Vermuthung geführt, dass es sich hier möglicherweise um Fortpflanzungszellen handle.) Wie schon oben hervorgehoben wurde, sind die Beobachtungen über die Verbreitung der Kerne bei den kalkschaligen und sandschaligen Rhizopoden noch sehr spärlich. Die ersten einschlägigen Beobachtungen auf diesem Gebiet rühren zwar auch schon von M. Schultze her, dennoch sind bis jetzt die Kerne nur bei einer kleinen Zahl von Gattungen nach- gewiesen. Schultze (53) hat sich von der. Gegenwart eines kernartigen Körpers bei einer zu Lagena (Oolina d’Orb.) mit Zweifel gestellten Form überzeugt, die mir überhaupt nicht zu dieser Gattung zu gehören, sondern eine kalksandschalige Form zu sein scheint. Ebenso hat er einen hellen kernartigen Fleck in der jüngsten Kammer junger Pulvinulinen (Rotalia veneta M. Sch.) und in den beiden jüngsten Kammern gewisser Textu- larien nachgewiesen. Kerne sind jedoch auch von einem englischen Forscher, wiewohl ohne ihre wahre Natur zu erkennen, bei einer Reihe mariner Rhizo- poden nachgewiesen worden. Es scheint mir nämlich keiner Frage zu unterliegen, dass die von Str. Wright***) im Protoplasma von Gromiinen, Miliolinen, Orbulina, Rotalina und Truncatulina aufgefundenen, vermeint- lichen Eier nichts weiter als die Kerne der betreffenden Formen waren; wenigstens scheint dies mit grosser Sicherheit aus der Abbildung der *) Jenaische Zeitschr. f. Naturwissensch. Bd. XI. #9) 158. u. Archort. sm, zAsalT. BER) CA. m. 2. h,28 all ran Nuclei. (Vorkommen bei marinen Rhizopoden, Zahl, Lage.) 111 betreffenden Eier in einer ziemlich reichkammerigen Truncatulina hervor- zugehen. *) Mit voller Sicherheit sind dagegen erst in neuerer Zeit die Kerne mit Hülfe von Färbungsmethoden von F. E. Schulze und R. Hertwig bei einer Reihe mariner Formen nachgewiesen worden. Auch hier ver- rathen die zum Theil sehr schwankenden Zahlenverhältnisse der Kerne ein ähnliches Verhalten, wie bei den schon besprochenen Formen. So fand F. E. Schulze bei der monothalamen Lagena (Entosolenia) globosa Will. 1 Kern, ähnlich auch bei der Quinqueloculina fusca Brdy., dagegen R. Hertwig bei Spiroloculina byalina F. E. Sch. 1—7 Kerne (IV. 16). Bei den von Hertwig untersuchten kleinen Rotalinen (wahrscheinlich Pulvi- nulina) schwankte die Kermzahl zwischen 1—4, so dass in einer Anzahl von Fällen die Zahl der Kerne der Kammerzahl gleichkam, z. Th. jedoch auch geringer blieb. Eine Beziehung zwischen der Anzahl der Kammern und Kerne polythalamer Rhizopoden ist jedoch in keiner Weise Regel; so fand sich bei 2 Textularien mit respective 5 und 13 Kammern je nur 1 Kern und dasselbe gilt für Globigerina (VII. 28a) und eine sogen. Rotalina inflata Will.**) (VII. 38) nach R. Hertwig. Auch F. E. Schulze fand bei der vielkammerigen Polystomella striatopunetata F. u. M. ge- wöhnlich nur einen Kern, seltener 2 und nur einmal 3. Jedenfalls geht aus diesen Beobachtungen zur Geniüge hervor, dass die Zahl der Kerme bei den Polythalamen, möge sie auch noch so verschieden sein, in keiner Weise mit der Kammerzahl correspondirt. Hinsichtlich der Kernverhältnisse der marinen, sandschaligen Rhizo- poden ist bis jetzt nur sehr wenig ermittelt worden. Bessels***) hat in dem Protoplasma der Astrorbiza limieola eigenthümliche kugelige Körper beobachtet, die er eneystirten Moneren vergleicht und die, nach der Abbildung zu urtheilen, wohl Kerne gewesen sein könnten. Diese Deutung wird dadurch, dass neuerdings R. Lankester}) im Protoplasma der Haliphysema grosse Mengen bläschenförmiger, kugeliger Kerne beobachtete, wesentlich sicherer. Was die Lage der Kerne im Protoplasmakörper betrifft, so ist die- selbe häufig eine sehr wechselnde, da sie als frei im Protoplasma (resp. Entoplasma, wo ein solches entwickelt ist) schwebende Körper mit dessen Verschiebungen auch ihre Lage ändern. Dies gilt z. B. fast durchaus für die Amöben und Verwandten, wenngleich bei den oben schon hervor- gehobenen Formen, welche mit einer eigenthümlichen Bewegungsweise *) Die Richtigkeit dieser Deutung wird ganz unbezweifelbar, wenn man bemerkt, dass Wright die von ihm bei seiner Boderia (Journ. Anat. and Phys. I. 1867) beschriebeneu Kerne bald als Nuclei, bald als Eier bezeichnet, also die Kerne der Rhizopoden, wie aus weiteren Bemerkungen hervorgeht, eben für die Eier hält. **) Dieselbe ist jedoch jedenfalls nicbt identisch mit der Williamson’schen Art, da letztere nach Parker und Jones eine sandschalige sogen. Trochammina ist, ***) Jen. Zeitschr. IX. +) Qu. j. mier. sc. XIX, 112 Rhizopoda, eine fast eonstante Lagerung der Vacuole im Hinterende verbinden, auch der Kern gewöhnlich hinten, in der Nähe der Vaeuole, sich findet. Bei Anwesenheit zahlreicher Kerne sind dieselben meist durch den ganzen Körper vertheilt, doch auch zuweilen, wie z. B. bei Gromia, vorzugsweise im Hinterende versammelt. Diese Einlagerung des einen oder der in Mehrzahl vorhandenen Kerne im Hinterende des monaxonen Körpers ist bei den monothalamen Süsswasserformen und wie es nach der Beob- achtung F. E. Schulze’s bei Lagena scheint, auch bei den marinen sehr gewöhnlich. Für die polythalamen Formen darf bei Anwesenheit von nur einem Kern wohl vorausgesetzt werden, dass derselbe ursprünglich seine Lagerung in der Embryonalkammer hatte. Da er jedoch späterhin nicht mehr in derselben angetroffen wird, sondern sich nach F. E. Schulze bei Poly- stomella gewöhnlich in einer Kammer des mittleren Drittels findet, so darf schon hieraus auf eine allmähliche Vorwärtswanderung des Kernes mit der Zunahme der Kammerzahl geschlossen werden. Das Gleiche ergibt sich aus den Beobachtungen Hertwig’s an Globigerina und der sogen. Rot. inflata. Aber auch durch direete Beobachtung liess sich eine solche Vorwanderung bei den Polythalamen sehr wahrscheinlich machen, in- dem es beiden Forschern gelang, den Kern noch im Stadium des Durch- tretens von einer zur folgenden Kammer wahrzunehmen. Die grosse Enge der Verbindungsöffnungen zwischen den aufeinanderfolgenden Kammern bei Polystomella macht es nothwendig, dass sich der Kern beim Durch- tritt sehr schmal auszieht. Bei gewissen Globigerina-Arten wird durch die Beobachtung eines solchen Durchtretens des Kernes (VII. 28a, n) von einer Kammer in die andere die Existenz einer Communikationsöffnung zwischen den Kammern sicher erwiesen. Gestalts- und Bauverhältnisse der Rhizopodenkerne. Soweit die bis jetzt vorliegenden Untersuchungen reichen, ist die Gestaltung der Rhizopodenkerne fast durchweg eine kugelige, ellipsoidische oder scheibenförmig abgeplattete. Bandförmig verlängerte oder gar ver- ästelte Kerngestalten, wie sie in anderen Protozo@änklassen zuweilen auf- treten, sind hier noch nie beobachtet worden. Was ferner die feineren Bauverhältnisse betrifft, so ist der sogen. bläscehenförmige Bau der bei weitem vorherrschendste und, wie wohl mit Recht angenommen werden darf, auch der ursprünglichste. Diese Bau- weise des Zellkernes sehen wir namentlich bei den zahlreichen Süsswasser- formen fast durchaus vertreten und auch bei gewissen marinen Formen ist eine ähnliche Bildungsweise sehr wahrscheinlich. Ein derartiger bläschenförmiger Kern (I. 1—3, 9a; III. 10 ete. n) zeigt zunächst eine mehr oder minder deutliche Kernhülle oder Kernmembran, welche von einer hellen, durchsichtigen, und, wie wohl aus ihrer allgemeinen Erscheinung mit Recht gefolgert werden darf, flüssigen Masse erfüllt ist, dem sogen. Bau des Nucleus. (Kernkörper.) 113 Kernsaft. Innerhalb dieser findet sich sodann ein mehr oder minder an- ‘sehnlicher, ziemlich dichter und daher dunkelbläulich erscheinender Binnen- oder Kernkörper. Wie angedeutet, schwankt dieser Binnenkörper in seinen Grössenverhältnissen sehr beträchtlich; er kann den von der Kern- hülle umschlossenen Raum nahezu völlig ausfüllen, so dass zwischen ihm und der äusseren Membran nur eine schmale, helle, mit Kernsaft erfüllte Zone übrig bleibt, oder es sinkt seine Grösse mehr und mehr herab, bis er schliesslich nur ein unansehnliches Korn in dem weiten, von Kernsaft erfüllten Binnenraum des Nucleus darstellt (II. 12). Nicht sämmt- liche Kerne der Süsswasserformen verharren jedoch auf einer so einfachen Bildungsstufe, sondern ein Theil zeigt eine etwas complieirtere Form, welche sich wohl durch eine Umbildung des ursprünglich einfachen Binnen- körpers von der eben geschilderten herleiten lässt. So zeigt sich z. Th. eine Vermehrung der verhältnissmässig kleinen Binnenkörper, statt eines finden sich‘ eine Anzahl rundlicher Kernkörperchen, wie z. B. nach F. E. Schulze bei Hyalosphenia (bis 6 Körperchen), in geringerem Maass auch bei Cyphoderia (II. 10, n). Auch scheint es nach den vorliegenden Beobachtungen nicht unwahrscheinlich, dass sich bei ge- wissen Formen eine zeitweise Veränderung in dem gewöhnlichen Ver- halten des Kernes zeigt; so wird z. B. für die Euglyphen von Carter und Hertwig-Lesser in übereinstimmender Weise ein einfacher, bläschen- förmiger Kern beschrieben, während F. E. Schulze bei den von ihm untersuchten Exemplaren entweder gar nichts von einem Kernkörper oder an dessen Stelle eine grössere Anzahl kleiner Kernkörperehen fand. Bei manchen Formen scheint jedoch die Zertbeilung des einfachen Kernkörpers noch weiter zu gehen, wenigstens dürfen wir diese Auffassung im Interesse der Schilderung hier festhalten; so zeigen die zahlreichen kleinen Kerne gewisser Formen der Amoeba Princeps einen ziemlich ab- weichenden Bau (II. 1b). Hier liegt dieht unter der Kernmembran eine Zone kleiner, dunkler Körperchen, in einfacher Schicht angeordnet. Aehn- lich scheint sich der Bau des Kernes bei den erwachsenen Formen der Amoeba terricola Greeff’s (II. 5n) und der Amphizonella violacea desselben Forschers zu verhalten, nur wird hier eine völlige Erfüllung des Kern- inneren von solchen kleinen rundlichen Körperchen beschrieben, was mir jedoch, wenigstens für die A. terricola, nach den gegebenen Abbildungen nicht ganz wahrscheinlich zu sein scheint.*) Bei den mit wenigen oder *) S, Greeff, Arch. f. mikr. Anat. Bd. II. — Auch bei Pelomyxa zeigen die so massen- haft vorhandenen Kerne einen sehr ähnlichen Bau. Der Innenseite der sehr deutlichen Kern- hülle sind im wasserhellen Kerninhalt (wohl Kernsaft) zahlreiche, meist ziemlich feine Körnchen angelagert, unregelmässiger oder regelmässiger über die ganze Innenfläche und zuweilen auch noch durch den eigentlichen Binnenraum der Kerne zerstreut, Zuweilen fand Greeff diese feinen Kernkörner vergrössert und mit vacuolenartigen Bläschen im Inneren, Durch weitere Vergrösserung der Körner und hauptsächlich dieses Bläschens lässt er aus ihnen schliesslich die früher geschilderten, sogen. Glanzkörper der Pelomyxa hervorgehen, welche durch Sprengung der Kernhülle ins Körperprotoplasma übertreten sollen. Bronn, Klassen des Thier-Reichs. Protozoa. 5 114 Rhizopoda. nur einem grossen ovalen Kerne versehenen Exemplaren der A. Princeps hat sich der feinere Bau des Kernes etwas anders gestaltet (II. 1c), statt der Zone rundlicher Körner unterhalb der Kernmembran findet sich hier eine ähnlich gelagerte Zone, welche aus unregelmässigen, feinkörnigen, hier und da netzförmig verzweigten und zusammenhängenden plasmatischen Massen besteht, also eine Bildung zeigt, welche an das Fadennetz der Zellkerne, wie es durch neuere Forschungen in weiter Verbreitung nach- gewiesen wurde, erinnert. Eine ziemliche Aehnlichkeit mit den geschilderten Kernen der Amöben scheinen auch die Kerne einer Anzahl bis jetzt hierauf untersuchter mariner Rhizopoden zu zeigen. Nach M. Schultze sind die Kerne der Gromien gänzlich von kleinen, sehr blassen Bläschen erfüllt und nach F. E. Schulze enthält der ansehnliche Kern älterer Polystomellen zahl- reiche stark lichtbrechende, meist kugelige Einschlüsse, während der kleinere Kern jugendlicher Exemplare meist nur einen solchen nueleolus- artigen Körper einschliesst, so dass hieraus auf eine fortdauernde Ver- mehrung dieser Einschlüsse mit dem Wachsthum des Kernes geschlossen werden daıf. Besonders eigenthümlich verhalten sich noch die Kerne gewisser von R. Hertwig untersuchter Rotalinen und Globigerinen. Bei den ersteren zeigten zuweilen vorhandene, kleine Kerne eine ganz homogene Beschaffen- heit, gewöhnlich war jedoch der nur in der Einzahl vorhandene, kugelige und ziemlich grosse Kern sehr eigenthümlich gebaut, wie solches bis jetzt in ähnlicher Weise nur bei gewissen ciliaten Infusorien nachgewiesen wurde, Zunächst war der Kern hier nicht bläschenförmig, sondern es umsehloss die Kernmembran (sie wurde jedoch hier nicht direet beob- achtet) einen sie vollständig erfüllenden, plasmatischen Inhalt, der sich aus zwei Abschnitten zusammensetzte (VII. 38 n), einem feinkörnigen, diehteren, sich mit Karmin stärker färbenden und einem hellen homogenen, der sich nur schwach färbte. In ihrer Grösse verhielten sich beide Ab- schnitte etwa gleich, oder es blieb der homogene hinter dem körnigen an Grösse zurück. Wir erwähnen schliesslich noch, dass auch der von F. E. Schulze bei Lagena beobachtete Kern eine homogene oder, nach der Anwendung von Säuren, feinkörnige Beschaffenheit zeigte. Auch die von Ray Lankester beschriebenen Kerne der Haliphysema scheinen sich ihrer Bauweise nach innigst hier anzuschliessen, da sie innerhalb einer deutlichen, dieken Kernhülle einen feingranulirten oder homogenen Inhalt zeigen. &. Pseudopodienbildung, Bewegung und Nahrungsaufnahme der Rhizopoda. Wie die Ueberschrift dieses Abschnittes besagt, werden wir hier mit der allgemeinen Besprechung der Pseudopodienbildung gleichzeitig auch die Bewegungs- und Ernährungsverhältnisse in Betracht ziehen, da die- £ J nn, ee ine Be | | 1 i i . i Pseudopodienbildung. (Lobosa,) 115 selben ja mit der Beschaffenheit der Pseudopodien in den innigsten Beziehungen stehen. Wie schon gelegentlich angedeutet wurde, kennen wir einfache nackte Rhizopodenformen, gewisse Amöben, welche eigentlich gar keine beson- deren Pseudopodien entwickeln, sondern sich fliessend mit ihrer ge- sammten Masse bewegen, ohne hierbei tiefgreifende Gestaltsveränderungen zu zeigen. In der A. Guttula und Limax haben wir derartige Formen schon kennen gelernt und auch die ansehnliche Pelomyxa bewegt sich, wenigstens häufig, für längere Zeit in dieser Weise. Der Vorgang dieser fliessenden Bewegung des gesammten Rhizopodenleibes ergibt sich bei näherer Untersuchung in der Art, dass von der hinteren Region, das heisst der bei der Bewegung das Hinterende bildenden Leibespartie, das Proto- plasma beständig in einem Strom in der allgemeinen Bewegungsrichtung des Organismus nach dem vorderen Ende hineilt und, hier angelangt, zu beiden Seiten abfliessend, sich in den seitlichen Theilen nach hinten wendet. Zu beiden Seiten der mittleren Leibesgegend sammeln sich so die zurück- kehrenden Protoplasmamassen an und gehen in einen relativ ruhenden Zustand über, indem ihre Rückwärtsbewegung allmählich erlischt. Weiter- hin werden dann diese Ansammlungen ruhenden Protoplasmas wieder in den nach vorwärts sich bewegenden Strom hineingezogen, so dass also eine Art Cirkulation des gesammten Leibesprotoplasmas die Grundlage für die fliessende Bewegung des Körpers abgibt. Eine derartige Cirkulation des gesammten Körperprotoplasmas in ziemlich regelmässiger Weise sehen wir nun zuweilen, abgesehen von den bei jeder Pseudopodienentwickelung nothwendigen Strömungen und Verschiebungen, auch neben einer reichlichen Pseudopodienentwickelung stattfinden. Hierfür bietet die sogen. Lieberkühnia (= Gromia paludosa Cienkowsky) ein gutes Beispiel. Ganz ähnlich im Allgemeinen wie die fliessende Bewegung des gesammten Leibes, welche eben geschildert wurde, verhält sich auch die Entwickelung eines Pseudopodiums bei den übrigen Lobosen; hier bewegt sich der strömende Zufluss des Protoplasma’s nach einer oder mehreren lokal beschränkten Stellen der Leibesoberfläche hin und tritt hier als ein fingerartiger, an seinem Ende stumpf abgerundeter Fortsatz hervor. In einem solchen Pseudopodium verhält sich der eintretende Strom ganz ähnlich, wie wir das eben bei der Strömung des gesammten Leibesproto- plasmas gesehen haben, das heisst: es bewegt sich das Protoplasma in dem axialen Theil des Fortsatzes nach vorwärts und fliesst an dessen Ende allseitig nach den Seiten hin ab, und indem es sich hier in relativ ruhendem Zustand anhäuft, wächst durch fortdauernden, inneren Zufluss das Pseudopodium allmählich in die Länge. Hierbei kann es sich dann ereignen, dass sich der zufliessende Strom an seinem Ende ver- zweigt, in Folge dessen dann auch das Pseudopodium sich verästelt und durch mehrfache Wiederholung derartiger Stromabzweigungen können sich dann schliesslich mehrfach getheilte Pseudopodien hervorbilden. RE 116 Rhizopoda. Ebenso wie solche Pseudopodien an einer oder mehreren Stellen der Körperoberfläche hervorgeflossen sind, wie man sich wohl ausdrücken darf, werden sie jedoch auch wieder eingezogen. Dieser Vorgang der Zurückziehung der Pseudopodien bietet ungefähr das entgegengesetzte Bild wie ihre Entstehung. Indem nach einer gewissen Zeit der Zufluss aus dem Körperinneren sistirt,.kommt das Pseudopodium zu einem kurzen Ruhezustand, es steht der zufliessende axiale Strom desselben still. Mittlerweile haben sich die Strömungsrichtungen des Körperplasmas überhaupt geändert und in Folge dessen beginnt, durch Zuströmung des Plasmas nach einer anderen Stelle der Körperoberfläche, sich hier ein neues Pseudopodium hervorzubilden. Nach einiger Zeit sehen wir dann, wie der axiale Theil des Plasmas des alten Pseudopodiums in eine rückströmende Bewegung übergeht und so die Plasmamasse des Fort- satzes, zunächst von der Endspitze desselben beginnend, allmählich in den Körper zurückgeführt wird, wobei sich, entsprechend dem Abfluss, das Pseudopodium allmählich verkürzt, bis es schliesslich wieder völlig in die allgemeine Leibesmasse aufgenommen worden ist. In solcher Weise also sehen wir Neu- und Rückbildung der Pseudopodien bei den mit derartigen lappen- oder fingerförmigen Pseudopodien ver- sehenen Amöben und Verwandten vor sich gehen, die man häufig (nach dem Vorgange Carpenter’s), eben wegen dieser Beschaffenheit ihrer protoplasmatischen Leibesfortsätze, als Lobosa zusammenfasst. Ist die Leibesmasse solcher Formen deutlich in eine hyaline Rinden- schicht oder Eetoplasma und eine körnige Innenmasse oder Entoplasma gesondert, so bilden sich die Pseudopodien zunächst ausschliesslich aus dem hyalinen Ecetoplasma und bestehen auch, wenn sie eine mässige Grösse nicht überschreiten, gewöhnlich nur aus solchem. Wenn sich je- doch durch fortgesetzten Plasmazufluss das Pseudopodium zu ansehnlicher Grösse entwickelt, dann tritt gewöhnlich auch die körmige Entoplasma- masse in dasselbe ein und bildet eine axiale, körnige Partie des basalen Abschnittes des Pseudopodiums (II. 1a). Aus diesen Verhältnissen darf wohl der Schluss gezogen werden, dass es die hyaline Eetoplasmaschicht ist, welche vorzugsweise die Strömungserscheinungen zeigt und dies geht auch noch dadurch besonders hervor, dass sich auch bei dem Hinfliessen, ohne Entwicke- lung eigentlicher Pseudopodien, eine Anhäufung solch hyalinen Plasmas am Vorderende findet, wenn überhaupt eine Sonderung in die beiden Plasmapartien am Leibe des betreffenden Rhizopoden ausgebildet ist. So sehen wir denn auch die Pseudopodienbildung bei einer Reihe von Lobosen, an deren Körper sich keine deutliche Scheidung zwischen Ecto- und Entoplasma durchführen lässt, dennoch nur aus hyalinem oder doch sehr feinkörnigem Plasma stattfinden, wie dies der Fall ist bei den be- kannten beschalten Lobosen, Arcella, Difflugia, Hyalosphenia, Qua- drula etc. (s. II). Unter den Lobosa selbst zeigt jedoch im Speciellen die Gestaltung Pseudopodienbildung. (Lobosa.) 117 der Scheinfüsschen eine ziemlich reiche Mannigfaltigkeit, und eine nicht unbeträchtliche Reihe noch hierherzurechnender Formen weist schon An- klänge an die Gestaltungsverhältnisse, wie wir sie in vollkommenerer Weise bei den sogen. Reticulosa späterhin kennen lernen werden, auf. Bei den nackten Formen der hier zu betrachtenden Gruppe, also vorzugsweise den Amöben und Verwandten, wird natürlich die Gesammt- gestalt des Körpers im beweglichen Zustand durch Gestalt und Bildungs- weise der Pseudopodien bestimmt. Neben Formen mit kurzen, stumpfen Fortsätzen, welche allseitig vom Körper in grösserer oder geringerer Zahl entspringen, treffen wir solche, bei welchen dieselben länger und dünner, mehr fingerförmig werden. Entspringen solche Fortsätze gleichmässig von dem gesammten Rand des ziemlich scheibenförmigen Körpers, so erhält der Körper ein strahliges Aussehen, wie z. B. bei der Dactylo- sphaera H. und Lesser’s (I. III. 11, 12), der Amoeba polypodia M. Sch. (F. E. Sch.) und der Amoeba radiosa (bei letzterer treten jedoch auch Formen auf, welche sich durch sehr lange, dünne, strahlenartige Pseudo- podien von den übrigen Amöben entfernen [I. 10]). Andererseits sehen wir die Enden der fingerförmigen Pseudopodien sich nicht selten ver- zweigen (seltener bei A. diffluens O. F. M., häufiger bei A. brachiata Duj.), und in eigenthümlicher Weise zugespitzt und zerschlitzt erscheinen die Pseudopodien der A. lacerata (Duj.) From. Auch die beschalten Formen zeigen z. Th. etwas abweichende Bildungsverhältnisse, so besitzt eine von Hertwig und Lesser beschriebene Difflugia acropoda ziemlich breite, ab- geflachte und flammenartig spitzig zerschlitzte Pseudopodien, welche an die der ebenerwähnten A. lacerata sich anschliessen. Auch treten hier z. Th. besonders abweichende Pseudopodienbildungen auf; so dürfen hierher gerechnet werden die eigenthümlichen, an ihren Enden schwimmhautartig verbreiterten Pseudopodien von Petalopus (II. 13) Cl. u. L. und die noch merkwürdigeren, membranartigen Pseudopodien von Plakopus F. E. Sch., welche sich in verschiedenen Richtungen vom Körper erheben können, unter sich winkelig zusammenstossend und so trichter- oder kappenförmige Hohlräume zwischen sich einschliessen (II. 14). Im Anschluss an die Betrachtung der Pseudopodienentwickelung der Lobosa fügen wir hier gleich einige Angaben über die Art der Nahrungs- aufnahme bei, da ja dieser Process in direeter Beziehung zu der Pseudopodienbildung steht. Es liegen hauptsächlich bei den Amöben ge- nauere Beobachtungen dieses Vorgangs vor, wo Lachmann *) und Leidy **) denselben in übereinstimmender Weise verlaufen sahen. Ein aufzunehmen- der Nahrungskörper wird von den Pseudopodien gewissermaassen allseitig umflossen und indem sich dieselben jenseits um den Nahrungskörper ver- schmelzend vereinigen, wird dieser, sammt einer gewissen Quantität Wasser, in den Protoplasmakörper aufgenommen. Auch ein einzelnes *) Verh. d. nat.-h. Ver. d. preuss. Rheinl. XVI. *#) Proceed. Acad Philad. 1874. p. 143 u. 1877. p. 288. 118 Rhizopoda. Pseudopodium wird ohne Zweifel die Fähigkeit besitzen, einen kleineren oder grösseren Nahrungskörper derartig zu umfliessen. Etwas anders gestaltet sich jedoch der Vorgang bei Aufnahme ansehnlich grosser Nahrungstheile, so z. B. längerer Algenfäden; in solchen Fällen sieht man die Amöbe gewissermaassen den Nahrungskörper umfliessen, der in dieser Art, häufig nicht ohne beträchtliche Anstrengungen des Amöben- körpers und zuweilen erst nachdem hierdurch der Algenfaden in mehrere Stücke zerbrochen worden ist, in den Körper aufgenommen wird. Interessant ist die neuerdings von Duncan*) und Leidy gemachte Beobachtung, dass die Amöben hauptsächlich mit ihrem sogen. Hinterende die Nahrungsaufnahme vollziehen sollen. Wie [angegeben, zeigt sich schon bei einer ziemlichen Zahl den echten Lobosen sehr nahestehender Formen eine Hinneigung zur Ent- wickelung zärterer, fadenförmiger und zugespitzter Pseudopodien. Diese treten uns in noch höherer Entwickelung in der Abtheilung der sogen. Reticulata entgegen. Einfachere Verhältnisse, durch welche ein naher Anschluss an die eben charakterisirten Lobosen vermittelt wird, zeigen uns die meisten Süsswasserformen dieser Gruppe, wie ja auch die Lobosen vorzugsweise dem süssen Wasser angehören. Hier treffen wir zarte, ziemlich dünne, häufig noch ganz hyaline Pseudopodien mit mehr oder minder ausgeprägt spitzwinkeliger Verästelung ihrer Enden, jedoch ohne grosse Neigung zur Verschmelzung unterein- ander. Es bilden sich hier entweder nur wenige oder keine Ana- stomosen zwischen den Pseudopodien, fast nie aber ein so reiches Netzwerk, wie dies bei den marinen Reticulata fast durchweg der Fall ist. Treffliche Beispiele dieser Form der Pseudopodienbildung sehen wir bei Euglypha, Trinema, Cyphoderia, /Platoum und Leeythium (s. IIL), hier finden wir dieselben ganz hyalin und körnchenlos; auch die Amphi- stomeen schliessen sich hier an. Gewisse Gromien (z. B. Gromia Dujar- dini M. Sch.) besitzen ähnliche, hyaline, spitzig verästelte und sehr starr erscheinende Pseudopodien. Ob bei solchen hyalinen Pseudopodien eine ähnliche, wahrscheinlich nicht fehlende Strömungserscheinung des Plasmas der Pseudopodien stattfindet, wie sie an den körnerführenden Pseudo- podien sehr deutlich ist, kann bei dem Mangel der Körnchen hier nur schwierig festgestellt werden. Die typisch reticulären Formen, wozu wir ausser einer kleinen Zahl von 'Süsswasserformen — wie z. B. die Mikrogromia, Lieberkühnia, einen Theil der Gromien und Pseudodifflugien — die grosse Masse der marinen Rhizopoden zu rechnen haben, zeichnen sich durch die meist sehr feinen, fadenförmigen, gewöhnlich in sehr grosser Anzahl entwickelten Pseudopodien aus. Dieselben sind körnchenführend, zeigen das Phänomen der sogen. Körnchenströmung und treten durch mehr oder weniger zahlreiche, *) Duncan, P. M., Studies amongst Amoeba. Popular science review 1877. (Nicht eingesehen!) Pseudopodienbildung. (Reticulata.) 119 netzförmig zwischen den Pseudopodien ausgespannte Anastomosen in Communikation (IV. 6; IX. 1; XI. 2). Die trefflichsten Schilderungen derartiger Pseudopodiennetze, ihrer Bildung und ihres Verhaltens, hat M. Schultze bei mehreren Gelegenheiten gegeben.*) Bei den einmündigen imperforaten Formen entwickeln sich diese sehr zahlreichen, in ihrer Stärke etwas schwankenden Pseudopodien aus der einfachen Schalen- öffnung, z. B. einer Gromia oder Miliola;**) zuweilen breitet sich je- doch das Protoplasma, indem es reichlicher aus der Mündung hervorquillt, wie ein Ueberzug über die Schale aus und lässt nun allseitig die zarten Pseudopodien ausstrahlen. Bei den Perforaten scheint zwar die Entwicke- lung der Pseudopodien gleichfalls zunächst von der weiteren Schalen- mündung aus vor sich zu gehen, späterhin treten jedoch die Pseudopodien allseitig aus den Poren der Schale hervor. Es bestehen diese Pseudopodien, wie eine Untersuchung bei starker Vergrösserung: nachweist, aus einem sehr feingranulirten Plasma, das zahlreiche stark lichtbrechende Körnchen, von rundlicher bis stäbchen- förmiger Gestalt, mit sich führt, die an der Oberfläche der Fäden hin- gleiten, ‘so dass sie meist über dieselbe noch etwas hinausragen. Wie schon bemerkt, sind diese Körnchen in mehr oder minder lebhaft strömen- der Bewegung begriffen; man sieht sie an den Fäden einerseits von der centralen Körpermasse hinauseilen bis zu dem äussersten Pseudopodien- ende, während sie andererseits auf den gleichen Fäden in rückläufigem Strom sich zur Schale zurückbewegen. Hieraus geht hervor, dass sich an jedem der Pseudopodienfäden das Plasma in strömender Bewegung befindet, dass sich ein Strom, aus der Körpermasse hervortretend, nach der Peripherie begibt, während gleichzeitig ein rückkehrender dem Körper wieder zueilt.***) Zuweilen treten an den fadenartigen‘Pseudopodien auch lokale, spindelförmige Anschwellungen, Varicositäten, auf, die sich ähnlich wie die Körnchen an dem Faden fortbewegen können. 7) Was die Länge *) S. 53 und: Das Protoplasma der Rhizopoden und der Pflanzenzellen. Leipzig 1863. *#) Bei den oben erwähnten Süsswassergeschlechtern Mikrogromia, Lieberkühnia und z. Th. auch Gromia entspringen die Pseudopodien von einer stielartigen Verlängerung des Vorderendes des Protoplasmakörpers, die aus der Schalenmündung hervorgestreckt wird, dem sogen. Pseudopodienstiel. Bei Mikrogromia und Lieberkühnia (III. 15, 16, p) entspringt dieser Pseudopodienstiel nicht vom vorderen Theil des Weichkörpers, sondern etwas hinter demselben seitlich, so dass hierdurch die schon im Schalenbau angedeutete bilaterale Gestaltung noch deutlicher zum Ausdruck kommt. **#*) Diese Schilderung M. Schultze’s von dem Vorhandensein der Doppelströme an den Pseudopodien der Reticularia kann sich doch wohl vorzugsweise nur auf die, wenn der Aus- druck erlaubt ist, ruhenden, d. h. in ihrer Gestalt für eine gewisse Zeit wenig veränderlichen beziehen, da in den sich hervorbildenden Pseudopodien oder umgekehrt in den sich zurück- ziehenden doch wohl die Strömung einseitig erfolgen, oder doch die Strömung in einer Richtung sehr gegen die in anderer vorherrschen muss, Doch gibt Schultze ausdrücklich an, dass sich an den im Hervortreten begrillenen, an ihren Enden meist knopfförmig angeschwol- lenen Pseudopodien ein rückläufiger Strom bemerken lasse, wie umgekehrt auch sogar während der Einziehung ein centrifugaler Strom zu bemerken sein soll, +) Im Allgemeinen scheint es wenig wahrscheinlich, dass den fadenartigen Pseudopodien 120 Rhizopoda. der in soleher Weise entwickelten Pseudopodien betrifft, so ist dieselbe gewöhnlich sehr ansehnlich und erhebt sich bis zu dem 6—10fachen des Schalendurchmessers. Natürlich vermag sich ein solch zartes, reiches Pseudopodiennetz gewöhnlich nicht frei in dem umgebenden Medium zu erheben, sondern kriecht auf einer Unterlage hin. Es ist leicht einzusehen, wie durch Verkürzung der Pseudopodien auch eine langsame Ortsverände- rung der ganzen Schale bewerkstelligt werden kann und so, ähnlich wie dies auch für die seither besprochenen Formen gilt, der Organismus sich mit Hülfe seiner Pseudopodien kriechend bewegt. Wie durch Verschmelzung der Pseudopodien Netze hergestellt werden können, so können dieselben auch stellenweise zu grösseren protoplasma- tischen, plattenartigen Anhäufungen zusammenfliessen und dies findet namentlich statt, wenn es gilt, Nahrungskörper mit Hülfe der Pseudo- podien in den Körper einzuführen. Es geschieht dies in der Weise, dass der aufzunehmende Körper von mehreren Pseudopodien ergriffen und gewissermaassen umflossen wird, indem Protoplasma reichlich zuströmt, den betreffenden Körper umhüllt und derselbe hierauf durch Verkürzung der Pseudopodien allmählich in den Körper hereingezogen wird.*) Fraglich scheint es jedoch, ob ein solcher Nahrungskörper zu seiner Verdauung stets nothwendig in die Hauptkörpermasse, resp. die Schale, eingeführt zu werden braucht, oder ob nicht die Assimilirung auch ausserhalb der Schale, wenn nur eine hinreichende Umhüllung desselben durch lebendiges Protoplasma stattgefunden hat, vor sich zu gehen vermag. Die hier geschilderte, jetzt allgemein anerkannte Natur der reticulären Pseudopodien der Rhizopoden und ihrer Körnchenströmung, welche schon von Dujardin in richtiger Weise auf- gefasst worden war, gab seiner Zeit Veranlassung zu einem hartnäckigen Streit zwischen M. Schultze und Reichert, wie einer Anzahl weiterer Forscher, die sich theils auf die eine, theils mehr auf die andere Seite schlugen. Untef diesen ist hauptsächlich noch Häckel zu nennen, der mit grosser Lebhaftigkeit die Dujardin-Schultze’sche Ansicht vertheidigte. Ehren- berg, dessen Ansichten über die Natur der marinen Rhizopoden schon früher, gelegentlich des historischen Ueberblicks, mitgetheilt wurden, hat sich nie mit der Dujardin-Schultze’schen Auf- fassung ausgesöhnt, und stets daran festgehalten, dass es sich bei der Bildung der Pseudopodien- netze nicht um eine wahre Verschmelzung handle, sondern um eine innige Aneinander- lagerung der stets getrennt bleibenden Pseudopodienfäden — dass demnach die gesammte Netzbildung nur eine scheinbare sei. Reichert, **) als ein heftiger Gegner der ganzen sogen. Sarkodetheorie, hält wie Ehrenberg diese Netzbildung für eine scheinbare und wandte sich der Rhizopoden z. Th. eine Differenzirung in Axenfaden und Rindenschicht zukomme, wie wir solches späterhin bei einem Theil der Heliozoön und Radiolarien finden werden; dennoch möge an dieser Stelle darauf aufmerksam gemacht werden, dass M. Schultze für die körnchen- armen und weniger leichtflüssigen Pseudopodien eine solche höhere Ausbildungsstufe nicht unmöglich hält (s. „‚Das Protoplasma“). *) Bei dieser Gelegenheit sei noch erwähnt, dass M. Schultze mehrfach eine sehr plötz- liche lähmende Wirkung der Pseudopodiennetze von Gromia und Polystomella auf dieselben berührende Infusorien beobachtete; ein Moment, das für ihre Bedeutung als Organe zur Nahrungsaufnahme nicht gering anzuschlagen sein wird. **) Monatsberichte d. Berliner Akad. 1862, Arch. f. An. u. Physiol. 1862 (Abdruck). Monatsber. 1863, 1865 (Abdr. im Arch. f. A. u. Ph.). Ueber Schultze’s Vertheidigung siehe auch: Arch. f. Naturgesch. 1863 und haupts.: Das Protoplasma 1863. Pseudopodienbildung. (Starre, pseudopodienart. Fortsätze bei Amöben.) 121 namentlich auch gegen das Phänomen der Körnchenströmung, das nach ihm nicht durch Strömung thatsächlich existirender Körnchen, sondern durch das Fortschreiten von Contraktions- wellen an den Pseudopodienfäden hervorgerufen werde. Es handle sich also hier, wie gesagt, nicht um wirkliche Körnchen, sondern der Anschein solcher sei hervorgerufen durch schlingen- artige Contraktionswellen, die an dem Faden hüpfend sich fortbewegten. Es kann hier nicht unsere Aufgabe sein, diesen Streit durch alle die Gründe und Gegengründe hindurch zu ver- folgen. Wir heben nur hervor: dass einmal die gesammte optische Erscheinung der Körnchen und ihrer Bewegungen, ferner die Netzbildung der Pseudopodien gegen die Ehrenberg- Reichert’sche Auffassung spricht, andererseits der namentlich von Häckel und späterhin auch von M. Schultze geführte Nachweis, dass feine, dem Rhizopodenkörper zugeführte Karmin- oder Stärkemehlkörnchen in derselben Weise wie die eigentlichen sogen. Protoplasmakörnchen die Erscheinung der Strömung auf den Pseudopodien zeigen, hinreichend die gegentheilige Ansicht widerlegt. Auch anderweitige kleine Fremdkörper können in solcher Weise von dem rückläufigen Strom der Pseudopodien ergriffen und als Nahrungsbestandtheile dem eigentlichen Thierkörper zugeführt werden. Uebrigens hat Reichert in seinen späteren Abhandlungen über diesen Gegenstand seinen ursprünglich schroffen Gegensatz vielfach gemildert. Wir glaubten hier einige kurze Bemerkungen über diese Streitfragen einschalten zu sollen, da hauptsächlich die Untersuchung unserer Rhizopoden zum Austrag derselben geführt hat. Eine recht eigenthümliche und bemerkenswerthe Erscheinung tritt uns noch darin entgegen, dass eine Reihe von Rhizopoden das Vermögen besitzt, Pseudopodien oder doch pseudopodienartige Fortsätze von zweierlei Gestalt auszusenden. Gelegentlich haben wir dieses Verhalten schon bei der sogen. Amoeba radiosa erwähnt, die zuweilen ihre ansehn- lich langen, strablenartigen Pseudopodien einzieht und sich mit Hülfe kurzer, stumpfer Fortsätze weiterbewegt. Auch bei seiner Gromia granu- lata (= Plagiophrys lentiformis H. u. L.) hat F. E. Schulze zuweilen das Hervortreten kurzer, lappenförmiger Pseudopodien zwischen den Basen der gewöhnlichen, lang fadenförmigen beobachtet. Ziemlich allgemein scheint jedoch den Amöben noch die Eigenthüm- lichkeit zuzukommen, an ihrem Hinterende eine Anzahl, häufig wie ein Schopf zusammenstehender, kurzer fransen- oder haarartiger, ectoplasma- tischer Fortsätze zu entwickeln (II. 5, d). Möglich, dass diese Erscheinung schon von Dujardin bei seiner Amoeba inflata beobachtet wurde, späterhin haben sich hauptsächlich Lieberkühn,,*) Wallich **) (der auf diesen ver- gänglichen Charakter seine A. villosa —= princeps Ehrbg. gründete), Carter und Andere mit dieser Erscheinung beschäftigt und es hat sich herausgestellt, dass es sich hier wohl um eine bei Amoeba und verwandten Organismen ziemlich verbreitete Erscheinung handelt. So zeigt sich dieselbe ähnlich zuweilen auch bei Pelomyxa und Plakopus F. E. Sch., und auch die später bei den Flagellaten zu besprechenden, mit Geissel versehenen Amöben, so z. B. die Mastigamoeba F. E. Schulze’s und die Amoeba monociliata Carter’s bieten das gleiche Verhalten. Diese haarartigen Fortsätze machen einen sehr starren Eindruck und scheinen keiner activen Bewegung fähig zu sein; sie sind daher auch kaum in die Kategorie der eigentlichen Pseudopodien zu ziehen. Während *) S, bei Clap. u. Lachm. 60. **) A, m. n. h. 3. XI u. XII. 1232 Rhizopoda. sie meist verhältnissmässig sehr kurz bleiben, hat Archer*) einmal bei einer, wegen der Anwesenheit eines solchen hinteren Schopfes kurzer Fortsätze als A. villosa bezeichneten Form, auch nebenbei noch einen Büschel feiner Fortsätze von Körperlänge und gelegentlich auch unter den gewöhnlichen kurzen, hintern Fortsätzen einige körperlange angetroffen. In dieselbe Kategorie starrer, kurzer Oberflächenfortsätze gehören ohne Zweifel auch die von Hertwig und Lesser bei ihrer Dactylosphaera vitreum beschriebenen, welche die ganze oder nur einen Theil der Ober- fäche sammt den Pseudopodien bedecken, und an denen sie gleichfalls Bewegungen nicht wahrzunehmen vermochten (I. 11). Eine solche Aus- dehnung dieses Härchen- oder Zöttehenbesatzes über das gesammte Eecto- sark amöbenartiger Rhizopoden findet sich aber noch weiter verbreitet, so hat schon Stein **) (15) einen amöbenartigen Organismus, der gänzlich von solchen kurzen Borsten überzogen war, unter dem Namen Chaetoproteus beschrieben; späterhin wurde dann ein ähnlicher, wenn nicht identischer, von Leidy***) aufgefunden. In dieselbe Kategorie, wie die eben be- schriebenen haarartigen, starren Fortsatzbildlungen der Amöben, mögen auch die bei dem interessanten Diaphoropodon Archer’s von der gesammten Körperoberfläche zwischen den Schalenpartikeln entspringenden haarartigen Fortsätze gehören (IV,1). Neben solchen entwickelt diese Form dann noch mehr oder minder zahlreiche, sehr lang fadenartige, oder in sehr eigenthümlicher Weise tannenbaumartig verästelte Pseudopodien aus der Schalenmündung. Ueber die eigentliche Natur und Bedeutung dieser zöttchen- bis haarartigen Fortsätze der amöbenartigen Rhizopoden vermag vielleicht aus einer Beobachtung Czerny’s}) einiger Aufschluss geschöpft werden. Derselbe fand nämlich, dass Amöben bei Zusatz von !/,°/, Kochsalzlösung zahlreiche, feine, wimperartige Fortsätze aussenden, die „rasch länger, dann knotig werden, sich biegen und in zitternde Bewegung gerathen.“ Möglich, dass hieraus der Schluss gezogen werden darf, dass das Ecto- plasma der Amöben die Eigenthümlichkeit besitzt, bei stärkerer Verdichtung durch Wasserentziehung (wie sie ohne Zweifel in Folge des Zusatzes von Kochsalzlösung eintritt) solehe Fortsätze zu entwickeln. Diese Auffassung erscheint auch noch deshalb nicht unplausibel, weil es das Hinterende der kriechenden Amöbe ist, wo sich der Schopf soleher Fortsätze gewöhn- lich entwickelt. Aus früher in der Einleitung erörterten Gründen aber, scheint es wahrscheinlich, dass eben am Hinterende die Dichte des Proto- plasmas am bedeutendsten, resp. dasselbe hier am wasserärmsten ist. Gewisse eigenthümliche Erscheinungen zeigen sich z. Th. noch bei der Einziehung der Pseudopodien mancher Rhizopoda, und verdienen hier noch eine kurze Besprechung. Bei der schon mehrfach erwähnten Daetylosphaera vitreum haben Hertwig und Lesser beobachtet, dass die *) 00.7. micr. eo, NL *#*) Abh. d. k. böhm, Ges. d. W. X. *##F) Proc. acad. Philad. 1874. r) Arch. f. mikr. Anatomie Bd. V. p. 158. Pseudopodienbildung. (Einziehung, geisselnde Pseudopodien.) 123 strahlenartigen, jedoch ziemlich dieken Pseudopodien vor ihrer Einziehung plötzlich knorrig und unregelmässig werden und hierauf rasch zurück- fliessen. Noch bemerkenswerther ist das schon Carter (75. 13) und Fresenius*) bekannte, später auch durch Hertwig und Lesser geschil- derte Verhalten der fadenartig zugespitzten Pseudopodien bei Cyphoderia. Hier fliesst das Pseudopodium entweder rasch zu einem Protoplasma- tropfen zurück oder zieht sich zunächst plötzlich zu einer, ihre Windungen allmählich verkürzenden, Spirale zusammen; dasselbe geschieht gewöhnlich auch, wenn das Pseudopodium ein Nahrungspartikelchen ergriffen hat, das dann in einem Protoplasmatropfen eingeschlossen, der sich an dem Ende des Scheinfüsschens gebildet hat, in den Körper des Thieres ein- gezogen wird. Einen ähnlichen Vorgang hat dann ferner auch F. E. Schulze bei seiner Gromia granulata (wohl = Plagiophrys lentiformis H. u. L.) beobachtet, indem hier bei der Einziehung eines Pseudopodiums plötzlich eine Erschlaffung desselben, mit welliger Kräuselung, zu beobachten war, worauf es zu einem Klumpen zusammenschmolz. Zum Beschluss unserer Betrachtung der Pseudopodienbildung der Rhizopoda müssen wir noch einen Blick auf die seltneren Vorkommnisse pseudopodienartiger Fortsätze mit schwingenden bis geisselnden Bewegungs- erscheinungen werfen. Wir kennen nur einen oder vielleicht zwei hierher gehörige Fälle, die sich bei amöbenartigen Organismen gefunden haben und die unser Interesse um so mehr in Anspruch nehmen, als, wie be- kannt, eine ganze Reibe amöbenartiger Organismen mit der Zeit entdeckt worden ist, die durch den Besitz einer mehr oder minder ansehnlichen Geissel sich den eigentlichen Flagellaten so innig anschliessen, dass wir vorgezogen haben, sie diesen anzureihen und ihre Besprechung daher auf später zu verschieben. Die jetzt zu erwähnenden Vorkommnisse aber scheinen eine ziemlich direete Uebergangsstufe von den gewöhnlichen Amöben zu jenen Geisselamöben zu bilden. Der einfachste hierbergehörige Fall liegt zunächst bei der schon mehrfach erwähnten Amoeba radiosa Auerb. vor. Die strahlenartigen langen Pseudopodien, welche diese Form im ruhenden Zustand aussendet (I. 10), besitzen nach meinen Beobachtungen**) zeitweilig die Fähigkeit, mit ihren fein ausgezogenen, häufig schlingenförmig umgebogenen Enden leicht hin und her zu schwingen oder sich anhaltend drehend zu bewegen. Wie schon früher bemerkt, werden dann diese Pseudopodien zuweilen eingezogen und der Organismus bewegt sich mittels breiter, lappiger Pseudopodien fort. Ganz ähnlich verhält sich nun nach den Untersuchungen Lachmann’s (60) eine zu der Gattung Podostoma erhobene Form, die sich hauptsächlich dadurch von der geschilderten A. radiosa unterscheidet, dass die langen, fadenartigen Fortsätze sich auf einem basalen kurzen, diekeren Fortsatz erheben und der Pseudopodienfaden heftige geisselnde Bewegungen ausführt, also sich hier in sehr hohem Grade der Natur *) Abhandl. d. Senckenb. nat. Ges. II. ern Lw 2, XIX 124 Rhizopoda. wahrer Geisseln nähert. Er dient zur Nahrungsaufnahme, indem kleine Nahrungskörperchen an ihm herabgleiten und durch den basalen Träger des Geisselfadens aufgenommen werden. Dass sich an dieser Stelle eine persistirende Oeffnung zur Aufnahme der Nahrungskörper finde, wie Cla- par&de und Lachmann angeben, scheint mir sehr wenig wahrscheinlich. Etwas abweichend von dieser Schilderung des Podostoma ist die Darstellung, welche L. Maggi*) von demselben entwirft. Nach letzterem Beobachter sollen sich statt der von Claparede und Lachmann geschil- derten, geisselnden Fortsätze auch häufig bedeutend längere, fadenförmige (und wohl auch geisselnd bewegliche) finden, die sich an ihrem Ende nicht zuspitzen, sondern durchaus gleichförmige Dicke besitzen. Ihren Ursprung sollen sie nicht, wie die gewöhnlichen Pseudopodien, aus dem Ectoplasma, sondern aus der früher erwähnten, sogen. Mesoplasmaschicht nehmen. Merkwürdigerweise sollen nun diese langen, fadenartigen Fort- sätze an ihrem Ende eine Oeffnung zur Aufnahme der Nahrung besitzen, von deren Existenz ich jedoch ebensowenig überzeugt bin, wie von der oben nach Claparede und Lachmann angegebenen Mundöffnung an der Basis des geisselartigen Pseudopodiums. Ueberhaupt scheint mir die Beziehung der von Maggi untersuchten Organismen zu dem Podostoma filigerum Cl. u. L. nicht ganz sicher, wogegen ich trotz der Einwendungen Cattaneo’s die Beziehungen des Podostoma zu A. radiosa für sehr innige halten muss, worin auch ihr Entdecker Lachmann mit mir übereinstimmt, der beide Formen gleichfalls für sehr innig verwandt erklärt. **) n. Gallertige Umhüllungen des Weichkörpers. Bildungen, wie sie die Ueberschrift dieses Abschnittes bezeichnet, sind verhältnissmässig seltene Vorkommnisse bei den Rhizopoda; dennoch sind 2 hierhergehörige, bei verwandtschaftlich sich sehr wenig nahe- stehenden Formen findende Fälle bekannt geworden, von denen es jedoch fraglich erscheinen darf, ob sie in näherer Beziehung zu einander stehen. Der erste betrifft eine amöbenartige Form, die sogen. Amphizonella Greef?’s ***) (II. 7). Hier wird der amöbenartige Körper von einer ziemlich dicken, hyalinen Umhüllungsschicht überzogen. Dieselbe ist recht resistent gegenüber Säuren und Alkalien, besitzt jedoch jedenfalls nur eine etwa gallertige Consistenz, da sie von den fingerförmigen Pseudopodien leicht durchbohrt wird und ebenso schnell wieder an Stelle der eingezogenen Pseudopodien zusammenfliesst. Der zweite Fall hingegen betrifft eine marine, pelagische Form der Perforata, nämlich die sogen. Hastigerina Murrayi (Untergenus von Globi- gerina). Hier fand zuerst Murray *) bei wohlerhaltenen, lebenden Thieren eine den Durchmesser der Schale fast um das Doppelte an Dicke über- *) Rendic. d. R. Istit. Lomb, IX. 1876. **) Verh. d. nat.-hist. Ver. d. pr. Rheinl. u. Westph. XVI. **%) Arch. f. mikr. A. II. *) Proc. roy. soc. XXIV. p. 532. re Gallertige Hüllen. Weichkörper und Schale bei Monothalamia. 125 treffende Umhüllung von „bubble like extensions“ der Sarkode, wie er sich ausdrückt (IX. 1). Dass es sich jedoch hier, wie schon der erste Anblick der Abbildung lehrt, um eine ähnliche Alveolenhülle handelt, wie sie bei den Radiolarien so weit verbreitet ist, hat R. Hertwig,*) der genaue Kenner der Radiolaria, durch eigene Untersuchung der Hastigerina oder einer sich ähnlich verhaltenden pelagischen Globigerinenform gezeigt. Demnach wird auch hier eine ansehnlich dicke Gallerthülle die Schale sammt Thierkörper äusserlich umhüllen, durch welche Gallerthülle sich Sarkodenetze hindurchziehen, die von der Oberfläche der Gallerte die Pseudopodien entspringen lassen. Die „bubble like extensions‘“ aber sind zahlreiche ansehnliche, sogen. Alveolen (Flüssigkeitsvaeuolen), die in der Substanz der Sarkodenetze der Gallerte gebildet werden. Eine genauere Darstellung der jentsprechenden Bildungen der Radio- larien wird späterhin bei diesen mitgetheilt werden. Es liegt die Ver- muthung sehr nahe, dass solehe Gallert- und Alveolenbildung nicht nur auf die erwähnte Gattung beschränkt sei, sondern eine weitere Verbreitung unter den pelagischen Rhizopoden besitze, worauf denn auch die Bemerkung Murray’s hindeutet, dass auch die stachellosen Formen der pelagischen Rhizopoden (also wohl hauptsächlich Pulvinulinen) ähnliche blasige Ueber- züge entwickelten. 5. Verhalten des Weichkörpers zur Schale und Bildung der Schale durch den Weichkörper. In seinem erwachsenen Zustand zeigt der Organismus der beschalten Rhizopoden ein etwas verschiedenes Verhalten zu der ihn umhüllenden Schalenhaut; wir haben daher hier auch auf diese Verhältnisse noch einen Blick zu werfen. Unzweifelhaft geschieht die erste Bildung eines Schalenhäutchens in direeter Auflagerung auf die Oberfläche des Protoplasmaleibes selbst, ja es handelt sich wohl auch hier um eine direete chemische Umbildung der äussersten Plasmaschieht, welche den Anstoss zur Schalenbildung gibt, wofür ja die von uns früher namhaft gemachten Fälle sprechen, in welchen das Vorhandensein eines Schalenhäutchens unsicher ist. In diesen letzterwähnten sowohl, als auch in den sich zunächst anschliessenden Fällen mit sehr dünner oder doch biegsamer und zarter Schalenhaut, wie wir solches z. B. bei Lieberkühnia, Lecythium, Gromia und unter den Lobosen bei Cochliopodium gefunden haben, liegt daher auch die Schalenhaut der Oberfläche des protoplasmatischen Weichkörpers noch dicht auf. Hat dieselbe hingegen eine grössere Festigkeit erlangt, so zeigt sich bei den monothalamen Formen des Süsswassers häufig eine Zurückziehung des Körpers von der Schale, die dann also nicht mehr völlig von dem Weichkörper ausgefüllt wird. Ein solches Verhalten ist namentlich bei den Lobosen weit verbreitet, wird jedoch auch bei den *) Jen. Zeitschr, IX. 126 Rhizopoda. Retieulata nicht selten angetroffen. Entweder trennt in diesen Fällen eine mehr oder minder ansehnliche, mit Flüssigkeit erfüllte Zone den Weich- körper völlig von der Schale, der sich dann nur noch an der Mündung an dieselbe zur Befestigung anzulegen scheint, wie sich solches z. B. bei Mikrogromia und Platoum, jedoch auch bei Euglypha und Trinema beobachten lässt; oder aber es heftet sich der Weichkörper durch be- sondere zarte, vom Hinterende des Körpers entspringende Plasmafortsätze im Grunde der Schale fest. In diesen Fällen, wie sie unter den Lobosen sehr wohl ausgeprägt bei Arcella (II. 9a), Hyalosphenia (II. 10), Qua- drula (II. 12) und Difflugia, unter den Reticulata hingegen bei Cyphoderia (III. 13) zu beobachten sind, hat sich demnach hauptsächlich das Hinter- ende des Körpers weit von dem Schalengrunde zurückgezogen, so dass bisweilen der Weichkörper wie in der Mündung aufgehängt erscheint. Unzweifelhaft sind diese zur Befestigung verwertheten protoplasma- tischen Fortsätze des Hinterendes auch einer activen Veränderung fähig und vermögen den Weichkörper in den Schalengrund zurückzuziehen. Einige Forscher berichten sogar von einem plötzlichen Zurückziehen soleher Formen, ohne Zweifel mit Hülfe dieser hinteren Fortsätze. So gibt Stein *) dieses Verhalten von seiner Hyalosphenia euneata an, doch hat F. E. Schulze bei seiner H. lata nichts Aehnliches beobachtet und Carter berichtet ebenso ein plötzliches Zurückziehen seiner Difflugia bipes (wahr- scheinlich zu Nebela Leid. zu stellen [III. 10]) mittels ihrer hinteren Fortsätze, wobei sich der Weichkörper gleichzeitig zu einer Kugel abrunden soll. **) Bei den marinen, kalkschaligen und sandschaligen Rhizopoden scheint nach den Untersuchungen M. Schultze’s und anderer Forscher der Weichkörper die Schalenhöhlungen gewöhnlich völlig anzufüllen, wie dies schon daraus hervorgeht, dass man durch vorsichtiges Auflösen der Kalk- schalen mittels Säure gewöhnlich einen untadelhaften Ausguss der Schalen- räume in Gestalt des restirenden Plasmakörpers erhält. Für die poly- thalamen Formen hebt jedoch M. Schultze hervor, dass die jüngste Kammer häufig keine völlige Erfüllung mit Protoplasma, sondern nur ein feines Gespinnst von Protoplasmafäden enthalte und hält diesen Zustand für den primitiven, dem eine völlige Erfüllung erst nachträglich folge. Aber nicht nur die weiten, eigentlichen Schalenräume der marinen Formen sind in dieser Weise meist völlig durch Sarkode erfüllt, sondern auch die Porenkanäle der Perforaten sowie das Kanalsystem, wo ein solches vorhanden ist, besitzen eine Erfüllung durch Protoplasma. Für die Porenkanäle ergibt sich dies ja schon aus dem Durchtreten der Pseudo- podien, für das Kanalsystem hingegen ist eine solche Erfüllung gleichfalls verständlich, da dasselbe ja stets in irgend einer Weise mit den Kammer- räumen eommunieirt. Dass jedoch auch dieses Kanalsystem der Schale der höheren Rhizopoden thatsächlich mit Protoplasma erfüllt sei, wie *) Abh. d. k. böhm. G. d. W. X. **) A. m. n.h. 4. V; Be 2 en ee ee ee er ne Saas Pr | ee "ee re Bildung der Schale durch Weichkörper ete. 127 Carpenter vermuthete, und nicht etwa Flüssigkeit führe, wie dies z. B. von Carter*) behauptet worden war (der hiernach das Kanalsystem für eine den Einströmungskanälen der Spongien vergleichbare Einrichtung erklärte), hat erst Kölliker**) an vorsichtig entkalkten Formen nachgewiesen, bei welchen es gelang, die Protoplasmareste in den Kanälen noch deutlich zu beobachten. Ein weiteres eigenthümliches und wichtiges Verhalten des Weich- körpers zur Schale scheint bei den marinen Rhizopoden zuweilen vor- handen zu sein, nämlich die mehr oder minder völlige Umfliessung der äusseren Schalenoberfläche durch aus dem Inneren hervorgedrungenes Protoplasma. Bei den Imperforaten (so z. B. sehr schön bei Gromia) tritt das Protoplasma aus der Schalenöffnung aus und ergiesst sich als ein Ueberzug über die Schalenoberfläche (IV. 6), während bei den Per- forata ein solcher Ueberzug durch Verschmelzung der Basaltheile der aus den Poren hervorgedrungenen Pseudopodien sich bilden kann. In wie weit jedoch diese Erscheinung unter den marinen Rhizopoden verbreitet ist, scheint bis jetzt, bei der Mangelhaftigkeit unserer Kenntniss derselben im lebenden Zustand, nur wenig aufgeklärt. Die Wachsthums- und Bildungsverhältnisse der Schale, auf die wir gleich noch näher einzugehen haben werden, machen es sehr wahrscheinlich, dass solche Ueberdeckungen der äusseren Schalenfläche mit Protoplasma hierbei eine wichtige Rolle spielen, wie dies ja auch durch Carpenter und Wallich ***) betont wurde, welch letzterer sogar diese äussere Plasmalage mit einem besonderen Namen, Chitosark, belegt hat, und auch bei den monothalamen Süss- wasserformen einer solchen (jedoch bis jetzt von Niemand gesehenen) äusseren Plasmalage, eine wichtige Rolle beim Sehalenbau zuschreibt. | Wenn wir uns jetzt zu einer Erörterung der wichtigen und interes- santen Frage wenden, in welcher Weise der so einfach organisirte Plasma- körper der Rhizopoden im Stande ist, so complieirt gebaute Schalen- bildungen zu erzeugen, wie wir sie z. B. unter den Nummuliniden antreffen, so müssen wir zunächst gestehen, dass thatsächliche Erfahrungen hierüber kaum vorliegen. Es beschränken sich die Vorstellungen hierüber wesentlich auf Vermuthungen und Wahrscheinlichkeiten, wie man sie aus den Bau- verhältnissen der fertigen Schale, mit Berücksichtigung der Beschaffenheit des Weichkörpers, a posteriori zu entwickeln vermag. Namentlich Carpenter (74) hat sich mit der Erörterung dieser Frage bei den einzelnen Formen beschäftigt. Die einfacheren Verhältnisse des Schalenbaues der mono- thalamen Süsswasserformen haben wir oben schon kurz auch in Bezug auf ihre Entstehung erörtert und kommen späterhin noch auf besondere Verhältnisse zurück. Was hingegen die marinen kalkschaligen Formen betrifft, so heben wir hier kurz noch die wichtigsten Punkte hervor, ohne uns jedoch auf a m,n.h. 2.X%. *#*) Icones histiologicae I. *##*) A, m. n. h. 3. XIIL p. 72—82. 128 Rhizopoda. eine Erörterung der besonderen Bildungsverhältnisse bei einzelnen Formen näher einzulassen, sondern beschränken uns darauf, uns bei einer ausge- wählten, complieirten Form den wahrscheinlichen Gang der Schalenbildung kurz vorzuführen. Was zunächst den Unterschied in dem Bau der Schalenwandung bei den Imperforaten und Perforaten betrifft, so darf derselbe wohl auf die ursprüngliche Verschiedenheit der die Schalen aufbauenden Weich- körper zurückgeführt werden. Die Imperforata leiten sich sonder Zweifel von Formen ab, welche auch schon im nackten, schalenlosen Zustand ihre Pseudopodien vorzugsweise von einer gewissen Körperstelle aus- sendeten, so dass, indem sich die Körperoberfläche gleichmässig, mit Ausnahme der Pseudopodienursprungsstelle, mit einem Schalenhäutchen bekleidete, eine imperforate, nur mit einer grösseren Oeffnung versehene Schale entstand. Die Perforaten hingegen müssen wir von Formen her- leiten, welche das Vermögen besassen, allseitig zarte, fadenartige Pseudo- podien auszusenden, wenn auch eine gewisse Körperstelle in dieser Hin- sicht bevorzugt war. Indem sich auf der von unzähligen feinen Pseudopodien bedeekten Körperoberfläche einer derartigen Form ein Schalenhäutchen bildete, blieben natürlich die Ursprungsstellen der Pseudopodien offen, so dass in dieser Weise eine von zahlreichen feinen Porenöffinungen durch- bohrte Schalenwand ihre Entstehung nahm. Diese Bildungsweise der perforirten Schalenwandungen scheint durch die früher geschilderte, interessante Zusammensetzung der Wandungen aus zarten prismatischen Gebilden, von welchen jedes von einem Porenkanal durchbohrt wird, noch besonders unterstützt zu werden. Es würde so jedes dieser Prismen das Theilchen der Schalenwandung repräsentiren, das von je einem Pseudopodium gebildet worden wäre. Wenn wir uns in dieser Weise die erste Entstehung eines Schalen- häutchens durch Secretion oder Umbildung der oberflächlichsten Plasma- schicht vorstellen können, welches erste Schalenhäutehen vielleicht auf die sogen. innere Cuticula (insofern eine solche bei den Kalkschalen über- haupt ausgeprägt ist) bezogen werden darf, so fragt sich weiter, wie das ansehnliche Diekenwachsthum, das ja die Schalenwände zahlreicher Formen zeigen, vor sich geht. Bezüglich dieser Frage, glaube ich, ist das Richtige schon von Carpenter, Wallich und Kölliker ausgesprochen worden, d. h.: das weitere Diekenwachsthum der Schalenwand erfolgt vorzugsweise, wenn nicht ausschliesslich, durch Auflagerung von Schalenmasse auf die äussere Fläche der Schalenanlage. Die hierfür hauptsächlich geltend gemachten Gründe sind: 1) die Thatsache, dass von einer Verengerung der Schalenräume, wie sie die Folge einer von Innen stattfindenden Verdiekung sein müsste, nichts zu beobachten ist; 2) die Ausbildung äusserlicher Skulpturen in Gestalt von Knoten, Rippen, Stacheln und dergleichen, welche der jugendlichen Schale fehlen, hingegen im erwachsenen Zustand hervortreten; 3) die ganz zweifellose Thatsache, dass bei jenen früher schon namhaft gemachten Wachsthum der Schale, 199 zahlreichen Formen, welche eine Auflagerung von sogen. secundärer Schalensubstanz (Zwischenskelet) auf die’primäre Kammerwand zeigen, diese secundäre, häufig sehr deutlich schichtweis abgesetzte Masse eine äusserliche Auflagerung darstellt. Dies ist hauptsächlich in den Fällen sehr deutlich, wo solche Auflagerungsmasse sich von einem jlingeren Umgang aus als directe Fortsetzung einem älteren auflagert. (Zahlreiche Beispiele hierfür bieten die Nummuliniden.) Von gerivgerer Bedeutung für die Entscheidung dieser Frage scheint mir hingegen die von Kölliker gleichfalls betonte, frühzeitige und stete Gegenwart der sogen. inneren Cuticula zu sein; einmal deshalb, weil, wie oben schon erörtert wurde, diese Cutieula überhaupt kaum eine selbständige Bildung zu sein scheint, andererseits aber ihre stete und frühzeitige Gegenwart sich auch wohl mit einigen Voraussetzungen bei einer Ver- dickung der Schale durch innere Auflagerung verstehen liesse. Aus diesen Bemerkungen über die Art des Diekenwachsthums der Schalenwandungen erklärt sich wohl die grosse Bedeutung, welche wir mit Carpenter, Kölliker und Wallich schon oben dem für einige Formen mit Sicherheit constatirten, zeitweiligen oder dauernden Sarkodeüberzug der Schale zugeschrieben haben, denn in diesem müssen wir hauptsächlich die Bildungsstätte jenes Wachsthums der Schale durch äussere Auflage- rungen suchen. Bei den Perforaten mögen jedoch auch die basalen Ab- schnitte der zahlreichen Pseudopodien an Stelle eines continuirlichen Ueberzugs dienen (soweit es sich hier nicht um lokale Auflagerungen von solider Beschaffenheit handelt). Es darf jedoch hier nicht stillschweigend übergangen werden, dass diese Vermutbungen über den Vorgang des Dickenwachsthums der Schalen in mancher Hinsicht noch problematisch erscheinen, da ihnen die Grund- lage ausgedehnter Beobachtungen abgeht; so scheint mir namentlich für die porcellanartigen Schalen der Imperforata, an welchen von einer Schichtung nie etwas zu sehen ist, diese Auflagerungslehre etwas un- sicher; um so mehr, als z. B. M. Schultze und andere Forscher, welche die hierhergehörigen Milioliden lebend untersuchten, nichts von einem protoplasmatischen Ueberzug der Schalenoberfläche, etwa wie bei Gromia, berichten. Was die speciellen Wachsthumsverhältnisse bei den einzelnen Gat- tungen betrifft, die zu der grossen Mannigfaltigkeit der Rhizopodenschalen führen, so liegt hierüber, wie schon bemerkt, wenig oder kein Material zur Beurtheilung der thatsächlichen Vorgänge vor, so dass, wie gesagt, es sich zumeist um einige aus dem Bau der betreffenden Formen her- zuleitende Schlussfolgerungen bezüglich der Wachsthumsvorgänge handelt. Was zunächst die monothalamen Formen betrifft, so bieten dieselben wenig Anlass zu eingehenderen Erörterungen dar; es ist ja die Schalen- gestaltung ohne Zweifel zunächst abhängig von gewissen, den Protoplasma- körper beherrschenden Gesetzmässigkeiten der Form, ohne dass wir bis Bronn, Klassen des Thier-Reichs. Protozon. 9 130 Rhizopoda. jetzt im Stande wären, tiber die fraglichen Gründe und Bedingungen uns äussern zu können. Denn dass diese unmöglich in solehen Aeusserlich- keiten gesucht werden dürfen, wie sie z. B. von Wallich*) für die Er- klärung der so mannigfachen Schalengestaltungen der Difflugien geltend gemacht worden sind, dürfte keinem Zweifel unterliegen. Nach diesem Beobachter soll nämlich die allgemeine Gestalt der Difflugienschale wesentlich von solchen Bedingungen beeinflusst werden; zunächst durch die Art der ursprünglichen Vertheilung des Fremdkörpermaterials, das zum Bau der Schalen dient, indem eine einseitige Anhäufung desselben die Schale schief ziehen und die Mündung daher excentrisch verlagern soll. Aehnlich wirke jedoch auch eine fortdauernde, gleichmässige Strömung des von den Difflugien bewohnten Wassers; ja es soll sich, nach seiner Vorstellung, auf die einfache Wirkung soleher Wasserströmungen die spiralige Einrollung der Difflugia spiralis zurückführen lassen. Mag man den äusseren Verhältnissen einen noch so weit gehenden Einfluss auf die Bildungsverhältnisse der Rhizopoda zuschreiben, so wird man sich doch wohl nie von der Wirksamkeit derselben eine derartig grobmechanische und dabei noch sehr unklare Vorstellung machen dürfen. Eine sehr eigenthümliche Erscheinung tritt jedoch im Wachsthum der monothalamen Süsswasserrhizopoden z. Th. hervor und ist wohl auch nicht ohne Einfluss auf die Vorstellung, die man sich von dem Wachs- thum der Polythalamen zu bilden hat. Es ist dies nämlich die zunächst bei Arcella durch Claparede und Lachmann sehr wahrscheinlich gemachte sogen. Häutung, d. h. ein Verlassen der alten und die Bildung einer neuen Schale. Hierbei tritt der protoplasmatische Thierleib zum grössten Theil aus der Mündung der Schale hervor und scheidet hierauf eine neue ab, so dass nach Bildung diesor letzteren zwei mit ihren Mündungen einander zugewendete Schalen aufeinandergelagert sich finden, von welehen die neugebildete noch ganz hell, nahezu ungefärbt, ist, die alte hingegen sich durch ihre intensiv braune Färbung auszeichnet. Schliesslich soll das Thier die alte Schale völlig verlassen und sich in die neugebildete zurückziehen. Nach den Angaben Claparede’s und Lachmann’s soll sich dieser Process der Schalenneubildung mehrfach im Leben der Arcella wiederholen, wogegen Hertwig und Lesser, wie wir unten bei der Fortpflanzung noch näher zu besprechen haben werden, einige Zweifel gegen die zutreffende Deutung dieser Vorgänge erhoben, indem sie eine ähnliche Vermehrung durch Theilung mit Schalenneubildung beobachteten. Jedoch dürfte, wie sie selbst bemerken, auch wohl eine solche Häutung neben ähnlichen Theilungserscheinungen sich finden. Auch bei Euglypha und der, in Bezug auf den Aufbau der Schale aus Plättchen, ähnlichen Quadrula, finden sich Anzeigen, die, wenn auch nicht mit völliger Sicherheit, auf eine Erneuerung der Schale, eine Art *)- A. m.ın. h, 8. XIIE. Häutungsvorgänge, Neubildung von Kammern bei Polythalamia, 131 Häutung, bezogen werden dürfen. Schon die älteren Beobachter Carter und Wallich haben, wie die neueren Untersucher Hertwig und Lesser, sowie F. E. Schulze, im Hintergrund leerer oder von dem protoplasma- tischen Thierleib erfüllter Schalen häufig freie, oder zu ganzen Packeten zusammengelagerte Schalenplättchen angetroffen. Bei lebenden Euglyphen hat namentlich Schulze solche Plättchen in einer Schicht der Oberfläche des Thierleibes, unterhalb der eigentlichen Schale, aufgelagert gesehen. Die Vermuthung einer gelegentlichen Erneuerung der Schale liegt hier- nach, wie auch Hertwig und Schulze annehmen, sehr nahe; dennoch ist bis jetzt eine sichere Entscheidung dieser Frage nicht wohl möglich, da nach Hertwig und Lesser’s Beobachtungen bei der Encystirung von Euglypha eine aus ähnlichen Plättehen zusammengesetzte Cystenhülle unterhalb der alten Schale gebildet wird, zu deren Aufbau die er- wähnten Schalenplättchen Verwendung finden könnten. Aehnliches wird über einen Häutungsvorgang bei Difflugia von Entz (110) berichtet, hier soll nach der Schilderung dieses Beobachters die Schale zuweilen in Stücke zerfallen, unterhalb welchen schon eine neugebildete Schale vorhanden sei. (Auf diese Erscheinung wird denn auch von Entz vorzugsweise die Behauptung gegründet, dass die die Schale der Difflugien aufbauenden Kieselstückchen von dem Thierleib selbst gebildet würden.) Ein weiterer Vertheidiger der zeitweiligen Neubildung der Schalen der Monothalamen ist Aleock (86), der diese Ansicht vorzüglich auch für die marinen, kalkschaligen Formen ausgesprochen hat. Den Haupt- grund bildet für ihn die Unmöglichkeit, das Wachsthum dieser Formen ohne Hülfe eines solchen Vorgangs zu verstehen. M. Schultze (53) hin- gegen ist der Ansicht, dass sich das Wachsthum der monothalamen Schalen nur durch innere Resorptions- und äussere Auflagerungserschei- nungen erklären lasse. Wir glauben diese Frage hier vorerst auf sich beruhen lassen zu sollen, da es für ihre Entscheidung an thatsächlichem Material völlig gebricht. Den Vorgang bei der Bildung neuer Kammern der en Rhizopoden dürfen wir uns wohl im Ganzen ähnlich wie die oben charak- terisirte Neubildung einer Schale bei Arcella denken. Soweit ich die zahlreichen Abbildungen und Beschreibungen von polythalamen Rhizopoden- schalen vergleichen konnte, bin ich auf kein Beispiel gestossen, das etwa eine in Bildung begriffene, noch unvollständige Kammer darstellte. Es scheint daher, dass in ähnlicher Weise, wie sich die neue Schale bei jener Häutung oder Theilung der Arcella bildet, auch die Bildung einer neuen Kammer bei den polythalamen Schalen vor sich geht. Es wird zu diesem Behuf ziemlich rasch eine entsprechende Plasmamenge aus der einfachen oder den mehrfachen Oeffnungen der jüngsten Kammer aus- treten und sich gleichmässig und allseitig mit einem Schalenhäutchen bekleiden, oder es wird doch die Ausbildung des Schalenhäutchens sich über den gesammten neuen Kammerabschnitt hin sehr rasch vollziehen. Hiermit stimmen auch die wenigen direeten Beobachtungen über die 9g%* 132 Rhizopoda. Neubildung einer weiteren Kammer, die M. Schultze (53) bei Polystomella und einigen Rotalinen anstellte, ziemlich gut überein. Er sah die neue Kammer sich wie einen Wulst um die Mündung der jüngsten, vorhergehen- den anlegen, bemerkt jedoch gleichzeitig, dass, „ehe die Schale (dieser neuen Kammer) vollständig erhärtet, sie meist diejenige Ausdehnung an- zunehmen scheine, die ihr im vollständig ausgebildeten Zustand zukomme.“ Bei Polystomella glaubt er jedoch eine nachträgliche, nur durch innere Resorption und äussere Auflagerung stattfindende Vergrösserung der neu- gebildeten Kammer annehmen zu müssen, auch sollen hier die eigenthüm- lichen taschen- oder röhrenförmigen Aussackungen der Kammerhöhle erst nachträglich gebildet werden. Möglich, dass durch die geschilderten Bildungsvorgänge sich auch die von M. Schultze bemerkte, sehr unvoll- ständige Füllung der jüngsten Kammer erklärt, indem das Plasma nach Bildung dieser Kammer zum Theil wieder in die alten Kammern zurück- treten mag. Suchen wir uns, gestützt auf diese wenigen Erfahrungen, Rechen- schaft zu geben von dem Bildungsgang einer neuen Kammer bei einer etwas complieirteren Form, z. B. einer Opereulina, so hätten wir etwa Folgendes festzuhalten. Zur Bildung einer neuen Kammer wird eine entsprechende Protoplasmamasse aus der basalen Septalöffnung, sowie den secundären Porenöffnungen des letzten Septums hervortreten und wird sich vor diesem in Form eines neuen Kammerabschnitts anhäufen. Gleichzeitig wird sich jedoch auch hierzu noch Protoplasma gesellen, welches aus dem Kanalsystem des Dorsalstrangs des vorhergehenden Umgangs hervorgedrungen ist. Der plasmatisch vorgebildete neue Kammer- abschnitt wird sich nun allseitig, mit Ausnahme des durch den Dorsal- strang des vorhergehenden Umgangs begrenzten Abschnittes mit einer dünnen Schalenlamelle umkleiden, jedoch wird diese da, wo sie sich auf das letzte Septum auflagert, kanalartige Räume offen lassen, welche das Kanalsystem in der Scheidewand zwischen der neugebildeten und der vorhergehenden Kammer bilden. Fernerhin wird gleichzeitig zu jeder Seite des Dorsalstrangs des vorhergehenden Umgangs ein Theil der Spiral- kanäle gebildet, indem hier die neugebildete Schalenlamelle einen kanal- artigen Raum zwischen sich und der Oberfläche des vorhergehenden Umgangs offen lässt, mit welchen Spiralkanälen dann der neugebildete Abschnitt des Kanalsystems in der Scheidewand in offene Verbindung tritt. Die Art und Weise, wie die neugebildete Kammerlamelle ihre Differenzirung in perforirte und solide Theile erhält, ergibt sich nach dem früher darüber Bemerkten von selbst. Das weitere Diekenwachsthum der Wände der neugebildeten Kammer ist gleichfalls nach den früheren An- gaben verständlich und dürfte hier nur noch hervorzuheben sein, dass der Dorsalstrang der neugebildeten Kammer wohl hauptsächlich in direetem Anschluss an den der vorhergehenden Kammer wächst. Etwas abweichend geschieht jedenfalls das Wachsthum der eyklisch gebauten Rhizopodenschalen, wie Orbitolites und Orbitoides. Hier wird bei Bildungsvorgang der Schale bei Operculina und den sandschaligen Rhizopoden. 153 der einfachen Form von ÖOrbitolites aus den zahlreichen, rundlichen Oeffnungen der Kämmerchen des letzten Cyklus eine ringförmige Proto- plasmamasse hervortreten, die sich durch Umkleidung mit einer Schalen- lamelle zu dem Cyklus neuer Kämmerchen mit ihren verhältnissmässig weiten Communikationen gestaltet. Bei der complieirten Varietät von Orbitolites hingegen und ebenso bei Cycloclypeus und Orbitoides müssen sich die einzelnen Kämmerchen eines neuen Cyklus mehr unabhängig von einander bilden, jedoch ohne Zweifel ziemlich gleichzeitig. Eine Bemerkung verdient wohl noch die Frage nach den Bildungsvor- gängen der aus Fremdkörpern aufgebauten Schalen. Schon früher wurde die Thatsache hinreichend hervorgehoben, dass sich hierbei in vielen Fällen eine unzweifelhafte Auslese des verwertheten Materials erkennen lässt. *) In welcher Art jedoch eine solche bewerkstelligt wird, ist bis jetzt noch ganz unermittelt, ebensowenig als etwas darüber bekannt ist, in welcher Weise die betreffenden Organismen die einzelnen Fremdkörperchen ihrer Schale einfügen. Bei den kalkschaligen Formen, die äusserlich ihre Schale durch mehr oder minder reichlich eingewebte Sandkörner ver- stärken, kann dieses Material doch wohl nur durch äussere Heranziehung mittels der Pseudopodien und Einlagerung — insofern es etwa nicht blos mechanisch anklebt und eingebacken wird — der Schale eingefügt werden. Die rein sandigen Schalen hingegen lassen vielleicht noch eine andere Art der Entstehung zu, die jedoch hier nur als eine eventuell zu prüfende Vermuthung ausgesprochen werden mag. Wenn wirklich, wie dies oben auf Grund der Beobachtungen von Entz angegeben wurde, die Difflugien ihre Schale z. Tb. erneuern und unter der alten die neue schon vor- gebildet vorhanden ist, so kann sich, meiner Ansicht nach, diese That- sache (da ich an dem Aufbau der Difflugienschale aus Fremdkörpern festhalten muss), nur so erklären lassen, dass das zum Schalenbau ver- werthete Fremdmaterial in die protoplasmatische Leibesmasse der Difflugien selbst aufgenommen und nachträglich auf der Oberfläche zur Bildung der Schale angelagert wurde. Dass Sand und Schlamm nicht selten in die protoplasmatische Leibesmasse gewisser Rhizopoden aufgenommen werden, wissen wir z. B. durch M. Schultze für Gromia, durch Greeff für Pelomyxa. Auch eine Mittheilung von Leidy, der eine sehr reichliche Aufnahme von Sand in die Leibesmasse einer Amöbe beobachtete, darf wohl hier an- geführt werden, wenn auch durch sie direet nichts bewiesen wird. Auch die vielfach hervorgehobene Eigenthümlichkeit zahlreicher sandschaliger mariner Formen: ihre Kammerhöhlungen durch labyrinthische, aus Sand gebildete Auswüchse der Kammerwand mehr oder minder auszufüllen, darf wohl hier gleichfalls aufgeführt werden; denn es kann wohl kaum anders sein, als dass solche Auswüchse nachträglich entstehen und dann wird ihre Bildung auch nur in der Weise verständlich, dass das zu ihrem Aufbau verwerthete Material durch die protoplasmatische Leibes- *) Vergl. hierüber auch Normann A. m. n.h. 5.1 134 Rhizopoda. masse selbst aufgenommen und an den Ort seiner Ablagerung gebracht wurde. *) 6. Fortpflanzungserscheinungen, Koloniebildung und Encystirung der Rhizopoda, Wie schon bei Gelegenheit angedeutet wurde, sind die Fortpflanzungs- verhältnisse der Rhizopoda im Ganzen nur wenig und speciell die der marinen Formen sehr unzureichend erforscht. Im Allgemeinen darf jedoch auf Grund der bis jetzt vorliegenden, gesicherten Beobachtungen wohl be- hauptet werden, dass die Fortpflanzungserscheinungen der Rhizopoda, wie. der Protozoa im Allgemeinen, die der Zelle überhaupt zukommenden sind, d. h. Theilung, Knospung und möglicherweise auch endogene Zell- bildung; dass jedoch in keiner Weise hier Fortpflanzungserscheinungen mit Sicherheit beobachtet worden sind, welche der geschlechtlichen Fort- pflanzung der Metazoön in einer Weise sich näher anschlössen, dass hierdurch die einfache Zellnatur des Rhizopodenorganismus in Frage ge- stellt würde. «. Fortpflanzung durch einfache Theilung oder Knospung. Die einfache Theilung, wobei der Körper der betreffenden Protozo@n in zwei, seltener durch fortgesetzten oder zuweilen auch gleichzeitigen Zerfall in vier und mehr Theilstücke zerlegt wird, wurde bei den Rhizo- poden, und zwar sowohl nackten als beschalten, häufig beobachtet. Bis jetzt wurde aber nur in verhältnissmässig wenigen Fällen der nähere Vorgang, namentlich das Verhalten des einen oder der mehrfachen Kerne, insofern sich solche finden, festgestellt. Für eine Reihe von unbeschalten, kernlosen Formen (sogen. Moneren Häckel’s) soll die einfache Zweitheilung die einzige Art der Vermehrung bilden; es sind dies namentlich Protamoeba und Protogenes; speciell bei diesen Formen soll keine Andeutung eines umhüllten, eystenartigen Ruhe- zustandes sich zeigen, der ja, wie wir in der Folge noch mehrfach zu sehen Gelegenheit haben werden, häufig auch mit einer Vermehrung des in der Cystenhülle eingeschlossenen Thierkörpers verbunden ist. Da jedoch die einschlägigen Untersuchungen dieser Formen keineswegs so ausgedehnt sind, dass hierdurch mit Sicherheit das völlige Fehlen eines solchen encystirten und eventuell mit Vermehrung verknüpften Ruhe- zustandes erwiesen wäre, so darf wohl vorerst noch daran gezweifelt werden, ob bei ihnen wirklich die einfache Theilung durchaus die einzige Art der Vermehrung bildet. Was fernerhin das Vorkommen der einfachen Zwei- oder auch Mehrtheilung betrifft, so scheint dieser Vorgang *) Auch eine Beobachtung von Brady (117 I), der im Inneren der sandschaligen und allseitig abgeschlossenen Thurammina, zuweilen eine kleinere, ähnliche Schale beobachtete, könnte möglicherweise hierhergezogen werden; jedoch liegt hier wohl derselbe Fall vor, wie bei Orbulina, über die weiter unten bei der Fortpflanzung zu vergleichen ist. Theilung der Amöben. 135 sicher gestellt unter den nackten Formen bei den Gattungen Amoeba, Gloidium und Pelomyxa, sowie Labyrinthula (wenn man deren Hierher- stellung zugibt); unter den beschalten hingegen bei Lieberkühnia, Diplo- phrys, Arcella, Lecythium, Mikrogromia, Platoum und Mierocometes. Je nach der Bauweise des betreffenden in Theilung eingehenden Organismus, namentlich insofern es sich hierbei um einen nackten oder beschalten handelt, muss natürlich der Verlauf des Vorgangs ein etwas verschiedener sein. Ueber die einfache Zweitheilung der Amöben oder amöbenartigen Rhizopoden liegen genauere Untersuchungen nur von F. E. Schulze bei einem mit der Amoeba polypodia M. Sch. identifieirten Organismus vor (der jedenfalls der sogenannten A. radiosa Duj. sehr nahe steht und auch mit der von Hertwig und Lesser beschriebenen Dactylosphaera nahe verwandt ist). Ueber die Vermehrung der Amoeba durch einfache Zweitheilung haben jedoch auch schon frühere Forscher häufig berichtet. So hat schon Rösel von Rosenhof die Theilung seiner Amoeba diffluens beschrieben und abgebildet, |von späteren Beobachtern eines solchen Vorgangs seien hier nur erwähnt Pick*) und Greeff.**) Während Greeff bei der Theilung seiner Amoeba brevipes (wohl kaum verschieden von der A. verrucosa [Ehrbg.]) Duj.) eine sehr unwahr- scheinliche, mit der Durchschnürung des Amöbenleibes gleichzeitig er- folgende Durchschnürung des in seiner Gestalt sich gar nicht ver- ändernden Kernes beschreibt, hat dagegen F. E. Schulze den Theilungs- vorgang bei der sogen. A. polypodia in einer Weise beobachtet, die sich den genauer bekannten Theilungserscheinungen anderer Protozo@n näher anschliesst. Hier erfolgte die Theilung des, einen sehr ansehnlich grossen Kernkörper einschliessenden Kernes vor der eigentlichen Durchschnürung des Protoplasmaleibes; wenigstens liess sich vor der vollständigen Sonderung der beiden Kernhälften keine Andeutung eines Theilungs- vorgangs an dem Thierleib selbst entdecken. Die Kerntheilung wurde hauptsächlich an dem Verhalten des grossen Kernkörpers festgestellt, da sich die äussere Kerngrenze nicht scharf unterscheiden liess. Es zeigte sich zunächst eine Längsstreckung des Kernkörpers und hierauf dessen Einschnürung, worauf sich das Mittelstück zu einem feinen Verbindungs- fädchen zwischen den Hälften auszog, das schliesslich durchrissen wurde. Nachdem sich die beiden neugebildeten Kerne in der auf der späteren Theilungsebene des Thierkörpers senkrechten Richtung etwas von einander entfernt hatten, erfolgte denn auch die allmähliche Durchschnürung des Amöbenleibes selbst. Der ganze Theilungsact verlief in etwa 10 Minuten. Mit dieser Beobachtung F. E. Schulze’s ist denn auch alles, was wir bis jetzt von den Theilungsvorgängen der Zellkerne bei den Rhizopoden wissen, erschöpft. Ich habe bei einigen vielkernigen Exemplaren der Amoeba Blattae zuweilen Kernformen beobachtet, die wegen ihrer spindel- *) Verh. d. zoolog. bot. Ver. Wien 1857. #%*) Arch. f. mikr. Anat. II. 136 Rhizopoda. förmigen Gestalt möglicherweise auf Theilungszustände bezogen werden durften.*) Von Cienkowsky hingegen wird für eine Reihe von Rhizo- poden geradezu in Abrede gestellt, dass die neuen Kerne der beiden, oder aber der in grösserer Menge durch Theilung oder Knospung entstehenden jungen Sprösslinge, sich von einer Theilung des ursprünglichen Zellkernes herleiten. Nach Cienkowsky’s Angaben (104a) soll sich nämlich bei der gleich noch näher zu besprechenden Theilung von Mikrogromia, Lecythium und Platoum der neue Kern des einen, aus der Schale hervortretenden Theilungssprösslings ganz selbständig und unabhängig von dem restirenden, alten Kern bilden. In etwas eigenthümlicher und mannigfaltiger Weise verläuft der Theilungsvorgang bei den beschalten Monothalamen. Bei solchen For- men, welche mit einem sehr dünnen, der Oberfläche des Körpers dicht aufliegenden Schalenhäutchen versehen sind, wie Lieberkühnia und Leeythium, tritt der interessante Fall ein, dass der Thierkörper mitsammt der Schale sich theilt; letztere wird gleichzeitig mit durchgeschnürt und es erfordert dieser Theilungsprocess jedenfalls noch gewisse, bis jetzt wenig aufgeklärte Vorgänge bei der Trennung der beiden durch- schnürten Schalenhälften, sowie zur Vervollständigung des Schalenhäutchens an den durchschnürten Stellen. Bei Lieberkühnia verläuft die Theilung quer und wird zunächst dadurch angedeutet, dass sich an dem Hinterende des Thieres aus dem Protoplasmaleib ein neuer Pseudopodienstiel entwickelt, der den hinteren Pol des Schalenhäutchens durchbricht und hier eine neue Mün- dung erzeugt, sofort auch seine Pseudopodien entwickelnd. Hierauf erfolgt die Durchschnürung im Aequator und zieht sich die eingeschnürte Mittelregion schliesslich zu einem Verbindungsstrang aus, welcher endlich durchreisst und von den Theilsprösslingen eingezogen wird (III. 16). Im Gegensatz hierzu, geht die Theilung bei Lecythium in der Längsebene vor sich. Bei der amphistomen Diplophrys, bei der die Verhältnisse des Schalenhäutchens keineswegs noch ganz sicher gestellt sind, erfolgt nach Cienkowsky die Ver- mehrung gleichfalls durch einfache Quertbeilung, jedoch soll bei den sich theilenden Individuen ein Schalenhäutehen nicht bemerkbar sein. Auch die von Greeff**) beobachteten Exemplare von Diplophrys Archeri, bei welchen statt der gewöhnlichen zwei, 4 Pseudopodienbüschel entwickelt waren, dürfen wohl auf Theilungsvorgänge bezogen werden. Da man *) Z. f w. Z. XXX.. In demselben Bande beschreibt E. Buck eine sehr eigenthümliche, angebliche Kernvermehrung bei Arcella, doch stehen die Angaben zu sehr im Widerspruch mit den von verwandten Organismen bekannten Vorgängen der Kernvermehrung, als dass wir sie ohne weitere Bestätigung für wahrscheinlich halten sollten. Buck glaubt die Kerne der Arcella überhaupt als eine Art von Tochterzellen auffassen zu dürfen, deren Vermehrung zunächst durch eine Art endogener Zellbildung vor sich gehe, wobei sich der Kern in einen maulbeer- artigen Haufen kleinerer Kerne zerlege; während bei dem zweiten Modus der von ihm aufgeführten Kernvermehrung eigentlich nur eine Vermehrung des Kernkörpers in unserem Sinne erfolgt (für Buck ist dies der eigentliche Kern einer Tochterzelle). Ein näheres Eingehen auf diese zweifelhaften Untersuchungen glauben wir hier unterlassen zu sollen, **) Arch. f. m. Anat. XII. Theilung bei Monothalamia. 137 aber sehr häufig Gelegenheit hat, 4 zu einer Gruppe innig vereinigte kleine Exemplare dieser Art zu beobachten (IV. 2b), so dürfte wohl die Theilung hier gewöhnlich nicht mit einfachem Zerfall zu zweien ab- schliessen, sondern successive zu vieren weiterschreiten. Aehnlich scheint sich auch eine kleine, von mir mehrfach in Heuinfusionen beobachtete Amöbe zu verhalten, bei welcher ich sehr häufig auf Gruppen von 4 ruhenden kleinen, ohne Zweifel durch Theilung hervorgegangenen Indi- viduen stiess. Ferner reihen wir denn hier auch die Beobachtung Sorokin’s an seinem kernlosen, amöbenartigen Gloidium an,*), das sich durch ziem- lich regelmässig verlaufende, jedoch nicht successiv, sondern simultan stattfindende Viertheilung vermehrt. Weiter unten werden wir bei Protomyxa noch eine weit regere Vermehrung durch gleichzeitigen Zerfall kennen lernen. Die diekschaligen Monothalamen besitzen naturgemäss nicht mehr das Vermögen, den Körper mitsammt der Schale durch Theilung zu ver- mehren. Hier ist (wenigstens für den einen Theilsprössling) die Neu- bildung einer Schale nothwendig. Schon früher hatten wir Gelegenheit, auf den Zweitheilungspro- cess der Arcella hinzuweisen, wie er sich nach den Beobach- tungen von Hertwig und Lesser gestaltet;**) es tritt hier der zur Bildung des neuen Sprösslings verwerthete Theil des protoplasmatischen Leibes aus der Schalenmündung hervor und lagert sich, indem er sich mit einer neuen Schale umkleidet, vor der Mündung an. Nach erfolgter Schalen- bildung dieses neuen Sprösslings vollzieht sich dann die Trennung der beiden Theilhälften, von denen die eine die alte Schale weiter bewohnt, die andere sich hiugegen in neugebildeter Schale entfernt. In gleicher Weise mag sich der Theilungsvorgang auch noch bei zahlreichen weiteren Monothalamien gestalten, jedoch wurde bis jetzt nur noch bei Platoum stercoreum ein entsprechender Vorgang von Cienkowsky nachgewiesen. Andererseits kann jedoch der Theilungsvorgang solcher Monothalamen auch in der Weise modifieirt auftreten, dass sich die völlige Theilung innerhalb der Schale vollzieht und die Schalenneubildung des einen Sprösslings erst nach seinem Austritt vor sich geht. Ein soleher Vor- gang wurde in ziemlich übereinstimmender Weise von R. Hertwig***) und Cienkowsky (104a) bei der Mikrogromia socialis beobachtet. Hier erfolgt die Theilung, wie bemerkt, innerhalb der Schale, und zwar ebensowohl in der Längs- als Querrichtung. Nach erfolgter Theilung schiebt sich der eine Sprössling — und zwar scheint keiner der beiden in dieser Hinsicht einen bestimmten Vorzug zu geniessen — aus der Sehalenmündung hervor (III. 15e) und bewegt sich entweder mit seinen *) Morph. Jahrb. IV. #*) Wir glauben hier auch noch darauf hinweisen zu sollen, dass schon Schneider 1854 die vermeintlichen Conjugationszustände der Arcella als Theilungs- und Knospungsvorgänge gedeutet hat. (Arch. f. A. u. Ph. 1854.) ###*) Arch. f. m. A, X. Supplem. 138 Rhizopoda. Pseudopodien amöbenartig fort oder nimmt nach Einziehung der Pseudo- podien eine flagellatenartige Gestalt an (III. 15d), indem er zwei Geisseln an dem einen Pol des ellipsoidischen Körpers entwickelt und in dieser Verfassung sich von seiner Bruderhälfte entfernt. Dieser interessante Fall von sogen. Sehwärmerbildung ist bis jetzt (mit Ausnahme der bei der bezüglich ihrer Stellung etwas zweifelhaften Protomyxa zu schildern- den Schwärmerbildung) der einzige im Bereich der Rhizopodenwelt mit Sicherheit bekannte. Die Verbreitung jedoch, welche dieser Modus der Fortpflanzung bei den z. Th. so nahe verwandten beiden anderen Ord- nungen der Sarkodinen besitzt, legt es nahe, zu vermuthen, dass wohl auch unter den Rhizopoden diese Art der Fortpflanzung sich noch in weiterer Verbreitung finden dürfte. Nur bei Trinema Acinus haben jedoch bis jetzt Hertwig und Lesser durch Beobachtung das Vorkommen einer ähnlichen Vermehrungsart direet wahrscheinlich gemacht. Eine Beobachtung Cienkowsky’s an seinem Mierocometes paludosa belehrt uns jedoch darüber, dass die Theilung innerhalb der Schale auch mit einem völligen Verlassen der alten Schale von Seiten der beiden Sprösslinge verbunden sein kann, wobei also jeder der Sprösslinge in die Nothwendigkeit versetzt ist, sich eine neue Schale zu bilden. Von besonderem Interesse erscheint der bis jetzt nur bei der Gattung Arcella mit einiger Sicherheit nachgewiesene gleichzeitige Knospungs- process einer grösseren Zahl kleiner, schalenloser Sprösslinge. Leider sind hierbei, wie bei den Theilungserscheinungen der Rhizopoden über- haupt, die feineren Bildungsvorgänge noch nicht näher verfolgt, nament- lich ist eine etwaige Betheiligung der Kerne des Mutterorganismus noch unermittelt geblieben. Was das Nähere dieses Fortpflanzungsprocesses der Arcella betrifft, so bemerkt man auf der aboralen Fläche oder an der Peripherie des Thierkörpers ziemlich gleichzeitig, oder doch im Verlauf verhältnissmässig kurzer Zeit, das Auftreten einer ziemlichen Zahl (bis 9), *) flach scheibenförmiger, knospenartiger Protoplasmastücke, die wohl ohne Zweifel durch Knospung aus dem Arcellenleib hervorgegangen sind. Sie erhalten nach einiger Zeit eine contractile Vaeuole und lassen auch einen Kern wahrnehmen. Bald beginnen sie amöboide Bewegungen auszuführen und kriechen schliesslich in Gestalt kleiner, unbeschalter Amöben aus der Arcellaschale heraus, sich von dem Mutterthier entfernend. Die Zweifel, welche über Herkunft und Bedeutung dieser Sprösslinge *) Nach den, jedoch nicht hinreichend zuverlässig erscheinenden, Beobachtungen von E. Buck (Zeitschr. f. wiss. Zoologie Bd. 30) scheint es nicht unmöglich, dass die Zahl dieser Sprösslinge zuweilen noch eine viel höhere ist. So will B. bis zu 30 kleine Amöbenspröss- linge, aus einer Arcella hervorgehend, gesehen haben. Die Entstehungsart dieser Sprösslinge ist jedoch nach ihm eine sehr eigenthümliche, indem sie durch einen, zunächst von einer blasigen bis maulbeerartigen Beschaffenheit angedeuteten, Zerfall des gesammten Arcellaleibes entstehen sollen. Hierbei sollen die Kerne der Arcella mit etwas umgebendem Protoplasma sich zu grösseren derartigen Sprösslingen umgestalten, während in den kleineren sich Kerne selbständig hervorbilden sollen. Schwärmer v. Mikrogr., Knospensprössl. v. Arcella, verm. Fortpfl,-Körper mariner Rhizopoda. 139 von Arcella noch berechtigter Weise erhoben werden dürften, werden durch die von Buck *) und Cattaneo**) verfolgte Umbildung soleh nackter kleiner Amöben zu einer beschalten, jungen Arcella beträchtlich verringert. Was jedoch hauptsächlich dieser Fortpflanzungsweise der Arcella: durch ziemlich gleichzeitige Entwiekelung einer grösseren Anzahl von Sprösslingen, ein erhöhtes Interesse verleiht, ist die wahrscheinliche Ana- logie, welche dieselbe mit den bis jetzt bekannten Fortpflanzungserschei- nungen der marinen Rhizopoden aufweist. Von dem wirklichen Fortpflanzungsact dieser letzteren scheint erst Gervais im Jahre 1847***) etwas Sicheres beobachtet zu haben. Die früheren Angaben von Ehrenberg über die Fortpflanzung unserer Formen durch Eier und die vermeintliche Beobachtung äusserlich anhängender Eierbeutel bei Polystomella und Nonionina haben sich durch die Be- mühungen von M, Schultze bald als irrig erwiesen. Ebenso wenig Erfolg hatten die von anderer Seite ausgehenden Bemühungen, die Bildung sogen. Keimkugeln oder Eier in dem Protoplasmaleib der marinen Rbizopoden zu erweisen. Schon Dujardin gab an: zuweilen den protoplasmatischen Kammerinhalt von Truncatulina zu kugeligen Haufen zusammengruppirt getroffen zu haben. M. Schultze hat hierauf bei gewissen Rotalinen das Auftreten mehr oder minder zahlreicher dunkler Kugeln in den Kammern beobachtet, zuweilen so reichlich angehäuft, dass sie sämmtliche Kammern erfüllten. Jedoch schon die allmähliche Bildung dieser Kugeln aus kleinen molekulären Körnehen, die ohne von einer gemeinsamen Hülle umschlossen zu werden, sich zu den erwähnten Kugeln zusammengruppiren, lässt die Bedeutung derselben als Fortpflanzungskörper sehr zweifelhaft erscheinen. Zu völliger Gewissheit scheint jedoch dieser Zweifel erhoben, wenn wir ferner beachten, dass diese Kugeln sich durch ihre Resistenz, selbst gegen die stärksten Mineralsäuren und kochende Alkalien, als Körper ausweisen, die unmöglich von lebendiger, thierischer Substanz gebildet sein können. Auch Carpenter;) hat kugelige oder ovale, zuweilen sogar in Zweitheilung begriffene Körper in den oberflächlichen Kammern von Orbitolites zahlreich gesehen; sie besassen jedoch eine feste Hülle. Die Abbildungen, welche Carpenter von diesen als Fortpflanzungszellen gedeuteten Körpern gibt, macht es mir sehr plausibel, dass die neuerdings von Moseley ff) ausgesprochene Ansicht: es seien dieselben parasitische, einzellige Algen (die nach ihm auch im frischen Zustand grün gefärbt sind), wohl zutrifft. Sie für Zellkerne zu halten, wie es R. Lankester nicht ganz ungerechtfertigt dünkt, erscheint mir dagegen wenig sicher. Andererseits habe ich jedoch schon früher meiner Ueberzeugung Ausdruck verliehen, dass die ver- meintlichen, von Str. Wright bei einer Reihe mariner Rhizopoden RYL-c **) Att. soc. Ital. d. sc. natur. XXI. 1978. *%##) Gompt, rend. 1847, auch L’Institut 1847. +) 73. +) Not. by a naturalist on the Challenger. Lond. 1879. p. 292. 140 Rhizopoda. nachgewiesenen Eier nichts weiter wie die Zellkerne gewesen seien. Die oben erwähnten kugeligen Fortpflanzungskörper haben jedoch auch Carter beschäftigt, der sich vielfach bemühte, eine sogen. geschlechtliche Fortpflanzung der Süsswasserformen zu erweisen. Eine Beobachtung über angebliche Embryonen in den Kammern von Orbitolites*) hat er später selbst zurückgenommen und die vermeintlichen Embryonen für parasitische Diatomeen (Cocconeis) erklärt.**) Schon früher***) hat er das Vorkommen kugeliger Fortpflanzungskörper bei seiner Operculina arabica nachzuweisen gesucht und dieselben mit den von ihm bei Süsswasserformen (Amoeba und Euglypha) aufgefundenen sogen. Fort- pflanzungskugeln verglichen. Was wir von jenen Fortpflanzungskugeln der Süsswasserformen zu halten haben, wurde z. Th. schon bei Gelegen- heit der Kernfrage erörtert, soll jedoch noch weiter unten näher besprochen werden. Zur Beurtheilung der Fortpflanzungskugeln der Operculina dagegen fehlt uns ein sicherer Anhalt, jedoch darf wohl ohne grosse An- maassung behauptet werden, dass ihre Bedeutung für die Fortpflanzung mehr wie zweifelhaft ist und dies um so mehr, als der gleiche Beobachter dieselben Fortpflanzungskörper auch bei einer Reihe von fossilen Formen, wie Nummulites, Orbitoides ete. nachgewiesen haben will. Gehen wir jedoch nach kurzer Besprechung dieser irrigen, oder doch jeder sicheren Basis entbehrenden Beobachtungen zu der Betrachtung der wenigen sicheren Beobachtungen über. Der oben schon erwähnte Gervais gab 1847 an, bei Milioliden das Austreten zahlreicher lebendiger Jungen beobachtet zu haben, nachdem ein Begattungs- (resp. Conjugations-) Act vorhergegangen sei. Genauere Untersuchungen über die Vermehrung der Milioliden und Rotalinen, durch Erzeugung einer zahlreichen Brut junger Thiere, verdanken wir jedoch wieder M. Schultze. Es gelang ihm durch directe Beobachtung innerhalb der zertrümmerten Schale einer zehnkammerigen, kleinen Rotaline nicht weniger als 20— 30 junge, nur dreikammerige Thiere nachzuweisen (64). Die Beobachtung eines zweiten solchen Thieres liess auch das ziemlich plötz. liche Auftreten zahlreicher soleher jungen Rotalinen in der nächsten Um- gebung des Mutterthieres erkennen; jedoch konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden, ob dies Austreten der jungen Brut durch Aufbrechen der Schale des Mutterthieres oder durch Hervorgehen derselben aus der Schalenmündung bewerkstelligt wurde. Wenn aus diesen Beobachtungen hervorzugehen schien, dass nicht der ganze Weichkörper des Mutterthieres zur Bildung der Brut verbraucht wird, so schienen hingegen frühere Beobachtungen über die Fortpflanzung der Milioliden in diesem Sinne zu sprechen.) Diese zeigten nämlich das Auftreten zahlreicher (bis zu 40) kleiner Milioliden in der bräunlichen, schleimigen Umhüllungsmasse, mit *) A. m. 2. AEX ”"®), A. m. n. h, 4 XVLp. 420. ***) Ann. mag. n. h. 3. VIII. +) Arch. f. An. u. Phys, 1856, Fortpflanzung mariner Rhizopoden. 141 welcher sich ansehnliche Exemplare von Triloculina umgeben hatten, und in dieser Weise an den Wänden eines Glasgefässes eine ziemliche Reihe von Tagen ruhend befestigt waren. Die Untersuchung des Mutterthieres nach der Entwickelung der Brut liess nur noch sehr geringe Spuren von feinkörniger Sarkode auffinden. Wie gesagt, schien daher in diesen Fällen der Weichkörper nahezu völlig in der Bildung der Brut aufgegangen zu sein. Auch von anderer Seite liegen noch einige Angaben über die Ent- wiekelung beschalter Brut in der Schale mariner Rhizopoden vor. So hat Str. Wright die ältere Beobachtung von Ehrenberg über das Vorkommen junger Thiere in der Spirillina vivipara Ehrbg. bestätigt. Reuss hat ge- legentlich das Vorhandensein einer jungen Globigerina in der Endkammer einer erwachsenen gesehen und bezüglich der Entwickelung einer zahl- reichen beschalten Brut bei Orbitolites liegen uns die übereinstimmenden Angaben von Carpenter (und Parker), sowie Semper*) vor. Hier geschieht die Entwickelung je eines jungen Thieres in den einzelnen Kämmerchen des Scheibenrandes. Innerhalb dieser Kämmerchen des Mutterthieres bildet die junge Orbitolitesbrut nur den embryonalen Theil der Schale aus, bestehend aus der sogen. Embryonalkammer und der zweiten, nahezu einen völligen Umgang beschreibenden Kammer. Erst nach dem Hervortreten der jungen Thiere aus der Mutterschale, was nach Semper durch Aufbrechen derselben vor sich gehen soll, bildet sich der erste Cyklus der Kämmerchen. Schon oben wurde bei Gelegenheit der Beschreibung der Gattungen Orbulina und Globigerina auf die vielbesprochenen Vorkommnisse hin- gewiesen, die von Pourtales, M. Schultze, Reuss und Anderen als Fortpflanzungserscheinungen der Globigerina gedeutet worden sind. Bekanntlich bestehen diese Befunde in dem häufigen Vorhandensein einer deutlichen, kleinen Globigerinaschale in einer Orbulina. Nach der Deutung, welche dieser Erscheinung von den oben erwähnten Forschern im Sinne einer Fortpflanzung gegeben wurde, wären die Orbulinen als die los- gelösten Endkammern von Globigerinen zu betrachten, innerhalb deren nun eine kleine, junge Globigerina erzeugt werde. Dem gegenüber wurde schon oben die entgegenstehende Ansicht von Macdonald, Aleock und ‚Brady dargelegt, wonach es sich hier keineswegs um eine Fortpflanzungs- erscheinung handele, sondern die Orbulinaschale erst nachträglich, die Globigerina einschliessend, zur Ausbildung gelange. Aus den schon früher dargelegten Gründen halten auch wir es für nicht unwahrscheinlich, dass die letztere Auffassung das Richtige getroffen hat. Fragen wir uns nach dieser Uebersicht der spärlichen Beobachtungen iiber die Vermehrungsweise der marinen Rhizopoden, wie sich dieselben in eine nähere Beziehung zu den genauer bekannten Fortpflanzungsver- hältnissen der Süsswasserrhizopoden bringen lassen, so finden wir bis *) Die von Semper untersuchte und als Nummulites bezeichnete Form war sicher ein Örbitolites. (Z. f. w. Z. XIII. p. 568.) 142 Rhizopoda. jetzt nur in den geschilderten Erscheinungen bei Arcella einen Anknüpfungs- punkt. Wir dürfen uns wohl die Brutbildung bei jenen marinen Formen z. Th. wenigstens als einen ähnlichen Knospungsprocess denken, wie wir ihn auch bei Arcella anzunehmen berechtigt sind.*) Dabei erhebt sich jedoch noch die Unterfrage: ist dieser Vorgang der Brutbildung wohl stets unter dem Bild einer solchen Knospung verständlich, wie dies z. B. für Orbitolites mit der nur in der Randzone sich entwickelnden jungen Brut erscheint, oder wird nicht auch z. Th. die Entwickelung dieser Brut in ähnlicher Weise durch einen Zerfall des gesammten Weichkörpers vor sich gehen, wie wir den gesammten Inhalt der Centralkapsel bei den Radiolarien in die Brutbildung eingehen sehen. Die Beobachtungen M. Schultze's an den Milioliden scheinen einer solchen Annahme nicht ungünstig zu sein. Was jedoch gegenüber den Fortpflanzungserscheinungen der Süss- wasserformen namentlich auffällt und worüber auch kein Zweifel statt- finden kann, ist die frühzeitige Bildung der Schale, schon vor dem Austritt der Brut aus dem mütterlichen Gehäuse — ein Verhalten, für das wir bis jetzt bei den Süsswasserformen kein Analogon besitzen. Damit scheint auch wohl das Vorkommen einer Metamorphose, wenn ich mich so ausdrücken darf, in dem Entwickelungsgang der marinen Formen ausgeschlossen, so namentlich das Auftreten von Schwärmerbildung. Die im Obigen gegebene Darlegung unserer Kenntnisse von der Fortpflanzung der marinen Rhizopoden wird jedoch, auch ohne weitere Bemerkungen, die Ueberzeugung hervorrufen, dass wir noch sehr weit davon entfernt sind, einen einigermaassen genügenden Einblick in diese jedenfalls viel des Interessanten darbietenden Verhältnisse zu besitzen. Obwohl die Fortpflanzung durch einfache Theilung schon von vorn- herein bei den marinen beschalten Rhizopoden wenig Aussicht auf Vor- handensein besitzt, so scheint doch unter gewissen anormalen Verhältnissen etwas derartiges eintreten zu können. Ich meine hier nämlich jene selt- samen Doppelbildungen, wie sie gelegentlich sowohl bei monothalamen als polythalamen Rhizopoden beobachtet worden sind. Was die mono- *) In neuester Zeit hat R. Lankester mehrfach in der Mündungsregion des proto- plasmatischen Leibes der sandschaligen Haliphysema eine grössere Zahl ei-ähnlicher Gebilde getroffen.Dieselben waren hüllenlos, die kleinen ohne, die grösseren mit deutlichem Zellkerne und, wie es schien, z. Th. sogar in Vermehrung durch Zweitheilung begriffen. Lankester erblickt in diesen Gebilden endogen erzeugte Keime der Haliphysema. Ich erwähne diese Beobachtung hier hauptsächlich noch deshalb, um darauf hinzuweisen, dass mit obiger Darstellung des wahrscheinlichen Fortpflanzungsprocesses der marinen Rhizopoden keineswegs die Möglichkeit der Erzeugung endogener Keime gänzlich in Abrede gestellt werden soll, wenn ich auch durch die mitgetheilte Beobachtung Lankester’s diese Möglichkeit noch in keiner Weise für erwiesen erachte, da über das weitere Schicksal dieser vermeintlichen Eikeime nichts ermittelt wurde. Wir machen bei dieser Gelegenheit noch darauf aufmerksam, dass S. Kent (A. m. n. h. 5. II.) die Jugendformen der Haliphysema in amöbenartigen, kleinen, unbeschalten Formen entdeckt haben will, die sich später festhefteten und anfänglich, vor dem Bau einer Schalenhülle, noch von ihrer ganzen Oberfläche zarte Pseudopodien entwickelten, Abnorme und unvollständige Theilungsprocesse von Mono- und Polythalamia. 143 thalamen derartigen Bildungen betrifft, wie sie z. B. in der Gattung Lagena gar nicht so selten durch Williamson, Parker und Jones, sowie durch Alcock ‚beobachtet wurden, so kann deren Entstehung nicht wohl auf etwas anderes, als auf eine sehr frühzeitige, noch im schalenlosen Zustand stattgefundene, jedoch unvollständige Theilung zurückgeführt werden. Alcock, der, wie schon oben hervorgehoben wurde, für einen mehrfachen Schalenwechsel im Lebenslauf der monothalamen Formen plaidirt, ist der Ansicht, dass gerade diese Doppelmonstra hierfür be- weisend seien, indem er ihre Entstehung auf eine unvollständige Theilung während eines solchen Schalenwechsels zurückführt. Was ähnliche Doppelbildungen der polythalamen Formen betrifft, wie sie durch M. Schultze bei Polystomella und in etwas abweichender Weise auch durch Parker und Jones nachgewiesen wurden, so scheint es zweifelhafter, wie hier die Entstehung zu deuten ist, da genauere Untersuchungen über den Bau dieser monströsen Schalen nicht vorliegen. Dagegen scheinen die eigen- thümlichen Doppelbildungen, wie sie gelegentlich bei Orbitolites beobachtet wurden, kaum einer Erklärung durch einen unvollständigen, frühzeitigen Theilungsprocess zugängig, sondern sind wohl das Erzeugniss besonderer, wiewohl an eine Vermehrung erinnernder Wachsthumsvorgänge. 8. Koloniebildung in Zusammenhang mit der Theilung oder Knospung der Rhizopoda. Die Erscheinung der sogen. Koloniebildung steht in so inniger Be- ziehung zu den besprochenen Fortpflanzungsvorgängen durch Theilung oder Knospung, dass dieselbe hier im Anschluss an letztere zunächst einer kurzen Besprechung unterzogen werden darf. Wir verstehen unter einem kolonialen Verbande nur einen solchen, dessen einzelne Mitglieder thatsächlich in direeter, lebendiger Verbindung vermittelst ihrer protoplasma- tischen Leibessubstanz stehen. Derartige koloniale Verbände gehören gerade nicht zu den häufigen Erscheinungen unter den Rhizopoden, jedoch hat die neuere Forschung uns auch auf diesem Gebiet mit einer Anzahl hierhergehöriger und nicht uninteressanter Fälle bekannt gemacht. Das ausgezeichnetste Beispiel solcher Koloniebildung bietet uns wohl die hier- nach benannte Mikrogromia socialis dar.*) Wir haben schon oben die mit Schwärmerbildung verbundene Fortpflanzung dieser Form durch Quer- oder Längstheilung besprochen. Nicht stets führt jedoch die Längstheilung der Thiere zur völligen Trennung der beiden Sprösslinge, sondern es erhält sich zwischen beiden häufig ein organischer Zusammenhang durch die Pseudopodienstiele. — Auch in diesem Fall verlässt jedoch der eine Theilsprössling nach einiger Zeit die Schale des Mutterthieres, mit dem er jedoch durch den Pseudopodienstiel noch in organischem *) Unter den unbeschalten Formen tritt uns eine schr hübsche koloniale Entwickelung bis jetzt allein bei der, hinsichtlich ihrer Stellung etwas zweifelhaften, moneren Form Myxo- dyctium entgegen; hier stehen wie bei Mikrogromia zahlreiche Einzelindividuen durch ihre reichlich wurzelartig verästelten Pseudopodiennetze im Zusammenhang. 144 Rhizopoda. Zusammenhang bleibt. Nach einiger Zeit wird sich das neugebildete Individuum mit einer Schale bekleiden. Durch fortgesetzte Vermehrung können sich in dieser Weise Kolonien zahlreicher Individuen bilden, indem diese sämmtlich durch ihre Pseudopodien in Verbindung bleiben. In ihrem Verhalten zeigen diese Kolonien eine Reihe wechselnder Zustände, die sogar zur Trennung derselben in zwei Arten, ja sogar Gattungen, Veranlassung gaben. Sie treten nämlich einmal im gehäuften Zustand auf (UI. 15a), indem sämmtliche Individuen zu einem dichten Klumpen zu- sammengedrängt sind, von dem dann allseitig die Pseudopodien aus- strahlen (dieser Zustand wurde ursprünglich von Archer, seinem Entdecker, als Cystophrys Haekeliana bezeichnet und in die Nähe der Radiolarien gezogen). Andererseits vermag jedoch die Kolonie sich auch flach aus- zubreiten, die einzelnen Individuen trennen sich durch mehr oder minder weite Zwischenräume von einander und stehen untereinander durch die netzartig ausgespannten Pseudopodien in Verbindung. (Es ist dies der Zustand, den Archer ursprünglich als Gromia socialis beschrieb.) In ähnlicher Weise sehen wir jedoch auch noch eine Anzahl nahe verwandter Formen eine Koloniebildung eingehen, so das Lecythium hya- linum. Hier hat schon Fresenius*) in richtiger Weise die Koloniebildung durch Längstheilung beobachtet, wie sie später durch die Untersuchungen von Cienkowsky (104a) bestätigt wurde. Die in solcher Weise ent- standenen Kolonien des Lecythium bilden traubige Verbände, indem sämmtliche Einzelthiere durch das aus den Schalenmündungen heraus- getretene und zu einer breiten Platte verschmolzene Protoplasma, von welchem die Pseudopodien ausstrahlen, in Verbindung stehen. Nach F. E. Schulze’s Beobachtungen dieser Form (seiner Gromia socialis Arch.) sollen aber solche koloniale Verbände auch durch allmähliche successive Verschmelzung von Einzelindividuen entstehen können; jedoch scheint mir nicht völlig sichergestellt zu sein, wenigstens nach dem Wortlaut der Schulze’schen Beschreibung, ob er wirklich die Verschmelzung von mehr als zwei Individuen direct beobachtet hat (s. 101 III). Eine ähnliche Koloniebildung treffen wir schliesslich auch bei dem nahe verwandten Platoum stercoreum Cienk. (= Chlamydophrys Cienk.); hier geht jedoch die Bildung neuer Kolonialindividuen nach den Unter- suchungen von A. Schneider**) und Cienkowsky (104a) in etwas ab- weichender Weise vor sich. Ein einfaches Thier erzeugt zunächst durch theilweises Austreten des Körperprotoplasmas und durch Ab- scheidung einer neuen Schale um diesen ausgetretenen Theil ein neues Individuum, ähnlich wie wir es auch bei Arcella gesehen |haben. Es erfolgt nun jedoch häufig keine Trennung der beiden Individuen, sondern dieselben bleiben durch eine breite Protoplasmabrücke, von der die Pseudopodien ausstrahlen, in Verbindung. Aus dieser Protoplasmabrücke #) Abh. d. Senckenb. naturf. Ges. II. **) Arch.f. A, u./Ph: 185% Koloniebildung. (Platoum, Labyrinthula.) 145 gemeinschaftlichen Pseudopodienplatte können sich nun noch zalıl- reiche weitere Individuen entwickeln, indem sich an derselben neue Aus- buchtungen erzeugen, in denen nach Cienkowsky unabhängig von den früberen ein neuer Kern entsteht und sich weiterhin eine neue Schalen- umhbüllung bildet. Die Form der Kolonie ist ganz ähnlich der von Leey- thium (III. 17b). Das nur durch etwas abweichende Schalenstructur sich unterscheidende, von Entz (110) beschriebene Geschlecht Plecto- phrys zeigt auch eine ganz entsprechende Koloniebildung.*) *) In die Nähe der Rhizopodenkolonien lassen sich vielleicht auch die eigenthüm- lichen Zellenaggregate der sogen. Labyrinthula Cienkowsky's (Arch. f. mikr. A. IIL) bringen, die wir daher hier anmerkungsweise kurz noch betrachten wollen, da, wie schon mehrfach zu bemerken Gelegenheit war, die Stellung dieser Gattung bei den Rhizopoda über- haupt wenig sicher erscheint; wir haben sie dennoch hierher gezogen, da bei den übrigen Protozoön noch weniger eine passende Einreihung derselben zu ermöglichen ist, weiterhin jedoch auch die betreffenden Formen noch speciellerer Aufklärung zu einem vollen Verständniss ihrer Örganisationsverhältnisse und einer richtigen Würdigung ihrer verwandtschaftlichen Be- ziehungen bedürfen. Im nicht beweglichen Zustand bildet die Labyrinthula haufenförmige Aggregate von rundlichen bis bohnenförmigen gekernten Zellen, die entweder ohne erkennbare Zwischensubstanz zusammengelagert sind, oder aber von einer feinkörnigen Zwischensubstanz, die auch als dünne Rinde den Haufen überzieht, zusammengehalten werden (I. $Sd). Der Uebergang in den beweglichen Zustand vollzieht sich in der Weise, dass von der Oberfläche des Haufens farblose, hyaline oder sehr fein faserige Fortsätze von starrer Beschaffenheit her- vorgeschoben werden (I. 8a), die sich vielfach verästeln und durch reichliche Verbindungen unter einander ein labyrinthisches Netzwerk bilden (Sb), längs welcher sogen, Fadenbahn nun die Zellen langsam hinwandernd von dem Centralhaufen nach der Peripherie fortgleiten. Bei dieser Wanderung nehmen die Zellen eine spindelförmige Gestalt an, sind jedoch über- haupt etwas gestaltsveränderlich (8c). Der fraglichste Punkt in der Natur dieser eigenthüm- lichen Labyrinthula-Zellenaggregate bildet die Entstehung und Natur der sogen. Fadenbahn. Protoplasmatisch scheint dieselbe nicht zu sein, sondern eine Ausscheidung der Zellen dar- zustellen, womit jedoch ihr scheinbar selbständiges Entstehen und Vergehen nicht ganz wohl in Einklang zu bringen ist. Vielleicht dürften die von Cienkowsky (104a) bei seinem Diplo- phrys stercoreum beobachteten, eigenthümlichen Aggregationen zahlreicher Einzelindividuen, die mit ihren von beiden Körperpolen ausstrahlenden, fadenartigen Pseudopodien aneinander hinkriechen und so gleichfalls netzartige, z. Th. hoch sich erhebende Aggregate von Individuen bilden, die der Fadenbahn der Labyrinthula mit ihren Zellen sehr ähnlich sehen, doch noch zur Aufklärung der Verhältnisse bei Labyrinthula beitragen. In wieweit sich ein von Archer (Qu. j. mier. sc. XV.) beobachteter, und als Chlamydomyxa labyrinthuloides bezeichneter rhizopodenartiger Organismus an die eben erörterte Labyrinthula anschliesst (I. 9), lässt sich bis jetzt noch nicht mit genügender Bestimmtheit angeben. Es handelt sich hier um einen von einer Cellulosehülle umkleideten, protoplasmatischen Körper, der durch eine polare, riss- artige Oeflnung ansehnlich lange, pseudopodienartige Fortsätze aussendet, welche sich baumförmig verästeln und zahlreiche feine hyaline Fäden entwickeln, die eine ähnliche Fadenbahn formiren, wie bei der Labyrinthula. Auch hier gleiten dann zahlreiche, während ihrer Wanderung spindelförmige, jedoch kernlose Körperchen auf der Fadenbahn hin, die sich in dem cen- tralen Protoplasmakörper als kugelige, plastische Körperchen vorgebildet vorfinden. Die Fadenbahn scheint nach Archer’s Schilderung bei der Chlamydomyxa die Natur pseudopodien- artiger Fortsätze zu haben und da die sogen. Spindeln hier kernlos sind, andererseits auch der Gesammtorganismus durch Nahrungsaufnahme und Vacuolenbildung seines Centralkörpers sich dem gewöhnlichen Rhizopodenorganismus näher anschliesst, so scheint mir vorerst eine directe Annäherung der Chlamydomyxa an die Labyrinthula kaum gerechtfertigt. Die neuer- dings von R Lankester (Qu. journ. mier. sc. XIX.) ausgesprochene Ansicht, dass die sogen. Bronn, Klassen des Thier-Reichs. Protozon. 10 146 Rhizopoda. Unter den marinen Rhizopoden scheint eine ähnliche Kolonie- bildung nur sehr selten einzutreten. Jedoch hat R. Hertwig*) neuer- dings eine Kolonie sehr junger (dreikammeriger) Rotalinen beobachtet. Etwa 30—40 Individuen bildeten ein Häufchen ähnlich der sogen. Cystophryskolonie der Mikrogromia und wurden durch eine gemeinsame Protoplasmamasse mit einander vereinigt. Zu den kolonialen Verbänden dürfen wir wohl auch die von Bessels**) und Anderen mehrfach beob- achteten, dureh ihre armartigen Fortsätze in directem Verbande stehenden Individuengruppen der Astrorhiza limicola Sund. rechnen. Bessels ver- muthet ihr Hervorgehen durch Sprossung, worauf auch die zuweilen zu beobachtende Anschwellung und besondere Grösse eines der Arme hindeute. Im Anschluss an diese Erörterung der sogen. Koloniebildung der Rhizopoda ist es wohl am Platze, in Kürze auch noch der Frage nach der morphologischen Auffassung der polythalamen Formen der Rhizopoden einige Augenblicke zu schenken, da, wie bekannt, die regelmässige Wiederholung der Kammerbildung häufig zur Annahme einer Kolonie- bildung Gelegenheit gegeben hat. Wir sehen hier natürlich ab von solchen Ansichten über die koloniale Zusammensetzung der marinen Rhi- zopoden, wie sie Ehrenberg seiner Zeit vortrug, der zum Hauptkriterium in dieser Frage die Zahl der Kammermündungen machte und daher For- men mit zahlreichen Mündungen (wie z. B. Peneroplis) zu einer von zahl- reichen Einzelthieren, entsprechend der Zahl der Mündungsporen, be- wohnten Kolonie stempelte. Dagegen scheint es nun bei erstmaliger Ueberlegung recht natürlich, die polythalamen Förmen, bei welchen eine so reguläre Wiederholung bestimmter Abschnitte in Form und Bildung sich findet, als in innigem Verbande stehende Kolonien zu deuten, da ja jede Einzelkammer einer solchen Polythalamie gewöhnlich in hohem Grade mit der Bildung der einfachen Kammer einer Monothalamie übereinstimmt. Die Bildung neuer Kammern wäre hiernach als ein Theilungs-, resp. Sprossungsact, zu be- trachten. Diese, von einer Reihe von Forschern auch heute noch vertretene Ansicht steht jedoch mit gewissen anderweitigen Bauverhältnissen des Rhizopodenorganismus in nicht wohl zu vereinbarendem Widerspruch. Schon M. Schultze (53) hat sich gegen diese Auffassung sehr entschieden ausgesprochen, obgleich ihm der Hauptgrund, welcher gegen dieselbe vor- gebracht werden kann, noch nicht bekannt war. Diesen Grund jedoch bilden die Kernverhältnisse. Wie wir oben schon genügend zu erörtern Gelegenheit hatten, steht die Zahl und Vertheilung der Zellkerne in gar keiner bestimmten Be- Spindeln der Chlamydomyxa und Labyrinthula wohl als Zellkerne zu betrachten seien, könnte möglicherweise für die erstgenannte Gattung einige Wahrscheinlichkeit besitzen, wogegen mir dieselbe für Labyrinthula ganz ungerechtfertigt erscheint. *) Jen. Zeitschr. X. *#) Jen. Zeitschr. IX. Koloniebildung. (Marine Formen, Bezieh. d. Polythalamie z. Kolonieb.) 147 ziehung zu der Kammerzahl, wir lernten einkernige Polythalamia und vielkernige Monothalamia kennen. Da uns jedoch die marinen Poly- thalamia als kernführend wohl bekannt sind, so dürften wir, wenn es sich in ihren Kammerabschnitten wirklich um individuelle Wiederholungen im Sinne einer kolonialen Bildung handelte, mit Recht die Gegenwart eines oder mehrerer Zellkerne in jedem Kammerabschnitt verlangen. Wir sind daher nieht berechtigt, in der Ausbildung und regelmässigen Wiederholung der Kammerabschnitte bei den Polythalamen eine wirkliche morphologische Wiederholung von Individuen einfacherer Art, wie sie uns die Monothalamien darbieten, nach Art einer Kolonie- oder Stock- bildung zu erkennen. Immerhin jedoch ist die Regularität der Wieder- holung der einfachen Kammerabschnitte bei diesen Formen von einer Art, dass sie bis zu gewissem Grade eine wirkliche Wiederholung der Form und Theile des Einzelindividuums der Monothalamie vorführt. Wenn wir uns nun nach Vergleichen für ein derartiges morphologisches Verhalten in den Abtheilungen der höheren Thierwelt umsehen, so werden wir nicht verkennen, dass von einem allgemein morphologischen Stand- punkt aus die Segmentation, wie sie uns in verschiedenem Grad der Aus- bildung die gegliederten Metazo@n darbieten, eine nicht zu leugnende Aehnlichkeit mit der Kammerung der Polythalamien darbietet. In beiden Fällen sehen wir Wiederholung einer Anzahl morphologisch sich ent- sprechender Körperabschnitte, die gleichzeitig bis zu einem gewissen Grade als Homologa einer einfacheren, ungegliederten Individualitäts- stufe erscheinen. In beiden Fällen jedoch sind die einzelnen Ab- schnitte oder Metameren mehr oder weniger weit von der Höhe der Individualisation entfernt, die wir an den einzelnen Gliedern einer Kolonie oder eines Stockes antreffen, indem ihnen zunächst eine Anzahl von Organisationseigenthümlichkeiten, die wir dem vollkommenen Individuum zuschreiben müssen, abgehen, wie andererseits dem ganzen, aus den Wiederholungen solcher einzelner Körperabschnitte zusammengesetzten Organismus eine Reihe von Organisationseigenthümlichkeiten zukommen, die in centralisirter Ausbildungsweise gemeinsam für die Gesammtheit des betreffenden Organismus vorhanden sind. Wie jedoch die Grenzlinie zwischen Kolonie und gegliedertem Organismus auch unter den höheren Formen nur schwierig oder nicht scharf zu ziehen ist, so kann in gleicher Weise auch hier auf dem Gebiet der Protozoön eine solche Schwierigkeit sich erheben, wenn auch die bis jetzt bekannten Beispiele eigentlicher Koloniebildung im Bereich der Rhizopoda sich recht scharf abgrenzen lassen gegen die Erscheinung der Polythalamie, die wir, wie gesagt, im allgemein morphologischen Sinne am ehesten mit der Segmentation der Metazoön zu vergleichen im Stande sind, 10* 148 Rhizopoda. y. Ueber die Erscheinung der Encystirung bei den Rhizopoden, ohne oder in Verbindung mit Vermehrung." Wie bei zahlreichen Protozo@n überhaupt, finden wir auch unter den Rhizopoden (wenigstens denen des süssen Wassers) eine sehr ausge- sprochene Neigung, sich zu gewissen Zeiten ihres Lebens mit einer durch selbstthätige Ausscheidung gebildeten Hüllhaut zu umkleiden (die gewöhn- lich nach Aussen völlig abgeschlossen ist) und in diesem encystirten Zu- stand längere oder kürzere Zeit ruhend zu verharren, oder noch innerhalb der Cystenhülle einen Vermehrungsprocess durch Theilung einzugehen. Wenn nun auch bei den Protozo@n eine solche Vermehrung im eneystirten Zustand nicht gerade selten stattfindet (wiewohl gerade die Rhizopoden hierfür bis jetzt nur wenige Beispiele geliefert haben), so scheint doch in der Mehrzahl der Fälle der Eneystirungsprocess wenigstens ursprünglich nieht in directem Zusammenhang mit der Vermehrung gestanden zu haben. Er scheint im Gegentheil ursprünglich, wie dies auch jetzt thatsächlich noch häufig der Fall ist, entweder zum Schutz des Organismus gegen äussere schädliche Einflüsse, wie Austrocknung oder faulige Verderbniss des Wassers entstanden zu sein, andererseits jedoch auch, um nach reich- licher Nahrungsaufnahme gewissermaassen in ungestörter Ruhe die auf- genommene Nahrung assimiliren zu können. Wie schon bemerkt, zeigen gerade die Rhizopoden nur selten, nach den bis jetzt darüber vorliegenden Beobachtungen, eine Vermehrung durch Theilung innerhalb der Cysten- hülle, ja der einzige Fall, der eine regelmässige Fortpflanzung durch Eneystirung anzudeuten scheint, betrifft gerade einen Organismus, dessen Stellung unter den übrigen Rhizopoden keineswegs völlig gesichert ist, nämlich die bekannte monere Form, die Häckel’sche Protomyxa. Betrachten wir zunächst jene Fälle etwas näher, wo bis jetzt wenig- stens keinerlei Vermehrungsvorgänge in Verbindung mit der Eneystirung beobachtet wurden. Derartige Eneystirung scheint unter den nackten und beschalten Formen des süssen Wassers ziemlich allgemein verbreitet zu sein, wogegen bis jetzt wenigstens im Bereich der marinen, beschalten Formen nichts Analoges beobachtet wurde. Eine Reihe von Beobachtungen liegen über Encystirungsvorgänge bei Amöben und amöbenartigen Rhizopoden vor, ohne dass jedoch bis jetzt dieser Vorgang gerade hier in eingehenderer Weise ermittelt worden wäre. A. Schneider*) will die Eneystirung der Amöben (es ist die Rede von A. diffluens und radiosa) beobachtet haben und schildert den Vor- gang in der Weise, dass anfänglich die Bildung der Cystenhülle lokal begrenzt, einseitig beginne, während gleichzeitig noch die amöboide Be- weglichkeit des Protoplasmakörpers auf der entgegenstehenden Seite sich äussere. Allmählich wachse schliesslich die Hülle allseitig um die Amöbe herum. Gegen diese Schilderung hat Auerbach **) vielleicht mit Recht ©), Arch. 3. Arm Rh. 1854: BL. $. w.-2. NIE, Encystirung. (Amöben und Verwandte.) 149 Einsprache erhoben und die Vermuthung geäussert, dass Schneider möglicherweise durch das eigenthümliche Verhalten einer Form, wie sie z. B. Cochliopodium darbietet, getäuscht worden sei. Sicherer dagegen scheint die Beobachtung des Eneystirungsprocesses einer fraglich als Amoeba Gleicheni Djrd. bezeichneten Form durch Carter.*) Hier bildet sich bemerkenswerther Weise keine kugelige, sondern eine etwas kegelige, gewöhnlich kurz gestielte, braune und rauhe Cyste, die mit ihrem zu- gespitzten Ende oder dem Stielehen, in welches dieses sich fortsetzt, an fremde Gegenstände festgeheftet ist. Weiterhin haben auch J. Lüders **) und Wallich ***) Eneystirungserscheinungen von Amöben beschrieben und zwar übereinstimmend von solchen Formen, die, nach reichlicher Aufnahme von Diatomeennahrung, sich nun gewissermaassen zu einer sogen. Ver- dauungseyste, wie sie hauptsächlich bei den heliozoönartigen Sarkodinen häufig beobachtet wird, umbildeten. Hierbei wurde nur eine zarte, z. Th. faltige Cystenhülle entwickelt. Die, nach dem Wiederaustreten der Amöben, in der Cystenhülle zurückgelassenen Diatomeenschalen gaben mehrfach Veranlassung zu der Beschreibung sogen. Diatomeeneysten, welche jedoch, wie gesagt, von der Eneystirung der Amöben, z. Th. jedoch auch heliozo@nartiger Süsswassersarkodinen herrühren. Für den amöbenartigen Plakopus ist die Eneystirung durch F. E. Schulze mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit festgestellt worden; die dünne Cysten- hülle besitzt hier eine regulär kugelige Bildung und liegt dem eingehüllten Weichkörper direet auf. Die Bildung geschichteter, kugeliger Cysten wurde auch von Sorokinf) bei seinem Gloidium constatirt und ihr Bau ist von besonderem Interesse, weil sich an einer Stelle eine Einrichtung zum Austritt des eneystirten Plasmakörpers findet. Es ist nämlich nur die äusserste und älteste Schicht der Cyste völlig geschlossen, während die jüngeren, inneren Schichten an der erwähnten Stelle unter- brochen sind. An dieser Stelle wird daher in der Cystenhülle ein nach Innen trichterförmig sich erweiternder Kanal gebildet, der nur durch die äusserste Cystenschicht geschlossen ist. Durch diesen Kanal verlässt denn auch der eneystirte Körper die Cystenhülle wieder. Im Bereich der Monothalamia des süssen Wassers scheint die En- eystirung sehr allgemein verbreitet zu sein, jedoch in mancher Hinsicht etwas verschieden zu verlaufen. So kann die Eneystirung sowohl inner- halb der Schale, als auch nach Austritt aus derselben vor sich gehen; es kann sich nur eine einfache oder es können sich mehrfache, successive gebildete und ineinander geschachtelte Cystenhüllen entwickeln. Für gewöhnlich eneystirt sich der Weichkörper innerhalb der Schale und unter deren Schutz. #) A, m..n.;h. 23 XVIL w 3 Zur **) Bot, Zeitung 18. Jahrg. 1860. BEA. ım..n. h. 9. XII. -r) Morph. Jahrb. IV. 150 Rhizopoda. Zuweilen tritt sogar ein Theil der Schale selbst mit in die Bildung der Cystenwandung ein, wenigstens lässt sich der von Archer (108) beschriebene Eneystirungsprocess der Pseudochlamys patella in dieser Weise auffassen. Hier wird nämlich nicht eine den Weichkörper allseitig umgebende Cystenhülle abgeschieden, sondern es bildet sich nur eine uhrglasförmige Umhüllung auf der oralen Seite des Weichkörpers, deren Ränder mit der Schale verwachsen und die in solcher Weise den Weich- körper gewissermaassen nach Aussen abkapselt. Ein vielleicht hiermit vergleichbarer Verschluss der Schalenmündung tritt, wie wir gleich noch sehen werden, auch bei dem Eneystirungsprocess der Gattungen Difflugia und Euglypha auf. Unter den Arcellinen hat Auerbach die Bildung einer einfachen kugeligen und ziemlich diekwandigen Cystenhülle bei seinem Cochlio- podium bilimbosum beobachtet. Die Cystenhülle liegt hier dem Thier- körper ziemlich dieht auf, so dass nur zuweilen eine schmale, helle Zone zwischen ihm und der Hülle bemerkbar ist. Eigenthümlich erscheint noch eine die Cystenhülle äusserlich einhüllende, schleimige, feinkörnige Lage. Wie sich bei diesem Eneystirungsprocess die eigenthümliche eigentliche Schale des Cochliopodium verhält, ist nicht bekannt.*) Die Bildung einer einfachen, kugeligen Cyste, wohl auch mit einfacher Hülle, wurde durch Hertwig und Lesser für Arcella festgestellt; sie liegt hier innerhalb der Schale dieht der Mündung an. Auch bei gewissen Difflugien, die jedoch bezüglich ihrer Schalenstructur sich vielleicht näher an die Gattung Quadrula anschliessen, hat Wallich**) einen Enceystirungsprocess verfolgt; hierbei hatte sich der Weichkörper des Thieres kugelig zusammen- geballt und in die mittlere Hälfte der Schale zurückgezogen. Die sonst runde Mündung der Schale war durch Zusammenklappen ihrer Ränder geschlossen und ausserdem hatte sich innerhalb der Schale, etwas vor dem zusammengekugelten Thierkörper, ein häutiges Diaphragma gebildet, wodurch also ein völliger Abschluss des Weichkörpers gegen die Aussen- welt hergestellt wurde. Bildung einer einfachen kugeligen Cyste wurde ferner von Cienkowsky bei dem Platoum stercoreum beobachtet, wo dieser Vorgang hauptsächlich noch desshalb unser Interesse beansprucht, weil er nicht innerhalb der Schale, sondern, nach Austritt des protoplasmatischen Körpers, vor oder noch innerhalb der Schalenmündung stattfindet (III. 17 e). Auch hier tritt, wie solches oben schon gelegentlich der Gattung Cochlio- podium angedeutet wurde, noch eine feinkörnige, äusserliche Umhüllung zu der eigentlichen Cystenkapsel hinzu. Von besonderem Interesse erscheint #) Auerbach kam durch fortgesetzte Beobachtungen zu einigen Vermuthungen über das weitere Schicksal dieser Cysten, mit denen er eine besondere amöbenartige Form, die er späterhin, als sich zahlreiche leere und aufgesprungene Cysten vorfanden, vielfach beobachtete, in Zusammenhang bringt; da jedoch die Zugehörigkeit dieser Formen zu dem Entwickelungs- kreis des Gochliopodium in keiner Weise sicher festgestellt scheint, so gehen wir hier nicht näher auf diese Beobachtungen und Vermuthungen ein. Er, SASm: no DR Eneystirung. (Monothalamia.) 151 uns ferner noch die Beobachtung, dass die protoplasmatischen Weichkörper einer ganzen Kolonie dieser Art zuweilen ausserhalb der Schalen zu einem einheitlichen Protoplasmakörper zusammenfliessen, der sich dann ganz wie ein einfaches Individuum zu eneystiren vermag. Zur Vervollständigung unserer Angaben über die Eneystirungserscheinungen der hierhergehörigen Formen, fügen wir noch bei, dass durch Cienkowsky auch für den interessanten Microcometes einfache kugelige Cystenbildung innerhalb der Schale festgestellt wurde. Etwas complieirter gestalten sich die Cystenbildungen bei den jetzt noch zu erwähnenden Formen, bei welchen durch successive Wiederholung der Hüllbildung zwei ineinander geschachtelte Cystenhäute zur Entwicke- lung gelangen. Durch die gesonderte Betrachtung, die wir diesen Vor- kommnissen zukommen lassen, soll nicht etwa angedeutet werden, dass wir hierin etwas ganz besonderes sehen, sondern es mögen einfache und doppelte Cystenumhüllungen vielleicht sogar bei einer und derselben Form zuweilen gleichzeitig nebeneinander sich finden, wie solches bei den Heliozo@ön z. B. thatsächlich der Fall zu sein scheint. Mit einer solchen doppelten Cystenhülle sah Cienkowsky die Spindelzellen der merk- würdigen Labyrinthula sich zuweilen umkleiden, und zwar geht hier dieser Eneystirungsprocess ziemlich gleichzeitig für sämmtliche Individuen eines Labyrinthula-Aggregates vor sich (I. 8d), und werden alle die Cysten in eine gemeinsame, ziemlich feste Masse eingehüllt, welche wohl durch Umbildung der sogenannten Rindenschicht der beweglichen Aggregate hervorgeht. Eine doppelte Hüllbildung scheint ferner in der Abtheilung der Euglyphinen ziemlich allgemein verbreitet zu sein, da sie wenigstens für Euglypha und Trinema sicher constatirt ist, wogegen bei Cyphoderia bis jetzt nur eine kugelige Zusammenballung des Weichkörpers in der Schalenmitte von M. Schultze und F. E. Schulze gefunden wurde, ein Vorgang, der wohl ohne Zweifel zur Eneystirung führen dürfte. Bei Euglypha und Trinema ist der Eneystirungsvorgang zuerst von Carter (56), späterhin hauptsächlich von Hertwig und Lesser (99) beobachtet worden. Der Vorgang ist von den letztgenannten beiden Forschern am genauesten bei Euglypha alveolata ermittelt worden, die wir daher auch unserer Schilderung zu Grunde legen. Wie bei Difflugia wird auch hier zunächst die Schalenmündung durch ein Diaphragma gegen die Aussenwelt abgeschlossen (III. 12b, d) und zwar soll dessen Aufbau hier durch verklebte Fremdkörper, wie Algenfäden, Diatomeen und dergleichen, zu Stande kommen. Die eigentliche Cyste liegt im Grunde der Schale und wird zunächst von einer recht ansehnlichen, etwa die Hälfte der Schalenlänge erreichenden, ovalen Aussenhille gebildet (b), die interessanter Weise ganz dieselbe Zusammensetzung aus hexagonalen Plättchen zeigt, wie die eigentliche Schale. Innerhalb dieser Aussenhülle liegt die kugelige innere Cystenhülle (ce), die den sehr körnigen und daher recht undurch- 152 Rhizopoda. sichtigen Weichkörper dicht umschliesst. _Auch diese Innenhülle ist nicht völlig glatt und structurlos, sondern äusserlich wie innerlich von zahlreichen feinen Buckelchen bedeckt, so dass sie auf dem optischen Durchschnitt ein perlschnurartiges Aussehen besitzt. Bemerkenswerth ist ferner hauptsächlich noch die Befestigung dieser inneren, kugeligen Cyste durch einen zarten, homogenen und ziemlich langen Strang (f) in dem spitzeren, vorderen Ende der Aussenhülle. Bei der nahe verwandten Gattung Trinema hat Carter die Bil- dung einer ovalen bis viereckigen, einfach umhüllten Cyste im Schalen- hintergrund beobachtet; dagegen wurde von Hertwig und Lesser auch für diese Form die wenigstens zeitweilige Bildung doppelter Cysten- hüllen wie bei Euglypha ermittelt. Die eigentliche innere Cystenhülle soll auch hier kugelig sein, und den sehr körnigen, undurchsichtigen Weichkörper dicht umschliessen, wogegen die äussere Hülle der Innen- wand der Schale dicht anliegen, ja vielleicht mit derselben verschmolzen sein soll. Unter den amphistomen Monothalamien ist die Eneystirung bis jetzt nur von Cienkowsky (104a) für Diplophrys Archeri constatirt worden. Auch hier bilden sich zwei zarte, kugelige Cystenhüllen, von welchen die innere glatt, die äussere hingegen mit zahlreichen bläschenförmigen Aus- buchtungen besetzt erscheint. Wenden wir uns nun zu denjenigen wenigen Fällen, wo in Zusammen- hang mit der Eneystirung ein Vermehrungsprocess aufgefunden werden konnte. Es ist dies bis jetzt nur bei zwei, wie schon früher bemerkt, bezüglich ibrer verwandtschaftlichen Beziehungen zu den eigentlichen Rhizopoden etwas unsicheren Formen geglückt. So konnte Cienkowsky *) feststellen, dass die in der obengeschilderten Weise eneystirten Spindel- zellen der Labyrinthula sich durch Viertheilung in der Cyste vermehren (I. Se u. f). Es erfolgt nach einiger Zeit ein Ausschlüpfen der Spröss- linge, die wohl zu jungen Spindelzellen sich entwickeln, wenngleich dieser Uebergang nicht direct beobachtet werden konnte. Etwas abweichend verhält sich der zweite, eventuell hierher zu rech- nende Fall, der durch Häckel **) bei seiner Protomyxa aurantiaca entdeckt wurde. Hier scheint die Eneystirung sicher zu einem Forfpflanzungsact geworden zu sein, obgleich sich nach den bis jetzt vorliegenden Unter- suchungen auch nicht mit völliger Bestimmtheit wird verneinen lassen, dass nicht gelegentlich auch hier Eneystirung obne Vermehrung vor- kommen möge. Die Protomyxa bildet nach Häckel’s Beobachtungen kugelige, von einer einfachen, jedoch ziemlich dicken und geschichteten Gallerthülle *) Arch. f. mikr. A. III, **) Jen. Zeitschr. IV. Eneystirung (mit Vermehrung, Protomyxa). Copulation. 153 umschlossene Cysten (I. 1b), unter deren Schutze der eingeschlossene Protoplasmakörper durch gleichzeitige Theilung oder Sprossung (Mono- sporogonie Häckel’s) in zahlreiche (ca. 200) kugelige Theilstücke zerfällt. Letztere treten durch Platzen der Cyste nach einiger Zeit hervor, ent- wickeln eine Geissel (lc) und schwärmen — sehr ähnlich den Zoosporen der Myxomyeeten (ohne jedoch einen Nucleus und eine contractile Vacuole zu besitzen) — eine Zeitlang umher. Unter Einziehung der Geissel gehen sie dann in kleine amöbenartige Gestalten über (1d), die entweder allmählich und direct zu der reifen Form heranwachsen sollen, nicht selten aber durch Verschmelzung mehrerer ein Plasmodium, ähnlich dem der Myxomyceten, zu bilden im Stande sind, durch dessen weiteres Aus- wachsen sich alsdann die entwickelte Form heranbildet. Ist nun schon die Stellung der Protomyxa unter den übrigen Rhizo- poden in Anbetracht ihrer allgemeinen Bauweise eine etwas zweifelbafte, so dürften durch ihre soeben in kurzen Zügen wiedergegebene Fort- pflanzungsgeschichte diese Zweifel nur noch verstärkt werden und hieraus vielleicht eine Anreihung derselben an die Myxomyceten als natürlicher sich ergeben. In Berücksichtigung jedoch, dass unsere Kenntnisse der Fortpflanzungserscheinungen der Rhizopoden im Ganzen keine sehr ein- gehenden sind, kann wohl auch nicht in Abrede gestellt werden, dass nicht doch noch nähere Anknüpfungspunkte zwischen den Fortpflanzungs- verhältnissen der Protomyxa und denen echter Rhizopoden gefunden werden dürften. d. Copulations- und Conjugationserscheinungen bei den Rhizopoda. Wenn auch im Allgemeinen bis jetzt fast keine sicheren Unter- suchungen über eine Beziehung der Copulations- oder Conjugationserschei- nungen der Rhizopoda zu einem damit zusammenhängenden Vermehrungs- process vorliegen, so dass eine Anzahl Forscher, wie Cienkowsky, und auch Hertwig und Lesser, geneigt sind, überhaupt jeden Zusammenhang dieser interessanten Vorgänge mit der Fortpflanzung in Abrede zu stellen, so dürfte sich doch vielleicht bei genauerer Erforschung ein solcher Zusammenhang, wenigstens in gewissen Fällen, ergeben. Wie die Schwierigkeit der ein- schlägigen Untersuchungen jedoch von vornherein erwarten lässt, sind unsere Kenntnisse bezüglich derartiger Vorgänge im Leben der Rhizo- poden bis jetzt recht beschränkte. Zunächst finden wir hier, wie auch in anderen Abtheilungen der Protozoen,, völlige, gelegentlich eintretende Verschmelzungen zweier oder auch mehrerer Individuen zu einem einheitlichen Organismus, und wir hatten schon oben Gelegenheit, das Vorkommen solcher Verschmelzungen bei den Gattungen Leeythium und Protomyxa zu erwähnen. Bei letzterer Form waren es die jugendlichen, amöbenähnlichen Sprösslinge, die häufig zu zweien oder zu mehreren einen Verschmelzungsprocess eingingen, ohne dass sich, ebenso wie bei den sich ähnlich verhaltenden Myxomyceten, ein 154 Rhizopoda. direeter Zusammenhang dieses Processes mit einer Vermehrungserschei- nung zeigte. Auch von Amöben ist mehrfach eine solche Ver- schmelzung zweier oder mehrerer Individuen berichtet worden, so hat Kühne*) diesen Vorgang bei einer kleinen marinen Amöbe mehrfach gesehen, das Gleiche wird von Maggi**) berichtet, und auch Carter will einen jedoch etwas zweifelhaften Conjugationsprocess bei seiner Amoeba radiosa Djrd. (die jedoch, wie er später bemerkt, wohl eher zu Cochlio- podium gehört) beobachtet haben. ***) Häufig scheint jedoch ein Copulations. process bei den Amöben nicht stattzufinden, da man so vielfach Gelegen- heit hat, Amöben in dichtester Berührung aneinander hinkriechen zu sehen, ohne dass eine Verbindung zwischen ihnen hergestellt würde. Auch bei den Monothalamien des süssen Wassers sind Verschmelzungs- processe mit Sicherheit constatirt worden, jedoch scheint es sich hier in den meisten Fällen nicht um eine dauernde, völlige Verschmelzung der beiden Weichkörper zu handeln, sondern um eine vorübergehende, zeit- weise Vereinigung, die wir daher zum Unterschied von der völligen Ver- schmelzung oder Copulation, nach Analogie mit den ähnlichen Vorgängen bei den Infusorien, als Conjugationsprocess bezeichnen. Wie bei letzteren Formen haben auch hier diese Vereinigungen häufig zu der Vorstellung einer wirklichen geschlechtlichen Vermischung, eines Austausches wahrer Geschlechtsprodukte, Veranlassung gegeben, wie weiter unten noch näher erörtert werden wird. Andererseits hat man auch die Conjugations- erscheinungen der Monothalamien ganz in Abrede stellen wollen, nament- lich gestützt auf die schon früher erwähnten Theilungs- und Häutungs- erscheinungen der Arcella, wobei die beiden Schalen, die alte tiefbraune und die neugebildete, noch schwach gefärbte, eine ähnliche Stellung zu einander besitzen, wie sie auch die in Conjugation befindlichen Thiere annehmen. Hierauf gestützt glaubte man die Conjugationserscheinungen der Monothalamia wenigstens grossentheils als solche Theilungs- oder Häutungserscheinungen ansprechen zu dürfen. Es unterliegt nun aber keiner Frage, dass auch wirkliche Conjugations- erscheinungen solcher Formen und speciell auch der Arcellen sich finden. Die Conjugationszustände der Monothalamien bieten sich gewöhnlich in der Weise dar, dass zwei Thiere sich mit den Mündupgen ihrer Schalen gegeneinander stellen, wobei gewöhnlich die Mündungsöffnungen dicht aufeinander gepresst werden, während die beiderseitigen Weichkörper in *) Unters. über das Protoplasma etc. 1864. **) Rendic. d. R. Istit. Lomb. IX. p. 436. *#*#*) Einen zweifelhaften Conjugationszustand hat Greeff bei seiner Amphizonella violacea beobachtet. Die von Tatem (Monthl. m. journ. VI.) angeblich gesehenen Conjugationszustände von Amöben sind jedenfalls ganz unbeweisend. Derselbe glaubt nämlich aus dem Verlauf der Strömungserscheinungen im Protoplasmaleib gewisser Amöben ihren Hervorgang aus der Verschmelzung zweier Individuen erschliessen zu können. Es sind jedoch diese Strömungs- erscheinungen keine anderen als die schon früher geschilderten, normalen einer einfach hin- fliessenden Amoeba. Copulation und Conjugation. 155 Verschmelzung treten, so dass das Protoplasma in strömender Bewegung von der einen nach der anderen Schale beobachtet wird. Derartige Conjugationsformen sind schon von Cohn*) für Arcella vermuthet worden, jedoch hatte er es wohl sicher mit den erwähnten Theilungszuständen zu thun; späterhin hat Bütschli **) unzweifelhafte Con- jugationszustände bei dieser Gattung beobachtet und nicht nur zwei, SOn- dern auch drei Thiere in eigenthümlicher Weise zusammengelagert und durch direete Verbindung ihrer Plasmakörper in Conjugation angetroffen. Sehr häufig wurden solche Verbindungen auch bei Difflugia beobachtet ***) und von Carter+) z. B. mit geschlechtlicher Fortpflanzung in Beziehung gebracht; auch Archerfr) hatte häufig Gelegenheit, die Conjugations- erscheinung bei Difflugia zu beobachten und hält diesen Vorgang seiner Häufigkeit wegen für recht bedeutungsvoll. Auch er wurde durch seine Beobachtungen dazu geführt, die Ansicht zurückzuweisen, dass es sich hier vielleicht um einen Knospungs- oder Theilungsprocess handeln könne. Wir haben ferner noch Kenntniss von dem gleichen Process erhalten durch Carter für Euglypha,frf) durch Archer und F. E. Schulze für Pseudodifflugia; durch letzteren Forscher für Cyphoderia wie Hertwig und Lesser für Trinema. Gabriel beobachtete Conjugation zweier Thiere mit nachfolgender Trennung bei Platoum (seinem Troglodytes). Hieraus scheint jedenfalls hervorzugehen, dass es sich hier um eine Erscheinung von sehr allgemeiner Verbreitung handelt. Zweifelhafter dagegen ist es, ob wir auch den marinen Mono- und Polythalamien solche Conjugations- erscheinungen zuschreiben dürfen. Die einzige Beobachtung, welche sich in dieser Hinsicht vielleicht aufführen lässt, ist die alte Angabe von Gervais,*+), der Milioliden vor der Erzeugung einer jungen Brut zu zweien aneinanderhängend getroffen haben will. Von inneren Veränderungen im Plasmaleib der conjugirten Thiere ist mit Sicherheit bis jetzt nichts bekannt geworden, namentlich ist das Verhalten der Zellkerne hierbei sowohl, als auch bei den Verschmelzungs- erscheinungen, die früher schon erwähnt wurden, völlig unbekannt. Dass auch bei den Monothalamien derartige Copulationsvorgänge sich zu er- eignen vermögen, daran sei hier nachträglich nochmals durch die Hin- weisung auf die schon oben erwähnten Verschmelzungserscheinungen der *) Z. f. w. Zool. IV. **) Arch. f. m. Anatomie Bd. XI. **#) Schon der erste Entdecker der Difflugia, Leclerc (1815), beobachtete solche mit ihren Mündungen zusammengelagerte Exemplare der Difflugia spiralis und hielt sie für Begattungszustände. Auch Cohn hat (l. s. c.) derartige Conjugationszustände bei Difflugia aufgefunden. +) A. m. n. h. 3. XIl. “r) Qu. journ. mier. sc. VI. FF) Carter hat auch schon bei Arcella wie Euglypha die Vereinigung von 3—4 Indi- viduen beobachtet (56 u. 75). *+) Compt. rend. 1847. p. 467. 156 Rhizopoda. Weichkörper einer ganzen Kolonie von Platoum zur Bildung einer Cyste erinnert. Was die Trennung der conjugirten Monothalamien nach vollzogenem Conjugationsprocess betrifft, so scheint gewöhnlich jedes der beiden oder der in grösserer Zahl zusammengetretenen Individuen seinen Antheil am Protoplasmaleib wieder mitzunehmen, indem sich die Verbindung zwischen den Einzelindividuen löst. Immerhin erscheint es jedoch auch nicht un- möglich, dass in gewissen Fällen der Leib des einen Thieres völlig mit dem des anderen verschmilzt und, nach Trennung der beiden Schalen, die eine leer zurückgelassen wird (wobei es sich dann also eigentlich um Copulation handelte). &. Kurze Tebersicht der Versuche, eine geschlechtliche Fortpflanzung der Rhizopoda nachzuweisen. Obgleich im Ganzen bis jetzt nur wenig sichere Anzeigen dafür sprechen, dass die im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Copulations- und Conjugationserscheinungen in eine directe Analogie mit dem Copu- lationsvorgang gebracht werden dürfen, wie ihn die Ei- und Spermazelle der Metazo@ön im Befruchtungsaet darbieten, so darf dieser Gesichtspunkt doch nicht aus dem Auge gelassen werden und erneute und erweiterte Forschungen mögen wohl noch sicherere Anhaltspunkte zu einer solchen Vergleichung liefern.*) In diesem Sinne lässt sich daher möglicher- weise von einer geschlechtlichen Fortpflanzung der Rhizopoda wohl reden. Daneben haben sich jedoch eine Reihe von Bestrebungen geltend gemacht, die darauf hinzielten, bei den Rhizopoden geschlechtliche Fortpflanzungs- verhältnisse zu erweisen, die sich in einem viel engeren Sinne jenen der Metazo@n anschlössen, wobei nämlich innerhalb des Rhizopodenleibes Geschlechtsprodukte in ähnlicher Weise wie bei den Metazoön, also Ei- und Samenzellen, hervorgebracht werden sollten, durch deren Vermischung oder Aufeinanderwirkung der Fortpflanzungsact zu Stande käme. Die in dieser Richtung angestellten Versuche waren ohne Zweifel einmal wesent- lich bedingt durch die lange Zeit unklare Vorstellung von dem morpho- logischen Werth des Rhizopodenorganismus überhaupt, was es nicht un- plausibel erscheinen liess, in der Voraussetzung eines näheren Anschlusses an die Metazo@n, auch eine Gleichheit in den Fortpflanzungsverhältnissen zu constatiren. Andererseits waren sie jedoch wohl auch wesentlich be- einflusst durch den anscheinend sehr sicheren Nachweis derartiger Vor- gänge bei anderen Protozo@nabtheilungen, namentlich den Infusorien. *) Jedoch sind directe Beziehungen eines Conjugations- oder Copulationsactes zu nach- folgender Vermehrung durch Theilung oder Knospung nicht mit hinreichender Sicherheit erwiesen. Abgesehen von der weiter unten zu berührenden, unsicheren, älteren Angabe von Gervais für marine Rhizopoden, hat neuerdings Bütschli die früher geschilderte Knospenfort- pflanzung der Arcella mehrfach auf vorhergehende Conjugation erfolgen sehen, wenngleich auch hieraus noch nicht auf einen stetigen Zusammenhang dieser beiden Vorgänge geschlossen werden darf. Sogen. geschlechtl. Fortpfl. (Amöben.) 157 Wir dürfen hier jedoch wohl mit Sicherheit aussprechen, dass es bis jetzt in keinem Falle geglückt ist, den versuchten Nachweis für die Rhizopoden zu führen; sondern dass die Beobachtungen, worauf sich die betreffenden Auffassungen hauptsächlich gründeten, theils viel zu lücken- haft sind, um als Beweise für eine derartige Lehre gelten zu können, theils sich jedoch in wesentlich anderer Weise erklären lassen. Es ist schwierig, diese hauptsächlich von Carter in England und Greeff in Deutschland vertretene Auffassung und ihre Beweisgründe hier in Kürze zu schildern. Wir wollen dies jedoch so kurz wie möglich ver- suchen, da ein längeres ‚Verweilen bei diesen, nach unserer wie Hertwig’s Ansicht, irrthümlichen Deutungen wohl kaum gerechtfertigt wäre. Eine Schwierigkeit erwächst unserer Darstellung noch daraus, dass es keines- wegs leicht ist, die z. Th. schwankenden Darstellungen der angeführten For- scher, hauptsächlich diejenigen Carter’s, richtig zu verstehen und in kurzen Ausdrücken wiederzugeben. Die thatsächlichen Beobachtungen sind aus- schliesslich Süsswasserrhizopoden entnommen, und vorzugsweise an Amoeba, Arcella, Difflugia und Euglypha angestellt worden. Es hatte sich durch die Beobachtungen Carter’s*) ergeben, dass bei Amoeba an Stelle des einfachen Nucleus zuweilen zahlreiche kleinere kugelige, bläschenförmige Körperchen auftreten, die einen granulirten Inhalt aufwiesen. Bei Amoeba Gleicheni (?) und radiosa Duj. (?), wo Carter zuerst diese Beobachtung machte, glaubte er sich davon überzeugt zu haben, dass die Entwickelung der Bläschen durch einen successiven Theilungsprocess des Nucleus vor sich gehe. Die Inhaltskörnchen der Bläschen werden nun hier, zwar mit einiger Reserve, als Spermatozoidien bezeichnet und auch angegeben, dass diese vermeintlichen Spermatozoidien zuweilen aus ihren Bläschen hervortreten und durch das Protoplasma der Amöben zerstreut angetroffen werden. Ausserdem wird jedoch bei den gleichen Amöben auch die Ent- wickelung ei-artiger, zellenähnlicher Körper im Plasma beschrieben, von welchen jedoch nur eine sehr unvollständige Darstellung gegeben wird. Nach der Beschreibung und Abbildung dieser ei artigen Körper bei Euglypha haben sie ganz die Bildung kleiner, bläschenförmiger Zellkerne mit ziem- lich ansehnlichem, dunklem Nucleolus. In den späteren Abhandlungen Carter’s wird der körnchenführenden Spermatozo@önkapseln der Amöben gar nicht mehr gedacht, sondern es ‚werden schon 1857 bei Amoeba verrucosa die ganz entsprechenden körnchenführenden Bläschen (granuliferous cells) als Eier bezeichnet. Bei Amoeba princeps werden dann schliesslich 1863 dieselben Gebilde, die auch hier durch successive Theilung des grossen einfachen Nucleus ent- stehen sollen, als Fortpflanzungszellen betrachtet, ohne dass jedoch Carter anzugeben im Stande wäre, wie die Entwickelung einer jungen Amöben- brut aus diesen angeblichen Fortpflanzungszellen zu Stande komme. *) Vergl. hierüber 56, 75, ferner A. m. n. h. 3. XIL XV. 158 Rhizopoda. Höchstens liesse sich in dieser Hinsicht eine Beobachtung Wallich’s *) ver- werthen, der gleichfalls diese vermeintlichen Fortpflanzungszellen bei der- selben Amöbe gesehen hat, jedoch auch die Ausstossung kleiner Amöben aus einer Amoeba princeps beobachtet haben will. Wir haben nun schon oben bei Gelegenheit der Besprechung der Kernverhältnisse der Rhizo- poden Gelegenheit genommen, darauf hinzuweisen, dass die angeführten Fortpflanzungszellen der Amöben, Eier sowohl wie vermeintliche Spermato- zoönkapseln, wohl nichts weiter sind, als die kleinen Nuclei eines vielkernigen Zustandes, wie er ja bei Amöben und Rhizopoden überhaupt, häufig vor- zukommen scheint, wobei wir es als eine offene, da bis jetzt noch durch keine sicheren Beobachtungen erwiesene, Frage betrachten, ob diese zahlreichen kleinen Kerne sich durch successive Theilung aus einem ur- sprünglichen einfachen Kern entwickeln, wie es die mitgetheilten Beob- achtungen Carter’s und Wallich’s angeben. Noch eine weitere vom Nucleus ausgehende ‚Bildung von Fortpflanzungskörpern sucht jedoch Carter für die Amoeba princeps wahrscheinlich zu machen. Zuweilen soll der ein- fache Nucleus sich vergrössern und eine sehr deutlich granulirte Be- schaffenheit der nucleolaren Substanz annehmen. Nach Carter’s Vermuthung hätten wir es hier dann mit einem zu einer Art Brutkapsel umgebildeten Kern zu thun; die Inhaltskörner desselben würden vermuthlich nach einiger Zeit entleert werden und nach vorübergehender Annahme eines flagellatenartigen Stadiums sich zu jungen Amöben entwickeln. Letztere Ansicht von der Bedeutung des Nucleus als einer Art von Fortpflanzungsorgan glaubt auch Greeff**) durch seine Untersuchungen an Amoeba terricola bestätigt gefunden zu haben. Auch hier soll sich der Nucleusinhalt — ursprünglich ein einfacher, ansehnlicher Nucleolus ***) — durch allmählichen Zerfall zu einer grossen Zahl rundlicher Körper ent- wickeln, die nach erlangter Reife in das Protoplasma der Amöbe entleert werden sollen — ein Vorgang, der jedoch nicht durch direete Beobachtung festgestellt, sondern nur durch die Anwesenheit ähnlicher Körperchen im Protoplasma der Amöben wahrscheinlich gemacht wurde. Zuweilen sollen sich auch Amöben finden, die ganz erfüllt von solchen Körperchen sind =) A. m.'n. hi 3. XL *%*) Aehnliche Anschauungen über die Fortpflanzung der Amöben entwickelt auch Wallich. Nach ihm (vergl. haupts. A. m. n. h. 3. XII. p. 448) soll dieselbe sich in dreierlei Weise, abgesehen von einfacher Theilung oder Knospung, vollziehen. Nämlich einmal durch directes Lebendiggebären kleiner, schon vollständig entwickelter Amöben. Zweitens durch Entwickelung der von ihm Sarceblasten genannten Inhaltskörner des Amöbenleibes (nach unserer Deutung kleine, in grösserer Zahl vorhandene Zellkerne) zu jungen Amöben, mit oder ohne gleichzeitige Eneystirung des Mutterkörpers, und schliesslich drittens durch Zerfall der sogen, Sarcoblasten in die sie constituirenden Körner und durch Entwickelung dieser zu jungen Amöben. Das Auftreten der sogen. Sarcoblasten während des encystirten Zustandes lässt meiner Ansicht nach, bei Berücksichtigung der Abbildungen Wallich’s, auch die Annahme zu, dass hier möglicher Weise ein Zerfall des encystirten Amöbenkörpers in eine grössere Anzahl Theilsprösslinge vorgelegen habe. ###) Arch. f. mikr. Anat. II. + Sogen. geschlechtl. Fortpfl. (Amöben, Monothal.) 159 und des Nueleus entbehren. Die Weiterentwickelung dieser Fortpflanzungs- körperchen erfolge jedoch nicht in dem Mutterthier, sondern erst nach Entleerung derselben. Die allmähliche Hervorbildung junger Amöben aus derartigen Körperchen wird denn auch von Greeff geschildert; zuerst soll ein als heller Fleck erscheinender Kern und hierauf eine eontractile Vacuole kenntlich werden. Wie aus dieser kurzen Schilderung hervor- -geht, fehlt dem wirklichen Nachweis eines solchen Entwickelungsganges die Beobachtung sehr wichtiger Uebergangsstadien und glaube ich wohl vermuthen zu dürfen, dass der oben geschilderte Zustand mit zahlreichen solchen Fortpflanzungskörperehen, bei fehlendem Nueleus, sich vielleicht auch als ein Stadium mit sehr zahlreichen kleinen Kernen erweisen dürfte. *) Wie sehon bemerkt, hat jedoch Carter auch bei beschalten Süss- wasserformen einen ähnlichen Fortpflanzungsprocess nachzuweisen ver- sucht. Zunächst bei Euglypha. Hier sollen sich in der Nucleusgegend, ohne dass jedoch eine Herleitung von dem Nucleus selbst zu beobachten war, dieselben Spermatozoidien führenden sogen. Körnchenzellen ent- wickeln, während sich in anderen, zum Theil jedoch auch denselben Individuen, ei-ähnliche Zellen (sehr kernähnlich) hervorbilden sollen; letztere, wie auch bei Amoeba ursprünglich behauptet wurde, ohne Be- ziehung zu dem Nucleus. Dass die angeblichen Geschlechtsprodukte während des Conjugationsactes ausgetauscht würden, wie es als Carter’s Ansicht mehrfach angegeben wurde, scheint mir nicht aus seinen Angaben hervorzugehen. Dagegen scheint er bei Euglypha die Entwickelung der sogen. Spermatozoidenkapseln von vorhergehender Conjugation abhängig zu machen, wie er ähnliches späterhin auch für Difflugia angab. Fraglicher wie bei Amöben erscheint hier bei Euglypha die Bedeutung jener sogen. samenkapsel- und ei-ähnlichen Körperchen, von welchen er die letzteren in ähnlicher Weise auch bei Trinema (56) und Arcella (75. XIII.) beobachtet hat. Für letztere Form scheint es wohl kaum zweifelhaft, dass es sich um Kerne gehandelt hat, von denen Carter Arcella *) Auch bei der interessanten Pelomyxa glaubt Greeff (A. f. mikr. A. X.) einen ähn- lichen Fortpflanzungsprocess wahrscheinlich gemacht zu haben. Hier sollen die aus den Kernen hervorgetretenen Keimkörner zunächst, wie schon früher mitgetheilt wurde, zu den eigenthüm- lichen Glanzkörpern werden. Da er nun gelegentlich zahlreiche kleine Amöben aus einer Pelomyxa hervorbrechen sah, so glaubt er die Glanzkörper jedenfalls als die Sporen der Pelo- myxa betrachten zu dürfen, wenn auch ihr directer Zusammenhang mit den erwähnten kleinen Amöben, die sich z. Th. nach ihrem Hervortreten zu kleinen Flagellaten umbildeten, nicht sicher erwiesen sei. Sporenartige Gebilde, jedoch mit deutlicher Hülle und mit Zellkern führendem protoplasmatischem Inhalt, habe ich bei Pelomyxa beobachtet, ohne jedoch ihre Weiterentwickelung verfolgen zu können. Auch Str. Wright sucht eine vom Nucleus aus- gehende Fortpflanzung bei seiner amöbenartigen Boderia nachzuweisen. Der Protoplasmakörper soll nach vorhergehendem Verschwinden der Nuclei in eine grosse Zahl von navicula-artigen Körperchen (die den Pseudonavicellen der Gregarinen verglichen werden) zerfallen und jedes dieser sich nach einiger Zeit zu einer kleinen Amöbe entwickeln, deren weiteres Verhalten nicht erkannt wurde (s. Journ. Anat, a. Phys. I. 1867). 160 Rhizopoda. höchstens zwei zuschreibt. Für Euglypha und Trinema scheint mir die Entscheidung unsicherer, da neben den erwähnten Körperchen gewöhnlich noch ein ansehnlicher Nucleus beschrieben wird und Hertwig und Lesser die sogen. Körnchenzellen gleichfalls gesehen zu haben angeben, ohne über ihre Natur ins Klare gekommen zu sein. Auch über Difflugia liegen ähnliche Beobachtungen Carter’s vor. Hier soll der Conjugationsact gleichfalls die Einleitung zur Entwickelung der Geschlecehtsprodukte sein. Nach der Trennung entwickeln sich zahl- reiche Kügelehen im Nucleus und es schwinden die Chlorophyll- und Stärkekörner. Hierauf sollen sich die in das Protoplasma ausgetretenen Nucleuskügelchen zu granulirten Körperchen, den Fortpflanzungszellen, entwickeln. Der Nucleus erscheine hierauf sehr erschöpft (effete). Eine direete Weiterverfolgung dieser Fortpflanzungskörperchen gelang nicht, dagegen glaubt er dieselben als kleine Flagellaten, die in der Umgebung seiner Difflugien auftraten, wieder gefunden zu haben und verfolgte schliesslich noch deren Uebergang in Amöben. Durch spätere Beobachtungen hat er jedoch seine Ansicht über die Entwickelung der Geschlechtsprodukte der Difflugien sehr modifieirt. Er fand nämlich bei seiner Difflugia compressa grosse, sogen. Fortpflanzungs- körper neben dem Nucleus im Protoplasma und glaubt daher jetzt, dass dieses die weiblichen Elemente seien, während die früher beobachteten, kleinen granulirten Körperchen wohl männliche, befruchtende Elemente darstellten. Wir haben über letztere, wie aus den obigen Angaben hervorgeht, sehr schwankenden Beobachtungen und Deutungen kaum zu bemerken, dass es in hohem Grad zweifelhaft erscheint, ob hier wirkliche Fortpflanzungs- erscheinungen vorliegen. Ob auch hier nicht vielkernige Zustände zu den vermeintlichen Deutungen Veranlassung gegeben haben, müssen wir vorerst dahin gestellt sein lassen. Ein Zerfall des Kernes in sporenartige Kügelchen, ähnlich wie es Greeff und Carter für gewisse Amöben geschildert haben, wird auch von E. Buck*) als Fortpflanzungsaet des Platoum beschrieben und die direete Entwickelung solcher Sporen zu der ausgebildeten Form zu er- weisen gesucht. Auch für Arcella sucht derselbe Forscher einen ähnlichen Fortpflanzungsprocess wahrscheinlich zu machen. **) Ganz abweichend von allen übrigen seither bekannten Fortpflanzungs- erscheinungen der Rhizopoden wäre nach Gabriel’s Untersuchungen die Vermehrungsart seines Troglodytes zoster (wohl identisch mit der Platoum stercoreum Cienkowsky’s). Wir versuchen in einer Anmerkung das Wesentliche dieses vermeintlichen Fortpflanzungsactes wiederzugeben, *) 2. f. w. Z. XXX. **) Die Ausbildung zahlreicher körnchenartiger Sporen will Maggi auch bei gewissen Amöben beobachtet haben und glaubt, dass die von ihm einmal gesehene Copulation seiner Amöben die Einleitung zu dem Sporenbildungsprocess darstelle. (Rendic. d. R. Istit. Lomb, IX, p. 436.) Wohnortsverhältnisse, 161 müssen jedoch gestehen, dass wir den ganzen Process für sehr unwahrschein- lich halten und die Vermuthung nicht unterdrücken können, dass Gabriel durch postmortale Zerfallsvorgänge, sowie durch Entwickelung von Schizo- myceten getäuscht wurde. *) 7. Biologische Verhältnisse der Rhizopoda, soweit dieselben im Voran- stehenden noch keine eingehendere Beachtung erfahren haben, «. Wohnortsverhältnisse, Die wahre ursprüngliche Heimath der Rhizopoda sind die Gewässer, und zwar sowohl die süssen als die salzigen. Es erscheint hier zwecklos, noch besonders auf den Reichthum der fliessenden und stehenden Gewässer des Binnenlandes, wie der verschiedenen Meere an unseren Rhizopoden aufmerksam zu machen. Was zunächst die specielleren Lebensverhält- nisse der Siüsswasserformen betrifft, so treffen wir dieselben einmal im Bodensatz, im Schlamm, an — dieser bildet sogar für einen Theil, wie die Amöben und amöbenartigen unbeschalten Formen, die eigentliche Heimath — wogegen zahlreiche beschalte Formen mit Vorliebe auch auf Steinen und Wasserpflanzen herumkriechen, ja z. Th. auch, wie dies wenigstens für die Arcellen und Difflugien nachgewiesen ist, sich vorüber- gehend, mit Hülfe der früher erwähnten Gasentwiekelung, an die Oberfläche der Gewässer zu erheben vermögen. Nur wenige Formen jedoch scheinen sich dauernd oder doch zuweilen in fauligen Infusionen zu entwickeln und unter diesen sind hauptsächlich kleinere Amöben zu erwähnen, wo- gegen kleinere Monothalamien nur selten unter solchen Verhältnissen auftreten. Nicht selten hat man jedoch Gelegenheit zu beobachten, dass Formen, deren eigentliche Heimath jedenfalls die süssen Gewässer noch sind oder *) Der dem Platoum von Gabriel zugeschriebene Fortpflanzungsvorgang lässt sich kurz dahin resümiren: 1) Zwei Thiere conjugiren sich vorübergehend; trennen sich hierauf und alsdann tritt 2) eine Auflösung der Körnchen der früher von uns schon erwähnten, mittleren Körnchenzone (des sogen. Zoster Gabriel’s) ein; 3) treten in der Leibesmasse zahlreiche feine, runde Körperchen auf, die sehr lebhafte Bewegungen zeigen und unter Nachlassen der Bewegung allmählich schwinden. Diese Körperchen werden als Befruchtungskörperchen be- zeichnet, ohne dass hierfür ein ersichtlicher Grund vorhanden ist. 4) Bildet sich in der Leibesmasse, die jetzt Keimmasse genannt wird, eine feine Körnelung aus, welche an Chagrin- papier erinnert, und daher als Chagrin bezeichnet wird. Diese Masse ballt sich hierauf etwas zusammen und wird allmählich durch Zerfall der Schale frei. Bei anderen Rhizopoden soll diese Chagrinmasse sich nur aus einem Theil der Leibesmasse entwickeln. 5) Die einzelnen Chagrinkörnchen sind die Keime des Troglodytes. Sie lösen sich durch Zerfall der Masse los und wachsen allmählich heran, erhalten eine ovale Form und eine contractile Vacuole und werden daher als Monostigmaform bezeichnet. 6) Je zwei solcher Monostigmen verschmelzen, zunächst nur theilweise, mit ihren Hinterenden und bilden so die sogen. Diplostigmaforı. 7) Diese bildet sich nun durch allmähliches Wachsthum, Auftreten der sogen. Zosterkörnchen und eines Kernes, und schliessliches völliges Verschmelzen der Vorderenden, sowie Bildung einer Schale, zu dem Troglodytes aus. Bronn, Klassen des Thier-Reichs. Protozoa, 71 162 Rhizopoda. doch früher waren, ausserhalb derselben an Orten, wo ihnen nur ge- nügende Feuchtigkeit geboten wird, ihr Leben fristen. Am auffallendsten dürfte dies für die unbeschalten Formen erscheinen, jedoch bietet das ähnliche, ja noch auffallendere Verhalten der Plasmodien der Myxo- myceten ganz entsprechendes dar. So treffen wir Amöben in feuchtem Sand oder Moos von Bäumen und zwar sowohl am Fusse solcher als in ziemlicher Höhe über dem Erdboden an. Schon Dujardin*) hat sich von solchen Vorkommnissen überzeugt und Greeff**) hat später eine ganze Reihe Amöben, sowie die interessante Amphizonella in feuchtem Sande gefunden, mir selbst gelang es, dieselben Formen im feuchten Moos eines Daches nachzuweisen. Ganz dieselben Erscheinungen bieten uns jedoch auch die beschalten Formen dar, auch von diesen hat schon Dujardin Arcella, Difflugia, Euglypha und andere im Baummoos aufgefunden; auch Ehrenberg hat sich vielfach mit solchen Untersuchungen beschäftigt, so schon 1848 ***) das Vorkommen lebenskräftiger Exemplare von Arcella, Euglypha, Lecythium und Dif- flugia (?) im Dachrinnensand erwiesen, dann namentlich seine Studien auch auf das in beträchtlicher Höhe über dem Erdboden an Bäumen wachsende Moos ausgedehnt7) und auch hier in seinen zahlreichen Ab- handlungen das Vorkommen von Monothalamien vielfach nachgewiesen, obgleich es sich hierbei wohl meist um leere, todte Schalen handelte. In neuerer Zeit hat sich auch Leidyjr) in Nordamerika mit der Unter- suchung ähnlicher Verhältnisse beschäftigt und Difflugia, Euglypha und Trinema unter entsprechenden Verhältnissen gleichfalls lebenskräftig an- getroffen. Dass es sich in diesen Fällen meist um Formen handelt, die durch Winde im encystirten oder zum Theil vielleicht auch nicht en- eystirten Zustand gewissermaassen verschlagen wurden, dürfte keinem Zweifel unterliegen. In dieselbe Kategorie dürfen wir vielleicht auch die von Cienkowsky auf Pferdemist beobachtete Diplophrys stereoreum und das unter ähnlichen Verhältnissen getroffene Platoum stercoreum, sowie den jedenfalls zur gleichen Gattung gehörigen, von Gabriel in feuchter, mit thierischen Ex- crementen durchsetzter Erde gefundenen sogen. Troglodytes rechnen, deren nächste Verwandte ja das süsse Wasser bewohnen. Wenden wir uns jetzt zu einer etwas näheren Betrachtung der marinen Formen, so haben wir zunächst die relativ recht scharfe Abgrenzung derselben von denen des süssen Wassers hervorzubeben. Im Ganzen scheinen nur sehr wenige Geschlechter gleichzeitig im süssen und Salz- wasser vertreten zu sein. Unter diesen ist zunächst der proteischen *) Ann..d.' sc. nat.3. sen I. 18. *=*) Arch. £. mikr. Anat. II. *#°#) Monatsber. d. Berliner Akad. 1848. -r) Ebendaselbst u. M. d. Berliner Akad. 1849, sowie Abhandl. d. Berl. Akad. 1872. “r) Proc. acad. Philad. III. 1877. en. Landlebende, Brackwasserformen etc. 163 Gattung Amoeba zu gedenken, von der ich mit Entz*) wohl annehmen möchte, dass sie mit identischen Arten in beiden Gebieten vertreten ist, jedenfalls aber auch im Meer ein häufiges Vorkommen besitzt. Aehnlich scheint sich nur noch Gromia zu verhalten, die Meeres- und Sisswasser- formen, ja identische Arten in beiden Regionen aufweist. Da jedoch eine Reihe von Meeresformen im Stande ist, eine Vermin- derung des Salzgehaltes bis zu gewissem Grad zu ertragen, umgekehrt dagegen gewisse Süsswasserformen sich an etwas gesalzenes Wasser zu gewöhnen vermögen, so sehen wir solche Meeres- und Süsswasserformen sich in brackischen Gewässern z. Th. begegnen und vermischt leben. So haben die Untersuchungen von Brady und Robertson (89) ergeben, dass in den brackischen Gewässern Grossbrittanniens mehr als ein Drittel der überhaupt vorhandenen marinen Rhizopodengeschlechter vertreten sind und die fehlenden Genera sind z. Th. überhaupt sehr selten oder zweifelhaft. Eine Reihe der gelegentlich vertretenen Formen ist je- doch recht selten, wogegen andere in beträchtlichem Reichthum vorhanden sind. Einige Formen setzen sich sogar bis in Gewässer fort, die zeit- weise nur Spuren von Salz enthalten (so Quinqueloculina, Trochammina, Lituola, Truncatulina, Rotalia, Polystomella und Nonionina), ja die beiden letzterwähnten Geschlechter gehen sogar in reines Süsswasser über. Da gewisse Difflugien auch noch in schwach gesalzenes Wasser hinein- gehen, so treten sie gelegentlich untermischt mit echten Meeresformen auf. Aehnlich hat auch Siddall (114) Difflugien mit Gromia oviformis und Polystomella striatopunetata gemeinschaftlich lebend im brackischen Wasser des Dee angetroffen. Der gleiche Beobachter führt nicht weniger als 62 marine Arten aus dem Brackwasser des erwähnten Flusses auf, doch scheint es mir nicht ganz sicher, ob diese Arten sämmtlich auch wirkliche Bewohner des Brackwassers sind, da die meisten nur als todte Schalen gefunden wurden; die gleiche Bemerkung muss jedoch auch bezüglich der Untersuchungen von Brady und Robertson gemacht werden. **) Was nun die Lebensweise der marinen Rhizopoden betrifft, so wissen wir von früher, dass ein Theil derselben direct festgewachsen, dauernd seinen Standort auf Steinen, Korallen, Muschelschalen, Seepflanzen ete. beibehält; wir brauchen hier nur an die Geschlechter Carpenteria, Poly- trema, Nubecularia und eine Reihe sandschaliger Formen zu erinnern, die exquisite Beispiele dieses Verhaltens darbieten. Eine grosse Zahl anderer Formen hingegen, die sich vorzugsweise in littoralen Regionen entwickelt zeigt, sucht sich gleichfalls einen Wohnort an Seepflanzen, Polypen- stöckehen und dergleichen, ohne sich jedoch dauernd zu befestigen, son- dern nur vermittels der Pseudopodien sich festhaltend und hinkriechend. Hierher zählen namentlich zahlreiche Imperforata, jedoch auch viele Per- *) Naturhist. Hefte f. Zoologie etc. v. Nation.-Mus. in Budapest 1877. 4. H. *#) Bezüglich der Veränderungen, welche die Brackwasserformen in ihrem Schalenbau gewöhnlich zeigen, vergl. weiter unten p. 171. Er ® 164 Rhizopoda. forata, so hauptsächlich die Rotalinen und wohl auch ein ziemlicher Theil der Nummuliniden. Für weitere Formen bildet schliesslich der Meeres- grund den vorzugsweisen Aufenthaltsort; dies gilt wohl ganz besonders für die sandschaligen Formen, jedoch auch zahlreiche kalkschalige. Immerhin ist es schwer, sich nach den bis jetzt vorliegenden Unter- : suchungen ein sicheres Urtheil darüber zu bilden, ob ein solches Leben im Sand und Schlamm der Bodenfläche sehr verbreitet ist, da die meisten Untersuchungen sich eben einfach mit dem Nachweis der todten Schalen begnügten, von denen es doch häufig sehr fraglich erscheint, ob sie da, wo sie zur Deponirung gelangten, auch thatsächlich gelebt haben. Der- selbe Umstand beeinflusst jedoch auch unser augenblickliches Wissen von der Tiefenverbreitung der marinen Rhizopoden sehr, da auch die Unter- suchungen über diese Verhältnisse sich fast durchaus mit der Constatirung des blossen Vorkommens der Schalen begnügten. Im Allgemeinen ist zweifellos die marine Rhizopodenfauna in ihrer grössten Mannigfaltigkeit in der littoralen Zone oder doch nur bis zu mässigen Tiefen entwickelt. So gilt dies fast durchaus für die kalk- schaligen Imperforata und wenn hier auch einzelne Formen in grosse Tiefen hinabsteigen, wie dies z. B. die Miliolinen z. Th. thun, so sind es gewöhnlich ziemlich verkümmerte Exemplare, die dortselbst an- getroffen werden. Zu sehr grossen Tiefen scheinen im Allgemeinen die sandschaligen Formen hinzuneigen, so gibt Brady (115 1.) für eine ganze Reihe der- selben Tiefen von 2000—5000 Faden an, wiewohl auch für eine ziemliche Zahl dieser ein sehr weiter Spielraum der bathymetrischen Verbreitung zu bestehen scheint, da manche von jenen ungeheuren Tiefen bis in ver- hältnissmässig seichtes Wasser hineinragen, wenn auch die meisten mit ca. 300 Faden ihre obere Grenze erreicht zu haben scheinen. Immerhin finden wir jedoch auch eine gewisse Zahl dieser sandschaligen Formen littoral. Die Perforaten entwickeln ihre grösste Mannigfaltigkeit in Tiefen bis zu etwa 300 Faden, doch gehen gewisse Formen bis zu sehr grosser Tiefe hinab. So sehen wir Lagena, die ihre Hauptentwickelung in mässiger Tiefe erreicht, auch noch in sehr grossen Tiefen ziemlich reichlich auf- treten, und eine Reihe von Geschlechtern sind anscheinend vorzugsweise in den grössten Abgründen entwickelt. Hierher gehören namentlich Orbu- lina, Globigerina, Pulvinulina, Pullenia und Sphaeroidina. Es ist nun eine sehr eigenthümliche Erscheinung, dass man sich durch neuere Untersuchungen immer mehr überzeugt hat, dass gerade diese, früher vorzugsweise der Tiefsee zugeschriebenen Formen, auch in sehr geringer Tiefe leben, aber nicht in der nächsten Nähe der Küsten, sondern vielmehr vorzugsweise auf hoher See als pelagische Oberflächen- thiere. Diese hochinteressante Erfahrung, durch welche eine ziemliche Reihe von Rhizopodenformen in ihren Lebensverhältnissen plötzlich in nächsten Anschluss an die ihnen ja auch sonst nahe verwandten Radiolarien Beziehung zu Meerestiefe, pelag. Formen. 165 gebracht werden, ist jedoch keineswegs so sehr neu, wie es häufig dar- gestellt wird. Schon d’Orbigny (29) hatte 1839 seine sogen. Nonionina pelagica (= Hastigerina Murrayi Wyw. Thomson) im paeifischen Ocean pelagisch gefischt; später hat hauptsächlich Major Owen *) unsere Kennt- niss vom pelagischen Leben einer Reihe von Rhizopodengeschlechtern gefördert, indem er eine ganze Anzahl Globigerinen, fernerhin Or- bulina, ausserdem jedoch auch noch die Gattung Pulvinulina mit mehreren Arten an der Meeresoberfläche fischte. Früher schon hatten jedoch auch Macdonald, Wallich, Bailey, Joh. Müller, Pourtal&s, Krohn und Häckel einige hierhergehörige Beobachtungen gesammelt. Eine weitere wich- tige Vermehrung hat schliesslich unser Wissen von diesen Verhältnissen durch die ausgedehnten Erforschungen der Challengerexpedition erfahren, die gerade der Untersuchung dieser Frage ihr Augenmerk vorzüglich zuwendete. Aus diesen von Brady (115 Il.) einer näheren Unter- suchung unterzogenen Ergebnissen der Challengerexpedition hat sich nun herausgestellt, dass von den oben erwähnten, für die Tiefsee be- sonders charakteristischen kalkschaligen Geschlechtern auch noch Pullenia und Sphaeroidina pelagisch gefunden werden. Die Zahl der hiernach überhaupt bis jetzt als pelagisch festgestellten Geschlechter beträgt 9, und zwar gehören diese sämmtlich zu den Perforata und nach der Carpenter’schen Classifikation auch sämmtlich zu der Familie der Globi- gerinida. Es sind nicht weniger als 6 Arten von Globigerina, 1 Orbulina, 1 (oder 2) Hastigeriva, ca. 4 von Pulvinulina und je 1 von Pullenia, . Sphaeroidina, Candeina, Cymbalopora und Chilostomella, also im Ganzen ca. 15 Arten. Unter diesen Formen sind einige, wie Candeina und Chilostomella, sehr selten, wogegen Hastigerina und Cymbalopora zwar an gewissen Orten in grosser Menge auftreten, jedoch eine sehr lokale Verbreitung zeigen. Ueber die besonderen Lebensverhältnisse dieser pelagischen Formen ist bis jetzt kaum etwas festgestellt. Dennoch wollen wir hier auf die Owen’schen Beobachtungen hinweisen, nach welchen diese Wesen den Tag über nicht an der Meeresoberfläche anzutreffen sein sollen, während sie nach Sonnenuntergang erscheinen; auch windiges Wetter soll mehr als Windstille ihr Erscheinen an der Oberfläche begünstigen. Diese Beobachtungen würden demnach darauf hindeuten, dass sie wie die Radio- larien die Fähigkeit besitzen, sich in grössere Tiefe herabzusenken und wieder aufzusteigen. Hiermit steht denn auch in Einklang, dass es durch- aus nicht nur die oberflächlichsten Regionen des hohen Meeres sind, in welchen man die erwähnten pelagischen Formen antrifft, sondern auch mehr oder minder tiefe Regionen. Im Anschluss an diese Beobachtungen hat sich nun, wie leicht be- greiflich, eine vielbesprochene Streitfrage über die Lebensweise der ge- nannten Geschlechter erhoben, namentlich im Hinblick auf ihr gleichzeitiges *) Journ, Linn, Soc. Zool. IX, 166 Rhizopoda. Vorkommen in so sehr beträchtlichen Tiefen. Es ist jedenfalls sehr eigenthümlich, dass gerade diese verbreitetsten pelagischen Geschlechter auch zu den gewöhnlichsten Tiefseeformen gehören und sie es haupt- sächlich sind, die sich in grossen Mengen in den meisten Oceanen in Tiefen von 250 bis ea. 3000 Faden in Form des sogen. Globigerinen- schlammes anhäufen. Die erwähnte Streitfrage ist daher auch als identisch zu betrachten mit der Frage nach der Entstehungsweise des sogen. Globigerinenschlammes. Bei dem grossen Interesse, welches diese Angelegenheit besitzt, dürften an dieser Stelle einige historische Notizen nicht unerwünscht sein. Die erste Nachweisung einer solchen ausgedehnten, hauptsächlich aus Rhizo- podenschalen zusammengesetzten Ablagerung verdanken wir Bailey im Jahre 1848.*) Zunächst wurde dieselbe in mässiger Tiefe gefunden, 1855**) jedoch konnte ihre Verbreitung im nordatlant. Ocean in Tiefen von 1000 —2000 Faden von dem gleichen Forscher constatirt werden. Seit dieser Zeit ist dann die Bildung einer solchen Ablagerung noch in weiterer Verbreitung festgestellt worden und haben wir hauptsächlich wieder durch die Challengerexpedition einen Einblick in die geographische Verbreitung und die Tiefenverhältnisse derselben erbalten.***) Hieraus geht hervor, dass die Bildung dieses Globigerinenschlammes im paei- fischen Ocean eine beschränktere ist, wie im atlantischen, dass im ersteren seine Verbreitung hauptsächlich zwischen 50° s. Br. und 10° n. Br. eingeschlossen ist, während er im letzteren im offenen Ocean stets bis zu 1800 Faden Tiefe in unregelmässig begrenzten Territorien sich vorfindet, wogegen seine Ausdehnung auf grössere Tiefen von bis jetzt noch un- bekannten, besonderen Bedingungen abhängig scheint. Die Frage über die Entstehungsweise dieses Globigerinenschlammes wurde nun entweder in der Weise beantwortet, dass man die pelagischen Formen allmählich nach ihrem Absterben zu Boden sinken liess, während nach der Ansicht der Gegner die betreffenden Rhizopodenformen, also hauptsächlich Orbulina und Globigerina, auf dem Meeresboden jener Tiefen selbst leben über dem Leichenhaufen ihrer Millionen von Brüdern, die ihnen in den Tod vorangingen. Die Entscheidung dieser Frage hat ihre grossen Schwierigkeiten und es darf wohl, ohne dass wir hier die ganze stattliche Reihe von Gründen und Gegengründen, die im Laufe der Zeit beigebracht worden sind, sämmtlich aufführen, zunächst anerkannt werden, dass bis jetzt eine ganz sichere Lösung derselben niebt möglich scheint. Dass die Schalenreste der abgestorbenen pelagischen Formen zu Boden sinken und hier zur Bildung dieses Schlammes beitragen, ist eine Sache, die sich wohl von selbst erklärt, um so mehr, als wir in demselben Schlamm häufig noch Schalenreste anderer pelagischer Thier- und Pflanzen- *) Smithson. contribut. II. 1851. *#) S. Americ. journ. 2. s. XXIII. ***) Proc. Toy. soc. XXYV. Bildungsweise des sogen. Globigerinenschlammes. 167 formen, wie Radiolarien und Diatomeen, antreffen. Es bleibt also haupt- sächlich die Frage übrig, ob die erwähnten Geschlechter neben ihren pelagischen Formen auch Tiefseearten umfassen, oder ob dieselben Arten für beiderlei Lebensbedingungen eingerichtet sind. Was den ersten Punkt betrifft, so scheint es nach den bis jetzt vorliegenden Erfahrungen einigermaassen sicher, dass wenigstens von Globigerina und Pulvinulina (auch Sphaeroidina und Pullenia) gewisse Arten der Tiefsee ausschliess- lich eigenthümlich sind, woraus also die Folgerung gezogen werden darf, dass jene Geschlechter beiderlei Lebensbedingungen gerecht werden können. Immerhin ist jener Punkt nicht so ganz sicher zu entscheiden, da einmal die Beobachtungen über pelagische Formen keine allzuausgedehnten sind und andererseits jene Tiefseeformen bis jetzt keineswegs mit Sicherheit im lebenden Zustand constatirt wurden. Letzteres gilt jedoch überhaupt für die Rhizopoden des Globigerinenschlammes. Zwar haben Ehrenberg, Wallich*) und neuerdings auch Brady (115 II.), wie auch andere, z. Th. noch eine deutliche und frisch erscheinende Sarkodeerfüllung gefunden; dagegen ist es bis jetzt durchaus nicht gelungen, wirkliche Lebens- und namentlich Bewegungserscheinungen jener Sarkodekörper wahrzunehmen, denn die von Wallich angeblich gesehenen, hügelartigen, kleinen Pseudo- podien scheinen in dieser Frage von keiner entscheidenden Bedeutung zu sein. Wenn wir die Erfahrungen M. Schultze’s berücksichtigen, der eine grosse Resistenz und sehr langsame Zerstörung des Sarkodekörpers auch nach dem Tode beobachtet hat (53), so scheint überhaupt der mehrfach erbrachte Nachweis einer Sarkodeerfüllung nur mit Vorsicht verwerthet werden zu dürfen. Durch Wallich und Brady ist ferner hauptsächlich darauf aufmerksam gemacht worden, dass dieselben Arten in der Tiefe durchschnittlich eine bedeutendere Grösse und diekere Schalen besitzen, wie an der Oberfläche, dass es daher nicht wohl möglich sei, die ersteren von den letzteren herzuleiten; doch scheint mir auch dieser Punkt nicht durchaus beweisend zu sein, da gerade die allmähliche Grössenzunabme in Verbindung mit der Verdickung der Schalenwände das allmähliche Sinken der Oberflächenthiere hervorrufen kann, ohne dass dieselben da- durch sofort ihr Leben und Weiterwachsthum einbüssten und hieraus der grössere Reichthum des Bodens an grossen und dickschaligen Formen sich vielleicht erklären liesse. Eine derartige, gewissermaassen zwischen den beiden Extremen vermittelnde Ansicht hat noch Carpenter**) aus- gesprochen, der übrigens an der Lebensfähigkeit der Tiefseeglobigerinen nicht zweifelt, jedoch der Annahme zuneigt, dass die jungen Globigerinen an die Oberfläche aufstiegen, hier eine Zeit lang lebten und alsdann wieder zu Boden sänken; eine Ansicht, die wohl kaum recht plausibel erscheinen dürfte, wenn man sich eine Vorstellung von den Schwierigkeiten *) The north atlantic seabed. Lond, 1862. Deep-sea researches on the biology of Globigerina. Lond. 1876, #*) Proc. roy. soc. XXIII 168 Rhizopoda. und der Dauer der Reise, welche diese jugendlichen Globigerinen durch die 1000-2000 Faden hohe Wasserschicht zu unternehmen hätten, macht. Lassen wir daher hier diese Angelegenheit einstweilen, bis sicherere Beweise nach einer oder der anderen Richtung beigebracht sind, auf sich beruhen, und heben wir nur noch hervor, dass von den Forschern, die sich eingehender mit dieser Frage beschäftigt haben, Ehrenberg, Wallich, Huxley und, wie erwähnt, auch Carpenter und Brady, für die Lebens- fähigkeit der Rhizopoden des Globigerinenschlammes (natürlich nur der oberflächlichsten Schicht desselben) eintreten, wogegen schon Bailey die späterhin hauptsächlich von den Gelehrten der Challengerexpedition, Wyw. Thomson und Murray *) vertheidigte Ansicht von der ursprünglich pelagischen Lebensweise der Rhizopodenformen des Globigerinenschlammes, ausgesprochen hat. Nur selten scheint der Rhizopodenorganismus sich an parasitische Lebensweise gewöhnen zu können und die bis jetzt bekannt gewor- denen, hierherzurechnenden Fälle gehören fast ausschliesslich den Amöben an. Diese scheinen in der That ziemlich häufige Parasiten sowohl bei Wirbelthieren als Wirbellosen zu sein, wenn auch in manchen der be- kannt gewordenen Fälle die Amöbenformen möglicherweise als eine Ent- wiekelungsstufe gregarinenartiger Parasiten angesprochen werden dürften. Der gewöhnliche Aufenthaltsort solcher parasitischer Amöben scheint der Darmkanal zu sein, hier sind sie bei Wirbelthieren sowohl als Wirbel- losen gelegentlich in recht beträchtlicher Menge beobachtet worden. Im Dickdarm des Menschen scheint die sogen. Amoeba Coli Lösch**) sogar unter gewissen Umständen recht nachtheilige Wirkungen hervorrufen zu können und wenigstens ein schon vorhandenes Darmleiden sehr zu ver- schärfen im Stande zu sein. Bei Kaninchen ***) und namentlich Fröschen }) sind gleichfalls gelegentlich solche Darmamöben beobachtet worden und im Darm der Insekten, so hauptsächlich der so parasitenreichen Schaben 7) hat sich ebenfalls die Anwesenheit ansehnlicher Amöben mehrfach con- statiren lassen. Ueber den Parasitismus beschalter Formen liegen bis jetzt kaum sichere Beobachtungen vor, doch gibt E. Buckfjr) an, das Lecythium hyalinum parasitisch sowohl in verschiedenen Räderthieren, Cyelops- larven und Infusorien, als auch den Zellen von Süsswasserpflanzen beobachtet zu haben. Innerhalb der erwähnten Thiere sollen die in Form der früher geschilderten Sporen eingedrungenen Lecythien eine so grosse Verwüstung anrichten, dass sie den Tod derselben bald *) Siehe Proc. roy. soc. XXI—XXV. ##) Lösch, Arch. f. pathol. Anat. 65, siehe namentlich auch Leuckart, Die Parasiten des Menschen II. Aufl. *##) Waldenberg, Arch. f. pathol. Anat. 40. +) Lieberkühn, Arch. f. An. u. Phys. 1854. ++) Bütschli, Zeitschr. f. wiss. Zool. XXX. th) Z. 6. W. ZU EANERG Parasitismus; Nahrung. 169 herbeiführen, worauf sie wieder zum freien Leben übergehen.*) Auch die eigenthümliche Chlamydomyxa lebt nach Archer**) in ihrer Jugend parasitisch im Zellgewebe von Süsswasserpflanzen und soll hier wieder- holte Eneystirungen durchmachen, 3. Nahrungsverhältnisse der Rhizopoda. Da wir die Art der Nahrungsaufnahme unserer Thiere schon bei früherer Gelegenheit hinreichend eharakterisirt haben, so bleibt uns hier hauptsächlich noch die Natur der Nahrung zu betrachten übrig. In dieser Hinsicht lässt sich im Allgemeinen wenig sagen, jedoch scheinen im Ganzen die Rhizopoda ihre Nahrung vorzugsweise aus dem Pflanzenreich zu entnehmen. Einzellige kleine Pflänzehen, wie Diatomeen, Protocoecen und dergleichen, jedoch auch Detritus und Theile mehrzelliger Pflanzen, hauptsächlich Algen, machen wohl ohne Zweifel die Hauptmasse der Rhizo- podennahrung aus, und zwar ebensowohl der Formen des süssen Wassers, wie der marinen. Namentlich letztere scheinen nach den Beobachtungen von M. Schultze besonders auf Diatomeen angewiesen zu sein. Ab- weichende Fälle sind natürlich hier ebensowohl, wie anderwärts vertreten, wir brauchen nur auf die obenerwähnten Vorkommnisse von Parasitismus hinzuweisen, wie ja auch die gelegentliche Aufnahme kleiner Protozo@n als Nahrung keineswegs ausgeschlossen ist. Besondere Schwierigkeiten scheint die Frage nach der Ernährungs- weise der Rhizopoden der Tiefseegründe zu bereiten, was denn auch zu der Aufstellung sehr eigenthümlicher Ansichten geführt hat. Der nächste Weg zur Lösung dieser interessanten Frage wäre natürlich die genaue Untersuchung des Protoplasmaleibes solcher Formen, woraus sich ergeben dürfte, ob und welche Art geformter Nahrung dieselben zu sich nehmen. Bis jetzt scheinen jedoch gesicherte Beobachtungen hierüber kaum vor- zuliegen. Da nun bis jetzt anscheinend keine geeignete Nahrung in jenen Tiefseegründen für unsere Rhizopoden aufgefunden wurde, so haben einige englische Forscher, wie Wallich, Wyw. Thomson ***) und Carpenter}) die Ansicht ausgesprochen, dass dieselben wohl über- haupt nicht mit fester, sondern flüssiger Nahrung ibr Leben fristeten. Im Speciellen hat Wyw. Thomson sich die Existenz flüssiger Nahrung in jenen Tiefseegründen etwa in der Art vorgestellt, dass durch das be- ständige Absterben so grosser Massen mariner Organismen und die allmähliche Zerstörung und Lösung derselben, das Meerwasser stets eine zur Ernährung dieser Formen hinreichende Quantität gelöster organischer *) Die von Lambl (Aus dem Franz-Joseph-Kinder-Spitale Bd. I.) angeblich im Darın- schleime eines Kindes gefundenen Arcellen und Difflugien, werden ohne Zweifel das Resultat einer- Täuschung gewesen sein. #*) (Ju. journ. mier. sc. XV. *#%*) The depth of the sea. Lond. 2. ed. 1574. *+) Proc. roy. soc. XIX. p. 155. 170 Rhizopoda. Substanzen enthalte, ja, wie er sich auch ausdrückt, gewissermaassen eine sehr verdünnte Lösung von Protoplasma darstelle. Mir scheint eine solche Theorie sehr wenig plausibel, hauptsächlich wegen der grossen Verschiedenheit, die sie zwischen so nahe verwandten Formen hinsichtlich der Ernährungsverhältnisse aufzustellen sucht, auch glaube ich nicht, dass thatsächlich so grosse Schwierigkeiten für die Erklärung der Ernährungsverhältnisse der Tiefseerhizopoden existiren. Wie schon Möbius*) sehr wahrscheinlich gemacht hat, dürfen wir voraus- setzen, dass die Zerfallsmassen der abgestorbenen Thier- und Pflanzen- bewohner der seichteren Küstenregionen allmählich nach der Tiefe geführt werden; **) andererseits existirt ja auch in jenen Tiefseeregionen noch thierisches Leben höherer Ausbildungsstufe, von dessen Zerfallsprodukten wohl die Ernährung jener Tiefseerhizopoden vor sich gehen kann, ohne dass wir auf jene Ausflucht der flüssigen, gelösten Nahrungsstoffe zu re- eurriren nöthig hätten. Wie leicht begreiflich, steht diese Frage im innigsten Zusammenhang mit jener früher erörterten: nach der Lebensweise jener massenhaften Tiefseerhizopoden des sogen. Globigerinenschlammes. Wird, wie wir dies für sehr wahrscheinlich halten, zugegeben, dass wenigstens ein grosser Theil der Rhizopoden jenes Tiefenschlammes ursprünglich von der Ober- fläche herstammt und dass die Sarkode noch z. Th. wohl erhalten mit nach jenen Tiefen gebracht wird, so dürfte hiermit eine Erklärung für die Ernährung nicht nur zahlreicher Tiefseerhizopoden, sondern auch höher organisirter Tiefseethiere gegeben sein.***) Auch mag es nicht ganz unwahrscheinlich sein, dass auch der protoplasmatische Leib noch weiterer einzelliger Oberflächenorganismen, wie z. B. der Diatomeen, gleichfalls ähnlich widerstandsfähig ist und auch durch diese in gleicher Weise die Ernährung der Tiefseethiere gefördert wird. ‚, Abhängigkeit der Organisation von äusseren Lebensbedingungen. Y 8ıl5 8 5 Bezüglich dieser, in der Neuzeit mit besonderem Interesse verfolgten Verhältnisse haben die Rhizopoden bis jetzt nur wenig Bemerkens- werthes erkennen lassen. Immerhin sind einige Punkte zur Sprache ge- kommen, die hier kurz berührt werden mögen. *) Z. f. wiss. Zool. XXI. **) Durch die Ohallengerexpedition od in einer ganzen Reihe von Beobachtungen festgestellt, dass thatsächlich Theile von Land- oder Uferpflanzen bis zu Tiefen von 1400 Faden und in weite Entfernung von den Küsten herabgeführt werden. Aehnliches haben auch die Tiefenuntersuchungen von A. Agassiz an der Küste von Florida ergeben. (Vergl. Moseley, Notes of a natur. on the Challenger p. 583 ff.) *#®) Ganz ähnlich spricht sich auch Moseley an eben citirtem Ort aus. Er hat sich von der lange conservirenden Eigenschaft des Meerwassers gleichfalls an Salpen überzeugt und schätzt nach von ihm angestellten Beobachtungen die Zeit, die eine mässig grosse Salpe ge- brauche, um bis zu einer Tiefe von 2000 Faden zu sinken, auf etwa 4 Tage und 4 Stunden, während die Erhaltungsfähigkeit der todten Salpe in Seewasser eine vielmal längere ist. Ernährung der Tiefseerhizopoden; Einf. äusserer Lebensbed. 171 Nach einer Reihe von Erfahrungen scheint die Meerestiefe nicht obne Einfluss auf die Bildungsverhältnisse, namentlich die Grössenentwickelung gewisser mariner Rhizopoden zu sein. Im Allgemeinen scheinen z. B. die vorzugsweise in geringerer Tiefe einheimischen und hier ihre reichste und höchste Entwickelung erreichenden Imperforaten in grösserer Tiefe zu verkümmern und kleiner zu werden. Auch für manche Geschlechter der Perforata scheint sich Aehnliches zu zeigen. Etwas zweifelhaft muss jedoch bis jetzt noch der nähere Grund dieser Verkümmerung in der Tiefe bleiben. Nach den Ergebnissen der neueren Tiefseeforschungen hat es nämlich den Anschein, als wenn diese Erscheinung eher auf die Temperatur-, als auf die gesteigerten Druckverhältnisse in jenen grösseren Tiefen zurückführbar wäre. Es haben sich nämlich in recht beträchtlichen Tiefen (600 Faden) sehr grosse Exemplare von Cornuspira, Biloculina und Cristellaria gefunden, jedoch in wärmeren Meeren, so dass hieraus mit Carpenter, *) wie gesagt, eher die Abnahme der Temperatur als wesentlicher Grund für die erwähnte Verkümmerung angenommen wer- den darf. Verändernd wirkt ferner, wie die directe Beobachtung ergeben hat, die Abnahme des Salzgehaltes auf die marinen Rhizopoden ein, und zwar vorzugsweise auf die Schalenbildung, der jedoch wohl auch hauptsächlich die Aufmerksamkeit zugewendet wurde. Die hierhergehörigen Ergebnisse haben sich bei der Untersuchung der im Brackwasser lebenden Rhizo- poden feststellen lassen und sind, wie wir schon früher zu bemerken Gelegenheit hatten, hauptsächlich Brady (89) und Siddall (114) zu ver- danken. Im Allgemeinen scheint sich aus denselben zu ergeben, dass die kalk- schaligen Formen mit der Abnahme des Salzgehaltes an Kalkgehalt der Schale Einbusse erleiden. Entweder zeigt sich dies nur in einer Abnahme der Wandstärke der Schalen, oder aber in völligem Verluste kalkiger Imprägnation. Die Schale wird rein chitinös, wie solches bei gewissen Miliolinen beachtet worden ist. Auch gewisse sandschalige Formen, wie Trochammina inflata Mntg., sollen unter diesen Verhältnissen das kalkige Schaleneement mehr und mehr verlieren, womit gleichzeitig auch die In- erustirung durch Fremdkörper sich vermindert, so dass auch hier schliess- lich die Schale völlig chitinös werden soll. Von beiden englischen Forschern wird ferner noch angeführt, dass zuweilen bei den Brackwasserformen eine grüne Färbung des Thierleibes durch Chlorophyll zu bemerken sei, eine Erscheinung, die wohl wahr- scheinlicher chlorophyllhaltiger Nahrung, als endogener Erzeugung von Chlorophyll zuzuschreiben sein dürfte. Schon früher **) haben wir der Versuche Wallich’s gedacht, bei den Difflugien auch die allgemeinen Gestaltungsverhältnisse der Schalen von *), A. m. n. h. 4. IX. p. 287. ##) 1 pag. 130. 172 Rhizopoda. äusseren Bedingungen herzuleiten und uns schon gegen die Durehführ- barkeit dieses Versuches erklärt, Ss, System der Rhizopoda, «@. Historische Entwickelung. Bekanntlich herrschten bis zu Dujardin’s bahnbrechenden Unter- suchungen von 1835 und 1841 gänzlich verfehlte Vorstellungen über die Natur und daher auch die Verwandtschaftsverhältnisse der marinen khizopoden, so dass wir erst von dieser Zeit an die Aufstellung eines natürlichen Systemes der hierhergehörigen Organismen erwarten dürfen. Was zunächst die Ordnung als solche betrifft, so hat, wie gesagt, erst Dujardin die Zusammengehörigkeit der Süsswasser- und Meeresformen erkannt und sie in seinem System von 1841 (35) in zwei Familien direct neben einander unter seine II. Ordnung der Infusoires non syme&triques ou asymetriques, die unseren Sarkodina entspricht, gestellt. Die beiden Familien der Amibiens und Rhizopodes sind in einem besonderen Paragraphen im Gegensatz zu dem damals einzig bekannten Genus Ac- tinophrys der Heliozoa vereinigt (wozu jedoch unrichtiger Weise auch noch die Acineten gesellt wurden). 1848*) vereinigte v. Siebold jedoch die beiden Dujardin’schen Familien zu einer Klasse der Rhizopoda, unter welchen er wohl auch die damals bekannten Heliozoön einbegriff. M. Schultze (53) fasste seine Rhizopoda in dem Sinne, wie wir dies in diesem Buche festgehalten haben, obgleich er hierzu einmal durch die Nichtkenntniss der Radiolaria, andererseits durch Zweifel an der Selbst- ständigkeit der Actinophryen bestimmt wurde. Späterhin, nach genauerer Bekanntschaft mit den Radiolarien durch die Untersuchungen Joh. Müller’s, wurden auch diese letzteren, sowie die Heliozoa, sehr allgemein mit unseren Rhizopoda zu einer Klasse Rhizopoda vereinigt, so von J. Müller, **) Claparede und Lachmann (60), Häckel, ***) Carpenter ete., wogegen wir uns hier erlaubt haben, die Bezeichnung Rhizopoda mehr in dem alten Sinne Dujardin’s wieder nur auf einen Theil der Pseudopodien entwickeln- den Protozoön zu beschränken und nur in dem geringfügigen Umstand von Dujardin abzuweichen, dass wir die kleine Dujardin’sche Familie der Amöben gleichfalls mit den Rhizopoden vereinigen. Diese Beschränkung der Bezeichnung Rhizopoda kann um so mehr als gerechtfertigt erscheinen, als die Bedeutung des Ausdrucks im Ganzen doch noch mehr für die von uns hier zusammengefasste Gruppe als für die Radiolaria und gar Heliozoa zutreffend erscheint. Den häufigen Versuch, die d’Orbigny’sche Bezeichnung der marinen Rhizopoden als Foraminifera, die noch von der unrichtigen Vergleichung *) Lehrbuch der vergleichenden Anatomie wirbelloser Thiere von Siebold. *#*) Abh. d. Berl. Ak. 1858. ###* Monogr. d. Radiolaria. 1862. BEWN Systemat. Auffassung der Rhizopoda; Hauptuntergruppen. 173 dieser Formen mit den Uephalopoden hergenommen ist, auf die Gesammt- heit unserer Rhizopoda auszudehnen, halten wir für wenig nachahmens- werth, da dieser Name, abgesehen von seiner ursprünglichen Verfehltheit, für eine ganz ansehnliche Reihe von Formen in keiner Weise irgend eine Bedeutung besitzen kann. Nachdem wir uns so über die Ordnung als solche orientirt haben, fragt es sich, wie dieselbe in grössere Untergruppen oder Unterordnungen zerlegt wurde und auch hierfür finden wir die ersten Andeutungen, denen wir noch heute folgen, bei Dujardin. Es sind die beiden Familien Dujardin’s, die wir zu unserer „Rhizopoda“ zusammenziehen, nämlich die Amibiens und die eigentlichen beschalten Rhizopoden, welche auch wir, zunächst aus mehr praktischen wie zwingenden, natürlichen Gründen, in gleicher Weise unterscheiden. Aehnlich hat auch schon M. Schultze seine Rhizopoda in 2 Unterabtheilungen, nämlich Nuda und Testacea, zerfällt. Dieselben beiden Abtheilungen treten uns auch späterhin wieder in dem System von R. Hertwig als Unterabtheilungen der Rhizopoda (im weiteren Sinne) entgegen, nur hat Hertwig die Testacea Schultze’s in Thalamophora umgewandelt. *) Häufig wurde der Versuch gemacht, die mit contractilen Vacuolen und nach den früheren Untersuchungen auch allein mit Kernen versehenen Süsswasserrhizopoden schärfer von den marinen Formen zu scheiden; so hat schon Joh. Müller 1858 die Ersteren (einschliesslich Actinophrys) als Infusoria rhizopoda sämmtlichen übrigen Rhizopoda (seinen Rhizopoda genuina) gegenübergestellt; auch Claparede fasste diese Süsswasserformen als Ordn. Proteina seiner Rhizopoda (= Sarkodina) zusammen, erhob aber gleichzeitig auch die Gromida neben den übrigen marinen Formen (seinen Foraminifera) zu einer besonderen Ordnung. Bei Stein (und Reuss) **) treten die Claparede’schen Rhizopoda proteina neben den Foraminifera d’Orb. als die beiden Ordnungen unserer Rhizopoda gleichfalls auf, wäh- rend Häckel 1862 diese Proteina als Rhizopoda sphygmica (mit contractiler Blase) von den Rhizopoda asphyeta (ohne solche Blase) unterschied. Ein anderes Eintheilungsprineip ist von Carpenter 1562 (74) geltend gemacht worden. Er zerlegt unsere Rhizopoda nach der Beschaffenheit ihrer Pseudopodien in die beiden Abtheilungen der Lobosa und Retieularia. Auch F. E. Sehulze (101. VI.) adoptirt diese Untertheilung, die überhaupt viel Anklang gefunden hat. Wir haben schon früher mit Hertwig und Lesser ***) darauf hingewiesen, dass wir wegen der Unmöglichkeit, eine auf diesem Prineip beruhende Scheidung mit einiger Schärfe durchzu- führen, der Eintheilung in Amoebina (oder Nuda) und Testacea (oder Thalamophora) den Vorzug geben, wenn wir auch gestehen müssen, dass diese Eintheilung ebensowohl auf Schwierigkeiten stösst, wie die *) Vergl. Jenaische Zeitschr. X. und Organismus der Radiolarien. 1879, *®) (65). *##) S, (99), 174 Rhizopoda. erstere. Wir verlassen hiermit die Betrachtung des Entwickelungsganges der systematischen Bestrebungen auf dem Gebiet der Rhizopoda und werden dieselbe späterhin bei der Charakterisirung der Untergruppen noch weiter fortzusetzen haben. Es bleibt uns jedoch noch eine wichtige, allgemein systematische Frage zur Erörterung übrig, nämlich die nach dem Umfang und der Con- stanz des Artbegriffes im Bereich der Rhizopoda. Aus den Erfahrungen zahlreicher Erforscher der verschiedenen Abtheilungen der Protozoänwelt, scheint im Allgemeinen hervorzugehen, dass die Beständigkeit der Art- charaktere auf dieser niedersten Stufe thierischen Lebens nicht viel ge- ringer ist, als bei den höheren Gruppen. Es hat sich dies speciell auch durch die älteren und neueren, recht zahlreichen Erfahrungen über die Rhizopodenfauna des süssen Wassers bewährt. Hier erkennen die meisten Forscher eine ziemliche Beständigkeit der Artcharaktere und hiermit die Möglichkeit, Arten überhaupt mit einiger Schärfe zu unterscheiden, an. Sehen wir ab von so proteischen und in keiner Weise ausreichend stu- dirten Formen wie die Amöben, so bleibt uns nur ein Süsswassergenus, wo ähnlich, wie dies durch Parker, Jones und Carpenter für die marinen Formen festgehalten wird, eine Unterscheidung von scharfbegrenzten Arten überhaupt nicht möglich sein soll, nämlich bei Difflugia nach den Untersuchungen von Wallich.*) Dieser Forscher will nicht nur die eigent- lichen Difflugien, sondern auch die Angehörigen der Gattungen Quadrula und Arcella sämmtlich zu einer Art gerechnet wissen, da alle die ver- schiedenen Formen durch Uebergänge aufs innigste mit einander verknüpft seien. So wenig nun auch die grosse Variabilität in der eigentlichen Gattung Difflugia geleugnet werden kann, wie dies auch schon Lachmann **) hervorhob, so kann man doch nur mit Archer***) die Ansichten von Wallich für viel zu weit gehend erachten, ja es dürften sich in der Gat- tung Difflugia selbst doch wohl noch einigermaassen fixirte Arten unter- scheiden lassen. Wie schon gesagt, ist jedoch die Lehre von der Un- möglichkeit der Artunterscheidung in dem gewöhnlichen. Sinne zuerst durch Parker, Jones und Carpenter für die marinen Rhizopoden geltend gemacht worden (73). Nach den sehr ausgedehnten Erfahrungen dieser Forscher ist die Unterscheidung distineter Arten eine völlige Unmöglich- keit, wenigstens in dem Sinne, in welchem der Artbegriff bei höheren Abtheilungen gewöhnlich aufgefasst wird. Die einzig mögliche Art der systematischen Gruppirung der so variablen marinen Formen sei die Zu- sammenfassung und Aneinanderreihung der um eine besonders aus- gesprochene Form sich gruppirenden mehr oder minder abweichenden Gestalten zu einer generischen Abtheilung, in welcher dann z. Th. noch eine Anzahl von Subgenera zu unterscheiden sein dürften. Handelte es *).A. m. meh, 2 KU **) Verh. d. nat.-hist. Vereins d. preuss. Rheinl. XVI. *#*) ()u. journ. micr, sc. VI, p. 185. Artbegrilf bei Rhizopoda. 175 sich um eine thatsächliche Feststellung der mit den Species höherer Ab- theilungen zu vergleichenden Formreihen der marinen Rhizopoden, so seien dies jene generischen Abtheilungen, jedoch nicht die von früheren Autoren beschriebenen Arten, noch die auch noch weiterhin, aus praktischen Gründen, mit binomischen Bezeichnungen belegten, speeielleren, schwanken- den Formen, sondern es hätten diese letzteren höchstens den Werth von Varietäten. Wie schon hieraus hervorgeht, konnten die genannten eng- lischen Forscher doch nicht vermeiden, aus mehr praktischen Gründen ihre umfassenden, sogen. generischen Abtheilungen in eine grosse Anzahl von sogen. Arten und häufig auch Subgenera zu zerlegen. Auf dem Continent, wo namentlich von Seiten der Paläontologen das Studium der fossilen Schalenreste der Rhizopoda mit grossem Eifer be- trieben wurde, hat sich diese Auffassung der englischen Forscher niemals rechten Beifall erworben, sondern dieselben haben (wie Reuss, Gümbel, Schwager und Andere) an der früheren Auffassung und Unterscheidung der Arten festgehalten. Es ist nicht zu leugnen, dass durch diese Verschiedenheit der Auf- fassungen die systematische Bearbeitung der marinen und fossilen Rhizo- poden eine z. Th. sehr verwirrte geworden ist, so dass von dem einen Forscher eine Formreihe mit der binomischen Bezeichnung der Art ver- sehen wird, die von Anderen kaum als Varietät betrachtet wird, oder von denselben Forschern heute Varietäten zu Arten gemacht werden, die ein anderes Mal wieder eingezogen werden. Auch die Anwendung der sogen. subgenerischen Bezeichnungen wird sehr frei gehandhabt, so dass, wie bemerkt, die Verwirrung der Synonymik und die Unsicherheit der Feststellung der sogen. Arten auf unserem Gebiet wohl einen so hohen Grad erreicht hat, wie es kaum in einer anderen Abtheilung der Thier- welt der Fall sein dürfte. Dass unter solchen Bedingungen Aufgaben, wie die Ermittelung der geographischen Verbreitung oder der paläonto- logischen Entwickelung auf bis jetzt kaum zu bewältigende Hindernisse stossen müssen, dürfte ohne weitere Auseinandersetzungen genügend erhellen. Bevor wir zu der speciellen systematischen Betrachtung der Rhizo- poden übergehen, möge hier noch mit wenigen Worten die Mannigfaltig- keit der Ausbildung dieser Gruppe durch einige Zahlenangaben etwas näher erläutert werden. Nach den von mir gefertigten Zusammenstellungen erhebt sich die Zahl der bis jetzt mit hinreichender Sicherheit unterschie- denen lebenden Arten (die Art in dem oben näher erläuterten Sinne auf- gefasst) auf ca. 650-700. Die Vertheilung derselben auf Süsswasser und Meer ergibt sich folgendermaassen: ca. 100 Arten gehören dem Süsswasser oder überhaupt dem Festlande an, während auf die Meeresfauna ca. 550 bis 600 Arten zu rechnen sind.*) Ich habe mich bei dieser Zusammen- *) Die Zahl der zu den einzelnen systematischen Abtheilungen gehörigen Arten ergibt sich dem Leser leicht aus den für die einzelnen Gattungen, soweit es möglich war, namhaft gemachten Artzahlen, 176 Rhizopoda. stellung auf die lebenden Arten beschränkt, weil dieselben unser Interesse hier zunächst in Anspruch nehmen und weil eine entsprechende, einiger- maassen kritische Sichtung der ausgestorbenen Formen bei dem oben er- wähnten Stand der Dinge Schwierigkeiten bereiten würde, die in keinem Verhältniss zu dem zu erzielenden, ohne Zweifel doch sehr problematischen Resultate stünden. 8. Vebersicht des Systemes der Rhizopoda mit kurzer Charakteristik der Abtheilungen bis zu den Gattungen hinab. Ordnung Rhizopoda, Dujard. (1835) 1841, emmend. Bütschli. Rhizopodes + Amibiens Duj. 1841, Rhizopoda v. Siebold 1548, Rhizopoda M. Schultze 1854, Infusoria rhizopoda + Polythalamia Joh. Müller 1858, Proteina pr. p. + Gromida + Foraminifera Clapar&de 1858; Stein (Reuss) Rhizopoda proteina + Foraminifera 1861; Amoe- bidae + Acyttaria Häckel 1862; Lobosa + Reticularia Carp. 1862; Moneres pr. p. + Laby- rinthulea (?) + Protoplasta (— Gregarina) + Acyttaria Häckel 1868; Sarkodina (— Heliozoa) Hertwig u. Lesser 1874; Lobosa + Reticularia + Rhizopoda innucleata pr. p. F. E. Schulze 1877; Moneres pr. p. + Amoebina + Thalamophora R. Hertwig 1879. I. Unterordnung Amoebaea, Ehrbg. 1830. Amoebina Duj. 1841, v. Siebold 1848, Nuda M. Schultze 1854, Infusoria rhizopoda Joh. Müller 1858, Amoebina pr. p. Claparede 1858; Gymnica pr. p. Stein 1861, Amoebidae pr. p. Häckel 1862, Amoebina pr. p. Carpenter 1862, Gymnomoneres pr. p. + Gymnamoeba pr. p. Häckel 1866; Rhizopoda innucleata pr. p. + Amoebidae F. E. Schulze 1877; Gymno- moneres + Gymnamoebae Hertwig 1879. Char. Nackte Rhizopoda von meist unbeständig wechselnder Gestalt, mit Pseudopodien von loboser oder reticulärer, selten hingegen mehr strahlenartiger Bildung. Mit oder ohne Kerne und contractilen Vacuolen. 1. Familie. Amoebaea lobosa. Char. Pseudopodien von loboser Gestaltung oder doch ohne Netz- bildung. (Die Scheidung dieser Formen von der folgenden Familie mit reticeulaten Pseudopodien wird sich ebensowenig durchführen lassen, als solches bei den beschalten Formen der Fall ist, dennoch glaube ich diese Sonderung einer etwaigen Theilung in Nucleata und Innucleata vorziehen zu sollen.) Protamoeba, Häckel 1866 (84); Maggi (R. Istit. Lomb. Rendie. X.), Mereschkowsky (118). Lobose, kleine Amöben ohne Kern und contractile Vacuolen. Fort- pflanzung angeblich nur durch Zweitheilung im beweglichen Zustand. Sisswasser und Meer. Zahl der unterschiedenen Arten ca. 4—6. Gloidium, Sorokin 1878 (Morph. Jahrb. IV.). Unterschieden von Protamoeba durch Besitz von eontractiler Vacuole und die Fortpflanzung durch simultane Viertheilung im beweglichen Zustand. Eneystirung ohne Vermehrung beobachtet. Süsswasser. 1 Art. Amoeba, Aut. (emmend. Bütschli) (II. 1—5); Auerbach, Z. f. w. Z. VIL; Wallich, A. m. n. h. 3. XI. XII.; Carter, ibid. XII.; Greeff, Arch. System. 177 f. mikr. A. IL; Leidy, Proe. Ae. Philad. 1874, 77; Frommentel, Etud. sur les mierozoaires etc. Paris 1874; Mereschkowsky (118). Synon. Proteus Rösel und OÖ. F. Müller pr. p., Corycia Dujard, (?), Trichamoeba Frommentel pr. p., Oouramocba Leidy pr. p., Lithamoeba R. Lankester (Qu. journ. mier. sc. 1879). Kernhaltig; stumpf lobose, selten etwas verästelte oder spitzige und zerschlitzte Pseudopodien. Zuweilen auch ohne eigentliche Pseudopodien- entwickelung sich fliessend bewegend. Contractile Vacuolen vorhanden. Fortpflanzung durch Zweitheilung im beweglichen Zustand. Encystirung bis jetzt ohne Vermehrung beobachtet. Süsswasser und Meer. Zahl der unterschiedenen Arten sehr beträchtlich, von denen jedoch höchstens etwa ein Dutzend einigermaassen wohl charakterisirt erscheinen. ?* Chaetoproteus, Stein 1857 (Sitz.-B. d. k. böhm. Ak. X.). Synon. Dinamoeba Leidy (Proc. acad. Phil. 1874, 77). Von Amoeba durch Besatz der Leibesoberfläche und der Pseudopodien mit kurzen, stachelartigen Fortsätzen unterschieden. Süsswasser. 1 oder 2 Arten. (Fraglich, ob von Amoeba zu trennen.) Hyalodiscus, Hertwig und Lesser 1874 (99). Synon. Amoeba (Guttula) Duj. und Auerbach, Scheibenförmig, ohne Entwiekelung eigentlicher Pseudopodien sich fliessend bewegend mit Erhaltung der Gestalt. Kern und contractile Vacuolen (ob immer?) vorbanden. Süsswasser. 1—2 Arten. Plakopus, F. E. Schulze 1875 (101) (II. 14). Synon. Hyalodiscus Mereschkowsky (118). Statt der gewöhnlichen Pseudopodien Entwickelung schwimmhaut- artiger Plattenfortsätze, die sich allseitig erheben können und in geraden Kanten zusammenstossen. Zuweilen jedoch auch in hyalodiscusartigen Zustand übergehend. Kern und contraetile Vaeuolen vorhanden. Süss- wasser. 2 Arten. Daetylosphaera, Hertw. u. Lesser 1874 (99) (I. 10—12). Synon. Amocha (radiosa, Perty, Auerbach etc.; polypodia M. Schultze, F. E. Schulze). Finger- oder strahlenartige Pseudopodien allseitig radienartig vom rundlichen Körper ausstrahlend und zuweilen schwach geisselartig beweg- lich. Nach Einziehung der langen Pseudopodien zuweilen durch kurze, bruchsackartige sich bewegend. Süsswasser. Artzahl ca. 2--3. ? Podostoma, Clap. u. Lachm. 1858; Bütschli (Z. f. w. Z. XXX.); Maggi (Rendiec. R. Ist. Lomb. 2. IX.); Cattaneo (Atti soe. ital. d. se. n. XXI.). Sehr ähnlich Dactylosphaera (speciell D. radiosa); jedoch die zeit- weise entwickelten, strahlenartigen, langen Pseudopodien heftiger, geisseln- der Bewegung fähig; sie dienen zur Nahrungsaufnahme. 1 Art. Stüss- wasser. (Fraglich, ob von Dactylosphaera zu trennen.) Pelomyxa, Greeff 1874 (Arch. f. mikr. A. X.) (II. 6). Synon, Pelobius Greeff 18970. Vergl. Archer (Qu. journ. m, sc, 1571), F. E. Schulze (101, IV.). Bronn, Klassen des Thier-Reichs. Protozoa. 19% 178 Rhizopoda. Amöbenartig, sehr gröss (bis 2 Mm. Durchmesser); Bewegung durch bruchsackartige, stumpfe Fortsätze. Sehr grosse Zahl von Kernen und sogen. Glanzkörpern, sowie gewöhnlich kleine, stäbehen- oder bacterien- artige Körperchen einschliessend. 1 Art. Süsswasser. Amphizonella, Greeff 1866 (Arch. f. mikr. A. II.) (II. 7). Synon. ? Amoeba (Auerbachii) Lachm. (Verh. nat.-h. Vereins pr. Rheinl. XVL). Amöbenartig, mit ziemlich dicker, gallertartiger Hülle, die von den hyalinen, kurzen, fingerartigen Pseudopodien durchbrochen wird. Feuchte Erde, Süsswasser (?). 2 Arten etwa. 2. Familie. Amoebaea reticulosa, Btschli. Mit netzbildenden, meist allseitiig vom Körper entspringenden Pseudopodien. (Die Beziehungen dieser Formen, namentlich der Pro- tomyxa, scheinen nach den Myxomyceten hinzuweisen, so dass ihre Hierherstellung bis jetzt keineswegs als völlig gesichert betrachtet werden darf.) Gymnophrys, Cienk. 1876 (104a). Kleiner, ovaler bis unregelmässiger Protoplasmakörper, farblos, ohne Kerne und contractile Vacuolen. Pseudopodiennetze von wenigen, an beliebigen Stellen der Körperoberfläche sich entwickelnden, ziemlich an- sehnlichen Stämmen entspringend. 1 Art. Marin und Süsswasser. Boderia, Str. Wright 1867 (Journ, Anat. a. Phys. 1.). Ziemlich ansehnlicher, nackter (?)*) veränderlicher Protoplasmakörper, mit 1 bis zahlreichen Nuclei und mehr oder weniger zahlreichen, Netze bildenden, sehr langen Pseudopodien, ähnlich Gymnophrys. (Abgesehen von der Anwesenheit der Kerne, scheint sich diese Form sehr nahe an die vorhergehende anzuschliessen.) 1 Art. Marin. Protomyxa, Häckel 1868 (84) (I. 1). Unregelmässiger, kernloser, bis 1 Mm. im Durchmesser erreichender Protoplasmaklumpen, von dem zahlreiche dicke, vielfach baumförmig ver- ästelte und anastomosirende Pseudopodien ausgehen. Fortpflanzung durch Eneystirung und Zoosporenbildung. 1 Art. Marin. Myxodycetium, Häckel 1868 (84). Zahlreiche, Protomyxa ähnliche, kernlose Einzelindividuen zu Kolo- nien durch Anastomosirung ihrer Pseudopodien vereinigt. Fortpflanzung ? (Kenntniss bis jetzt sehr mangelhaft). 1 Art. Marin. Protogenes, Häckel 1864 (Z. f. w. Z. XXVL). Kugeliger, bis unregelmässig scheibenförmig ausgebreiteter, Kernloser Protoplasmakörper mit sehr zahlreichen feinen, verästelten und anastomosi- renden Pseudopodien. Fortpflanzung soll nur durch Zweitheilung geschehen, jedoch Kenntniss des Organismus bis jetzt sehr mangelhaft. 1 Art. Marin. *) Wright schreibt zwar seiner Boderia eine „sehr zarte, farblose, membranartige Hülle“ zu, jedoch scheint mir die Anwesenheit einer solchen sehr unwahrscheinlich, auch zeigen die Abbildungen nichts davon, System. 179 Anhang zu der Unterordnung der Amoebaea. Bathybius, Huxley (Quart. journ. mier. sc. VIII); Häckel (84); Gümbel (Neues Jahrb. f. Mineralogie 1870); W. Thomson (The depth of the sea, 2. ed. 1874); Bessels (Protobathybius), Jenaische Zeitschrift Bd. IX.; American naturalist T. IX.; Die amerik. Nordpolexpedition. Leipz. 1879, p. 320—21; Wallich, Ann. mag. nat. h. 4. ser. Vol. II. u. VI; Häckel, Kosmos Bd. I.; W. Thomson, Proc. roy. soc. Bd. 23. Problematischer, sehr einfacher protoplasmatischer Organismus, ohne Kerne und Vacuolen, der in ausgedehnten Massen, gewissermaassen Schleimnetze bildend, den Grund des Meeres, hauptsächlich in den hoch- nordischen Regionen, bedecken soll. Die ursprünglich dem Bathybiusschlamm als eigenthümliche Inhalts- körper zugeschriebenen sogen. Coceolithen (Discolithen und Cyatho- lithen Huxley) (I. 2—3) haben sich bald als in keiner Weise diesem direct angehörig erwiesen. Es sind übrigens diese Coccolithen schon viel früher hauptsächlich durch Ehrenberg*) (zuerst 1836) als wesentliche Bestand- theile der Kreide, wie auch im Meeresschlamm nachgewiesen worden (Kreide-Morpholithe, Krystalloide). Hierzu gesellten sich dann 1860 die von Wallich zuerst**) beschriebenen sogen. Coccosphaeren (I. 6). Es sind dies rundliche oder eiförmige, zellähnliche Bläschen von 0,003 bis 0,032 Mm. im Durchmesser, die nach Wallich von einer äusseren, festen Membran gebildet werden sollen, auf deren Innenfläche mehr oder weniger zahlreiche Coceolithen anhaften und gewissermaassen die Kugel aufbauen. Ö. Schmidt ***) beschrieb als weitere ähnliche Kalkgebilde des Bathybius- schlammes die sogen. Rhabdolithen (I. 4), kleine stäbchenförmige Körper- chen, die z. Th. einem coccolithenartigen Scheibehen aufsitzen. Die neueren englischen Untersuchungen haben dann ergeben, dass auch diese Rhabdolithen zu Rhabdosphaeren vereinigt getroffen werden f) (I. 7) und dass, wie dies früher schon von Wallich dargestellt wurde, sowohl Coceosphaeren wie Rhabdosphaeren ihre eigentliche Heimath an der Oberfläche der hohen See haben, wie es denn auch nach diesen Ergebnissen wohl völlig sicher erscheint, dass, wie schon Sorby ff) und Wallich behaupteten, die freien Coccolithen und Rhabdolithen aus dem Zerfall der Coceo- und Rhabdosphären herzuleiten sind. Sehr fraglich erscheint jedoch noch immer die Natur dieser Kalk- gebilde. Die meisten Anhänger zählt jetzt wohl die von Carterfjr) und *) Vergl. hier M.-B. d. Berl. Akademie 1836, Abhandl. der Berl. Akademie 1838, M.-B. d. Berl. Ak. 1840, Mikrogeologie und Nr. 95. **) A, m. n. h. 3. VII. (s. auch 3. XI.) und Notes on the pres. of anim, life at vast deapth etc. Lond. 1860 u. schliessl. A. m. n. hı. 4. XIX, ###) Sitz.-B. d. Wien. Ak. LXII. 1870. ++) Proc. roy. soc. XXV. +r) A. m. n. h. 3. VII tr) A: m. n. h. 4. VI, 180 Rhizopoda. ähnlich auch W. Thomson *) entwickelte Ansicht, dass die Coccolithen als einzellige Kalkalgen zu betrachten seien, die Coccosphaeren hingegen als die Sporangien dieser Algen. Mir scheint jedoch der Beweis für eine solche Auffassung bei weitem nicht auch nur annäbernd erbracht zu sein. Dagegen müssen wir hier darauf aufmerksam machen, dass Harting in künstlicher Weise, nämlich durch sehr langsame Fällung von kohlensaurem Kalk, bei Gegenwart von eiweissartigen, thierischen Substanzen, zahlreiche Kalkgebilde hergestellt hat (I. 5), die eine grosse Aehnlichkeit mit den Cocco- lithen besitzen.**) Hiernach ist die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass es sich bezüglich der Coccolithen vielleicht überhaupt nicht um im lebenden Organismus erzeugte Gebilde oder gar selbst Organismen handelt, sondern um natürliche Kalkconcretionen bei Gegenwart organi- scher Stoffe, eine Ansicht, die von Ehrenberg stets vertreten wurde. Was den Batbybiusschleim selbst betrifft, so schien dessen Natur durch die angeblich von Carpenter und W. Thomson constatirte Proto- plasmabewegung desselben gesichert.***) Dagegen ist nun jedoch die ganze Frage durch die neueren Beobachtungen von W. Thomson und den übrigen Zoologen der Challengerexpedition wieder zu einer sehr zweifelhaften geworden. Es wollen sich nämlich die genannten Forscher jetzt überzeugt haben, dass der vermeintliche Bathybiusschleim nichts weiter sei, als durch Zusatz starken Alkohols aus dem Meerwasser ge- fällter feiner Schlamm von schwefelsaurem Kalk, der durch sein Ver- halten gegen Färbungsmittel und sein mikroskopisches Aussehen eine Ver- wechselung mit Protoplasma wohl möglich mache. Huxley hat hierauf seine frühere Ansicht über den Bathybiusschlamm gleichfalls zurückgezogen. Dem gegenüber will nun aber Bessels während der nordamerikanischen Polar- expedition im Smithsund (92 Faden Tiefe) bathybiusartige Protoplasma- massen aufgefunden haben, denen er den Namen Protobathybius Robert- soni gibt. Dieselben bildeten maschenartige Netzwerke mit prächtiger amöboider Bewegung und Körnchenströmung, nahmen Karminkörnchen auf und enthielten keine Coceolithen. Auf diese Beobachtungen von Bessels gestützt, bekämpft Häckel7) die neuere Auffassung Thomson’s und kommt zum Schluss: der Bathybius sei wohl lokal beschränkt und nur in den nördlichen Meeren verbreitet. Den Protobathybius von Bessels hält er für identisch mit dem Bathybius Häckelii. Wenn nun auch wohl kein berechtigter Zweifel an der plasmodium- artigen Natur des von Bessels beobachteten Organismus erhoben werden darf und hiernach die Existenz eines mit den früheren Schilderungen des Bathybius ziemlich übereinstimmenden, rhizopodenartigen Organismus am Grunde gewisser Meere nicht in Abrede gestellt werden darf, so ist da- *) The depth of the sea. 2. ed. 1874. *#*), Harting, Rech. de morphol. synth£t. etc, Naturk. Verh. d. kon. Akad. Deel XIV. ##%) W, Thomson |. c. 7) Kosmos, herausgeg. von Caspary, I. er ag System. 181 gegen bis jetzt keine sichere Gewähr vorhanden, dass der arsprünglich untersuchte sogen. Bathybiusschleim wirkliche Protoplasmassen enthalten habe. Nach der von Gümbel (s. oben) vorgenommenen Analyse eines solchen von Huxley ihm übergebenen Bathybiusschlammes enthielt derselbe nur 3,05 °/, organischer Substanz (jedoch auch bemerkenswerther Weise gar keine Schwefelsäure, dagegen 20 °/, Kieselsäure). I. Unterordnung. Testacea, M. Schultze’1854. (Thalamophora, R. Hertwig 1876.) In diese Unterordnung stellen wir, wie schon früher bemerkt, sämmt- liche beschalten Rhizopoden ohne Rücksicht auf die Bildungsverhältnisse der Schale, also auch die mit weniger wohl ausgebildeter Hülle versehenen amöbenartigen Formen, die von R. Hertwig nach dem Vorgang Häckel’s als Lepamoeba unter die Familie der Amoebina gebracht werden. Es ist ferner- hin schon mehrfach hervorgehoben worden, dass auch eine scharfe Trennung zwischen den unbeschalten und beschalten Formen nicht wohl zu bewerk- stelligen ist, indem die Ausbildung einer Schalenhülle sehr allmählich zu Stande kommt und daher eine Anzahl Mittelglieder von unentschiedener oder doch bis jetzt noch zweifelhafter Stellung sich finden müssen. Wir haben dieselben hier, insofern sie sich an sicher beschalte Formen näher anschliessen, mit diesen zusammengestellt. Als eine natürliche Gruppe betrachtet zu werden, kann die grosse Abtheilung der Testacea gewiss nicht beanspruchen und geben wir gern zu, dass dieselbe wohl sicher von verschiedenen Punkten aus ihren Uır- sprung von den Unbeschalten genommen haben wird. Die grossen Schwierigkeiten jedoch, welche sich der Begründung wahrer verwandt- schaftlicher Zusammenhänge, bei der geringen Zahl und der Wandelbarkeit der verfügbaren Charaktere, entgegenstellen, mag es rechtfertigen, dass wir hier von einem Versuch, die Ableitung der beschalten Formen von den verschiedenen Typen der Unbeschalten in der Classifikation zum Ausdruck zu bringen, vorerst Abstand genommen haben. Wir glauben am besten an dieser Stelle eine kurze historische Ueber- sicht der von d’Orbigny festgehaltenen Classifikationsprineipien der be- schalten marinen Rhizopoden mittheilen zu sollen, denn nur solche bilden in den zahlreichen Werken dieses Beobachters der Gegenstand seiner Untersuchungen. Ursprünglich (22) hat er nur polythalame Schalen gekannt und daher auch nur solche in seinem System von 1826 bertück- sichtigt. Die Basis seiner systematischen Anordnung bildete die Art des Aufbaus der polythalamen Schalen, die Gruppirungsweise der Kammern; so blieb von ihm der Unterschied zwischen Imperforata und Perforata völlig unberücksichtigt, wie auch andererseits zahlreiche Formen auf Grund der ähnlichen Zusammengruppirung der Kammern nebeneinander- gestellt wurden, welche die spätere Forschung als zu verschiedenen Reihen gehörig erwiesen hat. Nachdem ihm späterhin auch die einkammerigen 182 Rhizopoda. Formen bekannt geworden waren, erhob er diese zu einer Abtheilung der Monostegia. Die mehrkammerigen vertheilte er dagegen in folgende Abtheilungen: 1. Stichostegia, mit in einer einzigen, nicht spiralen Axe aufgereihten Kammern, die heutigen Nodosarien und Verwandten umfassend. 2. Die Enallostegia mit Kammern, die ganz oder theil- weise alternirend nach zwei oder drei Axen in verschiedener Weise zusammengruppirt sind, jedoch ohne regelmässige spiralige Anordnung. Hier finden wir hauptsächlich Textularia und Verwandte, jedoch auch Polymorphina, Sphaeroidina ete. 3. Helicostegia. Mit regulär spiralig, schneekenförmiger Anordnung der Kammern nach 1 oder 2 Axen. Hierher wurden zunächst schraubig-spiralige Formen zu einer Unterabtheilung der Turbinoidea zusammengestellt, wie Uvigerina, Bulimina, Valvulina und die grosse Reihe der Rotalinen, während in den Unterabtheilungen der Am- monoidea und Nautiloidea hauptsächlich die symmetrisch spiraligen Formen ihren Platz fanden, perforirte und imperforirte bunt durcheinander. 4. Die Agathistegia umgreifen hauptsächlich die Miliolinen und bedürfen ‘daher hier keiner besonderen Charakteristik. Die Anordnungsverhältnisse der Kammern dieser Formen hat d’Orbigny schon ziemlich richtig erkannt. 5. Entomostegia werden durch die Untertheilung der Kammern durch Scheidewände oder kleine Röhrehen in Unterkämmerchen charakterisirt, und hier finden sich Amphistegina, Orbiculina, Heterostegina neben Fabu- laria und Alveolina. Späterhin (1852) errichtete d’Orbigny für die eyklisch wachsenden Formen noch eine 6. Abtheilung der Cyclostegia, welche die früher von ihm wenig berücksichtigten Genera Orbitolites, Orbitoides, jedoch auch Tinoporus (= Orbitolina d’Orb.) umfasste. A. Tribus Imperforata, Carpenter 1862 (Reuss 1861). Char. Schalenwandungen solid, nicht von feinen Poren perforirt, dagegen mit 1—2 Mündungsöffnungen, oder auch, durch Unterabtheilung der ursprünglich einfachen Mündung, einer grösseren Zahl kleinerer poren- artiger Oeffnungen. Einkammerig bis vielkammerig. - Den Imperforata von Carpenter sind hier auch die beschalten Lobosa desselben eingeordnet, da wir, wie bemerkt, die Trennung der Rhizopoda in Lobosa und Reticulosa nicht festhalten. Die schon von M. Schultze 1854 versuchte Eintheilung der Testacea in Mono- und Polythalamia halten wir mit Carpenter für unnatürlich; natürlicher wird die Verwerthung dieser Bezeichnungen dann, wenn man wie R. Hertwig (1879) die Mono- thalamia auf die Süsswasserformen und die Gromien beschränkt; jedoch wird hierdurch die Bezeichnung Polythalamia für die restirenden marinen Formen ganz verwirrend, da sich unter letzteren zahlreiche einkammerige finden. w System. 183 1. Familie. Arcellina, Ehrbg. 1830 und 38 (nicht später). Arcellina p. p. v. Siebold 1848; Lagenida p. p. M. Schultze 1854; Amoebina p- p- Clap. 1858; Arcellina + Difflugina p. p. Stein 1861; Amoebina p. p. Carp. 1862; Lepamoeba Häckel 1868; Thekolobosa Häckel 1878; Mono- thalamia monostomata p. p. Hertwig 1879. Char. Schale einaxig, kappenförmig bis langgestreckt, zuweilen durch etwas einseitige Lagerung der polaren, engeren oder weiteren ein- fachen Mündung bilateral. Pseudopodien lobos. Kerne und contractile Vaeuolen gewöhnlich vorhanden. Cochliopodium, Hertwig u. Lesser 1874; F. E. Schulze (101, III.) a: 21): Synon. Amoeba p. p. Auerbach (Z. f. w. Z. VII), Amphizonella (Greeff) Archer (90), ? Cyphidium Ehrbg. (31). Schale biegsam und von kappenartiger Gestalt, dem Körper dicht aufliegend, daher mit diesem grosser Gestaltsveränderungen fähig. (Structur erinnert an Arcellaschale.) Schalenöffnung, aus der die lobosen Pseudopodien bündelartig hervortreten, sehr weit. Contractile Vacuolen 2 bis mehr. 1 Kern. Süsswasser. 1—2 Arten. ? Pyxidicula, Ehrbg. 18358; Carter (A. m. n. h. 5. XIIL.); Hertwig und Lesser (99). Synon. Arcella p. p. Clap. u. Lachm. (60), ? Pseudochlamys (Clap. u. Lachm.) F. E. Schulze (101, IIL.). ; Schale uhrglasförmig und die weite untere Oeffnung nur durch schmalen Umschlagssaum des Randes etwas verengt. Schalenoberfläche mit feinen Höckerchen bedeckt. Thierkörper wie Arcella. Süsswasser; 1 Art. (Nach meiner Ansicht möglicherweise nur Jugendzustand von Arcella, vergl. A. f. mikr. A. X. und Buck Z. f. w. Z. XXX.) ?Pseudochlamys, Clap. u. Lehm. 1855 (60); Hertwig u. Lesser (99) (I. 8). Schale in Gestalt und Farbe wie Arcella; orale, flache Wand jedoch sehr dünn. Oberseite mit arcella-artiger Gitterzeichnung. Thierkörper wie Arcella (gewöhnlich nur 1 Kern). 1 Art. Süsswasser. (Auch diese Form möchte ich für einen Jugendzustand von Arcella halten.) Arcella, Ehrbg. 1830; Perty (48); Clap. u. Lachm. (60); Carter (56, ete.); Wallich (A. m.n. h. 3. XIII); Ehrenberg (95); Bütschli (Arch. f. m. A. X.); Leidy (Pr. Ac. Philad. 1876); Buck (Z. f. w. Z XXX.); Cattaneo (Att. soe. it. d. se. n. XXI.); Hertwig u. Lesser (99) (T. II. 9). Char. Schale uhrglasförmig mit convexer Oberseite und flacher Oral- seite, in deren Centrum die mässig weite, kreisrunde Mündung. Braun. Feine, eigenthümliche Gitterstruetur. Thierkörper füllt die Schale nicht völlig aus. Meist die Kerne und contractilen Vacuolen in grösserer Zahl. Süsswasser (auch feuchter Sand und Moos). 1 sichere Art, die sonst noch beschriebenen Arten sind unsicher. 184 Rhizopoda. Hyalosphenia, Stein 1857 (Sitz.-B. d. k. böhm. G. X.); F. E. Schulze (101, III.) (II. 10). Synon. Arcella (oblonga) Lachm. (Verh. des n.-V. d. preuss. Rh. XVI.), Catharia Leidy (Proc. acad. Philad. 1874. 1875). Schale chitinös, structurlos. Gestalt oval bis birnförmig, mit ver- längerter Hauptaxe, parallel dieser stark comprimirt. Mündung einfach. Thierkörper die Schale nicht völlig ausfüllend, difflugienartig. Süsswasser. 2—3 Arten. (Einige weitere nordamerikanische Formen hat Leidy, jedoch bis jetzt sehr unvollständig, beschrieben.) Quadrula, F. E. Schulze 1875 (101, III.) (II. 12). Synon. Difflugia p. p. Wallich (A. m. n. h. 3. XIIL), Ehrenberg (95). Schalengestalt ähnlich Hyalosphenia, jedoch weniger comprimirt; aus meist quadratischen, glashellen Plättechen (Chitin?) aufgebaut. Hinter- ende der Schale zuweilen bestachelt, ähnlich Euglypha. Tbierkörper difflugia-artig. Süsswasser. Sichere Arten 2. (Bei Ehrenberg [95] finden sich jedoch eine ziemliche Anzahl unsicherer, wohl hierhergehöriger Schalenformen beschrieben.) Difflugia, Leclere 1815; Ehrenberg (31); Perty (48); Clap. u. Lachm. (60); Wallich (A. m. n. h. 3. XIII.); Carter (A. m. n. h. 3. XII. und XIll.); Hertwig und Lesser (99); Leidy (Proc. Ac. Philad. 1877) (II. 1-8). Synon. Arcella p. p. Ehrenberg (95), Echinopyxis Clap. u. Lachm. (60), Centro- pyxis Stein (Sitz.-B. d. k. böhm. G. X.), Nebela Leidy (Pr. A. Philad. 1874 u. 76). Schale mit Fremdkörpern incrustirt, die durch chitinöses oder z. Th. vielleicht auch mehr protoplasmatisches Bindemittel verkittet werden (hauptsächlich Sandkörnchen, Diatomeenschalen, seltner rundliche bis ovale Scheibehen oder eylindrische Stäbchen von zweifelhafter Herkunft). Gestalt ziemlich variabel. Regulär monaxon, kugelig bis langgestreckt und dabei das Hinterende z. Th. in Spitze ausgezogen oder mit mehreren symmetrisch oder asymmetrisch gestellten, hornartigen Fortsätzen geziert. Häufig stark comprimirt, z. Th. die Mündung jedoch einseitig excentrisch verschoben und dann Gestaltung bilateral. Mündungsrand zuweilen etwas nach Innen oder Aussen umgeschlagen, z. Th. auch eigenthümlich erenulirt. Thier- körper die Schale gewöhnlich nicht ganz erfüllend; mit lobosen, selten etwas zerschlitzten Pseudopodien. Vacuolen und Kerne in sehr verschie- dener Zahl. Süsswasser. Zahl der Arten sehr beträchtlich, jedoch schwierig festzustellen, wegen grosser Variabilität; bis jetzt mögen sich etwa 1'/, Dutzend Formtypen einigermaassen auseinanderhalten lassen. (Eine sehr grosse Zahl unsicherer Arten wurde von Ehrenberg [95] beschrieben. Zu einem besonderen Geschlecht Nebela erhebt Leidy diejenigen Difflu- gien, die als Schalenmaterial die erwähnten eigenthümlichen scheiben- förmigen Körperchen oder zugleich Stäbchen zeigen. Dieselben besitzen ferner eine birnförmige Gestaltung und sind meist ziemlich stark com- primirt. System. 185 Leequereusia, Schlumberger (Ann. d. se. nat. Zool. 3. 11L.); Ehren- berg (M.-B. d. B. A. 1840); Cohn (Zeitschr. f. w. Z. IV.); Carter (75); Entz (110); Mereschkowsky (118) (III. 9). Synon. Difflugia Aut. Schalenstructur wie Difflugia, jedoch durch einseitige Wendung der Schalenmündung und spiraliges Weiterwachsthum des Schalenhalses etwa retortenförmig; die einzige Form des Süsswassers, die eine spiralige Ein- rollung aufweist (höchstens jedoch !/, Umgang). 1 Art. Anhang zur Familie der Arcellinen. Petalopus, Cl. u. Lehm. 1855 (60) (II. 15). Ovaler, vorn abgestutzter Körper, angeblich ohne Schale. Pseudo- podien nur vom abgestutzten Vorderende entspringend; etwas verästelt und an den Enden plattenförmig verbreitert. Nucleus und contractile Vaceuole? 1 Art, Süsswasser. (Diese seither noch nicht wiedergesehene Form habe ich vorläufig hierhergestellt, da mir die die Abwesenheit eines, wenn auch zarten Schalenhäutchens keineswegs sicher erwiesen zu sein scheint.) Arcellina, du Plessis 1876. (Sitz.-B. d. phys. medie. Soc. zu Erlangen 1876.) Zweifelhafte marine Form. Kugelig, seltener eiförmig, bis zu Hanf- korngrösse. Dünne Schale chitinös mit rundlicher Oeffnung auf konischem Vorsprung. Schalenwände sollen sehr fein porös (!) sein, jeder Porus äusserlich auf einem Wärzchen der Schalenoberfläche münden. Pseudo- podien lobos, nur aus der Mündungsöffnung austretend. Kerne in Mehr- zahl, sowie sogen. Glanzkörper (ähnlich Pelomyxa?) vorhanden. 2. Familie. Euglyphina Bischli. Schale chitinös oder kieseiig, aus hexagonalen oder rundlichen Plättehen aufgebaut. Monaxon bis bilateral. Pseudopodien fadenartig zugespitzt, wenig anastomosirend. Kern und contractile Vacuolen vor- handen. Euglypha, Duj. 1841; Carter (A. m. n. h. 3. XII. u. XV.); Hertwig u. Lesser (99); F. E. Schulze (101, III.) (III. 12). Synon. Difflugia p. p. Ehrbg. (95), Sphenoderia Schlumberger (A. sc. n. Zool. 3. IIL.). Schale monaxon, ellipsoidisch, bis beutel- und birnförmig; Mün- dung ziemlich weit. Kieselige, kreisförmige bis hexagonale Plättchen bauen in schiefen Reihen die Schale auf. Mündungsrand gewöhnlich zackig. Häufig Hinterende bestachelt oder auch kürzere Stacheln über die ganze Schale verbreitet. Pseudopodien nicht anastomosirend. Süss- wasser. Ca. 3—4 sichere Arten, jedoch finden sich bei Ehrenberg (95) noch eine ziemliche Reihe unsicherer Formen erwähnt. Trinema, Duj. 1836; Carter (56); Hertw. u. Lesser (99); F. E. Schulze (101, III.). Synon. Difflugia (enchelys) Ehrbg. (31), Euglypha (pleurosoma) Carter, Arcella p. p. Ehrbg (95). 186 Rhizopoda. Schalenstructur und Thierkörper wie Euglypha, dagegen Mündung auf etwas abgeplattete Unterfläche gerückt und somit Schale bilateral. Süsswasser. 1 Art. Cyphoderia, Schlumb. 1845; H. u. L. (99); F. E. Sch. 101, III.) (IH. 13). Synon. Difflugia Ehrbg. p. p. (95), Euglypha Perty p. p. (43), Wallich p. p. (l. e. s. Diffl.), Lagynis M. Schultze (53). Schale aus chitinösen Plättchen gebildet, die jedoch relativ viel kleiner sind, als bei den vorhergehenden beiden Geschlechtern. Gestalt etwa länglich beutelförmig mit halsartig gerader oder nach der Seite gewendeter Mündung. Süsswasser und Ostsee. 2 Arten. Anhang zur Familie der Euglyphinen. Campascus, Leidy 1877 (Proc. Ac. Philad. 1877. P. III.). Gestalt der Schale und Bau des Protoplasmakörpers ähnlich Cypho- deria, Schale chitinös mit Fremdkörpern inerustirt. Hinterende jederseits mit hornartigem Fortsatz ähnlich gewissen Difflugien. 1 Art. Süsswasser. 2. Familie. Gromiina, Btschli; Gromidea Clap. und Lachm. 1858; Stein (Reuss) 1861; dto. Carp. p. p. 1862. Mit chitinöser, fast stets ganz structurloser Schale, von monaxoner oder etwas bilateraler, ovaler Gestaltung und ziemlich verengter Mün- dung. Pseudopodien meist reticulos, stets jedoch dünn, fadenförmig und spitzig. Kerne und contractile Vacuolen vorhanden oder fehlend. Lieberkühnia, Clap. u. L. 1858 (60) (III. 16). Synon. Gromia Cienkowsky (104a). Körper ovoid, mit sehr zarter, dicht anliegender Hülle bekleidet; Mündung etwas hinter dem etwas zugespitzten Vorderende. Die Pseudo- podien entspringen von einem Pseudopodienstiel, der :von der Mitte der antioralen Seite des Thierkörpers seinen Ursprung nimmt und aus der Mündung austretend ein sehr reiches Pseudopodiennetz entwickelt. Contractile Vacuolen und Kerne vermisst. Süsswasser. 1 oder 2 Arten. Mikrogromia, R. Hertw. 1874 (Arch. f. mikr. Anat. X. Suppl. (IH. 15). Synon. Gromia Archer (90), Cystophrys Archer (90). Schale beutelförmig, klein, etwas bilateral durch die sehr wenig einseitig verschobene, etwas halsartig ausgezogene Mündung. Körper die Schale nur z. Th. ausfüllend. Pseudopodien von einem oralen Pseudopodienstiel entspringend. 1 Kern und 1 contractile Vacuole. Häufig koloniebildend. Süsswasser. 2 Arten. Platoum, F. E. Sch. 1875 (101, ILL.) (III. 17). Synon. Difflugia Schneider (A. f. A. u. Ph. 1854), Chlamydophrys Cienk, (104a), Troglodytes (abriel (Morph. J. 1). Unterschiede von Mikrogromia sehr gering. Schalengestalt sehr ähn- lich, jedoch Mündung etwas spitziger ausgezogen, terminal bis sehr wenig System, 187 seitlich verschoben. — Im Querschnitt elliptisch bis rundlich. Schalen- haut etwas biegsam. Thierkörper die Schale nicht völlig erfüllend. Häufig koloniebildend. Süsswasser, feuchte Erde und faulende Stoffe. 2—3 Arten. Plectophrys, Entz 1877 (110). Nur durch eine eigenthümlich faserige (oder vielleicht eher etwas schuppig zu bezeichnende) Schalenstruetur von Platoum unterschieden. 1 Art. Salzteich bei Klausenburg (Ungarn). Leceythbium, H. u. L. (99) 1874. Synon. Arcella p. p. Ehrbg. (31), Fresenius (Abh. d. Senckenb. Ges. IL), Gromia Schlumberger (A. sc. n. Z. 3. IIL), — socialis F. E. Sch (101, IIL.), Phonergates Buck (Z. f. w. Z. XXX.) ‚Schale in ihrer Gestalt sehr ähnlich Mikrogromia, klein, jedoch dem Körper dieht aufliegend; ob biegsam oder starr, wird verschieden an- gegeben. Contractile Vacuole gewöhnlich nicht, Kern vorhanden. Zuweilen Koloniebildung. Süsswasser. 1 Aıt. Gromia, Duj. 1835 (26); M. Sch. (53); F. E. Sch. (101, III.) (III. 18, IV. 6). Synon. Sphaerula Dalyell (The powers of the creat.), Plagiophrys Hertwig und Lesser (99). Gestalt ei- bis kugelförmig; chitinöse Schale dem Körper direct auf- liegend und meist ziemlich biegsam, daher zuweilen mit diesem die Gestalt etwas ändernd. Wanddicke recht variabel. Mündung terminal. Pseudopodien theils sehr fein reticulös, körnchenführend, theils hyalin, spitzig verästelt und wenig anastomosirend. 1 bis zahlreiche Kerne. Con- tractile Vacuolen gewöhnlich fehlend. Süsswasser und marin. Ca. 4 Arten. (Wenn es wirklich gromia-artige Rhizopoden ohne Schalenhaut gibt, wie Claparede und Lachmann (60) für ihre Plagiophrys angaben und wie es nach den Beobachtungen von F. E. Schulze (101, III.) gleichfalls scheint, so dürfte für diese der Gattungsname Plagiophrys zu reserviren sein.) ? Pamphagus, Bailey 1853 (Sill. amer. journ. 2. XV.); Archer (Qu. journ. mier. se. 1871). Zweifelhaftes Geschlecht, soll nach Archer birnförmigen, von sehr zarter Schalenhaut umschlossenen Körper besitzen, von dessen breitem Ende die langen verästelten ae Aare entspringen. Grosser Nucleus. Süsswasser. 1 Art. Pseudodifflugia, Schlumberger 1845 (III. 14). Synon. Pleurophrys Clap. u. Lachm. (60), Hertw. u. L. (99), F. E. Sch. (101, IIL), Archer (90). Gestalt und Bau des Weichkörpers gromia-artig. Schale mit Fremdkör- pern difflugia-artig inerustirt. Süsswasser und Brackwasser. Artzahl ca. 5—6. Diaphoropodon, Archer 1870 (90) (IV. 1). Schale monaxon, eiförmig, aus lose vereinigten Fremdkörpern (haupts. Diatomeen und Protococeuszellen) gebildet. Pseudopodien von zweier- lei Art; einmal zahlreiche sehr lange, hyaline, z. Th. tannenbaumartig 188 Rhizopoda. verästelte, aus der Mündung hervortretende und dann fein haarförmige, nicht retractile, allseitig zwischen den Schalenpartikeln vorspringend. (Ob wirklich Pseudopodien?) Contractile Vacuole vorhanden. Süsswasser. 1.-Art. Anhang zur Familie der Gromiina. Leeythia, Wright 1861 (A. m. n. h. 3. VIII.). Mangelhaft beschriebener, vielleicht hierher gehöriger Organismus. Etwa zu vergleichen einem auf langem, aboralem Stiel getragenen Lecy- thium, aus dessen Schalenöffnung strahlenartig zahlreiche feine Pseudo’ podien austreten. 1 Art. Marin. Squamulina, M. Sch. 1854 (53). Schale kalkig, flach linsenförmig bis unregelmässig, mit dünner, flacher Seite festgeheftet. Auf Oberseite excentrisch gelegene, mässig weite, rundliche Mündung. Marin. 1 Art. Fossil? (Scheint mir ziemlich fraglich, namentlich im Hinblick auf ihre eventuellen Beziehungen zu dem so vielgestaltigen Geschlecht Nubeeularia; daher auch ihre Stellung bei den Gromiinen fraglich. Von Carpenter an die Spitze der Miliolida gestellt.) 4. Familie. Amphistomina Btschli. (Monothalamia amphistomata Hertw. 1879). Char. Schale sehr zart bis dicker, chitinös oder von Fremdkörpern gebildet. Monaxon, etwa eitronenförmig und an beiden Polen mit Mün- dung versehen. Pseudopodien fadenförmig, spitzig bis reticulos. Nucleus vorhanden. Diplophrys, Barker 1868 (Qu. journ. mier. se. VI. p. 232, VII. p- 123); Archer (90); Greeff (Arch. f. mikr. A. XI.); Hertw. u. L. (99); F. E. Sch. (101, IIL) (IV. 2). Körper klein, nahezu kugelig bis spindelförmig. Schalenhäutehen höchst zart (nicht völlig sicher). Mehrere contractile Vacuolen und 1 oder mehrere gelbe bis orangerothe Fettkörper. Süsswasser und Mist. 2 Arten. Ditrema, Archer 1876 (Qu. journ. mier. sc. XVI.). Schale hyalin, gelblich, ziemlich diek und starr. Mündungsränder etwas nach Innen umgeschlagen. Süsswasser. 1 Art. Amphitrema, Archer 1870 (90) (IV. 3). Schale oval, mit Fremdkörpern inerustirt; Mündungen etwas hals- artig verlängert. Contractile Vacuole fehlt. Süsswasser. 1 Aıt. Gruppe Miliolida, Carp. emmend. B. (Miliolida Carp. 1862 + pars Lituolidarum Carp.). Schalengestalt sehr verschieden, mono- und polythalam. Structur kalkig, imperforirt, äusserlich gewöhnlich porcellanartig glänzend; oder sandig und imperforirt (für diese sandigen Formen kann ein allgemeiner System. 189 Charakter nicht angegeben werden; ihre wenig sichere Stellung wird ihnen durch ihre gestaltlichen Beziehungen zu den kalkschaligen Formen gegeben). 5. Familie Miliolidina (Miliolidea Reuss 1561 + pars Lituolidarum). Char. Mono- bis polythalam, spiralig eingerollt, auf 1 Umgang kommen nur 2 Kammern bei den Polythalamen. Kalk- oder sandschalig. Cornuspira, M. Sch. 1854 (53, 64) (IV. 8). Synon. Öpereulina p. p. Reuss et alior. olim. Kalkig, frei, monothalam, symmetrisch spiralig eingerollt und sehr wenig involut. Meist parallel der Windungsebene sehr eomprimirt und letzter Umgang rasch in die Höhe wachsend. Zahl der lebenden Arten ca. 3. Seit Trias. Ammodiscus, Reuss (V. 20—22). Synon. Cornuspira Will. p. p., Trochammina Parker u. J., sowie Carp. p. p.. Invo- lutina Terqu. p. p., Operculina d’Orb. p. p. Frei, cornuspira-artig, jedoch sandig; äusserlich ziemlich glatt. Häufig unregelmässiger werdend, so z. Th. knäuelförmig unregelmässig gewunden, oder letzter Umgang geradlinig weiter ‚wachsend. Zu- weilen durch gelegentliche unregelmässige Einschnürungen Neigung zur Polythalamie. (Fraglich, ob alle hierhergerechneten Arten imperforirt. Unsicher ist die vielleicht verwandte Terebralina Terqu. aus Lias.) Lebende Arten ca. 2. Seit Kohlenformation. Miliola, Lamarck 1804; Parker (Transact. mier. soc. n. s. Vl.). Synon. Serpula p. p. Linne, Frumentaria Soldani, Vermiculum Montagu. Schale kalkig oder seltener sandig bis chitinös; spiralig ein- gerollt und polythalam; jede Kammer nimmt die Hälfte eines Umgangs ein, so dass die Mündungen abwechselnd an einem und dem anderen Pol liegen. Mündung weit, gewöhnlich springt ein zungenförmiger Fortsatz von der Wand des vorhergehenden Umgangs in sie ein. Wenig bis völlig involut und hiernach die Zahl der äusserlich sichtbaren Kammern sehr verschieden. (Hierher dürfen wohl auch eine Anzahl sandschaliger, von Parker, Jones, Carpenter und Brady zu Trochammina gezogener fossiler Formen gestellt werden, da sie ganz den Bau von Miliola zeigen und die sandschaligen Rhizopoden, wie schon mehrfach bemerkt, überhaupt keine natürliche Abtheilung bilden.) Untergenera: Spiroloeulina d’Orb. 1826 (IV. 10). Umgänge sich nur berührend, so dass äusserlich die Kammern beider- seits sämmtlich sichtbar sind. Zahl der lebenden Arten ca. 9. Vom oberen Jura ab. Quingueloculina, d’Orb. 1829 (IV. 11). Synon, Adelosina d’Orb., Miliolina Will. p. p. Umgänge sich mehr oder weniger umfassend, jedoch auf einer 190 Rhizopoda. Seite mehr, so dass äusserlich auf dieser Seite gewöhnlich 3, auf der entgegengesetzten aber 4 Kammern sichtbar bleiben. Jedoch die Zahl dieser sichtbaren Kammern etwas variabel. Mündung selten sieb- förmig. Zahl der lebenden Arten ca. 22. Seit Kreide. Triloculina, d’Orb. 1827 (IV. 25, VII. 3). Synon. Crueiloculina d’Orb., Lagena Brown p. p., Miliolina Will. p. p. Char. Aeusserlich nur die 3 jüngsten Kammern sichtbar. Mündung meist ähnlich vorhergehenden, z. Th. jedoch durch 4 vorspringende Ecken kreuzförmiger Sehlitz (Crueiloculina d’Orb.). Zahl der lebenden Arten ca. 8. Vom Jura ab. (Brady [117, 1I.] weist neuerdings wieder auf die zahlreichen Uebergänge zwischen diesem Untergenus und Quinqueloeulina hin und schlägt daher vor, beide unter der schon früher von Williamson in diesem Sinn angewendeten Bezeichnung Miliolina zusammenzufassen. Biloculina, d’Orb. 1826 (IV. 12—15). Synon. Renoidea Brown p. p., Lagenula Flemm. p. p., Pyrgo Defr. Char. Vollständig involut, so dass äusserlich nur die 2 jüngsten Kammern sichtbar. Meist parallel der Längsaxe linsenförmig abgeplattet. Mündungszunge häufig sehr entwickelt. Zahl der lebenden Arten ca. 7. Seit Trias. Anhang: Uniloceulina d’Orb. (Mod. und 1839) soll sich durch völlige Um- fassung der früheren Kammern durch jede folgende auszeichnen, daher äusserlich nur die jüngste sichtbar. Bis jetzt nur 1 zweifelhafte lebend beobachtete Form. Fabularia, Defr. (IV. 21, VIII. 2). Gestalt und Wachsthum wie Biloculina, nur viel grösser. Kammer- höhlungen von Schalenmasse bis auf ein System zahlreicher, anastomosi- render Längsröhren erfüllt; daher Mündung siebförmig. Nur Tertiär. 6. Familie Peneroplidina, Reuss 1860 (Sitz.-B. d. k. böhm. G. 1860). Kalkig oder sandig, polythalam; z. Th. die Kammern noch miliolinen- artig, jedoch stets 3 oder mehr auf dem Umgang (wenigstens in den jüngeren Umgängen). Häufig Uebergang in gerades Wachsthum. Mündung einfach oder in zahlreiche porenartige Oeffnungen zerfallend. Hauerina, d’Orb. 1846 (IV. 20). Kalkig, frei, spiral aufgerollt. Anfangsumgänge miliola-artig, spätere hingegen mit 3—4 Kammern. Grössenzunahme der Kammern recht allmählich. Mündung siebförmig. Zahl der lebenden Arten ca. 5. Seit Jura. Vertebralina, d’Orb. 1826 (IV. 17—19). Synon. Articulina d’Orb., Renulites Lam., Renulina Blainv., ? Ceratospirulina Ehrbg. Kalkig, frei, Anfangskammer spiral eingerollt, miliola-artig, gewöhn- lich 3 Kammern auf den Umgang. Hierauf geradliniges Wachsthum, System. 191 Scheidewandbildung schwach, Mündung daher einfach. Häufig parallel der Längsaxe sehr abgeplattet. Z. Th. spiraliger Anfangstheil sehr klein und wenig entwickelt (Articulina) und gleichzeitig Kammern sehr lang- gestreckt. Zuweilen dagegen sehr abgeplattet und Kammern rasch in die Breite wachsend, so dass Gesammtgestalt nierenförmig (Renulites). Zahl der lebenden Arten ca. 5. Seit Unter-Tertiär. Peneroplis, Montf. 1810; Carpenter (57, 3. ser.). Synon. Nautilus p. p. F. u. M., Cristellaria p. p. Lam. Char. Kalkig, frei, spiralig eingerollt, wenig bis ziemlich involut. Zahl der Kammern auf einem Umgang recht beträchtlich, daher Einzel- kammern nur kurz, jedoch ziemlich rasch an Höhe anwachsend. Meist parallel der Windungsebene sehr abgeplattet. Scheidewände sehr wohl entwickelt. Mündung verzweigter Längsspalt oder Längsreihe von Poren. Untergenera: Peneroplis, s. str. (V. 1). Wenig involut, letzter Umgang gewöhnlich in mässig langes gerades Wachsthum übergehend und sich dann häufig fächerförmig ausbreitend, mit sehr niederen, jedoch in der Höhenrichtung sehr ausgedehnten Kammern. Mündung gewöhnlich 1, seltener 2 Längsreihen von Poren auf der Septalfläche. Lebende Arten ca. 3. Seit Eocän. Dendritina, d’Orb. (IV. 22—24, VIII. 12). Synon. Spirolina d’Orb. p. p., Coscinopora Ehrbg. Mehr involut, Septalflächen daher hufeisenförmig; ohne fächerartige Ausbreitung der jüngsten Kammern. Spirolina d’Orb. mit Uebergang in gestrecktes Wachsthum. Mündung dendritisch verzweigter Längsschlitz. Lebende Art 1. Seit Tertiär. Anhang: Nubecularia, Defr. 1825 (IV. 9). Synon. Serpula p. p. Sold., Webbina p. p. d’Orb. Char. Kalkig, z. Th. jedoch auch etwas sandig; mit breiter Basal- fläche aufgewachsen und diese gewöhnlich ohne oder doch nur mit sehr dünner Wandung. Polythalam. Anfang spiralig, jedoch bald sehr unregel- mässig werdend.. Kammern nur durch Wandeinschnürungen getrennt. Aeusserlich von Kammerbildung gewöhnlich nur wenig sichtbar. Zuweilen in eine Art cyklischen Wachsthums übergehend. Lebende Arten ca. 2. Seit Trias. Placopsilina, d’Orb. 1850 (V. 19). Synon. Lituola p. p. P. u. J., Carp. Char. Sandig, äusserlich rauh; aufgewachsen ähnlich Nubeeularia und auch wie bei dieser die aufgewachsene Seite häufig ohne Wand- bildung. Beginn mehr oder weniger regelmässig spiral, jüngerer Theil häufig in gerades Wachsthum übergehend oder aber auch sehr unregel- mässig bis acervulin. Lebende Arten ca. 1; Fossil seit? 132 Rhizopoda. Lituola, Lmek. emmend. B. Synon. Lituola P. u. J.. Carp. p. pP. Sandig, äusserlich raub, frei, polythalam, spiralig symmetrisch auf- gerollt; nahezu völlig involut; jüngere Kammern häufig in gestrecktes Wachsthum übergehend. Untergenera: Haplophragmium, Reuss 1860 (V. 17). Synon. Lituola p. p. Carp., P. u. J., Nonionina p. p. Will, M. Sch., Spirolina Aut. p. p., D’Örbignyina v. Hagen, Proteonina Will. p. p Kammerhöblungen ohne labyrinthische Einwüchse; Mündung ein- fach, gewöhnlich an Basis des Septums, an gerade gestreckten Kammern terminal. Lebende Arten ca. 1—2. Fossil seit? Lituola, s. str. Reuss, Brady (V. 18). Kammerhöhlungen von labyrinthischen Auswüchsen erfüllt; Mündung unregelmässig, dendritisch bis siebförmig. Lebende Arten ca. 1. Fossil seit Kohlenformation. 7. Familie Orbitolitina (= Orbitulitidea Reuss 1861). Gestalt und Wachsthumsverhältnisse ziemlich verschieden. Kalkig. Primäre Kammern durch secundäre Scheidewände in secundäre Kämmer- chen getheilt. Orbieculina, Lamck. 1816; Williamson (47); Carpenter (57, 2. ser.) (VL. 2): Synon. Nautilus F. u. M.. Helenis, Archais, Ilotes Montf. Char. Anfangstheil der Schale spiralig, involut aufgerollt, hierauf in eyklisches mehr oder minder völlig kreisförmig geschlossenes Wachs- thum übergehend. Umrisse der flachen Schale bis fächer-, nieren- und nahezu kreisförmig. Ursprungstheil knopfförmig verdickt. Bis zu 1 Cm. und mehr Durchmesser etwa. Lebende Arten ca. 2. Fossil seit Tertiär. Orbitolites, Lam. 1801; Williamson (47); Carpenter (43, 57 1. ser.); Gümbel (96) (VI. 1, V. 3, 4). Synon. Discolithes Fortis p. p., Madreporites Deluc., Milleporites F. de St. Fond., Orbulites Lam., Marginopora Quoy et Gaym., Sorites Ehrbg.. Omphalocyclus Bronn, Cupulites d’Orb., Cyelolina d’Orb. Char. Scheibenförmig, Kreisrund; auf Embryonalkammer und grosse, dieselbe etwa zur Hälfte umgebende 2. Kammer folgt sogleich eyklisches Wachsthum zahlreicher Kämmerchenkreise. Entweder nur 1 Lage Kämmer- chen oder jederseits oberflächlich noch eine Lage kleinerer secundärer Kämmerchen abgesondert. Centrum der Scheibe dünn, häufig concav ver- tieft; Ränder zuweilen sehr verdickt, wulstförmig, auch z. Th. gefaltet. Durchmesser zuweilen bis gegen 2 Centimeter. Lebende Arten ca. 2 (wohl mehr). Fossil seit Lias. . System. 193 Alveolina, Bose (d’Orb.) 1826; Deshayes (A. sc. nat. XV.); Carter (A. m. n. h. 2. XIV.); Carpenter (57, 2. s.); Parker u. Jones (62, f) (V. 2). Synon. Discolithes Fortis p. p., Nautilus F, u. M. p. p., Borelis, Clausulus, Milio- lites Montf., Melonites, Melonia Lamck. Char. Spiralig-symmetrisch aufgerollt, gänzlich involut und Windungs- axe ansehnlich verlängert; daher Gestalt kugelig bis spindel- und ceylinder- förmig. Kammern durch auf der Windungsaxe senkrechte Septa in zahl- reiche Kämmerchen getheilt, und z. Th. diese nochmals durch tertiäre der Windungsaxe parallele Septen in 3—4 tertiäre Kämmerchen zerlegt. Hiernach Zahl der porenartigen Oeffnungen auf Endfläche verschieden. Längsdurchmesser bis zu 75 Mm. (fossil), recent kleiner bis 15 Mm. Länge. Lebende Arten ea. 2. Fossil seit Kreide. Familie Arenacea. Wir vereinigen bier eine Reihe mariner, z. Th. sehr unvollständig bekannter sandschaliger Rhizopoden von meist monothalamem, z. Th. aber auch polythalamem Bau. Die Zusammenstellung dieser Formen ist eine ganz provisorische und nur dadurch bedingt, dass es bis jetzt nicht mög- lich erscheint, dieselben anderweitig natürlich einzureihen und wir die schon mehrfach auch von anderer Seite ausgesprochene Ueberzeugung theilen, dass die Carpenter’sche Gruppe der sandschaligen Formen, die Familie der Lituolida, nicht aufrecht erhalten werden kann. Es wird daher die Aufgabe der kommenden Zeit sein, die verwandtschaftlichen Beziehungen der hierhergehörigen Formen, namentlich ihr Verhalten zu Imperforata oder Perforata, im Einzelnen genauer festzustellen. a. Schale mehr oder minder langgestreckt konisch bis röhrig, monothalam, am spitzen Ende geschlossen, am breiten geöffnet; frei oder aufgewachsen. Jacullela, Brady 1879 (117, 1.). Frei, langgestreckt. Kammerhöhle ohne labyrinthische Einwüchse, Länge bis 9 Mm. 1 Art lebend. (Nicht sicher, ob überhaupt zu Rhizo- poden gehörig.) Botellina, Carp., Jeffr. u. Thoms. 1870 (Proc. roy. soc. XVIlIl.), Thoms. (The d. of the sea). Mit spitzem Ende wahrscheinlich aufgewachsen. Innenfläche mit labyrinthischen Auswüchsen. 1 Art lebend (bis 25 Mm. lang). Hyperammina, Brady 1878 (115, 117, 11.). Frei oder in ganzer Länge aufgewachsen, röhrig, loser Bau. Ge- schlossenes Ende abgerundet oder zu kugeliger Kammer aufgebläht. Mündungsende einfach oder sich vielfach verästelnd. Aufgewachsene Formen mit vielfach unregelmässig hin- und hergebogener Röhre. Länge bis 16 Mm. Lebende Arten 3. Fossil wahrscheinlich seit Silur. (Die aufgewachsenen Formen nähern sich sehr Webbina d’Orb.) Bronn, Klassen des Thier-Reichs. Protozoa, 13 194 Rhizopoda. Haliphysema, Bowerbank 1862.*) Synon. Squamulina Carter. Pokal- bis röhrenförmig, mit aboralem, stielförmig ausgezogenem Ende und verbreiterter, scheibenförmiger Basis aufgewachsen. Mündung einfach, terminal, oder das orale Ende verästelt ausgewachsen. Schwamm- nadeln gewöhnlich sehr zahlreich in Schalenwand aufgenommen und hauptsächlich das orale Ende meist ganz stachelig; bis jetzt nur lebend. Artenzahl ca. 2. (Bekanntlich wurde die Gattung Haliphysema von Bowerbank zu- nächst für eine Schwammform erklärt. Carter hat hingegen 1870 den Nachweis zu führen versucht, dass dieselbe zu den Rhizopoden gehöre und sie dem M. Schultze’schen Geschlecht Squamulina eingereiht. Häckel fand hierauf ganz ähnliche Skeletbildungen bei seinen Physemarien, und erklärte daher auch die Haliphysema Bowerbank’s und Carter’s als zu diesen gehörige Formen. Schliesslich wurde durch Kent und weiterhin bestätigend durch R. Lankester die Rhizopodennatur der Bowerbank’schen Form sieher erwiesen. Es ist daher zunächst nur die Annahme möglich, dass thatsächlich äusserlich ganz übereinstimmend sich verhaltende, bis zur Verwechselung ähnliche Rhizopoden und Physemarien sich finden.) Pelosina, Brady 1879 (117, L). Monothalam, kugelig bis röhrenförmig, monaxon, mit terminaler, auf chitiniger Halsröhre gelagerter Mündung. Wandung dick, aus Schlamm geformt. Z. Th. zusammenhängende Individuen (jedoch wohl nur äusserlich). Recent. Arten 2. b. Schale röhrig; an beiden Enden geöffnet, oder von einer Central- kammer gebildet, von der zwei oder auch mehr einfache oder verästelte Mündungsröhren ausgehen. Frei oder aufgewachsen. Marsipella, Norm. 1878 (A. m. n. h. 5.1.); Brady (117, 1.) (V. 9). Synon. Proteonina (Will.) Carp. The Microscop 1875. Freie, geradgestreckte, in Mittelregion etwas verdiekte Röhre; beider- seits geöffnet, Wand dick. (Länge bis 6 Mm.) Recent. 2 Arten. Rhabdammina, Sars 1865 (80); Brady (117, 1.) (V. 10). Frei; kleine Centralkammer mit 2 entgegenstehenden, langen Armen oder 3—5 strahlenähnlichen. Bis zu 25 Mm. Durchmesser. Recent. 2 Arten. Astrorhiza, Sandahl 1857 (Ofvers. Kongl. Vet. Ak. Forh. 1857); Carpenter (Qu. journ. mier. se. XVL.); Leidy (Proc. Ac. Philad. 1875); Normann (Pr. roy. soc. XXV.); Brady (117, I.) (V. 11). Synon. Haeckelina Bessels (Jen. Zeitschr. IX.), Astrodiscus F. E. Schulze (103). *) Die ziemlich beträchtliche Literatur über Haliphysema mag hier kurz angegeben werden. Bowerbank, Philos. Transact. 1862. British Spongiadae 1865--66. Proc. Zoolog. soc. 1873. Parfitt, Transact. Devonsh. Assoc. 1868, A. m. n. h. 5. I. Carter, Ann. m, n.h. 4.V. VLXLXX.5.I. Häckel, Jen. Zeitschr. Bd. X. Kent, S,A. m. n.h. 5.1 ulIl. Normann, A.m.n.h.5.I, Mereschkowsky, A. m, n. h. 5. I. 'R. Lankester, Qu Im. 26. XIX: System. 195 Frei; lose oder festere, aus Schlamm oder Sand gebildete Wand. Scheibenförmige Centralkammer mit bis zu 15 armartigen, strahlenförmig gestellten Mündungsfortsätzen, oder aber auch z. Th. mit verzweigten, geweihartigen Armen (A. arenaria Carp.) von sehr mannigfaltiger und z. Th. sehr unregelmässiger Bildung. Auch eiförmige Kammern mit zahl- reichen allseitig entspringenden Armen ete. Zuweilen Vereinigung mehrerer Individuen mittels der Armfortsätze. Recent. Artzahl 4. (Fraglich, ob die von Carpenter, Normann und Brady hierher gerechneten Formen sich wirklich zunächst an die A. limicola Sand. anschliessen.) Aschemonella, Brady (117, I.) schliesst sich Astrorhiza sehr nahe an; 2 oder mehr Armfortsätze entspringen von dem einen Ende der ovalen bis spindelförmigen Kammern und endigen frei oder verbinden sich mit benachbarten Individuen zu mehrkammerigen Gebilden. Dendrophrya, Wright 1861 (A. m. n. h. 3. VII.). Lässt sich etwa auffassen als eine Astrorhiza, die mit ihrer Central- scheibe aufgewachsen ist, und zahlreiche sich frei erhebende, ver- ästelte oder aber auf der Unterlage hinkriechende Armfortsätze aussendet. Bis 6 Mm. Durchmesser. Recent. 2 Arten.*) e. Schale ein vielfach verästeltes, zartes Röhrenwerk darstellend. Rhizammina, Brady 1879 (117, 1). Frei; unregelmässig verästeltes Netzwerk oder algenartiges Gewebe (bis zu 25 Mm. im Durchm. erreichend). Recent. Artzahl 1. Sagenella, Brady 1879 (117, I.) (V. 16). Aufgewachsen in ganzer Ausdehnung; dichotomisch verästelt, Aeste anastomosirend. (Gesammtdurchmesser bis zu 6 Mm.) Recent. Artzahl 1. d. Mono- bis polythalam, Kammern kugel- bis eiförmig, mit terminaler, häufig röhrenförmig verlängerter Mündung. Polythalame Formen mit nodosaria-artig aufgereihten Kammern. Saecammina, Sars 1865 (80); Brady (117. I.) (V. 13). Synon. Carteria Brady 1869 (A. m. n. h. 4. VII.). Char. Frei, mono- oder polythalam. Kammern sphärisch. bis spindel- und birnförmig; die Kammern der polythalamen Formen durch Ver- bindungsröhren in gerader Linie nodosaria-artig aufgereiht. (Kammer- länge bis zu 3 Mm.) Lebende Arten 1. Fossil seit Kohlenformation. Webbina, d’Orb. 1839; Brady (117, 1.). Synon. Trochammina P. u. J. (62, XIIL.), Carp. p. p. Aehnlich Saccammina, jedoch in ganzer Länge aufgewachsen; auf- gewachsene Fläche ähnlich Nubeecularia unvollständig. Zusammenreihung der Kammern der polythalamen Formen häufig sehr unriegelmässig werdend. Recent. Zahl der Arten ca. 2. *) Dawson führt noch zwei von ihm gefundene Gattungen von Sandrhizopoden auf (91), Hippocrepina und Rhabdopleura (mit ?), die zwar durch beigefügte Holzschnitte dar- gestellt, jedoch nicht weiter geschildert werden; wir begnügen uns daher hier mit dem Hin- weis auf diese Formen, 13* 196 Rhizopoda. Anhang: Trochammina, P.u. J. 1859 (62, n.); Carp. (74); Brady (117. 1.). Bekanntlich wurden die sandschaligen marinen Rhizopoden von P. u. J., sowie Carpenter in nur 3 Gattungen gebracht und in der Familie der Lituolida unter den Imperforata zusammengestellt. Von diesen 3 Gat- tungen hat sich Valvulina als sicher zu den Perforata in die Nähe von Bulimina gehörig ergeben; die Gattung Lituola wurde schon früher be- sprochen; die Gattung Trochammina hingegen umschloss eine grosse Zahl in ihren Gestaltsverhältnissen ungemein verschiedener, mono- und poly- thalamer Formen, die nur durch die feinere Beschaffenheit ihrer Schalen- wände zusammengehalten wurden. Dieselben setzen sich nämlich aus feinen Sandkörnchen zusammen, die so innig verbunden sind, dass die Aussenfläche der Schale stets glatt, ja z. Th. wie polirt erscheint; auch die Innenfläche ist glatt und niemals mit labyrinthischen Auswüchsen bedeckt. Brady hat dieses proteische Geschlecht schon in die Unter- gattungen Ammodiscus Reuss, Trochammina s. str., Hormosina und Webbina d’Orb. zerlegt; wir glaubten, wie dies auch schon von Zittel durchgeführt wurde, diese einzelnen sogen. Untergattungen denjenigen kalkschaligen Formen anschliessen zu sollen, denen sie durch ihre Gestalt- bildung am nächsten kommen. Es bliebe hiernach nur die sogen. Unter- gattung Trochammina s. str. Brady übrig (da Hormosina im Anschluss an die Nodosarien besprochen werden wird). Diese umfasst polythalame, rotaloid, trochoid oder nautiloid aufgerollte Formen, die sich in ihrer Gestaltung z. Th. den kalkschaligen Rotalinen oder Nonioninen, z. Th. auch Pullenia, Globigerina und Haplophragmium so nahe anschliessen, dass wir sehr geneigt sind, sie in die Nähe dieser zu stellen. Da wir jedoch keine eigenen Erfahrangen über diese Formen besitzen, so glauben wir zunächst auf diese Verhältnisse nur hinweisen zu sollen und hoffen, dass künftige Untersuchungen über die Stellung dieser Formen wohl bald entscheiden werden. Wahrscheinlich wird wohl das Genus Trochammina am besten gänzlich eingezogen werden. I. Unterordnung Perforata, Carp. 1862 (+ pars Lituolidarum). Grossentheils kalkschalig, hyalin und perforirt; zum kleineren Theil hingegen sandig und zwar bis zur völligen Verdrängung und Schliessung der Poren. Mono- und polythalam. Gruppe Lagenidae, Carp. 1862. Mono- und polythalam. Wände hyalin und sehr fein perforirt. Poly- thalame Formen mit einfach gebauten Scheidewänden, da die Wandung jeder neuen Kammer nicht allseitig gebildet wird, sondern der hintere Abschluss von dem zur Scheidewand werdenden Vordertheil der vorher- gehenden Kammer formirt wird. Eigentliches sogen. Zwischenskelet und System. 197 Kanalsystem fehlt daher, hingegen Auflagerungen von nicht perforirter secundärer Schalensubstanz recht verbreitet. Mündung gewöhnlich charakteristisch, etwas röhrenförmig verlängert und meist von radialen, strahlenartigen Furchen umstellt. 1. Familie. Rhabdoina, M. Sch. 1854. Char. Mono- und polythalam. Polythalame Formen durch gerade oder schwach gebogene bis spiralig eingerollte Aufreihung der Kammern gebildet. Lagena, Walker u. Jacobs 1784; Williamson (An. m. n. h. 2. 1.); Reuss (Sitzb. d. Ak. Wien 1863); Jones, O. R. (Transact. Lin. soc. XXX.) (VII. 2—22). | Synon.*) Serpula (Lagena) W. u. J., Vermiculum Montagu, Serpula. Maton a. Rackett, Pennant, Turton, Lagenula Montfort, Fleming etc., Oolina d’Orbigny, Reuss etc., Miliola, Cenchridium Ehrbg., Entosolenia Ehrbg., Will., Ovulina Ehrbg. etc., Apiopterina p. p. Zborz., Fissurina Reuss etc., Amphorina d’Orb. etc., Amygdalina, Phialina Costa, Seguenza, Tetragonulina, Trigonulina, Obliquina Seguenza. Char. Einkammerig, frei, kalkig, monaxon. Ei- bis spindelförmig. Meist eine polare Mündung, selten beiderseits geöffnet. Skulpturverhältnisse sehr mannigfaltig. Mündung z. Th. in nach Innen tief hinabsteigende Röhre ausgewachsen (Entosolenia); zuweilen bei starker Schalenabplattung spaltartig (Fissurina). Lebende Arten sehr zahlreich (ca. 40 —50). Fossil seit Kohlenformation. Nodosarina, P. u. J., Carp. 1862. Frei, polythalam, kalkig. Kammern in gerader bis schwach bogiger Axe aufgereiht. Mündung terminal oder etwas seitlich gerückt. Untergenera von Nodosarina: Nodosaria, Lamek. 1816 (VIII. 14). Synon. Nautilus Linn& etc., Orthoceras Gualtieri etc., Orthocera Lamck. etc. Schale eylindrisch bis schwach konisch, Kammern in gerader Axe aufgereiht, sich nicht umfassend oder durch Verbindungsröhren getrennt. Mündung central. Fossil bis zu 1 Zoll lang. Lebende Arten ca. 12. Fossil seit Dyas (Kohlenformation ?). Lingulina, d’Orb. 1826 (VII. 23). Geradaxig; parallel der Axe stark comprimirt, Mündung daher schlitz- förmig. Kammern dicht aufeinandergepresst bis etwas umfassend. Lebend ca. 2 Arten. Fossil seit Trias. (Lingulinopsis Reuss ausgezeichnet durch spiralige Einrollung der Anfangskammern.) Glandulina, d’Orb. 1826 (VII. 25). Synon. Nautilus (Örthoceras) Batsch. Von Nodosaria unterschieden durch Umfassung der vorderen Hälfte *) Nach Parker u. Jones (81). 198 Rhizopoda. der älteren Kammern von Seiten der jüngeren. Gesammtgestalt etwa eiförmig. Lebende Arten ea. 1. Fossil seit Trias. (Psecadium Reuss wird durch etwas gebogene Schalenaxe charakterisirt.) Orthocerina, d’Orb. 1826. Synon. Triplasia Reuss, Rhabdogonium Reuss. Geradegestreckt, Kammern dicht aufeinandergesetzt, sich ziemlich, rasch vergrössernd. Querschnitt drei- oder vierseitig, daher Gesammt- gestalt etwa umgekehrt drei- oder vierseitige Pyramide. Mündung einfach rund. Lebende Arten 1. Fossil seit ob. Jura. (Dentalinopsis Reuss ist eine Orthocerine mit Uebergang in dentalina-artig gebogenes Wachsthum. Kreideformation.) Dentalina, d’Orb. 1826. . Synon. ÖOrthoceras, Nautilus, Orthocera u. Nodosaria Autor. p. p. Ganz ähnlich Nodosaria, jedoch Axe schwach bogig gekrümmt; Mün- dung fast stets excentrisch an die concave Krümmungsseite gerückt. Lebende Arten ca. 14. Fossil seit Dyas (Kohlenformation ?). Vaginulina, d’Orb. 1826. Synon. Örthoceras, Nautilus, Örthocera Autor., Dentalina Will. p. p., Spirolina Brown, Citharina d’Orb. Unterscheidet sich von Dentalina hauptsächlich durch seitliche Com- pression, schwach gebogen bis nahezu gerade. Lebende Arten ca. 8. Fossil seit Rhät. Stufe. Rimulina, d’Orb. 1826 (VII. 24). Wie Vaginulina. Mündung jedoch schlitzförmig und auf die convexe Krümmungsseite der Kammern verlängert. Lebende Arten 1. Fossil seit Tertiär. Frondicularia, d’Orb. 1826; Reuss (Sitzb. d. k. böhm. Ges. 1860). Synon. Mucronina d’Orb. Aehnlich Glandulina, jedoch Umfassung der Kammern noch voll- ständiger bis zu gänzlichem Einschluss der älteren durch die jüngeren. Parallel der Hauptaxe sehr stark blattförmig comprimirt. Mündung ein- fach, terminal, eng. Lebende Arten ca. 7. Fossil seit Rhät. Stufe. Flabellina, d’Orb. 1839; Brady (117, IL.) (VII. 26). Unterscheidet sich von der vorhergehenden Gattung durch spiralige Einrollung oder unregelmässige Zusammenhäufung der Anfangskammern. Lebende Arten 2. Fossil seit Trias. Marginulina, d’Orb. 1826, Synon. Nautilus, Orthoceras, Örthocera, Cristellaria, Orthocerina, Hemicristel- laria Autor. Unterscheidet sich von Dentalina und Vaginulina durch die spi- ralige Einrollung der Anfangskammern. Mündung excentrisch und auf die convexe Krümmungsseite der Schale gerückt. Uebergangsform zwischen Dentalina und Cristellaria. Lebende Arten ea. 9. Fossil seit Trias. System. 199 Cristellaria, Lamck. 1816 (VII. 27, VIII. 10). Synon. Nautilus Aut. p. p., Lenticulites u. Lenticulina Lamck. etc., Polystomella Lamck., Nummularia p. p. Sorby, Nummulina p. p. d’Orb., 16 verschiedene Genera bei Montf., Planularia, Saracenaria Defr., d’Orb., Robulina d’Orb. etc, Hemicristel- laria, Hemirobulina Stache. Völlig spiralig symmetrisch eingerollt und involut; Septen und daher auch Kammernähte recht schief nach vorn zur Spiralaxe ge- neigt. Kammerzahl der Umgänge ca. 8—9. Mündung nodosaria-artig, am peripherischen convexen Krümmungsrand gelegen; zuweilen schlitz- förmig bis dreiseitig (Robulina d’Orb.). Häufig Kiel oder Nabelknopf. Lebende Arten ca. 20. Fossil seit Trias. Anhang zur Familie der Rhabdoina. Conulina, d’Orb. 1839. Frei, kalkig; Kammern zahlreich nodosaria-artig in gerader Axe autf- gereiht, sehr niedrig und rasch in die Breite wachsend, daher Gesammt- gestalt etwa umgekehrt konisch. Statt einfacher Mündung zahlreiche Poren auf Endfläche. (Zugehörigkeit zu Perforata bis jetzt noch nicht constatirt.) 1 Art lebend. Kreideformation? Wir schliessen hier ferner noch eine Anzahl sandschaliger Formen an, die von den englischen Forschern gewöhnlich als Untergeschlechter der Gattungen Lituola und Trochammina betrachtet und auch dem- entsprechend als imperforat bezeichnet werden. Die grosse Ueberein- stimmung in den allgemeinen Bau- und Wachsthumsverhältnissen, welche diese Formen z. Th. wenigstens mit den kalkschaligen Nodosarien zeigen, lässt ihre einstweilige Einreihung an dieser Stelle nicht ungerechtfertigt erscheinen. Hormosina, Brady 1879 (117, L.) (V. 15). Frei, monotbalam, lagena-artig; oder polythalam nodosaria-artig. Feinsandig glatt, daher von Brady als Untergeschlecht von Trochammina betrachtet. Recent. 2 Arten. Reophax, Montf. 1808; Brady (105 u. 117, I.) (V. 8 u. 14). Synon. Lituola p. p. P. u. J., Carp., Dentalina Aut. p. p. Frei, monothalam lagena artig, oder polythalam nodosaria-artig, gerade bis gekrümmt. Rauhsandig. Mündung einfach; Kammerhöhlungen ohne labyrinthische Einwüchse. Lebende Arten ca. 7. Geolog. Verbreitung? Haplostiche, Reuss 1861. Wie Reophax, jedoch Kammerhöhlungen durch labyrinthische Ein- wüchse in zahlreiche unregelmässige Kämmerchen getheilt; Mündung daher dendritisch bis zusammengesetzt. Recent? Fossil Dyas. Polyphragma, Reuss. Synon. Lichenopora Reuss. Aehnlich Haplostiche, jedoch mit Anfangsende festgewachsen. Mündung siebförmig. Fossil. Kreideformation. (Noch zweifelhafter hinsichtlich 200 Rhizopoda. ihrer Stellung sind die beiden von Brady aus der Kohlenformation und dem Dyas beschriebenen sandschaligen Gattungen Nodosinella und Stacheia (105), wir versuchen es hier nicht, dieselben zu charakterisiren.) 2. Familie. Polymorpbhinina. Char.‘ Polythalam, kalkig; Kammern in hoher Schraubenspirale aufgerollt, mit mehr oder weniger deutlicher zwei- bis dreizeiliger An- ordnung. Polymorphina, d’Orb. 1826 (emmend. Br., P. u. J. Transact. Linn. soc. XXVIL); Aleock (Qu. j. m. se. VII. u. Mem. of litter. a. philos. soc. Manchester III.) (VIII. 4). Synon.*) Polymorphium Soldani p. p., Serpula W. u. J., Anthusa, Cantharus, Misilus Montf., Renoidea Brown p. p., Aulostomella Alth., Raphanulina, Apiopterina p. p. Zborz., Prosoporus, Grammostomum, Strophoconus, Bigenerina, Vaginulina, Pleurites, Sagrina, Sphaeroidina p. p. Ehrbg., Globulina, Guttulina, Pyrulina d’Orb., Rostrolina, Atractolina v. Schlicht. Meist frei; Kammern mehr oder minder deutlich zweizeilig geordnet und ziemlich schief zur Hauptaxe, blasig aufgetrieben oder Schale äusserlich gleichmässig abgerundet. Jüngere Kammern die älteren in sehr verschiedenem Grad überdeckend. Mündung rundlich bis spalt- förmig, meist etwas zitzenförmig verlängert (lagena-artig), am vorderen Ende der Kammern ziemlich axial gelegen. Aeussere Sculpturen mannigfach, z. Th. abnorme Wachsthumserscheinungen. Lebende Arten ca. 22. Fossil seit Trias (Silur?). Untergattung Dimorphina, d’Orb. 1826. Synon. ÖOrthoceratium Sold. p. p. Von Polymorphina unterschieden durch den Uebergang der jüngeren Kammern in gestreckt einzeiliges, nodosaria-artiges Wachsthum. Lebende Arten 1. Fossil seit Tertiär. Uvigerina, d’Orb. 1826 (VII. 31). Untergattung Sagrina (Sagraina) d’Orb. 1839. Synon. Polymorphium Soldani p. p. Frei. Mehr oder minder deutlich dreizeilig, jedoch zuweilen mit Uebergang der jüngeren Kammern in zwei- und einzeiliges nodosaria- artiges Wachsthum (Sagrina d’Orb.). Mündung lagena-artig. Zahl der lebenden Arten ca. 14. Familie Globigerininae, Carp. 1862 (p. p.). Char. Mono- bis polythalam, chitinös, kalkig, (hyalin) oder sandig; Perforation gewöhnlich (jedoch keineswegs durchaus) grob und ziemlich weit gestellt. Mündung im Gegensatz zu den Lagenidae gewöhnlich schlitzförmig und nicht röhrenförmig ausgezogen. Scheidewände fast stets *) Nach Brady, P. u. J. I. c. System. 201 einfach und daher Kanalsystem und sogen. Zwischenskelst nur bei einigen Formen entwickelt. (Wie sich aus dieser Aufzählung ergibt, ist es nicht wohl möglich, diese immerhin recht natürlich erscheinende Formenreihe durch gewisse feststehende Charaktere scharf zu definiren.) Unterfamilie Globigerinae, Carp. 1862 (p. p.). Monothalam oder polythalam und dann die in niedriger Schrauben- spirale oder symmetrischer Spirale aufgerollten Kammern blasig, Kkugelig aufgetrieben und gewöhnlich (jedoch nicht immer) die Kammermündungen getrennt in gemeinsame Nabelhöhle mündend. Microcometes, Cienk. 1876 (104a); Entz (110) (IV. 5). Schale kugelig, häutig (chitinös) mit 1—5 (häufig 3) porenartigen Mündungen. Thierkörper füllt die Schale nicht aus. Pseudopodien lang, verästelt oder unverästelt, nicht anastomosirend. 1 Nucleus; contraetile Vacuolen mehrfach. Lebende Arten 2. Süsswasser und Salzteich bei Klausenburg. ? Orbulina, d’Orb. 1839; Pourtales (Sillim. americ. j. 1858); M. Schultze (Arch. f. Nat.-G. 1860 I.); Reuss (Sitzber. d. k. böhm. Ges. 1861); Wallich (s. b. Globigerina); Owen (J. Linn. soe. Zool. IX.); Aleock (Mem. lit. a. philos. soc. Manchester III.); Thomson a. Murray (Proc. roy. soc. 23); Brady (117, II.) (VII. 30). Synon. Sphaerula Sold. Homaxon, kugelig. Zweierlei Poren, zahlreichere feinere und gröbere, weitergestellte. Grössere Kammeröffnung meist feblend (ihr Vorkommen überhaupt nicht ganz sicher). Aeusserlich im intakten Zustand meist lang bestachelt (ob immer?). Häufig eine kleinere Globigerinaschale ein- schliessend. Lebende Arten 2. Fossil seit Rhät. Stufe. (Ueber die Be- rechtigung der Trennung dieser Formen von Globigerina sind, wie schon früher bei Gelegenheit der morphologischen Besprechung des Schalenbaues und der Fortpflanzung näher ausgeführt wurde, die Ansichten sehr getheilt. Brady (117, II.) führt sie neuerdings als Untergeschlecht von Globigerina auf. Wenn jedoch, wie Carpenter und andere Beobachter versichern, häufig keine innere Globigerinaschale zu finden ist, so könnte bis auf weiteres wenigstens für solche Formen die Gattung Orbulina reservirt werden.) Globigerina, d’Orb. 1826; Wallich (Deep sea research. London 1876); Thomson and Murray (Proc. roy. soc. 23); Brady (117, 1I.); Hertwig (Jen. Zeitschr. XI.) (VIII. 9). Synon. Polydexia Ehrbg., Rhynchospira Ehrbg., Coscinospira Stuart. Polythalam, kalkig, Kammern kugelig; meist in flacher Schrauben- spirale aufgerollt und die Kammern rasch an Grösse wachsend. Zu- weilen jedoch nahezu oder völlig symmetrisch spiralig. Halbmond- förmige Mündungen entweder sämmtlich in die weite Nabelhöhle getrennt führend, oder nur die der letzten Kammer frei und unbedeckt. Zuweilen auf Oberseite accessorische Kammermündungen in verschiedener Zahl 202 Rhizopoda. auftretend. Meist äusserlich lang bestachelt (ob immer?). Lebende Arten ca. 13. Fossil seit Trias. Untergenus Hastigerina, Wyw. Thomson 1876 (IX. 1). Synon. Nonionina (pelagica) d’Orb., Globigerina P. u. J. Aehnlich Globigerina; symmetrisch spiralig, gänzlich involut, Mündung der letzten Kammer allein nach aussen geöffnet, gross. — Lang gestachelt. Lebende Arten ca. 1—2. Fossil? Candeina, d’Orb. (Mod. 1826) 1846; Brady (117, 11.). Polythalam, kalkig, schraubenspiralig (3 Kammern gewöhnlich auf 1 Umgang). Kammern kugelig und rasch anwachsend. Statt einfacher Mündung Reihen von grossen Poren längs der Kammernähte. Recent. Artzahl 1. Cymbalopora, Hagen. 1850 (IX. 4). Synon. Rosalina d’Orb. p. p. Char. Kalkig, frei, feinporös, globigerina-artig schraubenspiralig beginnend, jedoch in eyklisches Wachsthum übergehend. Gesammtgestalt flach kegelförmig mit tiefer Nabelhöhle. Kammeröffnungen führen getrennt in diese Nabelhöhle. Lebende Arten ca. 4. Fossil seit Kreide. Carpenteria, Gray 1858; Carpenter (57, 4. ser., 74); Carter (A. m. n. h. 4. XVII. XIX. XX.); Möbius (Palaeontographica XXV.) (IX. 2). Synon. Raphidodendron (Möbius) Carp. Kalkig, aufgewachsen. Kammern schraubenspiralig aufgerollt bis sehr unregelmässig. Gesammtgestalt etwa kegelförmig, Kammeröff- nungen führen in axialen Centralraum, der auf freiem Kegelende mündet. Zuweilen diese Mündung in einfache oder baumförmig verästelte Röhre auswachsend. Kammern durch Secundärsepten mehr oder minder unter- getheilt. Hauptscheidewände doppelt und Kanalsystem schwach entwickelt. Recent. Arten ca. 2—3. ‘° Anhang zur Unterfamilie der Globigerinae. Wir reihen hier noch eine Anzahl bezüglich ihrer Stellung zweifel- hafter Sandıhizopoden an, die einen orbulina-artigen Bau zeigen. Psammosphaera, F. E. Sch. 1875 (103); Brady (117, I.) (V. 6). Frei oder aufgewachsen, sphärisch, ohne grössere Mündungsöffnung. Wand dick, äusserlich rauh. 2—4 Mm. Durchm. Recent. 1 Art. Stortosphaera, F. E. Sch. 1875 (103). Frei, sphärisch; äusserlich von diechtstehenden, nicht geöffneten Zacken bedeckt. Ohne Schalenmündung. Recent. 1 Art. Thurammina, Brady 1879 (117, I.) (V. 5). Synon. Lituola Carp. (The Microsc. 5. edit.). Meist frei; monothalam, sphärisch; mit oder ohne Hauptmündung auf kurz röhrenförmigem Hals; stets jedoch noch in verschiedener Zahl auf Tuberkeln über die ganze Schale verbreitete Nebenmiün- System. 203 dungen. Zuweilen mehrere Individuen äusserlich zusammenhängend. Feinsandig. Recent. Artzabl 3. Sorosphaera, Brady 1879 (117, 1.). Frei; polythalam; Kammern sphärisch bis etwas unregelmässig. In unregelmässig acervuliner Weise zusammengehäuft, Kammer hierbei z. Th. nur halbkugelig ausgebildet. Keine Mündungen oder Communikationen zwischen den Kammern. Durchm. 4—5 Mm. Recent. 1 Aıt. Unterfamilie Cryptostegia, Reuss 1861. Kalkig, frei, hyalin, feinporös; polythalam. Kammern etwa ovoid, völlig oder doch sehr involut. In gerader Axe aufgereiht oder zwei- bis dreizeilig geordnet. Mündung quer schlitzförmig, an einem Pol der Kammern gelegen. Ellipsoidina, Seguenza; Brady (A. m. n. h. 4. 1.). Kammern in gerader Linie aufgereiht, die jüngeren die älteren successive völlig umfassend und einschliessend, durch eine säulenartige Verbindung ihrer vorderen Pole zusammenhängend. Mündungen der Kammern am vorderen Pol, an der Basis dieser Säule, schlitzförmig und durch Querbrücken in eine Anzahl secundärer Oeffnungen getheilt. Fossil. Miocän (1 Art). Chilostomella, Reuss 1849; Brady (117, I1.). Kammern ovoid, sich nahezu völlig umfassend, alternirend zwei- zeilig geordnet, so dass die schlitzförmigen, queren 'Mündungen bald an dem einen, bald an dem andern Pol der Schale liegen. (Allgemeine Bauverhältnisse ganz entsprechend der sogen. Uniloculina unter den Im- perforata.) Lebende Arten 1. Fossil seit Tertiär. Allomorphina, Reuss 1849; Brady (117, 11.). Aehnlich Chilostomella und verhält sich zu dieser etwa so, wie Triloeulina zu Uniloculina. Also Kammern sich weniger umfassend und äusserlich 3 sichtbar. Lebende Arten 1. Fossil seit oberer Kreide- formation. Unterfamilie Textularidae, Carp. 1862. Polythalam, kalkig und sandig; in meist hoher Schraubenspirale zwei-, mehrzeilig oder ohne Ausprägung von Zeilen aufgerollt. Meist ziemlich grob perforirt. Textularia, Defr. 1828 (Textilaria); Parker u. J. (62, h.). Kammern alternirend zwei-, selten dreizeilig entlang der Hauptaxe aufgereiht. Gesammtgestalt stets mehr oder weniger umgekehrt kegel- bis keilförmig. Mündung meist an Basis der axialen Kammerfläche, halbkreisförmig bis halbmond- und schlitzförmig, seltener mehr terminal. 204 Rhizopoda. Untergattungen: Textularia s. str. (VII 5). Synon. Polymorphium Sold. p. p., Loxostomum, Clidostomum, Rhynchoplecta, Proroporus p. p. Ehrbg. Regulär zweizeilig, häufig stark in der Medianebene beider Kammer- reihen abgeplattet, Mündung meist normal. Grössere Formen häufig etwas sandig. Lebende Arten ca. 25. Fossil seit Kohlenformation. (Plecanium nannte Reuss sandschalige, echte Textularien.) Bigenerina, d’Orb. 1826. Synon. Gemmulina d’Orb. Aehnlich Textularia, jedoch jüngere Kammern in einreihiges Wachs- thum übergehend. Meist etwas sandig. Lebende Arten ca. 5. Fossil seit Kohlenformation. (Climacimma nennt Brady (105) bigenerina-artige und angeblich imperforirte, innerlich labyrinthische Formen der Koblen- formation.) Grammostomum, Ehrbge. Synon. Vulvulina d’Orb. Regulär zweizeilig; sehr stark comprimirt. Mündung spaltförmig parallel der Abplattungsebene. Lebende Arten ca. 4. Fossil seit Kohlen- formation. (Schizophora Reuss unterscheidet sich von Grammostomum durch Uebergang in einzeiliges Wachsthum. Tertiär.) Verneuilina, d’Orb. Synon. Tritaxia Reuss. Dreizeilig., Mündung axial oder terminal. Gaudryina d’Orb. (emmend. P., J. u. Carp.) ist eine Verneuilina mit Uebergang in zwei- zeiliges, Clavulina d’Orb. (emmend. P., J. u. Carp.) hingegen mit Ueber- gang in einzeiliges Wachsthum. Lebende Arten ca. 8. Fossil seit Kreide- formation. Cuneolina, d’Orb. 1839. Frei; Textularia mit starker Abplattung, jedoch senkrecht zu der bei Textularia gewöhnlichen Richtung. Jüngere Kammern rasch sich ver- breiternd, daher Gesammtgestalt fächerförmig. Statt einfacher Mündung eine Reihe grosser Poren. Lebende Arten 1. Fossil seit Kreideformation. Pavonina, d’Orb. 1826; Brady (117, IL.) (VIII. 13). Anfangskammern textularia-artig aufgereiht; spätere einzeilig; sehr stark abgeplattet und sich sehr rasch verbreiternd; Gesammtgestalt daher fächerförmig. Statt einfacher Mündung 1 Reihe von Poren auf der End- fläche. Recent. 1 Art. Bulimina, d’Orb. 1826. Frei, kalkig oder etwas sandig; in hoher Schraubenspirale aufgerollt mit 2 bis zahlreichen Kammern auf 1 Umgang; wenig bis recht involut. Gesammtgestalt stets ziemlich gestreckt kegelförmig bis eylindrisch. Be- sonders charakteristisch Mündung. Der Windungsaxe zu gerichtet und System. . 205 parallel dieser meist länglich schlitzförmig ausgezogen. Vorderes Ende des Schlitzes häufig etwas erweitert, dann etwa kommaförmige Gestalt der Mündung; Ränder häufig lippenförmig aufgewulstet und etwas über- einander geschoben. Fossil seit Triasformation. Untergenera: Bulimina s. str. Deutlich sehraubenspiralig, zuweilen, jedoch wenig deutlich, Neigung zu drei- oder zweizeiliger Anordnung, z. Th. sogar in einreihige über- gehend. Zuweilen Neigung zur Involubilität. Lebende Arten ca. 13. (Ataxophragmium nennt Reuss sandige Buliminen.) Robertina, d’Orb. 1846, soll sich nach d’Orbigny hauptsächlich dadurch von Bulimina unterscheiden, dass die Kammern noch durch eine secundäre Scheidewand untergetheilt werden. (Carp. definirt hingegen dieses Untergenus etwas anders.) Lebend. Virgulina, d’Orb. 1826. Synon. Grammobotrys Ehrbg. Dünne, kalkige, langgestreckte Schale, mehr oder weniger deutlich zweizeilig. Lebende Arten ca. 3. Bolivina, d’Orb. 1839. Ganz regelmässig zweizeilig, jedoch Mündung ganz bulimina-artig. Lebende Arten ca. 6. Valvulina, d’Orb. 1826 (VII. 34—36). Synon. Clavulina, Virgulina, Robertina, Bolivina d’Orb. p. p. Frei oder angewachsen; sandig (in der Jugend jedoch deutlich hyalin und perforirt). Schraubenspiralig und häufig dreizeilig. Gesammtgestalt dreiseitig pyramidal, kegel- oder kreiselförmig. Zuweilen auch ins ein- zeilige übergehend (Clavulina d’Orb. p. p.). Mündung gewöhnlich bogen- förmiger Schlitz mit zungenförmigem Vorsprung des einen Randes (Haupt- charakter). Lebende Arten ca. 10. Fossil seit Kohlenformation. Chrysalidina, d’Orb. 1846. Kalkig, frei, regulär dreizeilig, Kammern sehr niedrig und sehr schief zur Hauptaxe gerichtet. Aeussere Kammernähte hingegen hori- zontal. An Stelle grösserer Mündung eine Anzahl grober Poren. Lebende Arten 1. Fossil seit Kreideformation. Cassidulina, d’Orb. 1826 (VIII. 6). Kalkig, frei, feinporös; Kammern textularia-artig, zweizeilig auf- gereiht, jedoch Aufreihungsaxe nicht gerade gestreckt, sondern spiralig symmetrisch oder ganz niedrig schraubig aufgerollt. Letzter Umgang die vorhergehenden einhüllend. Mündung lang schlitzförmig, asymmetrisch gelegen. (Untergatt. Ehrenbergina Reuss (VII. 33), hier die spiralige Einrollung auf Anfangstheil der Schale beschränkt.) Lebende Arten ca. 6. Fossil seit Miocän. 206 Rhizopoda. Unterfamilie Rotalinae, Carp. (74); Parker u. J. (Qu. journ. geol. soc. 1872). Polythalam, gewöhnlich grobperforirt; kalkig (jedoch wohl nicht durchaus); niedrig schraubenspiralig aufgerollt, so dass auf der apicalen Fläche sämmtliche Kammern, auf der basalen hingegen nur die des letz- ten Umgangs sichtbar sind. Zuweilen jedoch auch zu völlig symmetri- scher Aufrollung übergehend. Bald die apicale, bald die basale Seite mehr hervorgewölbt. Mündung meist schlitzförmig, bald mehr auf die apicale, bald mehr auf die basale Fläche gerückt. Scheidewände gewöhn- lich einfach, nur bei Rotalia doppelt und mit Kanalsystem. Häufig in abnorme Wachsthumsverhältnisse übergehend. Discorbina, Lamck. (P. u. J. emmend.) 1804 (IX. 6). Synon. Discorbites, Rotalia, Rosalina, Valvulina, Asterigerina, Anomalina und Globigerina d’Orb. p. p., Rotalia Will. p. p. Frei, kalkig, niedrige Schraubenspirale mit mehr oder weniger empor- gewölbter Apicalseite. Basalseite flach, Kammern sphärisch, meist auf- gebläht. Ziemlich grob porös. Mündung excentrisch, hauptsächlich auf . Basalseite, schlitzförmig. Nabelhöhle der Basalseite meist von nicht per- forirter Kalkmasse erfüllt oder von Lamelle solcher überdeckt, welche sternartige Fortsätze in die Septalfurchen aussendet. (Asterigerina d’Orb.) Lebende Arten ca. 20. Fossil seit Kreideformation. Planorbulina (d’Orb. 1826), P. u. J. (IX. 3). Synon. Planorbulina, Rotalia, Rosalina, Anomalina, Truncatulina, Planulina, Gyroidina d’Orb. p. p, Acervulina M. Sch. Kalkig, recht grob porös (vielleicht bezeichnendster Charakter für diese Formen); aufgewachsen mit apicaler Fläche; diese daher abgeplattet, während basale Fläche mehr oder minder hervorgewölbt. Mündung schlitzförmig, auf basale Fläche gerückt. Untergattungen: Planorbulina s. str. Synon, Siphonia Reuss, Acervulina M. Sch. Flach aufgewachsen, Kammern ziemlich blasig aufgetrieben. Nach einer Anzahl von Umgängen in mehr oder weniger eyklisches Wachs- thum tbergehend, wobei die Zahl der Kammermündungen sich vermehrt. Lebende Arten ca. 15. Fossil seit Lias. (Acervulina M. Sch. ist eine aus sehr unregelmässig übereinandergethürmten Kammern bestehende Planorbulina, und auch die neuerdings von Carter beschriebene Aphrosine (Journ. mier. soe. Vol. II.) scheint nur eine etwas unregelmässig wachsende Planorbulina zu sein.) Truncatulina, d’Orb. 1826 (emmend. P. u. J.). Synon. Lobatula Flem., Polyxenes, Cibicides, Aspidospira, Aristerospira Ehrbg. Nicht eyklisch auswachsend. Zur Anheftung dienende Apicalfläche abgeflacht, freie Basalfläche stark convex hervorgewölbt. Mündung System. 207 charakteristisch (vergl. frühere Beschreibung). Lebende Arten 4. Fossil seit Kohlenformation. Anomalina, d’Orb. 1826. Nahezu symmetrisch spiralig, bald mehr planorbulina-, bald mehr truncatulina-artig. Lebende Arten 2. Planulina, d’Orb. Nahezu symmetrisch und sehr stark scheibenförmig abgeflacht, nicht eyklisch auswachsend. Lebende Arten 1. Pulvinulina (d’Orb. 1826), P. u. J. emmend. (IX. 5). Synon. Rotalia, Planorbulina, Valvulina, Nonionina d’Orb. p. p. Frei, kalkig, fein porös (sehr wichtiger Charakter). Apicalfläche meist kegelförmig erhaben, Basalfläche mehr oder weniger convex. Z. Th. jedoch auch sehr niedergedrückt. Kammerzahl mässig gross, Nabel der Basalfläche häufig ausgefüllt, ebenso die Kammernähte; häufig gekielt. Mündung auf Basalfläche schlitzartig. Jüngere Kammern zuweilen in eine Art eyklisches Wachsthum übergehend (vermiculat). Lebende Arten ca. 30. Fossil seit Kohlenformation. Rotalia (Lamek. 1801) P. u. J. emmend.; Williamson (Transact. mier. soc. 2. s. I.) (IX. 3). Synon. Nautilus Aut. ant. p. p., Rotalia, Rosalina, Gyroidina. Asterigerina und Calcarina d’Orb. p. p. Frei, kalkig; feinporös; Kammerzahl der Umgänge ziemlich gross; apicale Seite flach öder wenig erhoben, Basalseite ziemlich flach bis kegelförmig erhoben. Mündung wenig asymmetrisch gelegen bis ganz auf Basalseite gerückt. Nabel und Kammernähte häufig von nichtperfo- rirter Schalenmasse erfüllt. Septen doppelt, mit wohlausgebildetem Kanal- system. Lebende Arten ca. 13. Fossil seit Kreideformation. (Oberer Jura?) Calcarina, d’Orb. 1826; Carp. (57, 4. s.) (IX. 7). Synon. Siderolithes Lamck., Siderolina d’Orb., Siderospira, Pleurotrema Ehrhg. Frei, kalkig, niedere Schraubenspirale, mit wenig sich verdeckenden Umgängen. Hauptcharakter allseitige Umhüllung durch secundäre, von zahlreichen Kanälen (sogen. Kanalsystem) durchzogene Schalensubstanz, die hauptsächlich peripherisch in mehr oder minder zahlreiche einfache oder verzweigte lange Stacheln auswächst. Mündung an Basis der ein- fachen Septen, gewöhnlich in einer Reihe von groben Poren untergetheilt. Lebende Arten ca. 4. Fossil seit Kreideformation (Kohlenform.? Brady). Anhang zur Unterfamilie der Rotalinae: Sandschalige Rotalinen. Es wurde schon früher bemerkt, dass eine Anzahl der sandschaligen, gewöhnlich dem Genus Trochammina bei- gerechneten Formen wahrscheinlich zu den Rotalinen zu stellen sind. 208 Rhizopoda. Polytrema, Risso 1826; Blainv. 1834; M. Schultze (Arch. f. Nat.-G. 1863, I.); Carpenter (74 u. A. m. n. h. 4. XVII); Carter (A. m. n. h. 4. RWIL: XIX. IR AIR TI, Synon. Millepora Pallas, Linne, Esper, Lamck., Pustularia Gray. ' Kalkig, aufgewachsen, polythalam spiralig beginnend und hierauf in sehr eigenthümlicher Weise weiterwachsend. Gesammtgestalt baumförmig, mit mehr oder weniger ästig verzweigtem Distalende. Enden der Aeste geöffnet. Meist roth gefärbt. (Ueber die feineren Bauverhältnisse vergl. die früher gegebene Beschreibung.) Recent. 1 Art. (Verwandtschaftliche Beziehungen bis jetzt noch wenig aufgeklärt, von Carpenter, P. u. J. als eine modifieirte Rotaline, etwa von Planorbulina sich ableitend, betrachtet. Doch ist die feinere Bauweise so eigenthümlich, dass mir diese Auffassung sehr fraglich erscheint.) ? Parkeria, Carp. 1869 (88); Carter (A. m. n. h. XIX) (V. 23). Frei; nach Carp. kalksandschalig, nach Carter kalkigfaserig, nicht sandig. Kugelig bis linsenförmig (bis zu 50 Mm. im Durchm.). Aus zahlreichen concentrischen Lamellen, die durch radiäre Pfeiler verbunden werden, zusammengesetzt. Ohne grössere Kammermündung. Im Centrum eine Anzahl in gerader Linie hintereinanderliegender Embryonalkammern, die von Carter auf einen umwachsenen Fremdkörper zurückgeführt werden. Fossil, Kreideformation. (Carter leugnet die Rhizopodennatur der Parkeria und betrachtet sie als das Basalskelet eines Hydractinia ähnlichen Hydroidpolypen.) Patellina, Will. 1858 (61); Carp. (74) (IX. 9). Synon. Orbitolina d’Orb. p. p. Aut., ? Cyelolina d’Orb., Conulites Carter (A. m. n. h. 3. VIII). Ziemlich verschieden und z. Th. bis jetzt noch wenig sicher. Gestalt etwa flach kegelförmig. Spitze des Kegels mit Embryonalkammer, hieran anschliessend der Kegelmantel, gebildet aus halbe Umgänge formiren- den Kammern oder aus schraubigspiraliger Röhre. Stets jedoch Untertheilung der Kammern durch zahlreiche secundäre Septen. Von besonderen Kammer- mündungen nichts bekannt; auf der Aussenfläche eine Anzahl Poren. Kegelhöhle von exogener Schalenmasse mehr oder weniger erfüllt. Hierin z. Th. Ausbildung von Nebenkämmerchen von unregelmässiger oder regel- mässigerer Bildung und häufig ganz orbitoides- oder tinoporus-artiger Anordnung. Lebende Arten ca. 3. Fossil seit Kreide. (Wie schon früher bemerkt, scheinen mir die verwandtschaftlichen Beziehungen dieser interessanten Gattung noch keineswegs hinreichend aufgeklärt; ja es scheint mir sogar bis jetzt ihre Zurechnung zu den Perforaten noch nicht gegen jeden Zweifel sichergestellt. Ob die von P.. J. und Carp. ihr an- gewiesene Stellung bei den Rotalinen sich durch eingehendere Unter- suchungen als richtig erweisen dürfte, oder ob nicht doch ein näherer Anschluss an Orbitoides und Tinoporus gerechtfertigt erscheint, wagen wir hier nicht zu entscheiden. Er System. 309 Familie Nummulitinae (Nummulinida Carp. 1862) emmend. Btschli. Kalkig, selten sandig; hyalin und gewöhnlich fein bis sehr fein porös. Mono- bis polythalam, symmetrisch spiralig aufgerollt, selten etwas asym- metrisch schraubenförmig. Fast stets völlig involut, jedoch häufig die seitlich übergreifenden Partien der späteren Umgänge ohne zwischen- bleibende Kammerhöhlungen direet zur Verstärkung der Wand des vorher- gehenden Umgangs aufgelegt. Mündung fast stets schlitzförmig an Basis . des einfachen oder doppelten Septums gelegen; dieses gewöhnlich nicht perforirt, nur von einer Anzahl grober Poren durchbohrt. Kanalsystem bei den höheren Formen sehr wohl und z. Th. in sehr complieirter Weise entwickelt. Z. Th. mit Uebergang in eyklisches Wachsthum und Unter- theilung der Kämmerchen durch Secundärsepta, in ähnlicher Weise wie bei den Orbitolitina unter den Imperforata., (Die Familie der Nummulitinae ist hier in einem weiteren Sinne gefasst, als dies von Carpenter geschehen, indem ihr eine Anzahl Formen zugesellt wurden, die Carpenter unter den Globigeriniden aufführt oder die erst in neuerer Zeit bekannt wurden. Neben anderen Charakteren scheint mir die ausgesprochene Neigung zu symmetrisch spiraligem und völlig involutem Wachsthum diese Formen hauptsächlich zu verbinden.) Unterfamilie Involutinae, Btschli. Monothalam, symmetrisch bis etwas asymmetrisch spiralig, kalkig, eornuspira-artig, jedoch involut, mit Beschränkung der Kammerhöhlung auf die peripherischen Theile der Umgänge. Involutina (Terqu. 1862), Bornemann emmend. (Z. d. d. geolog. G. 26) Brady. (IX. 12). Kalkig, frei, cornuspira-artig aufgerollt und selten etwas asym- metrisch. Durch Ueberlagerung durch die Schalenlamellen der späte- ren Umgänge die Nabelhöhlungen ganz ausgefüllt, so dass Umgänge äusserlich nicht sichtbar. Feinere und gröbere Porenkanäle vorhanden (jedoch die feinen, nummulitenartigen Porenkanäle von Archaeodisceus nicht beobachtet, aber doch vielleicht vorhanden). Fossil (Lias). (Proble- matina nennt Bornemann einige von Terquem beschriebene Involutina- arten, die durch den Besitz von Scheidewänden sich als polythalam er- weisen sollen; Silieina (Involutina Terg. p. p.) hingegen sandig-kieselige involutina-artige Formen; beide Gattungen sind jedoch bis jetzt noch zu wenig genau bekannt, um über ihre Stellung mit Sicherheit urtheilen zu können. Lias.) Archaeodiseus (Archaediscus), Brady (A. m. n. h. 4. XI. u. 105) (IX. 13). Monothalam, äbnlich Involutina, jedoch die Aufrollung nicht in einer Ebene, sondern wechselnd in verschiedenen. Aeusserlich die Umgänge nieht sichtbar. Gesammtgestalt linsenförmig. Zweierlei Poren. Fossil, Kobhlenformation. 1 Art. | Bronn, Klassen des Thier-Reichs. Protozoa. 14 210 Rhizopoda. Spirillina, Ehrbg. 1841 (emmend. P., J. u. Carp.). Synon. Oolis Phill., Operculina Reuss etc. p. p., Cornuspira M. Sch. p. p. Kalkig, frei, symmetrisch bis etwas asymmetrisch aufgerollt und Um- gänge nur sehr allmählich anwachsend. Nicht involut. Meist grob porös. Häufig Auflagerungen von exogener Schalenmasse. Lebende Arten ca. 7. Fossil seit Tertiär. (In mancher Hinsicht scheint mir die Gattung Spi- rillina zunächst an die beiden soeben besprochenen Gattungen sich an- zuschliessen, jedoch sind nach den bis jetzt vorliegenden Untersuchungen sehr erhebliche Unterschiede nicht zu verkennen. Carp., P. u. J. stellen sie zu den Globigerinida.) Unterfamilie Pulleninae, Btschli. Polythalam, kalkig, feinporös, meist frei. Spiralig aufgerollt, zu- weilen etwas asymmetrisch. Involut; Kammerzahl der Umgänge gering und Kammern rasch in die Höhe und namentlich auch Breite wachsend, daher Gesammtgestalt mehr oder weniger kugelig. Septa gewöhnlich einfach, daher meist kein Kanalsystem. Mündung meist sehr ansehnlicher Querschlitz an Basis der Septen. Pullenia, P. u. J. 1862 (IX. 14), Synon. Nonionina p. p. d’Orb. Symmetrisch, völlig involut. Kammerzahl auf 1 Umgang 4—5; Höhe der Kammern gering, dagegen Breite recht ansehnlich. Gesammtgestalt kugelig. Mündung sehr breiter, niederer Schlitz an Basis der Septen. Kein Kanalsystem. Septen perforirt (?). Lebende Arten ca. 5. Fossil seit oberer Kreideformation. Sphaeroidina, d’Orb. 1826 (IX. 15). Synon. Sexloculina Fi2. Unterscheidet sich hauptsächlich, durch asymmetrisch, seitlich an der Basis der Septen gelegene, kleine halbmondförmige Mündung. Zahl der lebenden Arten 2. Fossil seit oberer Kreide. (Die Hierhergehörigkeit der Sphaeroidina ist etwas fraglich; da sie jedoch ohne Zweifel in nächster Beziehung zu Pullenia steht, so dürfte trotz ihrer Abweichungen ihre Hierherziehung gerechtfertigt erscheinen.) ?Rupertia, Wallich 1877 (A. m. n. h. 4. s. XIX.). Kalkig, zuweilen jedoch auch etwas sandig, verhältnissmässig grob porös. Ziemlich unregelmässige spiralige Aufrollung. Gesammtgestalt kugelig bis unregelmässig., Kammern äusserlich nicht unterscheidbar. Mündung breit halbmondförmig. Durch dicken, kurzen, aus nicht perfo- rirter Schalenmasse bestehenden Stiel aufgewachsen. Scheidewände im- perforirt. Recent. 1 Art. (Die Hierhergehörigkeit dieser Gattung scheint recht fraglich, jedoch scheinen mir die verwandtschaftlichen Verhältnisse noch am meisten auf Pullenia hinzudeuten.) System. 211 Endothyra, Phill. 1846; Brady (105); v. Möller (116) (IX. 16). Synon. Rotalia Hall, Nonionina p. p. Eichwald, Involutina p. p. Brady. Allgemeine Bildung ähnlich Pullenia. Kammerzahl der Umgänge jedoch bedeutend grösser (bis 20 im letzten Umgang). Kalkig nach Möller (nach Brady angeblich kalksandig), feinporös. Septen einfach, perforirt; Mündung ansehnlich. Fossil, Kohlenformation. (Nach Brady angeblich zu sandigen Imperforata gehörig.) Cribrospira, v. Möller (116). Aehnlich Endothyra, jedoch etwas asymmetrisch schraubenspiralig. Mündung gross, jedoch nach v. Möller secundär gebildet, daher der letzten Scheidewand gewöhnlich fehlend. Septa einfach, mit gröberen Poren. Fossil, Kohlenformation. Bradyina, v. Möller (116) (IX. 17). Synon. Nonionina Eichwald p. p., Lituola Brady p. p. Aehnlich Cribrospira, grob perforirt, asymmetrisch. Kammerzahl der Umgänge mässig gross (7”—8 im letzten Umgang). Zweiter Umgang mit abgeschnürten Seitenkammern unter der apicalen Windungsspitze. Mün- dung wie Cribrospira. Septa zweiblätterig mit Kanalsystem und einer Anzahl gröberer Poren. Fossil, Kohlenformation. Amphistegina, d’Orb. 1826; Williamson (47); Carpenter (57, 3. s.) (X. 1-3). Kalkig, frei. Etwas asymmetrisch, flach schraubenspiralig; eine Seite mehr eonvex als die andere. Kammerzahl der Umgänge zahlreich, die Höhlungen erstrecken sich bis nahezu zur Windungsaxe. Höhen- und Breitenzunahme sehr allmählich, daher Gesammtgestalt etwa linsenförmig. Septa stark vorwärts gekrümmt; auf mehr convexer, sogen. Unterseite durch secundäre Septen von jedem Kammerflügel ein secundäres Käm- merchen abgetheilt. Septa einfach, ohne Kanalsystem. Mündungen spalt- artig, einseitig auf sogen. Unterseite gerückt. Lebende Arten ca. 3. Fossil seit Kohlenformation. (Diese Gattung neigt sich durch zahlreiche Charaktere schon sehr zu der folgenden Unterfamilie hin, ist daher wohl am besten als eine mit dieser vermittelnde zu betrachten.) Unterfamilie Nummulitidae. Symmetrisch, gewöhnlich sehr vielkammerig. Kammern meist nur wenig in die Breite wachsend, daher Gesammtgestalt gewöhnlich, jedoch keineswegs immer, ziemlich abgeflacht. Septa imperforirt, zweilamellig mit mehr oder minder, z. Th. sehr hoch entwickeltem Kanalsystem. Polystomella, Lamck. 1822; Williamson (46 u. 47); Carpenter (57, 4. ser.) (X. 6, XL). Umgänge ziemlich in die Breite wachsend, dagegen in der Höhe nur mässig zunehmend. Gesammtgestalt daher nicht sehr abgeflacht bis 14* 2313 Rhizopoda. linsenförmig. Kammerzahl der Umgänge gering bis mässig gross. Kanal- system mehr oder weniger wohlentwickelt. Kein Dorsalstrang. Untergenus Nonionina, d’Orb. 1826. Synon. Noniona, Melonis, Florilus, Chrysolus Montf., Pulvillus, Lenticulina p. p., Placentula Lamck., Geoponus Ehrbg. Mündung einfacher, basaler, halbmondförmiger Schlitz. Kammer- höhlungen einfach ohne zipfelförmige Aussackungen. Nabel z. Th. un- ausgefüllt. Kanalsystem weniger wohl entwickelt. Lebende Arten ca. 14. Fossil seit Kreideformation. (Durch die einfachsten Formen scheint sich diese Gattung noch ziemlich innig an Pullenia anzuschliessen, die höher entwickelten führen ganz allmählich zu Polystomella s. str. hinüber.) Untergenus Polystomella s. str. Synon. Nautilus p. p. L. et Aut. ant., Geophonus, Elphidium, Pelorus, Andromedes, Sporilus Themeon, Calcanthus Montf., Vorticialis Blainv., Polystomatium Ehrbg., Faujasina d’Orb. Mündung in eine basale Reihe von groben Poren untergetheilt. Kammerzahl der Umgänge ziemlich gross. Kammerhöhlungen peripherisch nach hinten in zipfelförmige Aussackungen fortgesetzt (z. Th. äusserlich wohl sichtbar). Kanalsystem sehr wohl entwickelt. Nabel stets aus- gefüllt. Lebende Arten ca. 11. Fossil seit Kreideformation (Kohlen- formation ?). Cycelammina, Brady 1876 (Proc. roy. soe. XXV. u. 117, I.). Synon. Lituola Carp. The Microsc. 5. edit., Carter A. m. n. h. 4. XIX. Ganz ähnlich Nonionina, jedoch sandschalig. Kammerhöhlungen durch röhrige Auswüchse mehr oder weniger erfüllt. Recent. 1 Art. (Sandige, ganz nonionina-artige Formen hat ferner Brady als Trochammina beschrieben, so Trochammina trulissata [117, 1.].) Operceulina, d’Orb. 1826; Carter (An. m. n. h. 2. X.); Carpenter 57, 3. ser.); Parker! u. 'J. (62, 8.) (X. 2). Synon. Nautilus Gronovius, Schroedt., Lenticulites Basterot, Defr. Wenig Umgänge, sehr rasch, namentlich der letzte, in die Höhe wach- send, dagegen in Breite sehr wenig zunehmend; Gesammtgestalt daher scheibenförmig abgeplattet. Kammerzahl mässig gross. Kammerhöhlungen nicht flügelartig über die Seitenflächen fortgesetzt. Mündung einfach, niedriger Querschlitz. Kanalsystem wohl entwickelt, mit Dorsalstrang. Lebende Arten ea. 2—3. Fossil seit Kreideformation. Nummulites, Lamek. 1801; Joly et Leymerie (M&m. Acad. sc. de Toulouse 3. s. IV.); Carpenter (43); d’Archiae et Haime, Descript. d. anim. foss. d. groupe Nummulitigue de l’Inde. Paris 1853); Parker u. J. (62, 8); Gümbel (N. Jahrb. f. Min. 1872); Brady (A. m. n. h. 4. XIII. u. 105); v. Möller (116) (XII. 1—10). Synon. Helieites Sold., Discolithes, Camerina Brug., Lenticulites Schloth., Lyco- phris p. p. Rotalites Montf., Nummularia Sowb., Nummulina d’Orb. etc., Orobias Eichw. Umgangszahl meist sehr gross; Umgangshöhe sehr allmählich B zung System. 213 wachsend, Breitezunahme gleichfalls meist gering, daher gewöhnlich scheibenförmig bis linsenförmig, seltener bis kugelig. Kammerzahl der Umgänge sehr gross; letzter Umgang meist cyklisch geschlossen. Mün- dung einfach. Kanalsystem sehr wohl entwickelt, mit Dorsalstrang. Unterg. Assilina, d’Orb. (Explanatae d’Arch. et H.) (XI. 4, 5). Kammerhöhlungen ähnlich Opereulina nicht flügelartig über die Seiten , bis zum Nabel fortgesetzt, daher die Umgänge äusserlich meist sämmtlich sichtbar. Unterg. Nummulina, d’Orb. (XII. 1—3, 6—10). Kammerhöhlungen flügelartig über die Seiten der Schale bis zur Windungsaxe sich fortsetzend, daher äusserlich gewöhnlich nur der letzte Umgang sichtbar. Verhalten der die seitlichen Kammerflügel scheidenden Theile der Septen verschieden, z. Th. einfach radiär verlaufend (Radiata P. u. J. = Plicatae + striatae d’Arch. et H. [XII. 3]); oder sinuös sich hin- ‚und herbiegend (Sinuatae P. u. J. = laeves + sublaeves + pars punctulatarum d’Arch. et H.), oder die gewundenen Septen vielfach ana- stomosirend und daher die Seitenflügel in zahlreiche secundäre Kämmer- chen zerlegt (Reticulata P. u. J. = Retieulatae + Subreticulatae d’Arch. et H.). Lebende Arten ca. 1. Fossil seit Kohlenformation. Anhang zur Unterfamilie der Nummulitiden. ? Bdelloidina, Carter 1877 (A. m. n. h. 4. XIX.). Flach aufgewachsen, kalksandig, allgemeine Bauweise erinnert sehr an Peneroplis unter den Imperforata; Mündung eine Reihe die Septen durchsetzender Poren. Obere freie Schalenwand labyrinthisch entwickelt, jedoch nach Carter sicher perforirt. Recent. 1 Art. (Die Stellung dieser Form erscheint bis jetzt ganz zweifelhaft, und haben wir sie daher einst- weilen ganz provisorisch hierhergewiesen, da wir ausser Stande sind, mit einiger Sicherheit über ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zu ent- scheiden. Der Nachweis der Perforirung verbietet ihre Unterbringung bei Lituola und Verwandten.) Unterfamilie Fusulinidae, v. Möller 1878, Kalkig, frei, feinporös. Regulär spiralig aufgerollt, völlig involut. Umgänge nur mässig in die Höhe wachsend, dagegen sehr rasch in die Breite, so dass die Gesammtgestalt, ähnlich Alveolina unter den Imperfo- rata, kugelig bis in der Windungsaxe langgestreckt, spindelförmig und cylindrisch wird. Kammerhöhlungen bis zur Windungsaxe ausgedehnt, daher die früheren Umgänge völlig von dem letzten verdeckt. Kammer- zahl der Umgänge ziemlich hoch. Letzter Umgang durch ceyklisches Aus- wachsen oder in anderer Weise völlig abgeschlossen. Mündung mässig breiter, basaler Querschlitz, symmetrisch gelegen. Septa meist einfach und Kanalsystem selten angedeutet. Durchaus fossil. 214 Rhizopoda. r Fusulina, Fischer v. W. 1829 (Bullet. s. imp. nat. Moscou 1829); Verneuil (Sill. am. journ. 2. ser. II.) v. Möller (116); (XII. 11—15). Synon. Alveolina Ehrhg. p. p. Schale spindelförmig bis eylindrisch. Septa einfache Lamellen; ihr nach der Windungsaxe gerichteter Theil (bis zu */, ihrer Höhe) in wellen- förmige, parallel der Höhenlinie der Kammern gerichtete Falten gelegt. Durch Zusammentreffen dieser Falten der benachbarten Septen Bildung zahlreicher seeundärer Kämmerchen. (Bis zu 12 Mm. lang.) Kohlen- formation. Schwagerina, v. Möller 1877 (116). Synon. Borelis Ehrbg. p. p., Fusulina p. p. Meck, Barbot de Marny, Stuckenberg. Kugelig bis etwas längsgestreckt; Hauptunterschied von Fusulina, dass Septa hier in ihrer grössten Ausdehnung nicht gefältelt und erst bei ihrer Annäherung an die Windungsaxe plötzlich stark wellenförmig sich hin und her falten und sich verzweigend unter einander anastomosiren. Fossil. Obere Kohlen- bis untere Dyasformation. Hemifusulina, v. Möller 1877 (116). Allgemeiner Bau sehr ähnlich Fusulina; Septa jedoch doppellamellig mit kanalsystemartigen Interseptalräumen. Grösse gering. Kohlenfor- mation. Anhang zur Familie der Fusulinida. Fusulinella, v. Möller 1877 (116). Synon. Melonia Ehrbg., Borelis p. p. Ehrhg., Alveolina p. p. Ehrbg., Fusulina p. p. Abich, Schwager, Brady. Gestaltsverhältnisse ähnlich Fusulina. Septa mit mittleren, ebenen und seitlichen, schwach gefältelten Theilen. — Schalenwandungen nach v. M. dicht, imperforirt; sammt den Septa aus zwei Lamellen gebildet, zwischen welchen ziemlich entwickeltes Kanalsystem sich findet. (Bis 5 Mm. Länge.) Fossil. Kohlenformation. (Wie schon früher bemerkt, sind die Beziehungen dieser Form zu den perforirten Fusuliniden so innig, dass sie vorerst, bis zu einer eventuellen Bestätigung ihrer Imperforirt- heit, wohl am besten hier zu belassen sein dürfte.) ? Loftusia, Brady 1869 (88); Carter (A. m. n. h. 4. XVII.); Dawson, G. M. (Qu. j. geol. soc. 35) (VI. 1). Frei, spiralig symmetrisch aufgerollt, völlig involut, ähnlich Fusuli- nida, Gestalt ellipsoidisch bis linsenförmig. Umgänge sehr nieder (bis 25), durch zahlreiche sehr schiefe Septen in Kammern getheilt, die durch säulenartige, senkrecht sich erhebende Auswüchse der Septen noch in zahlreiche unregelmässige secundäre Kammerräume untergetheilt werden. Kalksandig nach Brady. Aeussere Kammerlamelle dicht (?), innere dickere aus labyrinthischem Werk gebildet, das auch die Septen und säulen- artigen Auswüchse bildet. Längsdurchmesser bis 80 Millim. Fossil. Kohlenformation und Tertiär. (Carter ist geneigt, auch diese Form, wegen N 7 WERE System. 215 ihrer Beziehungen zu der Parkeria, die mir jedoch sehr wenig nahe zu sein scheinen, für das Basalskelet eines Hydroidpolypen zu erklären. Mir scheint die Rhizopodennatur der Loftusia nicht wohl zu bezweifeln, dagegen ihre Stellung sehr unsicher. Ihre Hierherziehung ist daher eine ganz provisorische.) Unterfamilie Cyeloclypidae, Btschli. Polythalam, mit ursprünglich spiraliger Aufrollung, die späterhin, ähnlich wie bei den Orbitolitina unter den Imperforata, in eyklisches Wachs- thum übergeht, oder ceyklisches Wachsthum sogleich auf die Central- kammer folgend. Ursprüngliche Kammerräume wie bei den ÖOrbitolitina durch secundäre Septen in Kämmerchen untergetheilt. Gestalt stets scheibenförmig abgeflacht. Primäre und secundäre Septa zweilamellig, mit sehr hoch entwickeltem Kanalsystem. Heterostegina, d’Orb. 1826; Carpenter (57, 2. ser. (X. 5). Beginn der Schale symmetrisch spiralig, involut aufgerollt; letzter Umgang sich rasch opereulina-artig erhöhend und verflachend. Kammer- länge sehr gering, und die Kammern des letzten Umgangs häufig sehr schief, nahezu parallel mit der Spiralaxe verlaufend, so dass hierdurch Uebergang zu cyklischem Wachsthum angebahnt wird. Mündung an Basis der Primärsepten, ähnlich Operceulina. Dorsalstrang entwickelt (bis 12’Mm. Durchmesser). Lebende Arten 1—2. Fossil seit Untertertiär. Cyceloelypeus, Carp. 1856 (57, 2. ser. u. 74 (VI. 3). Scheibenförmig, kreisrund bis gegen 60 Mm. Durchmesser. Um ein- fache Centralkammer sogleich Cyklen von radial verlängerten Kämmerchen in einfacher Lage. Seitenflächen der Scheibe von dieker, geschichteter, perforirter Kalkmasse überdeckt. Kanalsystem sehr hoch entwickelt. Lebende Art 1. Fossil seit Miocän. Orbitoides, d’Orb. 1847; Carpenter (43, 57, 2. ser.); Gümbel (Abh. d. k. bair. Ak. X. 2. Abth.) (XII. 16—21, XIII: 1). Synon. Nummulites und Lenticulites Aut. p. p., Discolithes Fortis p. p., Lyco- phrys Defr. p. p., Asteracites Schloth. p. p., Orbitulites Aut. p. p., Hymenocyclus Bronn, Cyelosiphon Ehrhg. Gestalt und Bau schliesst sich nahe an Cyeloclypeus an und unter- scheidet sich hauptsächlich dadurch, dass auf beiden Scheibenflächen, zwischen den hier aufeinandergeschichteten Kalklamellen, mehr oder minder zahlreiche Lagen von Nebenkämmerchen sich entwickeln. Grosse Embryo- nalkammer und diese noch von 3—5 recht grossen Centralkammern in spiraliger Anordnung umgeben; hierauf folgen die kleinen .Kämmerchen der Medianlage, gewöhnlich sehr bald in regulär eyklischer Anordnung. Fossil, oberste Kreideformation bis Miocän. Artzahl recht beträchtlich, 216 Rhizopoda. Untergenera: Discocyelina, Gümbel 1868 (XII. 16). Linsenförmig, oder dünn scheibenförmig; Mediankammern der Peri- pherie nicht durch Querwände untergetheilt. Rhipidocyclina, Gümbel 1868. Linsenförmig; Mediankammern nach der Peripherie zu stark in Höhe und Breite erweitert und durch der Medianebene parallele tertiäre Scheide- wände untergetheilt. Actinocycelina, Gümbel 1868 (XI. 19). Flach linsenförmig, kreisrund mit zahlreichen strahlenartigen Ver- diekungen, die vom Centrum der Scheibe auslaufen und durch erweiterte Mediankammern gebildet werden. Asterocyclina, Gümbel 1868 (XI. 17, 18, XIII. 1). Aehnliche radiale Verdickungen, wie bei der vorhergehenden Unter- gattung, diesen entsprechend der Rand der Scheibe ausgewachsen, so dass die Gesammtgestalt polygonal bis sternförmig wird. Erweiterte Mediankammern auch hier untergetheilt. Lepidocycelina, Gümbel 1869 (XII. 22). Flach linsen- oder dünn scheibenförmig; Mediankammern auf dem Horizontalschnitt peripherisch halbkreisförmig abgerundet. (Bei den vor- hergehenden Untergattungen dagegen rectangulär.) : Anhang zur Unterfamilie der Cyclocly pinae. Tinoporus, de Montf. 1808; Carpenter (57, 4, ser., 74); Carter (A. m. n. h. 4. XIX. u. XX.) (XIIL 2). Synon. Orbitolina P. u. J., Calcarina d’Orb,, Reuss p. p. Etwa von der Bildung eines Orbitoides, bei welchem die mediane Kammerlage nahezu völlig rudimentär geworden ist. Sie spricht sich nur noch aus in den planorbulina-artig sehr bald in eyklisches Wachs- thum übergehenden Anfangskammern der Schale. Nach beiden Seiten von diesen sind zahlreiche Schichten von Kämmerchen, ähnlich den Nebenkämmerchen von Orbitoides entwickelt. Gesammtgestalt etwa linsen- förmig bis stumpfkegelig. Sogen. Zwischenskelet und Kanalsystem z. Th. wohl ausgebildet (T. baculatus) und dann ersteres in eine Anzahl von strahlenartigen Stacheln randlich hervortretend, gleichzeitig auch das Aus- wachsen der Kämmerchenlagen längs dieser Stacheln mehr oder minder ver- anlassend, z. Th. jedoch ohne Entwickelung eines solchen Zwischen- skelets und Kanalsystems. Lebende Arten 2. Fossil seit Kreideformation. (Die Gründe, wesshalb wir die Gattung Tinoporus, entgegen der Auf- fassung von Parker, J. und Carp., von den Rotalinen entfernen und in Anschluss an die Cyeloclypinen bringen, sind schon früher bei Gelegen- heit der morphologischen Betrachtung des Schalenbaues erörtert worden. Carter hingegen hält den Tinoporus baculatus für nächstverwandt mit A ana. System. 217 Calcarina, dagegen die des Kanalsystems entbehrende Form T. vesicularis für hiervon sehr verschieden, die er nun für nächstverwandt mit einer von ihm früher zu Polytrema gezogenen Form hält. Letztere erhebt er jetzt zu einer besonderen Gattung Gypsina; sie bildet flache, melobesia- artige*) Ueberzüge auf Korallen ete., aus zahlreichen tinoporusartig auf- einandergehäuften Kammern bestehend, ohne Anwesenheit einer grösseren besonderen Mündung der Schale.) r y. Anhang zur systematischen Uebersicht der Rhizopodengattungen. Zweifelhafte oder durch neuere Untersuchungen als nicht hierher- gehörig erwiesene Formen, Eozoon, Dawson 1865 (XII. 8). Uebersicht der wiehtigsten Schriften über Eozoon: Logan, Qu. j. geolog. soc. XXI. Dawson, Qu. j. geolog. soc. XXI. Carpenter, Qu. j. geolog. soc. XXI. Gümbel, Sitzungsb. bayr. Akad. 1866. Pousyrewski, B. Ac. Petersb. X, Hochstetter, Sitzungsb. d. Wiener Ak. 53. Fritsch, Arb. d. geolog. Sect. d. Laudesdurchforsch. in Böhmen 1869. = King and Rowney, Qu. j. geolog. soc. XXIL.; Proc. irish Acad. Vol. X. und N. S. ol. I. . Carpenter, Qu. j. geolog,. soc. XXL. Carter, A. m. n. h. 4. XII., XIV., XVL Carpenter, A. m. n. h. 4. XII. Burbank and Perry, Proc. Boston soc. 14. M. Schultze, Verhandl. naturh. Vereins preuss. Rheinl. u. W. XXX, u. Tagebl. der Naturf.-Vers. 1873; A. m. n. h. 4. s. XIII. King and Rowney, A. m. n. h. 4. s. XIIL u. XIV. Dawson, The dawn of life etc. London 1875; A. m. n. h. 4. XVIL XVIL; Qu. j- geol. soc. 1876. Hahn, O,, Würtemb. naturw. Jahresh. 1876 u. 78. Gümbel, Corresp.-Bl. zool. min. Verein Regensb. 1876. - Möbius, Palaeontograph. XXV. Dawson, Am. j. sc. a. arts 1879, Möbius, Am. j. sc. a. arts, 1879. Die von Logan (1865) entdeckten, eigenthümlichen Einschlüsse in gewissen Schichten krystallinischen Kalkes der laurentischen Gneiss- formation Canada’s, welche Einschlüsse von Dawson den Namen Eozoon canadense erhalten haben, sind bis zu dieser Stunde trotz vielfacher Unter- suchungen seitens der Zoologen, Paläontologen und Mineralogen noch ein ihrer Natur nach sehr bestrittenes Objeet geblieben. Es ist bekannt, dass die hervorragendste Autorität auf dem Gebiet der Schalenbildungen der Rhizopoden, Carpenter, nach eigenen Untersuchungen sich sofort für die Rhizopodennatur der fraglichen Gebilde erklärte und seit dieser Zeit mit Lebhaftigkeit diese, wesentlich von ihm begründete Auffassung gegen zahlreiche Angriffe vertheidigt hat. *) Melobesia, eine flache, unregelmässige Ueberzüge auf Steinen etc. bildende Kalkalge. 218 Rhizopoda. Ausser an ihrer ursprünglichen Fundstätte wurden diese Eozoon- gebilde bald auch noch in entsprechenden Schichten Baierns, Böhmens, Irlands und Finnlands gefunden und sogar mehrere Arten unterschieden. Dieselben bestehen aus mehr oder weniger ausgedehnten, ca. 4 bis 5 Millim. dieken Lagen von Serpentin, die in verschiedener Zahl, durch Zwischenlagen von krystallinischem Kalk getrennt, regelmässiger oder unregelmässiger übereinandergeschichtet sind. Das Ganze bildet knollige Massen, die bis Kopfgrösse erreichen. Die Serpentinlagen er- scheinen wie aus einer grossen Anzahl kugeliger bis ellipsoidischer An- schwellungen zusammengesetzt (8, k), die etwa den Ausgüssen der Kammer- höhlungen unregelmässig gebauter, polythalamer Rhizopoden gleichen und daher auch in diesem Sinne von den Vertheidigern der Rhizopoden- natur des Eozoon aufgefasst werden. Auf der Grenze zwischen den ein- zelnen Serpentinlagen und den zwischengelagerten Kalkschichten findet sich gewöhnlich (jedoch keineswegs ganz regelmässig und in sehr verschie- denem Grad der Deutlichkeit) eine feinfaserige Lage (8, k'). Die Faserung derselben ist gewöhnlich, jedoch keineswegs wieder durchaus, senkrecht zur Oberfläche der Serpentinlamellen gerichtet. Nach der Auffassung von Carpenter u. A. entspräche diese Lage der feinperforirten, eigentlichen Kammerwandung, deren Tubuli durch Serpentin erfüllt sind. Weiterhin lassen sich in den kalkigen Zwischenlagen noch verästelte, dendritische Einlagerungen wahrnehmen (c), die sich etwa als Ausfüllungen eines Systems verzweigter Kanäle, das die Zwischenmasse durchzieht, auffassen lassen. Eine ganze Reihe verschiedener Mineralien sollen sich an der Bildung dieser dendritischen Gestaltungen betheiligen, so haupt- sächlich Serpentin und andere Silikate, jedoch auch Caleit, Bitterspath und sogar vielleicht zuweilen Graphit. Jedoch wird die ursprüngliche Bildung durch Caleit und Bitterspath von King und Rowney in Abrede gestellt, es soll sich nach ihnen hier um Pseudomorphosen handeln. Carpenter, Dawson und die sich ihnen anschliessenden Vertheidiger der Rhizopodennatur des Eozoon haben nun die geschilderten Befunde in nachstehender Weise auf die Organisationsverhältnisse der Schalengebilde der Rhizopoden zurückzuführen gesucht. Wie schon bemerkt, entsprechen nach ihnen die Serpentinlagen mit ihren knolligen Anschwellungen den Ausfüllungsmassen der in unregelmässigen Schichten übereinandergelagerten Kammern (k), die in je einer Lage durch ziemlich weite Verbindungskanäle oder Oeffnungen communieiren, z. Th. jedoch auch stolonenartige Verbin- dungen mit den benachbarten Kammerlagen eingehen (st). Die feinfaserige Schicht (k!) hingegen repräsentirt die eigentliche Kammerwand. Die zwischen den einzelnen Serpentinschichten eingelagerten Kalkschichten (sk) vertreten das sogen. Zwischenskelet und die sich darin findenden, dendritischen Bildungen (ec) sind das von verschiedenen Mineralien ausgefüllte Kanal- system, welches die Communikation der einzelnen Kammerlagen durch das Zwischenskelet hindurch vermittelte. Im Allgemeinen führt dann diese Auffassung vom Bau des Eozoon zu der Einreihung dieser Form bei den a u u. 22 zu Eozoon. 219 Nummuliniden, zu denen sie nach Carpenter etwa in ähnlicher Beziehung stehen soll, wie die Gattung Polytrema zu den Rotalinen. Dawson hat ferner einzelne oder in geringer Zahl zusammenhängende, eiförmige bis kugelige Serpentingebilde von faseriger Structur gefunden (Kalk von St. Pierre Seigniory of Petite Nation), die er als losgelöste Kammern von Eozoon anspricht und mit dessen Fortpflanzung in Be- ziehung setzt. (Ursprünglich wurden sie von ihm Archaeosphaerium genannt.) Von deutschen Forschern hat hauptsächlich Gümbel die Rhizopoden- natur des Eozoon vertheidigt; M. Schultze gab an, sich von der organi- schen Natur des sogen. Kanalsystems überzeugt zu haben, wogegen er in der sogen. Kammerwandung eine unorganische Bildung erblickte. Mit grosser Entschiedenheit wurde jedoch schon sehr bald nach der ersten Bekanntwerdung der Eozooneinschlüsse durch zwei englische Forscher, King und Rowney, die organische Natur desselben in Abrede gestellt. Die gewichtigsten Gründe, die von ihnen gegen die Carpenter- Dawson’sche Ansicht vorgebracht wurden, glauben wir hier ganz kurz anführen zu sollen. 1) Werden nach ihnen ganz ähnliche Gestaltungen, wie sie uns in den Serpentinlagen des Eozoons entgegentreten, auch durch Coneretionenbildung verschiedener anderer Mineralien erzeugt (so Chondrodit, Coecolit, Pargasit ete.); 2) verhält sich das sogen. Zwischen- skelet des Eozoon ganz so wie die Grundmassen, in welchen die Con- ceretionen der erwähnten Mineralien zur Ausbildung gelangen; 3) die faserige eigentliche Kammerwand verhält sich genau wie eine den Chondrodit umhüllende, asbestförmige Lage und ist nichts wie eine äusser- liche Umbildung der Serpentinlagen zu Chrysotil; 4) das sogen. Kanal- system verhält sich ganz wie ein dendritisches Mineral, wie sich solche dendritische Bildungen zuweilen auch in reinen Kalken und gewissen anderen Mineralien finden. Aehnliche schichtförmige Abwechselungen verschiedener Mineralien, wie sie bezüglich Kalk- und Serpentinlagen im Eozoon vorliegen, sollen sich gelegentlich auch in anderen Gesteinen finden, wo ihr Nichtzusammenhang mit organischen Structurverhältnissen unfraglich sei. Auch Carter hat sich bei verschiedenen Gelegenheiten gegen die organische Herkunft des Eozoon ausgesprochen. Von deutscher Seite wurde von v. Hahn die Zurückweisung der Carpenter’schen Auf- fassung versucht, jedoch glauben wir die Untersuchungen dieses Beob- achters hier wohl ohne Vorwurf mit Stillschweigen übergehen zu dürfen, als er in seinem neuesten Elaborat*) nun doch wieder zu der organischen Natur des Eozoon zurückgekehrt ist, es jedoch jetzt für einen pflanzlichen Organismus (den er auch Eophyllum benennt) erklärt. Das berechtigte Aufsehen, welches die Hahn’sche Arbeit über das Eozoon einst erregte. erscheint jetzt durch die wunderlichen neuesten Entdeckungen dieses Forschers in einem sehr zweifelhaften Lichte. *) Die Urzelle etc. Tübingen 1879, 2230 Rhizopoda. Während Hahn das Eozoon hauptsächlich durch Umbildung von in Kalk eingeschlossenem Olivin zu Serpentin sich entstanden dachte, haben King und Rowney eine hiervon sehr verschiedene Ansicht zu entwickeln versucht, von der hier nur soviel bemerkt sei, dass sie es durch all- mähliche Zerstörung und Ersetzung einer ursprünglichen Serpentinbildung durch ein Carbonat entstehen lassen. Wie King und Rowney ging auch neuerdings K. Möbius in der Hoff- nung, die Rhizopodennatur des Eozoon sicher erweisen zu können, an eine erneute Untersuchung desselben. Er wurde jedoch gleichfalls zu der entgegengesetzten Ansicht geführt und seine Gründe sind in vieler Hinsicht übereinstimmend mit denen seiner englischen Vorgänger. Wir glauben auch hier noch die wesentlichsten derselben andeuten zu sollen. Die Deutung der faserigen Hüllschicht als Kammerwand einer Rhizo- podenschale ist unzulässig, da sie sich durchaus aus feinen prismatischen Krystallnadeln ohne Zwischenmasse zusammensetzt; auch ist der Verlauf der Faserung häufig ein solcher, dass er sich nicht mit der Tubulation der Rhizopodenschalen in Einklang bringen lässt. Auch die Form- verhältnisse des sogen. Kanalsystems entsprechen nicht denen dieser Einrichtung bei den Rhizopoden. Es sind nach Möbius plattgedrückte, stengelartige Bildungen ohne organische Regelmässigkeit. Schliesslich vermisst M. im Bau des Eozoon den genetischen und physiologischen Zusammenhang der einzelnen Formtheile untereinander; so namentlich den für die polythalamen Rhizopoden allgemein gültigen Beginn des Wachsthums von Anfangskammern aus und ferner hinreichend regel- mässige Beziehungen der Kammerräume, der faserigen Kammerwand und des vermeintlichen Kanalsystems zu einander. Wenn wir hier noch hervorheben, dass Carpenter und Dawson auch gegenüber diesen neuesten und eingehenden Untersuchungen von Möbius, ihre Auffassung des Eozoon unverändert aufrecht halten, so hätten wir damit ungefähr die Hauptphasen in der Eozoonfrage kurz ge- kennzeichnet. Wir überlassen es dem Urtheil der Leser, sich für die eine oder die andere Seite zu entscheiden und wollen nur bezüglich unserer eigenen, allein auf das ernstliche Studium der einschlägigen Lite- ratur gestützten Meinung bemerken, dass wir uns persönlich der durch King und Rowney, sowie Möbius, vertheidigten Ansicht von der nicht- organischen Natur dieser Bildungen anschliessen. Ein entscheidendes Wort in dieser auf dem Grenzgebiet biologischer und petrographischer Forschung sich bewegenden Frage wird, unserer Meinung nach, wohl erst dann ausgesprochen werden, wenn sich Petrographen und Zoologen zu gemeinsamer Arbeit die Hände reichen, während seither die Unter- suchung wesentlich immer nur von der einen oder der anderen Seite in Angriff genommen wurde. Eozoon, Stromatoporida. 1 Stromatoporida (XIII. Figg. 9 u. 10). In den silurischen und devonischen Schichten Europas und Nordame- rikas finden sich häufig und z. Th. in grossen Massen Ueberreste einer eigenthümlichen Gruppe fossiler Organismen, die bis jetzt trotz ziemlich zahlreicher Untersuchungen hinsichtlich ihrer wahren Natur nicht aus- reichend aufgeklärt sind. Es sind dies die sogen. Stromatoporiden, wie nach der zuerst 1827 durch Goldfuss*) beschriebenen Gattung Stromatopora diese Abtheilung benannt wurde. Goldfuss glaubte jene Stromatopora zu den Spongien rechnen zu sollen und diese Auffassung hat sich bis zur neuesten Zeit vielfacher Anerkennung erfreut, namentlich haben die eingehendsten Erforscher der durch die Auffindung einer Reihe von Stromatopora etwas abweichender Geschlechter allmählich erweiterten Gruppe der Stromatoporiden, Rosen 1867 **) und Murie und Nicholson 1878***) die Spongiennatur derselben gleichfalls zu erweisen gesucht. Während jedoch Rosen auf Grund seiner Untersuchungen eine eigen- thümliche Gruppe fossiler Hornschwämme in ihnen erkannt haben wollte, suchten Murie und Nicholson ihre Zugehörigkeit zu den Kalk- schwämmen zu erweisen, unter denen sie ihnen eine ähnliche Stellung zuwiesen, wie den Hexactinelliden unter den Kieselschwämmen. Immerhin muss jedoch hervorgehoben werden, dass die letzterwähnten Untersucher ihrer Ansicht nur mit einiger Reserve Ausdruck verleihen und die mög- liche Richtigkeit der von anderer Seite betonten Zugehörigkeit derselben zu den Hydroiden nicht ganz zurückweisen. Ohne dass wir hier näher auf die historische Entwickelung der Kenntnisse von den Stromatoporiden einzugehen gedenken, heben wir doch hervor, dass sie von anderer Seite theils den Korallen, theils den Bryozoen zugerechnet wurden und schliesslich noch die Ansicht zu entwickeln versucht wurde, dass sie ihre richtige Stellung bei den Rhizopoden finden. Letztere Auffassung wurde ursprünglich von Carpenter angedeutet und hierauf namentlich von Dawson näher zu begründen versucht. 7) Ohne dass wir hier ein Urtheil nach einer oder der andern Seite hin auszusprechen uns berufen fühlten, halten wir es doch für gerechtfertigt, die wichtigsten Eigenthümlichkeiten der Gruppe kurz zu besprechen, da in der That 'mancherlei Anklänge mit gewissen Rhizopoden, namentlich der Gattung Polytrema und den zwar gleichfalls unsicheren Gattungen Parkeria und Eozoon vorhanden sind. Nach ihrer makroskopischen Entwickelung bilden die Stromatoporiden mehr oder minder unregelmässige, meist flach ausgebreitete Ueberzüge(Fig.9). Zuweilen erreichen sie eine sehr ansehnliche Ausbreitung bis zu mehreren *) Goldfuss, Petrefacta Germaniae 1826. *#) Rosen, Fr., Ueber die Natur der Stromatopora etc. Inauguraldissert. Dorpat 1867. ##*) Nicholson and Murie, On the minute struct. of Stromatopora and its allies. Journ. Linn. soc, Zoology XIV. 1878. Eine vollständigere Uebersicht über die Literatur siehe an dieser Stelle. +) Quart. journ, geolog. soc. 1879, 2223 Rhizopoda. Fussen, verhältnissmässig selten erheben sie sich höher von ihrer Unter- lage bis zu halbkugeligen, z. Th. auch etwas gelappten bis ästigen Massen. Die freie Oberfläche dieser Gebilde ist entweder ziemlich glatt oder wellig auf- und niedergebogen, häufig auch warzig; zuweilen und namentlich bei gewissen Geschlechtern (Caunopora, nach M. und N. auch Stromatopora,*) Stromatocerium) zeigen sich mehr oder weniger weite, porenartige Oeffnungen der Oberfläche, die in vertikal durch die Masse absteigende Röhren führen, welche von den Vertheidigern der Schwammnatur der Stromatoporiden gewöhnlich den Oseula der Schwämme verglichen wurden. Diese Oeffnungen sind dann nicht selten auf der Spitze der warzenartigen Erhebungen gelagert. Ueber die feinere Bauweise unserer Fossilien geben hauptsächlich Vertikal- und Horizontalschliffe Auskunft, jedoch scheint der Erhaltungs- zustand im Allgemeinen kein sehr günstiger zu sein, so dass eine genauere Untersuchung unter starken Vergrösserungen Schwierigkeiten bereitet. Eine derartige Untersuchung zeigt zunächst, dass die ganze Masse aus meist dünnen Kalklamellen zusammengesetzt ist (1), die bei den flach aus- gebreiteten Exemplaren der Unterlage mehr oder weniger parallel hin- ziehen, bei den sich freier erhebenden hingegen mehr der freien Ober- fläche parallel angeordnet sind. Zwischen diesen Lamellen, deren ursprüngliche Bildung aus Kalk, trotz ihrer gelegentlichen Umwandelung in Kiesel, füglich nicht bezweifelt werden kann, bleiben entsprechend aufeinander geschichtete Interlamellarräume (il), die meist in ihrer Höhen- entwickelung die Lamellen etwas übertreffen, zuweilen jedoch auch (so bei Stromatocerium [Wall.| Nich. u. M. und Pachystroma N. u. M.) sehr niedrig und unregelmässig sind, bei sehr ansehnlicher Dicke der Lamellen. Bei den meisten Stromatoporiden stehen nun die successiven Lamellen durch zahlreiche senkrecht zwischen ihnen ausgespannte pfeilerartige Bildungen (pf) in Verbindung, so dass also auf dem Vertikalschliff dieser Formen eine mehr oder weniger regelmässige, rechteckige Maschenzeich- nung, durch Lamellen und Pfeiler gebildet, hervortritt. Nicht immer scheinen jedoch diese Pfeiler vollständig zu sein, sondern reichen zuweilen nicht bis zur nächsten Lamelle, endigen also dann frei in den Interlamellar- räumen. Was die feinere Beschaffenheit der die Lamellen und Pfeiler auf- bauenden Kalkmasse betrifft, so bietet dieselbe nach M. und N. eine gra- nulirte Beschaffenheit dar, lässt jedoch keine Zusammensetzung aus Nadeln wahrnehmen. Nach Dawson sind die Lamellen von zahlreichen runden Poren durchbrochen, durch welche die benachbarten Interlamellar- räume in Communikation stehen, und welche Poren bei ansehnlicherer Dicke der Lamellen auch zu Tubuli werden können. M. und N. konnten nicht überall solehe Communikationen zwischen den Interlamellarräumen constatiren, bei gewissen Formen jedoch fanden sie die Durchbrechungen der Lamellen so zahlreich und regelmässig, dass die Structur derselben *) Einschliesslich Coenostroma, Stromatoporida. 223 eine netzförmige wurde. Aehnliches hatte früher schon Rosen geschildert und abgebildet und hauptsächlich auf Grund dieser Structurverhältnisse eine ursprüngliche Zusammensetzung der Lamellen und Pfeiler aus Horn- fasern angenommen. Was die Beschaffenheit der Pfeiler betrifft, so werden dieselben von Rosen wie N. und M. als solide geschildert, wogegen sie Dawson neuerdings nur z. Th. für solid, z. Th. jedoch für hohl erklärt, so dass durch die Höhlung der Pfeiler je zwei Interlamellarräume, mit Ueberspringung des vom Pfeiler durchsetzten, zwischenliegenden, in Com- munikation gesetzt werden. Wir erinnern hier gleich an das ähnliche Verhalten der hohlen Pfeiler zwischen den Lamellen der Parkeria und Polytrema, da diese Einrichtungen hauptsächlich zu der Vergleichung mit den erwähnten Rhizopodengeschlechtern Veranlassung gaben. Nicht bei sämmtlichen Geschlechtern der Stromatoporiden sind jedoch solche Pfeiler entwickelt, bei Arthrodyetion N. und M. sind die Lamellen wellenförmig hin- und hergebogen und werden die Interlamellarräume durch Aufeinandertreffen der Wellenberge und Thäler der benachbarten Lamellen in blasig-zellige Räume untergetheilt; auch bei den Gattungen Stromatocerium (Hall) N. und M., sowie Pachystroma N. und M. sind keine Pfeiler entwickelt. Besonders eigenthümlich ist das Vorkommen ziemlich weiter, schon oben erwähnter Vertikalröhren, die, von der Oberfläche entspringend, die gesammte Lamellenmasse mehr oder weniger tief, bis vollständig durchsetzen. Bei Stromatopora (wo nach N. und M. sich solche Vertikal- röhren gleichfalls finden, während Dawson das Vorkommen solcher Röhren bei der eigentlichen Gattung Stromatopora leugnet und die be- treffenden Vorkommnisse für Bohrröhren parasitischer Thiere oder über- wachsene Korallenröhren, Syringopora hauptsächlich, erklärt) — bei Stromatopora und Stromatocerium sind diese Röhren ohne besondere Wandungen, bei Caunopora hingegen sind sie mit eigenen Wandungen versehen. Bei Coenostroma sollen nach Dawson auch Gruppen solcher Vertikalröhren zusammenstehend vorkommen. Von besonderem Interesse sind ferner noch eigenthümlich sternförmig zusammengruppirte Systeme von horizontal oder meist etwas schief zu den Lamellen verlaufenden Kanälen, die nach Rosen (Ausströmungskanäle) sowie M. und N. ohne besondere Wandungen sein sollen und gewöhnlich in grosser Zahl in mehr oder weniger regelmässigen Abständen sich bei einer ziemlichen Reihe von Formen finden. Meist liegen die Centren der oberflächlichen dieser sternförmigen Kanalsysteme auf warzenartigen Erhebungen. Dawson verlegt diese Kanäle bei Caunopora und Coeno- stroma in eine hier jeder Lamelle zukommende Auflagerungsschicht (die er dem sogen. supplementären Skelet der Rhizopodenschalen an die Seite stellt, während nach Rosen wie N. und M. diese Kanalsysteme sich ver- ästelnd meist schief durch eine grössere Zahl von Lamellen fortsetzen. Rosen und Dawson lassen diese sternförmigen Kanalsysteme in ihrem Centrum in die Vertikalröhren einmünden, während M. und N. sich von 224 Rhizopoda. einer derartigen Verbindung mit ausführenden Vertikalröhren nicht über- zeugen konnten. Bei dieser Gelegenheit mag noch erwähnt werden, dass auch Dawson Kanäle beschreibt, welche die Lamellen schief durchsetzen und z. Th. in die hohlen Pfeiler einmünden sollen. Etwas besondere Verhältnisse zeigt noch die Gattung Stylodyetyon (Syringostroma N. pr. p.), wo sich durch die ganze Masse der Lamellen hindurch vertikale Pfeiler entwickeln, die durch Einfaltung und Ver- schmelzung sämmtlicher Lamellen längs gewisser Vertikallinien entstehen, wobei diese Pfeiler entweder eine ziemlich solide oder eine retikuläre Be- schaffenheit besitzen. . Nach dieser kurzen Erörterung der wichtigsten Organisationseigen- thümlichkeiten der Stromatoporiden brauchen wir kaum noch näher auseinanderzusetzen, in welcher Weise speciell von Dawson der Vergleich mit den Bildungsverhältnissen der Gattung Parkeria und dem Eozoon durchgeführt wird und darauf hin die gesammte Gruppe den perforaten Rhizopoden, gewissermaassen als Vertreter des Eozoon während der palaeo- zoischen Zeit, zugetheilt wird. Gegenüber dieser Auffassung hat sich dann hauptsächlich die zuerst von Lindström,*) dann Carter,**) Steinmann***) und Zittel (11) ver- tretene Ansicht von der Hydrozo@nnatur der Stromatoporiden Geltung ver- schafft. Hiernach wären dieselben, ebenso wie die Parkeria nach Carter, als die verkalkten Basalskelete Hydractinia ähnlicher Hydroidpolypen zu betrachten. Nach Steinmann fände sich auch ein hierhergehöriger Ver- treter in der Kreideformation. Wie schon früher bemerkt, maassen wir uns kein Urtheil über diese Frage an und haben den Leser durch die obigen Schilderungen in den Stand setzen wollen, sich einigermaassen selbst zu orientiren. Uebrigens erscheinen uns die jetzigen Untersuchungen noch kaum zu einer sicheren Entscheidung ausreichend, namentlich da auch die zum Vergleich heran- gezogenen Basalskelete der Hydractinien noch nicht genügend erforscht sein dürften. Die Familie der sogen. Dactyloporida. Wichtigste Literatur: D’Orbigny (Cours @l&ment. d. Palaeont. et Gcol. T. II. 1852), Parker u. Jones (62.d), Carpenter (74), Gümbel, Abhandl. d. bair. Akad. Bd. XI. (sehr wichtige monograph. Bearbei- tung), X. (Receptaculites) u. Sitz.-B. d. bair. Akad. (Petrascula), Munier-Chalmas, Compt. rend. 85, Parker u. Jones (Oyulites) A. m. n. h. 4. XX,, Munier-Chalmas (Övulites) soc. geolog. de France 1879. Obgleich es keinem Zweifel mehr unterliegt, dass die sogen. Gattung Dactylopora und die ganze Familie der Dactyloporida, wie sie von *) Öefvers. af Kongl. Vetensk. Akad. Förh. 1873. =) A, m, mE. A Sc1X% *##) Steinmann, Palaeontographica 25. 1877. ID rn en Dactyloporida. 225 Andern ins System der Rhizopoden eingereiht wurde, ins Pflanzenreich und zwar zu den Algen zu verweisen ist, so dürfte es doch, in Anbetracht der Rolle, welche diese Formen lange Zeit unter den Rhizopoden gespielt haben, nicht unberechtigt erscheinen, ihrer hier mit wenigen Worten zu gedenken. Dies wird auch desshalb nicht unerwünscht sein, als gewiss von neuem Versuche auftauchen werden, sie unter den Rhizopoden zu belassen, wie denn z. B. Brady sich neuerdings wieder zweifelnd über ihre ‚ Stellung bei den Rhizopoden ausgesprochen hat (117, 11.). Hierhergehörige Formen hat zuerst Bose unter dem Namen Reteporites zu den Zoophyten gestellt, wohin sie auch von Lamouroux verwiesen wurden. Gleicher Ansicht waren ferner Lamarck, Blainville und Defrance, von welchen der erstere das Genus Daetylopora zur Aufnahme dieser Formen schuf, dem noch ein zweites, Polytrypa, von den beiden letzt- genannten Forschern an die Seite gestellt wurde. D’Orbigny zog Daectylo- pora zuerst zu den Rhizopoden und erklärte sie für nächstverwandt mit dem von ihm gleichfalls zu den Rhizopoden gezogenen Lamarck’schen Genus Ovulites. Reuss war noch 1861 ein Anhänger der Bryozo@nnatur dieser Formen, erklärte sich jedoch 1866 für ihre Zureechnung zu den Rhizopoden. Durch die Untersuchungen von Parker und Jones, sowie Carpenter, schien die Rhizopodennatur der 3 von ihnen unterschiedenen Genera Daetylopora, Acieularia d’Arch. (1543) und Ovulites sichergestellt, jedoch verwiesen sie die beiden erstgenannten Gattungen als nächstver- wandt unter die Imperforata, die letzte hingegen zu der Familie der Globigerinida unter die Perforata. Später haben jedoch Parker und Jones diese Stellung der G. Ovulites eorrigirt und sie, wie schon d’Orbigny, in die Nähe von Daetylopora gezogen. Ein sehr eingehendes Studium widmete Gümbel hauptsächlich den so zahlreichen fossilen Vertretern dieses Formenkreises und unterschied eine grosse Anzahl von Gattungen und Arten. Jeden Zweifel an der Rhizopodennatur dieser Gebilde glaubte er für beseitigt erklären zu dürfen. Wir entwerfen hier eine kurze Charakteristik dieser Formen mit Beiseitelassung einer Anzahl zweifelhafter, noch später zu erwähnender Geschlechter, indem wir uns zunächst auf den Standpunkt der Vertreter ihrer Rhizopodennatur stellen. Wir haben es hier zu thun mit kalkigen, porcellanartigen und z. Th. nicht unansehnlichen Gehäusen, von cylin- drischer bis tonnenförmiger Gestaltung und einem weiten, cylindrischen, nicht weiter untergetheilten axialen Hohlraum (XIII. 6, 7). Das eine Ende, und zwar ist dies das Anfangsende des Wachsthums, ist geschlossen, das andere hingegen weit geöffnet. (Häufig jedoch erscheint durch Ab- reibung oder Bruch beiderseits eine Oeffnung.) Aufgebaut wird diese Schale aus vertikal aufeinandergesetzten Ringsegmenten (XIII. 5a, 7), die loser oder so fest mit einander verwachsen sind, dass sie nicht mehr von einander unterschieden werden können (XII. 6). (Zuweilen finden sich auch freie Ringe oder sogar nur Ringabschnitte, die als besondere ein- fachste Form, Daetylopora eruea, von P., J. und Carpenter betrachtet Bronn, Klassen des Thier-Reichs. Protozoa. 15 236 _ Rhizopoda. werden (4, 5b), während Gümbel geneigt ist, hierin nur Zerfallsprodukte höher entwickelter Formen zu erkennen.) Jeder Ring oder Ringabschnitt wird von einer grösseren Anzabl meist ganz innig verwachsener Kammern aufgebaut (7, a), von denen jede einen gewöhnlich eiförmigen Hohlraum umschliesst, der sich in die Centralhöhle des Gehäuses öffnet; gleichzeitig strahlen auf der Grenze der benachbarten Ringe zahlreiche, ziemlich weite, unverzweigte Kanäle von dem inneren Centralraum bis zur Aussenfläche aus, wo sie münden (Haploporella Gümb.). Zuweilen (Dactyloporella Gümb.) finden sich neben den eigentlichen Kammerhöhlungen noch sackartige, secundäre Hohlräume oder auch an ihrer Stelle Hohlringe (7, b) in den Wandungen der Ge- häuse, von welchen aus zahlreiche Kanälchen in divergirender Richtung büschelartig oder wie die Finger an der Hand gruppirt, aber nie ver- zweigt, bis zur Oberfläche ausstrahlen (XIII. 7d), während gleichzeitig kurze Kanälchen die Verbindung mit dem Centralraum herstellen. Schliess- lich können auch z. Th. weder eigentliche Kammer- noch Nebenhöhlungen zur Ausbildung gelangen (Thyrsoporella und Gyroporella Gümb.) und dann bleiben nur die vom centralen Hohlraum radial zur Oberfläche ver- laufenden Kanälchen als gemeinsamer Charakter der ganzen Abtheilung übrig. In Anschluss an die Reihe der soeben kurz besprochenen Formen werden nun z. Th. durch Carpenter, z. Th. durch Gümbel, noch eine An- zahl etwas abweichender fossiler Formen gebracht, von denen die Gat- tungen Ovulites Lamek., Petraseula Gümb., Acieularia d’Arch., Uteria Mich. und Cylindrella Gümb. wohl zweifellos, wie dies auch aus den gleich noch zu erwähnenden Untersuchungen von Munier-Chalmas hervorgeht, mit Recht hier angereiht werden, während die sehr alte silurische und devonische Form Receptaculites ihren Platz kaum mit einiger Sicherheit hier angewiesen erhalten kann, wenngleich sie durch Gümbel, ihrem ge- nauesten Monographen, gleichfalls den Dactyloporiden angereiht wurde. Soweit ich mir ein Urtheil über dieselbe zu bilden vermochte, kann ich, wie gesagt, in ihren Bauverhältnissen nichts finden, woraus sich mit Sicherheit eine Hierherziehung rechtfertigen liesse und ebensowenig ver- mag ich ihren Bau mit der gleich zu besprechenden Auffassung der Dactyloporiden als Kalkalgen zu vereinbaren. Im Jahre 1877 hat Munier-Chalmas neue Beobachtungen über die Dactyloporiden mitgetheilt, aus denen hervorgeht, dass es sich, wenigstens insoweit die eigentlichen, soeben charakterisirten Formen in Betracht kommen, nicht um Rhizopoden, sondern um Kalkalgen handelt. Nach ihm schliessen dieselben sich der Familie der Dasycladeen Harvey’s am nächsten an, ja sind z. Th. sogar nicht einmal generisch von gewissen zu dieser gehörigen Gattungen unterschieden. Bis jetzt liegt über die Munier’schen Untersuchungen nur ein kurzer vorläufiger Bericht vor, so dass wir kaum in der Lage sind, hiernach die Beziehungen der mannig- fachen Formen zu den Kalkalgen hinreichend zu würdigen. Wir werden jedoch versuchen, in Kürze die Eigenthümlichkeiten unserer Formen auf Dactyloporida. 227 die Organisationsverhältnisse der Kalkalgen zurückzuführen, wie sie sich aus den erwähnten Untersuchungen ergeben. Dasycladeen und Dactyloporiden vereinigt M. zu einer Abtheilung der Siphoniata verticillata, für welche folgende Eigenthümlichkeiten hauptsächlich maassgebend sind. Der Thallus dieser Algen, von einfacher oder verzweigter Bildung, wird gebildet von einer axialen Haupt- zelle (die dem centralen Hohlraum des Dactyloporidengehäuses ent- spricht); um diese herum gruppiren sich zahlreiche radiär und zu Wirteln zusammengestellte secundäre Zellen (die einerseits den sogen. Kanälen, andererseits jedoch auch Theilen der Kammerhöhlungen der Daetyloporiden entsprechen). Durch Bildung einer Kalkhülle werden dann schliesslich alle diese Zellen in einen festen Kalkeylinder zusammen- gepackt. Bei einem Theil der Geschlechter zeigen jedoch die secundären Wirtelzellen selbst wieder Differenzirung, und zwar zunächst zu einer die Centralzelle direct umgebenden Lage, die denjenigen Kanälchen von Dactylopora entsprechen, die aus dem centralen Hohlraum in die eigent- lichen Kammerhöhlungen oder in die ringförmigen Nebenhöhlungen Gümbels führen. Ferner hat sich hier eine zweite äussere Lage grösse- rer schlauchförmiger Zellen gebildet, welche den Kanälen von Dactylopora entspricht. Schliesslich gesellen sich hierzu dann noch Sporangien, ein- fache oder untergetheilte Hohlräume, in welchen wir die eigentlichen Kammerhöhlungen von Dactylopora wiederfinden. Wie sich die Formen verhalten, bei welchen von solchen Kammerhöhlungen nichts vorhanden ist und ob bei sämmtlichen Daetyloporiden mit Kammerhöhlungen diese letzteren als solche Sporangienräume zu deuten sind, scheint uns aus den bis jetzt vorliegenden Mittheilungen nicht mit Sicherheit hervorzugehen. Wie gesagt, ist nach M. die Verwandtschaft gewisser Formen der Dactyloporiden zu einzelnen Gattungen der Dasycladeen so gross, dass sie geradezu unter lang bekannte Gattungen dieser letzteren einzureihen sind. So gehört Haploporella Gmb. als Untergenus zu Cymopolia Lamour. und auch Zittel hat sich durch eigene Untersuchung von Cymopolia von dieser Uebereinstimmung überzeugt. Auch von den oben anhangsweise erwähnten Geschlechtern will Munier z. Th. die Algennatur festgestellt haben, so von Ovulites, Acieu- laria und Uteria. Wenn auch, wie bemerkt, bis jetzt noch nicht die wahre Natur der Dactyloporiden in jeder Hinsicht aufgeklärt erscheint, so wird doch wohl kein Zweifel mehr obwalten können, dass sie aus der Liste der Rhizo- poda und überhaupt aus der Reihe der thierischen Organismen zu streichen sind. 15 * 228 Rhizopoda. 9, Geographische Verbreitung der Rhizopoda. Bei der Besprechung der in dieses Kapitel gehörigen Fragen dürfen wir uns im Allgemeinen wohl kurz fassen, da die thatsächlichen Grundlagen für eine ausreichende Discussion derselben noch sehr wenig ausgedehnte sind. Wie es für die Süsswasserprotozo@n überhaupt gültig zu sein scheint, bieten uns auch die Rhizopodenbewohner der süssen Gewässer keine Anhaltspunkte zur Annahme besonderer geographischer Verbreitungs- bezirke dar, sondern ihre Verbreitung scheint eine ganz allgemeine zu sein und sich überall für die verschiedensten Gattungen derselben da und dort die geeigneten Lebensbedingungen zu finden. Wir können zwar ebensowenig, wie z. B. bei den Infusorien, bis jetzt die Allgemeingültig- keit dieses Ausspruchs striete erweisen, doch deutet das Auftreten einer ganzen Reihe von Geschlechtern an sehr weit von einander entfernten Orten darauf hin, dass auch die scheinbar weniger verbreiteten Ge- schlechter bei eingehenderer Untersuchung eine entsprechende weite Verbreitung zeigen werden. Wie gesagt, ist jedoch bis jetzt unser thatsächliches Wissen auf diesem Gebiet sehr beschränkt. Wirklich methodische Durchforschungen aussereuropäischer Gebiete liegen, so zu sagen, nicht vor. Vereinzeltere bierhergehörige Beobachtungen verdanken wir Carter*) und Wallich **) in Ostindien, letzterem Forscher z. Th. noch aus verschiedenen anderen, gelegentlich von ihm berührten, aussereuropäischen Orten (wie Grön- land ete.), ferner Leidy***) und einigen weiteren Forschern bezüglich der nordamerikanischen Fauna und schliesslich hauptsächlich auch Ehren- berg,j) der ja mit grossem Fleisse die verschiedenartigsten Schlammproben und dergleichen aus den entlegensten Stellen der Erde auf die Gegen- wart unserer Organismen geprüft hat. Auf die Angaben dieser Forscher gestützt, glauben wir zum Beleg unseres oben über die geographische Verbreitung der Süsswasserformen aufgestellten Satzes doch noch eine Reihe von Thatsachen mittheilen zu sollen, die wir hier in Form einer Tabelle folgen lassen. In diesen Fällen weiterer Verbreitung sind es ge- wöhnlich sogar dieselben Arten, soweit sich hierüber nach den vorliegenden Untersuchen urtheilen lässt, welche die betreffenden Gattungen an so weit von einander entlegenen Punkten repräsentiren. *) S. hauptsächlich 56, 75. **) Ann. mag. nat. h. 3. XIII. ###) Proc, acad. Philad. II. III. -*) Hauptsächlich 95, jedoch zahlreiche weitere Abhandlungen in den Monatsberichten der Berliner Akademie, sowie über polare Formen in „Die zweite deutsche Nordpolarfahrt‘ Leipzig 1873. 1874. Vergl. auch Schmarda: Zur Naturgeschichte Aegyptens, Denkschr. der Wiener Akademie VII, Geographische Verbreitung (Süsswasserformen). 229 \ > 8 ei | z, 58 w ; = ar MAUER TG. = BEER HN Be E AS | > 3 | a3 Fr) v2 ee n ) _ I An | A<« ‘ = 6 an | < 3 Amoeba . * * * a Chaetoproteus # * Pyxidicula . * # Arcella * * * E; * * Difilugia . a ii, * * * “ Hyalosphenia | a Quadrula . % | elhn. IE: * Euglypha * e B ? | * | * * a Trinema . * * * ? TALK * ; Cyphoderia . * Mn RR TR RR RE # Sehen wir in dieser Weise die bekannteren und häufigeren Gattungen eine weite, ja, wie wohl angenommen werden darf, eine allgemeine Ver- breitung in horizontaler Ausdehnung über die Erdoberfläche darbieten, so scheint das Gleiche auch für die Verbreitung in vertikaler Richtung Gültigkeit zu haben. Natürlich sind die über diesen Punkt vorliegenden Beobachtungen noch spärlicher, als die erstbesprochenen, dennoch geben auch hierüber die Untersuchungen von Perty in der Schweiz und Leidy in Nordamerika, sowie gelegentliche Beobachtungen Ehrenbergs einigen Aufschluss. So traf Perty (48) in den Alpen Difflugien in 8000‘ Höhe an (die gleiche Höhe constatirte auch Ehrenberg für eine Difflugia des Himalaya), Arcella, Euglypha und Trinema konnten in Höhen von 5000‘ in der Schweiz nachgewiesen werden. Leidy (Proc. acad. Philad. III. p. 321) überzeugte sich, dass die Rhizopodenfauna der Rocky-mountains noch in 10,000° Höhe wesentlich denselben Charakter besitzt, wie die Philadelphia’s und machte bei dieser Gelegenheit noch die Erfahrung, dass dieselbe sich vorzüglich reichlich auf Sandstein, Quarz, Thon- und granitischem Boden entwickelt, wogegen auf Kalkboden stets nur eine sehr ärmliche Rhizopodenfauna zur Ausbildung gelangen soll. Ein wesent- licher Einfluss der Höhe auf die Verbreitung der Süsswasserrhizopoden hat sich demnach bis jetzt nicht ergeben und dies um so weniger, als es dieselben Arten sind, die sich in der Ebene und jenen z. Th. so be- trächtlichen Höhen finden. Etwas anders gestaltet sich die geographische Verbreitung der Meeres- formen. Nicht dass hier eine ähnlich lokale Verbreitung der grossen Mehrzahl der Geschlechter sich zeigte, wie sie in höheren Abtheilungen der Thierwelt gewöhnlich angetroffen wird, sondern aus den bis jetzt in ziemlicher Zahl vorliegenden Untersuchungen scheint im Gegentheil her- vorzugehen, dass eine sehr grosse Zahl der Geschlechter eine kosmopol- tische Verbreitung besitzt. Dennoch ergibt sich mit Sicherheit, dass einer Reihe von Geschlechtern eine beschränktere Verbreitung zukommt; — fraglich bleibt jedoch, wie mir scheint, die Verbreitung der bis jetzt nur selten gefundenen Geschlechter, von denen es, in Anbetracht der trotz aller Beschränkung immer noch sehr weiten Verbreitung der besser be- 230 Rhizopoda. kannten Geschlechter, sehr wahrscheinlich ist, dass auch sie sich einer ähnlichen weiten Verbreitung erfreuen, und nur ihre relative Seltenheit die Ursache für ihre scheinbare lokale Beschränktheit bildet. Ich habe mich bemüht, das mir zugängliche Material über die geo- graphische Verbreitung der marinen Rhizopoden zu sammeln, um zu einem, wenn auch noch sehr beschränkten, Ueberblick über diesen Gegenstand zu kommen. Diese Arbeit wird natürlich sehr erschwert, ja z. Th. geradezu illusorisch gemacht, durch die grosse Schwierigkeit der Arten- begrenzung und die Verwirrung der Synonymik. Denn wenn man sich der Auffassung von Parker, Jones und Carpenter anschliesst, so dürfte es, bei der von diesen Forschern betonten so überaus grossen Variabilität der Formen, schwierig sein zu erweisen, dass zwei identische oder doch sehr ähnliche Formen weit entlegener Gebiete thatsächlich sich in entsprechen- der Weise verhalten, wie dies für die höheren Thiere angenommen wird — d. h. dass sie als eine Formreihe gemeinsamen Ursprungs zu betrachten sind, die sich über eine weite Fläche ausgebreitet hat, oder ob nicht beide sehr ähnliche Formen gesondert von einander ihren Ursprung ge- nommen haben. Eine Hauptsehwierigkeit bei dem Versuch der Erörterung der geographi- schen Verbreitung bildet jedoch der Mangel einer durchgehenden kritischen Siehtung der zahlreichen d’Orbigny’schen Arten. Da sich ein derartiges Unternehmen nur unter Mithülfe eigenen, ansehnlichen Vergleichmaterials wird bewerkstelligen lassen, so konnte ich dies nur bis zu einem gewissen Grade durchführen. Immerhin hoffe ich, dass durch die unten mitgetheilte Tabelle über die geographische Verbreitung der Gattungen, Untergattungen und Arten eine annähernde Uebersicht gewonnen werden kann. Die Vergleichung dieser Tabelle ergibt nun eine Reihe allgemeinerer Punkte, die hier zunächst kurz erörtert werden mögen. Die Zahl der Geschlechter und Untergeschlechter*) nimmt im All- gemeinen in den wärmeren Meeren zu, oder anders ausgedrückt, eine ziemliche Anzahl von Formen ist auf die wärmeren Meere beschränkt; wenigstens fehlen sie den kälteren Meeren der nördlichen Hemisphäre, die bis jetzt allein eingehender durchforscht sind. Eine Zählung ergibt, dass von 70 kalkschaligen Gattungen und Untergattungen ca. die Hälfte (38) den arktischen Meeren fehlen; dass hingegen an den brittischen Küsten und der Nordsee dieser Mangel sich nur auf ca. 25 Gattungen erstreckt, im Mittelmeer schliesslich nur auf 15 herabsinkt. Dagegen ist kein Ge- schlecht oder Untergeschleeht den arktischen oder den nördlichen gemässig- ten Meeren eigenthümlich, alle hier vertretenen verbreiten sich auch durch die warmen Meere. Eine im Ganzen nicht sehr erhebliche Zahl von Geschlechtern scheint *) Bei dieser Betrachtung sind die sandschaligen Formen nicht weiter berücksichtigt worden, da eine beträchtliche Zahl derselben nur sehr wenig bekannt ist und die systemati- schen Fragen hier am unsichersten liegen. Geographische Verhreitung (Meeresformen). 231 den tropischen Meeren allein eigenthümlich zu sein, es sind dies 12 von jenen 15 Geschlechtern, die nach obiger Angabe dem Mittelmeer fehlen, während die 3 übrigen Gattungen (Chilostomella, Hauerina und Nummu- lites) die sich in nördlicheren Meeren gefunden haben, wohl ohne Zweifel auch noch im Mittelmeer anzutreffen sein werden. Es sind diese 12 Gat- tungen sämmtlich an Artzahl sehr beschränkt; auch ist ihre geographische ‚Verbreitung in den tropischen Meeren, soweit dieselbe bis jetzt be- kannt, meist keine weite; jedoch mag dies, wie schon oben bemerkt wurde, mehr auf unzureichender Erfahrung, als auf einem thatsächlich lokal beschränkten Auftreten dieser Formen beruhen. Die eben hinsicht- lich der Zahl der vorhandenen Gattungen kalkschaliger Rhizopoden näher betrachteten Distriete sind bei weitem die am besten durchforschten ; wollte man nach den thatsächlich in den verschiedenen wärmeren Meeren bis jetzt gefundenen Zahlen von Gattungen urtheilen, so müsste man eine z. Th. nicht unbeträchtliche Verminderung gegenüber dem Mittelmeer an- nehmen. So stellt sich mit Berücksichtigung aller sicheren mir vor- liegenden Daten die Zahl der bis jetzt im rothen Meer gefundenen Gat- tungen und Untergattungen nur auf ca. 29, die von den canarischen Inseln, der Westküste von Afrika und dem tropischen atlantischen Ocean auf 38, die von den westindischen Meeren auf 42, von der Ostküste Südamerikas auf 37, von der Ostküste Afrikas (Seychellen, Madagascar und indischer Ocean) auf 48, vom malayischen Archipel auf 24, Australien und Neuseeland auf 42 und den oceanischen Inseln, sowie dem paeifischen Ocean überhaupt auf 37. Wie gesagt, wäre es jedoch gewiss ungerecht- fertigt, in diesen Zahlenverhältnissen die Summe der thatsächlich in jenen angeführten Regionen verbreiteten Gattungen und Untergattungen finden zu wollen; die einzige Thatsache, dass von jenem Plus des Mittelmeeres die eine oder die andere Gattung bald in der,. bald in jener der oben aufgeführten Regionen angetroffen wird (mit alleiniger Ausnahme der sehr wenig bekannten Gattungen Squamulina und Rimulina) beweist zur Genüge, dass jene Verhältnisse nur aus unserer unzureichenden Erfahrung sich herleiten. Andererseits ist uns jedoch auch dieser Umstand direct wohl bekannt. Berücksichtigen wir die Zahl der Arten, so lässt sich fernerhin aus der weiter unten folgenden Tabelle wohl noch einiges hervorheben, wenn auch der Grad der Sicherheit kein sehr erheblicher ist. Für eine ziem- liche Reihe von Gattungen scheint nämlich die Artzahl in den wärmeren Meeren zuzunehmen; wir führen als Beispiele hierfür namentlich die Gat- tungen Quinque- und Triloculina, ferner Nodosaria, Vaginulina, Cristellaria, Marginulina, Textularia und Pulvinulina auf. Dagegen scheinen eine weitere Reihe von Gattungen eine ebenso reiche Artzahl in den kälteren, wie den wärmeren Meeren aufzuweisen; ein Blick auf Lagena, Poly- morphina, Virgulina, auch Rotalia (jedoch erst in der gemässigten Region beginnend) wird dies lehren. Inwiefern bis jetzt ein Werth auf die be- sonders reichliche Entwickelung einiger Gattungen (wie Bulimina und 232 Rhizopoda. Nonionina) in der arktischen Region zu legen ist, wollen wir hier nicht zu entscheiden suchen. Was den Reichthum der einzelnen oben unterschiedenen Faunen- gebiete an Arten betrifft, so wollen wir hier nur die drei bestbekannten derselben vergleichen, nämlich das arktische, das nördliche gemässigte und das mittelmeerische, wobei wir, wie auch schon bei der Betrachtung der Geschlechter, eine Zunahme der Artzahl in den wärmeren Meeren im allgemeinen antreffen werden. Die Zahl der bis jetzt in den erwähnten drei Regionen gefundenen Arten beträgt in der Reihenfolge, in der sie soeben genannt worden sind, ca. 99, 185 und 198, wobei jedoch zu be- merken ist, dass die nördliche gemässigte Region bei weitem die genauest bekannte ist, und namentlich für die Mittelmeerregion die Zahl der Arten bei ausgebreiteteren Untersuchungen sich wohl noch ziemlich erhöhen dürfte. So beträgt die Zahl der bis jetzt allein an den britischen Küsten nach der Zusammenstellung von Siddall und Brady gefundenen Arten 166, so dass, wie gesagt, diese Region mit Bestimmtheit als die genauest durchforschte zu bezeichnen sein dürfte. Was die 99 Arten der arktischen Region betrifft, so dürfte hier noch hervorgehoben werden, dass nach den Erfahrungen der britischen Nord- polexpedition (115) die Rhizopodenfauna der arktischen Region des paci- fischen Oceans im Ganzen ein sehr einförmiges Gepräge besitzt, indem die grosse Mehrzahl (ca. 95°/,) sämmtlicher angetroffener Rhizopoden sich aus wenigen Arten zusammensetzt und zwar sind dies: Globigerina bulloides, Cassidulina laevigata und crassa und Polystomella striatopunc- tata. Hierzu gesellen sich gewöhnlich noch ein oder zwei Formen von Nonionina und auf sandigem Grund auch Polystomella arctica. Hiernach möchte es scheinen, dass auch die Rhizopodenfauna der arktischen Re- gionen, trotz der nicht unerheblichen Zahl von 99 bis jetzt überhaupt in ihr angetroffenen Arten, doch im Ganzen einen ähnlichen Charakter zeigt, wie die arktische Meeresfauna überhaupt, d. h. das Vorherrschen weniger Formen in sehr beträchtlichen Mengen. In der folgenden Tabelle versuchen wir nun eine Uebersicht der bis jetzt ermittelten Hauptergebnisse über die geographische Verbreitung der marinen Rhizopoden zusammenzustellen. Zum Verständniss derselben schicken wir einige Erläuterungen voraus. Die Unterscheidung einzelner Faunengebiete ist eine ziemlich willkürliche und einzig von den vorliegen- den, ausgedehnteren Untersuchungen gewisser Gebiete abhängig gewesen. Wir haben solche Gebiete wie die Antillen und die canarischen Inseln, über welche eingehendere Untersuchungen vorliegen, zum Mittelpunkt einer Region erhoben, der wir weitere, zerstreute Beobachtungen aus be- nachbarten Gebieten angeschlossen haben. Nach diesem Grundsatz sind demnach in der folgenden tabellarischen Uebersicht 11 Regionen unter- schieden, die wir zunächst hier etwas genauer zu charakterisiren haben. , R Geographische Verbreitung (Meeresformen). 233 I. Arktische Meere; die bezüglichen Beobachtungen beziehen sich sowohl auf den arktischen atlantischen als pacifischen Ocean, die Küsten von Grönland, des arktischen Norwegens, die Baffinsbai ete. I. Nördlich gemässigte Meere; begreifend die Küsten von Grossbritannien, die Nordsee, Ostsee, die Küstengebiete des gemässigten Norwegens, die Ostküste von Nordamerika, die gemässigten Gebiete des nordatlantischen Oceans, den Kanal und die Westküste von Frankreich. III. Das Mittelmeer. IV. Das rothe Meer. V. Die eanarischen Inseln, die wenigen Beobachtungen von der Westküste von Afrika und aus dem tropischen atlantischen Ocean. VI. Westindische Meere. VI. Die Ostküste von Südamerika, hauptsächlich Befunde von der sogen. Albrolhos Bank. VIH. Die Ostküste von Afrika, hauptsächlich Befunde von den Seychellen und Madagascar, sowie dem indischen Ocean. IX. Malayischer Archipel. X. Australien und Neuseeland. XI. Die Küsten der oceanischen Inseln und die im Ganzen sehr spärlichen Beobachtungen aus dem pacifischen Ocean überhaupt, mit Ausnahme seiner arktischen Region. Wir geben zunächst stets eine Totalübersicht der Zahl der überhaupt bis jetzt in jeder Gattung oder Untergattung unterschiedenen Arten und hierauf die Totalzahl der in jeder der unterschiedenen Regionen bis jetzt angetroffenen Arten. Hierauf folgt eine nach Nummern gegebene Ueber- sicht der Arten jeder Region, so dass hieraus in jedem einzelnen Fall leicht zu eruiren ist, wie viel Arten je zwei Regionen gemeinsam sind, und in welcher Verbreitung durch die verschiedenen Regionen bis jetzt eine und dieselbe Art angetroffen wurde.*) Wenn das Vorkommen einer Gattung in einer Region nur im Allgemeinen, obne Kenntniss der betreffen- den Arten, bekannt wurde, so bezeichnen wir dies durch ein *; wo ferner die Verbreitung einer Gattung durch gewisse Regionen, aus welchen noch kein direeter Beweis für ihr Vorkommen vorliegt, aus der sonstigen Ver- breitung mit Sicherheit wohl zu erschliessen ist, so deuten wir dies durch ein ? an.**) *) Das ganze Arsenal von Artnamen hier vorzuführen, glaubten wir nicht unternehmen zu sollen. **), Ausser den schon in der allgemeinen Literaturübersicht aufgeführten Schriften über die geographische Verbreitung der marinen Rhizopoden, die fast sämmtlich von mir bei der Zusammenstellung der folgenden Uebersicht benutzt werden konnten, mögen hier noch nach- stehende Abhandlungen angemerkt werden, die mir unzugänglich blieben: Robertson, D., Note of rec, Foraminif. etc. of Firth of Olyde (Transact. geol. soc. Glasgow V.). —— Report on dredging etc. of Durham and N.-Yorksh. (Rep. Brit. Assoc. Bristol Mest.), Winther, G., Danmarks Foraminifera. Kjöbenh. 1874. Terquem, O., Foraminif. de Ja plage de Dunkerque. 2 p. Paris 1876—78. 234 Rhizopoda., Imperforata. I: IL.) Ir... | IV. 1 Ve) NE AaVEaavan IX. | X. | XI. Squamulina „waEk 1 i Totalzahl 1. | R Ammodiscus . 1 4 ? he | 3 3 ? ? ? ? Pot 4. 1 1 2 2 2 1 19.5 3-3 4 Cornuspira..... Mm 3 1 D) 9 1 1 9 1 >) Tot. 3. t 1 1 il 1 1 1 | 2 3 Nubecularia.... 1 ] ? ? ? Ra 1 1 1 Tot.ı2. | 2 Placopsilina ... 1 1 ? ? # ? 1 ? ? ? Tot. 1. | Spiroloculina... 4,6 ? ) 451: #83 4138 ots 11. 1 1 3 7 1 1 1 1 1 | | | 2 | 2 b) 4 6 .9g 7 bi} 5 10 11 Quinqueloculina. | 4 12 11/3 4:51,16.|::8 41) 9:43:84 08 2 Tot. 29. 1.1. 1.1.1011 9° 280) as ol 5ER | 2 22 3 | 2 | 3.477 | | 9 11 13 4 4 4 5 6|5 3 | 9 6 12 5 6 | 116 1119,13 1 a0 12 17 20 20 23 4 2 17 | 20 . 24 - | 29 | Triloculina .... 3 6 7 1 3'| 10:|:2 3 3 5 2 | Tot. 23. 1 1 2 1 3 3 1 3 2 2 3 Berry ı\alı ls a 3 5 7 23:1 15 3 5 5. ']-ı8 1m: | 9 6 E 22 10 13 11 14 Biloculina..... 1 6 4 1 | > 4 3 2 3 Tot. 6. 1 1 1 3 1 1 1 2 1 | | | | 3 | 6 3 3 3 6 3 5 b) D 8 6 2 | II III IV d kiss IX. | X Be L Geographische Verbreitung beschalter Meeresformen. 235 al 1° IE LITER VE r| Je [mm ie ı IX. 5 XI. „| | Vhrtebfelinn | | | | ol ls] E | Tot. 6. 1 ? ? 2 ı Kr a 1 IE E SNERE.S = | 4 5|6 3 | | | | | | 3 | I Hauerina.Ä#.... | I 1 | | 1 21 Tot. 5. | 3 ? 4 56-2 ? | DR; 1 | 4 | | | | | | 2 die 5. Art nach Brady weit verbreitet Peneroplis..... 3 3 1 1 1 Füb,..9. 1 4 2 2 2 2 2 | ? 2 5 | Boendritina.....: | 1 ? ? 1 Bol u ? 1 ? Totzt. | Poirolina...... 1 1 ? ? ? ? ? 1 ? Mat. IE errerashiün a Re: 3 1 1 Tot. IR 1 PIE IR 1 2 2 | | | Kl ı | 2 3 | ze) 2 Lituolas..str .. 1 1 1 or 1: Orbiculina..... 1 ? P4 ? 1 * ur, ? 76.2: 1 1 1 2 | Branlina..‘.... * ? # P4 ? P4 ? 3 ot.) 3. 1 1 1 1 3 2 2 Bzbitolites*) ... * x * * * ? Pa 1, EX ? * * Tot. 4. | | | | Arenacea. Botallas.....! Reg. II. Kobt.1. ee 9 durchaus sehr weit verbreitet. ot. 3. J a: BL Reg. II, weitere Verbreitung unsicher. ot. 1. Marsipella..... Reg. V, und weiter. Rob 4, Rhyzammina ... Verbreitung sehr weit. Bot. 1. Sagenella ..... Reg. XI. Lüc*1, _ Rhabdammina... Reg. IL, VI und VII. . ol 3. | *) Da es mir nicht möglich war, die Verbreitung der einzelnen Formen einigermaassen sicher zu ermitteln, so habe ich speciellere Angaben unterlassen; jedoch sei hier soviel be- merkt, dass die complieirter gebauten Formen auf die wärmeren Meere beschränkt sind. 236 Rhizopoda. le I 1,1 mr) Be m AM vu vur.| x. | x n Astrorhiza..... 1 3 1 | 1 1 1 Tot. 3. 2 1 2 3 3 2 Er Aschemonella .. Reg. V, VII und XI. Tot. 1. Dendrophrya ... Reg. I. : Tot. 2. Haliphysema ... Reg. II. Tot. 1—2. N Saccammina.... | Reg. II und weiter. Tot. 1. WEDBIna: 5 ie: Reg. I, V und VI. Tot. 2. Perforata. Tagena F SRkın er 16 | 2272| 3 4 1 6 9 s |32|12| 2 Tot. 54. 1 1 2 10 5 2 2 2 2 2 10 leise 3x) ea 16 ß a 10 5 4 4 4 10 15 | 7 8 5 7 Be 12 vB DL TER 15 48 21441 7),412 9 12 17 12 | | | | 1& | 14.21.3381 .838 19 20 17 44 | 42 | 41 | 43 54 Nodosaria s. str. . 2.2 96 s ? 1 6 2 1 ? p) ? int. 419. 1 1 1 5 ji 1 4 | | 3 | 4 ES: | 3 13 10 8 ’ 11 12 Dentalina........ 4 | 5.| OMpSgadt |. EEE Be Tot. 14. 1 1 1 1 1 ii 1 1 1 ven a a ea A Fa | BA es 8 B) 7 9 ? 9 9 10 17 | 13 Glandalina.. ..:.. 1 1 1 1 ? ? 4 ? ? 1 ? 1003 Linea. 1 2 1 1 | Tot. 2. 1 1 1 | # wre | jDb% Pe. Los. I | ya Day Ri: VL VI, | IX... HR CR lv 0 dritorle Aaakröridule. A. | an 28 Geographische Verbreitung beschalter Meeresformen. 937 Vaginulina ... Tot. 8. Bimmlnar....:. Mot: :1. Orthocerina.. 66. 1, Gonnlina ; .s... Tot. 1, Frondieularia.. TeL.T: Blavellina:».%. Tot: 2; Marginulina .. Tot. 9. ‚Cristellarid . Tot. 20. BOEmMOoSsIına .;. .. Not. 2. Haplostiche.. Tot.? BEE ):..,. Mob ca. 7: Polymorphina .. (einschl. Dimorphina) Tot. 25, Eneerina...... (einschl. Sagrina) Tot. 14. | nt IE m w | v”|w. vn VIII. | IX | X a 1'| 8!] ziPR 1] 31 31% Ir? Tl % 1 - ra | Fa], So 3 | | 7 | ge I 1 | 1 | 1 | Bee sau ho Mana 427142 1 6 5 S 2 7 1 3 x 2 1 | 2 Lıl Beet rl 1.2, ers Ss ya 5‘ 8 Ss 8 | 9 | 8 ENG Mal Ball | 1 1 1 1 | 1 2 2 2 fj RT ARR | | =; Ar li 3: a | 16 I7 7 yi 19 | ıs | 20 | | Verbreitung sehr weit. Verbreitung’? Verbreitung sehr weit. 238 Rhizopoda. I II, m m y “ Wal van. IX | X u Orbulina ...... TErETETZeUR: Dee Tot: | | Globigerina.... 2/3 |3 12/8 a ı 8 |: 11 Tot. 11 (oder 13) 1 1017 Mi 1 1 1 1 1 1 1 (hiervon jedoch nur 7 | 2 23 1v.4 | 3 2 4 | bis jetzt hins. Verbreit. 4 | 3 7 5 3 näher bekannt). | | | | Hastigerina ... Verbreitung weit. Tot. 1. Carpenteria.. we 1 1 Tot. 3. 1 1 2 2 Gandeana. 2... 1 1 ? 1 1 1 most Cymbalopora.. 2 4 1 1 ? 2 1 Tot. 4. 1 1 1 1 1 1 3 | 2 4 Psammosphaera . 1 1 1 1 1 Rot. 1. Stortosphaera.. Reg. 2. Tot. 1. Thurammina... Sehr weit verbreitet. Tot. 3. Sorosphaera.. 1 1 ee 1 Mob.=i. Chilostomella. 1 1 1 1 1 Pot. 1 Allomorphina., 1 Tot. 1. Textularia..... u N ey De Tot. 26 1 1 1 5 1 1 1 l 1 | 2 2 7 5 3 2 7 118 3 4 4 18 8 7 5 8 | | | 21 1151-18. 18 14 12, 8 TC a u | 26.1 13 18 | 17 16 14 23 22 18 | | 25 20 Bigenerina..... 1 3 4 ? 1 1 1 Tot. 5. 1 1 1 1 1 1 | 2 3 4 5 Feen, -—— _—— zr | I IL.’ | IH. | I.’ WIIVEHIGETNHT | IX. | X 72E Geographische Verbreitung beschalter Meeresformen. Ber 1 mm iv. Vs N II. vom. IX. | vr | v Verneuilina.... 1: #1 13118 | BET N A Ze 793 ET RRER #7 | 43 s | 3 (einschl. Clavulina | | 6 | 5 d’Orb. p. p.) 2 4 | | | ee Grammostomum . | 4 | 1 | Tot. 4. | 1 | 2 4 | Eoueolina . ...« | 1 Tot«l. | Payonins...... | 1 [14 Tot. 1 | | Balimins, .ı.... 8 8:57 24 1:78 8 @...7 4 Tot. 13. Tr Feen 118 144. 1175 4 (einschl. Robertina.) | | | 7 | 4 5 4 5 77 -BirE Pl Te 7 11 Er IN | S g 1} Mernlina ..... 3 ne 1 ? 1 24 3 1 3 1 Tat. 3. zn 1 1 2 3 1 1 1 1 1 mW. 2 2 2 2 2 Balırına i!..::. 3 3 3 4 > 4 3 1 3 Tot. 6. 1 1 1 1 1 1 1 1 1 ARE EHE Sehe 2 4 Be 3 4 5 6 6 Belrulins...... 1 BIBI Eee ? ? 6 Tot. 10 1 1 1 7 ) 1a 1 10 8 3 | l 7 Chrysalidina.... | 1 | 1 Tot. 1. Cassidulina.... 33 12?) ? ? 1 5 4 ? Tot. 7. 1 1 I 1 1 1 ı | 2 149 2:| 2 3 7 | 4 4 | 6 | 6 Discorbina..... 216 5 1 4.6 B 1 g Tot. 20 62/4 Er U a RE Sr a rar Bess 5 5 |4 16 | 6 | 13 | 6 1718 | 7 | 16 | BR EA oM CS —— L pr —— gs al in Er — nn m nn nn nn I | 10% | III IN; | A; VI. vn, VIO.| X | 340 Rhizopoda. Hy ul) 027 WW; | v|ıwm wm an X. | PR | Planorbulina s. str. 3 6 23 3 2 3 4 3 3 3 mot. 163 1 il 6 1 1 2 2 1% 1 1 |.) Arche SE Re Sa 3] 3 12 5 14 S 15) 4 16 4 7, 10 5 13 11 | Truncatulina.. 1 24 3 1 1 1 1 1 1 3 1 Tot. 4. 1 1 1 1 12 1 1 1 1 1 1 | 2 3 Anomalina..... ji 1-23 1 Mor. 2: 1 1 1 2 Plannlinas-;... 1 1 1 Tot. 1 Pulvinulina... 3 1 1 Sue 13;| °8+1.40773 2 B4 Tot. 30. 3 1 1 b) 6 2 2 1 2 11 28 9 lee] me Ber Dee 10 9 3 9 18 » 7 5 6 i7yl.is«t Hör) daR He Het 302 Irıt 12 Sara aa eg EI EA en 9 al 26 16 11 PBRTSRT | 13 | 14 17 20 | 22 Rotaktam ans... 4 > ? 24 4 3 4 4 2 3 Bot.13 1 1 3 1 1 4 1 1 1 (HE 2.1.10 la AR. Bo 4 5 12 7 7 Ss 10 13 9 Calcarina!.!..%r. 10.2 2 1 1:14 1 1 1 D Tot. 4. 11% Be: 4 14 4 1 1 1 2 | | 3 4 Polytrema.%..':ı 1 1 - 1 1 AN, Patelliaat. at. 1 1 1 3 B4 3 Dot. 3: 1 1 1 10 2 24 ee | 3 3 | Pullenif "2.05 1 1 1 P4 B4 4 1 Tot. 5 1 13 1 1 2 1 1 dB 4 | I ER, l 5] 1. ne) wel mohvnolvlv.| x | x xt | . Geographische Verbreitung beschalter Meeresformen. 241 Sphaeroidina . m - ' 0, Spirillina ..... g g 1 Tot. 7. 1 1 1 2 6 Amphistegina... a OS. 3 1 1 | 3 3 Öpereulina..... 1 1 1 1 * * * a Tot. 3. 3 3 3 3 1 1 1 0.2 3 3 Nummulites.... a >: * * * * "kob..t 0de2. Nonionina..... 96 1 11 31232172) 4 1 81:8 Tot. 14 a 1 1 5 1 1 In ha 4 2 1 121.412 4 El 4 1.5 4 a | 5 4 | | 6 [87 6 > 7 >) 11 10 12 | 13 Polystomella... | 3 | 3 | 4 | Fe RN re Tot. 11. ao a Ka 2 a BUELL ulee 4. | Hawling h er hanlıiar. Kadı Eh Ar Ast lein 8 a AR / T 6 6 ı 10 ° Er | 5 8) | Cycelammina.... 19:6, 1 2er 1 1 1 Tot. 1. | | | | Heterostegina .. | * * * * Tot. ca. 4.*) | = BR *) Eingerechnet zwei neuerdings von Möbius (Beiträge zur Meeresfauna der Insel Mau- ritius etc. 1880) von Mauritius beschriebne Arten. **) Eingerechnet eine neuerdings von Brady (Qu. journ. mier. sc. Vol. 21. n.s.) von den Fiji-Inseln beschriebne Art. Bronn, Klassen des Thierreichs. Protozon. 16 242 - Rhizopoda. 10, Paläontologische Entwicklung der Rhizopoda, Bearbeitet von C. Schwager. *) Nachdem die Eozoonfrage schon bei früherer Gelegenheit eine ziem- lich ausführliche Erörterung erfahren hat, würde es zu weit führen, wenn man dieselbe hier nochmals berühren wollte, und will ich nur be- merken, dass trotz allem bisher Angeführten erst die Zukunft endgültig zu entscheiden haben wird, ob wir in dem Eozoon den ältesten bekannten Vertreter der Rhizopoden aus den sogenannten archäischen Formationen zu begrüssen haben oder nicht. Wir wenden uns daher gleich zur Betrachtung der Paläozoischen Formationen. Wichtigere Literatur: Ehrenberg, Monatsber. der Berliner Akad. 1858. Parker und Jones, Ann. magaz. nat. hist. London 1863 u. 1872. Dawson, G. M., On a new species of Loftusia. (Quart. journ. geolog. soc. Vol. 35. Fischer de Waldheim, G., Oryctographie du Gouvernem. de Moscou. 1829—37. Eihrenberg, Mikrogeologie 1854. Geinitz, Die Versteinerungen d. deutschen Zechsteingebirges u. Rothliegenden. Dresden 1848, Jones, R., in King, W., Monograph. of the Permian fossils of England. London 1850. Reuss, A. E., Entomostr. u. Foraminiferen im Zechstein der Wetterau. Jahrb. der Wetter- auischen Gesellschaft f. 1851—53. Hanau 1854. Richter, R., Zeitschr. d. deutschen geolog. Gesellsch. Bd. VII. Hall, J., Trans. Albany Institute Vol. IV. (Kohlenkalk von Indiana u. Illinois.) Eichwald, E., Lethaea rossica. Stuttgart 1860. Geinitz, H. B., Dyas. Leipzig 1861. Schmidt, E., Ueber die kleineren organ. Formen des ZecHsteinkalkes von Selters. N. Jahrb. f. Mineralogie etc. 1867. Young and Armstrong, Transact. geolog. soc. of Glasgow. Vol. III. u. IV. (Kohlenkalk von Schottland.) Brady, H. B., A monograph of CGarboniferous and Permian Foraminifera. Palaeontogr. soc. 1876. ——— On a Group of Russian Fusulinae. Ann. mag. nat. hist. 1876. Stache, Fusulinenkalke aus Ober-Krain, Sumatra u. Chios. Verh. geol. Reichsanst. Wien 1876. Zittel, Handbuch der Paläontologie. München 1876. Möller, V. von, Die spiralgewundnen Foraminiferen des russischen Kohlenkalks.. Me&m. acad. St. P£tersbourg T. s. T. XXV. 1878. —____ Die Foraminiferen des russischen Kohlenkalks. Ibid. 7. s. T. XXVIL. 1879. ——— Ueber einige Foraminiferen führende Gesteine Persiens. Jahrb. der geolog. Reichs- anst. Wien 1880. Steinmann, G., Mikroskopische Thierreste aus dem deutschen Kohlenkalk. Zeitschr. der deutschen geolog. Gesellsch. 1880. *) Die Schwierigkeiten, welche, wegen des Umfangs und der weiten Zerstreuung der ein- schlägigen Literatur, sowie der Verwicklung der systematischen Verhältnisse, die Abfassung eines kurzen Berichtes über die paläontologische Entwicklung der Rhizopoden darbietet, liess es ınir wünschenswerth erscheinen, einen auf diesem Gebiet seit längerer Zeit thätigen Fach- mann um seine gütige Mitwirkung zu ersuchen, Ich hege die Hoffnung, dass trotz einiger Ungleichheiten, welche hierdurch in die Darstellung eingeführt worden sind, das Werk im Ganzen dadurch gewonnen hat. 0, Bütschli, Paläontolog. Entwicklung (Kohlenform.). 243 Es existiren zwar mannigfache Angaben über das Auftreten von Rhizopoden im Silur, von welchen namentlich jene so bewährter Forscher, wie es Parker und Jones sind, gewiss alle Beachtung verdienen; trotz- . dem schwebt aber noch ein gewisses Dunkel über diesen Vorkomm- nissen, und lässt sich an das, was von denselben bisher bekannt wurde, kaum irgendwie anknüpfen. Auch im Devon fand Schlüter*) eine Form, welche er als Coelotrochium Decheni an Ovulites anschliessen zu können glaubt, die aber Steinmann wohl mit Recht zu den Kalkalgen stellen möchte, zu denen allerdings auch Ovulites gehört.**) Auf die, ausserdem im Silur und Devon vorkommenden Receptaculiden und Stromatoporiden brauchen wir hier nicht näher einzugehen, da wir über dieselben schon früher berichtet haben und deren Beziehungen zu den Rhizopoden über- haupt noch mannigfach in Frage kommen. Ganz anders gestaltet sich das Verhältniss dagegen bei den Rhizo- poden des Kohlenkalks. Hier sind es keine zweifelhaften Formen, denen wir gegenüberstehen, wir finden da im Gegentheil manche Vorkommnisse, die sich in ungeahnter Weise selbst an recente Formen anschmiegen. Steinkohlenformation. > Obwohl gewiss vorauszusetzen ist, dass es früher oder später gelingen wird, in älteren Schichten die Vorläufer der verhältnissmässig so hoch entwickelten Rhizopodenfauna dieser Formation zu entdecken, so spielt dieselbe bei dem jetzigen Stande unseres Wissens doch immerhin die Rolle einer Primordialfauna, und muss man sich vor der Hand damit begnügen, von dieser Etappe aus die weitere Entwicklung der bezüglichen Formen zu verfolgen. Dies aber dürfte es rechtfertigen, wenn wir bei der Vorführung der betreffenden Fauna etwas mehr ins Detail eingehen, um so mehr, als manche Unsicherheiten, welche sich in den bisherigen Bearbeitungen der- selben noch finden, wohl einer gewissen Feststellung bedürfen. Es ist dies übrigens nicht zu verwundern, wenn man die Schwierigkeiten in Betracht zieht, welche der Erhaltungszustand hier so häufig einer ge- naueren Untersuchung entgegensetzt. Was die Reihenfolge betrifft, in welcher diese Formen vorgeführt werden, so schliesst sie sich, der Gleichartigkeit wegen, im Ganzen an die im systematischen Abschnitt eingehaltene Folge an, und sind die bisher aus dem Carbon bekannt gewordenen Gattungen mit Ausschluss der Synonyme folgende: Haplophragmium Reuss. Brady führt in seiner Monographie bloss eine Form dieser Gattung an, die allerdings mit Recht der vorliegen- den Abtheilung zugezählt werden muss und zwar jener Untergruppe mit einfacher centraler Mündung, welche bereits von Reuss als d’Orbignyna Hagenow abgetrennt wurde; von Haplophragmien sensu strietiori, mit *) Zeitschr, der deutschen geolog. Gesellsch. 1879, *#*) Die eingehende Bearbeitung von Munier-Öhalınas in Bull. soc. geol. de France 3. Ser. T. VII: Nr. 10 lässt über die Stellung dieser Form kaum mehr einen Zweifel zu. 10* 244 Rhizopoda. einfachen Kammern, aber mehr oder weniger siebförmiger Mündung, findet man dort jedoch nichts erwähnt, doch kann ich nieht umhin, Endo- thyra globulus (Eichwald) Möller (IL. Taf. I. Fig. 1), sowie auch die als Endothyra Panderi M. und End. parva M. aufgeführten Formen dafür zu erklären, denn ich vermag kein Merkmal zu finden, das sie von ersterer Gattung trennen würde. Auch die bei Möller als fraglich angegebene Form, die l. e. Abth. I. Taf. IV. Fig. 6 abgebildet ist, dürfte wohl hierher gehören, falls sie nicht eine echte Lituola mit Sekundärsepten darstellt. Lituola Lamarck. Von typischen Lituolen wird bei Brady eine Form als L. nautiloidea Lmk. angeführt, was jedenfalls auf eine exorbi- tante Langlebigkeit dieser Species hindeuten würde. Wichtiger jedoch als die bisher angeführten Lituolideen, in Anbetracht der Rolle, welche er zum Theile in der Zusammensetzung der Kohlenkalk- faunen spielt, ist ein anderer Repräsentant dieser Gruppe, welcher wohl als das aufgefasst werden muss, was man bisher als die Nonioninenform von Haplophragmium zu betrachten gewöhnt war, nämlich: Endothyra Phillips. Die älteren Formen, wie z. B. die von Phillips zuerst aufgestellte Species E. Bowmanni Ph. zeigen zwar meist eine ausgesprochene Ungleichseitigkeit, während unter denen aus jüngeren Schichten sich gerade im Gegentheil mehr annähernd gleichseitige Formen finden, doch wird man bei genauerer Untersuchung wohl auch bei letz- teren den, wenn auch flach turbinoiden Aufbau zu erkennen vermögen. Brady führt diese Formen als porenlos und halbsandig an, während Möller, dem augenscheinlich ein besser erhaltenes Material zu Gebote stand, das Vorhandensein von Poren’ betont. Ich kann nach den Beob- achtungen, die ich zu machen Gelegenheit hatte, nur Beides bestätigen, so sehr es sich auch zu widersprechen scheint. Die vorliegende Gattung kann an Massenhaftigkeit des Vorkommens im Kohlenkalke stellenweise selbst mit den Fusulinen wetteifern. Trochammina P. et J. An die von Brady aufgeführten Arten dieser Gattung schliessen sich jene eng an, die aus dem oberen Zech- steine angegeben werden, und ist möglicherweise hier‘der Ausgangspunkt mancher, später gesondert auftretender Formen zu.suchen. Saccammina Sars. Zu den genauen Untersuchungen dieser Gattung, wie wir sie Brady verdanken, wäre nur hinzuzufügen, dass die grosse Form aus dem Kohlenkalke von Punchab, welche Prof. Zittel in seinem Handbuche erwähnt, in ganz ausgezeichneter Weise, jenes eigenthümliche Relief kleiner Sechsecke zeigt, wie wir es bei manchen Lageniden beobachten können. Nodosinella Brady. Repräsentirt hier, in Gemeinschaft mit der vorhergehenden Form, die Gruppe der Arenacea, die ich als wohl be- rechtigt zu betrachten allen Grund habe. Lagena Walker et Jakob. Von den bei Brady angeführten Formen besitzt namentlich L. Lebouriana B. ein so charakteristisches Aussehen, Paläontolog. Entwicklung (Kohleuform.). 245 dass an deren Zugehörigkeit zu der betreffenden Gattung kaum gezweifelt werden kann. Climacammina Brady (Cribrostomum Möller).*) Bei diesem Genus scheint ein eigenthümliches Verhältuiss im Aufbau, das bei anderen agglutinirenden Foraminiferen nur hier und da beobachtet wird, als Norm vorzukommen. Die Schale wird nämlich bei jeder einzelnen Kan- mer Anfangs rein kalkig, mit ziemlich gedrängt stehenden, gleichmässig vertheilten Poren abgeschieden. Erst später werden Sandkörner mit zum Aufbaue derselben verwendet, wodurch, wie es nicht anders zu erwarten ist, die Entstehung von Poren auf einzelne Partien beschränkt, oder deren Bildung auch vollständig sistirt werden kann. Die Zeichnungen, welche v. Möller seinem Werke beigibt, zeigen dieses Verhältniss in ganz ausgezeichneter Weise, aber auch bei Brady ist Taf. I. Fig. 8 Aehn- liches bereits angedeutet. Textularia Defrancee. Manche Formen, die ich, namentlich aus dem Carbon von China und Japan kennen zu lernen Gelsgenhen hatte, dürften wohl zu den echten Textularien oder wenigstens zu der agglu- tinirenden Abänderung derselben, den Plecanien, zu zählen sein. Tetrataxis Ehrenberg. Was diese eigenthümliche Form betrifft, die eine sehr grosse horizontale Verbreitung besitzt, jedoch nirgends gerade häufig zu sein scheint, so erinnert dieselbe in dem äusseren Aufbaue ihres konischen Schalen-Mantels an Patellina, obwohl sie anderseits doch wieder viel mehr Aehnlichkeit mit manchen gerundet konischen, agglutini- renden Textilarien besitzt. Dass aber diese Tetrataxis-Form aus der Reihe der Arten, die bisher unter der Genusbezeichnung Valvulina auf- geführt wurden, ausgeschieden und die alte Ehrenberg’sche Bezeichnung für dieselben beibehalten werden müsse, darin kann man v. Möller nur beistimmen. Ebenso kann ich die Beobachtung Möllers nur bestätigen, dass auch bei dieser Gattung, zumeist nur in den jüngern Theil der Schale Sand aufgenommen wird. Höchst eigenthümlich ist das, sowohl von Brady als auch von Möller beobachtete Auftreten zierlich vertheilter Sekundärsepta bei manchen dieser Formen. Durch das letztere Merkmal würde sich auch Brady’s Valvulina rudis annähernd hier anschliessen, doch erweist sich dieselbe im Ganzen als so eigenartig, dass ich sie bei keiner bisher aufgestellten Gattung unterzubringen wüsste. Valviulina pliecata Br. und Valv. bulloides Br. werden wohl bei Valvulina verbleiben müssen; doch dürfte es nothwendig werden, dieses ‘Genus etwas mehr einzuengen, als dies bislang vielfach der Fall war. Truneatulina d’Orbigoy. Wenn man die Beschreibung, und namentlich die Abbildung der Form, welche Brady unter dem Namen T. Boueana d’Orb. aus dem Kohlenkalke anführt, mit den tertiären *) Durch ein Versehen wurde p. 204 fälschlich geschrieben Climacimına, 246 Rhizopoda. Repräsentanten dieser Art vergleicht, so dürften sich doch wohl Merkmale finden lassen, welche beide Arten von einander scheiden, obwohl sich scheinbar unmittelbar verbindende Glieder immerhin finden lassen mögen. Pulvinulina Parker et Jones. Eine sehr charakteristische Art dieser Gattung, welehe in einer nahestehenden Verwandten allerdings erst wieder in der Kreide erscheint, dann aber, mit wenig Veränderungen bis in die Jetztzeit hinaufreicht, lernen wir ebenfalls durch Brady, in der P. Broeckiana Br. aus dem Kohlenkalke kennen, und gibt so dieselbe thatsächlich das Beispiel einer sehr langlebigen Gruppe ab. ei Calearina d’Orbigny. Der äusseren Form nach, wie sich aus der Abbildung bei Brady ersehen lässt, zeigt die betreffende Kohlenkalkform keine besondere Aehnlichkeit mit den jüngeren Vertretern dieser Gattung, doch die Angabe der Schalenstruktur muss jedes Bedenken beseitigen, das sich gegen die richtige Einreihung der als C. ambigua Brady be- zeichneten Form erheben könnte. Spirillina Ehrbg. Von diesem Genus werden von Möller einige recht charakteristische Formen angeführt, die sich ganz ungezwungen an die Jüngeren Vertreter dieser Gruppe anschliessen, obwohl sie immerhin merk- liche Verschiedenheiten zeigen. Archaediscus Brady. Diese eigenthümliche Gattung, deren Durch- schnitte, wie sie sich in den Dünnschliffen zeigen, namentlich bei Möller sehr charakteristisch gezeichnet sind, repräsentirt meist in den verschie- denen Kohlenkalkproben, in denen ich sie zu beobachten Gelegenheit hatte, für sieh allein die rein kalkschaligen Foraminiferen, und fällt dieselbe durch ihre auffallend durchsichtige, dicke Schale meist ziemlich auf. Im Ganzen scheint dieselbe feinporös zu sein, doch konnte ich auch mehrmals grobporige Partien deutlich unterscheiden, genau in der Weise wie sie Brady zeichnet. w Cribrospira Möll. Diese Gattung, welche ich jedoch nicht selbst untersuchen konnte, schliesst sich der allgemeinen Gestalt nach an die ganz eingerollten Formen von Haplophragmium an, doch wäre es immer- hin denkbar, dass sie eine rein kalkige Schale besitzt, wofür jedenfalls die Art der Perforation sprechen würde. i Bradyina Möll. Ganz unerwartet steht man hier einer Form gegenüber, die enge Beziehungen zu den Polystomellen besitzt, von denen sie sich aber durch ihren unsymmetrischen Aufbau unterscheiden würde. Exem- plare von Kaluga, die ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, und die ich allen Grund habe hierher zu rechnen, zeigen dieses Merkmal ganz augen- fällig, doch scheinen dieselben eine agglutinirte Schale zu besitzen. Amphistegina d’Orbigny. Einen eigenthümlichen Eindruck macht es, diese Form, welche man höchstens in der oberen Kreide zu suchen gewöhnt war, in überdies noch so sehr typischen Repräsentanten hier wiederzufinden, und könnte man durch solche Funde verleitet werden, Paläontolog. Entwicklung (Kohlenform.). 247 Jenen recht zu geben, welche den Foraminiferen alle Tauglichkeit zur Unterscheidung von Schichten absprechen möchten. Doch gibt es der Gründe übergenug, welche für das Gegentheil sprechen. Nummulites Lamarek. Was von der vorhergehenden Gattung ge- sagt wurde, gilt von der vorliegenden noch in erhöhtem Maasse, deren erstes Auftreten einst als eines der charakteristischsten Merkmale des Eoeän galt. Durch die exorbitante Entwicklung, welche sie dort findet, wird. sie aber für diese Abtheilung ihre bezeichnende Rolle allerdings auch immer behaupten. Fusulina Fischer v. Waldheim. Die beste Charakterisirung dieser für den Kohlenkalk schon lange als typisch bekannten Rhizopode ver- danken wir Val. v. Möller, dem aber auch bei der Bearbeitung dieser Formen ein ganz besonders umfangreiches Material zu Gebote stand. Noch in Zittels Handbuche der Paläontologie, in welchem mir die Aufstellung der Diagnose für diese Gattung überlassen wurde, hatte ich der bisherigen Auffassung folgend die Fusuliniden im Allgemeinen unter diesem Namen zusammengefasst, und auf die damals noch unfertige Unter- suchung dieser Abtheilung fussend, die Mündungsverhältnisse von Formen aus dem Kohlenkalke von China als die typischen betrachtet. Sehr bald wurde jedoch auch mir klar, dass hier eine Trennung in verschiedene Gruppen nicht zu vermeiden sei. Mehr als irgend ein anderes Vorkommen sind es aber die erwähnten Funde aus dem chinesischen Kohlenkalke, welche Klarheit in das gegenseitige Verhältniss dieser jedenfalls ver- wandten Typen zu bringen vermögen, und geht aus denselben nicht nur hervor, dass jene Formen, welche v. Möller als Schwagerina ab- trennt, thatsächlich eine selbständige Gruppe bilden; sondern dass die ex- tremen dort vorkommenden Repräsentanten dieser neuen Gattung es ausser- dem möglich machen, die für dieselbe aufgestellte Diagnose wesentlich zu ergänzen. Für die Fusulinen bleibt die Fältelung der Kammern, welche zwar schon Salter kenntlich abgebildet hat, und die auch v. Möller be- sonders hervorhebt, immerhin charakteristisch, den Schwagerinen gegen- über tritt aber noch als trennendes Merkmal der Mangel des Basalskelets hinzu, das wir dort kennen lernen werden. Die Mündung, welche bei der Form von Savaninsk, die ich zuerst zu untersuchen Gelegenheit hatte, so häufig, sehr bald verschwindet, stellt bei den Fusulinen ausserdem that- sächlich, im normalen Zustande, eine aus dem Unterrande der Septal- fläche ausgeschnittene mediane Spalte dar, während wir bei den Schwage- rinen mannigfache Schwankungen in dieser Richtung kennen lernen werden. Ein verbindendes Merkmal dagegen, welches beide Formengruppen zu einem Ganzen, den Fusulineen vereinigt, liegt jedoch in den eigenthüm- lich in die äussere Wand eingekeilten Septalwänden, die mir sonst bei keiner andern Foraminifere bekannt sind. Bei einem Durchschnitte, wie wir ihn etwa Taf. XII. Fig. 14 sehen, findet man nämlich, dass das Sep- tum sich mit zugeschärftem Aussenrande, zwischen die benachbarten 248 Rhizopoda. Aussenränder zweier Kammern hineinschiebt, sodass es gerade nur noch an die Septalnaht heranreicht. Hemifusulina Möller. Das einzige trennende Merkmal, welches diese Form von den eigentlichen Fusulinen scheiden würde, wäre das Vorhandensein eines Interseptal-Canalsystems, doch muss ich ge- stehen, dass ich einige Zweifel an dem Vorhandensein desselben nicht zu unterdrücken vermag, denn ähnliche Bilder wie das auf Taf. XI. Fig. 1 und Taf. XIV. Fig. 1—4 der 1. Abth. bei v. Möller, konnte ich mehrfach an Fusulinellen beobachten; doch scheinen mir dieselben stets nur durch die allmähliche Umwandlung der ursprünglichen Kalksub- stanz hervorgebracht zu sein. Jedenfalls wird es erneuter Untersuchungen, an vielleicht noch besser erhaltenem Materiale bedürfen, um diese Frage zur vollen Klarheit zu bringen. Was die geologische Verbreitung der Fusulinen betrifft, so ist es be- kannt, welche Rolle sie namentlich im oberen Kohlenkalke spielen, wo sie nicht selten in der Art der Nummuliten im Eocän förmlich gesteinsbildend auftreten. Ihr vertikales Vorkommen ist jedoch ziemlich eng begrenzt und gehen sie nicht über die obere Abtheilung des untern Kohlenkalkes einerseits und über die untern Dyasschichten anderseits hinaus. Schwagerina Möller. Von den Formen, welche v. Möller als grund- legend für dieses Genus betrachtet, konnte ich bloss Schw. Verbeeki untersuchen, da es mir nicht gelang, Exemplare der in Berlin deponirten Schw. princeps Ehrbg. zur Ansicht zu erhalten. Die trefflich erhaltenen Exemplare von ersterer Art jedoch, die ich Herrn Ingenieur Verbeek und Prof. F. Römer verdanke, lassen so sichere Vergleiche zu, dass ein Zweifel an der Zusammengehörigkeit derselben mit den mannigfaltigen Vorkommniesen aus dem Kohlenkalke von China nicht aufzukommen vermag. Bei den extremsten Formen dieser Abtheilung, die mir von den erwähnten Fundpunkten bekannt wurden, zeigt sich aber das eigenthüm- liche Verhältniss, dass auf der Basis jeder Kammer eine schwache Kalk- platte abgesetzt wird, von welcher wallartige Erhöhungen sich erheben, die in ihrem Gesammtverlaufe sich zu Spiralreifen vereinigen. Diese Erhöhungen, welche die Schale wie nahe an einandergelegte Fassreifen umgeben, können dort, wo sie stärker entwickelt sind, die langen, geraden Kammern förmlich in Nebenkammern abtheilen; während sie anderseits wieder manchmal so wenig ausgesprochen erscheinen, dass man sie sehr leicht übersehen kann, wie diess sowohl bei Brady als auch bei Möller der, allerdings sehr zu entschuldigende Fall war. Bei Schw. Verbeeki und ihren nächsten Verwandten muss man allerdings schon sehr gute Exem- plare zur Verfügung haben und bereits darauf aufmerksam sein, um diese Reifen zu sehen; ich fand sie aber, nachdem ich sie einmal kennen ge- lernt hatte, doch immer wieder, ja Spuren derselben kann man selbst an der von Möller auf Taf. IX. Fig. 1? der 1. Abth. gegebenen Abbildung bemerken. a Paläontolog. Entwicklung (Kohlenforim.). 249 Für diese eigenthümliche Ablagerung, welche ich als ein besonders ‚charakteristisches Merkmal der Schwagerinen zu betrachten Grund habe, möchte ich die Bezeichnung „Basalskelet“ in Vorschlag bringen. Auch die Mündungsverhältnisse werden übrigens von diesem Basalskelete wesentlich beeinflusst, denn die Formen, welche diese Ablagerung kaum wie einen Hauch angedeutet besitzen, zeigen einfache Spaltmündungen, während bei etwas stärker entwickelten Reifen sowohl Spaltmündungen als auch zugleich Reihen runder Mündungslöcher vorkommen können; bei hochent- wiekeltem Basalskelete aber jedem Intervalle zwischen den Reifen ein rundes Mündungsloch entspricht. In der geologischen Verbreitung schliessen sich die Formen dieser Gattung eng an Fusulina an mit dem einzigen Unterschiede, dass sie etwas später auftreten. Fusulinella Möller. Dieses Genus scheint sich in manchen seiner Repräsentanten den Fusulinen sehr zu nähern und ist es wohl diese Beziehung, welche v. Möller durch die Wahl des Namens aus- sprechen wollte. Das Hauptmerkmal- jedoch, welches die vorliegenden Formen von den Fusuliniden scheidet, ist der auch von Möller betonte, ununterbrochene Uebergang der äusseren Schalenwand in die Septalfläche bei den ersteren, während als eines der wichtigsten Merkmale bei letz- terer Gruppe das Einkeilen der Septalflächen zwischen die Aussenwände der Kammern bereits erwähnt wurde. Die typischen Repräsentanten dieser Gattung scheinen ebenfalls rein kalkschalig zu sein, obwohl sie an Durch- sichtigkeit den Formen von Archaediscus immerhin weit nachstehen. Ob die agglutinirenden Formen mit ähnlichem Aufbaue, wie z. B. Fus. Struvi Möller, die auch Steinmann anführt, zu einer besonderen Gruppe zusammenzulegen wären, müssen noch eingehendere Unter- suchungen erweisen. Auch Fusulinella besitzt eine grosse Verbreitung. Stacheia Brady. Ich führe diese eigenthümliche und interessante Form erst hier, gewissermaassen im Anhange an, weil ich dieselbe nir- gends streng anzuschliessen vermag. Für die so gleichmässige Unter- abtheilung der Kammern finden sich allerdings auch bei Tetrataxis Ana- logien, und für das Proteische der Form, welches z. Th. durch die An- heftung bedingt wird, die sie von der Unterlage abhängig macht, lassen sich mannigfache Vergleiche finden; aber dennoch zeigt die Gattung so viel Eigenartiges im Habitus, dass sie dadurch eine sehr isolirte Stellung erhält. Auch Stacheia scheint im Kohlenkalke eine ziemliche Verbreitung zu besitzen. Ob Loftusia mit ihren vielfach unterabgetheilten Kammern hier nieht nahe Beziehungen findet, möchte allerdings zu erwägen sein, namentlich da diese Gattung nach den Untersuchungen Dawson’s eben- falls schon im Kohlenkalke Nordamerikas vertreten ist. 250 Rhizopoda. Dyas-Formation. Wenn wir die Rhizopodenvorkommnisse innerhalb dieser Formation mit jenen vergleichen, die wir in der vorhergehenden kennen lernten, so finden wir Antangs kaum eine wesentliche Veränderung, und Alles, was sich an Verschiedenheiten findet, liesse sich wohl als durch den Mangel unserer derzeitigen Kenntniss erklärt betrachten. Anders ge- staltet sich diess jedoch, wenn wir in die höheren Lagen dieser Ab- theilung hinübertreten. Hier findet sich keine Spur mehr von Fusulinen, und auch Climacammina scheint zu verschwinden. Statt dessen ge- winnen die echten Nodosarien, die nach meinen Erfahrungen schon im Kohlenkalke, wenn auch sehr selten, vorkommen, hier grösstentheils numerisch das Uebergewicht. Nodosinella kommt nach Brady vor. Tetrataxis wurde bisher noch nicht nachgewiesen, dürfte aber kaum ganz fehlen. Archae- discus wurde zwar nicht gefunden, doch tritt statt dessen eine andere dieser Gattung im Aufbau äusserst ähnliche Form (stellenweise sogar ganz häufig) auf, bei der ich aber, trotzdem ich sie von verschiedenen Fundpunkten kenne, nie eine Spur von Poren zu entdeeken vermochte. Auch Cornu- spira, allerdings meist mit wechselnder Spiralebene und deshalb der viel- umfassenden Species Trochammina incerta zugehörig (wenn man diese Fassung annehmen will) kommt stellenweise nicht selten vor; vereinzelt ist dagegen das Vorkommen agglutinirender Textilarien, die jedoch dem Kohlenkalke auch keineswegs vollständig fehlen. Stacheia wurde bisher noch nicht nachgewiesen. Auch für die übrigen, meist mehr vereinzelten Vorkommnisse des Kohlenkalkes wurden in der vorliegenden Formation noch keine Vertreter gefunden. Mesozoische Formationen. Wichtigere Literatur: Jones and Parker, On some fossil Foraminif. from Chelaston near Derby. Quart. Journ. geol. soc. Vol. XVI. 1860. Schwager, in Dittmar: Die Contortazone. Foraminiferen. ‘ Reuss, Foraminiferen und Ostrak. aus den Schichten von St. Cassian. Wien. Sitzb. Akad. W. Bd. 57. Gümbel, C. W., Ueber die Foraminiferen und Östrak. von St. Cassian u. Raibl. Jahrb. geol. Reichs-A. Bd. 19. Peters, Ueber Foraminif. im Dachsteinkalk. Wien. Sitzb. geol. Reichsanst. 1863. —— Kurze Anleitung zu geologischen Beobachtungen in den Alpen. Bornemann, Ueber die Liasformation bei Göttingen etc. Berlin 1854. Terquem, Mömoires sur les Foraminiferes du Lias et du systeme oolithique etc. Me&m. Acad. imp. Metz 1858; 1862; 1863; 1864; 1866; 1867; 1869; 1870. Bornemann jun., Ueb. d. Foraminif.-Gatt. Involutina. Ztschr. deutsch. geol. Ges. Bd. 26. 1874. Buvignier, Statistique göologique etc. de la Meuse. Gümbel, Die Streitberger Schwammlager und ihre Foraminifereneinschlüsse. Würtemb. naturw. Jahresh. Bd. 18. Schwager, Beitrag zur Kenntniss der mikroskop. Fauna jurassischer Schichten. Würtemb. naturw. Jahresh. Bd. 21. Gümbel, Die geognostischen Verhältnisse des Ulmer Cementmergels. Sitzber. Bair. Akad. Bad. 1. Karrer, Ueber einige Foraminiferen aus dem weissen Jura von St, Veit bei Wien. Sitzber. Akad, Wiss, Wien 1867. Bd. LV. % Paläontolog. Entwicklung (Triasforın.). 251 Gümbel, Ueber zwei jurassische Vorläufer des Foraminiferengeschlechtes Nummulina und Orbitulites. N. Jahrb. 1872. Bornemann, Ueber die Foraminiferen-Gattung Involutina. Zeitschr. Deutsch. geol. Gesellsch. Bd. 26. d’Orbigny, Sur les Foraminiföres de la craie blanche ete. Mm. soc. geol. France Tom, IV. Reuss, Versteinerungen der böhmischen Kreideformation. Stuttgart 1845. Cornuel, Description etc. du terrain erttac& etc, de Ja Haute Marne. M&m. soc. geol. France Tom. III Reuss, Die Foraminiferen etc. des Kreidemergels von Lemberg. Haidinger naturw. Abhandl. Abth. IV. —— Beiträge zur Charakteristik der Kreideschichten in den Östalpen. Denkschr. Akad. Wiss. Wien. Bd. 7 Beiträge zur genaueren Kenntniss der mecklenburg. Kreidegebilde. Zeitschr. Deutsch. geol. Gesellsch. Bd. 7. — — Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. Sitzber. Wien. Akad. Wiss. Bd. 40. — —— Die Foraminiferen des Kreidetuffes von Mastricht. Sitzber. Wien. Akad. Wiss. Bd. 44. -—— Die Foraminiferen des senonischen Grünsandes von New-Jersey. Sitzber. Wien. Akad. Wiss. Bd. 44. — —— Die Foraminiferen des norddeutschen Hils und Gault. Sitzber. Wien. Akad. Wiss. . Bd. 46. ——— Die Foraminifereufamilie der Lageniden. Sitzber. Wien. Akad. Wiss. Bd. 46. — —— Die Foraminiferen etc. der Kreide vom Kanara-See, Sitzber. Wien. Akad. Wiss. Bd. 52. Sandberger: in den Verhandl. der k. k. geol. Reichsanstalt zu Wien 1868. S. 192—219. Karrer, Ueber ein neues Vorkommen von oberer Kreideformation etc. Jahrb. geol. Reichs- Anst. Wien. Bd. XX. Nr. 6. Eley, Foraminifera of the Chalk. Geolog. Magaz. 1871. Jones and Parker, On the Foraminifera of the Family Rotalinae found in the cretaceous Formation. Quart. journ. geol. soc. XX VIII. Reuss, in Geinitz: Elbthalgebirge etc. Abth. I u. II. Marsson, Die Foraminiferen der weissen Schreibkreide der Insel Rügen. Mitth. naturwiss. Ver. Neuvorpommern u. Rügen. 10. Jahrg. Trias-Formation. Für diese Formation ist namentlich ein Fora- miniferen-Vorkommen von Wichtigkeit, dessen genauer geologischer Hori- zont zwar noch Gegenstand der Controverse ist, der sich aber keines- falls von der unteren Grenze der Trias weit entfernt. Es sind diess die Belerophonschichten, wie sie Stache nennt, aus dem Pusterthale in Tyrol, auf deren Foraminiferenreichthum bereits Loretz (Zeitschr. Deutsch. geolog. Gesellsch. 1874) besonders aufmerksam machte, und deren ein- gehende Bearbeitung wir von Gümbel zu erwarten haben. *) In diesen Schichten, deren Einschlüsse ich namentlich aus dem reichen Materiale, das ich Prof. R. Hörnes verdanke, und aus den Präparaten des Dr. Loretz kenne, kommt neben sehr zahlreichen Cyprideen, Bryozoen etc. besonders eine Rhizopodenform, und stellenweise sogar sehr häufig vor, welche dem äusseren Ansehen nach an manche Involutinen erinnert, den Struktur- und Aufbauverhältnissen nach sich aber näher an Archaediseus anzuschliessen scheint. Für dieselbe wäre die Speciesbezeichnung gre- garia wohl am Platze. Neben dieser Form macht sich ebenfalls eine zweite, wenn auch lange nicht so häufig vorkommende bemerkbar, welche *) Die vorläufige Benennung und Abbildung des grössten Theiles dieser Formen findet man bereits in Gümbel’s „Anleitung zu geol. Beob. in den Alpen“, 252 Rhizopoda. zu jenen Valvulinen gehört, welche wir oben als typisch bezeichnet haben. Gümbel nennt sie V. alpina. Zum Theile gleichfalls nicht selten kommt Bulimina contorta G. vor, die im Ganzen allerdings an manche agglutinirende Buliminen, namentlich an Ataxaphragmium variabile aus der Kreide erinnert, aber eine gelippte Mündung und ausserdem aus alternirenden Kanımern zusammengesetzte Umgänge besitzt. Endo- thyra radiifera Gümbel dürfte vielleicht besser zu Fusulinella zu stellen sein. Auch Textilarien fehlen in diesen Schichten nicht; sowie ich auch Tetrataxis erkannt zu haben glaube. Ueberblicken wir nun nochmals die angeführten Formen, so zeigen dieselben mehr oder weniger Verwandtschaft mit den Vorkommnissen des Kohlenkalks. Anders gestaltet sich dies jedoch bei den Lingulinen, indem Lingulina lata Gümb. nahe Beziehungen zu gewissen Formen des Muschelkalkes und unteren Keupers und L. subacuta Gümb. sogar zu solchen aus dem Lias besitzt. Trochammina vnlgaris Gümb. findet da- gegen Vewandte sowohl nach oben als nach unten. Wenden wir uns nun zu den mit Sicherheit der Trias zugezählten Schichten, so sind aus dem Gebiete des Buntsandsteins, wohl in Folge des meist so ungünstigen Versteinerungsmittels bisher noch keine Rhizo- poden nachgewiesen worden. Auch aus dem Muschelkalke wurden die- selben noch nicht beschrieben, doch fehlt es nicht an Angaben über das Vorkommen derselben. Im alpinen Muschelkalke hatte ich selbst Gelegen- heit, dieselben zu beobachten, und sind sie in jenem von der Schreyer- alpe gar nicht so selten. Nodosarien machen sich dort ziemlich be- merkbar, und ausserdem konnte ich eine Form erkennen, welche, wie bereits erwähnt, der Lingulina lata Gümb. wohl sehr nahe steht. Auch typische Cristellarien kommen hier bereits vor. Pulvinulinen finden sich, ebenfalls und zum Theile sogar nicht selten. Die Reihe der poren- losen Foraminiferen scheint hier ausserdem durch eine archaediscus- ähnliche Nubecularia vertreten zu werden, wie wir sie ähnlich im Zech- stein kennen lernten. Wenden wir uns jetzt zu den nächsthöheren Schichten des unteren Keupers, so führen uns dieselben wieder auf bereits bebautes Terrain. Es sind dies vor Allem die Ablagerungen von St. Cassian und die so- genannten Raibler Schichten, deren Rhizopodenvorkommen wir namentlich durch Reuss und Gümbel kennen. Auch das von mir vielfach beobachtete Vorkommen von Rhizopoden in den sogenannten Hierlatzschichten wäre hier anzuschliessen. Als die auffälligste Erscheinung tritt uns hier vor allem das erste Auftreten echter Globigerinen entgegen, an welches sich das Vorkommen von Textilarien aus der Gruppe der Globifera Ehrbg., wie es Sandberger angibt, eng anschliesst. Cristellaria setzt hier fort, zum Theile bereits begleitet von Marginulina, von der sich jedoch Spuren auch selbst schon im alpinen Muschelkalke finden. Nodosarien sind zum Theil nicht selten, doch wäre Dentalina Korynephora G. die erste echte Dentalina mit schief Paläontolog. Entwicklung (Trias- und Juraform.). 953 gegen die Hauptachse liegenden Septalwänden. Lingulina entwickelt sich gleichmässig weiter. Polymorphina wird zwar hier zuerst angegeben, doch dürfte diese Gattung immerhin erheblich tiefer herabgehen. Fraglich ist es, ob Polym. ? longirostris, welche sich in verwandten Formen durch den Lias bis in den oberen Jura fortsetzt, hierher oder zu den Milioliden zu stellen sei, da die Schalenbeschaffenheit dieser Form bisher noch nicht sicher erkannt werden konnte. Rotalien, namentlich Pulvinulinen, von denen Gümbel auch eine angibt, finden sich besonders in den Hierlatz- schichten, und zum Theile sogar häufig. Von porenlosen Foraminiferen führt Reuss eine Biloeulina an, und ausserdem kommen, stellenweise sogar durchaus nicht selten, namentlich in den Hierlatzschichten, die be- reits erwähnten archaediseus- oder auch involutina-ähnlichen Nubecularien, sowie auch Cornuspira vor. Gehen wir in der Reihe der Schiehten noch ein klein wenig höher, so sind für uns die Angaben besonders von Wichtigkeit, welche Peters über das Vorkommen von Rhizopoden im Dachsteinkalke macht. Die ver- schiedenen Faciesverhältnisse, unter denen uns hier das Rhizopodenvor- kommen vorgeführt wird, geben uns einen werthvollen Ruhepunkt zum Vergleiche mit den Vorkommnissen aus älteren oder jüngeren Schich- ten, von denen wir im besten Falle, nach unserer jetzigen Kenntniss, meist nur durch kurze geologische Zeiträume analoge Faciesverhältnisse zu verfolgen vermögen. Hier finden wir das erste Mal das Massenvorkommen der Globigerinen erwähnt, sowie auch das häufige Auftreten einer langhalsigen Lagena. Kaum merklich ist dagegen die Aenderung in dem Gesammtbilde der Rhizopodenfauna bei dem Uebertritt in die höchsten Schichten der Trias, in jene des rhätischen Keupers. Wenn wir von den Vorkommnissen in Chelaston absehen, welche die betreffenden Autoren selbst, der geogno- stischen Lage nach als zweifelhaft bezeichnen, so ist das, was wir über die Foraminiferen ‚dieser Zone kennen, doch recht gering. Es führen zwar Gümbel*) und Schafhäutl **) verschiedene Formen an, doch bedarf manche - bezügliche Angabe, namentlich jene des Vorkommens von Cuneolina doch wohl erst der Bestätigung. Auch ich veröffentlichte einige wenige Arten in Dittmar’s. „Contortazone“. Aus dem Allen lässt sich aber doch nur sehr wenig entnehmen, was den Einblick in die Entwicklung der Fora- miniferen im Allgemeinen besonders fördern würde. Erfreulicheres Licht in dieser Richtung finden wir dagegen in der nächsten Formation, der Jura-Formation. Namentlich was die untere und mittlere Ab- theilung derselben, den Lias und Dogger, betrifft, so verdanken wir das Meiste, was wir an Foraminiferenvorkommen aus derselben ken- nen, dem unermüdlichen Eifer eines französischen Forschers, Terquem’s, dessen Arbeiten wohl erst in späterer Zeit in ihrem vollen Werthe erkannt % *) Gümbel, ©. W., Geognost. Beschr. des bayr. Alpengebirges. Gotha 1861. *#) Schafhäutl, Geognost, Unters. d. süudbayr. Alpengebirges. München 1851, 254 Rhizopoda. werden dürften. Mag auch Manchem die Zersplitterung seiner Arten zu gross erscheinen, es spricht sich doch gewiss ein selten feiner Formsinn und eine grosse Sorgfalt darin aus, wie er die Einzelformen zur Species zusammenfügt. Sehr werthvolle Beiträge haben wir in dieser Richtung auch Bornemann zu danken, der übrigens der erste war, von dem die Bearbeitung der Foraminiferen einer speciellen Liasfauna in die Hand genommen wurde. Obgleich aber auch selbst hier noch gar manche Lücke auszufüllen ist und wir namentlich nicht selten genöthigt sind, die Vorkommnisse aus verschiedenen Faciesverhältnissen mit einander zu vergleichen, wenn wir ein zusammenhängendes Band der Entwicklung erhalten wollen, so genügt doch das was wir bereits kennen, um uns einen grossen Theil der Beziehun- sen erkennen zu lassen, welche sich nach oben und nach unten ergeben. Vor Allem auffällig erscheint die fortschreitende Differenzirung bei den Nodosarien und Dentalinen, die zu einer immer grösseren Mannig- faltigkeit der vorkommenden Formen Veranlassung gibt. Dasselbe gilt und vielleicht sogar in noch höherem Grade von den Cristellarideen, speciell den Marginulinen, welche hier einen ausserordentlichen Form- reichthum entfalten. Allmählich sieht man da auch die flache, als Vaginulina bezeichnete Abänderung aus denselben hervorgehen, an- fangs mit den zugleich vorkommenden Marginulinen noch eng ver- knüpft, bis sie endlich in jüngeren Formationen zu jener typischen Ent- wicklung gelangt, wo sie förmlich Hemiedrien der mit vorkommenden Frondieularien darstellt. Auch bei den hier ebenfalls nicht selten vor- kommenden Lingulinen finden wir Aehnliches. Unter der grossen Zahl von Formen, wie wir sie namentlich bei Terguem kennen lernen, heben sich nämlich zwischen ganzen Reihen, die man förmlich als Pseudo- Frondieularien bezeichnen könnte, immer mehr solche heraus, welche sich mehr oder weniger an die spätere typische Entwicklung dieser Formen anschliessen, die nur mehr lose mit den gleichzeitigen Frondieularien zu- sammenhängen. Eine grosse Mannigfaltigkeit, in welche einige Ordnung zu bringen Terquem mit Erfolg versucht, zeigen hier auch die Polymor- phinen, während die Textularien dagegen keine besonders hervorragende Rolle zu spielen scheinen. Cornuspira macht sich jetzt überall bemerk- bar meist in Gemeinschaft von Involutina, welche namentlich in manchen alpinen Liasgesteinen in erstaunlicher Menge vorkommt. Die Rotalideen scheinen zwar bloss an einzelnen Punkten häufiger auf- zutreten, doch zeigen sie stellenweise eine immerhin bemerkenswerthe Entwicklung. Auch eine echte Polystomella wird von Terquem be- reits hier vorgeführt. Was nun die porenlosen, rein kalkigen Formen betrifft, von denen wir Cornuspira schon erwähnten, so ist hier namentlich das erstmalige Auftreten von Orbitulites von Wichtigkeit, dessen Kenntniss wir Gümbel verdanken. Auch Milioliden kommen sporadisch vor. Nicht sehr wesentlich finden wir den Charakter der Fauna verändert, wenn wir in den oberen, den sogenannten weissen Jura oder Malm ein- ‘ Paläontolog. Entwicklung (Kreideform.). 255 treten und erst in den obersten Lagen desselben, dem Kimmeridgien, findet sich eine neu auftauchende Gattung Rhabdogonium,*), welche dann in sehr nahe verwandten Formen nach oben unmittelbar weiter fortsetzt. Erwähnungswerth ist ausserdem auch der Nachweis von Nummulitenformen im Malm, obwohl wir Repräsentanten dieser Gruppe bereits im Kohlenkalke kennen gelernt haben. Kreide-Formation. Haben wir im Jura Terquem’s und Borne- mann’s gedacht, an die sich im Malm die Arbeiten Gümbel’s und des Verfassers vorliegenden Ueberblickes anschliessen, so dürfen wir hier des Altmeisters der systematischen Foraminiferenkunde, A. E. Reuss, nicht vergessen, dem wir so wichtige Arbeiten über die Faunen der Kreide, neben nicht minder umfassenden und noch zahlreicheren über die Einschlüsse des Tertiärs verdanken, und als deren unmittelbare Fort- setzung in jeder Hinsicht jene seines Schülers und Freundes F. Karrer gelten können. Uebersehen dürfen wir aber auch hier keinesfalls die Verdienste, welche sich um die Kenntniss der Rhizopodenfauna dieser Formation der Vater der allgemeinen Rhizopodenkunde, d’Orbigny, er- worben hat. Auch Marsson brachte uns in neuerer Zeit einen werthvollen Beitrag in dieser Richtung. Wenden wir uns nun wieder zu dem Foraminiferen-Vorkommen selbst, so weit wir es innerhalb der Kreideformation kennen, so macht sich vor Allem schon in der unteren Kreide das Aufleben der Rotalideen und der verwandten Globigerinideen bemerkbar; auch das Massen- vorkommen von typischen Globigerinen, das wir allerdings bereits in der Trias erwähnt finden, das aber dort bloss eine Einzelerscheinung dar- zustellen scheint, dürfte damit zusammenhängen. Die Cristellarideen und noch mehr die Vaginulinen spielen zwar auch hier noch eine be- deutende Rolle, doch dominiren sie bereits lange nicht mehr in dem Maasse, wie diess besonders in den tieferen Schichten des Jura der Fall war. Bei den Nodosarien und Dentalinen zeigt sich anderseits in- sofern eine Veränderung, als die in einander fliessende Masse kleiner For- men, wie sie namentlich im oberen Jura vorkommt, sich hier um festere Typen zu gruppiren beginnt. Echte Haplophragmien treten ausserdem in der unteren Kreide und zum Theile in grosser Häufigkeit auf, nicht selten begleitet von verwandten nonioninenartigen Formen, die ich, wie bereits erwähnt, von dem Grundstocke der Endothyren, nach meiner Auffassung genommen, vor der Hand nicht zu trennen vermag. Nirgends sehr häufig vorkommend, aber durch sehr charakteristische Formen vertreten, sind ausserdem die Frondieularien und Flabellinen. Auch Polymorphina findet sich ziemlich gleichmässig zerstreut und erhält einen neuen Zuwachs durch die verwandte Pleurostomella. Amphimorphina**) wird *) Im systematischen Abschnitt zu Orthocerina d’Orb. gezogen. *#) Durch ein Versehen wurde sowohl Pleurostomella Rss. wie Amphimorphina Neugeb. im systematischen Theil nicht erwähnt. Beide gehören zu der Familie der Rhabdoina. Die 356 Rhizopoda. hier zwar das erste Mal angegeben, doch dürfte vielleicht eine Glandulina Gümbel’s von St. Cassian besser hier einzureihen sein, und der Anfang dieser Form dadurch bedeutend weiter nach rückwärts versetzt werden. Von geflochtnen Formen finden sich namentlich Textularien nicht selten, neben denen dann Proroporus Ehrbg. (Textularia) das erste Mal erscheint, sowie Tritaxia Rss. (Verneuilinad’Orb.). Von den nicht porösen kalkschaligen For- men macht sich Nubecularia und Cornuspira mit verschiedenen sich ihnen eng anschliessenden Formen hier bemerkbar, sowie Hauerina, die jedoch Reuss auch schon aus dem braunen Jura angibt. Milioliden kommen ebenfalls, jedoch stets bloss vereinzelt vor. Hier ist es auch am Platze einer Form zu gedenken, die für die Grenzlage zwischen der unteren und mittleren Kreide stellenweise eine hohe Bedeutung besitzt, und die zum Theil so massenhaft vorkommt, dass sie thatsächlich gesteinsbildend auftritt. Es ist diess Orbitolina (im systematischen Theile unter Patellina aufgeführt), deren Foraminiferen- charakter mir jedoch jetzt zum mindesten zweifelhaft geworden ist. Mit Patellina, an welche sie vielfach angereiht wurde, hat dieselbe vor Allem entschieden nichts gemein, denn ich fand bei allen Orbitolinen, von den verschiedensten Fundorten genommen, stets wenigstens Spuren eines kieseligen Skelets, das bei Patellina wohl noch Niemand gesehen haben dürfte, und besitzt diese Form überdiess eine förmliche Epithek, welche wohl bei keiner Foraminifere vorkommt. Gehen wir nun aus der unteren Kreideformation noch um einen Schritt höher in die mittlere und obere Abtheilung derselben, so ver- lieren die Cristellarien nach und nach relativ immer mehr an Boden, während die Rotalien und Globigerinen immer mehr davon gewinnen. Allmählich stellen sich auch immer mehr neue Typen ein, von denen die bemerkenswerthesten, die echten Orthocerinen, Bulimina (hier meist durch agglutinirende Formen vertreten), Gaudryina, Verneuilina, Chry- salidina, dann Cymbalopora Park. et Jones (non Hagenow), Allo- morphina, Alveolina, und in den höchsten Lagen Orbitoides sein dürften. Auch Amphistegina sowie Calcarina, von denen wir zwischen ihrem ersten Auftreten im Kohlenkalke und dem hier, keine Verbindung kennen, treten wieder auf. Cymbalopora Hagenow aus der Kreide von Mastricht, hat dagegen mit den Formen, welche später mit diesem Namen be- . zeichnet wurden, gewiss nichts zu thun. erstere Form besitzt ein nodosaria- bis dentalina-artiges Gehäuse. Die jüngeren Kammern umfassen den oralen Theil der nächst älteren abwechselnd auf einer Seite mehr wie auf der andern. Die jüngste Kammer kurz zugespitz. Mündung halbrund oder halbelliptisch, unter der Spitze auf einer Seite der Kammer liegend und zwar abwechselnd auf der vordern und hintern Seite. Die Form ist aus der Kreide und dem Tertiär bekannt. Amphimorphina Neugeb. lässt sich als eine Frondicularia auffassen, die in ihren jüngeren Theilen in ein nodosaria- oder dentalina-artiges Wachsthum übergeht. Auch sie fand sich bis jetzt nur fossil und reicht bis in das Tertiär hinein. - 0. B. un ar Be Paläontolog. Entwicklung (Tertiär). 257 Känozoische Formationen. Wichtigere Literatur: d’Orbigny, Foraminif. foss. tert. de Vienne. Paris 1846. Czizek, Beiträge zur Kenntniss der fossilen Foraminiferen des Wiener Beckens. Haidinger, naturw. Abhandl. II. 1847. d’Archiac, Description des fossiles du groupe nummulitique aux environs de Bayonne et de Dax. Mcm. soc. geol. de France Tom. III. 1848. -A. E. Reuss, Neue Foraminiferen aus den Schichten des österreichischen Tertiärbeckens. Denkschr. Wien. Akad. Wissensch. Bd. 1. 1849. 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Mit dem Eintritt in diese Formation machen sich, so wie auf anderen Gebieten der organischen Welt, so auch bei den Foraminiferen ungewöhnlich eingreifende Veränderungen bemerkbar. Haben schon früher die Rotalideen und Globigerinideen den Stichostegiern und Cristellarideen den Vorrang abgelaufen, so treten jetzt auch die porenlosen Formen, namentlich die Miliolideen immer mehr in den Vordergrund. Zwar finden sich dieselben bereits in der oberen Kreide, vor Allem in jener der Gosau, und an einzelnen Stellen sogar in grosser Menge zusammengehäuft, aber erst hier gewinnt deren Vorkommen eine allgemeinere Verbreitung. Auch Alveolina, die allerdings von d’Archiae bereits aus dem Cenoman angegeben wird und später auch in höheren Kreideschichten nachgewiesen wurde, gelangt erst mit dem Beginne des Eocän zu so massenhafter Entwicklung, dass sie sogar an der Zusammen- setzung mancher Gesteine einen wesentlichen Antheil nimmt. Aehnliches, wenn auch in weit bescheidenerem Maasse, gilt von Orbitulites. Neu erscheinen dagegen, Peneroplis mit der Nebenform Dendritina; dann Fabularia, Artieulina und Vertebralina, und namentlich ist es das Pariser Eocän, welches hier wie eine Colonie im Sinne Barrande’s zu einer wahren Brutstätte, besonders von Miliolidenformen wird. Wenden wir uns nun wieder zu den Perforaten, so sind es hier vor Allem die Nummuliten, welche unser Interesse in hervorragender Weise in Anspruch nehmen und zwar hauptsächlich deshalb, weil sie zum Theile eine so ausserordentliche Massenentwicklung zeigen, dass sie stellen- weise förmlich ganze Gebirge zusammensetzen. Ihnen schliessen sich beinahe ebenbürtig die Orbitoiden an. Von den mehr vereinzelt vor- kommenden Formen machen sich ausserdem die neu auftretenden Gattungen Heterostegina, Tinoporus, dann Clavulina und in den obersten Lagen des Eocän stellenweise Bolivina bemerkbar, von welchen letztere Jedoch auch bereits in der oberen Kreide und zum Theil sogar recht häufig vorkommt. Auch die Gattungen und Untergattungen Uvigerina, Rhyncehospira,*) Sphaeroidina etc. erscheinen das erste Mal. *) Im systematischen Theil unter Globigerin a aufgeführt. Paläontolog.. Entwicklung (Tertiär). 259 Wenn wir nun zu den oberen Abtheilungen des Tertiär übergehen, so macht sich vor Allem die rapide Abnahme der Orbitoideen und der Nummuliten bemerkbar, von denen erstere hier ganz auszusterben scheinen, während die letzteren nur mehr in kleinen Formen kümmerlich weiter existiren, und theilweise durch die einfacheren, hier nicht selten massen- haft auftretenden Ampbhisteginen ersetzt werden. Die Differenzirung der Formen schreitet aber immer noch weiter fort und macht sich jetzt namentlich bei jenen mit trochoidem Aufbaue bemerkbar, unter denen besonders die dünnschaligen von der Bewegung ergriffen werden. Aste- rigerina, Patellina, Discorbina ete. erscheinen als Produkte der- selben. > Auch die Textilarien halten sich ziemlich auf der Höhe der Entwick- lung, namentlich soweit es die agglutinirende Abtheilung (Plecanium Reuss) betrifft, ja letztere treten zum Theile noch häufiger auf, als diess jemals in der Kreide der Fall war. Dass aber irgendwo echte, rein kalk- schalige Textilarien im Tertiär zu einer so bedeutenden Massenentwick- lung gelangen würden, wie diess z. B. in der Kreide von Palästina zum Theile der Fall ist, wo sie die Globigerinen förmlich vertreten, dafür ist mir kein Beispiel bekannt. Im Anschluss an die Textilarien tritt hier ausserdem Reussia das erste Mal auf; eine Form, die ich um ihrer Schalenbeschaffenheit willen von Tritaxia abtrennen zu müssen glaubte.*) Auch Cassidulina und Ehrenbergina kennt man bisher noch nicht aus älteren Schichten. Polystomella und die Cryptostegier (Allo- morphina und Chilostomella) kommen zwar schon früher vor, aber erst hier gelangt besonders die erstere zu der Bedeutung, welche sie im oberen Tertiär und in der Jetztzeit besitzt. Bei den agglutinirenden For- men macht sich dagegen, den Vorkommnissen aus der nächst älteren Periode gegenüber, eine gewisse Abnahme geltend, obwohl dieselben in unserer Zeit zum Theile wieder aufzuleben scheinen. Quartär-Formation. Mit Sicherheit der Diluvialperiode zuzuweisende marine Ablagerungen kennt man so wenige, dass man von denselben hier abzusehen genöthigt ist, und nun eigentlich zu der jüngsten Periode, jener der Jetztzeit übergehen sollte. Von dem Foraminiferenvorkommen desselben aber einen Ueberblick geben zu wollen, wäre vor der Hand in so ferne un- nütz, als ja doch zu erwarten steht, dass das Gesammtbild durch die Resultate der eingehenden Untersuchungen, welche wir in der nächsten Zeit von H. B. Brady zu erwarten haben, wesentlich alterirt werden könnte, indem dieselben das umfassendste bisher bekannte, recente Material, jenes der Challenger-Ex- pedition zum Gegenstande haben. Namentlich diese Untersuchungen dürften aber erst erweisen, ob bei den gekammerten Rhizopoden (Foraminiferen) that- sächlich zweierlei Entwickelungstendenzen bestehen, wie mir aus dem bis- her Bekannten hervorzugehen scheint. Es drängt nämlich augenscheinlich *) 0. Schwager. Saggio di una classificazione dei Foraminiferi. Boletino R. com. geol. d'Italia 1877. pag. 18. Nr. 66. 17% 260 Rhizopoda. eine Reihe von Formen nach einer Complieirung in dem architektonischen Gesetze des Aufbaues der Schale, ohne jedoch über den Rahmen der Protozoennatur hinüberzugreifen ; während die andere dagegen, welche sich mehr an die Süsswasserformen anschliesst, nach einer höheren Orga- nisation des Weichkörpers zu gravitiren scheint, und für welche auch die Schalenform deshalb weit weniger an feste Regeln des Aufbaues gebunden sein dürfte. Diese letztere Abtheilung wird wohl zum grössten Theile mit der Gruppe der Arenacea Bütschli zusammenfallen, während als Gipfel- formen im Sinne der ersteren Rotalia, Polystomella, Nummulites, Fusulina und Orbitoides etc. gelten können. Das hier Gegebene soll nur eine in ihren einfachsten Grundlinien gezeichnete Skizze der Foraminiferen-Entwicklung im Laufe der geologi- schen Zeiten darstellen; es dürfte aber dennoch genügen, um die fort- schreitende Entwicklung dieser Formen zu zeigen, die allerdings auch hier nicht in einer geraden Linie stattfindet, und gerade dadurch charak- terisirt erscheint, dass bald die eine, bald die andere Gruppe mehr in den Vordergrund trat; oder anderseits manche, welche gewissermaassen in eine Sackgasse der Entwicklung gerieth, einen Abschluss ihrer Existenz fand. Heliozoa, Geschichte. 261 II. Unterabtheilung (Unterklasse). Heliozoa. 1, Uebersicht der historischen Entwicklung unsrer Kenntnisse von den Heliozo@n, Die geschichtliche Entwicklung der Heliozoönforschung schliesst sich auf das innigste an den schon früher besprochnen Entwicklungsgang unsres Wissens von den Süsswasserrhizopoden an, da ja die Heliozoa ganz vorzugsweise im süssen Wasser ihre Heimath haben. Im Ganzen hat jedoch die Erforschung dieser nicht gerade sehr umfangreichen und daher dem Auge des Beobachters seltner sich darbietenden Gruppe lang- samere Fortschritte gemacht, als dies bezüglich der Süsswasserrhizopoden zu verzeichnen war; es ist erst der jüngsten Zeit aufgespart geblieben, den Nachweis zu führen, dass doch auch diese Abtheilung eine bei weitem reichhaltigere und mannigfaltigere Ausbildung besitzt, als bis vor verhältnissmässig kurzer Zeit vermuthet wurde. Die erste Beobachtung und Schilderung eines hierhergehörigen Ge- schöpfes fällt in die zweite Hälfte des vergangnen Jahrhunderts. Wenn Joblot’s (1) Abbildung mit Recht auf eine Actinophrys bezogen werden darf, gebührt ihm (1754) die Ehre des ersten Darstellers eines Heliozoon; mit Sicherheit dürfen wir dagegen die Trichoda sol des verdienstvollen OÖ. F. Müller (2 u. 5) auf Actinophrys und Actinosphaerium (die erst relativ spät unterschieden wurden) zurückführen. Möglicherweise gleich- falls hierher gehörig scheint mir ein 1775 von demselben Beobachter (3) kurz beschriebner Organismus, welcher einen kugligen, bis zu 1 Linie im Durchmesser erreichenden, grünen Körper besass, von dem allseitig zarte, farblose Fäden ausstrahlten. Die ansehnliche Grösse dieses in der Ab- bildung sehr heliozo@nartig erscheinenden Organismus verbietet es, den- selben etwa als ein chlorophylliführendes, einfaches Heliozoönthier zu deuten; dagegen ist es immerhin möglich, dass es Kolonien zahlreicher Einzelindividuen eines grünen Heliozoon waren, welche O. F. Müller hier beschrieben hat. 262 Heliozoa. Treffliche Untersuchungen, in Anbetracht der sehr beschränkten Hülfsmittel seiner Zeit, verdanken wir dem Pastor Eichhorn (4, 1783), der eine musterhafte Schilderung und zahlreiche Abbildungen des Actino- sphaerium lieferte und namentlich schon die allgemeinen Lebenserschei- nungen dieses interessanten Organismus vortrefflich aufklärte. O0. F. Müller hatte seine Triechoda sol mit zahlreichen ciliaten Infusionsthieren in einer Gattung vereinigt und fand hierin an seinem Nachfolger Ehrenberg einen Gesinnungsgenossen, der zwar die erwähnten Heliozoön von der direkten Gattungsgemeimschaft mit Ciliaten erlöste, indem er für die Trichoda sol Müller’s 1830 die Gattung Actinophrys errichtete, dieselbe jedoch noch in seinem grossen Infusorienwerk (6) in einer Familie mit eiliaten Infusorien zusammenstellte und so ihre wahren Beziehungen zu den rhizopodenartigen Organismen völlig verkannte. Eine Anzahl weiterer Arten und eine neue Gattung Trichodiscus, die er 1838 noch beschrieb, haben sich theils nicht aufrecht erhalten lassen, theils konnten sie bis jetzt nicht mit Sicherheit auf seither besser bekannt gewordene Formen zurückgeführt werden. Erwähnenswerth erscheint jedoch an dieser Stelle noch, dass sich Ehrenberg 1840*) überzeugte, dass der von Eichhorn beschriebne „Stern“ specifisch verschieden sei von einer kleineren Form, für die er den Müller’schen Speciesnamen ‚‚sol“ beibehielt, während die grössere, Eich- horn’sche Form von ihm jetzt als Actinophrys Eichhornii aus- gezeichnet wurde. Ehrenberg hatte jedoch noch in andrer Hinsicht die verwandtschaft- lichen Beziehungen der Actinophrys irrthümlich aufgefasst, indem er sie mit seiner den Acinetinen angehörigen Gattung Podophrya zusammen- stellte, eine Missdeutung, die sich noch verhältnissmässig lange Zeit in der Zusammenfassung der Acineten und der Actinophryen geltend machte. Erst Dujardin erkannte 1841 (7) die wahren Beziehungen der Actinophrys, geleitet durch seine schon früher genügend betonte, richtige Deutung des Rhizopodenorganismus. Er würdigte zuerst die wahre Natur der strahligen Fortsätze des Actinophryenkörpers, indem er sie den Pseudopodien der Rhizopoden an die Seite stellte und die früher beliebte Vergleichung mit den Wimpern der Ciliaten abwies. Wie gesagt, wies er daher den Actinophrysformen, direct neben den Rhizopoden, den ihnen gebührenden, richtigen Platz an, beharrte jedoch noch bei der irrigen Vereinigung der Acinetinen mit den Actinophryiden. Ende der 40er Jahre wurde diese Auffassung Dujardin’s durch die Kölliker’sche Untersuchung der Actinophrys Eichhornii (9) bestätigt und gesichert und verschaffte sich denn auch bald allgemeine Geltung (obgleich noch Perty [12] 1852 der alten Anschauung huldigte). Durch die eben erwähnten Untersuchungen Kölliker’s, durch frühere Beobachtungen *) Monatsberichte der Berliner Akademie f. d. J. 1840. p. 198. nn Geschichte. 263 von Siebold’s*), durch weitere von Cohn (10), Claparede (13), Fr. Stein (14), Weston (16), Lieberkühn (15), Claparede und Lachmann (17) wurde die genauere Kenntniss der Organisation und der Lebenserscheinungen von Actinophrys und Actinosphaerium im Laufe der 50er Jahre bedeutsam gefördert. Wir heben hier nur den Nachweis des Eeto- und Entosarks, der contraktilen Vacuolen, des Kerns ete., so- wie von den Lebenserscheinungen Beobachtungen über Nahrungsaufnahme, Fortpflanzung und Conjugation hervor. Gegen Schluss der 50er Jahre wurde durch Untersuchungen von Claparede und Lachmann, hauptsächlich jedoch von Joh. Müller und E. Häckel die hochinteressante Gruppe der marinen Radiolarien einer genaueren Erkenntniss zugeführt und damit hebt denn auch eine neue Phase in der Geschichte unserer Heliozo@n an. Wenngleich keiner der genannten Forscher eine innigere Zusammen- fassung der damals bekannten Heliozoa mit den Radiolaria befür- wortete, sondern Alle die ersteren in innige Beziehungen zu den Süss- wasserrhizopoden brachten, so wurde doch bald eine solche Zusammen- fassung der beiden Gruppen versucht, und zwar scheint dies zuerst 1861 mit voller Entschiedenheit von Carpenter unternommen worden zu sein**). Eine genauere Erörterung der für diese Zusammenstellung maassgebenden Gründe kann hier vorerst nicht unsre Aufgabe sein, es wird genügen, in dieser Beziehung auf.die allgemeinen Gestaltsähn- lichkeiten, welche die Vertreter beider Abtheilungen darbieten, hin. zuweisen. Durch eine, im Jahr 1864 von Carter (21) gefundne neue Heliozoönform (Acanthocystis) erwuchsen dieser Vergleichung neue und sehr gewichtige Stützpunkte; in dieser Acanthoeystis war nämlich zuerst mit Sicherheit eine mit Kiesel-Nadeln und -Stacheln ausgerüstete Form nachgewiesen worden, welche eben, auf Grund dieser Eigenthüm- lichkeit, sehr innige Beziehungen zu den Radiolarien, speciell den Acantho- metriden, darzubieten schien. Auch in der wichtigen, von M. Schultze 1862 ermittelten Bauweise der Pseudopodien von Actinosphaerium glaubten wenigstens eine Reihe von Forschern eine neue Verwandtschaftsbeziehung zu den Radiolarien zu erkennen. Es dürfte wohl nicht unrichtig sein, wenn wir es hauptsächlich diesen neueröffneten Gesichtspunkten zuschreiben, dass die Erforschung der Heliozo@n in den folgenden Jahren einen bedeutsamen Aufschwung nahm, der eben sowohl zu einem tiefergehenden Verständniss des allgemeinen Baues, wie zur Auffindung einer ziemlichen Reihe neuer und z. Th. sehr interessanter Formen führte. Grosse Verdienste erwarb sich in dieser Hinsicht zunächst R. Greeff, der schon 1867 (27) die grosse Radiolarienähnlichkeit des Aetinosphaerium hervorzuheben glauben durfte und durch seine fortgesetzten, umfang- reichen Studien unsrer Gruppe, die ihn zur Entdeckung zahlreicher neuer *) Vergl. Anatomie der wirbellosen Thiere. 1848. **) On the systematic Arrangement of the Rhizopoda (The nat. history review N. IV, 1861) So: Introduct. to the stud. of Foraminifera. 1862, 264 Heliozoa. > Formen führten, zu dem beredtesten Vertheidiger dieser Ansicht wurde (27, 33, 35, 40). Es sei hier gleich betont, dass als Cardinalpunkt für diese Vergleichung der Nachweis eines, der sogen. Centralkapsel der Radiolarien entsprechenden Gebildes auch bei den Heliozoön gelten musste, welcher Nachweis denn auch von Greeff für zahlreiche Heliozoen- formen, jedoch mit wenig Glück, zu führen versucht wurde. Zur gleichen Ansicht bekannten sich weiterhin Focke 1868 (28) und Grenacher (29, 31) 1868 und 69, von welchen der erstere jedoch kaum einen be- deutsamen Grund für die Zusammenstellung der von ihm gefundenen Heliozoönformen mit den Radiolarien hervorzuheben wusste, während Grenacher durch den Nachweis gewisser, vor ihm wenig oder nicht be- kannter Eigenthümlichkeiten von Actinophrys und Acanthocystis seiner Ansicht eine gewisse, wenn auch gerade nicht sehr haltbare, Stütze verlieh. In England begann der verdienstvolle W. Archer etwa zu gleicher Zeit die Erforschung der Heliozo@n (32) und glaubte ebenfalls, auf Grund seiner Beobachtungen, die nahe Verwandtschaft mit den Radiolarien für sehr wahrscheinlich erachten zu dürfen. Im Anschluss hieran sei dann noch erwähnt, dass auch Ant. Schneider (36) sich sehr energisch zu Gunsten dieser Auffassung aussprach. Als Gegner der Radiolariennatur der Heliozoa erhoben sich im Jahr 1874, gestützt auf eigne Untersuchungen, R. Hertwig und Lesser (39). Indem sie die einzelnen, zu Gunsten dieser Auffassung geltend gemachten Merkmale der Heliozoa einer genauen Besprechung und Vergleichung unterzogen, gelangten sie zu der Ueberzeugung, dass eine direkte Ver- wandtschaft zwischen den beiden in Sprache stehenden Abtheilungen, nach dem Stande der augenblieklichen Kenntnisse, keine Wahrscheinlich- keit besitze und suchten mit Glück die einzelnen von Greeff, Archer, Grenacher und Schneider hervorgehobnen Vergleichspunkte zu widerlegen. Dennoch hatten sie sich hierbei zu weit führen lassen; wesentlich wegen der damals in vieler Hinsicht noch mangelhaften Kenntniss der Radio- larien. So ist hauptsächlich das von ihnen in erster Reihe aufgeführte Argument, nämlich die Vielzelligkeit der Radiolarien, im Gegensatz zu der aus ihren Untersuchungen hervorgehenden Einzelligkeit der Heliozoön, durch die späteren Radiolarienuntersuchungen R. Hertwig’s*) selbst hin- fällig geworden. Immerhin wird den Untersuchungen und Erörterungen beider Forscher das grosse Verdienst zuzuerkennen sein, dass sie in sehr präeiser Weise die Differenzpunkte der beiden Gruppen hervorhoben, wozu sie eben hauptsächlich ihr tiefergehendes Verständniss des Heliozoen- organismus befähigte. Nach dem eben bemerkten wird es nicht verwunderlich erscheinen, dass R. Hertwig in seinen spätern Arbeiten die frühere, scharfe Entgegen- setzung der Heliozoön und Radiolarien aufgab und im Jahre 1879 sogar *) Hertwig, R., Zur Histologie der Radiolarien. Leipzig 1876 und: Der Organismus der Radiolarien. Jena 1879. Geschichte und Literatur. 265 die Berechtigung der Zusammenstellung beider Abtheilungen zu einer grösse- ren Gruppe, im Gegensatz zu unseren Rhizopoda, anerkannte. Auch F. E. Schulze, der gleichfalls eine Reihe hierhergehöriger Formen dureh treffliche Untersuchungen aufklärte, hatte schon 1877 einer ähn- lichen Ansicht Ausdruck gegeben, indem er die beiden Abtheilungen zu einer Gruppe der Radiaria zusammenstellte (38, V). Archer stellte sich in seinen späteren Arbeiten ganz auf den Standpunkt R. Hertwig’s und Lesser’s und gab die direkte Unterordnung der Heliozoa unter die Radio- laria auf. Wir werden, wie schon früher bemerkt, die Heliozoa als gleich- berechtigte Gruppe zwischen Rhizopoda und Radiolaria betrachten und unsere Gründe hiefür späterhin, bei der Besprechung der Radiolaria, etwas genauer darstellen. Wie schon aus dem seither Bemerkten hervorgeht, haben die erwähn- ten Forscher, Greeff, Hertwig und Lesser, Archer und F. E. Schulze durch ihre Untersuchungen zur Aufklärung der Bau- und Lebensverhältnisse unsrer Gruppe sehr wichtige Beiträge geliefert und ihnen reihen sich weiter noch die Beobachtungen E. Häckel’s (der auch den Namen Helio- zoa aufstellte)*) und Cienkowsky’s an. Um die Erforschung der Fortpflanzungsverhältnisse haben sich haupt- sächlich verdient gemacht Cienkowsky, Greeff, Ant. Schneider, F. E. Schulze, Hertwig und neuerdings A. Brandt. So sehen wir denn durch die vereinten Bemühungen dieser Beob- achter unsre Kenntniss der Heliozo@ön zu einer ziemlichen Ausbildungsstufe erhoben, von der wir in den folgenden Abschnitten versuchen wollen, eine Darstellung zu geben. Literaturübersicht.**) 1. Joblot, Obseryations d’histoire naturelle, faites avec le microscope, a Paris. 1754. 2. Müller, O. F., Vermium terrestrium et fluviatil. etc. historia. Havniae et Lipsiae 1773. 3. —— Nachricht von einer sonderbaren und seltnen Pflanze. Walch, Der Naturforscher VI. Stück. 1775. p. 189—194. T. IL. Figg. 1—3. 4. Eichhorn, J. C., Zugabe zu meinen Beiträgen zur Naturgeschichte der kleinsten Wasser- thiere etc. Danzig 1783. 5. Müller, ©. F., Auimalcula infusoria fluviat. et marina etc. Havniae 1786. 6. Ehrenberg, Ch. G., Die Infusorien als vollkommene Organismen. Leipzig 1838. 7. Dujardin, F., Histoire nat. des Zoophytes infusoires. Paris 1841. 8. Nicolet, Öbservations s. l’organis. et le d&veloppement des Actinophrys. Compt. rend. Ac. Sc. Paris. T. 26. 1848. 9. ar, A., Das Sonnenthierchen, Actinophrys sol, beschr. Ztschr. f. wiss. Zoologie . 1849. 10. Cohn, Fr., Jahresbericht der schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur 1850. p. 37. 11. Cohn, F., in v. Siebold, Ueber die Conjugation des Diplozoon paradoxum, nebst Bemerkungen über den Conjugationsprocess der Protozoön. Zeitschr. f. wissensch. Zoo- logie Bd. III. 1851. p. 62—68. 12. Perty, M., Zur Kenntniss der kleinsten Lebensformen in der Schweiz. Bern 1852. *) Generelle Morphologie. 1866. *%*) Alles Wichtige ist hier chronologisch zusammengestellt worden, ohne Rücksicht auf den Umfang der betreffenden Abhandlungen, 266 Heliozoa. 13. 14. 15. 16. 17, 18. 19. Claparede, E., Ueber Actinophrys Eichhornii. Arch, f. Anat. u. Physiol. 1854. (Auch Ann. mag. nat. hist. IL. 15. 1855.) Stein, Fr., Die Infusionsthiere auf ihre Entwickelungsgeschichte untersucht. Leipzig 1854. Lieberkühn, N., Ueber Protozo@n. Zeitschr. f. wiss. Zool. VIII. 1856. p. 308. Weston, J., On the Actinophrys sol. Quart. journ. mier. se. Vol. 4. 1856. Claparede u. Lachmann, Etudes s. les Infusoires et les Rhizopodes. Geneve 1858—59. Stein, Fr., Ueber die aus eigener Untersuchung bekannt gewordenen Süsswasser-Rhizo- poden. Sitzungsber. d. k. böhm. Akademie d. Wissensch. 1857. Bd. X. p. 41—43, Lachmann, J., Ueber Rhizopoden-Infusorien der Gegend von Bonn. Verh. d. naturhist. Vereins der preuss. Rheinlande zu Bonn. Bd. XVI. p. 57 u. 9. 19a. Wallich, G. C., Further observations on Amoeba villosa etc. Ann. mag. nat. hist. III. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 22. 30. 31. 11. 1863. p. 434 ft. Schultze, M., Das Protoplasma der Rhizopoden u. d. Pflanzenzellen. Leipzig 1863. Carter, K.J., On freshwater Rhizopoda of England and India. A. m. n. h. III. 13. 1864. Kölliker, A., Icones zootomicae. I. 1864. Be, H. J., On the fresh- and saltwater Rhizopoda of England and India. A. m.n. h. . 15. 1865. Cienkowsky, L., Beiträge zur Kenntniss der Monaden. Arch. f. mikrosk. Anatomie Bd. I. 1865. p. 203—533. Zenker, W., Beiträge zur Naturgeschichte der Infusorien. Arch. f. mikr. Anat. Il. 1866, Cienkowsky, L., Ueber die Clathrulina, eine neue Actinophryengattung. Arch. f. mikr, Anatomie. Bd. III. 1867. p. 311. Greeff, R., Ueber Actinophrys Eichhornii und einen neuen Süsswasserrhizopoden. Arch. f. mikr. Anat, III. 1867. p. 396. Focke, W., Ueber schalenlose Radiolarien des süssen Wassers. Zeitschr. f. wiss. Zoologie XVlı, 1868 p. 8345—58. T. 25. Grenacher, H., Ueber Actinophrys sol. ‘Verh. d. phys.-med, Gesellsch. zu Würzburg. N. F. 1. 1868. Häckel, E., Monographie der Moneren. Jenaische Zeitschr. f. Medic. u. Naturwiss. Bd. IV. 1868. Grenacher, H., Bemerkungen über Acanthocystis viridis Ehrbg. sp. Zeitschr. f. wiss. Zoologie Bd. 19. 1869. p. 289. 2. Archer, W., On some freshwater rhizopoda, new or little known. Qu. journ. mier. science. N. ser. Vol. IX u. X. 1869 u. 1870. 33. Greeff, R., Ueber Radiolarien und radiolarienartige Rhizopoden des süssen Wassers. I. Arch. f. mikr. Anat. Bd. V. 1869. (Vorläufigen Bericht siehe in Sitzungsber. d. nieder- rhein. Gesellsch. f. Natur- u. Heilk. Bd. 26. 1869.) . Lieberkühn, N., Ueber die Bewegungserscheinungen der Zellen. Schriften d. Gesellsch. zur Bef. der ges. Naturw. Marburg. Bd. IX. 1870. 35. Greeff, R., I. Ueber die Actinophryen oder Sonnenthierchen des süssen Wassers als echte Radiolarien, zur Familie der Acanthometriden gehörig. II. Ueber die Fortpflanzung der Actinophryen. Sitzungsber. der niederrhein. Gesellsch. in Bonn. 28. Jahrg. 1871. p. 4—9. 36. Schneider, Ant., Zur Kenntniss der Radiolarien. Z. f. wiss. Zool. XXI. 1871. p. 505— 512 (s. auch Bd. 'XXIV. p: 579). 37. Greeff, R., Ueber die Encystirung und Fortpflanzung. des Actinosphaerium Eichhornii. Arch. £. mikr, Anatomie Bd. 14. 1977. p. 167—71. Abdruck aus Sitzungsberichte der Ges. zur Beförd. der ges. Naturw. zu Marburg. 1875. p. 61. . Schulze, F. E., Rhizopodenstudien. Arch. f. mikr. Anat. I. II. (Bd. X,) 1874. V. (Bd. XII.) 9. Hertwig, R., und Lesser, E., Ueber Rhizopoden und dens. nahestehende Organismen. Arch. f. mikr. Anat, X. Suppl. 1874. . Greeff, R., Ueber Radiolarien und radiolarienartige Rhizopoden des süssen Wassers. Arch. f. mikr. Anat. XI. 1875. (Vorläufiger Bericht im Sitzungsber. der Gesellsch. z. Beförd. d. ges. Naturw. zu Marburg. Novbr. 1873.) . Cienkowsky, L., Ueber einige Rhizopoden und verwandte Organismen. Arch. f. mikr. Anat. XII. 1876. 42. Archer, W., Resum& of recent contributions to the knowledge of „freshwater rhizopoda“. Qu. journ. mier. sc. Vol. XVI. u. XVII. 1876 u. .77. 3. Hertwig, R., Studien über Rhizopoden. Jenaische Zeitschr. f. Medic. u. Naturwiss. Bd, XI. 1877. p. 324—48. Allgem. morpholog. Auffassung. 267 44. Brandt, K., Ueber die Fortpflanzung von Actinosphaerium Eichhornii. Sitzungsberichte der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin. 1877. p. 73. 45. Brandt, K., Ueber die Axenfüden der Heliozoön u. die Bewegungen von Actinosphaerium. Sitzungsber. d. Gesellsch. naturf. Freunde zu Berlin f. 1878. 46. Mereschkowsky, C. v., On Wagnerella borealis, a new genus of sponge, nearly all. to the Physemaria. A. m. n. h. 5. s. Vol. I. 1878. — — Etudes s. les &ponges de la mer blanche. M&m. Acad. imp. Pötersbourg. 7. s. T. XXVI, 1878. 47. Mereschkowsky, C. v., Studien über die Protozoön des nördl. Russlands. Arch. f. mikr. Anat. XV. 1879. 48. Mayer, P., Wagnerella borealis. Zoolog. Anzeiger Bd. If, 1879. p. 357—58. 49, Schneider, Aim., Monobia confluens, nouyv. monere. Arch, de zoologie exp£erim. T, VII. 1878. 50. Leidy, J., Freshwater Rhizopods of North-America. Un, St. geologic. suryey of the Ter- ritories. Vol. XII. 1879. Washington. 51. Cattaneo, G., Sull’ Anatomia e fisiologia dell’ Acanthocystis flava Greeff, Ann. societ. ital. sc. nat. Vol. 22 (s. auch Stud. fatt. n. laboratorio di Pavia 1879). 2, Kurzer Ueberblick der morphologischen Auffassung und Gestaltung des Heliozoönkörpers, sowie der Hauptgruppen dieser Abtheilung, Gemäss unsrer schon früher (p. 1 und 2) gegebenen Definition der Sarkodinen,im Allgemeinen und der Heliozoa im Speciellen, haben wir die uns hier beschäftigenden Wesen als einzellige Organismen aufzufassen, seien es nun kernlose, einkernige oder mehrkernige Formen. Nicht selten begegnen wir jedoch bei ihnen einer Neigung zur Bildung kolonialer Ver- bände, wofür ja auch schon die Rhizopoden einige Beispiele lieferten. Schon früher lernten wir ferner die homaxone, kuglige Gestaltung als eine sehr charakteristische Eigenthümlichkeit der Heliozoa kennen und zwar zeich- nen sich durch solche sowohl der hüllenlose Weichkörper wie die Skelet- oder Hüllbildungen, welche sich bei einigen Formen entwickeln, aus. Dennoch verrathen auch die hierherzurechnenden Sarkodinen eine all- mähliche Befestigung dieser, bei den hochentwickelten, typischen Formen kaum veränderlichen Kugelgestalt. Eine Anzahl entschieden tiefer stehender Formen zeigt nämlich eine viel geringere Constanz der homaxonen Gestaltung, die, zwar vorübergehend, im ruhenden Zustand sehr deutlich hervortritt, dagegen während der Bewegung tiefgreifende Veränderungen erfährt, in- dem der Gesammtkörper dabei in amöbenartiger Weise seine Gestalt wechselt. Die noch wenig ausgeprägte Kugelgestalt mancher Formen berechtigt uns, dieselben zunächst an die nackten Rhizopoden anzuschliessen und die Annahme wird wohl erlaubt sein, dass die höheren Formen sich all- mählich aus derartigen einfacheren hervorgebildet haben. Einen weiteren, höchst wichtigen Charakter bildet die Stellung und Beschaffenheit der Pseudopodien. Zunächst ist hinsichtlich dieser hervor- zuheben, dass sie stets sehr fein, strahlenartig, nie jedoch stumpflobos, wie die Pseudopodien gewisser Süsswasserrhizopoden, erscheinen. Ferner strahlen sie fast stets allseitig von der Körperoberfläche aus, wenngleich auch in dieser Beziehung bei den niederen Formen einige Abweichungen zu verzeichnen sind. Bei typischer Anordnung strahlen die Pseudopodien demnach in den Radien des kugligen Heliozoönkörpers aus, so dass ein 268 Heliozoa. solcher, mit voll entwickelten Pseudopodien, wohl die Bezeichnung Sonnen- tbierchen verdient. In Zusammenhang mit dieser Anordnung, wie andrerseits einer sehr geringen Neigung zur Verästelung und weiterer, später zu er- wähnender Eigenthümlichkeiten, kommt es nur selten zu Verschmel- zungen benachbarter Pseudopodien und niemals zur Entwicklung eines so reich entfalteten Pseudopodiennetzes, wie wir es bei der grossen Mehrzahl der Rhizopoden antrafen. Ein Theil der Heliozoa besitzt dann weiterhin noch einen besonderen Stützapparat der einzelnen Pseudopodien, eine Einrichtung, die sich bis jetzt nur noch bei gewissen Radiolarien vorgefunden hat. Durch das be- sondre Verhalten dieser fadenartigen Axenstützen der Pseudopodien im Innern des eigentlichen Heliozoönkörpers werden noch eine Reihe besondrer Organisationseigenthümlichkeiten bedingt. — Ein allmählicher Fortschritt in der Ausbildung des Heliozoänorganismus zeigt sich ferner durch die bei den höheren Formen meist deutliche Differenzirung in Ecto- und Ento- sark, wie durch den möglichen Kernmangel gewisser niederer Formen. Contraktile Vacuolen sind sehr allgemein verbreitet, doch wird ihr gelegent- liches Fehlen, nach den von uns schon früher entwickeltem Prineipien, keinen Grund zur Abtrennung dieser Formen bilden können. Von besondrem Interesse und beachtenswerther Wichtigkeit sind die Skeletelemente, welche sich bei zahlreichen höheren Formen zum Schutze des Weichkörpers entwickelt haben. Schon die durchaus kieselige Natur dieser Skeletelemente verräth einen tieferen Unterschied von den gewöhn- lichen Hüllbildungen der Rhizopoden, nähere Beziehungen dagegen zu den Radiolarien. Jedoch ist auch die morphologische Entwicklung dieser Skelet- gebilde ziemlich verschieden von den Hüllgebilden der Rhizopoden. Ihre Bildung scheinen diese Skelettheile stets auf der Oberfläche des Thier- körpers durch Abscheidung des Protoplasmas zu nehmen, dagegen er- strecken sie sich, soweit bekannt, nicht in das Innere des Protoplasma- leibes, wie dies bei einer ziemlichen Zahl von Radiolarien gefunden wird. Meist sind es nur lose zusammenhängende, kleine Skeletgebilde, sehr ver- schiedenartiger Gestalt, welche eine der Oberfläche des Thierkörpers mehr oder minder dicht aufliegende, kuglige, lockre Hülle bilden. Andrerseits kann jedoch auch eine allseitig durchlöcherte, zusammenhängende Kiesel- hülle zur Entwicklung kommen. Gewissen Heliozoön scheint weiterhin dauernd oder vorübergehend eine gallertartige Umhüllung eigenthümlich zu sein. Die Fortpflanzungsverhältnisse verrathen, soweit bekannt, ziemliche Uebereinstimmung mit denen der Rhizopoden. Einfache oder mehrfach wiederholte (wahrscheinlich z. Th. auch simultane) Theilung im nackten oder eneystirten Zustand scheint sehr verbreitet zu sein. Daneben findet sich jedoch auch die, uns schon von den Rhizopoden her bekannte Fort- pflanzung durch Schwärmerbildung. Auf Grundlage der vorstehenden Erörterungen können wir am Schlusse dieses Abschnittes die in der Folge zu unterscheidenden Hauptgruppen Weichkörper (Protoplasma, Ecto- und Entosark). 269 kurz charakterisiren. Wir fassen die nackten skeletlosen Formen zunächst zu einer Gruppe der Aphrothoraca zusammen, reihen hieran die kleine und bis jetzt noch wenig sichere Abtheilung der Chlamydophora, der mit gallertartiger Hülle versehenen Formen; hieran schliessen sich dann die Heliozoön mit aus losen Skeletelementen gebildeter Kieselhülle als Chalarothoraca und endlich diejenigen mit zusammenhängender kie- seliger Kugelhülle, als Desmothoraca an. 3. Der Bau des Weichkörpers der Heliozoa. Ein näheres Eingehen auf die allgemeinen Eigenthümlichkeiten des Protoplasmas der Heliozoa dürfen wir hier füglich unterlassen. Im Be- sonderen sei nur bemerkt, dass die Consistenz des Plasmas auch hier eine ziemlich verschiedenartige zu sein scheint, wenn es erlaubt ist, hier- auf aus der grösseren oder geringeren Intensität der Strömungserschei- nungen der Pseudopodien und aus dem allgemeinen optischen Verhalten einen Schluss zu ziehen. In den meisten Fällen besitzt das Protoplasma keine speeifische Färbung, sondern zeigt den bläulichen bis grünlichen Schimmer, der dem- selben überhaupt unter dem Mikroskop eigenthümlich ist. Doch gibt Greefl für zwei, bis jetzt im Ganzen wenig genau bekannte Formen (Chondro- pus viridis und Astrodisculus flavescens) eine mehr oder minder intensiv gelbe. Färbung des Plasmas an, während Acanthocystis flava Grff. (wahrscheinlich identisch mit A. Pertyana Arch.) eine gelblichbraune Körperfärbung besitzt. Ebenso zeigen die nackten Vampyrellen sehr ge- wöhnlich eine verschieden nüancirte, anscheinend diffuse Färbung des Plasmas, die, wie es nach den Cienkowsky’schen *) Untersuchungen (24, 41) nicht zweifelhaft erscheint, in direktem Zusammenhange mit der Art der aufgenommenen Nahrung steht. Die auftretenden Färbungen sind verschiednes Roth, von Hellroth bis Orange und lebhaftem Ziegelroth ; andrerseits finden sich dagegen auch mehr bräunliche, bis sogar ins Grünliche gehende Färbungen; seltner hingegen trifft man ungefärbte Exemplare. Ob in diesen Fällen wirklich eine diffuse Färbung des Plasmas vorliegt, oder ob es sich nur um sehr fein vertheiltes Pigment, wie es ja bei den Heliozoön so verbreitet ist, handelt, scheint bis jetzt noch kaum hin- reichend sichergestellt. Speciell bei dem erwähnten Chondropus ist es sogar fraglich, ob der gelbe, von Greeff beschriebne und abgebildete Sarkodesaum thatsächlich als ein solcher, oder, wie Archer (42) auch vermuthet, als eine gallertartige Hüllbildung in Anspruch zu nehmen ist. Der plasmatische Weichkörper der Heliozoa erscheint entweder durch- aus gleichartig, ohne Differenzirung in besondre Unterabschnitte oder es lässt sich ein äusseres Eetosark (Rindenschicht) und ein inneres Entosark (Markschicht) mehr oder weniger deutlich unterscheiden **). Was zunächst die ersteren Formen betrifft, so dürfen wir sie ohne Zweifel wegen dieser gleichartigen Beschaffenheit des Plasmas als die einfacheren und niedriger stehenden betrachten. Dies stimmt auch damit überein, dass wir die grösste Zahl solcher einfach gebauten Formen *) Chlorophyllreiche Nahrung scheint hauptsächlich die rothen Färbungen hervorzurufen, wogegen ausschliessliche Diatomaceennahrung hellere Nüancirung bis Farblosigkeit zu erzeugen scheint. **) Die erste sichere Unterscheidung des Ecto- und Entosarks scheint 1848 von Nicolet (8) bei Actinophrys ausgeführt worden zu sein, worauf dann im folgenden Jahr Kölliker (9) das Gleiche bei Actinosphaerium zeigte, 270 Heliozoa. auch unter den skeletlosen antreffen (von den skeletlosen Formen machen nur die Gattungeu Actinolophus, Actinophrys und Actinosphaerium eine Ausnahme). Unter den Chlamydophora und Chalarothoraca scheint dagegen die Differenzirung dieser beiden Plasmaregionen eine ziemlich allgemeine Verbreitung zu besitzen, wenn auch, wie natürlich, bei gewissen Formen noch keine völlige Sicherheit bezüglich dieses Punktes erreicht ist. Auffallend erscheint es unter diesen Verhältnissen, dass die durch ihre vorzügliche Skeletbildung sich auszeichnenden Desmothoraca nach den übereinstimmenden Angaben der Forscher einer solchen Differenzirung völlig ermangeln. Indem wir die Besprechung der specielleren Bildungsverhältnisse und der unterscheidenden Momente zwischen Ecto- und Entosark auf später verschieben, muss jedoch hier hervorgehoben werden, dass in der Aus- bildung dieser Plasmaregionen bei den Heliozo@ön eine nicht zu verken- nende Verschiedenheit gegenüber den von uns schon früherhin erläuterten, entsprechenden Differenzirungsverhältnissen gewisser Rhizopoda sich findet. Während bei den letzteren das Ecetosark sich gewöhnlich durch sehr homogene, körnerfreie Beschaffenheit gegenüber dem körnigen, die Nah- rungskörper während der Verdauung einschliessenden Entosark auszeichnet, finden wir hier sehr häufig, jedoch nicht durchaus, das Umgekehrte. Ueber die gegenseitigen Lagerungsbeziehungen der beiden Plasmaregionen ist zu bemerken, dass das Ectosark natürlich als eine mehr oder minder ansehnliche Rindenschicht das centrale Entosark umscheidet, ohne dass jedoch die beiden Regionen, wie der homaxone Bau des Heliozo@nkörpers es vermuthen liesse, sich stets völlig concentrisch umfassen. Das letztere ist jedoch ganz sicher der Fall bei Actinophrys und Actinosphaerium (T. XIV. 7a, XV. 1a, 1b), wo das Entosark (M) eine centrale Kugel bildet, die von einer, je nach dem Alter der Thiere verschieden starken Ectosarkhülle (R) allseitig umschlossen wird. Inwiefern sich ein derartiges Verhalten auch bei den skeletführenden Formen findet, muss noch weiterer Forschung unterzogen werden. Gerade bei den in dieser Hinsicht best- gekannten Chalarothoraca (Acanthocystis hauptsächlich) und ebenso bei der Gattung Actinole- phus unter den Skeletlosen findet sich ein durch R. Hertwig (43) nachgewiesenes, abweichen- des Verhalten. Hier liegt die den Kern umschliessende, mehr oder minder kuglige Entosark- masse entschieden excentrisch zu dem Mittelpunkt des Gesammtkörpers, ja sie reicht sogar an einer gewissen Stelle bis zur Körperoberfläche heran, so dass hier das Entosark, unbedeckt von Ectosark, einen Theil der Körperoberfläche formirt (XVI. 8a, M). Durch diese excen- trische Lagerung des Entosarks, wodurch gleichzeitig eine ebensolche des Kernes veranlasst wird, erfährt natürlich auch die streng homaxone Bauweise der betreffenden Heliozoön eine Beeinträchtigung, wenn dieselbe auch in der äusserlichen Gestaltung nicht in Erschei- nung tritt. Die Schärfe der Scheidung zwischen Ento- und Eetosark ist natürlich Verschiedenheiten unterworfen und obgleich beide Regionen thatsächlich allmählich in einander übergehen, so ist dieser Uebergang z. Th. doch ein so rascher, dass eine ziemlich scharfe Grenze zwischen beiden Regionen hervortritt. Es wird in solchen Fällen nicht sehr verwunderlich erscheinen, dass im Zusammenhang mit den früher geschilderten Annäherungsversuchen zwischen Heliozoön und Radiolarien, hauptsächlich von Greeff für eine Anzahl von Formen die Ansicht geltend gemacht wurde, dass das Entosark der Centralkapsel der Radiolarien zu homologisiren sei (im Speciellen ge- schah dies z. B. für das Actinosphaerium). Im Hinblick auf eine derartige Auffassung, darf wohl hier nochmals besonders betont werden, dass bis jetzt in keinem Falle eine wirkliche, membranartige Grenzschicht zwischen Ento- und Ectosark beobachtet worden ist, also eine Weichkörper (Ecto- und Entosark, Vacuolisation). 971 Einrichtung, die sich der Centralkapselmembran der Radiolarien an die Seite stellen liesse, völlig fehlt*). Auch die mehrfach geäusserte Ansicht, dass die Entosarkmasse der Heliozo@n gleichwohl dem intrakapsulären Protoplasma der Radiolarien zu homologisiren sei, dass dem- nach unsre Gruppe gewissermaassen den Radiolarienbau in sehr unvollständig ausgebildeter Form vorführe, kann ich keineswegs für wahrscheinlich erachten, doch werden die Gründe hierfür sich besser erst später bei Besprechung der Radiolarien entwickeln lassen. Indem wir nun zu der Besprechung der besonderen, im Protoplasma der Heliozo@ön sich findenden Einschlüsse übergehen, werden wir gleich- zeitig Gelegenheit haben, die Unterschiede zwischen den beiden Proto- plasmaregionen genauer zu entwickeln, da ihre Differenz vorzugs- weise auf der Natur und Vertheilung dieser Einschlüsse beruht. Zu- nächst wenden wir unsre Aufmerksamkeit den Flüssigkeitsvacuolen zu, die gerade bei unseren Heliozo@n häufig eine ganz hervorragende Rolle spielen. Unter diesen sind es dann wieder die nicht contractilen oder doch wenigstens die nicht rhythmisch an- und abschwellenden, welche an erster Stelle betrachtet zu werden verdienen. Die Entwickelung derartiger Flüssigkeitsräume im Plasmaleibe der Heliozoa ist eine ungemein ver- breitete Erscheinung und- es dürfte wohl mit Recht bezweifelt werden, ob sie irgend einer Form gänzlich fehlen, wenn auch bis jetzt für einzelne Arten ihre Gegenwart nicht mit Bestimmtheit angegeben wird. Was ihre Vertheilung im Plasmaleib betrifft, so finden sie sich bei mangelnder Scheidung von Ecto- und Entosark meist ohne Regel durch den ganzen Körper vertheilt, wogegen die höher differenzirten Formen sehr gewöhn- lich eine mehr oder minder ausgesprochene Verschiedenheit des Eeto- und Entosarks in Bezug auf die Vertheilung oder das sonstige Verhalten der Vacuolen erkennen lassen. Aber auch hinsichtlich der Reichlichkeit ihres Auftretens macht sich ein recht verschiedenes Verhalten kenntlich; wäh- rend sie nämlich bei einem Theil der Gattungen nur vereinzelt oder doch im Ganzen spärlich zu bemerken sind, treten sie bei anderen in so reich- licher Zahl auf, dass das gesammte Protoplasma die alveoläre oder vaeuolisirte Beschaffenheit annimmt, die uns schon bei einzelnen Rhizo- poden aufstiess. — Doch ist auch der Vaeuolenreichthum bei einem und demselben Individuum Schwankungen unterworfen und werden wir später noch zu erwähnen Gelegenheit haben, dass selbst solche Formen, für welche die Vaeuolisation durchaus eigenthümlich und constant erscheint, dieselbe in gewissen Lebensperioden völlig einbüssen können. Unter den einfacheren, nackten Formen zeigt sich eine reichliche Vacuolisation, ja z. Th. ein ganz schaumiges Plasma bei der Gatt. Nuclearia und ähnlich auch bei gewissen Formen oder doch unter gewissen Lebensverhältnissen bei Vampyrella, während andererseits ‚die Vacuolen hier zuweilen nur sehr spärlich gefunden werden. Ein Beispiel für sehr geringe *) Greeff (27) hat zwar speciell für Actinosphaerium eine membranartige Protoplasna- hülle um die Entosarkmasse nachzuweisen versucht, und hierin ein Homologon der Central- kapselmembran der Radiolarien erblickt, jedoch haben — abgesehen von der schon an und für sieh wenig bedeutungsvollen Vergleichung einer Protoplasmahülle und einer chitinösen Membran — die späteren Untersucher, F. E. Schulze wie Hertwig und Lesser, eine derartige Protoplasmamembran um die Entosarkmasse nicht nachzuweisen vermocht. 973 Heliozoa. Entwickelung der Vacuolen, ja wohl zeitweisen völligen Mangel derselben, bietet unter den Skeletlosen die Gatt. Actinolophus dar und unter den skeletführenden Formen scheint sich keine zu finden, bei welcher von einer Vacuolisation des Plasmas die Rede sein könnte, wenn auch spärliche Vacuolen wohl überall gelegentlich angetroffen werden. Eine ganz besondere Entwickelung erreichen die Vacuolen bei zwei typischen skeletlosen Heliozoönformen, den Gattungen Actinophrys und Actinosphaerium. Hier ist der Reichthum an Vacuolen so gross, dass eine völlig alveoläre Bildung des Plasmas, wenigstens in gewissen Regionen, eingetreten ist, wodurch denn auch gelegentlich mannigfache Missdeutungen dieser Organisationsverhältnisse hervorgerufen wurden. Etwas einfachere Verhältnisse bietet die kleinere Actinophrysform dar, indem sich die Vacuolen hier auf das verhältnissmässig sehr dicke Eetosark beschränken (XIV, 7a). Sie liegen darin so dicht gedrängt, dass die sie scheidenden Plasmamassen zu dünnen Scheidewänden werden. Die grössten, häufig auch etwas convex über die Oberfläche des Thier- körpers vorspringenden Vacuolen liegen nach aussen, nach innen nehmen sie allmählich an Grösse ab; das wenig umfangreiche Entosark, welches den central gelegnen Kern umschliesst, und sehr allmählich in das Eetosark übergeht, ist hier ganz vacuolenfrei. Anders hingegen gestalten sich die Verhältnisse bei dem grösseren Actinosphaerium (XV. 1a—1b); hier er- scheint das gesammte Plasma, Eetosark (R) sowohl wie Entosark (M), durchaus vacuolär, jedoch unterscheiden sich beide Regionen durch die Beschaffenheit und die Anordnung der Vacuolen. Das Entosark ist von zahlreichen kleineren und ohne besondere Anordnung zusammengelagerten Vacuolen ganz durchsetzt, auch scheinen dieselben hier im allgemeinen durch etwas stärkere Plasmazwischenwände geschieden zu sein, wenn sie auch gewöhnlich so dicht zusammengedrängt sind, dass sie sich gegen- seitig polygonal abplatten. Die bei erwachsenen Thieren etwa 1/—!/s des Gesammtdurchmessers erreichende Ectosarkschicht weist grössere Vacuolen auf, welche hauptsächlich im jugendlichen Zustand, wo sie nur eine einzige Lage im sehr ansehnlich dieken Ectosark bilden, eine sehr regelmässig radiäre Anordnung besitzen, sich gegenseitig in radialer Rich- tung abplattend. Im erwachsenen Zustand liegen gewöhnlich mehrere Schichten von Rindenvacuolen über einander (XV. 1b, R), womit denn auch die radiäre Anordnung etwas an Regelmässigkeit verloren hat. Diese Verschiedenheit der Vacuolen Bildung und -Anordnung im Ecto- und Entosark des Actinosphaerium ist Ursache, dass hier eine ziemlich scharfe Grenze zwischen den beiden Plasmaregionen sich findet, obgleich natürlich die eigentliche Plasmamasse beider unmittelbar in einander übergeht; die Bestimmtheit dieser Grenze wird noch dadurch erhöht, dass nach F. E. Schulze (38, I.) die Vacuolen der äussersten Grenzregion des Entosarks sich durch Kleinheit auszeichnen, wie denn hier auch die dunkeln Körnchen, welche eine Auszeichnung des Entosarks bilden, be- sonders reichlich angehäuft sind. Im Ganzen macht diese Grenzregion des Entosarks den Eindruck grösserer Dichtigkeit und Festigkeit. Fe Bau des Weichkörpers (Vacuolisation). 273 Trotz ihrer grossen Constanz sind diese Vacuolen von Actinophrys und Actinosphaerium dennoch vergängliche Gebilde, wenn sie auch unter den gewöhnlichen Lebensverhältnissen wohl nur gelegentlich und vereinzelt schwinden und sich wieder neu bilden. Dagegen ist für beide Gattungen durch die Untersuchungen Hertwig und Lesser’s (39), sowie die Kühne’s*) bekannt, dass sowohl durch heftige mechanische, wie elektrische Reizung ein Schwinden der Vacuolen des Ectosarks eintritt. Hertwig und Lesser sprechen von einem Collabiren derselben, Kühne hingegen lässt dieselben bei Actinophrys platzen und sich entleeren. Mir scheint das Letztere überhaupt mehr Wahrscheinlichkeit für sich zu haben. Das Schwinden der Vaeuolen kann schliesslich bei Actinosphaerium so weit gehen, dass das Eetosark völlig homogen und vacuolenfrei wird. Bei beiden Heliozo@önformen wird dadurch jedoch die Lebensthätigkeit nicht im geringsten beeinträchtigt, indem nach einiger Zeit die Neubildung der Vacuolen beginnt und schliesslich das Thier sich völlig wieder zu seinem ursprünglichen Zustand restituirt. Die Neubildung der Ectosark- vacuolen bei Actinosphaerium machte auf Hertwig und Lesser den Ein- druck, als wenn Flüssigkeit aus den centralen Partien in die homogen gewordene Rinde eindringe. Aber auch ohne solche Veranlassung durch äussere Reizung tritt im Leben der beiden genannten Gattungen zuweilen ein Schwinden der Vacuolen ein, ja noch weitergehend, indem für Actino- sphaerium dann auch die Entosarkmasse devacuolisirt wird. Dieser Fall ereignet sich, wie wir später noch genauer zu erörtern haben werden, bei dem Uebergang in den encystirten Zustand, der hierdurch eingeleitet wird. Ob sich auch sonst gelegentlich eine völlige Rückbildung der Vacuoleu bei einer der beiden in Frage stehenden Gattungen ereignet, scheint sehr unwahrscheinlich, denn die Angabe Carter’s (23), dass er manchmal Actino- phrys sol ganz vacuolenfrei beobachtet habe, kann einmal von der zu- weilen nicht geringen Schwierigkeit herrühren, welche die Beobachtung der Vacuolen gerade bei dieser Form nach dem übereinstimmenden Urtheil der Forscher häufig bereitet, andererseits könnte sie jedoch auch durch Verwechselung mit einer anderen Heliozoönform hervorgerufen wor- den sein. Im Anschluss an die vorstehende Besprechung der Vacuolen verdient fernerhin Erwähnung, dass auch bei unserer Abtheilung, wie wir solches schon mehrfach bei den Rhizopoden zu verzeichnen hatten, die aufge- nommenen Nahrungskörper sehr allgemein von sogen. Nahrungsvacuolen eingeschlossen und hierin der Assimilation unterzogen werden. Ueber die Bildung dieser Vacuolen herrscht keineswegs hinreichende Sicherheit. Bei Actinophrys und Actinosphaerium, wo bis jetzt die eingehendsten Studien über diese Verhältnisse angestellt worden sind, scheint es nicht, dass es peripherische Vacuolen des Ectosarks sind, in welche die Nahrung auf- genommen wird und welche so zu Nahrungsvacuolen würden, wie dies *) Untersuchungen über das Protoplasma. Leipzig 1864. Bronn, Klassen des Thier-Reichs. Protozoa. 18 274 Heliozoa. mehrfach vermuthet wurde, sondern es ist wahrscheinlicher, dass sich solche Nahrungsvaeuolen durch Flüssigkeitssekretion um die aufgenom- mene Nahrung bilden. Weiteres über diese Frage wird sich dann noch besser bei Besprechung der Nahrungsaufnahme mittheilen lassen. Wenden wir uns im Verlaufe unserer Darstellung jetzt sogleich zu den sogenannten contractilen Vacuolen, die wie bei den Siüsswasser- ıhizopoden auch hier eine weite Verbreitung besitzen. Dennoch haben wir auch in. dieser Abtheilung eine Reihe von Formen zu verzeich- nen, welehen solehe Einrichtungen völlig zu. fehlen scheinen, wenn sie nieht zum Theil durch sehr unregelmässig schwindende und sich neubildende Vaeuolen der schon beschriebenen Art functionell vertreten werden. Speciell bei den skeletlosen Formen scheint der Mangel contractiler Vacuolen z. Th. ziemlich sicher zu sein, So werden sie für Vampyrella und Myxastrum von den Beobachtern entschieden in Abrede gestellt; auch bei Actinolophus vermisste F. E. Schulze jegliche Vacuolenbildung, obgleich das Objekt der Beobachtung günstig scheint. Abweichend verhält sich dagegen die mit Vampyrella nahe verwandte Gattung Nuclearia, indem ihre gewöhnlich sehr zahlreichen Vacuolen, die schon oben Gegenstand unserer Besprechung waren, nach Cienkowsky langsam schwinden und wieder auftauchen (XIV. 1a), wogegen F. E. Schulze die Pulsation dieser Vacuolen etwas mehr in der gewöhnlichen Weise beschreibt, indem er ihre Contraktion plötzlich (also jedenfalls nicht langsam) vor sich gehen lässt und bei Gegenwart nur weniger grosser Vacuolen sie auch, im Zustand der Füllung, über die Körperoberfläche vorspringen sah, wie dies von den echten, contractilen Vacuolen zahlreicher Heliozo@n be- kannt ist*). Greeff schliesslich leugnet die Contractilität der Nucleariavacuolen völlig. Sehr wohl entwickelt sind die contractilen Vacuolen bei den Gattungen Actinophrys und Actinosphaerium und sind weiterhin bei den skeletführenden Formen sehr verbreitet. Immer- hin konnte ihre Anwesenheit bei diesen letzteren bis jetzt noch nicht allseitig constatirt wer- den, ja es sind eine Reihe von Gattungen zu verzeichnen, bei welchen bis jetzt für gewisse Formen das Vorhandensein der contractilen Vacuolen mit Bestimmtheit angegeben wird, wäh- rend sie anderen abgesprochen werden (so z. B. Heterophrys, Raphidiophrys, Pompholyxo- phrys); inwiefern hier nur Schwierigkeit der Beobachtung die Wahrnehmung verhinderte, oder thatsächlich verschiedenes Verhalten vorliegt, wird erst durch weitere Untersuchungen festzustellen sein. Was die Zahl der vorhandenen contractilen Vacuolen betrifft, so herrscht hierin grosse Variabilität. Während Actinophrys für gewöhnlich eine einzige, jedoch meist recht ansehnliche Vacuole aufweist (XIV. 7a, ev), finden wir bei Actinosphaerium gewöhnlich zwei (XV. la, ev), jedoch zuweilen auch mehr, bis zu fünf. Eine grössere Zahl contraetiler Vacuolen zeigen gewöhnlich auch die skeletführenden Formen, so sind z. B. bei Heterophrys bis 4, bei Raphidiophrys pallida bis 20, bei Acantho- eystis z. Th. sehr zahlreiche contraetile Vacuolen gefunden worden. Es braucht hiernach kaum besonders hervorgehoben zu werden, dass ihre Zahl bei bestimmten Formen keineswegs constant ist, wenn auch ge- wisse Grenzen durchaus eingehalten zu werden scheinen. Ihre Lage haben die Vacuolen auch hier durchaus, wenigstens im gefüllten und der Contraetion nahen Zustand, dicht unterhalb der Körper- *) F, E. Schulze blieb jedoch zweifelhaft, ob sämmtlichen Vacuolen, wie dies nach der Cienkowsky’schen Schilderung erscheint, dieses Contraktionsyermögen zukommt. - Bau des Weichkörpers (Contraetile Vacuolen). j 275 oberfläche, demnach bei denjenigen Formen, welche eine Differenzirung in die beiden bekannten Körperregionen aufweisen, im Ectosark. Je nach ibrer Annäberung an die Körperoberfläche und dem Grad ihrer An- schwellung vor der Contraktion, zeigen sie uns ein etwas verschiedenes Verhalten. Liegen sie etwas tiefer unter der Oberfläche und ist ihre Füllung eine mässige, so machen sie sich während der Diastole nicht durch eine Hervortreibung der Körperoberfläche merklich, wogegen letz- teres Verhalten, z. Th. in sehr entwickelter Weise, eintreten kann, wenn ihre Lagerung eine sehr oberflächliche und ihre Anschwellung eine recht beträchtliche ist. Für das erstere Verhalten bietet uns die Gattung Acantho- eystis (XVI.) ein gutes Beispiel, auch Raphidiophrys (XVI. 2) zeigt nur geringes Vorspringen der Vacuolen, und zwar erst zu Beginn der Con- traktion. Recht verbreitet erscheint dagegen das zweite Verhalten; es lässt sich unter den skeletführenden Formen z. B. gut beobachten bei Heterophrys und Sphaerastrtum (= Heterophrys Fockii Arch.), sowie Clathrulina; als trefflichste Beispiele dieses Verhaltens bieten sich jedoch die beiden skeletlosen Gattungen Actinophrys und Actinosphaerium dar. Hier springen die contractilen Vaceuolen im Zustand der Diastole weit, halbkuglig über die Oberfläche des Thierkörpers, zwischen den Basen der Pseudopodien vor; bei Actinosphaerium, wo die in Mehrzahl vorhandenen Vacuolen relativ kleiner bleiben, sind sie weniger augenfällig (XV. la, ev); bei Actinophrys hingegen (XIV. 7a, ev) erreicht die. einfache Vacuole meist eine sehr beträchtliche Grösse, zuweilen im Moment der höchsten Füllung */; des Körperdurchmessers, ja sogar nahezu die Grösse des übrigen Körpers. Jedenfalls zeigen die seither hinsichtlich der contractilen Vacuolen bei den beiden erwähnten Gattungen angestellten Beobachtungen, dass dieselben Gebilde besonderer Art sind und den übrigen Vacuolen nicht direct an die Seite gestellt werden dürfen; dass z. B. die Ansicht Grenacher’s, der bei Actinophrys die Umbildung einer beliebigen Vacuole der Körperoberfläche zu einer contractilen für möglich und wahrscheinlich hält, jeden- falls wenig Berechtigung hat. Grenacher führt als Beweis seiner Ansicht eine Beobachtung an, die aber keine grosse Sicherheit zu besitzen scheint; er sah nämlich einmal bei einer Actinophrys die Vacuvle ihre Thätigkeit einstellen, dafür jedoch an dem gegenüberstehenden Körperpol eine neue Vacuole sich entwickeln. Wie jetzt für die contractilen Vacuolen der einzelligen Organismen allgemein anerkannt ist: dass sie einfache mit Flüssigkeit erfüllte, jedoch nicht mit disereter Membran umkleidete Räume im Plasma darstellen, so hat . sich durch die neueren Beobachtungen diese Anschauung auch für die Heliozoön im Speciellen allseitig bewahrheitet. Gerade für diese Formen wurde jedoch früherhin häufig die Existenz einer besondern Vaeuolen- membran vertheidigt; ja Claparede glaubte einst, die contractile Va- euole von Actinophrys mit einer Zelle vergleichen zu dürfen. Etwas besser wie bei den Rhizopoden wurde bei unserer Abtheilung die functionelle Bedeutung der contractilen Vaeuolen aufgeklärt, wenn auch: bis jetzt hierüber noch keine völlige Sicherheit erreicht ist. Ein Urtheil über die Bedeutung der Vacuolen lässt sich natürlich vor allem 18% 276 Heliozoa. aus einer genauen Beobachtung ihres Bildungs- und Contractionsvorgangs mit Berücksichtigung der begleitenden Erscheinungen erlangen. Hierzu jedoch erscheinen wieder die ansehnlichen Vacuolen der Actinophryen besonders geeignet. Wir sehen hier ab von einer genaueren Besprechung irrthümlicher, älterer Vermuthungen, wie z. B. derjenigen Stein’s, der ein die Nahrung aufnehmendes Organ in ihnen erkennen wollte. Ueber die Entstehung der Vacuolen nach ihrer Contraktion liegen bis jetzt wenige Beobachtungen vor, jedoch scheint die Neubildung hier gewöhnlich nicht, wie dies bei Rhizopoden und Infusorien vielfach beob- achtet wurde, durch Zusammenfluss mehrerer kleiner Vacuolen stattzu- finden, sondern sich an Stelle der geschwundenen, alten Vacuole eine von Anfang an einheitliche, neue zu entwickeln, wobei zuweilen ein Rest der alten Vacuole als Centrum für die neue Anfüllung fungirt*). Die Contraktion selbst erfolgt sehr plötzlich, ruckartig und hierbei fällt die hoch emporgewölbte, äussere, dünne Vacuolenwand in sich zu- sammen, sich zuweilen deutlich faltend, ja auch bruchsackartige Aus- sackungen erzeugend; nach völligem Schwund der Vacuole ist zu- weilen an Stelle des früheren Vorsprungs eine deutliche Abflachung (Actinophrys) oder auch eine concave (Actinosphaerium) bis triehterförmige (Raphidiophrys pallida) Einsenkung zu beobachten. Mit den Faltungen der eingesunkenen Vacuolenwand dürfte vielleicht auch der haarähnliche Besatz in Zusammenhang zu bringen sein, den Wallich (19a) auf der eingesunkenen Stelle bei Actinosphaerium beobachtet hat**), wogegen Archer ***) einen solchen Besatz zuweilen bei einer Varietät von Actinophrys (wahrscheinlich war dieselbe jedoch gleichfalls Actino- sphaerium) auf der Peripherie der angeschwollenen Vacuolen wahrgenom- men haben will. Vielleicht lassen sich jedoch diese haarähnlichen Fort- satzbildungen auch mit denjenigen vergleichen, die, wie wir früher sahen, häufig das Hinterende der Amöben auszeichnen. Eine Anschwellung der benachbarten Vacuolen während der Con- traktion der pulsirenden wurde bis jetzt mit Sicherheit noch nie beob- achtet. Hinsichtlich der Function der Vacuole glaubt sich nun Zenker (25) bei Actinosphaerium mit Sicherheit überzeugt zu haben, dass dieselbe in einer Entleerung der Vacuolenflüssigkeit nach Aussen bestehe, im Gegensatz zu der früherhin ziemlich verbreiteten und hauptsächlich von Claparede für Actinophrys (13) vertheidigten Auffassung derselben als Cirkulationsorgan, wonach also die sich in ihr ansammelnde Flüssigkeit wieder in den Körper zurückgetrieben würde. Zenker stützt seine Ansicht auf die direete Beobachtung eines, bei Beginn der Systole, an einer schon vorher verdtnnten Stelle der äusseren Vacuolenwand sich bildenden Risses, durch welchen die Entleerung stattfinde und dessen Ränder wäh- *) Nach Hertwig und Lesser bei Actinophrys stets. *#*) Spitzige Fortsätze auf der zusammengefallenen Blase beschreibt auch Lieberkühn ; dieselbe soll jedoch nach ihm auch im collabirten Zustand noch als Heryortreibung erscheinen. *##*) Quarterl. journ. micr. sc. Vol. 16. p. 299. Bau des Weichkörpers (Contractile Vacuolen). 277 rend dieses Vorgangs deutlich in flatternder Bewegung geschen wurden. Einige Zeit nach dem Zusammenfallen der Blase sollen die Rissränder wieder mit einander verschmelzen und hierauf die Wiederanschwellung der Vaeuole beginnen. Spätere Beobachter des Actinosphaerium, wie Lieberkühn und F. E. Schulze konnten sich jedoch von der Bildung eines solchen Risses nicht überzeugen und auch Hertwig und Lesser stellen das Einreissen der Blasenwand für Actinophrys entschieden in Abrede. Dennoch hält F. E. Schulze nach seinen Beobachtungen an Raphidiophrys die Entleerung der Vacuolenflüssigkeit für sehr wahrschein- lich, während Hertwig und Lesser über diesen Punkt unentschieden ge- blieben sind. Wenn wir jedoch sehen, dass durch die neueren Unter- suchungen die Entleerung der contractilen Vacuole der Infusorien wohl unzweifelhaft bewiesen erscheint, so dürfen wir, glaube ich, die Zenker’- sche Beobachtung, trotz der bis jetzt noch mangelnden Bestätigung, nicht mit zu grossem Misstrauen betrachten, da einmal, wenn eine Entleerung, wie dies ja höchst wahrscheinlich, thatsächlich erfolgt, diese doch wobl nur vermittels einer solchen Rissbildung stattfinden kann, und andererseits solche höchst subtilen Wahrnehmungen zu ihrem Gelingen häufig besonders glücklicher Bedingungen bedürfen, hinsichtlich derer ja Zenker ausnahmsweise begünstigt gewesen sein mag. Halten wir aber mit Zenker die Entleerung der Vaecuole für das wahrscheinlichste, so dürfen wir uns auch wohl hinsichtlich ihrer weiteren Bedeutung seinen Standpunkt aneignen und in ihr ein Organ erkennen, das zunächst dem .energischen Wasserwechsel des Heliozo@nkörpers vor- steht und im Weiteren den Respirationserscheinungen, welche mit diesem Wasserwechsel Hand in Hand gehen*). Unannehmbar jedoch scheint die Vorstellung, welche sich F. E. Schulze (38, I.) von der Entstehung der Vacuole bei Actinosphaerium: durch Endosmose aus dem umgebenden Wasser, gebildet hat. Zwar mag die Beobachtung ganz gegründet sein, dass die umgebenden Vacuolen während der Diastole der contractilen keine Volumverminderung erfahren; jedoch geht auch die Füllung ziem- lich allmählich vor sich (10—80 Sekunden bei Actinophrys nach Weston) und andererseits spricht auch, wenn wir die Erscheinnngen bei den In- fusorien berücksichtigen, vieles dafür, dass die Füllung der contractilen Vacuolen gar nicht direct auf Kosten der nichteontractilen zu erwarten ist, sondern dass sie aus dem Plasma unmittelbar gespeist werden. Die durch die Vacuole nach Aussen entleerte Flüssigkeit wird daher wohl als allseitig in den Körper endosmotisch aufgenommene, nicht jedoch als von Aussen speciell in die Vacuole diffundirte betrachtet werden müssen. Eine kurze Betrachtung müssen wir hier ferner den zahlreichen und verschiedenartigen, körnigen Einschlüssen, die im Plasmakörper der Helio- *) Für Actinophrys hat schon Weston 1856 die contractile Vacuole als Respirationsorgan beansprucht, ohne natürlich diese Ansicht näher zu begründen (16). 278 Holiozoa. zoön vorkommen, widmen. Wir sehen hier ab von jenen feinsten Körnchen, die auch dem scheinbar homogenen Plasma gewöhnlich ein sehr fein- granulirtes Aussehen verleihen. Die gröberen, körnigen Einschlüsse sind theils ungefärbt, theils gefärbt und wirken dann gleichzeitig als Pigmente, welehe bei reichlicherem Vorkommen dem ganzen Heliozoönkörper eine be- stimmte Färbung ertheilen können. Unser besonderes Interesse verdienen diese Einschlüsse auch noch deshalb, weil ihre Vertheilung gewöhnlich die ‚Differenzirung von Eeto- und Entosark sehr wesentlich mit bewerkstelligen hilft. Ueber die chemische Natur dieser körnigen Einschlüsse ist im Ganzen wenig Sicheres bekannt. Die ungefärbten, von mehr oder weniger fettglänzendem Aussehen und scharfen Contouren scheinen z. Th. mit Recht als fettartige Gebilde betrachtet zu werden, doch werden sich dieselben bei genauerer Untersuchung wohl z. Th. auch als den schon bei den -Rhizopoden erwähnten sogen. Exeretkörnchen entsprechend er- weisen, namentlich dürfen dahin wohl die scharf eontourirten, rhombischen Krystalle gerechnet werden, welche Hertwig und Lesser in dem Eetosark von Heterophrys myriopoda Arch. (marina H. u. L.) fanden; auch die fei- nen Körnchen, welche häufig in Molekularbewegung in den Rindenalveolen des Actinosphaerium angetroffen werden, dürften wahrscheinlich derselben Kategorie von Einschlüssen zuzutheilen sein. Mögen diese körnigen Ein- schlüsse nun von der einen oder anderen Art sein, so wird ihre, speciell für Aetinosphaerium von Kölliker, jedoch auch für andere Formen von anderer Seite betonte Zunahme mit reichlicher Ernährung verständlich er- scheinen, Wie schon bemerkt, ist die Vertheilung solcher Einsehlüsse häufig sehr charakteristisch; so finden wir bei Actinosphaerium kleine, dunkle Körnchen vorzugsweise reichlich in der Marksubstanz (Entosark) angehäuft, welehe vorzüglich hierdurch ihre dunklere Färbung erhält (XV. lb, M)*). Hiermit stimmt denn überein, dass hier die Marksubstanz auch der Sitz der Assimilation ist. Das Umgekehrte scheint bei den übrigen Heliozoön mit differenzirtem Eeto- und Entosark durchaus der Fall zu sein. So treffen wir letzteres Verhalten sehr wohl ausgeprägt bei Actino- phrys, wie schon Stein 1854 (14) sehr wohl beobachtet hat; hier ist die nur gering entwickelte, centrale Entosark- (oder Mark-)masse sehr‘ fein- körnig, wogegen sich in dem vacuolirten Eetosark zahlreiche grössere, jedoch immerhin keine beträchtliche Grösse erreichende, fettglänzende Körnchen finden (XIV. 7a). Aehnliches Fe ferner bei den Chlamydophora und Chalarothoraca sehr verbreitet, so z. B. sehr deutlich zu beobachten bei Heterophrys (XV. 2), Raphidiophrys (XVI. 2), Acanthoeystis (XVI. 7), ähnlich auch bei dem skeletlosen Actinolophus; jedoch erreichen bei diesen Formen die dunkeln Körnchen häufig eine relativ weit bedeutendere Grösse und das Eetosark derart eine weit grobkörnigere Beschaffenheit. *) Kölliker (9) hält diese Körnchen für fettartiger Natur; F. E. Schulze hat neben ihnen noch zahlreiche kleinere, blasse Körnchen beobachtet, die jedoch gleichmässig durch das ge- sammte Plasma verbreitet- sich finden. Bau des Weichkörpers (Körnige Einschlusse versch. Natur). 279 Gleichzeitig gesellen sich hier zu diesen dunkeln Körnchen nicht selten noch gefärbte Einschlüsse verschiedener Art. Unter den Letztge- nannten sind vor allem zu erwähnen die grünen, meist relativ recht ansehnlichen, kugligen bis ovalen Körper, welche in grösserer oder geringerer Häufigkeit im Plasma zahlreicher Heliozo@n angetroffen und wohl mit Recht als Chlorophylikörner beansprucht werden. Es gibt eine ganze Anzahl von Formen, bei welchen solche Chlorophylikörner nahezu constant vorhanden sind, obgleich sie, wie dies uns auch von anderen Protozo@ön bekannt ist, keineswegs als Artcharakter geltend gemacht werden dürfen, sondern gelegentlich vollständig vermisst werden. So ist hier zunächst das Actinosphaerium Eichhornii anzuführen, das häufig in einer ganz grün gefärbten Varietät vorkommt, welche ihre grüne Färbung eben der Anhäufung zahlreicher Chlorophylikörner im Entosark verdankt*). Umgekehrt scheint nun bei den übrigen chloro- phyliführenden Heliozo@ön mit differenzirtem Ectosark, letzteres der Sitz der Chlorophylikörner zu sein; es ist dies wenigstens mit Sicherheit er- wiesen für die gewöhnlich chlorophylihaltigen Acanthocystisarten und wohl auch die Heterophrys myriopoda Arch., während bei anderen, ähn- lich ehlorophyllreichen Formen, wie der Raphidiophrys viridis, dem Chon- dropus viridis Greeff und dem Sphaerastrum Fockii Arch. das Lage- rungsverhältniss der Chlorophylikörner nicht sicher bekannt ist. — Zu- weilen werden neben solchen Chlorophylikörnern auch ähnlich ge- staltete und in der Grösse mit ihnen übereinstimmende, blasse, farblose Körner angetroffen, so hauptsächlich bei Acanthocystis turfacea; und bei der farblosen Varietät dieser Form scheinen derartige Körner allein vor- handen zu sein. Auch die mattglänzenden Körner der farblosen Raphi_ diophrys pallida glaubt F. E. Schulze als Vertreter der Chlorophylikörner der chlorophyliführenden Arten beanspruchen zu dürfen. Ein solcher Zusammenhang der farblosen und grüngefärbten Körner scheint überhaupt nicht unwahrscheinlich, wenn man sich erinnert, dass ja die Chlorophyll- körner der Pflanzen eine farblose, eiweissartige Grundsubstanz be- sitzen und wir von andern cehlorophyliführenden Protozo@n (so Ciliaten) gleichfalls mit Sicherheit wissen, dass die grünen Körner zuweilen durch blasse, ungefärbte vertreten sein können. Innerhalb der Chloropbylikörner sind zuweilen einige körnige Einschlüsse zu beobachten und nach der Angabe einiger Forscher, so Greefl’s und A. Schneider’s, soll ihnen auch eine Membran zukommen; letzterer will sogar einen Kern sammt Kern- körper in ihnen beobachtet haben. Greeff bezeichnet sie daher zuweilen auch als grüne, feste Kapseln (so bei Chondropus viridis) und Schneider als Bläschen. Vereinzelt steht bis jetzt die nicht unwahrscheinliche Angabe Greeff’s, welcher bei Acanthocystis turfacea eine Vermehrung #) Archer will auch eine chlorophyliführende Varietät von Actinophrys beobachtet haben ; jedoch scheint es mir nach den weiterhin noch angegebenen Eigenthümlichkeiten dieser Varie- tät, dass hier eine Verwechslung mit Actinosphaerium vorliegt. 280 Heliozoa. der Chlorophylikörner durch Zwei- und Dreitheilung beobachtet haben will. Nach diesen Bemerkungen wird es nicht unverständlich erscheinen, dass die Chlorophyll- körner der Heliozoa verschiedenen Missdeutungen ausgesetzt waren und dass sie im Speciellen mehrfach den gelben Zellen der Radiolarien an die Seite gestellt wurden; namentlich Schneider, der ja die Chlorophyllkörner für echte Zellen hält, hat ihre Gleichwerthigkeit mit den gelben Zellen der Radiolarien zu vertheidigen gesucht. Was die Bedeutung der Chlorophylikörner betrifft, so erhebt sich die Frage, die wir uns schon bei ähnlichem Verhalten gewisser Rhizopoden vorlegen mussten: sind dieselben Erzeugnisse des Heliozoönkörpers selbst, oder stammen sie nur von der aufgenommenen, chloro- phylihaltigen Nahrung her? Letztere Auffassung scheint im allgemeinen die von Hertwig und Lesser zu sein, wogegen sich jedoch Archer, wenigstens für diejenigen Formen, welchen die- selben gewöhnlich als charakteristische und häufige Bestandtheile zukommen, mit Recht erklärt. Auch Greeff, der, wie oben bemerkt, die selbstständige Vermehrung solcher Chlorophyllkörner beobachtet haben will, wird ohne Zweifel letzterer Ansicht sein. Weiterhin dürfte dieselbe auch wegen des muthmaasslichen Zusammenhangs der grünen Körner mit den oben erwähnten hlassen, und fernerhin wegen der gewöhnlich, wie es scheint, nicht zu beobachtenden weiteren Umwandlungsprodukte derselben durch die Verdauung, viel mehr Wahrscheinlichkeit für sich haben. Wenn auch natürlich nicht in Abrede gestellt werden kann, dass sich bei zahl- reichen Heliozoön als Nahrung aufgenommene Chlorophylikörner finden, so wird doch an der endogenen Natur des Chlorophylis bei einer Anzahl der oben erwähnten Formen festgehalten werden müssen (so hauptsächlich bei der grünen Varietät des Aglingenhaerinm, bei Acantho- cystis turfacea und Raphidiophrys viridis). Aber auch anderweitige gefärbte Körner oder grössere derartige Kugeln sind im Heliozo@norganismus nicht selten anzutreffen und ihre Natur ist im allgemeinen noch sehr wenig genau erforscht. Zum Theil werden sie als fettartige Körper, hauptsächlich die gelbgefärbten, bean- sprucht, z. Th. fehlt jedoch bis jetzt jede genauere Untersuchung ihrer chemischen Natur. Auch ist ihre Herkunft in gleicher Weise unsicher; jedoch dürfte ihre mehr oder minder direete Ableitung von der auf- genommenen Nahrung grosse Wahrscheinlichkeit haben. Hinsichtlich ihrer Färbung zeigen diese Körper so ziemlich alle Uebergänge von Gelb bis zu intensivstem Roth und andererseits auch Braun. Gelbe kuglige Körper, von wahrscheinlich fettartiger Natur, finden sich häufig bei Acantho- cystis, mit oder ohne Chlorophylikörner, vor. Bei der Elaeorhanis Greeff’s und dem sogen, Astrodisculus flavo-capsulatus findet sich ein solch gelber bis bräunlicher, ansehnlicher, kugliger Körper im Centrum des ganzen Organismus; bei der ersteren Form bezeichnet ihn Greeff als öltropfenartiges Gebilde, bei der letztern hingegen hat er ihn früher sogar als Homologon der Centralkapsel der Radiolarien beansprucht, und in ähnlicher Weise auch die intensiv rothe Centralkugel seines Astrodisculus ruber*) gedeutet. Neben dieser ansehnlichen, rothen Central- kugel weist diese Form jedoch auch noch zahlreiche kleine, rothe Pigmentkörnchen auf. Röth- liche bis bräunliche Körperchen erfüllen auch das Protoplasma der Pompholyxophrys punicea, das Ectosark der Pinacocystis, den Astrococcus rufus Greeff’s und das Entosark (?) der Pina- ciophora. In spärlicherem Vorkommen sind derartige Farbstoffkörnchen jedoch auch bei andern Formen bald hier, bald da zu treffen. Endlich sind es noch die Zellkerne, welche als hochwichtige Bestandtheile des Heliozoönkörpers unsere Aufmerksamkeit ganz be- sonders in Anspruch nehmen müssen. In vieler Hinsicht treffen wir hier *) = Pompholyxophrys exigua? Hertw. u. Less. Bau des Weichkörpers (Körnige Einschlüsse, Zellkerne). >81 ganz ähnliche Verhältnisse, wie sie uns schon bei den Rhizopoden be- gegneten, sowohl in Bezug auf Vorkommen der Kerne überhaupt, ihre Zahl, wie ihren Bau. Wie bei den Rhizopoden haben wir auch hier eine Anzahl von Formen zu verzeichnen, welchen die Anwesenheit der Kerne überhaupt abgesprochen wird und welche daher häufig in die Abtheilung der Häckel’schen Moneren verwiesen werden. Namentlich sind solche Formen unter den Skeletlosen aufgeführt worden. So wurden bisher die Kerne vermisst bei der Arachnula Cienk., bei den meisten Formen der Gattung Vampyrella, die daher auch gewöhnlich als ein Hauptvertreter der Moneren angesehen wird; während bei eiuer wohl unzweifelhaft hierhergehörigen Form (der sogen. Leptophrys elegans H. u. L.) Hertwig und Lesser die Anwesenheit von Kernen erwiesen haben, diese Forscher sich jedoch -auch hinsichtlich der Kernlosigkeit der übrigen Vampyrellen mit grosser Vor- sicht ausdrücken. Weiterhin werden dann als Monerenformen noch aufgeführt das Myxastrum Häckels und die neuerdings von Aim. Schneider beschriebene Monobia, während von Litho- colla F. E. Sch. und Elaeorhanis Greeff dieser Punkt nicht mit Sicherheit entschieden ist. Bei allen genauer untersuchten, skeletführenden Heliozo@n hat sich das Vorhandensein eines Kernes eonstatiren lassen, so dass ich nach vor- stehender Uebersicht wohl zu dem Ausspruch berechtigt zu sein glaube, dass das Vorkommen kernloser Formen bis jetzt mit Sicherheit unter den Heliozo@n nicht erwiesen ist, da die Fälle, in denen der Kern bis jetzt vermisst wurde, entweder solche sind, die seiner Beobachtung überhaupt sehr grosse Schwierigkeit in den Weg stellen, oder bei denen die modernen Hülfsmittel der Kernnachweisung, hauptsächlich die Färbemittel, noch keine ausreichende Verwendung gefunden haben, Ueberschauen wir nun zunächst die Zahlenverhältnisse, in welchen die Kerne sich bei den verschiedenen Heliozoön finden, so treffen wir hier wieder ganz ähnliche Verhältnisse, wie bei den Rhizopoden. Einer grossen Reihe von Formen kommt, soweit die Beobachtungen bis jetzt reichen, fast stets ein einziger Kern zu; so gehören hierher von den nackten Formen die Nuclearia simplex Cienk., Actinophrys und Actino- lophus, ferner die skeletführenden durchaus, soweit bekannt. Dagegen treffen wir aber unter den nackten eine Anzahl Formen, welche wenigstens im erwachsenen Zustand durchaus eine Mehrzahl von Kernen aufweisen ; hierher ist zu rechnen die Vampyrellaart, bei der es Hertwig und Lesser gelang, die Kerne zu constatiren und die deren 3 zeigte; ferner die Nuclearia delicatula Cienk., welche nach den übereinstimmenden Angaben der Beobachter stets eine grössere Anzahl von Nuclei (bis 5 und 6) be- sitzt und weiter als besonders hervorstechendes Beispiel das Actinosphae- rium, das in grossen Exemplaren ganz ungemein ansehnliche Kernmengen in seinem Entosark einschliesst; so sind 100—200 Kerne hier gar nicht ungewöhnlich und Carter will bei einem 0,85 Mm. Durchmesser zeigenden Exemplar sogar 300—400 gezählt haben. Wie die Zellkerne der Heliozoa überhaupt, man kann sagen, eigentlich bis zu den Untersuchungen F. E. Schulze’s und Hertwig und Lesser's, vielfach verkannt wurden, so im Speciellen die schon frühzeitig, zuerst durch Kölliker 1849, aufgefundenen des Actinosphaerium. Die erste Beobachtung eines Heliozoönkernes darf wohl Nicolet (1848) zugeschrieben werden, denn das von ihm beschriebene, centrale Ovarium der Actinophrys war sicherlich nichts 282 Heliozoa. weiter wie der Nucleus. Stein beobachtete ihn 1854 wieder, kam jedoch über die morpho- logische Auffassung dieses Gebildes auch zu keinem sicheren Anhalt, da es ihm „als eine . kernhaltige Zelle erschien“. Achnlich erging es auch den Nuclei von Actinosphaerium, deren Zellennatur schon Kölliker für möglich hielt und die er auch mit der Fortpflanzung im Zusammenhang stehend glaubte, eine Ansicht, welche späterhin noch bestimmter von Carter ausgesprochen wurde, der die Kerne geradezu für Fortpflanzungszellen hielt. Auch M. Schultze und Häckel konnten sich noch nicht von der Zellennatur dieser Kerne losmachen, dagegen haben denn Greeff und späterhin F. E. Schulze, wie Hertwig und Lesser, ihre Kernnatur über jeden Zweifel sicher gestellt. Für Actinosphaerium ist durch neuere Beobachtungen nachgewiesen worden, dass die hohe Zahl |der Kerne erwachsener Thiere allmählich, von einem jugendlichen ein- oder wenigkernigen Zustand Mukunud, dureh Vermehrung der Kerne erreicht wird. Bei den skeletführenden Formen ist bis jetzt nur sehr wenig von mehrkernigen Zuständen bekannt geworden, jedoch hat R. Hertwig bei Acanthoeystis häufig zweikernige Exemplare getroffen, F. E. Schulze selten ähnliche Verhältnisse bei Raphidiophrys pallida, während Archer bei Rh. viridis gelegentlich auch mehrere Kerne gefunden hat. Fügen wir hierzu noch die zeitweilige Beobachtung zweier Kerne bei Actinolophus durch F. E. Schulze und Hertwig, so finden wir, dass mehrkernige Zustände auch bei den gewöhnlich einkernigen Formen der Heliozo@ön nicht durch- aus fehlen. Ob jedoch aus der Anwesenheit mehrerer Kerne ein directer Schluss auf bevorstehende Vermehrung durch Theilung gezogen werden darf, wie dies natürlich auch hier geschehen ist, müssen wir, ebenso wie bei den Rhizopoden, als sehr fraglich und die Bedeutung der Mehr- kernigkeit auch hier noch als unsicher bezeichnen. Die Lagerung der Kerne im Heliozo@norganismus ist z. Th. eine recht charakteristische. Bei den Formen ohne deutlich differenzirtes Ecto- und Entosark tritt zwar eine bestimmte Lagerung nicht hervor, dagegen sind bei den höher Entwickelten die Nuclei durchaus dem Entosark ein- gefügt. In letzterem Fall besitzt der einfache Kern z. Th. eine genau centrale Lage, so dass also durch seine Lagerung die homaxone Bil- dung des ganzen Organismus noch deutlicher hervorgehoben wird (XIV. 7a—b, n). Mit Sicherheit darf dieses Verhalten für Actinophrys angegeben werden, doch scheint auch noch einigen weiteren Formen, wie z. B. Pompholyxophrys, Hedriocystis und wohl auch Clathrulina dieselbe Kern- lage eigenthümlich zu sein. Häufiger hingegen treffen wir excentrische Lage des oder der Kerne und scheint dies zunächst mit der, wie ge- schildert, häufig etwas excentrischen Einlagerung des Entosarks im Zu- sammenhang zu stehen. Ausgezeichnete Beispiele für letzteres Verhalten bieten uns die Gattungen Acanthocystis (XVI. 7a-—b, n), Raphidiophrys (XVI. 2, n) und Actinolophus (XIV. 6a, n) dar; der Kern ist hier, wie es scheint, stets sehr weit vom Centrum abgerückt, so dass er sich dicht unterhalb der äusseren Oberfläche vorfindet. Wie späterhin, bei Besprechung der Pseudopodien noch genauer zu erörtern sein wird, steht gen Bau des Weichkörpers (Zellkerne). 285 jedoch diese excentrische Verlagerung des Kernes bei den erwähnten Formen noch mit einer besonderen Organisationseinrichtung im Zusammen- hang, welche im Centrum dieser Heliozoön ihren Sitz hat und wodurch es verständlich wird, dass hier eine centrale Lage des Kernes gar nicht möglich ist.‘ Auch bei dem durch seine grosse Kernzahl ausgezeich- neten Actinosphaerium findet sich eine excentrische Lagerung der Nu- clei, indem sie in der peripherischen Region des Entosarks angehäuft sind, wogegen dessen centrale Partie kernfrei bleibt. Was die specielle Bauweise der Heliozo@nnuclei betrifft, so finden wir auch hierin wieder die nächsten Beziehungen zu den Rhizopoden. Am genauesten in dieser Hinsicht sind wohl die Kerne des Actinosphaerium und der Actinophrys bekannt. Diese kugelrunden oder ellipsoidischen Kerne zeigen stets, wie dies für die Heliozo@n überhaupt gültig erscheint, den sogen. bläschenförmigen Bau, d. h. eine äussere Rindenschicht (auch häufig als Kernmembran bezeichnet) umschliesst einen mit heller Masse (wahrscheinlich Flüssigkeit) erfüllten Raum, der ein oder zuweilen auch mehrere, stets jedoch ziemlich ansehnliche Kernkörperchen enthält. Im lebenden Zustand erscheinen sowohl die Rindenschicht wie das Kern- körperehen ziemlich homogen, wogegen sie nach Behandlung mit ver- diinnter Essigsäure oder anderen coagulirenden Reagentien eine mehr oder minder grobgranulirte bis bröcklige Beschaffenheit annehmen. Während nun die meisten Heliozoönkerne gewöhnlich nur einen solchen Nucleolus erkennen lassen, bieten die Kerne von Actinosphaerium recht häufig, wie dies schon von M. Schultze beobachtet und späterhin von Greeff, F. E. Schulze, sowie Hertwig-Lesser bestätigt worden ist, mehrere, nach M. Schultze bis zu 20, Kernkörperchen dar (XIV. 8a—b). Bis jetzt wurde jedoch über die Bedeutung dieses verschiedenen Verhaltens mit Sicherheit noch nichts ermittelt. Einige weitere Eigenthümlichkeiten dieser Actinosphaeriumkerne habe ich*) noch angedeutet; zunächst sieht man häufig recht deutlich zahlreiche zarte, plasmatische Fäden in radialer Richtung von dem oder den Kernkörperchen nach der Kernrinde aus- strahlen (XIV. 8a) und weiterhin wurde es mir sehr wahrscheinlich, dass diese Kernrinde nochmals von einer sehr zarten Membran umschlossen wird, die eigentlich den Namen Kernmembran zu erhalten hätte. Auch Grenacher glaubt sich am Kern der Actinophrys, der in allen wesent- lichen Eigenthümlichkeiten mit den eben etwas genauer betrachteten des Actinosphaerium übereinstimmt (XIV. 7a—b, n), von der Gegenwart einer solchen Membran überzeugt zu haben, wogegen Hertwig und Lesser dieselbe nicht aufzufinden vermochten. Die feinere Bauweise der bläschenförmigen Kerne der übrigen Heliozoön ist im Ganzen bis jetzt noch wenig genau bekannt; gewöhnlich ist nur der häufig recht ansehnliche Nucleolus mit der ihn umschliessenden Flüssigkeitshöhle erkannt worden, wogegen genauere Beobach- tungen über die Rindenschicht und Kernmembran bis jetzt fehlen. *) Studien über die ersten Entwickelungsvorg. etc. p. 67. Abh. d, Senckenb. naturf. Gesellsch, Bd. X. 1876. 284 Heliozoa. Zum Beschluss unserer Betrachtung der Kernverhältnisse der Heliozoa werfen wir noch einen Blick auf die wenigen Erfahrungen, welche bis jetzt über die Vorgänge der Kernvermehrung vorliegen. Obgleich in dem an Kernen so reichen Actinosphaerium, von dem es erwiesen ist, dass die Zahl seiner Kerne sich, vom einkernigen Zustand ausgehend, mit zu- nehmender Grösse successive vermehrt, ein sehr geeignetes Objekt für das Studium der Kernvermehrung vorzuliegen scheint, ist es bis jetzt bei dieser Form doch nicht geglückt, den Process der Kernvermehrung zu erforschen. Die einzigen Beobachtungen über diesen Vorgang wurden von F. E. Schulze bei Actinolophus und von R. Hertwig bei Acanthocystis angestellt. Beide Forscher schildern denselben ganz nach dem für die Kerntheilung früher allgemein acceptirten Schema. Der Kern sammt Kernkörperchen streckt sich etwas bandförmig in die Länge, schliesslich wird das langgestreckte Kernkörperchen nach F. E. Schulze bisquitförmig und zerfällt, noch vor der eigentlichen Kerntheilung, in zwei gesonderte Nucleoli, um die sich je ein heller Hof bildet (Kernsaft plus Kernmem- bran); schliesslich rücken 'die beiden neugebildeten Kerne auseinander. Nach R. Hertwig’s Angaben scheint jedoch bei Acanthocystis die Durchschnürung des eigentlichen Kernes und des Kernkörperchens mehr gleichzeitig zu erfolgen, ohne dass vorher zwei gesonderte Kernkörper gebildet worden wären. 4. Die Pseudopodien, die Nahrungsaufnahme, sowie die Bewegungs- erscheinungen der Heliozoa. Die allgemeinen Bildungs- und Anordnungsverhältnisse der Pseudo- podien der Heliozoön waren schon, bei der Vorbesprechung der allge- meinen morphologischen Bildung dieser Gruppe, Gegenstand unserer Betrachtung; es zeigen sich aber bei etwas näherem Eingehen auf die vorliegenden Verhältnisse doch so manche Verschiedenheiten und inter- essanten Differenzirungen, dass wir noch etwas genauer auf die spe- ciellen Einrichtungen Rücksicht nehmen müssen. Charakteristisch sind, wie schon mehrfach bemerkt, für unsere Gruppe die strahlenförmigen, feinen und meist einen relativ starren Eindruck machenden Pseudopodien; jedoch finden sich, wenn auch selten, und z. Th. nur unter gewissen Bedingungen, einige wenige Ausnahmen von dieser Regel. So entwickelt die Vampyrella Spyrogyrae, wie schon Cienkowsky beobachtet hat, und Hertwig und Lesser bestätigten, neben den gewöhnlichen, fadenförmigen, spitzen Pseudopodien zuweilen einzelne, breitere, stumpf-lappige und hyaline Fortsätze, die rasch hervortreten und wieder verschwinden. Bei anderen Heliozoön scheint sich eine regelmässige Entwickelung solcher stumpfer Pseudopodien- fortsätze kaum zu finden, oder doch nur unter gewissen Verhältnissen Bau des Weichkörpers (Zellkerne, Pseudopodien). 285 einzutreten. Doch: konnte Greefl' (33) ziemlich häufig bei Acanthoeystis turfacea (vorzugsweise bei jugendlichen Exemplaren) an wechselnden Stellen der Körperoberfläche das Hervorbrechen breiter, stumpfer, amöboid beweglicher Plasmafortsätze beobachten. Dieselben waren gewöhnlich fingerförmig zertheilt und drängten bei ihrem Hervortreten die Skelet- hülle auseinander, so dass eine mehr oder minder weite Lücke in der- selben entstand. Wie bei Besprechung der Nahrungsaufnahme weiter unten noch genauer zu erörtern sein wird, scheint hierbei (wenigstens bei Actinophrys) ein stumpfer, lappiger, wie ein Pseudopodium sich erhebender Fortsatz eine wichtige Rolle zu spielen und nach Claparede’s wie Weston’s Beob- achtungen scheint es, dass sich solche stumpfe Fortsätze gelegentlich auch vorübergehend, ohne dass es zur Nahrungsaufnahme käme, entwickeln können. Weiterhin kommen eigenthümliche, von der Bildung der gewöhnlichen sehr abweichende Pseudopodien auch während eines gewissen Lebens- stadiums des Actinosphaerium vor, wovon wir erst durch A. Brandt in neuester Zeit Nachricht erhalten haben (44, 45). Vor dem Uebergang in den encystirten Zustand nämlich, bevor noch die strahligen Pseudopodien - völlig eingezogen worden sind, nimmt das Actinosphaerium vorübergehend einen eigenthümlichen, amöboiden Zustand an, indem es kurze bis längere zipfelartige, sehr fein zugespitzte und z. Th. mehrfach gegabelte Pseudo- podien ausstreckt, mit deren Hülfe es sich langsam kriechend fortbewegt. Dieser amöboide Zustand ist jedoch von relativ kurzer Dauer, schon. nach höchstens 24 Stunden vergeht er und es tritt die eigentliche En- eystirung ein. Ein soleh amöboider Zustand ist nun, wie wir schon früher hervor- zuheben Gelegenheit hatten, bei einem Theil der von uns zu den Helio- zo@n gezogenen, nackten Sarkodinen noch während des grösseren Theils des Lebens dauernd erhalten: so bei Arachnula, Nuclearia und Vampy- rella. Zwar werden hier, mit Ausnahme der schon erwähnten Vampyrella, nur feine fadenartige Pseudopodien entwickelt, dagegen ist der ganze Weichkörper ziemlich lebhaft amöboid gestaltsveränderlich und die Orts- bewegung erfolgt durch Hinströmen in der uns von früher her bekannten Art der Amöben. Dabei wird denn entweder eine einfach längsgestreckte Gestalt angenommen (XIII. 11a), oder es ziebt sich der Körper auch in mehrere nach verschiedenen Richtungen sich erstreckende Lappen aus, während er zu andern Zeiten eine abgerundete, der typischen Heliozoön- form sich näher anschliessende Gestaltung annimmt. Auch hinsichtlich der Vertheilung der Pseudopodien über die Körper- oberfläche zeigen die eben erwähnten, von den typischen Heliozoön am meisten abweichenden Formen, noch nicht die charakteristischen Verhält- ‚nisse der letzteren, indem die Pseudopodien hier zuweilen nicht allseitig von der Körperoberfläche hervortreten, sondern nur auf einem Theil 286 Heliozoa. derselben entwickelt sind, namentlich randlich oder von den Enden der Lappen, in welche der Weichkörper, wie erwähnt, gelegentlich ausgezogen ist. Auch hinsichtlich ihrer Gestaltung zeigen die Pseudopodien dieser Gattungen noch eine mehr an die Rhizopoden erinnernde Beschaffenheit, indem sie recht häufig noch zwei- bis dreifach spitzwinklig gegabelt auslaufen, ohne dass jedoch gewöhnlich die benachbarten Pseudopodien durch Verschmelzung zur Bildung von Netzen Veranlassung geben würden. Doch herrscht auch bei den typischen Heliozo@ön noch eine gewisse Freiheit in der Pseudopodiengestaltung, so dass sich mancherlei Ab- weichungen von der einfachen, regulären Strahlen- oder Fadengestalt auch hier aufführen lassen. Was die Bildung der Pseudopodien letztrer Formen anlangt, so ist zunächst der Unterschied in der Gestaltung hervorzuheben, die etwa von einer sehr langgestreckt kegel- oder stachelartigen Form, wie sie sich bei Actinosphaerium findet (XV. 1b), bis zur Ausbildung äusserst feiner, zar- ter, fadenförmiger Bildung hinführt. Hinsichtlich ihrer Längenverhältnisse zeigen sie ziemliche Verschiedenheiten; relativ kurz bleiben sie bei Actino- sphaerium (etwa den halben bis den gesammten Durchmesser erreichend) ; ähnlich kurz sind sie auch bei Pompholyxophrys (XV.4, und den wenigstens z. Th. wohl hiermit identischen Astrodiseulusformen Greeff’s), sind jedoch hier gleichzeitig sehr fein und zart und in sehr spärlicher Zahl über die Körperoberfläche vertheilt*). Eine ansehnlichere Länge erreichen die Pseudopodien schon bei Actinophrys (XIV. 7a), wo sie gewöhnlich den Durchmesser des Körpers an Länge übertreffen, noch länger jedoch, bis zu dem zwei- und dreifachen (ja auch noch mehr) des Körperdurch- messers, werden sie bei Acanthocystis (XVI. 6a), Raphidiophrys (XVI. 2), Pinacoeystis (XVI. 4), Pinaciophora, Actinolophus (XIV. 6a), Clathrulina (XVI. 1a) und anderen; jedoch kann in einer und derselben Gattung bei verschiedenen Arten die Pseudopodienlänge ziemliche Schwankungen aufweisen. Wie oben schon angedeutet, ist jedoch auch die Zahl der der Körperoberfläche entspringenden Pseudopodien recht beträchtlichen Ver- schiedenheiten unterworfen und scheint im Allgemeinen als Regel auf- gestellt werden zu können, dass die Pseudopodienzahl mit der Grössen- zunahme der Formen wächst. Wichtiger als die eben hervorgehobenen Unterschiede erscheint je- doch die eigenthümliche innere Differenzirung, welche bei den höheren Heliozoön zur Bildung eines unter dem Namen des Axenfadens bekannten Stützapparates des Pseudopodiums geführt hat. Wie weit eine solche Einrichtung durch die Reihe der Heliozoön verbreitet ist, lässt sich heute noch nicht.mit Sicherheit ermessen, da die Schwierigkeiten der Beobach- tung solch feiner Verhältnisse sehr gross sind. Unzweifelhaft erwiesen ist ihr Vorhandensein bei den Gattungen Actinophrys, Actinosphaerium, *) Aehnlich verhalten sich auch Chondropus und Astrococcus Greeff, von welchen der letztere wenigstens kaum hinreichend von Astrodisculus unterschieden zu sein scheint. Bau des Weichkörpers (Pseudopodien, Axenfäden derselben). 387 Actinolophus, Acanthoeystis und Raphidiophrys; zweifelhaft hingegen, ja wenig wahrscheinlich, ist sie bei Clathrulina, wo Greeff die Differenzirung der Pseudopodien in Axenfaden und Rindenschicht behauptet, während Hertwig und Lesser dieselbe in Abrede stellen. Am besten zu beobachten sind diese Verhältnisse bei dem grossen Actinosphaerium, wo sie auch zuerst durch M. Schultze 1863 (20) und kurze Zeit darauf von Carter (21) aufgefunden worden sind. Man sieht hier sehr deutlich durch die Axe des ziemlich dieken Pseudopodiums einen homogenen, etwas dunkleren Faden hinziehen, der sich deutlich von der körnigen Pseudopodien-Rindenschicht unterscheidet (XV. 1b, ax) und welcher sich nicht nur durch das ganze Pseudopodium, sondern auch noch durch die protoplasmatische Masse des Ectosarks, in die Scheide- wände zwischen den Vacuolen eingesenkt, bis zur Grenze des Entosarks, Ja z. Th. aach noch ein Stück weit in dieses hinein, verfolgen lässt. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass diese Axenfäden thatsächlich eine Art elastischer Stützorgane der relativ starren Pseudopodien dar- stellen, jedoch gewiss nicht Skeletgebilden direct verglichen werden dürfen. Sie bestehen aus organischer Substanz, welche sich bei dem Hervor- strecken eines Pseudopodiums aus dem sich erhebenden Protoplasma des Ectosarks direet differenzirt oder ausscheidet, wie dies von Brandt (45) bei der Neubildung der Pseudopodien beobachtet wurde. Hier- bei sieht man zunächst einen ziemlich breiten, kegelförmigen Proto- plasmafortsatz als Anlage des künftigen Pseudopodiums sich erheben, in dessen Axe sich allmählich die erste Spur des Axenfadens als feines, nadelartiges Gebilde zeigt. Andererseits kann jedoch auch bei der Zurückziehung des Pseudo- podiums der Axenfaden wieder völlig rückgebildet, d. h. in dem Körper- protoplasma aufgelöst werden, was jedenfalls bei der gänzlichen Ein- ziehung der Pseudopodien vor Beginn der Eneystirung geschieht, jedoch auch bei sonstiger Rückziehung der Pseudopodien einzutreten scheint, wenngleich es nicht völlig sichergestellt ist, ob hierbei nicht z. Th. auch nur eine Zurückziehung des Axenfadens, ohne Auflösung, stattfindet. Brandt, der diese Verhältnisse einer genaueren Untersuchung unterzog, will beobachtet haben, dass namentlich das Ectosark eine besondere Lösungsfähigkeit für die Axenfäden be- sitze und dass die Wiederlöslichkeit der Axenfäden eine sehr verschiedene sein könne, indem die erst kürzlich gebildeten noch eine grosse, die schon vor längerer Zeit entstandenen hin- gegen nur eine geringe Wiederlöslichkeit besässen. Den Grund hierfür sucht er in der eigen- thümlichen chemischen Beschaffenheit dieser Gebilde; während nämlich nach ihm die neu- gebildeten Axenfäden aus reinem Vitellin bestehen, soll sich diesem späterhin noch eine andere organische Substanz beimischen, welche wohl die geringere Löslichkeit der älteren Axen- fäden veranlasse. Weiterhin haben jedoch Brandt seine Untersuchungen der Axenfäden noch gelehrt, dass dieselben, namentlich im jugendlichen Zustand, mit einander verschmelzen können, wodurch also eine noch flüssige oder doch plastische Beschaffenheit derselben angezeigt wird. Andererseits liess sich jedoch auch selbstthätige Contraktion derselben manchmal nachweisen, wobei sie entweder in toto sich verkürzten und entsprechend verdickten oder auch lokale, spindel- bis knotenförmige Anschwellungen zeigten. 288 Heliozoa. Viel grössere Schwierigkeiten bietet die Beobachtung der Axenfäden bei den übrigen genannten Heliozo@ngattungen; was einmal daher rührt, dass bei der grösseren Feinheit der Pseudopodien die Verhältnisse über- haupt viel schwieriger zu eruiren sind, andererseits jedoch auch wohl damit zusammenhängt, dass hier die aus dünnflüssigerem Eetoplasma ge- bildete Rindenschicht der Pseudopodien eine viel geringere Dicke besitzt und daher schwieriger von dem Axenfaden unterschieden werden kann. Es sind daher vorzüglich die in den Weichkörper selbst eintretenden Enden der Axenfäden, welche hier zur Wahrnehmung gekommen sind und deren Verhalten z. Th. ein sehr eigenthümliches und von dem bei Actinosphae- rium gefundenen, abweichendes ist. Bei letzterer Form sind, wie bemerkt, die Axenfäden bis an die Grenze oder bis in die äusserste Region des Entosarks zu verfolgen, indem sie allmählich an Dicke zunehmen; hier jedoch enden sie und zwar mit keilförmig abgestutzten Enden, wie zuerst von Greeff nachgewiesen wurde. Von diesem eben geschilderten Verhalten weichen, wie bemerkt, die übrigen Heliozo@n, bei welchen Axenfäden mit Sicherheit erkannt worden sind, in sehr bemerkenswerther und interessanter Weise ab. Hier näm- lich, bei Actinophrys, Acanthoeystis, Rapbidiophrys und Actinolophus lassen sich die Axenfäden viel weiter in die centralen Partien des Kör- pers und, wo ein Entosark entwickelt, in dieses verfolgen, ja sie treten, mit Ausnahme von Actinophrys, bis zu dem Centrum selbst heran und vereinigen sich hier zusammenfliessend in eigenthümlicher Art. Bei Actino- phrys haben sich bis jetzt die verschiedenen Forscher noch nicht völlig über das centrale Verhalten der Axenfäden geeinigt. Grenacher (29), der dieselben zuerst entdeckte, gibt an, sie bis zu der Oberfläche des central gelegenen Kerns verfolgt zu haben und ich kann, nach eigenen Unter- suchungen dieses Verhalten bestätigen. Greeff (35) will sie sogar in die vermeintliche Centralkapsel (ohne Zweifel den Kern) eintreten und in deren Centrum sich vereinigen gesehen haben. Von solch tiefem Ein- dringen der Axenfäden konnten sich jedoch Hertwig und Lesser nicht überzeugen, dagegen glaubt Hertwig (43) durch neue Untersuchungen gefunden zu haben, dass die Axenfäden in einiger Entfernung vom Kern mit rundlichen Auschwellungen endigen, sich jedoch jedenfalls nicht bis zum Centrum erstrecken. Wie schon oben gesagt, muss ich die Grenacher’- sche Darstellung, nach eigner Erfahrung, für die richtige halten. Bei den drei anderen, oben genannten Gattungen hat sich dagegen das Verhalten der Axenfäden im Innern des Heliozoönkörpers durch die Bemühungen von Grenacher, Greeff, F. E. Schulze und Hertwig allmählich recht sicher ermitteln lassen. Hier steht einer centralen Vereinigung derselben kein Hinderniss im Wege, indem der Kern, wie früherhin geschildert wurde, eine excentrische Lage besitzt. Es lassen sich denn auch die Axenfäden bis zu dem im Entosark gelegenen Centrum des Körpers verfolgen, wo sie sich mit einem hier befindlichen, dunklen, kleinen und in Car- min sich lebhaft färbenden Körperechen vereinigen (XVI. 2, 7a). Pseudopodien (Körnchenströmung etc.). 989 Dieses Verhalten ist für Acanthocystis, Raphidiophrys und Actinolophus durch F. E. Schulze und Hertwig erwiesen worden, wovon die Beobachtungen Grenacher’s, der zuerst die centrale Vereinigung der Axenfäden bei Acanthocystis sah (31) und die Greeff’s (40) bei der- selben Gattung etwas abweichen. Letzterer gibt auch für diese Form an, die Axenfäden bis in das Innere der von ihm beschriebenen, sogen. Centralkapsel, welche nach Beschreibung und Abbildung ohne Zweifel der Nucleus der übrigen Autoren ist, verfolgt zu haben, ja er sah sie auch noch in den Nucleolus eintreten und in diesem an einer central gelegenen, hellen, bläschenartigen Höhlung endigen (XVI. 6a). Ein Zweifel an der Identität der von Greeff be- schriebenen sogen. Centralkapsel mit dem Nucleus dürfte kaum gerechtfertigt sein, so dass sich vorerst die abweichende Darstellung dieses Forschers wohl nur in der Weise mit der der obengenannten Autoren ins Einvernehmen setzen lässt, dass Greefl sich durch eine Ueberein- anderlagerung des Nucleus und des centralen Ausstrahlungspuuktes der Axenfäden täuschen liess. Jedoch sind Greeff’s Angaben, bezüglich dieser Verhältnisse, so bestimmt gehalten und auf den Abbildungen seiner vermeintlichen Centralkapsel tritt die Axenfädenstrahlung so deut- lich hervor, dass eine nochmalige genaue Aufklärung dieses Punktes durch erneute, exakte Beobachtungen sehr zu wünschen wäre. Wie an den feinen Pseudopodien der Rhizopoden tritt auch an denen der Heliozoön die sogen. Körnchenströmung mehr oder weniger deutlich hervor. Da wir über das Wesen und die Erscheinung dieses Strömungs- processes schon früherhin, bei Gelegenheit der Rhizopoda, genaueres mit- getheilt haben, so können wir uns hier auf einige wenige Bemerkungen rücksichtlich dieses Phänomens im Heliozoönorganismus beschränken. Was zunächst den Körnchenreichthum der Pseudopodien oder der sogen. Rindenschicht der höher differenzirten Pseudopodien angeht, so herrscht in dieser Hinsicht ziemliche Mannigfaltigkeit; ob wirklich dauernd ganz körnchenfreie Pseudopodien anzutreffen sind, wie sie Archer z. B. bei Raphidiophrys viridis und dieser wie Hertwig und Lesser bei Pompho- lyxophrys beschreiben, scheint mir fraglich. Im Allgemeinen ist die, von Claparede bei Actinophrys zuerst aufgefundene, Körnchenströmung bei den Heliozoön langsam, so namentlich bei Actinophrys und Actinosphae- rium, jedoch finden sich auch Formen mit relativ ziemlich lebhafter Strö- mung. So soll sie bei Acanthocystis beträchtlich lebhafter sein wie bei Actinophrys, und weiterhin finden sich auch einige, wiewohl bis jetzt nicht ausreichend bekannte Formen, welche sich durch sehr lebhafte Be- wegungen der Pseudopodienkörnchen auszeichnen, wie Greeff solche bei seinem Chondropus und Astrococcus beobachtet hat. Recht energisch scheint sich ferner die Körnchenbewegung bei gewissen Vampyrellen (V.lateritia Frs. — Spyrogyrae Cienk.) zu vollziehen, da hier nach Cienkowsky’s Schil- derung, welche Hertwig und Lesser bestätigten, die Körnchen stossweise in die Pseudopodien hineingeworfen werden und sich ebenso rasch wieder zurückziehen. Dagegen treffen wir auch eine andere Form derselben Gattung (V. pendula Cienk.), welcher die Körnchenbewegung ganz abgeht, Schon bei früherer Gelegenheit wurde hervorgehoben, dass sich auch bei den Heliozoön, wenngleich nicht häufig, Anastomosen und Ver- schmelzungen benachbarter Pseudopodien zeigen, die aber kaum jemals zur Bildung eines wahren Pseudopodiennetzes Veranlassung geben. Die Bronn, Klassen des Thier-Reichs, Protozoa, 19 290 | Heliozoa. Neigung zur Bildung solcher Verschmelzungen hängt bei den Heliozoön wohl hauptsächlich von zwei Faktoren ab, nämlich einmal, bei der strahligen Anordnung der Pseudopodien, von einer ziemlich dichten Stellung derselben, wodurch die Möglichkeit gegeben wird, dass benach- barte bei geringer Lageveränderung in Berührung gerathen, weiterhin jedoch auch von einer gewissen, natürlichen Disposition des Plasmas zur Verschmelzung. Gelegentliche Zusammenneigung und Verschmelzung einiger benachbarter Pseudopodien sind daher bei Formen mit ziemlich dicht gestellten Scheinfüsschen gerade keine Seltenheit; so wird derartiges be- richtet von Actinophrys und Actinosphaerium, in reicherer Ausbildung noch von Clathrulina und zuweilen auch Actinolophus. Im Anschluss an die Besprechung der Pseudopodienverhältnisse dürften weiterhin die Bewegungserscheinungen des Gesammtkörpers unserer Organismen, soweit dieselben bis jetzt der Erforschung zu- gänglich gewesen sind, und ebenso die Vorgänge bei der Nahrungsauf- nahme, welche ja, wie zu erwarten, aufs innigste mit dem Verhalten der Pseudopodien in Zusammenhang stehen, hier zur Sprache gebracht werden. Ein Theil der Heliozoa schliesst sich, bezüglich der Bewegungs- erscheinungen, noch ziemlich innig an die amöbenartigen Formen der Rhizopoda an; es sind dies, wie schon aus früheren Schilderungen zur Genüge hervorging, eben diejenigen einfachsten Formen, welche nach ihrem ganzen Verhalten gewissermaassen Uebergangsstufen von den einfacheren Rhizopoden zu den Heliozo@n darstellen. In soleher Weise verhalten sich Arachnula, Vampyrella, Nuclearia und Monobia, die eine mehr oder weniger energische, amöboide Kriechbewegung ihres Gesammtkörpers zeigen, ohne dass jedoch hierdurch die Bildungsverhältnisse der feinen Pseudopodien merklich beeinträchtigt würden. Im Gegensatz zu den genannten Formen sind nun die Bewegungs- erscheinungen der typischen Heliozo@n fast durchaus sehr wenig aus- giebig und für gewöhnlich mit keinem oder doch nur einem sehr gering- fügigen Gestaltswechsel verbunden. Uebereinstimmend wird von den ver- schiedenen Beobachtern die Ortsbewegung dieser Formen als sehr langsam beschrieben und nur als seltener Fall hiervon gelegentlich eine Auspahme notirt, wie sie sich z. B. bei der Gattung Pompholyxophrys Arch. findet, deren Angehörige sich durch relativ sehr energische Orts- bewegung auszeichnen, in Folge deren der Körper „wie eine Kugel über die Unterlage rollt“ (nach der Schilderung von Hertwig und Lesser), Diese langsame Fortbewegung der meisten Heliozo@ön, welche sowohl beim Ruhen auf einer Unterlage als im schwimmenden Zustand erfolgt, blieb einer ganzen Reihe von Beobachtern, hinsichtlich ihrer Verursachung, unverständlich, so dass zu ihrer Erklärung z. Th. Vorgänge zu Hülfe gezogen wurden, welche wohl kaum in einem näheren Zusammenhang mit diesen Bewegungsvorgängen stehen. So glaubte Stein sich die Be- wegungen des Actinosphaeriums durch die heftigen Contractionen der con- Bewegungserscheinungen. 291 traetilen Vacuole erklären zu können*), Dagegen haben andere Forscher, so hauptsächlich Cobn (11), wie Claparede und Lachmann, die in Rede stehende Fortbewegung auf einer Unterlage durch die Pseudopodien be- werkstelligen lassen, die sich anheftend und verkürzend den Körper weiter ziehen, ein Erklärungsversuch, der mir natürlicher erscheint. Aehnlich sprechen sich auch Hertwig und Lesser aus, wenn auch ihre Darstellung keineswegs ganz verständlich erscheint; nach ihnen „balaneirt die Heliozo@ auf der Spitze der Pseudopodien und bewegt sich mit Hülfe der Contractionen (?) derselben wie eine Kugel rotirend vorwärts.‘ Schwieriger noch wie die Erklärung der Fortbewegung auf einer Unterlage gestaltet sich die der freien Schwimmbewegungen, welche haupt- sächlich bei Actinophrys und Actinosphaerium genauer untersucht worden sind. Diese Schwimmbewegungen vollziehen sich zunächst wieder in ver- schiedener Weise, einmal durch Aufsteigen und Niedersinken, weiterhin jedoch auch durch seitliche Ortsveränderungen im schwimmenden Zustand. Der erstgenannte Bewegungsvorgang wurde schon im vorigen Jahrhundert von Pastor Eichhorn bei Actinosphaerium beobachtet und wahrscheinlich z. Th. auch richtig erklärt (4). Es scheint wenigstens nach den neueren Unter- suchungen von Brandt (45), dass Eichhorn und ähnlich späterhin Kölliker und Perty insofern das Richtige getroffen haben, als sie die Herabsen- kung schwimmender Thiere durch Zusammenziehung, also Volumsver- minderung, ihres Leibes erklärten. Dass zwar das Actinosphaerium eine Hohlkugel darstelle, wie sich Eichhorn dachte, haben die späteren For- ‚schungen nicht bestätigt und ebensowenig wird sich das Aufsteigen der Thiere im Wasser durch eine Ausdehnung des Körpers erklären lassen, da ja hierbei das specifische Gewicht nicht unter das des Wassers herab- sinken kann. Dass jedoch, wie bemerkt, die Senkung thatsächlich auf eine Körpereontraetion zurückzuführen ist, hat Brandt zunächst durch die mittels Messung direet eonstatirte Volumsverminderung erwiesen, anderer- seits hierfür jedoch auch das veränderte, milchweisse Aussehen der sin- kenden Thiere namhaft gemacht, welches gleichfalls eine grössere Dichte derselben anzeigt. Ueber die Ursachen des Aufsteigens sind dagegen bis jetzt kaum sichere Erfahrungen gemacht worden; zwar wurde von Ehrenberg (6) behauptet, dass dasselbe von einer Luftaufnahme (Actinophrys) her- rühre; es liesse sich daher vermuthen, dass hier in gleicher Weise, wie bei gewissen Rhizopoden, eine innere Gasentwickelung als Ursache des Aufsteigens vorhanden sei. Dem gegenüber muss aber hervor- gehoben werden, dass bis jetzt von keinem Beobachter eine solche Gas- entwickelung bei einem Heliozoon gefunden wurde und Brandt dieselbe für Actinosphaerium ganz entschieden in Abrede stellt. Unter diesen Ver- *) Ausgeschlossen ist hierdurch natürlich nicht, dass die heftigen Contractionen der pulsirenden Vacuolen bei Actinophrys und Actinosphaerium ruckartige Erschütterungen des Thierkörpers hervorrufen, was Leidy (50) neuerdings wieder mehrfach hervorhob. 39* 2923 Heliozoa. = hältnissen kam Br. zur Vermuthung, dass die Verringerung des specifischen Gewichtes, welche zur Erklärung des Aufsteigens ja unbedingt erforder- lich erscheint, wohl auf die reichliche Auflösung von Gas in der Vacuolen- flüssigkeit zurückführbar sei, wodurch gleichfalls das specif. Gewicht des Gesammtkörpers sich vermindere. Letzteres ist jedoch äusserst unwahrschein- lich*). Mir scheint bis jetzt die Möglichkeit, dass auch bei den Heliozo@n eine directe Gasentwickelung, ähnlich der gewisser Rhizopoden, die Ur- sache des Aufsteigens sei, noch nicht hinreichend widerlegt, da ja die Wahrscheinlichkeit solcher Gasausscheidung nicht gering ist, wenn wir uns erinnern, dass z. B. auch gewisse Infusorien nach Engelmann’s Be- obachtungen zuweilen solche Gasentwickelung erkennen lassen. Grosse Schwierigkeit bereitet weiterhin die Erklärung der seitlichen Schwimmbewegung gewisser Heliozo@n, hauptsächlich des Actinosphaerium. Wenn wir hier absehen von Zuhülfenahme der contractilen Vacuolen zur Erklärung dieser Bewegungsvorgänge, so finden wir bis jetzt nur bei Brandt einen Versuch zur Deutung dieser Erscheinung. Er beobachtete bei den in Drehung und seitlicher Fortbewegung gefundenen Actino- sphaerien eine eigenthümliche, abweichende Stellung der Pseudopodien ; der grössere Theil derselben war häufig schief nach einer Seite geneigt und zwar stets nach der der Drehungs- und Fortbewegungsrichtung entgegen- gesetzten. Hauptsächlich stark trat diese Schiefstellung an zwei entgegen- gesetzten Polen der Kugel hervor, wogegen die Aequatorialstrahlen ihre regelmässig radiäre Anordnung noch zeigten. In dieser Verfassung liess sich die Umdrehung eines Thieres etwa in 12 Minuten verfolgen. Ueber die Ursache der Schiefstellung der Pseudopodien blieb Brandt unsicher, ebenso ob dieselbe die Bewegung veranlasse oder nur von der Bewegungs- ursache mitbedingt werde. Es scheint nun wohl erklärlich, dass ein der- artiges Zusammenneigen der Strahlen nach einer Seite eine Umdrehung des kugligen Körpers durch Verlagerung des Schwerpunktes zu veranlassen im Stande ist, jedoch wird hierbei die Drehungsriehtung — wenn ich anders Brandt recht verstehe — gerade die umgekehrte der beobachteten sein und sich dadurch weiterhin für die Seitenbewegung schwerlich eine plausible Vorstellung gewinnen lassen. Im Gesammten scheint daher bis jetzt das Verständniss dieses Bewegungsvorgangs noch wenig aus- reichend. Die Nahrungsaufnahme der Heliozoa geschieht, wie zu erwarten, hauptsächlich unter Beihülfe der Pseudopodien, jedoch liegen bis jetzt nur spärliche Angaben über die Natur dieses Vorganges vor. Dass die Heliozoa sich durch Aufnahme geformter und z. Th. thierischer, ja unter Umständen recht ansehnlicher Nahrungskörper ernähren, war schon für *) Einer derartigen Annahme scheinen nämlich die Erfahrungen über das Verhalten der Flüssigkeiten bei der Absorption von Gasen zu widersprechen; wenigstens ist bekannt, dass Wasser durch Sättigung mit Kohlensäure nicht leichter, sondern dichter und schwerer wird- Nach S. von Wroblewski besitzt das mit Kohlensäure gesättigte Wasser (Temp. 9—12°, mitt- lerer Barometerstand) eine Dichte von 1,0002 (s. Annalen der Physik und Chemie 1877, p. 500). en a = Nahrungsaufnahme. 293 Actinosphaerium dem alten Eichhorn sehr wohl bekannt und es muss als ein entschiedener Rückschritt bezeichnet werden, wenn Dnjardin noch in den dreissiger Jahren die Ernährung der Actinophryen durch Ab- sorption erklären zu müssen glaubte. Wie natürlich, beziehen sich die meisten Angaben über die näheren Vorgänge bei der Nahrungsaufnahme unserer Thiere auf die beiden ansehnlichen und häufigen Formen Actino- phrys und Actinosphaerium. Wenn nun auch die Erfahrung, dass diese, sowie die übrigen Heliozo@nformen, pflanzliche und thierische Nahrung in reichlicher Menge zu sich nehmen, heutzutage nicht mehr dem geringsten Zweifel unterliegt, so ist doch über die Art und Weise, wie sich unsere Organismen beim Fang und der Aufnabme ihrer Beute verhalten, noch keineswegs allseitige Uebereinstimmung erzielt worden. — Zunächst dürfen wir hier absehen von gelegentlich geäusserten Anschauungen, welche ihre Irrthümlichkeit bald verriethen, so die Steins, der bei Actinosphaerium die contractilen Vacuolen als nahrungsaufnehmende und abscheidende Organe beanspruchen zu dürfen glaubte. Die einfacheren, amöboid be- weglichen Formen zeigen in ihrer Ernährungsweise ebenfalls Anklänge an die ihnen noch näher verwandten Rhizopoden, wie solches namentlich von Cienkowsky und Häckel für die Vampyrella nachgewiesen wurde. Die V. spyrogyrae ernährt sich von dem Zellinhalt der Spyrogyren und zwar legt sie sich, an den Spyrogyrenfäden hinkriechend, an eine Zelle derselben an, ihre Pseudopodien unverändert ausstreckend oder sie einziehend und bohrt nun die Zellwand an, oder löst viel- mehr dieselbe an einer gewissen Stelle auf, so dass sie sich, durch dass so entstandene Loch des gesammten Zellinhalts der Spyrogyre zu bemächtigen im Stande ist. Man sieht nun auch schr bald, wie der gesammte Inhalt der Zelle, Primordialschlauch sammt Chlorophyliband, in die Vampyrella hereingezogen wird (XIII, 11b). In dieser Weise geht die Vampyrella plün- dernd an dem Spyrogyrafaden weiter, bis sie schliesslich einen, später genauer zu erörternden Ruhezustand annimmt. — In ganz ähnlicher Weise erwirbt sich auch die V. pendula Cienk. ihre Nahrung aus verschiedenen Algen. Etwas anders dagegen verhalten sich die V. vorax ©. und die V. gomphonematis Häck. ; die erstere ernährt sich ganz nach Rhizopodenart durch Umfliessen und Aufnahme von Dia- tomeen, Desmidiaceen und Euglenen, wogegen die letztere auf festsitzenden Gompbonemastöck- chen lebt, hier einzelne Zellen umfliesst und sie derart ihrer assimilirbaren Substanzen beraubt (XII. 13a). Nicht unähnlich geschieht auch die Ernährung der Nuclearien, über die uns hauptsäch- lich auch wieder Cienkowsky Mittheilungen gemacht hat. Die. Nuclearia delicatula Cienk. scheint sich besonders interessant zu verhalten, indem sie die von den Vampyrellen schon heimgesuchten Conferven noch nachträglich ausplündert. Sie streckt hierbei einen oder einige hyaline Protoplasmafortsätze tief in die Algenzellen hinein; diese Fortsätze lösen sich an ihrem Ende in ein vielfach verzweigtes, ausgedehntes Protoplasmageflecht auf und dieses umfliesst allmählich die noch vorhandenen Reste des Inhalts der Algenzelle, welche durch Zurück- ziehung der Protoplasmafortsätze dem Nucleariakörper zugeführt werden. Jedoch vermag diese Art auch, wie es für die N. simplex sogar gewöhnlich der Fall zu sein scheint, durch ein- faches Umfliessen kleinerer oder grösserer Nahrungskörper sich nach Rhizopodenart zu ernähren. Wie schon bervorgehoben, besitzen auch bei den typischen Heliozo@n die Pseudopodien eine sehr wichtige Bedeutung für die Nahrungsaufnahme und zwar scheinen dieselben vorzugsweise zum eigentlichen Einfangen der Beute, die häufig aus raschbeweglichen Infusorien und sonstigen kleinen Wassertbieren besteht, Verwendung zu finden. Es ist mehrfach 294 Heliozoa. beobachtet worden, dass kleine derartige Thierchen, welche in den Pseudo- podienwald einer Actinophrys, Actinosphärie oder Acanthoeystide hinein- geriethen, oder denselben sogar nur berührten, sehr rasch ihre Bewegungen einstellten und nun in gleich noch näher zu erörternder Weise den Helio- zo@n zur Beute wurden. Hieraus haben eine Anzahl Forscher, und wohl nicht ohne Recht, auf eine schnelltödtende oder doch lähmende, giftige Wirkung der Pseudo- podien geschlossen, so hauptsächlich Ehrenberg, Weston, Hertwig-Lesser und Leidy. Kölliker dagegen glaubte für Actinospbaerium eine solche Wirkung der Pseudopodien in Abrede stellen zu müssen, wogegen Häckel für Myxastrum das Anhaften der Beute an den Pseudopodien auf eine klebrige Oberflächenbeschaffenheit derselben zurückzuführen sucht. In welcher Weise sich nun aber auch der lähmende Einfluss der Pseudopodien gewisser Heliozo@n auf die mit ihnen in Berührung gerathene Beute geltend machen mag, im Ganzen scheint es sicher, dass die Scheinfüsschen durch einen solchen Einfluss den Fang der Nahrung unterstützen, wenn sie auch nicht gerade wie Fangspiesse wirken, wie Perty (12) seiner Zeit vermuthete, der kleine Infusorien sogar auf den Ten- takeln der Actinophryen aufgespiesst beobachtet haben wollte. Hat sich nun derart ein Heliozoon mittels seiner Pseudopodien eines Nahrungskörpers bemächtigt, so handelt es sich darum, denselben dem eigentlichen Körper zuzuführen und in diesen aufzunehmen, ein Vorgang, der von den verschiedenen Beobachtern nicht immer in übereinstimmender Weise beschrieben worden ist. In manchen Fällen scheint ein einfaches Herabgleiten des Nahrungskörpers an den Pseudopodien, wohl verbunden mit theilweisem Umfliessen desselben durch die Rindenschicht der Schein- füsschen, stattzufinden, in welcher Art sich z. B. nach H. und L. die Nahrungszufuhr bei Acanthocystis gestalten soll. Ein solches Umfliessen der Nahrung, schon durch die Pseudopodien, wird dadurch noch wahr- scheinlicher, dass bei Clathrulina nicht selten grössere Nahrungskörper nicht bis in die Centralmasse des Körpers hineingezogen, sondern an einem Pseudopodium, welches durch Protoplasmazufluss verstärkt wird, ausserhalb der Schale verweilen und hier assimilirt werden. Anders hingegen soll sich nach den Beobachtungen von Kölliker bei Actinosphaerium und denen Häckels an dem in vieler Hinsicht verwandten Myxastrum die Aufnahme der Nahrung in das eigentliche Körperproto- plasma gestalten. Hier wird der betreffende Nahrungskörper allmählich der Körperoberfläche genähert, indem die ihn umgebenden Pseudopodien sich allseitig über ihm zusammenneigen und ihn dergestalt zur Körper- oberfläche hinabdrücken. Im Verlaufe dieses Vorgangs soll sich dann auf der Körperoberfläche, gegenüber dem sich annähernden Bissen, eine grubenartige Einsenkung bilden, in die der aufzunehmende Kör- per einsinkt und indem die Grube sich hierauf über ihm schliesst, wird derselbe in den Heliozoönkörper selbst aufgenommen. Mit dieser Nahrungsaufnahme. 295 Schilderung stimmt auch die Beschreibung, welche Wallich von der Nahrungsaufnahme bei Actinosphaerium gibt, ziemlich wohl überein; nach ibm soll sich theils durch Verschmelzung der Pseudopodien, welche die Nahruug gefangen haben, theils in dem Ectosark, dem die Nahrung genähert wird, eine Cavität bilden, in welche die Beute eingeschlossen wird. Zweifelbaft erscheint mir nach seiner Beschreibung nur, ob er diese Cavität sich als eine geschlossene Vacuole vorstellt, in welche die Nahrung, äbnlich wie bei manchen Flagellaten, eingepresst würde, oder ob sie, wie Kölliker es beschreibt, eine ursprünglich offene Grube dar- stellt, die sich erst später über dem Nahrungskörper schliesst. Nicht unwesentlich verschieden scheint sich dagegen der Process der Nahrungsaufnahme bei Actinophrys zu gestalten. In ziemlich überein- stimmender Weise wird nämlich von Claparede und Weston beschrieben, dass sich hier von der Körperoberfläche ein ziemlich breiter Fort- satz (der nach Clapar&de aus einer schleimigen Masse besteht, wäh- rend Weston ihn als eine zarte Membran beschreibt) dem aufzunehmenden Nahrungskörper entgegen erhebe, welcher Fortsatz den Nahrungskörper überziehe und einschliesse. Beide Forscher stimmen schliesslich auch darin überein, dass sich derartige Fortsätze zuweilen auch ohne Nah- rungsaufnahme plötzlich hervorbilden und wieder eingezogen werden und Weston glaubt noch beobachtet zu haben, dass dieselben bei dieser Gelegenheit vor ihrer Zurückziehung eine schleimige Masse entleerten. Auch Lieberkühn konnte diese Art der Nahrungsaufnahme für Actino- phrys bestätigen, wogegen Leidy (50) neuerdings die gleiche Art der Nahrungsanfnahme nicht nur Actinophrys, sondern auch Actinosphaerium, Acanthocystis und Raphidiophrys zuschreibt. Gelegentlich sah er bei Actinophrys eine solche Protoplasmamasse von so beträchtlicher Grösse sich entwickeln, dass sie nahezu die Hälfte der Oberfläche des Thier- körpers umgriff. Diese Schilderungen erinnern sehr an die frühere Angabe Ehren- bergs, welcher den Actinophryen einen zur Nahrungsaufnahme dienenden, vorstülpbaren Rüssel und eine, am gegenüberliegenden Körperpol befind- liche Afteröffnung zuschrieb. Es dürfte also sehr wahrscheinlich sein, dass jener von Ehrenberg angegebene Rüssel der bei Actinophrys zur Nahrungsaufnahme sich vorschiebende, breite, pseudopodienartige Fortsatz war, wenn auch die meisten späteren Beobachter diesem vermeintlichen Rüssel eine abweichende Deutung geben zu müssen glaubten; so erklärten ihn Claparede und Stein für die contractile Vaeuole, Kölliker hingegen glaubte ihn als ein in Entwicklung begriffenes Pseudopodium deuten zu müssen. Auch den After, welchen Ehrenberg beobachtet zu haben an- gibt, suchte Stein auf die gewöhnlich vorhandene, zweite contractile Vacuole des Actinosphaerium zu beziehen. Wie bei zahlreichen Rhizopoden und Protozoön überhaupt, wird auch bei den Heliozoön die dem Körper einverleibte Nahrung meist in sogen. Nahrungsvaceuolen eingeschlossen, deren Entstehung ziemlich allgemein h) 296 Heliozoa. durch Sekretion von Flüssigkeit im Umkreis des aufgenommenen Nah- rungskörpers erklärt wird. Damit dürfte jedoch auch für unsere Orga- _ nismen keineswegs ausgeschlossen sein, dass sie gelegentlich durch gleichzeitig mit dem Bissen eingeschlossenes Wasser erzeugt werden, wie denn auch z. B. Häckel bei Myxastrum ihnen eine derartige Entstehung zuschreibt. Die aufgenommene Nahrung verweilt bei den Heliozoön mit deut- licher Differenzirung von Ecto- und Entosark fast durchaus in ersterem, und dringt nicht in das feingranulirte Entosark ein. Eine Ausnahme bietet in dieser Hinsicht nur das Actinosphaerium dar, wo die Nahrungs- körper stets durch das Eetosark rasch in das Entosark überwandern, sich in letzterem ansammeln und hier der Assimilation unterworfen werden. Für die Ausstossung der unverdauten Nahrungsreste scheint nirgends (wie dies ja bekanntlich Ehrenberg für die Actinophryen behauptet hatte) eine bestimmte, vorgebildete Stelle oder gar Oeffnung vorhanden. zu sein, sondern die Entleerung an einem beliebigen Orte der Körperoberfläche vor sich zu gehen. 4, Skeletbildungen der Heliozoa *). A. Gallertige Hüllbildungen. Wie wir schon bei den Rbizopoden, wenngleich verhältnissmässig sel- ten, gallertartige Umhüllungen zu erwähnen hatten, finden wir Aehnliches auch unter den Heliozoa und werden dieser Einrichtung später in viel ausgebreiteter und entwickelterer Weise bei den Radiolaria wieder be- gegnen. Sölche Umhüllungen treten bei den Heliozoa entweder nur vor- übergehend, zu gewissen Zeiten, auf oder sind constant vorhanden, müssen sich dann wenigstens schon auf sehr frühen Entwickelungsstadien her- vorgebildet haben. Als Bildungen ersterer Art begegnen wir ihnen bei Nuclearia und Actinolophus, wenigstens lassen sich die bei jenen Formen zuweilen beob- achteten, eigenthümlichen Verhältnisse am besten in dieser Weise deuten. Schon Cienkowsky hat bei seiner Nuclearia delicatula zu Zeiten eine ziemlich weit abstehende, aus feinen Körnchen gebildete, blasige Um- hüllung beobachtet, welche von den Pseudopodien durchsetzt wurde; späterhin haben dann F. E. Schulze (Heterophrys varians) und Greeff (Heliophrys variabilis**)) diese Erscheinung gleichfalls wieder constatirt und namentlich ersterer dieselbe auf eine gallertartige, ziemlich dicke *) Cattaneo (51) sucht neuerdings die Ansicht zu entwickeln, dass die Skeletbildungen der Heliozoa als umgebildetes Ectoplasma zu betrachten seien, unser Ectoplasma dagegen als sogen. Mesoplasma, so dass demnach auch die skeletophoren Heliozoön die 3 Plasmazonen besässen, welche Maggi und Cattaneo bei gewissen Rhizopoden nachgewiesen haben wollen (vergl. hierüber oben p. 99 Anmerk.). **) Beide Formen sind identisch mit der Nuclearia delicatula Cienk. Gallertige Hüllen (Chlamydophora). 297 (bis zu "/, des Körperdurchmessers betragende) Umhüllung zurückzufübren versucht, deren äussere Fläche mit sehr kleinen Körnchen dicht besetzt sei, wodurch, bei völliger Durcbsichtigkeit der Gallerthülle, der Anschein einer Körnchenblase erzeugt werde (XIV. 1b). Ich hatte mehrfach Ge- legenheit, solche umhüllte Nuclearien zu beobachten und kann mich der Schulze’schen Deutung nur anschliessen. Auch bei Actinolophus fand F. E. Schulze zuweilen die Bildung einer ähnlichen, ganz durchsiebtigen Gallerthülle, jedoch bildet dieser Vorgang hier die Einleitung zu einer wahren Eneystirung, die späterhin noch Gegenstand unserer Bespreebung sein wird, und ähnlich werden wir auch bei Actinosphaerium und Actinopbrys den Eneystirungsprocess mit der Ausscheidung einer solehen gallertigen Hülle beginnen sehen. Nach letztren Erfahrungen erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass auch bei Nuclearia die Entwickelung der Gallerthülle in gleicher Weise mit dem Eneystirungsprocess in Zusammenhang stehen dürfte, wenngleich solche umhüllte Nuelearien sich gewöhnlich noch einer recht erheblichen Beweglichkeit erfreuen. Es gibt nun aber noch eine Anzahl Heliozo@n, die sich zeit- lebens, soweit bekannt, einer ähnlichen Umhüllung ihres Weichkörpers erfreuen und die daher von Archer zu einer Abtheilung der Chlamydo- phora zusammengefasst wurden. Als Hauptvertreter dieser Formen ist die Gattung Heterophrys zu erwähnen, an die sich das sogen. Sphaer- astrum Greeff’s nahe anzuschliessen scheint. Zum Voraus muss jedoch be- merkt werden, dass sich die Ansichten der verschiedenen Forscher über die Natur der gleich näher zu beschreibenden Umhüllung (speciell der Hetero- phrys) keineswegs in Uebereinstimmung befinden, sondern recht sehr von einander abweichen. Bei den Angehörigen des erwähnten Genus (XV. 2) treffen wir eine ziemlich dicke, von den Pseudopodien durchsetzte Hüll- schieht an, deren centrale, der Körperoberfläche genäherte Zone meist ganz hyalin und durchsichtig ist, weiter nach aussen jedoch sehr bald ein eigenthümlich feinpunktirtes und gestricheltes Aussehen annimmt und von deren Oberfläche sich zwischen den Basen der Pseudopodien zahl- reiche haar- oder cilienartige Fortsätze, von mehr oder weniger ansehn- licher Länge erheben. Archer und Greeff glaubten diese Hülle ursprünglich als eine Sarkode- schicht betrachten zu dürfen, gegen welche Ansicht Hertwig und Lesser sich jedenfalls mit Recht ausgesprochen haben. Letztere Beobachter wurden durch ihre Untersuchungen zu der sehr abweichenden Auffassung geführt, dass es sich hier nicht um eine weiche Hüllschicht, sondern um ein Skelet von sehr eigenthümlicher Bildung handle. Dasselbe stellt nach ihnen ein feinverfilztes, spongiöses Netzwerk zartester Nadeln dar, welche sich auf der Oberfläche der Skelethülle frei erheben und so den haar- artigen Besatz erzeugen. Nach ihrer Bildung lasse sich diese Skelethülle wohl am ehesten den spongiösen Kieselgerüsten vergleichen, die sich bei gewissen Radiolarien (den Sponguriden Häckel’s) vorfinden. Die 298 Heliozoa. Gründe, auf welche sie diese Auffassung stützten, sind hauptsächlich: dass die Hüllschicht eine beträchtliche Cohärenz zeige, speciell nach dem Ab- sterben der Thiere nicht zerfalle und ferner, wenigstens bei Heterophrys spinifera, der Einwirkung concentrirter Mineralsäuren (selbst Schwefel- säure) widerstehe (wogegen bei H. marina Salzsäure den haarartigen Stachelbesatz zum Verschwinden bringt und Eisessig das Skelet sehr durchsichtig macht). Archer hat sich jedoch nieht mit der Hertwig und Lesser’schen An- sicht befreunden können; er hält auch in neueren Publikationen seine frühere Auffassung mehr oder minder fest, indem er die Umhüllung für weich, mehr oder minder plastisch erklärt, und die haarähnlichen Fortsätze nur für direkte fransenartige Ausläufer der oberflächlichsten Lage dieser Hüllschicht, nicht jedoch für isolirbare Stacheln. In dieser Auffassung der Stacheln wird er namentlich noch durch die Beobachtung, welche er an einer wahrscheinlich mit der H. marina identischen Form gemacht hat, besonders bestärkt, da er die Fortsätze derselben bei Zusatz von Beale’schem Carmin zusammenschmelzen und schwinden sah. Etwas abweichend stellt sich die jedenfalls homologe Hüllschicht des Sphaerastrum Greeff’s (Heterophrys Fockii Arch.) dar (XV. 3a—b). Hier zeigt sich die hyaline, durchsichtige Hülle, welche bei der häufigen Koloniebildung dieser Form eine grössere Zahl von Individuen gemeinsam vereinigt, eigenthümlich wellig gestrichelt. Die äussere Oberfläche der Hüllschicht ist gewöhnlich zackig zerschlitzt und zieht sich namentlich an den Basen der Pseudopodien meist etwas in die Höhe. Ursprünglich fasste Archer auch hier diese Hüllschicht als Sarkode auf, welcher An- sicht sich auch Greeff anschloss, späterbin schien sie ihm dagegen mehr gallertartig, jedenfalls jedoch weich und plastisch. Eine hyaline, structur- lose Umhüllungsschicht des Weichkörpers beschrieb Greeff weiterhin noch bei seinem Astrodisculus und Astrococeus, und deutete sie bei der letzteren Form gleichfalls als Sarkodehülle; da jedoch gegen diese Deu- tung durch spätere Untersuchungen sehr begründete Zweifel erhoben wurden, so werden wir dieser Hüllschicht erst weiter unten, bei den kieseligen Skeletbildungen etwas näher gedenken. B. Kieselige Skeletbildungen. Wie wir wissen, zeichnen sich die Heliozoa, im Gegensatz zu den Rhizopoda, hauptsächlich dadurch aus, dass die zum Schutz des Weich- körpers gebildeten, äusserlichen Skelettheile aus Kieselsäure bestehen oder wohl vielmehr durch Verkieselung einer organischen Grundlage hervor- gegangen sind*). Im Gegensatz zu den Skeletbildungen der Rhizopodä *) Von dieser Regel würde nur die eigenthümliche Wagnerella borealis Mereschkowsky’s eine Ausnahme bilden, wenn dieselbe, wie nach P. Mayer’s Angaben sehr wahrscheinlich, ihre wahre Stellung bei den Heliozoön hat. Dieselbe besitzt nämlich nach Mereschkowsky Skeletnadeln aus kohlensaurem Kalk. Immerhin wird es gerathen sein, genauere Unter- Kieselige Skelete (Chalarothoraca). 299 bieten sich die der Heliozoa fernerbin nur in wenigen Fällen als einheit- liche, zusammenhängende Schutzhülle oder Schale dar, sondern bestehen meist aus lose zusammengelagerten, oder doch nur von einem in geringer Menge vorhandenen, protoplasmatischen, zuweilen vielleicht auch gallertigen Bindemittel vereinigten Skeletstücken recht verschiedenartiger Gestalt. In- dem sich derartige Skelettheile zu einer kugeligen, der Oberfläche des Weichkörpers mehr oder minder dicht aufgelagerten Hülle zusammen- gruppiren, wird ein Gehäuse gebildet, das dem eingelagerten Weichkörper mehr oder minder Schutz gewährt und zugleich den Pseudopodien zwischen den zahlreichen Lücken allseitig den Durchtritt gestattet. Nach der ver- schiedenen Natur dieser Skelethülle, ob lose oder ob aus einem zusammen- hängenden Stück gebildet, hat man die hierhergehörigen Heliozoa in zwei systematische Gruppen zerlegt, die Chalarothoraca und die Desmo- thoraca. Wir beschäftigen uns hier zunächst mit der ersteren dieser Abthei- lungen etwas näher, da sie ohne Zweifel die einfacheren und wohl auch ursprünglicheren Verhältnisse darbiete. — Wie schon erwähnt wurde, sind die Formen der lose zusammengehäuften Skeletelemente .dieser Gruppe recht verschieden. Wir treffen hier zunächst bei der Gattung Pompholyxophrys Arch. (Hyalolampe Greeff) minutiöse Kieselkügel- chen, die in wenigen oder zahlreicheren Schichten übereinandergelagert, eine kugelige Schalenhülle, von grösserer oder geringerer Dieke formiren (XV. 4). Die Grösse dieser Kügelchen ist, wie gesagt, sehr gering; so beträgt ihr Durchmesser bei der P. exigua H. u. L. nur 0,0006 Mm., wogegen sie bei der P. punicea Arch. 0,001—0,004 erreichen. Dieser Umstand macht es nicht unwahrscheinlich, dass, wie Heıtwig und Lesser vermutben, die von Greeff unter dem Namen Astrodiseulus beschrie- benen Formen, welche mit einer nahezu hyalinen, wahrscheinlich fein- porösen und kieseligen Hülle versehen sein sollen, gleichfalls einen ähn- lichen Aufbau des Skeletes zeigen, der nur, wegen der Schwierigkeit der Untersuchung, von Greeff nicht entziffert wurde. Diese Deutung wird noch wahrscheinlicher, wegen der grossen Aehnlichkeit, welche die Astrodiseulus- formen mit gewissen Bompholgzonkryen in ihren übrigen Organisations- verhältnissen verrathen. An die soeben besprochenen Formen schliessen sich dann zunächst solche an, bei welchen die kugelschalige Skelethülle aus einer einfachen Schicht dicht zusammengelagerter, jedoch lose mit einander vereinigter Kieselplättchen besteht. Bei der hierhergehörigen Pinaeoeystis H.u.L. (XVI. 4) sind diese Plättchen rund und zu einer geschlossenen Kapsel suchungen bezüglich dieser Form abzuwarten, die namentlich auch darüber Aufschluss zu geben haben, ob die Skeletgebilde derselben wirklich, wie zwar nach Mereschkowsky’s Schil- derung kaum zu bezweifeln, von dem Thier selbst erzeugt werden, oder möglicherweise nur von Aussen aufgenommene Spicula von Kalkschwämmen sind. Auch dürfte die Unterordnung dieser Form unter die Heliozoa vorerst noch recht fraglich erscheinen, wie im systematischen Abschnitt zu erörtern sein wird. 300 Heliozoa. zusammengelagert; bei der Pinaciophora Giff dagegen (XVI. 5a—e) besitzen sie eine blattartige, beiderseits zugespitzte Gestalt und sollen von zahlreichen feinen Porenkanälen, zum Austritt der Pseudopodien, durch- bohrt sein. Die beiden noch restirenden -Gattungen der Chalarothoraca zei hnen sich durch den Besitz verlängerter, nadel- bis stachelartiger Skeletelemente aus. Einfachere Verbältnisse treffen wir bei Raphidiophrys (XVI. 2. 3), bier wird die den ganzen Körper lose umkleidende Skelethülle von zarten Kieselnadeln gebildet, welche entweder mehr gerade oder bis spangen- förmig gebogen und beiderseits zugespitzt erscheinen. Die Verbindung dieser losen Nadeln geschieht wobl, wie namentlich F. E. Schulze gezeigt hat, durch eine zarte protoplasmatische Masse, welche von den zwischen den Skeletelementen hindurch tretenden Pseudopodien entspringt. Dagegen glaubt Archer, dass auch hier eine mebr gallertige Masse, wie wir sie im vorhergehenden Abschnitt besprachen, den Zusammenhalt der Skeletnadeln bewirke. Gewöhnlich lagern sich die Nadeln der Raphidiophrys tangen- tial zur Oberfläche des Weicbkörpers, zuweilen jedoch erheben sie sich büschelig um die Basen der Pseudopodien, so dass hierdurch die Skelet- hülle ein strabliges Aussehen erhält. Bei den häufig sich findenden Kolo- nien umhüllt eine gemeinsame Skeletmasse sämmtlicbe Individuen (XVI. 5). Etwas eomplieirter gestalten sich die Bauverhältnisse des Skeletes bei der Gattung Acanthoeystis, wenigstens einem Theil der hierber- zurechnenden Formen, bei welchen gleichzeitig verschiedenartige Skelet- elemente vorhanden sind. Die typischen, stets vorhandenen Skeletelemente dieser Gattung sind gerade Kieselstacheln (XVI. 6, 7, 8), welche in ra- dialer Richtung der Körperoberfläche aufgesetzt sind und zwar mit einer plättchenartigen Ausbreitung (oder doch einer etwas angeschwollenen Basis, A. Pertyana Arch.) ihres centralen Endes, einem sogen. Basal- plättehen. Diese Basalplättchen bilden demnach durch ihre Zusammen- lagerung eine losere oder festere Kapsel, ähnlich wie bei Pinacoeystis, und von jedem Basalplättchen erhebt sich ein senkrecht. aufstehender, mehr oder weniger ansehnlieher Stachel. Die Enden der Stacheln sind entweder einfach zugespitzt oder gabelig gespalten und die grösseren Stacheln der A. turfacea sollen nach Carfer, Grenacher und Greeff hohl sein. Diese Form zeigt uns denn auch weiterhin eine complieirtere Bil- dung des Skeletes dureh die gleichzeitige Anwesenheit zweier verschie- dener Nadelformen: die einen kurz und dünn und am Ende länger ge- gabelt (XVI. 8, st‘), die andern länger und dicker und am Ende kurz gegabelt (XVI. 8, st). Nach Archer und Greeff soll sich jedoch bei unserer Form sogar noch eine dritte Art von Skeletelementen finden, nämlich tangential zur Oberfläche, zwischen die Basalplättehen eingelagerte spindelförmige, leicht gekrümmte Stäbehen*). Eine ähnliche Einrichtung #) Leidy (50) schreibt der Acanthocystis turfacea noch eine dicke äussere Umhüllung von durchsichtigem Plasma zu, die sich hauptsächlich durch ihre dichte Bedeckung mit - a Ti Kieselige Skelete (Chalarothoraca u. Desmothoraca). 301 würde sich dann auch noch bei der A. aculeata H. u. L. finden (XV. 7a—b), wo zwischen die Basalplättchen der gewöhnlichen Stacheln sich noch tangential zur Oberfläche gelagerte, gekrümmte Stäbehen einschieben, die durch ihre Zwischenlagerung die regelmässige Anordnung der Basal- plättchen sehr stören *). Wenden wir uns nun zu einer kurzen Uebersicht der Skeletverhält- nisse der Desmothoraca. Hier tritt uns, soweit bis jetzt die Forschungen reichen, nur ein einziger Typus der Skeletbildung entgegen, der haupt- sächlich bei der bestgekannten Gattung Clathrulina genauer studirt worden ist. Wir finden hier eine einheitliche, kugelige Kieselschale, die von zahlreichen, ziemlich ansehnlichen Löchern zum Durchtritt der Pseudo- podien durchbohrt wird (XVIL la, lc). Die Löcher sind bald mehr rundlich, bald, bei dichterer Zusammenstellung, mehr polygonal, so dass das sie trennende Kieselgerüst wie ein Maschenwerk erscheint. Diese die Löcher. scheidenden Kieselbälkehen scheinen auf ihrer äussern Fläche etwas rinnenförmig ausgehöhlt zu sein (XVII. 1b) und sich bei der Cl. Cienkowskyi nach Mereschkowsky (47) in den Knotenpunkten zwischen den Löchern zu kurzen Dörnchen zu erheben. Im Gegensatz zu sämmtlichen bis jetzt betrachteten Skelettheilen der Heliozoa nimmt das Kieselskelet der Clathrulina elegans im Alter eine mehr oder weniger intensiv braune Färbung an. Ein weiterer bis jetzt noch nicht hervor- gehobener Charakter des Clathrulinaskeletes liegt in seiner Befestigung auf einem gleichfalls kieseligen, hohlen Stiel, der sich mit seinem basalen Ende durch kurze, wurzelartige Ausläufer an fremde Gegenstände anheftet. Nachträglich müssen wir an dieser Stelle noch eines zweiten Bei- spiels der Stielbildung und Befestigung bei den Heliozo@n gedenken. Es bietet dies der Actinolophus F. E. Schulze’s dar, der ohne eigentliches Skelet des Weichkörpers auf einem ziemlich langen, wahrscheinlich gleich- falls röhrenförmig hohlen Stiel aufgewachsen ist (XIV. 6a—b). Kieselig scheint die Wand des Stieles hier nieht zu sein, sondern cehitinös. Durch feinsten, linearen Partikelchen bemerkbar machen soll und gewöhnlich die kleineren Radiär- stacheln völlig einschliesse. Wenn es sich hier nicht etwa um ein plasmatisches Verbindungs- gerüste der Stacheln handelt, wie es oben nach Schulze für Raphidiophrys erwähnt wurde, so erinnerte mich dieser äussere Mantel namentlich an eine Gallertlage, Auch Clathrulina soll nach Leidy im jugendlichen Zustand einen dicken derartigen Mantel aufweisen, der von den Pseudopodien durchsetzt wird. j *) Nach der morphologis&hen Entwickelung ihres Skeletes würde sich hier auch die noch zweifelhafte Wagnerella borealis anschliessen. Der kugelige, auf einem Stiel befestigte Körper derselben besitzt nämlich nach Mereschkowsky ein Skelet, das von zweierlei verschie- denen Arten von Kalknadeln gebildet wird. Zunähst kleineren, kurzen, bogenartig gekrümmten Nadeln, die der Körperoberfläche tangential dicht aufliegen und in eine organische Hüllhaut eingelagert sein sollen und weiterhin lange, sehr feine und beiderseits zugespitzte, gerade bis unregelmässig wellig gekrümmte Nadeln, die radial von der Körperoberfläche sich erheben und nur mit ihrem proximalen Ende in die organische Hüllhaut eingepflanzt sind. Hinsichtlich dieser Skeletgebilde der Wagnerella müssen wir jedoch nochmals an die schon früher (p. 295 Anmerkung) betonten, noch nicht gelösten Zweifel erinnern. 302 Heliozoa. die helle Binnenmasse des Stiels sieht man einige zarte, parallele Längs- linien ziehen, die sich zuweilen sogar bis in den Sarkodekörper des Actinolophus verfolgen lassen. Es scheint daher nicht unmöglich, dass diese Längslinien den optischen Ausdruck einiger zarter, pseudopodien- artiger, den Stiel durchziehender Fortsätze des Thierkörpers darstellen *). Aehnliehe Skeletbildungen, wie sie Clathrulina aufweist; finden wir noch bei einigen weiteren Formen; hierher gehört zunächst die sogen. Hedrioeystis H. u. L. (XVII. 2); diese kleine Form hat eine ovale bis rundliche Schale, welche wie die von Clathrulina auf einem hohlen Stiel befestigt ist; sie wird von zahlreichen Löchern zum Durchtritt. der Pseudopodien durchbrochen und diese Löcher stehen auf hervorragenden Buckeln, scheinen auch kleiner und weiter von einander getrennt zu sein, wie bei Clathrulina**). Zwei weitere wohl hierhergehörige Formen, Orbulinella Entz und die sehr zweifelhafte Elaster Grimm’s, besitzen eine Clatbrulina sehr ähnliche kugelige bis ellipsoidische Kieselgitterschale, die jedoch frei, nicht durch einen Stiel befestigt ist. Bei Orbulinella füllt der Weichkörper die Schale nur zum Theil aus und ist ähnlich wie bei Clathrulina im Centrum derselben mit Hülfe der Pseudopodien aufgehängt, wogegen bei Elaster die Schale völlig vom Thierleib erfüllt zu sein scheint. Wie gelegentlich schon angedeutet wurde, treffen wir bei einer Reihe von Heliozoön die Entwickelung temporärer Skelethüllen während des ruhenden oder eneystirten Zustandes, und auch diese Hüllen sind bier vielfach verkieselt. Das Genauere bezüglich derselben wird dann später- hin bei der Besprechung des Encystirungsvorganges mitzutheilen sein. C. Aus Fremdkörpern aufgebaute Skelethüllen. Skeletbildungen, wie sie die Ueberschrift dieses Abschnittes bezeich- net, sind bis jetzt nur bei zwei wahrscheinlich zu unserer Gruppe ge- hörigen Formen beobachtet worden. Die eine derselben ist die marine Lithocolla F. E. Schulze’s (XIV. 4), die sich mit einer losen, der Oberfläche des Weichkörpers dicht aufliegenden Hülle aus Sandkörnchen *) Eine dritte gestielte Heliozoönform wäre nach den Untersuchungen von P. Mayer wahrscheinlicb die von Mereschkowsky beschriebene und zu den Kalkschwämmen verwiesene Wasnerella borealis. Dieselbe besitzt einen langen, hohlen, von einer membranösen Wandung (aus organischer Masse) gebildeten Stiel, dessen Basis sich zu einem ziemlich scharf abge- setzten Kegel verbreitert, mittels welchen der Organismus festgeheftet ist. Es ist jedoch dieser Stiel hier kein Ausscheidungsprodukt des Thierkörpers, sondern bildet, wie aus der Angabe Mayers, dass der Kern in der kegelförmigen Stielbasis eingelagert ist, hervorgeht, eine direkte Verlängerung des Thierkörpers. Besonders eigenthümlich erscheint dieser Stiel jedoch noch deshalb, weil in seine Wand zahlreiche kurze und schwach hogenförmig gekrümmte Kalk- spicula, wie sie sich auch am eigentlichen Thierkörper finden, in dichter Stellung eingelagert sind. Alle diese Spieula sind regelmässig quer zur Stielaxe geordnet. **) Die Berechtigung zur Trennung dieser Hedriocystis von der eigentlichen Olathrulina scheint nur schr gering zu sein. Skeletbildungen u. Fortpflanzung (Einfache Theilung). 303 umkleidet; gewöhnlich sind dieselben so dicht zusammengefügt, dass das umhüllte Wesen einem Sandklümpehen gleicht; zuweilen wurden jedoch auch Formen getroffen, deren Oberfläche nur vereinzelte Sandkörnchen, in einem Fall auch Diatomeenschalen anhafteten oder eigentlich in die Sarkodefläche halb eingesenkt waren. Aehnlich verbält sich auch "die Greef’sche Elaeorhanis, deren kugeliger Körper von einer mebr oder minder zusammenhängenden Hülle aus Sandkörnchen und Diatomeen- schalen umkleidet wird (XIV. 5). 5. Fortpflanzungserscheinungen der Heliozoa. Die Fortpflanzungsverhältnisse der Heliozoa schliessen sich auf das innigste an die der Rhizopoda an, wir treffen hier alle die Modifikationen wieder an, welche dort schon Gegenstand unserer Betrachtung waren: also zunächst die Vermehrung durch einfache Theilung und hieran sich anschliessend häufig auch Koloniebildung, weiterhin die Entwickelung einer grösseren Zahl, durch Theilung oder Sprossung hervorgehender Keime, welche sich zuweilen in Gestalt flagellatenartiger Schwärmer ausbrei- ten und hierauf erst wieder zur Heliozoöngestalt zurückkehren, schliesslich Eneystirungsvorgänge verbunden mit Theilungserscheinungen. Auch hier ist endlich Copulation und Conjugation anzutreffen und steht möglicher- weise mit den Vermehrungserscheinungen in einem gewissen, bis jetzt Jedoch noch nicht hinreichend sicher ermittelten Zusammenhang. A. Einfache Theilung im nackten Zustand und Koloniebildung. Der einfache Zweitheilungsprocess wurde bis jetzt nur bei einer kleinen Zahl von Heliozoön constatirt, vorzugsweise für die, ja auch mit besonderem Fleisse untersuchten Actinophryen. Schon der erste genaue Beobachter des Aectinosphaerium, Eichhorn, hat die Vermehrung desselben durch Quertheilung mit aller wünschenswerthen Sicherheit festgestellt. Auch Ehrenberg gibt an, die Selbsttheilung der Actinophryen vielfach beobachtet zu haben und die neueren Beobachter konnten denselben Vor- gang meist gleichfalls nachweisen *). Der äussere Vorgang der Theilung verläuft bei den beiden erwähnten Gattungen ohne irgend welche besonders bemerkenswerthen Erscheinungen; es tritt an dem kugeligen Körper eine äquatoriale Einschnürung auf, die allmählich tiefer und tiefer greift, gleichzeitig rücken die beiden Spröss- linge mehr und mehr auseinander, so dass die sie noch vereinigende Ver- bindungsbrücke sich mehr und mehr verlängert und verdünnt, bis sie schliesslich einreisst und ihre Reste in die Leiber der beiden Sprösslinge zurückgezogen werden**). Bei Actinosphaerium scheint die Trennung *) Vergl. haupts. Olaparöde (13, p. 410), Weston (16), Greeff (27, 35), Brandt (44). **) (janz entsprechend verläuft auch der von Aim. Schneider bei der Monobia confluens beobachtete Zweitheilungsprocess, wovon unten bei der Koloniebildung noch mehr zu be- richten ist. 304 Heliozoa, stets vollständig zu erfolgen, wogegen bei Actinophrys der Theilungsvor- gang vielleicht zuweilen nicht völlig bis zu Ende geführt wird, wodurch dann Kolonien entstehen können, denen wir im Verlaufe dieser Darstellung noch unsere Aufmerksamkeit zuzuwenden haben. Bezüglich der Theilungserscheinung des Actinosphaerium dürfte hier noch auf einige Besonderheiten aufmerksam gemacht werden. In der Beschreibung, welche Eichhorn von dem Theilungsvorgang entwirft, hebt er besonders hervor (und gibt auch eine entsprechende Ab- bildung), dass bei den zur Theilung sich anschickenden Thieren, schon im noch kugelförmigen Zustand, die künftige Theilungsgrenze sich deutlich als eine dunkle Linie markire. Bei den späteren Beobachtern finde ich ein solches Verhalten nicht erwähnt; jedenfalls verdiente je- doch diese bestimmte Angabe Eichhorns bei einer nochmaligen Prüfung einige Berücksichti- gung. Eine weitere Eigenthümlichkeit im Theilungsvorgang dieser Gattung hat Greeff (35) angeführt. Bei Störung des Theilungsprocesses sollen sich nämlich die noch zusammen- hängenden Sprösslinge wieder durch Verschmelzung vereinigen, eine Beobachtung, welche auch Wallich (19a) von der gleichen Form berichtet. Bei Actinophrys soll sich nach Greeff dieses Verhalten nicht zeigen. So interessant dieser Wiederverschmelzungsprocess des in Thei- lung begriffenen Actinosphaerium auch erscheint, so kann derselbe doch das später zu erwäh- nende Vorkommen wirklicher Copulation nicht zweifelhaft machen, wie dies Greeff seiner Zeit darzustellen suchte. Leider ist jedoch bis jetzt über die inneren Vorgänge bei der Thei- lung so gut wie nichts bekannt und namentlich durchaus zweifelhaft, wie sich hierbei der eine Kern der Actinophrys oder die zahlreichen des Actinosphaerium verhalten. Von der Theilung der übrigen Heliozoa ist bis zur Stunde nur wenig bekannt, hauptsächlich bei den Desmothoraca ist hierüber noch einiges ermittelt worden. So hat schon Cienkowsky die einfache Theilung der Clathrulina innerhalb der kieseligen Gitterschale constatirt; das betreffende Thier theilt sich hierbei, wie die Actinophryen, obne die Pseudopodien einzuziehen. Nach einiger Zeit jedoch werden die Pseudopodien retrahirt, die beiden Sprösslinge ziehen sich kugelig zusammen und verlassen schliesslich die Schale. Nachdem sie sich hierauf, nach Wiederentwick- lung der Pseudopodien, eine Zeit lang in einem actinophrysartigen Zu- stand umherbewegt haben, siedeln sie sich wieder an einem passenden Platz an, scheiden zunächst einen neuen Stiel aus und bilden hierauf auch wieder eine neue Schale. Nach den Beobachtungen Greeff’s scheint es, dass zuweilen auch nur der eine der Theilsprösslinge die Mutterschale verlässt, während der andere dieselbe weiter bewohnt. Auch bei der naheverwandten Hedriocystis konnten Hertwig und Lesser häufig /weitheilung in der Schale beobachten, ja sie- sahen sogar ein noch schalenloses, junges Thier sich quer zur Stielaxe theilen. So wahrschein- lich nun auch die weitere Verbreitung der Fortpflanzung durch einfache Theilung bei den beschalten Heliozoön erscheint, so sind doch bis jetzt hierüber nur sehr wenige gesicherte Beobachtungen vorhanden. Greeff (33) und Hertwig (43) haben die Theilung der Acanthoeystis turfacea mehrfach verfolgt, die in der gewöhnlichen Weise verlief. Das in ovale Gestalt übergegangene Thier nahm eine Bisquitform an und schnürte sich allmählich völlig durch. Die lose Skelethülle vermag hierbei natürlich Koloniebildung (Actinophrys). 305 den Gestaltsveränderungen zu folgen*). Bei Pompholyxophrys punicea Arch. beobachteten schliesslich Hertwig und Lesser mehrere Male bisquit- förmige Einschnürung des Körpers, die bei einem zweikernigen Exemplar nahezu bis zu völliger Trennung führte. Hierauf erfolgte jedoch Wieder- vereinigung der Theilhälften, wie es ja in ähnlicher Weise auch bei Actino- sphaerium gelegentlich beobachtet wurde. Dass es verhältnissmässig leicht gelingt, das relativ grosse Actino- sphaerium durch künstliche Theilung (Zerschneidung) zu vermehren, war schon Eichhorn im vorigen Jahrhundert bekannt und wurde von Häckel wie Greeff (27) neu bestätigt. Auch für Myxastrum gelang es Häckel, in dieser Weise künstliche Vermehrung zu erzielen. Wir reihen hier an die Besprechung des Theilungsprocesses gleich die Betrachtung der Koloniebildung in ähnlicher Weise an, wie wir das bei den Rhizopoden thaten, ohne jedoch damit auch aussprechen zu wollen, dass die kolonialen Verbände der Heliozoa stets das Erzeugniss fortgesetzter, einfacher Theilung seien, da gerade bei einem unserer Thiere die Entstehung solcher Kolonien durch Zusammentritt ursprüng- lich getrennter Individuen sicher erwiesen ist. Eben bei der Form, welche dieses Verhalten zeigt (Actinophrys sol), sind auch am frühesten solche koloniale Verbände beobachtet worden. Schon Ehrenberg hatte derartige Individuenverbände beobachtet, jedoch irrthümlicherweise für eine besondere Art (A. difformis) gehalten. Später haben nament- lich Perty, Cohn, Stein, Lieberkühn, Weston, Carter, Claparede und zahlreiche andere Forscher sich mit der Untersuchung dieser Erschei- nung beschäftigt. Die Zahl der zu einem Verbande vereinigten Indi- viduen ist hier eine sehr verschiedene; es sind gelegentlich bis zu 9 Einzelthiere in der gleich zu schildernden Weise vereinigt gesehen worden. Wenn einerseits der vielfach constatirte Hervorgang dieser Ver- bände, durch Vereinigung ursprünglich getrennter Individuen, der ganzen Erscheinung schon grosse Aehnlichkeit mit der Conjugation verleiht, so wird dieselbe dadurch noch erhöht, dass die Verbindung der Einzelindivi- duen eine sehr innige ist (XIV. 7b). Breite, hyaline Protoplasmabrücken verbinden dieselben so innig untereinander, dass die den einzelnen Indi- viduen angehörigen Protoplasmapartien sich häufig ziemlich schwierig abgrenzen lassen und der ganze Verband einem Haufen zusammen- geballter Kletten gleicht. Durch den Nachweis eines Kemes in jedem der Individuen lässt sich dennoch die Natur des Verbandes sicher eruiren. Besondere Eigenthümlichkeiten zeigten z. Th. noch die breiten Protoplasma- brücken, welche in der erwähnten Weise die Individuen vereinigen. In denselben bemerkt man nämlich einmal häufig ansehnliche Flüssigkeits- vacuolen (XIV. 7b, v) und andererseits grosse Nahrungskörper (7b, N), *, Aus der Zweikernigkeit der Individuen allein darf jedoch nicht ohne weiteres auf bevorstehende Theilung geschlossen werden, da ja die Bedeutung der Mehrkernigkeit noch . keineswegs sicher ist. Bronn, Klassen des Thier-Reichs, Protozoa. 20 306 Heliozoa. die, wie es scheint, von den vereinigten Thieren aufgenommen werden *). Solehe Nahrungskörper wurden sogar einst von Cohn für besondere Keime gehalten, welche sich in Folge der Conjugation bildeten. — Bis jetzt hat sich jedoch eine Beziehung dieser Vereinigungsvorgänge der Actinophrys sol zu Fortpflanzungserscheinungen nicht constatiren lassen und die von Cienkowsky ausgesprochene Ansicht: dass die Conjugations- und Copulationserscheinungen zahlreicher Protozoa in keiner direeten Beziehung zur Fortpflanzung stünden, sondern eine Er- leichterung der Ernährung, speciell wohl der Nahrungsaufnahme, be- zweckten, dürfte gerade für die Vereinigungszustände unserer Form, mit Rücksicht auf das erwähnte, gewöhnliche Vorkommen grosser Nah- rungskörper, eine gewisse Berechtigung besitzen. Auch Hertwig und Lesser schliessen sich, speciell für Actinophrys, der Cienkowsky’schen Ansicht an. Nach den zahlreichen Beobachtungen, die über das thatsächliche Hervorgehen der Actinophrysgruppen durch Verschmelzung von Einzel- individuen angestellt worden sind, darf dieser Vorgang ohne Zweifel als die gewöhnliche Entstehungsweise derselben bezeichnet werden. Ob sich daneben derartige Verbände auch noch durch unvollständige Theilung zu bilden vermögen, erscheint fraglich, wenngleich Greeff diese Ansicht vertrat und die Verschmelzungserscheinungen leugnete. Sehr häufig hat man Gelegenheit, die Wiedertrennung der Gruppenverbände der Aectino- phrys zu beobachten und zwar kann sich hierbei die Gruppe in Einzel- individuen auflösen, oder, wenn sehr individuenreiche Verbände vor- liegen, können diese zunächst wieder in Untergruppen zerlegt werden. Bei den übrigen Heliozoön begegnen wir der Koloniebildung bei der nackten Monobia und den skeletführenden Gattungen Raphi- diophrys und Sphaerastrum. Die kolonialen Verbände erscheinen bei diesen 3 Gattungen von sehr übereinstimmender Bildung (XIV. 3, XV. 3a, XVl. 3). Die in sehr verschiedener Zahl zur Bildung solcher Kolonien zusammengetretenen Individuen — die höchstbeobachtete Zahl betraf die Raphidiophrys elegans H. u. L., von der Leidy**) einst nicht weniger wie 38 Individuen in einer Kolonie vereinigt fand — be- halten ihre regelmässig kugelige Gestalt bei. Ihre Vereinigung unter ein- ander ist weit lockerer als dies bei den Kolonien der Actinophrys zu verzeichnen war, indem die Einzelindividuen in mehr oder weniger be- trächtlichen Abständen von einander verbleiben und nur durch ziemlich schmale Protoplasmabrücken unter einander in organischer Verbindung stehen. In dieser Art steht dann gewöhnlich ein Individuum gleichzeitig mit mehreren benachbarten in Verbindung, jedoch kann natürlich, nament- *) Lieberkühn (34) beobachtete die Nahrungsaufnahme bei einer solchen, aus Ver- einigung zweier Individuen hervorgegangenen Gruppe und sah hierbei von jedem der Indivi- duen einen diaphanen, ziemlich starken Fortsatz sich entwickeln, welche Fortsätze zusammen den aufzunehmenden Nahrungskörper (ein kleines Glaucoma) umhüllten und in die gemeinsame Körpersubstanz zurückzogen. *#*) Proceed. Acad. Philad. 1874. p. 219 u. Nr. 50. Koloniebildung (Raphidiophrys, Sphaerastrum), Knospung (Acanthocystis). 307 lich bei individuenarmen, kleinen Kolonien, auch nur je eine solche Plasmabrücke sich zwischen einem Individuum und seinem nächsten Nachbar ausspannen. Speciell bei der Monobia confluens wurde beob- achtet (49), dass die gegenseitige Anordnung der Individuen der Kolonie eine sehr wechselnde ist, und dass mit diesem Wechsel der Gruppirung sich auch die Verbindungsbrücken zwischen den Mitgliedern der Kolonie vielfach verändern. Neue bilden sich durch eintretende Verschmelzung zwischen zwei Pseudopodien benachbarter Individuen und durch Plasma- zufluss zur Verstärkung dieser ursprünglich sehr zarten Brücken; da- gegen verschwinden alte Brücken durch Zerreissen und Zurückziehung. In dieser Art bieten denn auch die Kolonien der Monobia ein stets wech- selndes Aussehen dar. Eine ähnliche Veränderlichkeit im Aufbau der Kolonien hat Leidy (50) auch bei Raphidiophrys gefunden. Das Ver- halten der Skelethülle ist bei den beiden koloniebildenden Skeletophora eigenthümlich. Die Skelethüllen der Einzelthiere sind zu einer gemein- samen Hülle für die ganze Kolonie verschmolzen. Es zeigt diese ge- meinsame Skelethülle daher, je nach der Zusammengruppirung der In- dividuen, eine etwas wechselnde und meist ziemlich unregelmässige Gestaltung, jedoch bei beiden Gattungen das Bestreben, sich um die Basen der Pseudopodien zackig zu erheben, noch ausgeprägter, als dies schon bei den Einzelthieren hervortritt. Es scheint natürlich, dass auch die letztgeschilderten Kolonien, wie die der Actinophrys meist keinen dauernden Bestand aufweisen, sondern sich durch Loslösung einzelner Individuen oder auch Individuengruppen verändern, vielleicht zuweilen auch gänzlich zerfallen. So sah z. B. Leidy, dass eine aus 38 Indivi- duen zusammengesetzte Kolonie der Raphidiophrys elegans in 3 Gruppen von je 10, 13 und 15 Individuen zerfiel. Dieselbe Ablösung einzelner In- dividuen oder Gruppen ist weiterhin namentlich bei Monobia beobachtet worden. Die Entstehung der soeben geschilderten Kolonien wurde bis jetzt nur bei Monobia verfolgt, wo Schneider ihre Bildung durch fortgesetzte Zwei- theilung beobachten konnte. Andererseits erscheint es ihm jedoch möglich, dass auch Vereinigung vorher getrennter Individuen, also ähn- lich wie bei Aectinophrys, zum Aufbau der Kolonie beitragen könne. Bei Raphidiophrys und Sphaerastrum fehlen, wie bemerkt, Beobachtungen über die Bildungsvorgänge der Kolonien. B. Fortpflanzung durch Knospung und durch Schwärmerbildung. Bis jetzt deutet hauptsächlich eine bei Acanthoeystis (spinifera H. u. L.) angestellte Beobachtung Hertwigs (43) auf die Existenz einer sich nach Art der Knospung repräsentirenden Fortpflanzungsweise hin. Hier fand sich ein Exem- plar, welches in einer kugeligen Ausbuchtung seiner Skelethülle einen proto- plasmatischen, anscheinend kernlosen Körper einschloss, der in seinem Durch- messer nur wenig hinter dem kernhaltigen und pseudopodienaussendenden Thierkörper zurückblieb, Die Ausbuchtung der Skelethülle, welche den 20* 308 Heliozoa. erwähnten Körper umschloss, bestand vorzugsweise aus den früher er- wähnten, tangential gelagerten Stäbchen, und der von ihr eingeschlossene Protoplasmakörper entsandte keine Pseudopodien. Fortgesetzte Beobach- tung lehrte, dass der erwähnte Körper sich allmählich nahezu völlig von der Acanthocystis isolirte, indem der ihn umgebende Theil der Skelethülle sich kugelig um ihn abschloss und nur noch durch einige zwischenge- schobene Skeletstäbehen mit dem Mutterthier in Verbindung blieb. Nun aber trat nach einiger Zeit ein Zerfall des in der so gebildeten Brutkapsel eingeschlossenen Protoplasmakörpers ein, wodurch dieser in 6 Theilstücke zerlegt wurde. Diese Theilstücke verliessen nach einander allmählich die Skelethülle der Brutkapsel an einer bestimmten Stelle und entwickelten sich im Freien, durch Bildung zahlreicher spitzer, langer Pseudopodien zu actinophrysartigen, lebhaft beweglichen Körpern. Wahr- scheinlich besassen dieselben auch schon einige contractile Vacuolen und einen Kern. Leider glückte jedoch bis jetzt die weitere Verfolgung der- selben nicht. Nach Abstossung der entleerten Brutkapsel bildete das Mutterthier eine neue, deren Entstehung nicht genauer verfolgt wurde, die jedoch, wie mir scheint, nicht wohl anders als durch Abschnürung eines Theils des Protoplasmaleibes, sammt entsprechender Skelethülle gebildet werden konnte. Dass wir hier einen echten, zwar etwas eigenthümlich verlaufenden Fortpflanzungsakt der Acanthocystis vor uns haben, erscheint mir nicht fraglich und ich habe ibn an dieser Stelle erörtert, da er dufch die Bil- dung zahlreicher kleiner Sprösslinge sich den Knospungserscheinungen bis zu gewissem Grade anzuschliessen scheint. Auch bei der Acanthocystis viridis Ehbg. gelang es neuerdings Korotneff*) denselben Fortpflanzungs- process zu beobachten. Unter der Skelethülle fand sich hier eine kleine, vom Mutterleib schon völlig losgelöste Knospe mit Nucleus und contraetiler Vacuole, die bald aus der Skelethülle hervortrat und sich zu einem klei- nen, actinophrysartigen Wesen umgestaltete. Noch mehr nähert sich jedoch der bei der erstgenannten Form gleich- falls von Hertwig beschriebene weitere Fortpflanzungsmodus den eigentlichen Knospungserscheinungen und speciell der von uns bei den Rhizopoden besprochenen Knospungserscheinung der Arcella. Aus letzterem Grunde glaube ich denn, dass wohl auch dieser Vorgang mit grosser Wahr- scheinlichkeit als wirklicher Fortpflanzungsakt beansprucht werden darf und dass eine Täuschung “durch Entwickelung einer parasitischen Pro- tozo@ — welche Hertwig nach den zahlreichen Irrthümern, die auf dem Gebiet der Protozoönfortpflanzung durch solche parasitische Eindringlinge hervorgerufen wurden, nicht für ausgeschlossen hält — in unserem Fall wohl nicht zu befürchten ist. Die hier erwähnte Fortpflanzungsart ist kurz folgende. Unterhalb der Skelethülle der Acanthoeystis beobachtete man zuweilen bis zu 6 proto- *) Korotneff, Etudes sur les Rhizopodes. Arch. zoolog. experim. VII. u ne Schwärmerbildung (Acanthoeystis, Clathrulina etc.). 309 plasmatische, kernhaltige, rundliche Körper, welche der Oberfläche des Weichkörpers dicht auflagen oder sogar wie in, einem Ausschnitt desselben eingebettet waren und ca. !/,—!/, des Durchmessers der Acantho- eystis besassen (XVI. 7b). Nach dem häufig zu beobachtenden Austritt derselben aus der Schale gingen sie meist keine weiteren Veränderungen ein, nur einige Male konnte die Entwiekelung zweier Geisseln an einem Körperende constatirt werden (XVI. 7ec), welche jedoch so schwach arbei- teten, dass sie den Körper nur hin- und herrollten, ohne ihn wirklich fortzubewegen. Eine Weiterbildung zu actinophrysartigen Gebilden liess sich nicht nachweisen. Das häufige Auftreten solcher Körper, sowie die anscheinend volle Lebensthätigkeit, welche die sie entwickelnden Acantho- eystiden zeigten, macht es, wie oben schon bemerkt, wahrscheinlich, dass wir es wirklich mit einem Fortpflanzungsvorgang zu thun haben *). Das Auftreten von Schwärmsprösslingen im Entwickelungsgang eines Heliozo@ön ist weiterhin von Cienkowsky, Greeff, sowie Hertwig und Lesser bei Clathrulina mit Sicherheit constatirt worden. Hier verläuft dieser Process sogar in zweierlei verschiedener Weise. Die eine Art der Schwärmerbildung vollzieht sich durch Vermittelung eines Encystirungs- processes und wird daher besser erst späterhin, bei der Besprechung der Eneystirungsvorgänge, betrachtet werden. Die zweite Art der Schwärmer- entwickelung wurde bei Clathrulinen beobachtet, deren Weichkörper innerhalb der Schale, wahrscheinlich durch fortgesetzte Zweitheilung, in 3 Theilstücke, zwei kleinere und ein grösseres, zerfallen war. Von diesen 3 Theilstücken verliessen die beiden kleineren die Schale und bildeten sich zu einem zweigeisseligen, ovalen Schwärmer, mit Kern und einigen contractilen Vacuolen am Hinterende um (XVII. 1d). Nach verhältniss- mässig nur kurzer Umherbewegung (ca. !/; Stunde) hefteten sich die Schwärmer fest und entwickelten Pseudopodien. Gleichzeitig bildete sich auch der Stiel aus, als ein protoplasmatischer Fortsatz, der sich erst nachträglich mit einer die Stielröhre formirenden Skelethülle umkleidete und rasch weiterwuchs (XVII. 1f). Relativ erst spät scheint sich das eigentliche Gitterskelet zu bilden. Ob das in der Schale zurückgebliebene grössere Theilstück noch weiter zerfällt und vielleicht gleichfalls Schwär- mer erzeugt, liess sich bis jetzt mit Sicherheit noch nicht entscheiden. Hiermit dürfte denn auch alles aufgezählt sein, was mit einiger Sicherheit das Auftreten von Schwärmern im Entwickelungsgang der Heliozoön zu erweisen scheint. Es liegen zwar noch eine Anzahl von Beobachtungen vor, die Schwärmerbildung bei gewissen Formen nach- gewiesen haben wollen, jedoch scheinen dieselben durchaus nicht für die Einreihung der be- treffenden Schwärmer in den Entwickelungsgang der Heliozoön beweisend zu sein. Wenn wir hier absehen von gewissen Beobachtungen, welche ganz unsicher erscheinen, wie der Angabe von Waller**): dass Actinophrys sol in Folge der Conjugation Schwärme von Embryonal- *) Fortpflanzung durch Knospung soll sich nach P. Mayer auch bei der Wagnerella borealis finden, und zwar sollen sich hier acht Knospen entwickeln, nachdem der Kern sich zuvor gleichfalls achtgetheilt hat. Der Kern wandert vor dieser Theilung aus der angeschwol- lenen Stielbasis in das kugelige Köpfchen, wo seine Theilung erfolgt, *#*) Journ. of the Queckett Club II. 310 Heliozoa. keimen entwickele und ausstosse (auch Lang*) berichtet von einer Ausstossung feiner Körper- chen bei dieser Form, die er mit der Fortpflanzung in Zusammenhang bringt), so bleiben uns nur einige Beobachtungen von Greeff, Archer und Hertwig zu erwähnen übrig. Greeff (35) sah aus einem abgestorbenen Actinosphaerium zahlreiche kleine Amöben heryorkriechen, die sich nach einiger Zeit zu Schwärmern umbildeten und vermuthete (wohl unter dem directen Einfluss der von Carter über die Fortpflanzung der Rhizopoda geäusserten Ansichten), dass diese Schwärmer, welche er für Embryonen des Actinosphaerium hält, aus den Kernen des- selben hervorgegangen seien. Auch Archer**) gibt an, bei Actinosphaerium ***) die Bildung zahlreicher, birnförmiger Schwärmer direct aus der Körpersubstanz beobachtet zu haben; die- selben besassen zwei Geisseln von verschiedener Länge; ihr weiteres Schicksal konnte jedoch nicht verfolgt werden. Schliesslich reiht sich dann hier noch eine Beobachtung R. Hertwigs an, der in einer sehr grossen Actinophrys sol zahlreiche sehr kleine, zweigeisselige Schwärmer beobachtete, die schliesslich hervorbrachen und sich zerstreuten. Hertwig selbst sucht diese Beobachtung, wie die Greeffs, auf die Entwickelung eines parasitischen Organismus zurück- zuführen, worin ich seiner Meinung nur beizupflichten vermag, wie ich denn dasselbe auch bezüglich der Beobachtung von Archer für sehr wahrscheinlich erachten muss, Im Anschluss an die Schilderung dieser Vorgänge wäre hier am geeignetsten noch zu erwähnen, dass Cattaneo (51) in neuester Zeit bei der sogen. Acanthoeystis flava Greeff eine Bildung von Keimkörnern durch Zerfall des Nucleus beobachtet haben will. Da jedoch ein solcher, an und für sich schon sehr unwahrscheinlicher Fortpflanzungsaet durch die Beobachtungen C.’s keineswegs hinreichend sicher erwiesen ist, so unter- lassen wir hier eine eingehendere Darstellung dieser Beobachtungen. C. Fortpflarzungserscheinungen im Gefolge der Encystirung und die Encystirungsvorgänge überhaupt. Die Eneystirung ist bei den Heliozoön, wie bei den Süsswasser protozo@n überhaupt, eine sehr verbreitete Erscheinung, für deren all- gemeine Beurtheilung hier so ziemlich dasselbe gilt, was bei den Rhizo- poden schon angeführt werden durfte. Es vollzieht sich daher auch hier der Eneystirungsprocess theils ohne gleichzeitige Vermehrung des umhüllten Weichkörpers, zum Schutz während einer Ruhepause im Leben des Or- ganismus oder zur Abwehr äusserer Fährlichkeiten, theils aber mit Zerfall des encystirten Körpers in eine Anzahl Theilsprösslinge. Auch bier be- gegnen wir fernerbin einer ziemlichen Verschiedenheit in der Bil- dung der Cystenhüllen, indem dieselben einmal einfach oder mehrfach vorhanden sein können, weiterhin jedoch auch aus recht verschiedenem Material, sowie morphologisch recht different gebildet sein können. Da sich nun die mit und ohne Vermehrung verlaufenden Enecystirungsvorgänge bis jetzt niebt scharf auseinander halten lassen, wahrscheinlich auch in der Natur keine scharfe Grenze zwischen denselben existirt, so be- sprechen wir dieselben hier gleichzeitig. Was zunächst das Material, aus welchen die Cystenhüllen aufgebaut sind, betrifft, so besteht dasselbe hier, in Uebereinstimmung mit der aus- *) Monthly microscop. journ. IV. p. 334. *#) Quart. j. mir, sc. N. s. X. p. 306. ###*) Angeblich chlorophyliführende Varietät von Actinophrys sol. Encystirung (Vampyrella, Nuclearia). all gesprochenen Neigung der Heliozoön zur Kieselsäureabscheidung, sehr häufig aus einer verkieselten organischen Grundmasse, ähnlich wie die Skelettheile. Dies tritt uns sowohl bei skeletführenden wie skeletlosen Formen entgegen, andererseits finden wir jedoch auch Cellulose- und Chitinhüllen bei einigen Formen vor und zuweilen treten zu Beginn des Eneystirungsprocesses auch gallertige Umhüllungen auf, wie wir sie schon früher besprochen haben, unter denen jedoch im weiteren Verlauf noch festere Hüllen zur Ausbildung gelangen. Beim Uebergang in den en- eystirten Zustand werden natürlich zunächst die Pseudopodien eingezogen ; zuweilen gehen jedoch auch noch weitere Veränderungen im Weichkörper vor; so Rückbildung und Verschwinden der Vacuolisation des Proto- plasmas, Veränderung der Kernverhältnisse ete. Wir glauben hier einen Ueberblick über die Eneystirungsprocesse der Heliozoön am besten in der Weise geben zu können, dass wir die Verhältnisse bei einer Anzahl in dieser Richtung besser bekannter Formen etwas genauer erläutern, und daran einige Bemerkungen hinsichtlich der übrigen knüpfen. Verhbältnissmässig genau ist der Eneystirungsprocess unter den nackten Formen bei der Gattung Vampyrella durch die Untersuchungen Cienkowsky’s (24) bekannt. Hier ist der Verlauf desselben ein etwas variabler, weshalb Cienkowsky zwischen einem sogen. Zell- und einem Ruhezustand unterschied. Der erstere tritt nach reich- licher Nahrungsaufnahme ein und steht mit einem Vermehrungsprocess durch Theilung in Zusammenhang. Die Vampyrella nimmt, nach Ein- ziehung ihrer Pseudopodien, gewöhnlich an einen Confervenfaden an- geheftet, eine kugelige bis birnförmige oder auch langgestreckte Gestalt an (je nach den verschiedenen Arten) und scheidet zunächst meist eine zarte, stickstoffhaltige (gallertige?) Hüllhaut aus (sogen. Schleier Cienk.), unter deren Schutz sich der eingeschlossene Weichkörper noch weiter zusammenzieht und nun eine ihn dieht umschliessende Cellulosehaut (Zell- haut, Cienk.) (XIII. 11e—d, z) ausbildet. Innerhalb dieser erfolgt dann der Zerfall des Körpers in 2 bis 4 Theilstücke (XIII. Ile—d), unter gleichzeitiger Ausscheidung der unverdauten Nahrungsreste (N). Die Tbeilstücke verlassen hierauf die Cyste durch eine oder mehrere von ihnen gebildete Oeffnungen (XII. 11c—d). Der sogen. Ruhezustand unterscheidet sich nach Cienkowsky haupt- sächlich dadurch von dem eben besprochenen Zellzustand, dass es hier- bei noch zur Bildung einer dritten Cystenhülle (sogen. Cystenhaut Cienk., €) innerhalb der sogen. Zellhaut kommt und dass weiterhin keine Theilung des dreifach umhüllten Weichkörpers beobachtet wurde (XIll. Ile, 12a). Die Cystenhaut (ce) besitzt bei diesen Ruhezuständen zuweilen eine war- zige Oberfläche, zuweilen ist auch die Zellbaut mit Stachelehen besetzt. Auch bei diesem Eneystirungsvorgang erfolgt innerhalb der Zellbaut eine Ausscheidung der unverdauten Nahrungsreste (N). Ob die Cienkowsky’sche Unterscheidung zwischen Zell- und Rube- zustand völlig durebführbar sei, wird von Hertwig und Lesser bezweifelt, 312 Heliozoa. die bei der V. Spyrogyrae nur einfach umhüllte Cysten mit oder ohne Vermebrung durch Theilung auffinden konnten. Auch Häckel hat hei seiner V. Gomphonematis (XIII. 13b) die Bildung einer einfachen, structur- losen Hülle von grosser Dicke beobachtet, die eine mehr chitinartige Natur besass. Der Weichkörper zerfällt in diesen Cysten in 4 Tbeil- stücke (sogen. Tetrasporen), die durch simultane Viertbeilung zu ent- stehen scheinen. Dieselben schlüpfen nach einiger Zeit alle aus einer und derselben Oeffnung aus, welche der erst-hervorbrechende Sprössling, gegenüber der Befestigungsstelle der kugeligen Cyste an dem Ende eines Gomphonemastielchens, erzeugt. Aehnlich wie Vampyrella verhält sich hinsichtlich der Eneystirung auch Nuclearia. Der von Cienkowsky bei N. simplex aufgefundene Rubezustand wurde auch von mir vielfach beobachtet (XIV. 2a). Er weist zwei Hüllen auf, eine äussere etwas dünnere (z) und eine innere etwas diekere und auf ihrer Innenfläche schwach warzige (ec). Nach Bildung der äusseren Hülle muss sich der Weichkörper unter Ausstossung der Nahrungsreste und Excretkörnchen (N) stark contrahiren, da der Durchmesser der Binneneyste etwa nur die Hälfte des der äusseren Hülle beträgt. Cienkowsky sah nach Austrocknung der Cysten bei der Befeuchtung die Nuclearia wieder ausschlüpfen. Ich beobachtete ge- legentlich auch 4 kleine Speeialeysten gleichzeitig in der Aussenhülle (XIV. 2b), woraus ohne Zweifel hervorgeht, dass zuweilen auch Theilung des Weichkörpers in der Aussenhülle mit darauf folgender Bildung von Speeialeysten um die -Theilprodukte erfolgt. Eine gewisse Aehnlichkeit mit diesem Verhalten bietet unter den skeletführenden Formen die Clathrulina dar. Hier kann sich der in der Gitterhülle kugelig zusammengeballte Körper mit einer Cystenhülle um- kleiden, die nach Greeff, wegen ihrer Resistenz, wahrscheinlich auch aus Kieselsäure gebildet ist und deren Oberfläche von feinen Stachelchen be- deckt ist. Gewöhnlich theilt sich jedoch der Weichkörper zuvor in meh- rere Stücke, 2—10, die sich sämmtlich mit einer solehen kugeligen Cysten- hülle umkleiden (XVII. le). Erst nach längerer Zeit, nach Verlauf einiger Monate, und wie Cienkowsky vermuthet in der freien Natur wahr- scheinlich erst nachdem die Cysten den Winter über geruht haben, tritt aus ihnen ein ovaler Schwärmsprössling hervor. Derselbe verlässt die Gitter- schale der Mutter und schwärmt einige Stunden umher, um sich hierauf festzusetzen und sich wie die früher beschriebenen Schwärmsprösslinge zur ausgebildeten Clathrulina zu entwickeln. Bis jetzt ist es nicht mög- lich gewesen, die Bewegungsorgane dieser Schwärmer mit Sicherheit zu beobachten; Cienkowsky konnte nicht entscheiden, ob derselbe eine oder mehrere Cilien besitze; Greeff gibt einfach an, „dass er vermittelst Wimper- bewegung umherschwärme.‘“ Es dürfte jedoch wohl zu vermuthen sein, dass der Schwärmer dieselben beiden Geisseln besitze, wie der von Hertwig und Lesser beschriebene, da er im übrigen Bau diesem ganz zu entsprechen scheint. Eneystirung u. Fortpflanzung (Myxastrum u. Actinosphaerium). 313 Mit Vermehrungserscheinungen verbundene Eneystirungsvorgänge sind ferner noch bei Myxastrum und Actinosphaerium nachgewiesen worden. Besonders eigenthümlich und eomplieirt gestalten sich diese Vorgänge bei der letzteren Gattung, wiewohl auch das Verhalten von Myxastrum recht interessant und nicht ohne Aehnlichkeit mit dem des Actinosphaerium ist. Nach den Beobachtungen Häckels (30) umhüllt sich das zusammengekugelte Myxastrum mit einer ziemlich resistenten Cystenhülle. Dieselbe ist an- fänglich dünn, verdickt sich jedoch bald beträchtlich, durch Zuwachs neuer Schichten (bis zu !/; des Cystendurchmessers) und liegt dem Weich- körper dicht auf. Nach einiger Zeit sieht man den Weichkörper in ca. 50 radial geordnete, kegelförmige Protoplasmatheile zerfallen, die sich sämmtlich im Centrum der Kugel berühren und welche wahrscheinlich durch simultanen Zerfall des Plasmakörpers entstanden sind. Diese Theil- produkte nehmen nach einiger Zeit eine spindelförmige Gestalt an und entwickeln sämmtlich eine dünne, kieselige Specialeystenhaut (XIII. 14a). In solcher Verfassung scheint die von Specialeysten (Sporen) erfüllte Cyste längere Zeit zu verweilen, da es Häckel, trotz mehrwöchentlicher Beobachtung, nicht gelang, eine Veränderung derselben wahrzunehmen. Wurde jedoch die Cyste künstlich gesprengt, so dass die Sporen ins Freie traten, so konnte nach einigen Tagen der Austritt des protoplasma- tischen Inhalts beobachtet werden. Derselbe vollzog sich durch eine an dem einen Pol der Kieselspindel befindliche Oeffnung, über deren Ent- stehung oder schon früheres Vorhandensein nichts Sicheres ermittelt werden konnte. Der ausgetretene Sprössling verharrte zunächst einige Zeit im zusammengekugelten Zustand ruhend, um hierauf allmählich allseitig zahlreiche Preudopodien zu entwickeln (XIII. 14b). Es dürfte wohl kaum fraglich erscheinen, dass auch der natürliche Entwickelungsgang dieser Myxastrumeysten in ähnlicher Weise verlaufen wird, ohne Zweifel jedoch erst, nachdem eine längere Ruheperiode vor- hergegangen ist. Ueber den Eneystirungsprocess des Actinosphaerium haben eine Reihe Forscher Beobachtungen angestellt, die jedoch in manchen Punkten von einander abweichen. Die ersten, jedoch nicht sehr ein- gehenden Mittheilungen rühren von Cienkowsky (24) her, der den En- eystirungsprocess an Actinosphärien verfolgte, welche durch Verschmelzung aus künstlich erzeugten Theilstücken hervorgegangen waren. Schon diese Beobachtung musste es wahrscheinlich machen, dass die Encystirung unserer Form sich hauptsächlich nach vorausgegangener Copulation zeige. In der Folge hat sich jedoch diese Vermuthung nicht allgemein bestätigen lassen, wenn es auch wahrscheinlich ist, dass der Eneystirung zuweilen ein solcher Copulationsakt vorausgeht. Wir werden weiter unten- die Beobachtungen über die Copulation genauer betrachten und hierbei Ge- legenheit haben, diese Frage eingehender zu behandeln. Nach den über- einstimmenden Beobachtungen Cienkowsky’s, Ant. Schneider’s (36), Greefl’s (37), F. E. Schulze’s (38, I.) und Brandt’s (44) zieht das zur Encystirung 314 Heliozoa. sich anschickende Actinosphaerium seine Pseudopodien ein, scheidet eine ziemlich dieke, geschichtete Gallerthülle um sich ab und bildet die Va- cuolisation seines Plasmas allmählich mehr und mehr zurück. Dabei zeigt sich, nach den Erfahrungen Brandts, nach der Einziehung der Pseudopodien, nicht selten für einige Zeit ein eigenthümlicher, amöboider Zustand. Als nächste Veränderung im encystirten Plasmakörper bemerkt man nach Schulze und Brandt eine Abnahme der Zahl der Kerne (nach Schulze von etwa 100 und mehr bis auf 20-30). Ueber die Art und Weise, in welcher sich dieser Process vollzieht, ist jedoch bis jetzt nichts Sicheres bekannt. Entweder können hier Kernverschmelzungen statt- finden, was hauptsächlich Schneider vermuthet und wofür mancherlei Wahrscheinlichkeitsgründe aufgeführt werden könnten (namentlich aber die Beobachtung Brandts, dass die Grösse der Kerne beträchtlicher wird wie früher [ca. 0,014 : 0,027]), oder aber einfacher Untergang (Auflösung, resp. Ausstossung) einer Anzahl von Kernen. Uebrigens lässt Schneider die Kernverminderung durch Verschmelzung nicht schon auf diesem Stadium des Eneystirungsprocesses sich vollziehen, sondern erst in den Theilstücken, die, wie gleich zu beschreiben sein wird, durch Zerfall des Plasmakörpers innerhalb der Gallerteyste ihre Entstehung nehmen. Es theilt sich nämlich der Plasmakörper in eine, je nach dem Fall, sehr ver- schiedene Zahl von kugeligen Partien (2—35 nach Brandt) (sogen. Keim- kugeln), von welchen jede einen der Kerne einschliesst (XV. le). Nach Schulze und Greeff erfolgt dieser Theilungsprocess successive, ganz ähn- lich wie eine Furchung; dagegen soll nach Brandt der Zerfall in die definitive Zahl von Kugeln gewöhnlich simultan vor sich gehen*). Während nun Schulze jede dieser Kugeln sich einfach mit einer kieseligen Haut umbhüllen lässt, haben dagegen Greeff und Brandt noch weitere eigen- thümliche, dieser Umhüllung vorhergehende Processe beobachtet. Greeff berichtet, dass je zwei benachbarte Kugeln mit einander verschmölzen, so dass bei ungerader Zahl derselben eine derselben unverschmolzen zurück- bleibe und sich die Zahl der Kugeln derart auf die Hälfte redueire. Etwas anders lauten die Angaben Brandt’s. Derselbe sah jede der Kugeln sich mit einer dünnen, membranartigen Hülle umkleiden, sich hierauf inner- halb dieser zweitheilen und nach einiger Zeit die beiden Theilhälften wieder mit einander verschmelzen. Hierauf scheint die membranartige Hülle zu verschwinden. Erst die so entstandenen Plasmakugeln um- kleiden sich mit einer kugeligen bis sechseckigen, ziemlich dieken Kiesel- hülle (XV. 1ec, z), welche nach Schneider und Brandt aus kleinen Kiesel- stückehen zusammengesetzt sein soll, wogegen sie auf Schulze mehr den Eindruck einer „Membran mit Lücken oder dellenartigen Depressionen“ machte **). Der ganze Vorgang bis zur Bildung der Kieseleysten nimmt nach *) Aechnlich spricht sich auch Greell' aus. #*#) Nach Greefl sollen sich um jede Kugel successive 2 Kieselhüllen bilden. Eneystirung u. Fortpflanzung (Actinosphaerium u. Actinophrys). 315 Brandt etwa 2—3 Tage in Anspruch. Die so gebildeten Cysten ver- harren nun den Winter über auf dem Boden der Gewässer im ruhenden Zustand. Erst im folgenden Frübjahr schlüpfen aus ihnen junge Aectino- sphärien hervor, die nach Schulze einkernig sind, wogegen Schneider und Brandt übereinstimmend ihre Mehrkernigkeit hervorheben *). Hiermit hätten wir das Thatsächliche des interessanten Eneystirungs- processes des Actinosphaeriums erschöpft und zur Ergänzung möge nur noch beigefügt werden, dass sich bei sehr kleinen Actinosphärien nach Brandt auch nur eine einfache Kieseleyste bildet, jedoch auch der Bil- dung dieser eine Zweitheilung und Wiederversehmelzung vorangeht. Gelegentlich tritt auch im Beginn des Encystirungsprocesses eine Zwei- theilung der Actinosphärie auf, worauf beide Hälften innerhalb der ur- sprünglichen Gallerteyste sich mit einer Speecialgallerthülle umkleiden, und jede Theilhälfte für sich die weiteren Vorgänge durchsehreitet. Anknüpfend an die ebengeschilderten Vorgänge bei Actinosphaerium erwähnen wir noch kurz die bis jetzt weniger vollständig erkannten Er- scheinungen bei Actinophrys, die von Cienkowsky (24) und Lieberkühn **) verfolgt worden ‚sind. Hier verläuft der Process wahrscheinlich sebr ähnlich wie bei Actinosphaerium. Die Ausscheidung einer sehr ansehn- lich dieken Gallerthülle und die völlige Rückbildung der Vacuolisation finden sich auch bier. Hierauf bildet sich jedoch nach Cienkowsky eine zarte, sogen. Zellhaut um das von Gallerte umhüllte Thier, und dessen centrale Partie verdichtet sich zu einer dunklen, kugeligen Masse. Diese dunklere Binnenmasse soll sich nun allein zweitheilen, was mir jedoch wenig wahrscheinlich dünkt. Hierauf verschwinde die Zellhaut sowie die helle peripherische Plasmamasse und jede der beiden Theilkugeln umhüllt sich successive mit zwei ziemlich dieken Cystenhäuten (XIV. 7e), von welchen die innere glatt (ce), die äussere, braune dagegen auf der Innenfläche eigenthümlich warzig ist (z). Ueber die chemische Beschaffen- heit dieser Cystenhäute ist nichts bekannt. Etwas hiervon abweichend ist die kurze Darstellung, welche Lieberkühn von der Eneystirung der Aetinophrys gibt. Nach ihm umkleidet sich der ganze Körper mit einer kugeligen Hülle, die nach Beschreibung und Abbildung ohne Zweifel identisch ist mit der warzigen, äusseren Cystenhülle Cienkowsky’s; auch die glatte, innere Cystenhülle hat L. beobachtet, jedoch als eine festere Rindenschicht des encystirten Weichkörpers gedeutet. Innerhalb dieser Cyste soll der Körper ungetheilt bleiben oder sich durch weitere Thei- lung vermehren. Interessant ist die Angabe Lieberkühns, dass die con- *) Greeff hat sehr eigenthümliche Vorstellungen über die Entstehung des jungen Actind- sphaeriums aus dem Plasma der .Kieseleysten ausgesprochen. Es scheint ihm nämlich wahr- scheinlich, dass dasselbe sich im Innern des Plasmas entwickle und dass der als Kern der Keimkugel betrachtete centrale helle Körper als das in Entwickelung begriflene Actinosphae- rium aufzufassen sei. *#*), Siche Lieberkühn, Zusätze zur Entwickelungsgesch. der Spongillen. Arch. f. Anat. u. Physiol, 1856, p. 505—7 und Nr. 34, 316 ILeliozoa. tractile Vacuole sich während der ganzen Dauer des eneystirten Zu- standes erhalte und weiter pulsire, wogegen Cienkowsky die contractile Vacuole nach Bildung der sogen. Zellhaut und vor der Entwickelung der beiden eigentlichen Cystenhüllen schwinden lässt. Das Hervortreten des protoplasmatischen Körpers aus der Cyste haben beide Forscher verfolgt. Nach Cienkowsky reisst zunächst die äussere Cystenhülle ein, indem sich der Plasmakörper sammt der inneren Hülle sehr ausdehnt (XIV. 7d). Hierauf tritt eine Scheidung zwischen einer helleren, eentralen und einer dunkleren, peripherischen Partie im Plasmakörper auf und es zeigt sich die randständige contraetile Vacuole (ev). Indem sich der Plasmakörper nun von der inneren Cystenhülle, in die eingeschlossen er hervorgetreten ist, zurückzieht, entwickelt er Pseudopodien, welche die „jetzt schon sehr zarte, umfangreiche Cystenwand (innere) vor sich her drängen, bis sich dieselbe schliesslich auflöst.“ Nach Lieberkühn tritt die junge Actino- phrys als kugeliger, nicht weiter umhüllter Körper hervor und entwickelt erst nach dem Austritt allmählich Pseudopodien und Vacuolen. Besonderes Interesse bietet noch die von F. E. Schulze bei seinem Actinolophus beobachtete Bildung eines Ruhezustandes dar. Die Aus- bildung desselben wird durch ein Deutlicherwerden der, wie früher schon erwähnt, wahrscheinlich stets vorhandenen Gallertumhüllung eingeleitet. Hierauf tritt auf der Aussenfläche dieser Gallerthülle eine Lage sechs- eckiger Kieselplättchen auf (XIV. 6b), die eine allseitige Hülle formiren, welche sich auch noch als ein röhrenförmiger Ueberzug über den Stiel fortsetzt. Die Kieselplättehen stossen mit ihren Seiten nicht unmittelbar zusammen, sondern sind entweder durch Lücken getrennt oder vielleicht durch eine gemeinsame Membran zusammengehalten. Weiterhin werden dann die Pseudopodien eingezogen und der Kern zeigt eine Vermehrung zu zweien. Das Centralkorn wie auch wohl die Axenfäden schwinden gleichfalls, worauf die Kerne ihre sonst excentrische Lage nicht mehr beibehalten und sich beliebig im Plasma zerstreuen. Weiter konnte jedoch bis jetzt das Verhalten dieser Ruhezustände nicht verfolgt werden. Mit wenigen Worten müssen wir noch der bei anderen Heliozo@n gelegentlich beobachteten Eneystirungsvorgänge gedenken, die jedoch bis jetzt nur sehr unvollständig erforscht sind. Einkugelung mit Ent- wickelung einer äusserst dünnen Cystenmembran wurde von Hertwig und Lesser bei Hedriocystis beobachtet. Bei Pompholyxophrys punicea sah Greeff den Weichkörper in der Schale sich stark zu- sammenziehen und mit einer dicht aufliegenden, anscheinend fein- porösen Kieselhaut umhüllen. Auch Archer beobachtete die Entwicke- lung einer dieken Hüllschicht unterhalb der normalen Hülle bei Sphaer- astrum Fockii. Die äussere Hülle machte alsdann den Eindruck einer vielfach gefalteten und verschrumpften, byalinen Haut. — Schliesslich hat noch Greeff (33, 40) einen nicht uninteressanten Eneystirungsprocess der Acanthoceystis turfacea beschrieben. Nachdem der Weichkörper sich innerhalb der Skelethülle beträchtlich eontrahirt hat, entwickelt er Copulation (Actinosphaerium). 317 auf seiner Aussenfläche eine kieselige Cystenhaut, die eine Gitterkugel, ähnlich der der Clathrulina darstellt. Die Chlorophylikörner sind im Centrum des encystirten Weichkörpers zusammengedrängt. In seiner ersten Arbeit (33) erwähnt jedoch Greeff an den encystirten Exemplaren noch einer äusseren kugeligen Kieselschicht, welche die Fussplättchen der Stacheln unter einander verbinde, oder etwas ausserhalb dieser sich ent- wickele. Da das Skelet der encystirten Acanthoeystis ganz gut erhalten zu bleiben scheint, so dürfte wahrscheinlich auch eine solche Hülle die isolirten Skelettheile verbinden, da diese sonst wohl auseinanderfallen müssten. Auch Leidy (50) und Korotnefl (l. s. e., s. p. 308) machten neuerdings einige, jedoch nur wenig eingehende Mittheilungen über die Eneystirung von Acanthocystiden. D. Conjugations- und Öopulationsvorgänge der Heliozoa. Die Besprechung der Koloniebildung der Actinophrys hat uns schon Gelegenheit gegeben, das Vorkommen von Verschmelzungserscheinungen bei dieser Form zu schildern. Dass dieser Vorgang auch als Conjugations- akt (da totale Verschmelzung, wie es scheint, bis jetzt noch nicht beob- achtet wurde) aufgefasst werden darf, unterliegt wohl keinem Zweifel, man müsste denn diesen Begriff auf die Fälle beschränken, wo bis jetzt eine Vermehrung in Folge dieser Erscheinung thatsächlich beobachtet worden ist. Weitere Beobachtungen von Verschmelzungserscheinungen sind bis Jetzt nur noch bei Actinosphaerium gemacht worden. Hier berichtete schon Kölliker (9), dass er zwei völlig getrennte Individuen mit einander verschmelzen sah und es ist jedenfalls ungerechtfertigt gewesen, diese Beobachtung, wie mehrfach geschehen, in Zweifel zu ziehen. Brandt hat die Copulation dieser Form in neuerer Zeit vielfach constatirt. Z. Th. war die Verschmelzung hierbei eine ganz vollständige, z. Th. erstreckte sie sich jedoch nur auf die Rindensubstanz, so dass bisquitförmige Ver- schmelzungsformen entstanden. An der Verschmelzungsstelle war der scharfe Unterschied zwischen Eeto- und Entoplasma verwischt. Von Interesse ist ferner, dass die versuchsweise zusammengebrachten Thiere sich häufig zunächst theilten und dass dann die Verschmelzungen sich ebensowohl unter den Theilhälften eines wie verschiedener Individuen vollziehen konnten, Die Trennung vereinigter Thiere (im Falle völliger Copulation also wohl Theilung), erfolgt gewöhnlich im Verlauf einiger Stunden. Cien- kowsky gelang es auch, künstlich entsprechende Verschmelzungserschei- nungen hervorzurufen. Indem er durch Abtrennung eines Körperstückchens gewissermaassen eine Wundfläche erzeugte und die in solcher Weise vorbereiteten Individuen mittelst dieser Wundflächen in Berührung brachte, gelang es, die Copulation zu bewirken, ja suecessive nicht weniger wie fünf Individuen in dieser Weise zu vereinigen. Gewöhnlich erfolgte nach einiger Zeit wieder ein Zerfall des so erzeugten Verschmelzungs- 318 Heliozoa. produktes in mehrere Individuen. Zuweilen jedoch trat Eneystirung und der oben geschilderte Fortpflanzungsprocess ein. Dieser letztere Umstand bringt uns auf die Frage nach dem möglichen Zusammenhang des Copu- lationsprocesses und der Fortpflanzung, speciell der Vermehrung im en- eystirten Zustand. Cienkowsky selbst ist nicht geneigt, eine solche Be- ziehung anzuerkennen. Dagegen hat Ant. Schneider einen solehen Con- Jugations- oder Copulationsakt als steten Vorläufer (sogen. Begattung) der Vermehrung des Actinosphaerium angenommen; die wahre Befruch- tung jedoch vollzieht sich nach ihm erst im eneystirten Zustand selbst und zwar mittels der obenerwähnten, von ihm wahrscheinlich gemachten Verschmelzung der Kerne. In dieser Hinsicht hebt er noch besonders hervor, dass ja die Kerne der copulirten und conjugirten Thiere wohl ausgetauscht würden. Greeff, der früherhin die Copulationserscheinungen der Actinophryinen überhaupt in Abrede stellte, gibt dagegen neuer- dings zu, dass eine Copulation wohl fakultativ dem Eneystirungsprocess vorausgehen könne, aber jedenfalls nicht ausschliessliche Bedingung des- selben sei. Brandt endlieh konnte keinerlei Zusammenhang zwischen den von ihm beobachteten Copulationserscheinungen und der Fortpflanzung auffinden. Wie diese Angelegenheit jetzt liegt, kann wohl von einem thatsäch- lichen Nachweis eines Zusammenhanges zwischen Copulation und Fort- pflanzung nicht die Rede sein. Dagegen scheint mir jedoch auch der Beweis des Gegentheils keineswegs erbracht, da die Eneystirung und Fortpflanzung der Copulation nicht direkt zu folgen braucht. Eine völlige Bedeutungslosigkeit des Copulationsaktes für die Fortpflanzung, die ja, nach Erfahrungen bei andern Protozo@n, nieht gerade wahrscheinlich ist, würde sich doch wohl nur dadurch sicher erweisen lassen, dass man Individuen während ihrer gesammten Lebenszeit an der Copulation hinderte und dennoch keine Beeinträchtigung der Vermehrungsfähigkeit bei ihnen beobachtete. 6. System der Heliozoa und Uebersicht der Gattungen, A. Allgemeine systematische Auffassung der Heliozoa. Schon bei Gelegenheit des historischen Ueberblicks mussten wir mehrfach der irrthümlichen Anschauungen älterer Forscher über die systematische Verwandtschaft der Heliozoa (speeciell der damals fast allein näher bekannten Actinophryen) berichten. Ehrenberg entwickelte 1838 noch sehr falsche Vorstellungen über diesen Gegenstand, indem er die Actino- phryen mit den Podophryen (Acinetinen) in seine Familie der Euchelyna unter die Polygastrica aufnahm. Hierin folgte ihm noch v. Siebold 1545*) (der jedoch in seinem System die Acinetinen gar nicht erwähnt) *) Lehrbuch der vergleich. Anatomie, System. 519 und später Perty 1852, der seine Familie der Actinophryinen (mit Ein- schluss der Gattungen Podophrya und Acineta) als II. Sektion der Ciliata (Wimperinfusorien) aufführt. Dagegen hatte schon 1841 Dujardin seine Familie der Actinophryens (jedoch mit Einschluss der Gattungen Acineta und Dendrosoma) neben die Rhizopoden in seine Il. Ordnung der ‚„Infusoires non symmetriques ou asymmetriques, pourvues d’expansions variables‘“ gestellt. M. Schultze glaubte, nach einer irrthümlichen Beobachtung von Stein, die Gattung Actinophrys nicht als eine selbständige betrachten zu dürfen und berück- sichtigte sie daher in seinem System nicht weiter. *) In der Folgezeit wurde die widernatürliche Vereinigung der Heliozo@n und Aeinetinen auf Grund besseren Verständnisses der betreffenden Orga- nismen aufgegeben. Joh. Müller**) vereinigte Actinophrys 1853 mit Amoeba und den monothalamen Süsswasserrhizopoden in seiner Gruppe der ‚„Infusoria rbizopoda“ und hierin folgten ihm Claparede und Lach- mann, die in ihrer Familie der Actinophryina neben den eigentlichen Heliozoön noch die mit retieulären Pseudopodien versehenen Siüsswasser- monothalamien einschlossen, wogegen Stein 1861 ***) seine Familie der Actinophryina (die nur die eigentlichen, damals bekannten Heliozoön um- fasst) als 2. neben den Amoebina in seiner Unterordnung der Gymnica aufführt. Carpenter}) vereinigte dann 1862 die Familie der Actinophryina (mit Einschluss der Rhizopodengattungen Plagiophrys und Euglypha) mit den Radiolaria, wogegen Häckel 186657) mit glücklichem Griff die Ab- theilung der Heliozoa errichtete und sie, als 2. der Rhizopoda, zwischen die Acyttaria und Radiolaria stellte. Seither ist denn diese Abtheilung zu ziemlich allgemeiner Anerkennung gelangt und es bleiben nur noch Zweifel über ihre nähere Beziehung zu den Radiolarien. Während Hertwig und Lesser sich 1874 gegen eine Zusammenfassung mit diesen letzteren sehr entschieden aussprachen, zeigt sich Hertwig in seinen neueren Arbeiten dem Anschluss der Heliozoa an die Radiolaria nicht abgeneigt, wenigstens hält er die Vereinigung der beiden Abtheilungen zu einer grösseren, im Gegensatz zu den Rhizopoda, für ebenso berechtigt, wie die selbständige Mittelstellung der Heliozoa zwischen Rhizopoda und Radio- laria. Wir glauben, dass sich mancherlei Gründe anführen lassen, welche die letztere Auffassung unterstützen und ihr vor der ersteren einen Vor- zug verleihen, werden jedoch hierauf geeigneter bei der Betrachtung der verwandtschaftlichen Beziehungen der Radiolaria zurückkommen. Was die systematische Untertheilung unserer Gruppe betrifit, so *), Organismus der Polythalamien. Leipzig 1854. *#) Abhandl. der Berliner Akad. 1858. ###)\ Sitzb. der Wiener Akad. Bd. 44. 1861. +) Introduetion to the study of Foraminifera. London 1862, Fr) Generelle Morphologie. 1866. 320 Heliozoa. schliessen wir uns in dieser Hinsicht an R. Hertwig und Archer an und unterscheiden die 4 schon früher charakterisirten Unterabtheilungen des Aphrothoraca, Chlamydophora, Chalarothoraca und Desmothoraca. Die Zahl der Gattungen und Arten ist nicht erheblich, wir kennen bis jetzt ca. 24 Gattungen mit 36 Arten, von ersteren sind jedoch 7 etwas unsicher. Von einer so ausgedehnten Variationsfähigkeit, wie sie den Rhizo- poden von einer Anzahl Beobachtern zugeschrieben wird, lassen die Heliozoön, wenigstens nach den bis jetzt vorliegenden Untersuchungen, nichts erkennen. B. Uebersicht der Gattungen. 1. Ordnung Aphrothoraca Hertw. 1879. Skeletlose (nur temporär zuweilen mit einer Gallerthülle ausgerüstete) Heliozoa von mehr amöbenartig veränderlicher oder constant kugliger Gestaltung, jedoch feinen, meist allseitig ausstrahlenden Pseudopodien. Mit oder ohne Kerne und contractilen Vacuolen. Vampyrella Cienkowsky 1865 (24, 41), Häckel (30), Hertw. u. Lesser (39). Synon. Amoeba pr. p. Fresenius (Abh. d. Senckenb. Ges. IL), Leptophrys Hertw. u. L. (39). (XII. 11—13). Unregelmässig rundlich bis mannigfaltig wechselnd, da amöboid ver- änderlich. Zuweilen langgestreckt, bis in Fortsätze ausgezogen. Schei- dung in verschieden gefärbtes Entoplasma und zartes, hyalines Ectoplasma mehr oder weniger deutlich. Ersteres spärlich bis ganz vacuolär. Pseudo- podien sehr fein strahlenartig, mehr oder weniger von der gesammten Körperoberfläche entspringend, selten verästelt. Körnchenströmung z. Th. sehr deutlich. Contractile Vacuolen soweit bekannt fehlend. Kerne bis jetzt nur bei einer Form erwiesen. Zweierlei Cystenzustände (ob stets ?), sogen. Zellzustand (mit Vermehrung) und Ruhezustand. Artzahl 4—5. Süsswasser und Meer. Nuelearia Cienkowsky 1865 (24). Maggi, Rendie. d. R. istit. Lombardo 5. IL, XIII. Synon. ? Trichodiscus Ehrbg. (6); Clap. u. Lachm. (17); ? Actinophrys p. p. Duj. [digitata] (7), Lachm. p. p. [fissipes] (19): Heterophrys F. E. Schulze (38, II), Heliophrys Greeff (40), ? Trichamoeba From. p. p. (radiata), Etudes s. 1. micro- zoaires; Heterophrys p. p. Leidy (50). (XIV. 1—2). Körpergestalt amöboid veränderlich, kuglig oder scheibenförmig, bis langgestreckt und lappig. Keine Scheidung in Eeto- und. Entosark. Protoplasma häufig vacuolisirt. Pseudopodien allseitig oder nur von einem Theil der Körperoberfläche entspringend, zuweilen mit spitzwinklig verästelten Enden. — Kerne in Ein- oder Mehrzahl vorhanden. Contractile Vaecuolen in mässiger Zahl, träge. Zuweilen mit dieker, von den Pseudo- System. 321 podien durehbohrter Gallerthülle. Eneystirung in doppelter Hülle; zu- weilen mit gleichzeitiger Vermehrung. Artzahl 2. Stisswasser, *) ? Arachnula Cienk. 1876 (41). Körpergestalt amöboid veränderlich, meist strangartig ausgezogen und z. Th. verzweigt. Strangenden plattenartig verbreitert und mit zahlreichen, feinen Pseudopodien besetzt. Letz- tere wenig verästelt und mässig anastomosirend, ‘jedoch häufig energisch hin- und herbewegt. Farblos. Einige contractile Vacuolen. Kerne ?. Fortpflanzung ?. Bildung unregelmässiger Verdaungscyste beobachtet. Artzahl 1. Süss- und Brackwasser. (Die Hierherziehung dieser noch etwas unsicheren Form lässt sich wohl nur auf Grund ihrer Beziehungen zu den zwei vorhergehenden rechtfertigen.) Monobia Aim. Schneider (49) 1879. (XIV. 3). Aehnlich Nuclearia und Vampyrella, farblos, Kern und contractile Vaeuolen nicht beobachtet. Im ruhenden Zustand kuglig (Grösse ?) mit allseitig entspringenden, sehr langen und zarten Pseudopodien (die hier und da zarte, spindelförmige Anschwellungen zeigen). In der Bewegung meist etwas längsgestreckt bisquitförmig, bis dreieckig und unregelmässig. Fortpflanzung durch einfache Zweitheilung. Häufig jedoch die Theil- sprösslinge sich nicht trennend, sondern durch ziemlich lange Plasma- brücke in kolonialem Verband verbleibend. Bildung sekundärer Ver- bindungsbrücken durch Verschmelzung zwischen den Pseudopodien. Die Zahl der zu Kolonien vereinigten Individuen kann durch weitere Theilung (vielleicht auch durch Zutritt anderer Individuen) bis zu 8 wachsen. Gegenseitige Stellung der Individuen durch fortdauernden Wechsel in der Bildung der Verbindungsbrücken sehr veränderlich. Süsswasser und viel- leicht auch feuchte Erde. Artzahl 1. Myxastrum Häck. 1870 (30). (XII. 14). Körpergestalt (bis 0,5 Mm. Durchm.) kuglig mit zahlreichen, allseitig ausstrahlenden Pseudopodien, die sich selten spitzwinklig verästeln und anastomosiren. Keine Scheidung in Eeto- und Entosark. Ohne Kerne und Vaeuolenbildung. Fortpflanzung durch Bildung zahlreicher kiesel- schaliger Sporen innerhalb der Primäreyste. Artzahl 1. Marin. (Cana- rische Inseln.) Actinophrys Ehrbg. 1830 (Abhandl. Berl. Akad.) und 6, Duj. (7), Nicolet (8), Perty (12), Cohn (10, 11), Clap. (13), Stein (14), Lieberkühn (15 u. 34), Weston (16), Clap. u. Lachm. (17), Lachm. (19), Carter (21 u. 23), Cienkowsky (24), Grenacher (29), (ireeff (35), Hertw. u. L. (39), Leidy (50). Synon.**) Trichoda O. F. Müller u. Schrank p. p., Peritricha Bor. d. St. Vine. p. p. (XIV. 7.) *) In sehr inniger Beziehung zu Nuclearia scheint auch die höchst merkwürdige Cilio- phrys Cienk. zu stehen, die bald in einem ganz nuclearia-artigen, bald dagegen in einem völlig flagellatenartigen Zustand sich zeigt und in dieser Weise eine ganz unentschiedene Mittel- form zwischen Sarkodinen und Flagellaten bildet. Wir ziehen es vor, das Nähere über diese Form erst bei Gelegenheit der Flagellaten mitzutheilen. **) Unter diesen Synon. ist auch Actinosphaerium mit begriffen, da die Scheidung zwischen diesem und Actinophrys erst spät durchgeführt wurde, Bronn, Klassen des Thierreichs Protozon, yi 322 Heliozoa. Körpergestalt kuglig, mit allseitig ausstrahlenden Pseudopodien (mit Axenfäden). Scheidung, zwischen Eeto- und Entosark nicht sehr scharf; ersteres alveolär, letzteres feinkörnig. Centraler Nucleus, bis zu welchem die Axenfäden zu verfolgen sind. Meist ganz farblos. Gewöhnlich eine stark über die Oberfläche vorspringende contractile Vaeuole. Häufig kolo- niale Verbände. Fortpflanzung durch einfache Zweitheilung oder auch Theilung im encystirten Zustand mit Bildung doppeltumhüllter Sporen. Artzahl mit Sicherheit nur 1 (A. sol Ehrbg.), weitere, namentlich auch von Lachmann (19) beschriebene Arten sind unsicher. Sisswasser und Meer. Actinosphaerium Stein 1857 (18). Synon. s. b. Actinophrys, „Der Stern“ Eichhorn (4), Actinophrys aut. p. p., Kölliker (9), Perty (12), Stein (14), Wallich (19a), M. Schultze (20), Carter (21, 23), Cienkowsky (24), Zenker (25), Greelf (27, 35 und 37), Ant. Schneider (36), F. E. Schulze (38, I.), Hertwig u. Lesser (39), Brandt (44 u. 45) *), Leidy (50). (XV. la-e.) *) Vergl. auch Brandt, K., Ueber Actinosphaerium Eichhornii. Inaugur.-Dissert. Halle 1577. Leider habe ich diese wichtige Arbeit frükerhin, bei der Abfassnng des Manuscriptes, übersehen; sie ist mir erst neuerdings durch die Güte des Veriassers zu Gesicht gekommen. Der Vollständigkeit wegen trage ich aus ihr hier noch einige wichtige Punkte nach, Die - jugendlichsten Actinosphaerien besitzen nach Brandt nur eine einzige contractile Vacuole, bei den grossen erwachsenen Exemplaren wurden dagegen bis 14 beobachtet; es scheint je- doch aus des Verfs. Darstellung hervorzugehen, dass jene grosse Vacuolenzahl bei aus der Copulation hervorgegangnen Verschmelzungsproducten beobachtet wurde. Sauerstoflmangel scheint auch hier, wie nach Rossbach’s Erfahrungen bei den Infusorien, das Volum der con- tractilen Vacuole zu vergrössern und die Zeit zwischen Diastole und Systole zu verlängern, Schliesslich tritt bei zunehmendem Sauerstoffmangel eine völlige Lähmung der Vacuole in der Diastole ein und bald hierauf der Tod und Zerfall des Thieres. Bei solchen durch Sauer- stolfinangel erweiterten und in der Energie ihrer Contraction geschwächten Vacuolen lässt sich die Zenker'sche Beobachtung über die Bildung einer Rissstelle in der peripherischen Vacuolen- wand leicht bestätigen. Die Rissstelle erweitert sich excentrisch, „wobei die eingerissne Blasenwand sich knittrig faltet, dem Rand immer näher rückt und schliesslich mit demselben verschmilzt“. Die Contraction